Blind von Swaja (Lass mich durch deine Augen sehen) ================================================================================ Kapitel 1: Eine neue Bekanntschaft ---------------------------------- " Okay. Jetzt aber mal immer mit der Ruhe. Setzt euch hin.", rief die Lehrerin mit lauter, klarer Stimme und endlich setzten sich auch die letzten, unruhigen Schüler auf ihre Plätze. Die Frau lächelte und machte mit der Hand eine ausladende Bewegung Richtung Tür. " Ich hab doch eine Überraschung für euch. Zu guter Letzt hat auch unsere Chaotenklasse Zuwachs bekommen. Hier ist er.". Die Tür schwang vorsichtig quietschend auf und ein Junge betrat schüchtern den Raum. " Hi.", begrüßte er seine zukünftigen Klassenkameraden. Nervös fuhr er sich mit der gebräunten Hand durch die schokobraunen Haare, versuchte sie zu glätten, doch sinnlos. Sie standen wie immer wirr vom Kopf ab, da konnte er machen was er wollte. Als er in die erwartungsvollen Gesichter der anderen Kinder sah, schluckte er. " Ach ja. Ich heiße Finn Engler und bin gerade erst hier her gezogen.". Er schickte einen hilfesuchenden Blick zu der Lehrkraft. " Noch was?", fragte er. Eigentlich wollte er sich nur hinsetzen und erstmal verschnaufen. Nicht das er Probleme hatte, Kontakte zu knüpfen, gar nicht, er freute sich auf all die neuen Freunde, aber er hasste solche Präsentierungen vor ganz fremden Leuten. " Was machst du so in deiner Freizeit?", wollte die Lehrerin wissen und half ihm mit einem netten Lächeln über seine Startschwierigkeiten hinweg. " Naja, Sport eben. Am liebsten Fußball.". Aus der Klasse kam Gekicher, natürlich von den Mädchen. Von irgendwo her hörte er ein " typisch Kerl". Er beschloß noch eines oben drauf zu setzen. " Ich liebe Fußball.". Gelächter war jetzt zu hören. " Ich glaube, damit bist du nicht allein in der Klasse. Setz dich doch bitte da hinten neben Matt.". Zufrieden aufseufzend liess er sich neben seinen neuen Nachbarn fallen. Dieser nickte ihm freundlich zu. Während der höchstlangweiligen Physikstunde konzentrierte sich Finn nicht wirklich. Er verfolgte die Schritte der Klassenlehrerin Frau Lohse. Wie konnte eine so attraktive und nette Frau nur ein so unglaublich ödes Fach wie Physik geben? Sie versuchte zwar mit allen Mitteln den Unterricht interessant zu gestalten, aber das machte die komplizierten Formlen auch nicht leichter und die verstaubten Lehrbücher auch nicht besser geschrieben. Sein Blick wanderte zur Seite. Nun betrachtete er Matt genauer. Schlanke Figur, eleganter Klamottenstil, fein geschwungenes Gesicht. Doch der eigentliche Hammer waren seine Haare. Wie viele Stunden musste dieser Junge morgens im Bad verbringen? Der natürliche Kopfschmuck seines Nachbarn waren richtig blond. Nicht so Straßenkötermäßig, auch nicht wie Wasserstoffblond gefärbt, weder Platin- noch Strohblond. Für diese Haare müsste man eine neue Farbbezeichnung erfinden. Goldblond würde am besten passen. Die Sonne schien genau auf sie und die Haare glänzten wirklich wie Edelmetall. Anscheinend hatte man gemerkt, dass man regelrecht begafft wurde, denn jetzt strahlte ihm auch noch ein Lächeln entgegen. Wenn Finn gedacht hatte, dass die Haare das Umwerfendste an diesem Menschen war, dann hatte er sich getäuscht. Denn diese Augen toppten alles. Ein tiefes, azures Blau erinnerte ihn an ein wunderschönes Meer irgendwo in der Karibik. Die blasse Haut liess auch irgendwie an einen Sandstrand denken. Finn klatschte sich gegen die Stirn und schüttelte den Kopf. Was dachte er nur schon wieder? Das kam davon, wenn man drei Schwestern hatte. Das musste ja irgendwann schief gehen. In der Pause wurde der Braunhaarige natürlich erstmal in die Mangel genommen. Fast die ganze Klasse sass in einem Halbkreis um ihm herum und stellte abwechselnd, teilweise gleichzeitig die unmöglichsten Fragen. " Du bist so braun, bist du Italiener, oder so?", fragte ein rothaariges Mädchen, welches sich ihm als Leoni vorgestellt hatte. Finn nickte. Ja, er konnte seine Abstammung kaum verbergen. " Dafür hast du aber ne seltsame Haarfarbe.", stellte ein anderes Mädchen fest und deutete auf seinen buschigen Schopf. " Meine Mutter ist schuld.". " Und dein Name ist aber auch nicht italienisch, oder?". Kopfschütteln. " Norwegisch. Mein Mum kommt aus Norwegen und wollte einen Namen aus ihrer Heimat. Hab ne seltsame Mischung von Italos, Amis, Deutschen und Norwegern in mir.". Allgemeines Raunen. " Na, da bist ja fast so ein Paradiesvogel wie dein Nachbar, hm?", meinte Lukas. " Wieso?", wollte Finn wissen und sah zu seinem Tischnachbarn Matt. " Lass ihn in Ruhe, Luk.", fauchte Leoni giftig. " Halt mal die Luft an, Rotschöpfchen, ich tue deinem Sandkasten-Lover schon nichts.", beschwichtige der Macho der Klasse das Mädchen, welches jetzt im Gesicht ihrer Haarfarbe sehr ähnlich sah. Sie drehte sich schnippig weg und ging zu Matt. Lukas legte Finn den Arm um die Schultern. " Sie kennen sich schon ewig und angeblich ist da nichts mehr als Freundschaft.". " Kann doch sein.", versuchte Finn einzulenken. " Und warum ist er nun so komisch?",. Lukas zuckte die Schultern. " Weiß auch nicht. Er ist einfach komisch. Er kommt zu keiner Party, war noch nie auf ner Klassenfahrt mit und macht im Sport nie mit, außer bei den Prüfungen und schneidet auch noch gut ab.". " Hey, ein Naturtalent eben.", smilte Finn und erntete aber nur einen mitleidigen Blick. Er hätte nicht herkommen dürfen. Das wusste er, doch etwas hatte ihn hierher gezogen. Er hörte das Leder über das Gras klatschen, das Knallen wenn es auf die Brust, die Beine oder den Kopf einer der Spieler oder die Hände des Torwartes traf. Es tat weh, dieses Geräusch, welches er so liebte. Das Herz zog sich zusammen. Er versuchte den grauen Gestalten auf dem tiefschwarzen Platz zu folgen, schüttelte aber den Kopf und schloss die für ihn so unnützen Augen wieder. Wie oft hatte er mit seinem Bruder geübt, wollte sich aus seiner Tiefphase wieder herausziehen. Eigentlich hätte er stolz sein müssen, er konnte etwas was sicherlich kein anderer konnte, doch er war nicht. Denn es hatte nichts gebracht. Er war abgelehnt worden, sein Training hatte gerade mal für den Schulsport gereicht und dort auch nur für die Prüfungen, mehr durfte er nicht. Er war ein guter Läufer, aber er durfte nicht laufen. Seufzend lehnte sich der Blonde an die Bank zurück. Warum war er heute so depri? Im Grunde wusste er warum. Sie hatten einen Neuen in die Klasse bekommen und er konnte sich kein Bild von ihm machen. Nicht das es etwas neues wäre. Er kannte keinen aus seiner Klasse vom Aussehen her. Wieder verliess ein tiefer Seufzer aus seinem Herzen seine Lippen. " Vorsichtig!", rief jemanden und Matts Kopf ruckte in die Höhe. Er spitzte die Ohren . Der Fussball schoss genau auf ihn zu. Er schnellte auf. Seine Ohren schickten Daten in sein Hirn, die ein Bild vor seinem inneren Auge produzierte. Der Ball kam eine scharfe Kurve von rechts oben geflogen. Er ging leicht in die Hocke, federte hoch und fing den Ball sicher auf. " Hey, tut mir sorry.", sagte eine Stimme. Es war Finn. Matt konnte ungefähr orten aus welcher Richtung die Stimme kam. Er warf ihm das runde Leder zu. " Du hast nen scharfen Schuss.", lobte Matt mit einem melancholischen Ausdruck in der Stimme. " Und du kannst gut fangen.", gab Finn das Lob grinsend zurück. Matt senkte den Kopf. " Ich geh dann mal...", flüsterte der Blondcshopf und wandte sich ab. " Bleib doch noch.", flüsterte der Junge im Trikot verunsichert. " Finn, bist du eingeschlafen, oder was?", riefen seine Teamkameraden und mit einem letzten Blick auf seinen Banknachbarn lief er zurück zu ihnen. Kapitel 2: Die Wölfe! --------------------- Die nächsten Tage waren für Finn ein wahrer Traum. Er wurde ins schuleigene Fussballteam aufgenommen und diese Elf war hundertmal besser als seine alte Mannschaft. Mit Matt verstand er sich auch immer besser. Eines Tages, als er gerade auf dem Weg zum Training war, bemerkte Finn eine große Traube um das schwarze Brett. " Was ist los?", fragte er ein paar gigelnde Mädchen. " Sie geben wieder eines ihrer genialen Konzerte. " Wer?", wollte der Junge wissen. " Mann, bist du vom Mond?", sagte ein Mädchen schnippig. " Die Teen-Age-Wolves!", antwortete ihre Freundin, dem Mädchen in die Seite boxend. Finn nickte und drängelte sichdurch. Auf dem blauen Plakat stand in weißer Schrift: " Nehmt euch in Acht!!! Das wildeste Rudel der Welt kehrt zurück in ihre Jagdgründe. Die Teen-Age-Wolves.". Dann waren noch Datum und Zeit gedruckt. Es läutete und Finn rannte in sein Klassenzimmer, liess sich auf den Stuhl fallen. " hey, Matt. Hast du es schon gehört? Diese Band, die... wie heißen sie noch? Irgendwas mit Wolf. Na, jedenfalls, die kommen hierher. In die Kulturhalle. Sollen gut sein.". Matt kicherte. " Danke, ich kenne die Band.". Leoni, die ihr Gespräch verfolgt hatte, lachte ebenfalls und warf Finn einen Zettel zu. Darauf stand: " Tritt in den Fettnapf! Matt ist der Sänger und Leadgittarist der Band. ;-)". Finn lief rot an. " Mann, Matt. Warum hast du mir nicht gesagt, dass du in der Band singst?", fragte er zähneknirschend. " Du hast nicht gefragt.", antwortete Matt mit seinem ihm eigenen Lächeln. Finn schloss seinen Spind mit einem leisen " Klong". Für heute war er fretig. Plötzlich hörte er leise Musik. " Das Schülerradio hat doch schon lange Feierabend.", überlegte der Junge und folgte den Klängen. Schliesslich stand er vor dem Musikzimmer. Vorsichtig öffnete er die Tür. " Goldene Zeiten. Die Herren dieser Welt habens schon bestellt.", schallemeite es ihm entgegen. Er stand einer vollausgerüsteten Band gegenüber. " Matt!", rief er erstaunt. Die Jungs hörten auf zu spielen und sahen den Störenfried überrascht an. " Finn!", entgegnete Matt ebenfalls überrascht. " Hey, ist das deine Band?", Matt nickte mit einem Anflug von Stolz. " Hättest du die Güte uns einander vorszustellen?", fragte der Junge an seinem Bass herumzupfend. " Klar. Das ist Finn. Er ist neu in unserer Klasse und mein Banknachbar. Wir sind gute Freunde. Finn, das sind die Teen-Age-Wolves.". Finn schüttelte die Hände der Jungs. " Darf ich mal was hören?", bat Finn und machte große Hundeaugen. " Okay, lasst uns nochmal "Arschgesicht" spielen.", schlug Nishi, der Bassist, vor. Matt schien unentschlossen. Der Drummer hämmerte einen treibenden Rhythmus und es klang, asl würde er den Sänger so zu einer schnelleren Entscheidung bewegen wollen. " Von mir aus. Finn, in dem Song " Arschgesicht" geht es um ein Mädchen, namens Julia. Sie ist in unserer Paralellklasse und sie verfolgt mich regelrecht.". Er zupfte eine Seite seiner E-Gitarre und die anderen steigen ein. " Ich weiß.", sangen Mano und Nishi. " Was ich will.", schaltete sich nun auch Toshi vom Schlagzeug her ein. Diesen Opener wiederholten sie dreimal. Jetzt trat Matt ans Mikro. Finn lehnte sich gespannt nach vorne. " Ich liebe meinen Nachbarn, ich liebe seinen Sohn. Und kann er bald Klavier spielen, lieb ich jeden Ton. Ich lieb den Arsch meiner Ex, ich liebe ihr Gesicht. Ich weiß was ich will und was nicht.", sang der blonde mit klaer, heller Stimme, die den ganzen Raum ausfüllte. Finn beugte sich noch ein Stück vor, um jedes Wort aufzuschnappen. ( Schni, Schna, Schnappi...;-)) Er stützte die Ellebogen auf die Knie, legte sein Kinn in die Hände. " Ich will eine Wohnung, wo die Sonne reinscheit. Das Allerbeste für meinen besten Freund. Bitte nimm mir nicht die Luft, geh mir aus dem Licht. Ich weiß was ich will, dich nicht!". Jetzt sang die ganze Band und Finn ging absolut zum Beat der Musik mit. " Arschgesicht, geh mir ausm Licht. Ich weiß was ich will, und was nicht. Arschgesicht, geh mir ausm Licht. Ich weiß was ich will, dich nicht.". Matt rockte seine Gittarre. Finn musste lachen, es war einfach toll anzusehen, wie die Jungs in ihrer Musik voll aufgingen. " Ich glaub an den Erfolg, ich hab schon die Idee. Ich will eine Insel mitten in der Südsee. Denn ich hab den Winter in der Stadt satt. Ich habs satt, dass mein Vater diesen Job hat. Ich glaub, dass mich mein Bruder eigentlich liebt. Und dass in Prenzelburg die meiste Hundescheisse rumliegt. Ich glaube an Gott und den Winterbericht. Nur dein Gelaber gar nicht!". Jetzt ging die rockige Bridge wieder in den Ohrwurmmäßigen Refrain über. " Uoh, ich habe keinen Freund bei der Po-Polizei, keinen Happy Hippo im Überraschungsei", Matt legte jetzt richtig los: " keine Kohle auf der Bank, kein Idealgewicht, alles zu ertragen, nur du nicht." Mit einer zweimaligen Wiederholung des Refrains endete der Song. " Wow, klasse.", Finn grinste breit und zollte ihnen den verdienten Applaus. " Diese Julia muss ja wikrlich ein Graus sein.". " Ist sie.", bestätigte Toshi und liess die Sticks mit einer atemberaubenden Geschwindigkeit herumwirbeln. " Euer Konzert wird bestimmt Wahnsinn." Matt packte seine Gitarre in die Tasche. " Möchtest du noch ein Stück mit mir gehen?", fragte Finn seinen Kumpel. Matt sah sich nocheinmal zu seinen Bandkameraden um, nickte dann aber und verliess mit Finn den Raum. Toshi, Mano, Nishi und Kent, der Keyboarder, sahen sich erstaunt an. Sonst ging matt immer allein, aus Prinzip. Kommentar der Autorin: Die Song sind von den Zöllnern " Arschgesicht" und " Goldene Zeiten". Was meint ihr, soll ich weietr schreiben? Das nächste Kapi kommt erst, wenn ich fleissig Kommis bekomm. Hoffe ihr könnt