Old Egypt Love von Listle (Lügen und Intrigen aus vergangener Zeit) ================================================================================ Epilog: Extra - Verlassenes Herz -------------------------------- So, hier das versprochene Extra für euch ^^' Wenn man bedenkt, dass ich erst solche Probleme damit hatte ist es mir dann doch ziemlich gut von der Hand gekommen. In einer Nacht geschafft, nicht schlecht, oder? XD Es ist zwar etwas Dark und allein auf den armen Seth bezogen (Haha, Jono is tot und alle anderen sind unwichtig XD) Ich hoffe ihr habt alle viel Spaß bei dem Chapter, ich hab mich echt ins Zeug gelegt u.u' *alle mal drück* Man liest sich bei der Fortsetzung "Promise" ^^ Auch wenns bis dahin noch etwas dauern könnte u.u' Jedenfalls viel Spaß beim Lesen und bis dann, eure Joey ^^ ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Seine Augen waren trüb, kein Leben schien in ihnen zu sein und sein gesamter Körper war verkrampft, beinahe wie bei der Leichenstarre. Seine dunkle, braune Haut hatte stark an Farbe und sein gut gebauter Körper rasant an Gewicht verloren. Es war nun fünf Monde her, seit sie gekämpft hatten. Die letzte Schlacht. Nichts war seitdem so wie es sein sollte. Alles war anders... leer... Wieder einmal lag der Hohepriester in seinen Gemächern, starrte stumm an die Decke. Seine Gedanken hingen in der Vergangenheit, klammerten sich fest an die Zeit, die er mit seinem Geliebten verbracht hatte, doch diese Zeiten sollten nie wieder kommen. Er hatte ihn verloren. Getötet. Hatte ihm das Herz mit einem Dolch durchstoßen. Und wieder fühlte er diesen Schmerz in seiner Brust, den er am liebsten in die Welt hinaus geschrieen hätte... so wie damals, als Jonos Leichnam in seinen Armen gelegen hatte, auf dem blutüberströmten Schlachtfeld. Doch er konnte nicht. Seine Stimme versagte. Immer und immer wieder. Das Einzige, was ihm noch blieb war zu weinen, doch schien es, als hätte der Schmerz in seinem Herzen und die, durch den Tod seines Geliebten entstandene Kälte alles in ihm zu Eis erstarren lassen. Eigentlich wollte der Junge nicht mehr, ertrug es nicht länger zu Leben. Oft schon hatte er mit dem Gedanken gespielt sich das Leben zu nehmen, doch was wäre dann mit Jono? Hatte er sich nicht zwischen ihn und den Pharao geworfen um zu verhindern, dass einer der Beiden starb? War der Tod des Blonden vergeblich, wenn der Hohepriester es hier und jetzt beenden würde? War das egoistisch von ihm? Er konnte seine Gedanken nicht beenden, denn ein lautes Klopfen an der Tür liess den schwachen Körper kurz zucken. Er wollte aufstehen, laut ‚Herein’ rufen oder vielleicht sogar die Tür selbst öffnen, doch keiner seiner Muskeln reagierte auf die Befehle, die er ihnen sandte. Es war, als hätte er die Kontrolle über seinen Körper verloren. Als keine Antwort kam öffnete sich die Tür wie von selbst und die besorgten Freunde des Hohepriester traten ein. Freunde... „Hohepriester Seth, wie fühlt Ihr Euch heute?“, wollte die kleine Mana besorgt wisse und in ihren Worten konnte man hören, dass sie auf eine Antwort hoffte. Wer brauchte schon Freunde... „Seth, bitte, ich beschwöre dich, sprich doch mit uns!!“, die Stimme Atemus war nichts weiter als ein verzweifeltes Flüstern, doch er wusste, dass sein Hohepriester ihn hören konnte. Sie standen einem doch nur im Weg... „Ich bitte Euch, Seth!! Wie lange wollt Ihr noch rum liegen und nichts tun?! Wir brauchen Euch!! Dringend!!“, meinte Mahado mit leicht vorwurfsvollem Ton in der Stimme. Hinderten ihn an seinem Vorhaben... „Seth!!“, ihre Stimmen zu einem einzigen, verzweifelten Flehen zusammengelegt hofften die Drei, etwas zu erreichen. Und das schafften sie auch. Ein kurzes Zucken ging durch den Körper des Brünetten, seine Lider flackerten kurz ehe er seinen Körper etwas lockerte, sich zur Seite drehte, sodass seine Freunde nur den Rücken des Jungen sahen und sich sofort wieder verkrampfte. Doch was war eine Lüge... Seufzend schloss Mahado seine Augen und schüttelte kaum merklich den Kopf, während Atemu seine Hände zu Fäusten ballte und seinen kranken Cousin betrachtete. Mana schluchzte leise auf, kroch schüchtern näher zum Bett des Hohepriesters und sank daneben auf die Knie. Leise und qualvoll nuschelte sie: „Ich kann Euch verstehen, Seth. Mir fehlt Jono auch. Aber... wenn Ihr jetzt nicht für Ihn weiterlebt, dann war sein Tod umsonst! Er hat das alles doch nur getan, um EUCH das Leben zu retten!! Bitte, edler Hohepriester, löst Euch aus Eurer Gedankenwelt und kommt zurück in die Unsre!!“ Ohne seine Freunde wäre er haltlos verloren... Stille. Niemand sagte etwas, nur das leise, unregelmäßige Schluchzen des Mädchens war zu hören. Gerade wollte Mahado ihr eine Hand auf die Schulter legen und sie bitte mit ihm mitzukommen als doch noch etwas geschah. Seths Körper lockerte sich erneut und er drehte sich um, starrte Mana mit leeren, toten Augen an. Kein Funke Leben war in ihnen, sie sahen aus wie zwei tiefblaue Höhlen, in denen jeder versank, der nicht am Leben hing. Doch Mana wollte Leben. So gut es eben ging erwiderte sie den Blick des Brünetten, welcher zum Erstaunen aller langsam und zitternd einen Arm hob und fast schon zeitlupenmäßig an das Gesicht der Kleinen fuhr. Behutsam strich er ihr einige Tränen von der Wange, hielt sie jedoch in Form eines Tropfen auf seinem Zeigefinger, welchen er mit aller Vorsicht zu sich zurück zog und neben sich auf das Bett legte. Sie waren das Einzige, das ihm noch halt gab, in dieser Welt... Mit angehaltenem Atem beobachteten Atemu und Mahado wie Seth die Träne Manas betrachtete. Seine Augen wirkten dabei fast so, als wolle er die Träne einfrieren lassen, doch das schien ihm nicht zu gelingen. Nach einiger Zeit schloss der Hohepriester jedoch seine Augen, führte seine Hand zu seinem Mund und leckte die salzige Träne von seinem Finger. Dann drehte er seinen Freunden erneut den Rücken zu und starrte aus dem Fenster, welches direkt neben seinem Bett lag. Das war die einzige Reaktion seit Wochen. Seufzend wandten sich Atemu und Mahado, welcher Mana vor sich her schob, um und verließen die Gemächer. Vor der Tür blieben sie jedoch noch mal stehen um sich zu beraten. „So kann das nicht weitergehen, Mahado! Seth lebt nicht mehr! Es ist fast so, als würde er sich in seiner eigenen Welt zurückziehen!“ „Ich verstehe was Ihr meint, mein Pharao, aber wie sollen wir Hohepriester Seth zurückbringen? Natürlich trauern wir alle um Jono, aber das Los, welches Seth trägt ist noch viel größer.“ „Du meinst, weil er ihn getötet hat?“ „Ja...“ „Ich kann verstehen, dass es ihn zutiefst schmerzt, aber wir müssen trotzdem etwas tun!! Seth lebt nur noch, weil wir ihn zu allen möglichen Dingen zwingen. Essen, Trinken, Waschen, Kleidung wechseln... das alles macht er nur, wenn wir ihn anflehen!!“ „Und was gedenkt Ihr zu tun?“ „Ich weiß es nicht... ich hab keine Ahnung wie wir ihm helfen können...