mit der Umstellung Finn-Tai udn Leoni-Sora leben. Kapitel 3: Der Beginn einer neuen Freundschaft? ----------------------------------------------- " Ihr spielt echt toll. Richtig professionell. Und du schreibtst alle Lieder selbst?", sprudelte es aus Finn heraus. " Größtenteils. Für Schulfeste und so covern wir auch, aber sonst bestehe ich auf eigene Lieder.". Mit einem Mal blieb der blonde Junge, wie angewurzelt, stehen. " Wohin gehen wir?", wollte er wissen und man konnte ein deutliches Zittern in deiner Stimme hören. " Naja, hast du nicht Lust mit zu mir zu kommen? Ich hab ein cooles, neues Computerspiel.", bot Finn an. Matt war nicht angetan, aber er wollte Finn nicht enttäuschen. " Komm du doch lieber mit zu mir?", schlug Matt vor und zog, keine Antwort abwartend, in die Gegenrichtung. Kurz darauf standen sie vor der Wohnung der Kellers. " Treten Sie ein.", lud Matt formvollendet ein. Finn verbeugte sich dankbar und sah sich, in die Wohnung eintretend, neugierig um. Alles war sauber hier, nichts lag auf dem Boden herum. Das kannte Finn von seiner Chaosfamilie gar nicht. Die Möbel in Matts Wohnung wiesen eine klare Linie auf. " Hast du Hunger?", fragte Matt und bekam ein lautes " Ja!" als Antwort. Matt zog sich lächelnd und mit einer fließenden Bewegung die Starßenschuhe aus und seine Hausschuhe an. Nachdem er Finn auch welche gegeben hatte, verschwand er in die Küche. Ganz ordentlich räumte er eine Pfanne, zwei Schüsseln, einen Topf und mehrere Lebensmittel aus den Schränken. Er legte alles genau vor sich hin. Finn beobachtete ihn fasziniert. Die Schränke waren tip top aufgeräumt, die Bewegungen des Jungen waren auf einander abgestimmt. Finn erinnerte sich mit Grausen an die Kochversuche seiner Schwestern, die immer im Chaos endete. ER selbst traute sich gar nicht an dieser Ungeheuer, namens Topf und Herd heran. Doch Matt schien ein guter Koch zu sein. " Was gibt es denn?", Finn versuchte über Matts Schulter zu linsen, doch Matt wies ihn tadelnd zurecht. " Man guckt nicht in die Töpfe, sonst wird das Essen schlecht. Es gibt nichts besonderes, Spaghetti Bolognese.". Wie als hätte er ein Zauberwort ausgesprochen, starrte Finn ihn wie hypnotisiert an. " Lecker...", hauchte er. Matt lachte laut auf, doch seine blauen Augen blieben ausdruckslos. Finn vertrieb sich die Zeit mit der Analyse der Küche. Keinerlei Zierde und Schmuck, keine Plakate, Poster oder Bilder. Nur ein einsamer Kalender an der Wand, allerdings bestanden die Kästchen aus kleinen Knöpfen, bei denen die Zahlen vorstanden. " Was ist das für ein komischer Kalender?", fragte sich der Junge laut. Matt fuhr mit der Hand über die Zahlen und drückte auf den Knopf mit dem heutigen Datum. " Matt, 15.00 Uhr Bandprobe. Yusaku 18.00 Uhr Besprechung für nächste Live-show.", sagte eine knisternde Stimme die Termine an. ". Finn guckte verdutzt, aber gleichzeitig begeistert. " Das ist ja cool.". Matt nickte zustimmend und stellte die Pfanne auf den Tisch. Finns Aufmerksamkeit war jetzt voll auf seinen Teller gerichtet. Finn stopfte mit einer atemberaubenden Geschwindigkeit die Nudeln in sich hinein, lobte zwischendurch immer eifrig den Koch. " Wow, die Nudeln schmecken so toll, machst du irgendetwas besonderes dran?". Matt nickte. " Ich mache immer Oregano dran, ein italienisches Gewürz. Mir ist einmal beim kochen der Oreganostreuer aus der Hand gefallen und im Nudeltopf gelandet. Ich wollte die Nudeln nicht wegschmeissen und habs einfach mal mit probiert und voliá. Echte Pasta!". Finn lächelte. So viel hatte sein neuer Freund noch nie auf einmal erzählt und dann noch so unbefangen, wahrscheinlich hatte er einen postivien Einfluss auf ihn. Nach drei Nachschlägen bestand Finn darauf Matts Zimmer zu sehen. Mit einem leichten Rotschimmer auf den Wangen öffnete der Blonde die Tür zu seinem Allerheiligsten. Wie nicht anders zu erwarten dominierte die Farbe weiß. Auch hier lag nichts herum, alles war picobello aufgeräumt. Erst setzte Matt sich an den Schreibtisch, doch gleich darauf sprang er wieder auf und hing seine heißgeliebte Gitarre an zwei Haken über das geräumige Bett. Finn liess den Blick durchs Zimmer schweifen. Ein Schreibtisch, direkt neben dem großen Bett, dann ein Schrank und eine Kommode. Keine Bilder an der Wand, keine Nippes. Nur auf der Kommode stand eine kleine Figur. Wie als hätte Matt den Blick bemerkt, nahm er die Figur in die Hand. Es waren zwei kleine schwarze Hunde, die mit einander spielten. Die blassen, feinen Finger strichen über die Hundeköpfe. Finn musste bei diesem Anblick lächeln. Matt sah richtig niedlich aus. Was? Niedlich? Finn schüttelte heftig den Kopf. Was dachte er nur schon wieder? Seine älteste Schwester, Sharon, würde jetzt sagen:" Die Krankheit Pupertät. Die Jungs kommen rein und nie wieder raus.". Apropos Schwester. Erschrocken fuhr Finn hoch und schaute auf seine Armbanduhr. " Was ist los?", kam es von einem erstaunten Matt, der die Figur zurück auf die Kommode stellte. " Ich hab Kari versprochen mit ihr einkaufen zu gehen.". " Na dann, deine Freundin solltest du nicht warten lassen.", rat ihm der Blonde. Finn schaute erst verdutzt und brach dann in Gelächter aus, was den anderen Jungen nur dazu veranlasste die Stirn zu runzeln. " Kari? Meine Freundin? Nein, nein. Kari ist meine Schwester. Die mittlere von den dreien und sie hasst es, wenn ich sie versetze." Die beiden Jungen gingen zur Wohnungstür. " Also, war echt schön bei dir. Ich würde dich gerne mal wieder besuchen kommen, wenn ich darf.". Matt nickte gönnerhaft. " Nun aber los.", schickte der Blonde ihn fort und blieb noch im Türrahmen stehen. Sein neuer Kumpel war schon eine Nummer. Ob er ein Mädeltyp war? Matt seufzte wieder und ging dann zurück in die Wohnung. Kapitel 4: Wenn das Leder rollt... ---------------------------------- Finn zog sich das T-Shirt an und streifte die kurzen Sporthosen über. " Hey, Süßer!", sagte Tony, ein Mitschüler, und klatschte ihm auf den Hintern. Verdutzt schaute der Braunhaarige auf. In eben diesem Moment kam sein bester Freund zu der Tür herein. " Hi, Finn.", grüßte er lax. " Also, langsam hab ich das Gefühl, dass Tony schwul ist.". " Ach, das mit dem Hinternklatschen? Das macht er bei beiden Geschlechtern. Er ist einfach nur ein Macho.", erklärte der Blonde und zog sich ganz ohne Eile das Hemd aus. " Du ziehst dich um? Du hast doch eine Dauersportbefreiung.", wunderte Finn sich und beobachtete seinen Kumpel beim Umziehen. " Heute ist aber Fußballprüfung und ich kann keine Sechsen riskieren, wenn ich die Prüfungen sausen lasse.", beantwortete Matt die Frage und zog seine Turnschuhe an. Die beiden Jungs gingen in die große, helle Turnhalle und setzten sich auf die lange Holzbank an der Seite. " Hey, heute steht ne Prüfung an. Matti hat sein Sportzeug an.", brüllte Lukas ungeniert durch die ganze Halle. Alle Köpfe wirbelten herum und starrten den Blonden an, über dessen Wangen sich ein zarter Rotton ausbreitete. Sofort war er von der ganzen Klasse umringt. " Und? Ist heute irgendeine Prüfung? Was denn?", alle redeten durcheinander. Matt räusperte sich. " Die Jungs kriegen heute ihre Noten auf Fußball und die Mädels aufs Cheerleading.". " Ihr macht hier Cheerleading richtig als Unterrichtsbestandteil?", fragte Finn verblüfft. Lukas grinste und stupste ihn an. " Glaub mir, das war die beste Idee dieser verkalkten Lehrer bisher überhaupt. Das ist so geil.". " Genau, nicht wahr, Schneckel?", griente Tony und liess seine Hand auf Ginas Hintern klatschen, die darauf hin dumm kicherte. " Okay, meine Lieben. Wie ihr ja sicherlich an unserem lieben Matt gesehen habt, stehen heute Kontrollen an. Und zwar in Fußball und Cheerleading. Für die Mädels nimmt Frau Kamir die Prüfungen ab. Und nun zwei Jungs hier in die Mitte. Tony, Lukas, kommt her.". Die Jungs fingen an ihre Teams zusammen zu stellen. Tony fing an und was Finn verwunderte, er wählte sofort seinen Banknachbarn. Lukas machte einen zerknirschten Eindruck, wählte dann aber ihn. Irgendwann hatten sich zwei Mannschaften und jeweils fünf Ersatzspieler gefunden. Finn rannte ein paar Runden und dehnte sich dann. Er liess den Blick übers Spielfeld schweifen. Die meisten taten es ihm gleich oder berieten mit ihrem Teamchefs auf welcher Position sie spielen sollte, immerhin waren ja nicht alle im Fußballteam, so wie er. Finns Augen suchten das Spielfeld nach einem goldblonden Haarschopf ab und fanden in ihm gegnerischen Tor. Matt war also Torwart. Der Blonde zog sich gerade die Torwarthandschuhe an, dehnte und erwärmte sich. Machte ein paar Klimmzüge an der Latte und massierte die Hände. Finn musste zu geben, dass die Aufwämung irgendwie professionell aussah. So wärmte sich ihr bester Torwart auch immer auf. Jetzt kam Herr Fiedlier mit seiner geliebten Trillerpfeife und die Spieler verteilten sich auf dem Feld. Zuvor kamen aber die Mädchen in die Mitte gerannt und zeigten zu einer modernen Popmix ihre einstudierte Choreografie aus Tanzschritten, Akrobatik und Bodenelementen. Finn war begeistert, Lukas hatte Recht, es war wirklich geil. Die Mädels waren fertig und feuerten die Jungs kräftig an. Ein greller Pfiff, los ging die Show. Lukas spielte Finn den Ball zu, auch in der AG waren sie in gutes und gefährliches Doppel. Er dribbelte den Ball ein Weile vor sich her, da kam einer der Gegner und versuchte ihm den Ball abzunehmen. Pass zu Lukas, der weiter über Henry zu Paul. Finn spielte sich frei und stürmte jetzt auf das Tor zu. Matt stand in der Mitte des großen Kastens, leicht in der Hocke mit geschlossenen Augen. Finn wunderte sich. " Er sieht doch gar nicht von wo ich komme. Na ja, sein Problem.", dachte sich Finn, der gerade den Ball von Paul weit über das Feld zugespielt bekam. Er nahm in mit der Brust an und legte ihn sich vor den Füßen passgenau zurecht. Angetäuscht ins linke obere Eck, dann mit Schmackes in die rechte untere Ecke, überlegte er sich. Matts linke Hand zuckte wirklich kurz, doch dann warf er sich nach rechts und fing den Ball sicher auf. Finn war verblüfft, grinste dann aber. Matt war echt nicht schlecht, garantiert kein Anfänger. Matt warf sich den Ball vor den linken Fuß und schoss ihn weit in die andere Hälfte des Feldes. Finn lächelte ihm noch einmal zu und lief dann zurück, dass versprach ein spannendes Spiel zu werden. Und tatsächliches entwickelte es sich zu einem rechteinseitigem Spiel. Finn kam immer wieder und forderte von Matt alles ab, wollte austesten wie gut der Blonde war. Endlich pfiff Herr Fiedlier zur Halbzeit und die Mädchen strömten wieder aufs Feld und gaben noch eine Choreografie zum Besten. Tony rief seine Mannschaft zusammen. " Also, noch liegen wir zwei Punkte zurück. Finn ist wirklich super gut, aber Matt, du hältst heute echt genial. Trotzdem müssen wir auch was machen und nicht bloß unserem Blondie die ganze Arbeit überlassen. Wir müssen sie überraschen, überrollen, umwerfen.". " Wow, Matt ist richtig gut, warum spielt er nicht in der Mannschaft?", wollte Finn begeistert wissen. Lukas nahm einen kräftigen Schluck aus seiner Flasche und zuckte dann mit den Schultern. " Wir haben ihn schon merhmals gefragt, aber er will nicht.". " Er sagt immer, er sei nicht gut genug.", schaltete Henry sich in ihr Gespräch. " Nee, oder?", Finn runzelte die Stirn. " Falsche Bescheidenheit, wenn ihr mich fragt.", warf Paul ein. " Dich fragt aber keiner. Es bleibt dabei, Matt ist ein komischer Vogel und wenn er nicht will, hat er eben Pech gehabt.", entschied Lukas und machte sich auf. Gerade als die gegnerische Mannschaft ihre Hände in den Kreis legte und laut " Wir packens" rief. Finn grinste, bis auf Matt, Tony und einem jungen Türken namens Herkan bestand die Mannschaft nur aus Losern, die ganzen guten Spieler waren in seiner Elf und die paar Nullen, die sie hatten, sassen auf der Ersatzbank, oder wurden so wenig wie möglich angespielt. Natürlich könnte er jeden noch so schlechten Pass herumreissen, wie er in der ersten Halbzeit ja eindrucksvoll beweisen hatte. Die Teams hatten die Seiten gewechselt und nach einem Pfiff ihres Sportlehrers ging die Partie weiter. Wieder mal hatte Tais Mannschaft sich das runde Leder erobert. Der Braunhaarige hielt direkt auf das gegnerische Tor zu, als er plötzlich stutzte. Matt machte gar keine Anstalten sich auf das Halten des Balles vorzubereiten. Also, langsam verstand er seinen besten Freund gar nicht mehr. Er schoss, sicher das er nicht verfehlen würde. Doch plötzlich hing sich Matt kurz an die Latte und traf den Ball, der nun mit einem wahnsinnigen Drall hatte und bis kurz vor das Tor seiner Mannschaft flog, wo ihn Herkan mit einem tollen Fallrückzieher mitten ins Netz katapultierte. Tai war dermaßen verdutzt und sah Matt entgeistert an. Der grinste nur und rieb sich das rechte Handgelenk. Der Rest von Matts Mannschaft hatte gerade ein Knäuel um Herkan gebildet und jubelten lautstark. " Anfängerglück.", grummelte Lukas neben Tai, doch der wusste, das war kein Anfängerglück. Das Herkan ein starker Spieler war stand außer Zweifel. Aber ohne diese geile Vorlage, hätte auch er nichts machen können. Matt war echt spitze. Warum spielte er nur im Unterricht nie mit? Und warum war er dauerhaft sportbefreit, wenn er so klasse Spiele aufs Parkett legen konnte? Tai konnte es sich einfach nicht erklären. Kapitel 5: Fragen ohne Antworten -------------------------------- Das Ende des Spieles war in Sichtweite. Finns Mannschaft lag mit nur noch einem Tor vorne. Die Elf um Tony hatte mächtig aufgeholt, aber es waren nur noch knapp eine Minute zu spielen. Er lockerte noch einmal seine Muskeln. Tony hatte eine letzte Auszeit beantragt und redete nun wie wild auf seine Mannschaftskameraden ein. Jetzt nickten sie alle und stoben wieder auseinander. " Okay, ein Tor noch, wenigstens! Das sind wir unserer AG schuldig.", rief Lukas und nahm den Ball, von Paul gespielt, mit der Brust an. " Pass vor an bis den Kasten und dann versenken wir die Pille.", feuerte Finn seine Jungs an und rannte los. Alle Stürmer und Mittelfeldspieler griffen nun das gegnerische Tor an. Sie passierten das Mittelfeld spielen, umgingen einfach die Abwehr, doch als Finn, mit einer wunderschönen Vorlage von Lukas, der Ball ins Tor befördern wollte, stutzte er. Matt war fort. Hatte er nicht mitgekriegt, dass die Auszeit vorbei war? Den kurzen Moment des Zögerns nutzten die Gegner sofort. Julian, ein Verteidiger der anderen Mannschaft, grätschte ihm den Ball weg. Herkan nahm an und schoss ihn weit zurück ins andere Feld. Erschrocken registrierte Finn, dass kaum noch jemand aus seiner Elf auf der Seite war, um das Tor zu schützen, ganz grober Anfängerfehler. Er knurrte und rannte los. Tony nahm den weiten Pass von Herkan an und dribbelte elegant um die paar restlichen Mannen des Gegners herum. Ihr Torhüter Steven machte sich schon auf einen Tony-üblichen linksdriftigen Schuß gefasst, als dieser plötzlich abspielte und Matt als einziger freier Spieler dem Ball entgegen lief. Matt? Finn rieb sich ungläubig die Augen. Die Gegner hatten eine vollkommen überraschende Taktik angewandt. Sie hatten den Torwart einfach zum Torjäger umfunktioniert und natürlich hatte Steven keine Ahnung, wie Matt schießen würde. Der Blonde nutzte den Drall des Balles und katapultierte ihn mit einer solchen Energie, dass das Leder, nachdem es den, sich verzweifelt auf den Ball zu stürzenden, Torwart passiert hatte, gerade so von dem Netz abgebremst wurde. Der Sportlehrer pfiff das Spiel ab und Tonys Mannschaft bildete ein riesiges, jubelndes Knäuel. " Hey, wegen einem Unentschieden brauchen die nicht gleich so einen Wirbel zu machen.", knurrte Lukas. " Hallo? Das sind die Luschen! Die dürften nicht mal mit nur einem Tor Rückstand verlieren.", brauste Paul auf. " Sie hatten aber auch ein paar gute Spieler.", versuchte Finn gedankenverloren zu schlichten, während seine Augen dem blonden Junge folgten, der sich die Torwarthandschuhe auszog und einmal durchs Haar wuschelte. " Bildet euch nur nicht so viel auf euch ein.", fuhr Lukas Tony rebellisch an. " Ha, die geniale Aufholjagd hat doch bewiesen, dass wir die besseren waren. Kaum jemand kann in der zweiten Hälfte auf ein Unentschieden aufholen. Und das nächste mal schlagen wir euch Dribbelkünstler. Dann wollen wir doch mal sehen, wie ihr euch mit eurer tollen Schulelf profiliert."" Hättet ihr Matt nicht gehabt, wärt ihr baden gegangen.". " Na, und? Wir hatten ihn aber und das kotzt dich an. Nänänänä!". Die Argumente flogen hin und her wie der Ball bei einem Tischtennisspiel. Finn stopfte seine Schuhe achtlos in den Turnbeutel und drehte sich zu seinem Kumpel um, der schon fertig war und auf ihn wartete. " Kann losgehen.", sagte er und die beiden Jungen wollten den Umkleideraum verlassen. Als sie an den zwei Streithähnen vorbei kamen, schnappte Tony sich mit einem mal Matt und knuddelte ihn. " Du warst toll, Süßer. Das nächste Mal knacken wir sie!". Sanft, aber bestimmt schob der Blonde das Klammeräffchen von sich. " ja, Tony. Das nächste Mal.". Mit einem letzten Klaps auf den Hintern verabschiedete sich Tony und endlich konnten Matt und Finn ohne weitere Vorkommnisse die Kabine verlassen. " Okay, und jetzt erklär mir mal bitte, wie es sein kann, dass du im Unterricht nie mitmachst, aber bei den Prüfungen los legst, wie ein Teufel?". Sie überquerten den Hof. Matt rieb sich die Augen und seufzte tief. " keine Ahnung. Ich will keine schlechten Noten und darf deshalb bei den Prüfungen mitmachen. Wie du weißt bin ich sonst dauerhaft sportbefreit." " Wegen was?". Matts Kopf wirbelte herum. " Asthma.". " Nach dem Spiel müsstest du keuchend am Boden liegen mit Asthma. Versuch nicht mich anzulügen. meine Tante ist Asthmatikerin.". Sie verliessen das Schulgelände und vor ihnen kam ein roter Toyota quietschend zum stehen. " Ach, glaub doch was du willst!", herrschte Matt ihn nervös an und stieg mit einem " Bis morgen" auf der Beifahrerseite ein. Finn nickte Herrn Keller grüßend zu und sah stumm den Rücklichtern des Wagens nach. Sonst holte der vielbeschäftigte TV-Redakteur seinen Sohn doch nie ab. Und matt hatte heute auch irgendwie gereizt gewirkt. Ob irgend etwas im Busch war? Antworten auf seine Fragen bekam er ebenfalls nicht. " Es ist zum aus der Haut fahren!". schimpfte der Braunhaarige genervt vor sich hin. " Finn-schätzchen!". Als er drei, nicht ganz unbekannte Mädchen am Schultor stehen sah, sank seine Laune augenblicklich ganz in den Keller. Wie konnte er nur vergessen, dass seine reizenden Schwestern ihn ausgerechnet heute zu einer ihrer ausgedehnten, niemals enden wollenden Shoppingtouren mitschleifen wollten. Das hatte er nun von ihrer " Wir haben keinen Freund, dann nehmen wir eben unseren wehrlosen Bruder mit"-Phase. Mit einem tiefen, ergebenen Seufzen lieferte er sich der höheren Macht, auch " Schwestern" genannt, aus. Mit dem Rücken an die Wand gelehnt, ein Bein ausgestreckt, das andere angewinkelt, die Gitarre im Anschlag, saß der blonde Junge auf seinem Bett und spielte leise die letzten Akkorde des Zwischenspiels, bevor er Tempo und Lautstärke steigerte, den Rhythmus vom Schlagzeug immer im Ohr habend, und sang: " Gib es zu, gib es zu, gib es zu, babe. Du brauchst mein Gebet.". Er stellte sich vor, wie Nishi und Mano den Background sangen. " Gib es zu! Du brauchst einen, der zu dir fleht.". Sanft liess er das eigentlich sehr kraftvolle Lied ausklingen. Wenn ihm jemand zugehört hätte, würde er sagen, dass Matts Stimme auf eine seltsame Art und Weise verzweifelt klang. Vergebens versuchte sich der Blonde einzureden, dass es so sein musste, schließlich passte dies zur Kernaussage des Songs, doch innerlich wusste er nur zu gut, dass es einen ganz anderen Grund für die Verzweiflung in seiner Stimme gab. Suchend tastete er sich durch die Fächer seines Ranzens und zog endlich Walkman, sein liebstes Stück, neben Musikanlage und Gitarre, hervor. Die anderen Kinder aus seiner Klasse belächelten ihn zwar wegen diesem " Oldie", wie er ihn liebevoll nannte, doch mehr konnte sich der Blonde nicht leisten. Er spulte die Kassette zurück und lauschte. Es war ein Song, den Toshi ihm gegeben hatte. Wegen dem Konzert am Ende des Jahres. Leise sang er den Text mit, um ihn leichter zu übersetzen: " No one knows, what it`s like, to be the bad man. To be the sad man. Behind blue eyes.". Er stockte. Hinter blauen Augen? Trauriger Mann? "To telling only lies. But my dreams they aren´t as empty...". Erzählte er nicht auch nur Lügen? Doch er hatte ebenfalls Träume, die keinesfalls leer waren. Er merkte, wie ihm Tränen in die Augen traten. Die Kopfhörer wurden herunter gerissen, der Walkman landete unsanft in der Ecke. Matt rappelte sich vom Bett hoch, versuchte seinen rasenden Puls und Atem zu beruhigen. Dieses Lied traf ihn hart, da beschrieb jemand haarklein seine Situation und dieser jemand war nicht mal er selbst. Er lehnte den Kopf an die Wand und atmete tief durch. Depressive Gedanken schossen durch seinen Kopf, versuchten seine Aufmerksamkeit zu erlangen, doch er drängte sie gewaltsam davon. " Alles wird gut. Halt durch. Du schaffst das.", wiederholte er immer wieder in einer seichten Melodie und liess sich erschöpft an der Wand herunter sinken. Nur noch vier Monate. 16 Wochen. 112 Tage. Verdammt! Sein Kopf senkte sich auf die angewinkelten Knie. Kapitel 6: Die Leiden eines Tisches ----------------------------------- Das Schuljahr neigte sich nun dem Ende entgegen. " Auf den Sommer.", sagte Finn feierlich und hob seine Coladose. Von Matt kam nur ein seichtes Nicken. Ein leises Klirren, als die Dosen aneinander stießen. Ein verzerrter Pfeifton beim Auf reißen der Laschen. Matt drehte den Behälter unablässig in den Händen herum. Die letzten Wochen hatten alle seine Nerven gekostet. Die ständigen Arztbesuche, die permanenten Kopfschmerzen und das Gefühl, verloren zu haben. Der Klausurenmarathon der Lehrer mit ihrem " Bald gibt's Zeugnisse und wir brauchen noch Noten"-Spleen tat sein Übriges dazu. Hätte er nicht seine Band und seinen besten Freund Finn, er wäre bestimmt durchgedreht. " Finn?". Der Junge mit den schokobraunen Augen sah ihn erwartungsvoll an. " Danke, mein Freund.". Er erntete einen verdutzten Blick, den er allerdings nicht wahrnahm. Matt sprang von dem Mauervorsprung und taumelte kurz. Finn griff nach seinem Arm. " Wofür?". Matt lächelte sanft:" Für alles!". Finn legte den Kopf schief und langsam breitete sich auf seinem Gesicht ein Grinsen aus. " Gern geschehen.", gab er zurück, schnappte sein Fahrrad und fuhr im Schrittempo neben seinem Kumpel her. Plötzlich trat aus einem Gartenweg ein alter Mann direkt vor Finns Rad. " Vorsicht!"; schrie der Junge, bremste scharf und riss das Vorderrad herum. " Können Sie nicht aufpassen, zum Teufel noch mal!", fuhr Finn den Älteren an. Der Mann zog eine Augenbraue nach oben und ging, mit einem weißen Stock vor sich her tastend. " Ja klar, mir fast ins Rad rennen und dann abhauen ohne ein Wort der Entschuldigung.", moserte Finn erbost. " Hey, der Mann ist blind.", erinnerte ihn Matt erschrocken. " Na und? Ob nun blind, taub oder stumm, der muss doch auf seine Umgebung achten. Sonst kann man den nicht auf die Allgemeinheit loslassen.", wetterte der Junge. Matt schnappte schockiert nach Luft. Das durfte einfach nicht wahr sein. Finn registriert den starren Blick seines Gegenüber. " Was?", fragte er gereizt. " Wie "was"? Was glaubst du eigentlich wer du bist?", schrie ihn der blonde mit einem mal an. Finn schaute entsetzt in die tiefblauen Augen, die ihn ohne Glanz und eine Emotion anstarrten. " Und ich dachte, du würdest das verstehen!", sagte Matt plötzlich ganz ruhig und lachte spöttisch. " Da hab ich mich wohl getäuscht.". Er drehte sich auf den Absatz um, das letzte was Finn sah, waren silbern schimmernde Tränen in dem azuren Blau. " Matt warte!", rief er, doch der Angesprochene hatte bereits die Straße überquert und würdigte ihn keines Blickes mehr. " Was sollte denn das jetzt?", überlegte er und war für einen Moment versucht, seinem Freund zu folgen, doch dann rief er sich ins Gedächtnis, dass Matt öfter mal austickte und dann nur ein wenig Zeit für sich bräuchte. Also lenkte er sein Fahrrad um und fuhr nach Hause. Offensichtlich war Finn der Erste. Sein Blick fiel auf seinen Schulranzen, den er vor zwei Stunden ungnädig in die Ecke gepfeffert hatte. " Öch nö!", liess er vernehmen. Neben dem Bett lag sein Fußball. Darauf hatte er schon mehr Lust, allerdings... Sein Blick ging zurück zu dem Gepäckstück, welches die ihm so verhassten Unterrichtsmaterialien enthielt. Dennoch konnte er nicht leugnen, dass noch morgen eine Englischklausur bevorstand und sollte er diese, ausschlaggebende Arbeit verhauen, würden seine sonst so friedfertigen Eltern ihm gehörig die Hölle heiß machen. " Sorry.", murmelte er dem heißgeliebten Leder zu und fischte dann mit angewidertem Blick das Englischbuch aus der Tasche. Tief ergeben seufzend liess er sich anschließend am Küchentisch nieder, neben sich eine große Schüssel Pudding, und studierte wohl oder über Vokabeln. Der Schlüssel wurde im Schloß herumgedreht. " Hi, Bruderherz.", begrüßte ihn seine jüngste Schwester Karen mit einem Küsschen auf die Wange. Ihre kinnlangen, braunen Haare kitzelten ihn, als sie sich über seine Schulter beugte, um zu sehen, was er machte. " Oh, mein Gott, Finn. Du lernst Vokabeln? Bist du krank?". Spielerisch legte sie ihre Hand auf seine Stirn, als wollte sie fühlen, ob er Fieber habe. " Lieber lernen, als von Mum und Dad umgebracht zu werden. Außerdem bin ich fertig.", sagte er nicht ganz aufrichtig und klappte das Buch zu, froh über eine Ablenkung. " Setz dich doch. Magst du was trinken?", fragte Karen und verschwand halb im Kühlschrank. " Ein Apfelsaft wär klasse.", sagte ihr Begleiter, den Finn eben erst bemerkte. Der blonde Junge nickte dem Älteren freundlich lächelnd zu und setzte sich an das eine Kopfende des Tisches. " Hi, ich bin Thomas-Kevin Garber. Karen hat vielleicht schon von mir erzählt?", begann er höflich eine Konversation. Sein Gegenüber schüttelte grinsend die angebotene Hand. " Finn. Kann schon sein, dass sie mal was in er Art gesagt hat. Weißt du, ich hör nicht ganz so oft hin, sonst redet sich nämlich immer nur von Frisuren und Make-up, da klink ich mich galant aus und schalt auf Durchzug.". Er zwinkerte dem Blonden schalkhaft zu. " Was war das eben? Ich hab sehr gute Ohren.", sagte plötzlich eine weibliche Stimme in einer sehr bedrohlichen Tonlage und schon schnappte eine Hand sein Ohrläppchen und zog kräftig daran. " Aua, Gnade.", winselte der Junge und alle am Tisch lachten laut. Thomas-Kevins Augen blitzten dabei und Finn fiel auf, dass sie tiefblau waren. So blau, wie er es bisher nur bei einem Menschen gesehen