“ „Wir können ihm nicht helfen...“, mischte sich Mana plötzlich ein. Ihre Stimme klang zart und zerbrechlich und ihr gesamter Körper bebte als sie sprach: „...der Schmerz in Seth ist zu tief. Keiner von uns kann ihm helfen... das ist etwas, das er selbst überwinden muss...“ Und auch wenn weder Mahado noch Atemu etwas dazu sagten, so wussten die Beiden genau, dass das junge Mädchen die Wahrheit sprach. Tränen... Die meisten Menschen verabscheuten diesen salzigen, bitteren Geschmack, den sie hinterließen, wenn man weinte. Doch für ihn schmeckten die Tränen der kleinen Mana besser als die süßeste Ambrosia... Wie sehr wünschte er doch, dass es seine eigene Träne wäre, die er da auf der Zunge schmeckte. Wie sie leicht zerfloss und seine Geschmacksnerven anregte. Wie sie den Schmerz und das Leid in seinem Herzen steigerte und zugleich linderte. Welch süßer Nektar dieses salzige Etwas doch sein konnte, was so viele Menschen zu unterdrücken versuchten. Schmerzlich erinnerte Seth sich daran zurück, als er das letzte Mal geweint hatte. Auf dem bluten Schlachtfeld. Umgeben von Leichen. Und in seinen Armen... Jono... seine große Liebe... die er eigenhändig getötet hatte... Nur schwach schaffte es der Hohepriester seine Hand zu heben und sie anzustarren. Es war die Hand, mit welcher er den Dolch in das Herz seines Liebsten gerammt hatte. Wieso nur hatte er nicht rechtzeitig bemerkt, dass er auf der falschen Seite gestanden hatte? Wieso nur hatte Jono ihn nicht verstoßen, obwohl er ihn sooft verletzt und hintergangen hatte? Wieso war der Blondschopf nur so naiv und dumm gewesen? Und wieso... wieso tat das alles Seths Liebe keinen Abbruch? Wieso liess ihn die Tatsache, dass er SEINEN Jono nie wieder sah nicht weinen? Stattdessen raubte sie ihm die Stimme und die Seele. Wie viele Monde es her war, dass der Junge freiwillig einen Bissen Essen zu sich genommen hatte vermochte er nicht zu sagen, wusste er ja nicht mal was es an diesem Morgen gegeben hatte. Immer wieder wurde er, mal von Mahado, mal von Atemu, mal von Karimu oder Shada zum Essen gezwungen, doch für ihn war es als würde er auf einem alten Stück Stoff herumkauen. Egal was sie ihm vorsetzten, alles schmeckte gleich. Fleisch, getrocknete Früchte, frisches Gemüse, süße Kakaobohnen, die unter anderem Jono gerne mal genascht hatte... das alles schmeckte in seinem Mund nach vertrockneter Erde. Wein, Bier, Quellwasser, Nektar, Kokosmilch... das alles schmeckte in seinem Mund nach frischem Schlamm. Es gab nichts, was er freiwillig tat, zu allem musste er gezwungen werden. In seinen Augen auch einleuchtend. Jono war sein einziger Lebenssinn gewesen. Wenn er sich nicht für ihn wusch und umzog, wenn er nicht für ihn aß und trank, wenn er nicht für ihn zu den Göttern betete... für wen dann? Ach ja, Götter... Mit ihnen hatte Seth abgeschlossen. Sie hatten ihn verraten. Ihn, der jahrelang treuer Diener des Rah war, der sich, wie es der Brauch verlangte das Zeichen des Horus in die Schulter brennen wollte... Ihn hatten sie verraten. Sie hatten ihn dem dunklen Gott Seth übergeben ohne auch nur irgendetwas dagegen zu unternehmen. Doch das war nicht der Grund, warum der junge Hohepriester den Göttern misstraute. Nein, der wahre Grund war erneut sein Geliebter... Jono hatte es getragen, er hatte das Auge des Udjat immer um seinen Hals, hatte es nicht gewagt es abzunehmen da es ihm von einem Gott selbst übergeben wurde. Er hatte sich