hatte. " Was ist?", wurde er aus seinen Gedanken gerissen. " Du hast mich gerade so seltsam angestarrt.". " Sorry, Thomas-Kevin,-". " TK.", unterbrach der Jüngere ihn mit sanftem Lächeln. " TK, aber deine Augen erinnern mich an jemanden...", dachte er laut. TK blinzelte amüsiert." Ja? Ich hab die Augen von meinem Großvater. Genauso wie die Haarfarbe. Das ist witzig, denn ganz wenige in meiner Familie sind blond und blauäugig. Meine Eltern zum Beispiel: Braune Haare, braune Augen. nur mein Bruder ist auch blond und hat blaue Augen. Alle sagen, ich sei ihm wie aus dem Gesicht geschnitten.". " Heißt dein Bruder zufällig "Matt"?". TK`s azurblaue Augen waren jetzt vor Überraschung weit aufgerissen. Langsam nickte er. " Aber habt ihr nicht unterschiedliche Familiennamen?", fragte Finn sofort weiter. Karen liess sich mit interessiertem Gesicht nieder. " Naja", liess der junge Blonde vernehmen und senkte den Blick. " Weißt du, unsere Eltern sind geschieden. Ich wohne bei Mum und Matt bei unserem Vater.". Finn nickte zum Zeichen des Verständnis und sagte:" Und ich sind gut befreundet. Vorhin waren wir noch zusammen unterwegs, aber wir haben uns ein wenig in die Wolle gekriegt.". " Inwiefern?", schaltete sich nun Karen dazwischen. " Gestritten, du Genie.". " Ach nee, aber über was?", blaffte ihn seine, inzwischen leicht gereizte Schwester an. Finn seufzte. Eigentlich hatte er keine große Lust seiner kleinen Schwester und ihrem Freund seine Probleme zu offerieren, aber vielleicht könnte TK ihm helfen Matt besser zu verstehen. " Wir sind da eben so lang gegangen, beziehungsweise ich bin mit dem Rad gefahren, als plötzlich aus einem Seitenweg ein alter Opa direkt vor mein Fahrrad geschossen kommt. Ich konnte das Vorderrad gerade noch so herumreißen und einen heftigen Zusammenstoß mit dem Alten verhindern, wobei ich aber fast gegen die Gartenmauer geprallt wäre. Der Opa ist aber einfach weitergewatschelt. Ich hab mich selbstverständlich aufgeregt, aber mit einem Mal starrt Matt mich an, wie ein besonders ekliges Stück Schleim und macht mich an, was ich glaube, wer ich bin, oder so.". TK runzelte die Stirn. " Normalerweise regt sich Matt nicht gleich so auf. Was hat er denn genau gesagt?", wollte der junge Blonde wissen. " Ach Gott, er hat irgendwas gesagt,...", überlegte Finn und kratzte sich am Kopf.".., dass der blind sei, so ähnlich, ja. Aber ich war gereizt und habe weiter rumgepflaumt, dass man die Alten doch nicht auf die Straße lassen kann, wenn die nichts von ihrer Umwelt mitkriegen.". TK starrte ihn genauso an, wie Matt knapp ein Stunde zuvor. " Nee, oder?", wisperte er. Finn zuckte mit den Schultern. " Ich hätte nicht so übertreiben müssen, stimmt. Aber Matt hat ja wohl auch übertrieben, so wie der dann abgerauscht ist.". Bevor Finn registrieren konnte, warum Thomas plötzlich aufgestanden war, wirbelte sein Kopf, von einer heftigen Ohrfeige getroffen, zur Seite. Geschockt fuhr er sich über die sichtlich rotglühende und brennende Wange. TK stand ihm gegenüber immer noch mit erhobener Hand und einem Ausdruck in den Augen, als hätte er jemanden vor sich, der nicht wüsste, dass Regen von oben nach unten und nicht andersherum fällt. " Wie dumm bist du eigentlich?", fragte er voller Verachtung in der Stimme. " Und du willst Matts bester Freund sein? Hah!". " Hey, schlag meinen Bruder nicht!", kam die etwas verspätete Reaktion von Karen, doch TK setzte sich in aller Ruhe und nahm mit einem verständnislosen Kopfschütteln einen Schluck aus seinem Glas. " Was hab ich denn jetzt wieder falsch gemacht?", fuhr Finn auf und schlug beide Hände auf den Tisch, wobei er den jungen Blonden feindselig anfunkelte. Wie konnte dieser kleine Idiot es nur wagen? Der Gegenüber stand ebenfalls wieder so abrupt auf, dass sein Stuhl fast unfreiwillig Bekanntschaft mit dem Boden geschlossen hätte. Die Handflächen klatschten Finns entgegengesetzt auf. " Was du getan hast? Denk doch mal scharf nach. Du hast im Beisein von Matt einen Blinden schlecht gemacht. Was Dümmeres hättest du kaum tun können! Da könntest du meinem Bruder auch gleich ins Gesicht schlagen. Das hast du falsch gemacht, du Schlaumeier!". TKs Tonfall wurde immer schärfer, seine Stimme zischte gefährlich leise und beherrscht. Karens Blick wanderte von einem zum anderen. In den braunen Augen loderte Wut auf, vermischt mit Verdutztheit, in den Blauen funkelte Verachtung, hervor gehoben durch die Sorge um den Bruder. Als sie ebenfalls geräuschvoll das arme Holz schlug, wirbelten beiden Köpfe überrascht herum. " Sagt mal, gehts noch? Jetzt kommt erst mal wieder runter. Hier ist ja ein riesen Missverständnis im Gange. TK, du rastest total aus und mein Bruder scheint keine Ahnung zu haben, warum auf ein Mal die ganze Welt gegen ihn ist.". Von dieser kurzen, aber knackigen Rede überrumpelt, ließen sich die beiden Streithähne auf ihre Stühle fallen, die sicherlich das ständige Auf und Ab langsam leid waren. " Okay, Thomas.", begann Karen bemüht, um eine ordentliche und vor allem ruhige Aussprache. " Erklär doch mal bitte, was Finn falsch gemacht hat und schildere bitte auch, warum dein Bruder so gereizt hat, wie du hier.". TK seufzte tief und lächelte über diese schulbuchhafte Aufgabenstellung, begann dann aber ruhig zu erklären:" Nun, eigentlich ist es ganz einfach zu verstehen. Du hast einen Blinden beleidigt, Finn, und damit Matt hart getroffen, wegen seiner schlechten Augen, alles klar, hm?" Finn verstand nur Bahnhof. Matt war beleidigt, weil er schlechte Augen hatte? Schlechte Augen, war ihm gar nicht aufgefallen. Trug er etwa Kontaktlinsen? " Ja, es ist klar. Zu mindest halbwegs. Sag mal, hat dein Bruder Kontaktlinsen oder muss er eine Brille tragen?", wollte Finn wissen. Der Blick dem TK ihn zudachte, brachte ihn fast zum Kochen. Als sei er ein dummes, kleines Kind, das gar nichts verstand. Thomas-Kevin fragte sich indessen, warum sich dieser angeblich so tolle Freund seines Bruders so dumm anstellte. Aber, wenn er darüber nachdachte, warum hatte Matt denn so hart trainiert, dass er ganz ohne Blindenhund und Blindenstock zurecht kam und sehr gut, wirklich total selbständig, alles erledigen konnte. Weil er nicht wollte, dass man sofort merkte, dass seine Augen immer schlechter wurden. und sein Bruder würde sich, so glaubte er, lieber die Zunge abbeißen und wieder annähen lassen, als es jemanden freiwillig zu erzählen. " Oh...", machte TK und langsam verstand er, bemerkte er, dass er voreilig gehandelt hatte und bereute dies. Finn wunderte sich über den plötzlich verlegenen Gesichtsausdruckes von TK. " Du weißt es gar nicht, oder?". Langsam, aber sicher stellte dieser kleine, blonde Kerl seine Geduld gewaltig auf die Probe. " Was weiß ich nicht?". TK seufzte ein weiteres Mal, trank einen Schluck, setzte sich etwas bequemer hin und begann, wie Finn hoffte, endlich zu erklären:" Ist dir noch nie etwas an meinem Bruder aufgefallen?". Am liebsten hätte der Braunhaarige jetzt vor Entrüstung den Kopf mehrmals auf den Tisch geschlagen, aber da das reichlich seltsam aussehen würde, liess er es bleiben. " Außer das er blond, blauäugig und schmal ist, noch seine Liebe zur Musik.", wurde er allmählich lauter. Beruhigend legte ihm seine Schwester die Hand auf den Arm, wohl um ihn gleichzeitig davon abzuhalten, den blonden Gegenüber, der sich ein überhebliches Augenrollen nicht verkneifen konnte, eigenhändig für jeden gekosteten Nerv einmal mit dem Gesicht auf die Tischplatte zu dreschen. " Nein, das mein ich nicht. Aber das mit den blauen Augen war schon gar nicht übel. Ist dir etwas an ihnen aufgefallen?". Karen räusperte sich vernehmlich. " Okay, okay. So, als würde er an dir vorbeisehen, obwohl er eigentlich mit dir spricht? Oder hat er öfter mal etwas bemerkt, erst als er es gehört hat?". Finn überlegte scharf, ja doch, jetzt wo er so direkt darauf angesprochen wurde, fielen ihm ein paar Situationen ein. Langsam nickte er. " Hat das etwas mit seinen Augen zutun? Du sagtest, er hätte schlechte Augen.". " Mhm, ich fang am besten mal ganz von vorne an.", offerierte TK und schloß kurz die Augen. " Es begann, glaube ich, als Matt acht Jahre alt war. Ich war da vier. Wenn der Fernseher lief, hat er immer die Augen zusammen gekniffen, um etwas lesen zu können auf größere Entfernung. der Augenarzt meinte nur, Matt solle eine Brille tragen. Das hat er auch gemacht, aber es wurde nicht besser, sondern immer schlimmer. Mein Eltern schleppten ihn von Arzt zu Arzt, keiner konnte helfen, doch irgendwann diagnostizierte befreundeter Arzt, der sich auf schwere Augenkrankheiten spezialisiert hat, dass Matt eine Pliagitis hat.". " Eine was?". " Pliagitis. Bei dieser Krankheit werden die Augen mit der Zeit immer und immer schlechter. Jedes einzelne Teil dieses Sinnesorgans nimmt in seinen Fähigkeiten ab. Zuerst äußert sie sich ganz normal, man sieht nur ein wenig schlechter, dann wird man kurzsichtig, anschließend verschwimmen Konturen und Umrisse. Letztendlich schlimm wird es, wenn die Iris ihre Fähigkeit verliert, das fortgeschrittene Stadium. Man sieht alles nur noch schwarzweiß und grau. Und das schlimmste ist, das Finale der Krankheit ist das Absterben aller Funktionen. Auf gut deutsch, man erblindet irgendwann.". Karen zog hörbar die Luft ein. Finn realisierte erst nach einer Weile die Informationen, die wie Pfeilspitzen sein Hirn trafen. Matt wurde langsam, aber sicher blind und er, Finn, beleidigte in dessen Beisein einen Blinden, klar, dass der Blonde da ausrastete. Seine Hand fuhr durch das widerborstige Haar und er liess den Kopf auf den Arm, welcher auf den Tisch gestützt war, sinken. " Du verstehst?", durchbrach TK die kurze Stille. " Das ist schrecklich. Dein Bruder erblindet also, oh mein Gott.", resümierte Karen leise und schüttelte den Kopf. Finn wurde inzwischen von Mitleid, Wut auf sich selbst und Verwunderung, dass er nach einem halben Jahr nicht bemerkt hatte, wie schlecht Matts Augen waren, gepackt. " Aber, aber warum habe ich nie mitgekriegt, dass er fast blind ist? Bin ich denn so dämlich?", dachte er laut, während seine Stirn immer wieder seinen Unterarm traf, wohl als Selbstbestrafung gedacht, bis Karen mitleidig ihre Hand zwischen Elle und Stirn ihres Bruders hielt. " Jetzt versteh ich auch, warum du das mit der Krankheit nicht wusstest. Als Matt damals erfuhr, wie es um sein Augenlicht steht, erwachte in ihm ein unglaublicher Kampfgeist. Und als dann auch noch raus kam, dass sogar eine minimale Chance auf Heilung bestand, war er auf einmal von einem derartigen Optimismus befallen, es war schon fast unheimlich." Karen blickte überrascht auf. " Heilungschancen?". TK nickte, doch sah verdutzt auf, als Finn sich urplötzlich erhob und aus der Küche hastete. " Wo willst du denn hin?", rief ihm seine jüngere Schwester nach. " Ich muss mich sofort bei Matt entschuldigen. Ciao, Kari, danke TK. Ich meld mich später, Schwesterherz.". Und mit einem letzten " Tschüss" und einem lauten Knallen der Tür, verschwand er. Kapitel 7: Klar sehen --------------------- " Hey, hey, hey, yeah, yeah. I lose my way, yeah, yeah.", sang der blonde Junge leise. Seine Hand strich über das warme, weiche Gras, zupfte hier und da einen Stengel aus der Erde und zerrupfte ihn geistesabwesend. Auf seinen zart geröteten Wangen zeichneten sich Spuren von Tränen ab. In der letzten halben Stunde hatte Matt sich alles von der Seele geweint. Der Streit mit Finn, der Schock über das Verhalten seines besten Freundes einem Blinden gegenüber öffnete eine Art Pfropfen in ihm, der bisher seine Trauer und seine Wut zurück gehalten hatte. Die nervliche Anspannung, die Angst aufgedeckt zu werden und gleichzeitig die Panik, doch noch der scheinbar unaufhaltbaren Krankheit zu erliegen. Das alles entlud sich in einem wahren Sturzbach der salzigen Tränen und sein Körper zitterte noch vor Erschöpfung, verursacht durch die heftigen Schluchzer. Gleichzeitig kam es ihm vor, als hätte jemand sein Herz heraus gerissen und es metertief in die Erde getrampelt. Und er wusste genau, wer dieser Jemand war. Finn, sein angeblich bester Freund. Der Mensch, dem er bedingungslos vertraute. Die Person, die ihm das Gefühl gegeben hatte, normal leben zu können. Durch Finn war es ihm gelungen, die Welt wieder zu erleben. Wenn sein Freund von Fußball schwärmte oder von einem Tagesausflug mit seiner Familie erzählte, malte Matt sich alles in den schönsten Farben aus. Dann vergass er einen Augenblick, dass er vielleicht nie wieder sehen konnte. Die Stirn traf die Knie und verweilte dort, die goldenen Haare schmiegten sich wie ein Vorhang um das fein geschnittene Gesicht und verdeckten die rot geweinten Augen. Das grüne Gras dämpfte, verschluckte förmlich die Schritte. Immer weiter die Anhöhe hinauf. Als die suchend umher huschenden Augen die Gestalt hinter dem Baum erblickte, erstarrte er mitten in der Bewegung. Der Kopf war auf die angewinkelten Knie gelegt, die Arm wie schützend um die Beine geschlungen, es war, als hätte der Junge eine unsichtbare Mauer mit dem Schild " Lasst mich ja in Ruhe" errichtet und gleichzeitig gab er eine Bild der totalen Verzweiflung ab. Finn wusste, wenn er sich schräg vor den Jungen stellte, dann müsste dieser ihn sehen, wenn er aufblickte. " Wer ist da?", fragte Matt plötzlich mit gebrochener Stimme. Auf Augenlinie hätte der Blonde ihn sofort sehen müssen, doch