ihnen unterworfen obwohl er als einfacher Sklave und Seths Geliebter das nicht hätte tun müssen. Aber Jono hat es getan. Er hat die Träume, die Rah ihm schickte angenommen und versucht, dass Schicksal, welches ihn und Atemu erwartete abzuwenden, hatte jedoch sein eigenes Leben dafür gegeben. Und was hatten die Götter getan? NICHTS!!!!!!!!!!!! Sie waren nie da, wenn man sie brauchte. Egal ob Sklave oder Hohepriester, und das bewies seine eigene Vergangenheit... Sie waren nicht da gewesen, als die Dunkelheit ihn umwarb. Sie waren nicht da gewesen, als er litt und nichts als Schmerzen ertragen musste. Sie waren nicht da gewesen, als er erst seine Eltern, dann seinen Bruder und dann auch noch Kisara verloren hatte. Sie waren nicht da gewesen, als er Jono kennen gelernt hatte. Sie waren nicht da gewesen, als er Jonos Herz verletzt hatte. Sie waren nicht da gewesen, als der dunkle Gott das Herz des Hohepriesters mit Dunkelheit überflutet hatte. Sie waren nicht da gewesen, als die letzte, große Schlacht entbrannte. Und sie waren nicht da gewesen, als er seine einzige, große Liebe tötete. Die Götter waren nie da, wenn man sie brauchte. Ihnen waren die Menschen egal. Die Nacht hatte ihren Mantel über die Stadt gelegt und die einzigen Lichtquellen, die es zu dieser Zeit noch gab kamen von den Sternen, welche wie kleine Lichter über den Himmel tanzten. Den Mond konnte er von seinem momentanen Standpunkt nicht sehen. Starr starrte er in den Himmel, seine Gedanken rasten und standen gleichzeitig still. Es war der fünfte Mond... seitdem sein Geliebter gestorben war... Seths Blick wanderte Sehnsüchtig über den Himmel. Er suchte etwas. Etwas Wichtiges. Etwas, das er unbedingt finden musste. Und als er es gefunden atmete er erschrocken ein, in seinen Augen tauchte ein kurzes Funkeln auf. Jedoch war dieses Funkeln so flüchtig, dass er es selbst kaum bemerkte und ein Anderer es sogar mit Garantie übersehen hätte. Was den Jungen so überraschte und erschrecke war das, was seine Augen einfach nicht mehr loslassen konnten. Der Mond... Vollmond... Überzogen von einem goldenen Leuchten... Genau so hatte der Mond geleuchtet in der Nacht, bevor Mahado ihm Jono gebracht hatte. Als Hohepriester des Pharaos kannte Seth sich mit der Deutung des Mondes aus. Ein roter Schimmer auf ihm bedeutete Blut... so wie bei der Schlacht... Ein blauer Schimmer auf ihm bedeutete Einsamkeit... so wie damals, als er seine Eltern und Mokeph verloren hatte... Ein goldener Schimmer auf ihm bedeutete Befreiung... so wie an jenem Tag, an dem er Jono kennen gelernt hatte. Gleich, als Seth den Jungen das erste Mal gesehen hatte hatten ihn diese rehbraunen Augen in einen Bann gezogen, aus dem es kein entkommen mehr gab. Doch dieser Bann war nicht böse, konnte ihm nicht gefährlich werden... Nein... Dieser Bann sprach von Heilung und Befreiung, von Vertrauen und Liebe, von Wärme, Nähe, Geborgenheit... Dieser Bann war Jonos Gabe gewesen... Und Seth war sofort, als er ihn das erste Mal gesehen hatte, in diesem Bann gefangen gewesen... Jede seiner Bewegungen schmerzte, er schaffte es kaum durch die schwarzen Gänge des Palastes. Die Dunkelheit um ihn schien ihn erdrücken zu wollen, seine Seele fühlte sich schwach und ausgenutzt. Er wollte so schnell wie möglich sein Ziel erreichen, der einzige Grund warum er nicht einen Moment inne hielt um zu verschnaufen. Er wollte endlich frei sein... Mit seiner rechten Hand stützte Seth sich an der Wand ab, die Linke umklammerte weiterhin den Dolch, mit welchem er damals auch seinen Geliebten getötet hatte. Seine weiterhin leeren, toten Augen huschten über den Gang, er benahm sich fast schon wie ein gehetztes, verwundetes Tier, welches jeden Moment mit einem Angriff rechnete. Doch nichts geschah. Erst als der junge Hohepriester sein Ziel erreicht hatte wagte er es aufzuatmen. Wo genau sein Ziel gelegen hatte? Der alte Horusschrein. Vor ihm war auch Jonos Leichnam mumifiziert worden. Der Pharao hatte darauf bestanden den Körper des Jungen zu verwahren und in sein Grab, neben den Platz, welcher für den Hohepriester vorgesehen war zu bringen. Dafür war Seth mehr als nur dankbar gewesen, auch, wenn er es nie ausgesprochen hatte. Denn an diesem Tag war seine Stimme bereits verstummt gewesen. Der Blick des Jungen hing weiterhin auf dem reich verzierten Schrein, welcher in der Mitte des prunkvollen Palastgartens lag, in welchem sich Mana und Jono oft getroffen und miteinander gesprochen oder gespielt hatten. Oh ja, wie oft hatte Seth die Beiden beobachtet und dabei gelächelt? Ein Lächeln, welches nie jemand außer ihm gesehen hatte. Seine Gedanken hingen gerade in der Zeremonie, in der Jonos Körper und Seele geehrt wurden als sich eine Frage in dem Brünetten auftat. Wann hatte er begonnen zu schweigen? Wann genau war es geschehen, dass seine Stimme verschwand? Wann war das eigentlich gewesen? Während er langsam auf den Schrein des Horus zuging versuchte er in seinen Erinnerungen eine Antwort auf die Frage nach seinem Schweigen zu finden. Er erinnerte sich, wie er in der Schlacht rumgebrüllt hatte. Mit Atemu. Mit Jono. Er erinnerte sich als er seinen Schmerz hinaus in die Welt geschrieen hatte, als er den toten Körper seines Geliebten in Händen gehalten hatte. Tränen waren über seine Wangen gelaufen. Doch als der Schrei verstummt war hatten auch die Tränen ein Ende. Von da an war der junge Hohepriester wie tot. Er hatte freiwillig gegessen und getrunken, sich gewaschen und umgezogen, jedoch nur so lange, bis Jonos Zeremonie vorbei gewesen war. An diesem Nachmittag hatte er sich in sein Bett gelegt und als er am nächsten Tag von einer Wache geweckt worden war hatte er nur mit leerem Blick an die Decke gestarrt. Jonos Zeremonie... Das muss der Augenblick gewesen sein, als ihn das Leben verließ. Oder zumindest seine Seele, denn sein Körper lebte noch. Er fühlte sich wie in einem Schockzustand. Dieses Gefühl hatte er auch gehabt, als er Jono das erste Mal gesehen hatte... Oder als er Akunadin dabei erwischt hatte, dass er den Jungen ins Reich der Schatten verbannen wollte... Als er erfahren hatte, dass Jono nur knapp dem Tode entronnen war... Als der Blondschopf das erste Mal seinen schwarzen Rotaugendrachen gerufen hatte... Als Jono mit ihm Schluss gemacht hatte... Als er den Jungen an der Oase mitten in der Wüste gefunden hatte... Und... Als er Jono getötet hatte... Immer ist dieses Gefühl schnell wieder verschwunden, doch diesmal war ihm so, als hätte dieser Schock von seinem Körper und seiner Seele besitz ergriffen, hielt ihn fest so wie damals die Dunkelheit, als er unter der Macht des dunklen Gottes gestanden hatte. Nur, dass ihm diesmal kein Jono half... Nein, diesmal musste er sich selbst helfen. Ehrfürchtig ging Seth vor der großen Horusstatue auf die Knie. Eines ihrer Augen blitzte im Mondlicht auf. Das Linke. Einer Legende nach hat einst der dunkle Gott Seth