es kam keine Reaktion. Finn setzte sich neben seinen Freund, seufzte traurig, da sich die Erzählung von TK bestätigt hatte und sagte leise: " Ich bins, Finn.". Das Gesicht wurde ihm abrupt zu gewandt, die geröteten Augen starrten ihn an, schienen zu mindest so zutun. Das Blau schimmerte noch intensiver, rein gewaschen durch das natürliche Nass der Augen. Finn beobachtete jede Bewegung der azuren Opale. Es stimmte, Matt sah ihm ganz selten direkt in die Augen und wenn huschten sie schnell weiter. " Was willst du?", herrschte der Blonde ihn an und wollte aufstehen, doch Finn hielt ihn sanft, aber bestimmt am Arm fest. Widerwillig liess sich Matt wieder auf das Gras fallen und blickte Finn nun gespannt an. Dieser staunte. Wie schaffte es sein Freund nur, obwohl er fast nichts mehr sah und Finn das wusste, ihm trotzdem das Gefühl zu vermitteln, ihn anzusehen, mit den Augen zu sprechen. Emotionen mit ihnen zu zeigen. " Matt, es tut mir leid.", flüsterte er. Der Angesprochene zuckte unmerklich zurück. Der warme, aufrichtige Ton in der Stimme seines Freundes jagte ihm einen kurzen Schauer über die Haut. Finn meinte es ehrlich. Noch nie hatte er einen so ernst gemeinten Ausdruck in einer Stimme vernommen. " Ich war genervt. Das rechtfertigt natürlich nicht, dass ich einen Menschen, der blind ist, aber sich dennoch in den Alltag einfügt, als wäre nichts, auch noch anzufahren. Ich habe einen Fehler begangen und würde mich eigentlich gerne auch bei dem alten Mann entschuldigen, doch dafür muss ich erstmal dich um Verzeihung bitten.". " Was meinst du?". Matt hob eine Augenbraue. Das hatte er von Finn eigentlich nicht erwartet. Er rechnete fest mit Ausflüchten oder überspielen wollenden Scherzen. Aber nichts dergleichen. Sein Freund strahlte so eine Ernsthaftigkeit aus, dass Matt langsam zu zweifeln begann, ob wirklich Finn neben ihm saß. Außerdem war da noch etwas in seiner Stimme, dass ihn aufhorchen liess. Irgendwie Besorgnis oder Mitleid. " Das ich einen Blinden beschimpft habe und dich damit verletzt hab.", entgegnete Finn. Jetzt sah Matt entsetzt aus und das war er auch. Seine Hand zitterte, als er sich fahrig durch die seidenen Haare strich. Hatte sein Freund was bemerkt? " Ich-", er schluckte. " Ich hab keinen blassen Schimmer was du meinst.", stammelte der Blonde und verriet sich damit prompt selbst. " Hör endlich auf mir was vorzuspielen. Ich weiß alles. Du hast eine schwere Augenkrankheit und wirst langsam blind.". Jetzt wurde Finn so perplex angestarrt, als sei er nicht von dieser Welt. In Matt war es, als bräche eine Glasscheibe in tausend Stücke. Finn wusste von seiner Krankheit? Warum? Woher? " Wer hat dir davon erzählt?", flüsterte Matt mit kaum hörbarer Stimme. " Dein Bruder Thomas-Kevin.", und als er einen fragenden Gesichtsausdruck als Reaktion bekam, setzte Finn hinzu:" Er ist ein Freund meiner Schwester Karen. Ich habe ihn gerade zu Hause getroffen und ihm von unseren Streit erzählt. Als er hörte, was vorgefallen war, hat er mir eine gescheuert.". " Was hat er?". " Meine Ohrfeige verpasst. Aber das war wohl bitter nötig. Dann hat er mir erzählt, warum du so reagiert hast, und, naja, so hab ich halt von deiner Augenkrankheit erfahren.". Matt lachte leise und rieb sich roten Augen. Dann versuchte er ein Lächeln, das leicht schief geriet, und sagte dann:" Mir tut es auch leid. Ich hätte von Anfang an mit offenen Karten spielen können.". " Du warst noch nie sonderlich gut in Kartenspielen.". Das gemeinsame Lachen schien die gespannte Spannung und den Knoten in Matts Brust zu lockern. " Stimmt. ich hatte nur Angst. Meine Augen liessen mich im Stich, aber ich wollte nicht aufgeben, weiter kämpfen. Mich von der Krankheit nicht besiegen lassen. Gleichzeitig mochte ich den Gedanken nicht, anders zu sein, deswegen habe ich versucht jedem vorzugaukeln, alles sei okay.". Finn nickte, doch dann dachte er daran, dass sein Freund das ja nicht registrieren würde und beschloß sich lieber ein paar Fragen beantworten zu lassen, jetzt wo der Blonde anscheinend bereit war zu reden. Er wollte endlich Licht im Dunkel haben. Ein grimmiges Lächeln über diesen Satz huschte über seine Lippen. " Es ist totaler Wahnsinn! Ich habe überhaupt nichts gemerkt. Aber wir machst du das mit dem ganzen Alltag?", wollte Finn wissen. Matts Wangen zierten kurz ein zartes Rosa. " Naja, ich habe eben sehr gute Ohren. So kann ich ungefähr orten aus welcher Richtung jemand mit mir spricht. Und da die meisten etwa meine Größe haben, gelingt es wohl auch immer gut zu assoziieren, dass ich meinen Gegenüber direkt ins Gesicht schaue.". Finn legte den Kopf schief. " Und dein ganzer Tagesablauf? Der Weg zur Schule, die Schule an sich, das Lesen, alles. Wie meisterst du das alles so normal?". Jetzt straffte Matt in einem Anflug von Stolz die Schultern, kam aus seiner Abschirmhaltung und streckte die Beine aus. " Ich gehe zur Schule immer den selben Weg. Den kenne ich in- und auswendig. Ich hasse es auch einen mir unbekannten Weg allein zu gehen. Na, und das in der Schule... Schreiben kann ich ja. Und in meinem Heft sind die Linien hervorgehoben. So kann ich sie spüren, wenn ich mit dem Finger darüberstreiche. Und ist dir aufgefallen, dass unsere Lehrer alles was sie an die Tafel schreiben, immer noch zwei- oder dreimal vorlesen? Euch nervt das, aber sie machen das, damit ich alles mitschreiben kann.". Finn kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Konnte man wirklich blind alles so unauffällig bewältigen? Matt war ja das lebende Beispiel. " Das Lesen ist auch ganz leicht. Jede Schrift in Büchern oder so ist hervorgehoben durch das Aufdrucken und handgeschriebene Sachen hinterlassen Abdrücke auf dem Papier. Wenn ich mit den Fingerspitzen darüber fahre, erkenne ich die Buchstaben. Ich lese mit den Fingern.". Finn beobachtete seinen Freund. Irgendwie wirkte er erleichtert, lächelte ihn an und schloß die Augen, während der Wind vorwitzig. durch seine blonden Haare wehte und mit ihnen spielte. " Weißt überhaupt jemand außer deiner Familie von deiner Krankheit?", wollte Finn wissen. Matt zupfte einen weiteren Grashalm aus der Wiese und strich beinahe zärtlich darüber. " Ja. Die Lehrer, unser Direktor, Leoni, sie ist meine Sandkastenfreundin. Hm...", er zerrupfte den Halm. " Ah! Genau, meine Jungs aus der Band. Als ich das erste Mal bei der Generalprobe von der Schulbühne gefallen war, weil ich den Rand nicht gesehen hatte, drohten sie mir mich mit meiner Gitarre zu erschlagen, wenn ich ihnen nicht sage, was mit mir los ist.". Er lachte laut und Finn musste ebenfalls schmunzeln. " Du bist von der Bühne gefallen?". " Ja, Toshi hat mich angebrüllt, was ich für ein Idiot sei, ich bin wohl einfach so weitergelaufen, obwohl da die Bühne zu Ende war. Da hab ich es ihnen erzählt und deswegen gehen die Jungs mit mir vor jeden Auftritt die gesamte Bühne ab, damit ich genau weit, was wo liegt und ordentlich performen kann, ohne aller fünf Minuten auf der Nase oder vor der Bühne zu liegen.". Die beiden Jungen lachten, doch plötzlich verklang das Lachen des Blonden und er sah betrübt zu Boden. " Hey, was ist denn?", fragte Finn erschrocken und legte seinem Kumpel aufmunternd die Hand auf die Schulter. " Bald seh ich gar nichts mehr.", flüsterte Matt mit belegter Stimme. Finn folgte dem Blick des Anderen über die Stadt, die sich vor ihnen erstreckte. " Alles schwarz und weiß. Ein wenig grau. Eine Masse.", stammelte Matt und beschrieb das Panorama mit einer ausladenden Handbewegung. Dann sah er Finn wieder so knapp an den Augen vorbei. " Schwarz. ", wisperte er. Finn sog erschrocken die Luft ein. Matts geschwächter Blick richtete sich wieder nach vorne. ich würde so gern mal die Leute sehen, die auf unsere Konzerte gehen. Und das Meer. Alle Leute sagen, ich habe Augen, wie das Meer. Ich möchte endlich wissen, wie es aussieht.". Plötzlich wirbelte er herum und die azurblauen Opale blickten direkt in die schokobraunen Augen. Auch wenn der konkrete Augenkontakt wahrscheinlich ein Zufall war, jagte er Finn einen Schauer über den Rücken. " Und ich möchte endlich die Menschen in meinem Umkreis erkennen könne. Ihre Gesichter sehen, Mimik, Gestik, die Augen. Was hast du für eine Augenfarbe?", fragte der blonde unvermittelt. Finn blinzelte, überlegte kurz und sagte dann: " Braun. Mama sagt, wie Schokoladenpudding und meine Schwestern ziehen mich ständig auf, nennen mich " Teddybärchen" und ähnliches". Matt lachte laut auf. " Du siehst aus wie ein Teddybär?". Doch augenblicklich wurde es leiser und leiser, bis es wegbrach. " Aber ist doch sowieso sinnlos. Ich werde nie wieder richtig sehen können, nein, ich erblinde vollkommen.", flüsterte der Junge mit erstickter Stimme. Finn legte tröstend den Arm um ihn. " Es muss doch eine Möglichkeit zur Heilung geben. Sie sagen ständig, wie toll weiterentwickelt unsere Medizin doch ist, da wird es bestimmt auch eine Behandlung für deine Pliagitis geben.". Finn schien einen wunden Punkt getroffen zu haben. Matt knete geistesabwesend seine Hände, der Grasfleck, den er anstarrte, schien besonders interessant zu sein. " Hm?", harkte der braunhaarige Junge vorsichtig nach. " Ja.", kam es knapp und leise, das leichte Nicken bestätigte das kaum Vernommene. " Ja, es gibt eine Heilungschance.". Jetzt verstand Finn endgültig gar nichts mehr. Wenn Matt so gerne wieder sehen will, warum liess er sich dass nicht behandeln. " Aber-", Matt unterbrach ihn mit einem erschöpften Seufzen. " Weil die Operation nur in Amerika durchgeführt wird und deswegen sehr teuer ist.". In Finns Kopf fing es an zu arbeiten. " Dann habt ihr nicht genügend Geld?". Das war zwar mit der Tür ins Haus, aber Finn war noch nie ein Mann der schönen Worte gewesen. Matt seufzte wieder tief. " Am besten ich fang ganz von vorne an.", noch einmal holte er tief Luft, ganz so als müsste er sich heftig überwinden. " Als bei mir die Pliagitis festgestellt wurde, meinte der Arzt, dass dies zwar eine eher seltene Krankheit ist, aber das es durchaus schon eine Behandlungsmethode gäbe. Allerdings wäre sie wohl ganz schön teuer. Vor allem aber ist der Zeitraum der Operation davon abhängig, wann die Krankheit ausbricht. Also fingen wir gleich an jeden Cent zu sparen. Dann aber verstanden sich meine Eltern nicht mehr und liessen sich letztendlich sogar scheiden. Doch die Scheidung kostete auch einen schönen Batzen. Mutter sparte zwar immer noch kräftig mit, aber sie musste ja nun allein ihre Miete und die Kosten für meinen Bruder, der bei ihr lebt, tragen. Und auch mein Vater stand auf einmal allein mit mir da. Und obwohl die ganze Familie beim Sparen half kamen wir nur langsam der geforderten Summe näher. Erschwerend hinzu kam, dass durch die relativ überraschende Trennung meine Krankheit ausbrach. Es ging bergab. Ich machte mir ständig Sorgen, um das Geld. Fuhr auf keine Klassenfahrt mit, beteiligte mich an keinem Wandertag oder Ausflug. Gleichzeitig weigerte ich aber mein Schicksal einfach so hinzunehmen. Ich machte keine Blindenausbildung, die würde nur ein Schweinegeld kosten und außerdem war ich fest überzeugt irgendwann wieder sehen zu können. Ich improvisierte, sprach mit den Lehrern, entdeckte die Sache mit den hervorgehobenen Buchstaben, kurz um: Mein Leben besteht aus einem einzigen Schauspiel und dem Versuch nicht aufzufliegen. Aber als dann von einem Tag auf den anderen meine Iris ihren Geist aufgab, rutschte ich wieder in ein tiefes, schwarzes Loch. Da lernte ich die noch unvollständige Band unserer Schule kennen. Sie drängten mich vorzusingen und ab da war ich der Sänger der Teen-Age-Wolves. Und... naja, irgendwie half mir das.". Matt lächelte leicht und als er nach ein paar Sekunden nicht fortfuhr, beschloß Finn einfach zu fragen:" Und? Wirst du operiert werden können?". Matt senkte den Blick und schaute dann wieder hoch in den klaren, wolkenlosen Himmel. " Es reicht noch nicht. Die Flüge müssen auch noch bezahlt werden und die Kosten für den Krankenhausaufenthalt und so weiter...". " Wieviel fehlt?", unterbrach ihn Finn, der konkrete Zahlen wissen wollte. Matt zögerte und winkte ab. " Ist doch egal.". " Ist es nicht!". Finn stand abrupt auf. " Komm, wir gehen ein Stück.", bestimmte er rigoros. Sie schlenderten eine Weile schweigend nebeneinander her. " Wie lange hast du noch Zeit?", fragte Finn, die Hände in die Hosentaschen grabend. Matt blieb stehen, kniete sich hin und strich mit einem Stöckchen über den Sand, malte Muster hinein. " Zwei Monate. Hat zumindest mein Arzt gesagt.". Er stand auf und liess sein Gesicht von der Sonne bescheinen. " Wie spät?", wollte er mit einem Mal wissen. Finn blinzelte überrascht, schaute dann aber doch auf die Uhr. Matt nickte, als er die Zeit vernommen hatte. " Ich muss dann mal los. Machs gut.". " Warum?". " Band.", smilte der Blonde zurück. Kapitel 8: Doppelter Gewinn --------------------------- " Also, Jungs, ihr wisst worum es geht. Ich möchte, dass ihr euer Bestes gebt. Enttäuscht euch, mich und unsere Schule nicht. Macht sie fertig!", versuchte der Trainer der Fußballmannschaft seine Jungs ein allerletztes Mal zu motivieren. Sie legten ihre Hände in die Mitte und riefen laut:" Wir packens!". Finn rannte auf den Platz und wurde von einer lärmenden Meute am Spielfeldrand begrüßt. Er blickte sich um, während er noch einmal seine Muskeln lockerte. Er konnte einige Lehrer