seinen Neffen Horus eines Nachts in der Wüste überrascht und ihm beide Augen ausgestochen, welche Sonne und Mond repräsentierten. Doch die Göttin Hathor rettete die Augen des Gottes indem sie sie in Gazellenmilch badete. Das rechte Auge des Horus symbolisierte die Sonne. Das linke Auge des Horus symbolisierte den Mond. Eine alte Legende die er dennoch zu seinen Liebsten zählen konnte. Wieso wusste Seth nicht, er mochte sie einfach. Traurig schloss der Hohepriester die Augen, rief sich noch mal seine Erinnerungen an seine gemeinsame Zeit mit Jono und an die Schlacht, in welcher er seinen Geliebten getötet hatte ins Gedächtnis. Wütend und am ganzen Körper zitternd umklammerte Seth den Dolch, welchen er nun in seiner rechten Hand trug, fester und versuchte seine ganze Wut, seinen Hass, Trauer, Angst und Schmerz in diesen Dolch zu legen. Das alles war die Schuld des dunklen Gottes, dessen war der Junge sich sicher. Jahrelang hatte er leiden müssen, nur um auf die dunkle Macht anfällig zu werden und wie es schien gab der Gott Seth auch jetzt nicht auf. Er schnürte die Tränen sowie auch die Stimme seines Zöglings ab, mit welchem er durch das verfluchte Brandmal an seiner Schulter immer noch verbunden war. Einen Moment zögerte der Brünette und seine Hand begann stärker zu zittern. Seine Gedanken rasten erneut umher und schienen gleichzeitig stillzustehen, als sich plötzlich ein einziger Satz aus diesem Wirbel aus Erinnerung und Gedanken zu ihm durchdrang. //Ich werde es beenden!!// Den Griff um den Dolch noch mal verfesternd unterdrückte der Blauäugige sein Zittern und als er es endlich geschafft hatte tat er das, was er schon vor langer Zeit hätte machen sollen. Ein schnelles Sausen durch die Luft... Menschliche Haut, die zerriss... Ein starker Windstoss... Und ein Schrei... Erschrocken und von dem markenerschütternden Schrei aus seinen Träumen gerissen schlüpfte der Pharao in seinen Morgenmantel und eilte durch die dunklen Gänge hinaus aus dem Palast in seinen Garten, bis hin zum Horusschrein, woher der Schrei stammte. Kaum dass er die Quelle des Lärmes erblickte erstarrte Atemu in seiner Bewegung, riss ungläubig die Augen auf. Vor ihm kniete Seth auf dem Boden. In der Schulter einen Dolch, welcher genau durch das Brandmal des Seth gestoßen worden war. Er trug die Kleidung der Hohepriester. Über sein Gesicht liefen unaufhaltsam Tränen. Und seine Stimme hallte in einem lauten, qualvollen Schrei auf dem Palastgrund und der Stadt wieder. Nachdem er ihn einige Zeit beobachtet hatte waren auch die restlichen Priester, Diener und andere Angestellte angekommen und beobachteten wie der junge Hohepriester seine Angst, seine Wut und Schmerz, Trauer, Sehnsucht, Liebe und sein Verlangen in die Nacht hinausschrie. Und ohne, dass Atemu es verhindern konnte stiegen ihm Tränen in die Augen, als er plötzlich eine Hand auf seiner Schulter spürte. Überrascht sah er auf und erkannte, dass es Mahado war, der sich hinter ihn gestellt hatte und jetzt seine zitternde Hand auf der Schulter seines Herrschers ruhen liess. Und neben dem Magier waren auch Karimu und Shada aufgetaucht, welche den Hohepriester ebenfalls mit traurigem Blick betrachteten. Und als Atemu den Blick wieder nach vorne auf Seth richtete hörte er plötzlich Manas Stimme, welche neben ihm stand und ganz leise flüsterte: „Endlich hat er es geschafft... endlich... ist er frei...“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)