erkennen, Klassenkameraden, andere Schüler, Eltern, sonstige Schaulustige. Dieses Spiel war ja auch nicht irgendein Spiel! Der Fußballverein der Schule im Finale der Landesmeisterschaft gegen den Titelverteidiger des letzten Jahres und Favoriten. Die andere Mannschaft lief nun ebenfalls auf und wurde von der anderen Seite des Spielfeldes mindestens genauso stürmisch in Empfang genommen. Nachdem sich die Teams gegenüber gestellt, die Kapitäne einander die Hand geschüttelt, wohl eher fast abgerissen, und der Schiedsrichter ebenfalls den Rasen betreten hatte, wurde das Match endlich angepfiffen. Flink eroberte sich Finn auch schon den Ball und bewies wieder ein mal warum, er der gefürchtetste Stürmer des Sportvereines wahr. Manche begannen schon zu zweifeln, ob der Gegner überhaupt Verteidiger besaß, so schnell umdribbelte er sie. Abgabe an Lukas, Pass zurück, versenkt. Finn wurde stürmisch umarmt, doch er war nicht zufrieden. " Das war viel zu einfach!", überlegte er und stellte sich wieder in Position. Und Recht hatte er. Es war, als hätten ihre Gegner ihnen das Tor als Vorsprung gegeben und spielten erst jetzt richtig mit. Den Stürmer gelang es immer seltener den Ball für sich zu gewinnen und auch zu behalten, die Verteidiger hatten ihre Not mit dem aggressiven Angriffsspiel der Champions. Nur ihr Torwart schien heute über sich selbst hinaus zuwachsen und zeigte einige Glanzparaden. Nach der ersten Halbzeit stand es zwar erst 2 : 1, aber der Mut der Mannschaft den Sieg nach Hause zu holen, schien den Nullpunkt erreicht zuhaben. Erschöpft liess Finn den Blick über die Zuschauer schweifen. Da waren seine Schwestern. Sharon, Carolin und Karen mit ihrem Freund Thomas-Kevin. Der junge Blonde erinnerte ihn immer wieder an seinen Kumpel Matt. Plötzlich kam ihm ein Gedanke. So blitzschnell, dass er erst einmal erstaunt inne hielt. " Das schaffen wir nie!", seufzte Steven, der Torwart. Finn wirbelte herum. " Nein! Natürlich können wir es schaffen!". Die Köpfe der Anderen drehten sich im erstaunt zu. " Hey, unsere Gegner haben zwar eine bessere Technik, aber wir sind in einem anderen Sinne unschlagbar.". Nach dem eine Weile nur verwirrte Stille herrschte, fuhr Finn fort:" Wir spielen nämlich mit Herz. Sie übertrumpfen uns so, weil sie sich sicher sind, dass sie gewinnen. Das müssen wir auch. Mit Optimismus und Leidenschaft können wir diese Technikprofis garantiert besiegen!". Die Motivation schien anzuschlagen, denn keinen der Jungen hielt es auf der Holzbank. " Wir machen sie fertig!", rief Lukas. " Ja!", stimmten die Anderen ein. " Viel Glück, Jungs.", sagte der Trainer noch und sah Finn an, als würde er ihn am liebsten adoptieren. Die Mannschaften kamen zurück auf das Spielfeld und die zweite Halbzeit begann. Die gegnerische Elf war tatsächlich von dem überraschend optimistischen Spiel der anderen Mannschaft, so überrumpelt, dass Finn, Lukas und Paul den Vorsprung bald auf ein Unentschieden verringern konnten. Schließlich waren nur noch fünf Minuten zu spielen. " Wir könnens schaffen, Leute!", schrie Finn und ein Jubel, vermischt aus den Rufen der Spieler und dem Kreischen des Publikums, schlug ihm entgegen. Seine Mitschülerinnen hatten flugs einen Cheerleadertrupp zusammengestellt und präsentierten ihre besten Anfeuerungsrufe. Der Schiedsrichter pfiff und Lukas eroberte sich das Leder. Abspiel zu Paul und dann ein weiter Pass auf Finn. Doch der Schuß ging zu weit und Gegnerspieler jagte ihm den Ball ab. Finn bremste so scharf ab, dass das Gras aus der Erde gerissen wurde und er fast Bekanntschaft mit dem Rasen gemacht hätte. Die Fans ihres Clubs stöhnten und verfolgten die Mannen der anderen Mannschaft, die nun auf ihr Tor zuhielt. Kurz vor ihrem Strafraum grätschte Roger mit einem Mal den Ball weg und Tom schoß ihn hart wieder in die Mitte zurück. Lukas nahm an und dribbelte los. Ein kurzer Blickkontakt mit Finn, welcher nickte und los rannte. Die Begeisterungsschreie der Zuschauer begleitete seinen Weg in das gegnerische Feld. Er hörte seine Schwestern und plötzlich vernahmen seine Ohren eine andere sehr bekannte Stimme. " Los, Finn! Du kannst das, ich weiß es!", sein Blick traf die azurblauen Augen. Matt war wirklich gekommen. Obwohl er wusste, dass sein blonder Freund es nicht sehen konnte, lächelte er und streckte den Daumen als Siegerpose nach oben. Er biss die Zähne zusammen und rannte noch schneller. Lukas umspielte mit Paul als Doppel die Verteidiger und dann kam der Ball auch schon passgenau auf ihn zu geflogen." Für dich, Matt!", dachte er. Der Ball landete vor seinen Füßen. Mit dem Linken hob er ihn an, sprang und donnerte das Leder wie etwas Giftiges auf den großen Kasten zu. Der Torhüter warf sich auf den Ball und eine Schrecksekunde sah es so aus, als würde er ihnen abwehren können, doch dann streifte der Ball dessen Finger, rutschte an ihnen vorbei und schmetterte ins Netz, dass er pfeifend abgebremst wurde. Er landete und starrte verdutzt auf das Tor. Er realisierte erst langsam was eben passiert war. Und richtig bewusst wurde es ihm erst, als seine Mannschaftskameraden ein Knäuel um ihn bildeten und ihn anschließend in die Luft hoben. " Wir haben gewonnen! Gewonnen!", riefen sie. " Finn-schätzchen!", brüllten ihm seine Schwestern entgegen und als die Anderen ihn endlich absetzten, knuddelten sie ihn. " Toll gemacht. Wahnsinnsspiel!", feixte TK breit grinsend und schüttelte ihm kräftig die Hand. Finn lächelte zurück. " Hey, Roger! Ganz klasse!", rief er seinem Kumpel zu und die Beiden schüttelten sich mit einem gefälligen Lächeln die Hände. " Kommt, Jungs, umziehen.", brüllte der Trainer, klopfte Finn im Vorbeigehen strahlend auf die Schultern. Nachdem sie dem anderen Team sämtliche Hände geschüttelt und alle Glückwünsche entgegen genommen hatte, betraten sie die Umkleide. " Tolles Spiel, meine Lieben.", sagte der Coach immer wieder und schien mit der Sonne um die Wette. " Okay, Jungs, und jetzt raus zur Siegerehrung.", scheuchte der Erwachsene seine kleine Horde hinaus. Der Jubel, der anschwoll, als sie den Rasen betraten, haute sie fast um. Sie stellten sich in eine Reihe nebeneinander und grinsten in die Menge. Ein wichtig aussehender Mann im Anzug kam auf sie zu. Er hob ein Mikrofon an die Lippen und die Massen wurden leiser. " Schauen Sie sich diese Prachtkerle an. Sport, Spaß und Spannung haben sie uns in den letzten neunzig Minuten gebracht. Und ich, als unser Bürgermeister, bin ich natürlich besonders stolz uns hier als Landesmeister präsentieren zu können. Nicht nur, dass dieses überaus wichtige Spiel bei uns stattfand, nein, unsere Jungs brachten auch noch den verdienten Sieg nach Hause und jetzt wollen wir sie auch nicht nur mit einer Medaille und einem Pokal abspeisen, wir möchten ihnen ebenfalls etwas Gutes tun. Und deshalb bitte ich um einen kräftigen Applaus für den Sponsor des Fußballvereines, Herrn Garber, von der Grün-Blatt-Milch und Co.Kg.". Herr Garber übernahm das Mikro. " Natürlich möchte ich auch noch mal die Gelegenheit ergreifen und den Jungen gratulieren. Aber für einen Glückwunsch kann man sich nichts kaufen und deswegen möchte ich, um meiner Freude Ausdruck zu verleihen, einen kleinen Scheck überreichen.". Er reichte Lukas den Brief. " Na, lies mal vor.". Der Schwarzhaarige riss das Couvert auf und fischte den grünen Schein heraus. Seine Augen wurden größer und größer. " Ziemlich viele Nullen, was?", lachte der Millionär. " 2.000 Euro", hauchte der Junge ins Mikro. Die Spieler starrten sich mit weit aufgerissenen Mündern an und dann riefen sie:" Wow! Cool! Toll!". Die Ausdrücke der Freude flogen nur so durch die Gegend. " Damit könnt ihr euch bestimmt ein paar neue Bälle und noch vieles mehr leisten.", schlug der Sponsor vor. Die Zuschauer und die Spieler jauchzten. Die Jungen gingen noch einmal in die Umkleidekabine, um ihre Taschen zu holen. Lukas trug den Umschlag mit dem Scheck, wie den Heiligen Gral, in seinen Händen. Finn kam bedacht, als letzter in die Kabine. Er lehnte sich an die Tür und räusperte sich dann. " Ähm, Leute? Kann ich euch noch mal sprechen?", fragte der junge Brünette laut. Zum zweiten Mal an diesem Tage wirbelten alle Köpfe zu ihm herum. Er räusperte sich, etwas nervös unter den prüfenden Blicken der Anderen. " Was ist los, mein Goldjunge?", wollte der Trainer feixend wissen und tauschte einen Grinsen mit dem Sponsor, der neben ihm stand. " Nun, ich finde das mit dem Preisgeld ja auch ganz toll, aber was wollen wir eigentlich damit machen?". Nun wurde der Junge angestarrt, als würde er sich vor den Augen der anderen Jungen in etwas gänzlich Unbekanntes verwandeln. Lukas durchbrach mit einem lauten Lachen die Stille. " Mann, Finn. Denk doch mal nach. Neue Trikots, neue Bälle, Tore, vielleicht ein Clubhaus.", schwärmte er und zählte all die wunderbaren Dinge an den Finger ab. " Ja, das ist toll, aber haben wir das nicht alles schon? Neue Bälle? Für das Meisterschaftstraining angeschafft. Dresse haben wir auch neu und die Ausstattung unserer Schule ist vom Feinsten.". " Was hast du vor, Finn? Worauf willst du hinaus?", forschte Paul misstrauisch. " Ich meine", sagte Finn mit Nachdruck, trat einen Schritt vor und schaute seinen Kameraden in die Augen. " Warum unnötig Geld ausgeben, wenn wir es selbst nicht brauchen? Wir können es doch Leuten geben, die es dringender und vor allem jetzt benötigen?". " Und was ist in ein paar Jahren, wir können es doch sparen.", muckte Lukas auf, aber Roger veranlasste ihn mit einer Handbewegung zum Schweigen. " Darüber können wir uns auch Gedanken machen, wenn es soweit ist. Aber Finn, du sagtest, das Geld für Menschen ausgeben, die es dringender brauchen. Also spenden.". Finn nickte. " Aber Spenden sind doch so unsicher. Man weiß nie wo das Geld hingeht.", warf Tom ein. " Das stimmt.", bestätigten ein paar der anderen Jungen. " Ja, und genau deswegen hab ich ja schon eine Idee. Ich kenne jemanden, der braucht das Geld wirklich dringend.", begann Finn unsicher. Die Jungs warteten gespannt. " Und was ist mit ihm?", harkte Lukas nach. " Naja, er hat eine schlimme Augenkrankheit.". Finn erzählte seinen Kameraden was er wusste, liess aber gekonnt Matts Namen aus dem Spiel. Eine seltsame Stimmung herrschte mit einem Mal in der kleinen Umkleidekabine. Die Jungen schauten sich gegenseitig an. Einige zuckten mit den Schultern, andere schienen nochmals über Finns Ausführungen nachzudenken. Dieser wartete nun mit zum Reißen gespannten Nerven auf das für ihn so wichtige Urteil. " Also, ich finde die Idee toll.", warf Steven aus der hinteren Reihe ein. " Ja, ich auch!", rief Paul. " Wir brauchen doch wirklich nicht unbedingt eine neue Ausrüstung. Ich finde den Vorschlag gut.", stimmte Lukas zu und legte Finn aufmunternd den Arm auf die Schulter. Finn starrte unterdessen aus weit aufgerissenen, braunen Augen seine Mannschaftskameraden an. Das klang doch gut! " Was meinen Sie, Coach?", wandte Tom sich zu ihrem Trainer um. Der schluckte und sagte dann lächelnd: " Es ist toll von euch, Jungs, dass ihr mitdenkt und nicht alles für euch behalten wollt. Ich bin stolz auf euch!". Plötzlich räusperte sich der Sponsor und wurde sofort mit erschrockenen Blicken behaftet. " Ganz ruhig, ihr Wilden. Ihr habt hart gekämpft für dieses Geld und ich habe euch nicht alles hier spendiert, damit ihr alles sofort weiter reicht.". In Finn sackte etwas zusammen. Er würde Matt nicht helfen können, dabei war die Chance, doch jetzt schon so nah gewesen. Er ballte die Faust, doch der Firmendirektor holte noch einmal Luft, um fortzufahren. " Deswegen behaltet ihr ein Teil des Geldes und ich zahl die Flüge für die Eltern des Jungen und den Patienten selbst!". Ein ohrenbetäubendes Jubel hob an und auch der Sponsor konnte ein breites Lächeln nicht vom Gesicht wischen. " Hier, Finn.", sagte Lukas und überreichte seinem Freund den, bis eben noch so sorgfältig umhüteten Umschlag mit den Scheck. " Nimm ihn, aber wir wollen Glücklichen, der durch dieses Geld wieder gesund wird, auch mal kennenlernen.". Finn grinste breit. " Ich werde es ihm ausrichten. Er wird sich total freuen. Ich danke euch allen. Auch in seinem Namen.". Damit rannte der braunhaarige Wirbelwind aus der Umkleide. Er konnte es kaum noch erwarten, Matt die freudige Nachricht zu überbringen. Finn war so kopflos, dass er gleich aus der Tür erst einmal in Karen und TK rannte. " Hey, Finn. Ein tolles Spiel!", kreischte seine Schwester mit stolzen Blick und umarmte ihren Bruder. Der lächelte, schob sie aber aufgeregt davon. " TK, weißt du wo dein Bruder ist?", fragte er hastig. Der Angesprochene zuckte die Schultern. " Was ist denn los mit dir?", wollte Karen lachend wissen. " Du bist ja ganz durch den Wind! Komm erstmal wieder runter.". " Nein, Kari. Ich muss unbedingt mit Matt sprechen sofort.". " Hey, er weiß, dass du gewonnen hast und freut sich total.", warf Thomas ebenfalls schmunzelnd ein. Finn fuhr herum. " Darum geht es doch gar nicht. Das hier ist noch viel besser als das Fußballspiel!", rief Finn nun total aus dem Häuschen und wedelte mit dem Briefumschlag vor der Nase des jungen Blonden herum. TK nahm das fliegende Objekt und holte den Scheck heraus. " Und?", fragte er mit einem Blick, der ein großes Fragezeichen in seinem Kopf vermuten liess. " Das ist das Preisgeld!", Finns Stimme wurde lauter. " Das ist toll, und wirklich viel Geld.". " Oh Mann!", fluchte Finn. Er und der blonde Junge redeten schon wieder total aneinander vorbei. " Der Fußballverein möchte Matt das Geld spenden! Für die Operation. Und der Sponsor will die kompletten Flüge bezahlen!". TK`s Augen erinnerten ihn in diesem Moment an aufgewühlte Ozeane, so groß waren sie. " Wirklich?", hauchte er und starrte abwechselnd den Scheck und Finn an. " Wahnsinn!", rief Karen und umarmte ihren Bruder ein zweites Mal. " Kommt mit! Matt muss irgendwo da draussen sein. Mann, Finn, du bist...du bist, ach, einfach toll.", brabbelte Thomas-Kevin vor sich hin und stürmte vorweg auf den Platz. " Sie haben tatsächlich die Landesmeisterschaft gewonnen. Erzähl mir bitte noch mal, wie Finn das entscheidende Tor geschossen hat.", bat Matt und faltete die Hände. " Ach, Goldlöckchen, das hab ich doch jetzt schon zweimal gemacht.", erwiderte Leoni langsam aber sicher genervt. Eigentlich hielt sie ja nicht soviel von Fußball, aber da ihre Mädels sowieso hier waren und sie dann Matt relativ orientierungslos durch die Menge hat stürzen sehen, liess ihr Freundschaftssinn keine Ruhe mehr und sie hat mit ihrem blonden Sandkastenfreund das Spiel verfolgt. Matt hatte richtig mitgefiebert und wollte nun jede Einzelheit des Kampfes wissen. Natürlich war dem Mädchen das Zucken der ballvermissenden Hände ihres Nachbarn nicht entgangen. Es juckte Matt bestimmt gewaltig in den Fingern, selbst wieder in dem großen Tor zu stehen, von dem Adreanalin erfasst zu werden und richtige Bälle zu halten. " Du sollst mich nicht so nennen, Füchschen!", moserte der Blonde und streckte ihr die Zunge raus. So losgelöst und frech hatte das Mädchen ihren besten Freund schon lange nicht mehr erlebt. Seitdem Matt Finn zu dem besten Kumpel des eigenen Geschlechts erkoren hatte, ging es ihm merklich besser. Der einsame Wolf mit dem Kühlschrankblick taute langsam auf. " Da hinten kommt Mister Wunderschuß.", lachte Leoni und winkte den braunen Wuschelkopf näher heran. Es war schon ein wundersames Bild. TK, der kleine Bruder von Matt, hirschte voran. Finn hatte ein junges Mädchen an der Hand gepackt und das ungleiche Trio schaute sich die ganze Zeit so angespannt um, als wäre der Leibhaftige hinter ihnen her. " Hi Leo.", begrüßten TK und Finn das Mädchen atemlos. " Hi, Bruderherz.", setzte Thomas noch hinzu. " Hey, Finn. Ein tolles Spiel. Du warst super!", lachte Matt herzlich und wollte nach dessen Hand greifen. " Matt!", rief Finn so laut, dass der Blonde einen Satz nach hinten machte. Karen zupfte unablässig an Finns T- Shirt, doch der war nicht in der Stimmung und fuhr sie an: " Was?". " Es ist so laut hier. Lasst uns erstmal ein bisschen abseits gehen.". Finn warf ihren einen entschuldigenden Blick zu und nickte. Prompt wurden der ältere Blonde und das rothaarige Mädchen geschnappt und mit geschleppt. " Was ist denn, Gott verdammt? Hat jemand eine Bombe aufs Spielfeld geworfen?", fragte Matt und versuchte sich aus dem schraubstockähnlichen Griff seines kleinen Bruders zu winden. " Nein, oh Mann, Matt, das ist so toll.", warf der Jüngere ihm unvollständige Satzbrocken vor die Füße. Nachdem sie sich etwas vom Spielfeldrand entfernt hatten, blieben sie stehen und wurden nun von Leoni und Matt erwartungsvoll angeschaut. " Also, bitte schön. Ich erwarte eine Erklärung.", forderte Leo und stemmte die Hände in die Hüfte. Stattdessen drückte TK seinem Bruder den Umschlag in die Hände. " Ähm? Ja, gut. Was ist das?", wollte der Blonde wissen und befühlte das Papier. Schließlich entdeckte er die Lasche und öffnete das Couvert. Nun betasteten seine Finger das Blatt. Leoni, die über Matts Schulter seinen Bewegungen gefolgt war, starrte nun die Zahlen auf dem Scheck an. " Das ist doch der Betrag, den das Preisgeld hatte.", warf sie in die Runde und beobachtet die Mimik ihrer drei Freunde. " Halt dich fest, Matt.", prophezeite Finn und nachdem Matt Leonis Hand gepackt hatte fuhr er fort:" Das ist tatsächlich das Preisgeld und der Fußballverein, also die Jungs und ich haben beschlossen,", er räusperte sich, " Es dir zu schenken, als restliche Anzahlung für deine Operation.". Im ersten Augenblick sah Matt wirklich so aus, als würde jeden Moment hinten umkippen, er riss die Augen weit auf, starrte Finn an, als hätte ihm etwas in einer unverständlichen Sprache übermittelt. Leoni liess ihren Freund los und umarmte ihn stürmisch. Der rührte sich keinen Millimeter, stand da, wie zur Salzsäule erstarrt. Sein Blick war fest auf den Scheck gerichtet. Gerade als Leoni Finn um den Hals gefallen war und dessen Haare noch mehr verstrubbelte, räusperte sich Matt mehrmals, als hätte er einen Frosch im Hals und sagte dann mit heiserer Stimme:" Das kann ich nicht annehmen!". Zur Unterstreichung seiner Worte hielt er Finn den Scheck mit weit ausgestrecktem Arm entgegen. Nun war Matt das Objekt, welches wie ein Außerirdischer betrachtet wurde. " Was?", hauchte Karen. " Warum kannst du es nicht annehmen?", wollte Finn wissen und klang ganz so, als wäre Matt in seinen Augen nicht ganz richtig im Kopf. " Ich weiß nicht, das kann ich irgendwie nicht.", flüsterte Matt und hielt das Papier immer noch in der ausgestreckten Hand. Plötzlich baute sich TK vor ihm auf. " Hör mir mal gut zu, Mister. Jahrelang versuchen wir das Geld für deine Operation zusammen zu sammeln. Du verzichtest auf alle Vergünstigungen, Urlaub, weiß ich was. Und jetzt, wo du genau weißt, dass du dieses Geld unbedingt noch brauchst um die OP zu bezahlen, machst du einen auf Edelmann?". Matt wandte den Kopf ab und schaute zu Boden. " Es ist ein unglaublich tollen Angebot der Mannschaft und du schlägst es einfach in den Wind, damit ist niemand geholfen. Ich will, dass du jetzt dieses Geld nimmst, dich freust, bei den Jungs und vor allem Finn bedankst und dann diese verdrackte Operation durchziehst und endlich das bekommst, wonach du dich am meisten sehnst, dein Augenlicht!". Nach dieser klaren Ansprache war ein Moment Ruhe. Karen, Finn und Leoni hatten die Luft angehalten und gespannt die Szene beobachtete. TK nahm nun die Hand von Matt und drückte sie ihm an die Brust. Matt sah auf und nickte stumm. Die Drei im Hintergrund seufzten und holten endlich wieder Luft. Karen und Leoni umarmten den Blonden und flogen auch noch den anderen beiden Jungs um den Hals. " Mann, das ist ja schlimm hier.", murmelte Finn und strich sich heimlich ein paar Tränen aus den Augenwinkeln. " Ich hab Angst.", die Stimme des Blonden war kaum zu hören in dem Getümmel von Fußgetrappel, Rollen der Koffer und den ständigen Durchsagen der Informationen. Finn legte seinem besten Freund beruhigend die Hand auf die Schulter. " Du schaffst das, ich bin ganz sicher. Und wenn du wieder kommst, dann spielen wir eine richtig gute Partie Fußball und du stehst im Tor.", versprach er und die beiden Jungs lachte. Matt senkte kurz den Kopf und sah Finn dann noch mal an. " Ich freue mich darauf, dein Gesicht bald zu sehen.". In die braunen Augen huschte ein paar Tränen der Rührung, doch er bemühte sich um eine sorglose Stimme. " Das ist die richtige Einstellung. Und du bist ja nicht allein.". Er nickte Herrn Keller zu, welcher seinem Sohn die Hand auf die Schulter legte, um ihm zu bedeuten, dass es los ginge. Matt nickte, zögerte kurz, doch umarmte dann seinen besten Freund. Finn legte seine Arme um den Blonden und strich behutsam und beruhigend über den Rücken. Kurz genossen die beiden Jungen den letzten Moment des Abschieds, doch dann löste sich Matt und lächelte Finn noch einmal an. " Wir sehen uns.", sagte dieser mit erstickter Stimme. Matt versuchte sich ebenfalls unter Kontrolle zu halten. " Hoffentlich.". Herr Keller verabschiedete sich ebenfalls mit einem breiten Lächeln. Er verdankte diesem Jungen vieles. Er hatte alles getan um seinem ältesten Sohn die Möglichkeit einer Operation zu geben, sogar einen Sponsor für die Flüge hatte er gefunden. TK winkte den Brünetten zu und die Mutter nickte ebenfalls lächelnd. Finn wartete bis die Familie hinter der Sicherheitskontrolle verschwunden waren und nach einem Augenblick lief er die Treppen zur Aussichtsplattform hinauf. Nach einer Viertelstunde sah er das Flugzeug, welches sich zum Rollfeld begab und schließlich abhob. Die braunen Augen folgten dem immer kleiner werdenden Punkt, bis er nicht mehr zu sehen war. Er hatte die Stirne an die kühle Fensterfassade gelegt und schloß jetzt für einen Moment die Augen. In Gedanken war er ganz bei dem Blonden. Er hatte diesem so viel vor ihrem Abschied sagen wollen, ihn trösten und beruhigen wollen, ihm Glück wünschen und den Rücken stärken, doch er hatte selbst Angst, dass die Operation misslang. Ruckartig öffnete er die Augen und trat einen Schritt vom Fenster zurück." Nein, so darf ich nicht denken, das hab ich Matt auch gesagt. Es wird alles klappen. Ich glaube daran.". In drei Tagen war der Termin. Er schlenderte zum Ausgang. Matt wird das schaffen! Kapitel 9: Ein Gefühlscocktail, geschüttelt, nicht gerührt! ----------------------------------------------------------- Halli Hallo Leudings, nach langen Tagen der neuen FFs hab ich beschloßen, dass es an der Zeit ist für ein neues Kappi von meiner eigentlichen Hauptstory. Es ist diesmal ein bisschen kürzer ausgefallen, sorry, aber ich hoffe natürlich, dass es euch trotzdem gefällt. Und nun mache ich etwas, dass ich nicht oft mache: *auf die Knie geh* Ich bitte um eine milde Kommentarspende, gebt nicht nur Blind sondern auch den ganzen anderen armen, Kommi-hungrigen Swaja-FanFics einen kleinen Trost, indem ihr sie mit viel Liebe in From von Kommentaren überhäuft. Das wäre, gerade jetzt wo die schönste Zeit des Jahres anbricht, wirklich total lieb. Okay, genug von mir an dieser Stelle, jetzt müssen meine Charas wieder ran. Viel Spaß mit " Blind" Kapitel 9! Wir lesen uns! Swaja Kapitel 9: Ein Gefühlscocktail, geschüttelt, nicht gerührt! " Mann, jetzt beruhige dich doch mal wieder.", zischelte ihm das rothaarige Mädchen zu, doch Finn rutschte immer noch unruhig auf seinem Stuhl herum. Es war ihre letzte Stunde an diesem Tag und sie kam ihm unglaublich lang vor. " Okay, Finn. Was ist der Treibhauseffekt?", fragte der verharmte, alte Geographielehrer mit den lustigen Lachfältchen. " Ich hab keine Ahnung.", platzte Finn heraus, viel zu aufgekratzt um auch nur einen ordentlichen Gedanken fassen zu können. Der Lehrer beäugte ihn einen Moment verunsichert, doch dann lachte er. " Ja, ja, die letzte Stunde heute und dann auch noch so kurz vor den Ferien. Schon gut. Erbarmt sich trotzdem jemand und beantwortet mir die Frage?". Nach schier endlosen zehn Minuten klingelte die Schulglocke und Finn stürmte als Erster aus dem Klassenzimmer, dicht gefolgt von Leoni. Vor der Schule sprangen die Beiden in das Auto von Finns Schwester Sharon, die vor kurzem ihren Führerschein gemacht hatte. Schließlich standen Leoni, Karen, Sharon und Finn am Flughafen. Das rothaarige Mädchen beobachtete die Tafel mit den Ankünften, Sharon unterhielt sich mit ihrer kleinen Schwester und Finn lief wie ein Tiger im Käfig quer durch die Flughalle. " Da! Es ist gelandet!", rief Leoni und die anderen Drei stürzten zu ihr und schauten ebenfalls auf die grüne Tafel. Tatsächlich, Flug 7654 aus New York / USA war soeben gelandet. Finn kämpfte sich direkt an den Ausgang für die Fluggäste. Karen kam zu ihm und nahm seine Hand. " Ich bin so aufgeregt, hoffentlich ist alles gut gegangen.", flüsterte sie ihm zu. Finn konnte nur nicken. Natürlich war er auch total nervös. Heute würde endlich sein bester Freund aus Amerika wieder kommen. Sie hatten nicht einmal telefoniert in den drei Wochen, demnach wusste Finn auch nicht, ob die Operation gut verlaufen war. Seine braunen Augen waren fest auf die Tür gerichtet, fest darauf aus, der ihn sofort erspähen würde, sobald er durch diese Tür kam. Nach und nach traten die ersten kofferbepackten Menschen heraus und fielen ihren Lieben in die Arme oder schüttelten Geschäftspartnern beflissen die Hände. Doch kein blonder Jugendlicher bisher. Die drei Mädchen und Finn sagten kein Wort, alle Augenpaare waren gespannt auf den Ausgang gerichtet. " Hey, da ist Matts Vater. Herr Keller.", rief Sharon auf einmal und sprang in die Höhe, damit der braunhaarige Mann sie sah, was nicht weiter schwer war, da Sharon mit ihrem Hüpfen bereits alle Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte. Kurz nach dem Vater kamen die Mutter, sowie Thomas-Kevin und Matt heraus. Finn hätte ihn beinahe nicht erkannt. Die Augen waren hinter einem weißen Verband verborgen, der sich am Hinterkopf schloss. Trotz dieser Sehbehinderung ging der Blonde ohne zu wanken geradewegs auf sie zu. Karen umarmte ihren Freund TK stürmisch und auch Matt bekam ein Küsschen auf die Wange. Er lächelte sanft. " Wie geht es dir? Alles so weit gut verlaufen?", sprudelte sie drauf los, während Matt nun ein rothaariges Etwas am Hals hängen hatte. " Ja, der Arzt meinte die Operation sei gut verlaufen, jetzt hängt es davon ab, wie gut sich meine Augen erholen.". Leoni klopfte ganz sanft an die Binde und sagte:" Und wehe ihr erholt euch nicht da drinnen, verstanden?". Matt lachte laut und wandte dann den Kopf hin und her. " Ist Finn gar nicht gekommen?", wollte er wissen und versuchte anscheinend ein Geräusch zu erhaschen, dass seinen Freund vermuten ließ. " Doch. Ich bin hier.", sagte Finn leise und trat auf Matt zu. Er wusste selber nicht, was mit ihm los war. Warum benahm er sich so komisch? Hatte er Angst? Er musste zugeben, dass er nicht wusste, wie er Matt begegnen sollte. Doch noch während er über sein Verhalten nachgrübelte, hatte Matt den Abstand zwischen ihnen überbrückt und drückte seinen besten Freund fest an sich. " Schön, dass du wieder da bist.", flüsterte Finn leise und zog den Blonden noch etwas mehr in seine Arme. " Wow, so viele Leute. Waren schon jemals so eine Masse an Menschen auf einem unserer Konzerte?", fragte Mano in die Runde und schielte durch den Vorhang der Open - Air - Bühne, die auf dem großen Platz am See aufgebaut war. " Mann, heute ist der letzte Tag vor den Sommerferien, alle Schüler sind da und die Eltern und Großeltern garantiert auch. Unser Direx hält doch auch noch ne Ansprache. Das will sich doch bestimmt keiner entgehen lassen.", scherzte Nishi und warf einen Blick zu Matt, der im hinteren Teil der Bühne damit beschäftigt war seine Gitarre zu stimmen. Wie immer, wenn er den Blonden ansah, mischte sich etwas Sorge in den Blick des Bassisten. Eigentlich wollten die Teen-Age-Wolves Rücksicht auf Matts Augen nehmen und den Auftritt absagen, doch der Leadgitarrist und Sänger hatte darauf bestanden. " Meinst du wirklich, dass das hier ne gute Idee ist, Matt?", fragte er noch einmal, als sein Freund an ihm vorbei ging und die Gitarre in ihren Halter stellte. " Natürlich, Nishi. Und außerdem können wir den Gig jetzt schlecht wieder absagen, oder?", beruhigte ihn der Blonde. " Stimmt.", Nishi war nicht überzeugt, dass hörte Matt an seiner Stimme. " Bitte, mein Freund. Ich möchte diesen Auftritt unbedingt machen. Wir haben so lange dafür geprobt und ich will mich selbst und die Leute da draußen nicht enttäuschen.". Der Bassist nickte. " Aber kannst du denn so spielen, ich meine, mit der Augenbinde?". Wenn er Matts Augen sehen könnte, hätten diese ihn bestimmt belustigt angeschaut. " Mann, ich spiele doch schon mein halbes Leben blind.", lachte der Blonde und klopfte seinem Bandkollegen, der sich seiner Meinung nach viel zu viele Sorgen machte, freundschaftlich auf die Schulter. Nach endlosen 15 Minuten hatte der Direktor seine mehr oder weniger fesselnde Rede beendet und kündete nun mit vor Stolz schwellender Brust die bekannte Band seiner Schule an, die Teen-Age-Wolves. Die Jungs wurden von einem tosenden Applaus empfangen. Es musste fast die ganze Schule gekommen sein, überlegte sich der Blonde und winkte lächelnd. Wie erwartet hob auch so gleich Geflüster an. Getuschel über die Augenbinde des Sängers. Matt kannte die Bühne inzwischen, zielsicher stellte er sich an das Mikrofon, glaubte er zumindest, doch er stieß an den Ständer, doch kurz bevor das Gerät umgefallen wäre, fing er es auf und stellte es wieder hin. Mit verlegenem Lächeln wartete er auf Toshis Einsatz und dann stiegen auch schon der Bass und die zweite Gitarre ein. " Wir sind wieder da. Es ist ein Wunder geschehen. Wir sind wieder da und die Welt ist wunderbar.". Nach nur zwei Liedern bewiesen die "Wölfe", dass sie ihr Publikum wie magisch fesseln konnte. Die treuen Fans unter ihnen sangen bereits mehr oder weniger schön die meisten Refrains mit. Nach ihrem Titellied " Blue bloody moon" und dem neuen Hit " Arschgesicht" wartete Matt bis sich die Masse ein wenig beruhigt hatte. Mano schaute erstaunt zu Kent und Nishi neben ihm. Eine Ansprache hatten sie an dieser Stelle doch gar nicht eingeplant. Matt nahm das Mikrofon und räusperte sich, worauf ihm die volle Aufmerksamkeit der Leute sicher war. Kapitel 10: Forever ------------------- Halli Hallo, ihr Lieben Es ist ja schon fast ein wenig traurig, dass das hier das zehnte und damit leider auch das letzte Kapitel meiner FF ist. Aber nicht traurig sein. Es gibt bestimmt irgendwann Nachschub. Dieses Kapitel möchte ich einem sehr, sehr lieben Mädel widmen, dass ich hier auf Animexx kennengelernt habe und von der ich weiß, dass sie diese Story liebt. Sie hat heute Geburtstag und deswegen ist dieses Kappi für sie: HAPPY BIRTHDAY, SALUD01 Viel Spaß beim lesen, wünscht euch Eure Swaja ----------------------------------------------------------------------------- " Wir, die Teen-Age-Wolves, freuen uns wahnsinnig heute Abend hier zu sein. Es macht einfach total viel Spaß. Und für mich ist es nicht unbedingt selbstverständlich so glücklich heute hier vor euch auf der Bühne zu stehen. Einige von euch haben sich sicherlich schon gefragt, warum der da vorne so eine komische Binde vor den Augen trägt und die Frage sei euch gewährt. Seit einigen Jahren leide ich an einer ziemlich seltenen Augenkrankheit, bei der ich immer schlechter sehe, bis ich irgendwann blinde werde.". Irgendwo im Publikum stieß ein Pulk Mädchen einen erstickten Laut aus. " Bis vor kurzem war ich mir auch noch sicher, dass es so kommt. Der Termin für die letzte Möglichkeit mich zu operieren, rückte immer näher. Doch wie ihr euch vorstellen könnt, ist so eine OP verdammt teuer, zu mal sie nur in Amerika durchgeführt wird. Das ich jetzt trotzdem hier stehe, mit dem Verband als Zeichen dafür, dass die Operation doch gemacht werden konnte und ich damit die Chance gekriegt hab, ein neues Leben mit Augenlicht beginnen zu können, hab ich nur einem paar Leuten zu verdanken. Ich weiß nicht, ob sie heute Abend hier sind, aber ich möchte, dass ihr ihnen einen riesigen Applaus spendet, dem Fußballteam unserer Schule, den Landesmeistern.". Ein ohrenbetäubender Jubel entbrannte und ein paar Jungs aus dem Publikum winkten mit ziemlich geröteten Gesichtern. " Diese Jungs hatten doch nichts besseres mit ihrem Preisgeld zutun, als es mir für meine Operation zu spenden und damit noch nicht genug, sie haben sogar einen Sponsor mobilisiert, der mir und meiner Familie die Flüge nach Amerika bezahlt hat. Ich kann die Dankbarkeit, die ich für euch empfinde gar nicht in Worte fassen, aber ich möchte euch gerne das nächste Lied widmen.". Er spielte ein paar Takte und leitete damit einen neuen Song ein. " Aber es gibt noch ein paar andere Leute, denen ich heute Abend danken möchte.", sprach Matt etwas atemlos in das Mikrofon. " Nämlich der Handvoll, die von meiner Krankheit wussten und aufgepasst haben, dass ich nicht absacke. Damit mein ich meine beste Freundin Leoni Walkers.". Ein weiterer höflicher Applaus hob an und Leoni tauchte in ihrer Mädchenclique unter, die laut kreischte. " Meine Familie. Ich liebe euch." Wieder ein Jubel. " Und natürlich meinen Jungs hier oben, ohne die ich gar nichts wäre.". Toshi trommelte einen treibenden Rhythmus, Kent lief rot an, Nishi und Mano grinsten sich breit an. Der Beat des Schlagwerkes ging in einen neuen Takt über und stimmte ein neues Lied an, dass die Jungs gemeinsam singend performten. Nach einem weiteren, etwas härterem Lied, griff Matt wieder zum Mikro und fast augenblicklich verstummt das Publikum. " Aber es gibt einen Menschen unter euch, dem ich am allermeisten dankbar bin. Denn er hat es nicht nur geschafft, den Lonly-Wolve wieder ein wenig mehr in die Gesellschaft einzugliedern.". Gelächter hob in der Menschenmasse an. " Nein, er hat auch, als er von meiner Krankheit erfuhr, mich nicht, wie ich dachte, fallen lassen. Nein. Er hat mir beigestanden, mehr als das, er hat alles das getan, was ich zu dem Zeitpunkt, schon fast aufgegeben hätte. Er hat gekämpft. Für mich und meine Augen. Durch ihn hat sich unser Fußballteam entschlossen, mich zu unterstützen, durch ihn kam der Sponsor auf die Idee, mir zu helfen, durch seine Tatkraft, bin ich nicht verzweifelt, und durch seinen Willen bin ich letztendlich wirklich in dieses Flugzeug gestiegen und hab mich operieren lassen. Ich weiß nicht, ob ich wirklich wieder sehen kann, wenn ich die Augenbinde abnehme und wenn ja, wie lange ich noch sehen kann, aber egal was kommt und wie es ausgeht, ich weiß, das er zu mir stehen wird und das er da ist, an meiner Seite. Und diese Freundschaft ist wichtiger als alles Geld und alle Macht dieser Welt und ich bin so glücklich, dass ich mich seinen Freund nennen darf. Ich werde ihm niemals alles das zurückgeben können, was er allein in diesem einen Jahr, das ich ihn kenne, für mich getan hat. Aber ich will es versuchen und fange jetzt schon damit an. Ich kenne weder sein Gesicht, ich hab es nie erkennen können, und ich kenne auch nicht seinen Klamottenstil oder seine Frisur, aber ich weiß wie seine Seele und sein Herz aussieht. Dennoch wünsche ich mir von Herzen, dass ich ihm bald direkt in die Augen schauen kann.". Matts Stimme versagte kurz, doch das Publikum schwieg ergriffen. " Vielleicht ist das alles nur Schwachsinn, was ich hier rede. Doch du solltest wissen, dass du für mich wie ein Schutzengel auf Erden geworden bist und der beste Freund auf der ganzen Welt, Finn Engler.". Matt nickte und Toshi läutete mit einem Schlag auf das Hi-Hat einen neuen Song ein. Matts Gitarre stieg langezogen ein und spielte mit dem Bass und der anderen Gitarre den Anfang. Finn starrte gebannt auf seinen besten Freund. Seit seiner Ansprache hatte er sich keinen Zentimeter bewegt. Jetzt jedoch zog sich ein Lächeln über die Mundwinkel und etwas Nasses stieg ihm in die Augen. " Hey, alles okay, Bruderherz?", fragte Sharon und strich ihrem kleinen Bruder sanft über die Wange. " Ja, mir ist nur was ins Auge geflogen.", grummelte Finn und strich sich die Tränen aus den Augenwinkeln. " Das war so süß von Matt.", hauchte Karen mit heiserer Stimme. TK legte seine Arme um ihre Hüfte und küsste sie. Finn drehte sich schnell um. Er musste immer noch aufpassen, dass er nicht anfing zu meckern, obwohl die beiden nun schon seit drei Wochen, also seit TK aus Amerika wieder gekommen ist, offiziell ein Paar waren. Sein Blick ging zurück zur Bühne. Die Wölfe hatten ein neues Lied angestimmt, eine Mischung aus sanft und rockig. Matt hatte noch nicht begonnen zu singen. Er selbst schien seinen Worten noch nachzuhängen, lächelte verträumt, aber glücklich. Finn war froh, seinen Freund so zu sehen. Und natürlich hoffte er jeden Tag, dass die Operation gelungen war. Matt hatte ihm nicht gesagt, wann er den Verband abnehmen durfte. Jedes Mal, wenn er danach gefragt hatte, bekam er nur ein Grinsen als Antwort. Nun steigerte sich das Tempo, doch mit dem Öffnen von Matts Lippen nahmen sich Bass, Gitarre und Schlagzeug in der Lautstärke zurück, nur noch das Keyboard war deutlich zu hören. " If every word, I said, could make you laugh, I talk forever. Mhm.". Sofort hatte die rauchige und zugleich klare Stimme des Blonden das, bis eben noch schwatzende Publikum in ihren Bann geschlagen. Mano, Nishi, Kent und Toshi unterstrichen den Text mit einer klaren Vokalise. " I ask the skies about we had, uh, it shows forever. If the song, I sing for you, could fill your heart with joy, I`d sing forever. Together." Nun ließen die Wölfe ihre Stimmen zusammen erklingen und gingen in den souligen Refrain über:" Forever, forever.". Matt hob die Stimme ein wenig: " I be so happy, that you`re my friend.". Seine Finger flogen nur so über die Seiten. Finn verfolgte dies gespannt. Er hatte irgendwie das Gefühl, dass der Song für ihn war. " Wow, er kann so toll Gitarre spielen und das sogar ohne was zu sehen.", kreischte Carolin, seine zweitälteste Schwester, und hüpfte ähnlich wie Sharon auf und ab. " Ich hätte gern so viel Talent im ganzen Körper, wie er im kleinen Finger.", seufzte Sharon, die sich nun schon seit zwei Jahren vergeblich mit der Gitarre abmühte. TK zog Karen etwas an sich ran und schaute verträumt seinen Bruder zu. Dieses Lied war hundertpro für Finn, was TK aber noch mehr freute war, dass Matt heute so gut sang, wie er ihn noch nie erlebt hatte. " Let the love I had for you, live in your heart and be forever." Bei dem Refrain tobte die Menge und klatschte in die Hände. Matt trat noch einen Schritt vor und legte, angetrieben von dem Jubel der Zuschauer ein tolles Solo hin. Dann wurde es ruhiger und Kent übernahm einen Soloteil auf dem Keyboard. Matt nahm plötzlich seine Gitarre ab und stellte sie neben sich. In ihm herrschte ein Kampf, seine Sinne waren von der Atmosphäre vernebelt. Der Arzt in Amerika hatte gesagt, dass er den Verband ungefähr drei Wochen nach der Operation abnehmen könne. Es nun waren ein bisschen mehr als drei Wochen vergangen. Was hatte er mal zu seinen Jungs gesagt? Er würde so gerne mal die Leute sehen, die zu ihren Auftritten kamen. Und welches Konzert wäre besser geeignet, als dieses hier? Er wollte sich die Bilder von diesem Auftritt für immer in seinem Gehirn einbrennen. Und wenn er nicht sehen konnte, waren die Gefühle, die er hier erlebte immer noch grandios. Die Jungen der Band sahen zu ihrem Frontman. Als Matt die Hände an den Verband hob, hörte selbst Kent auf zu spielen und starrte nach vorne. Im Publikum war es so ruhig, dass man ein Stecknadel hätte fallen hören können. Finn folgte jeder Bewegung des Sängers. Was hatte er vor. Als Matt die Sicherheitsnadel an der Seite löste, zog Finn scharf die Luft ein. Er wollte doch nicht etwa den Verband abnehmen. Unter den Zuschauern taten es ihm einige gleich und hielten die Luft an. Lage um Lage des weißen Stoffes rutschte von den Augen. Letztendlich nahm Matt die Binde und warf sie unachtsam auf den Boden. Die Augen hatte er noch geschlossen. Jetzt, dachte er. Gleich macht er sie auf, dachte Finn unten in der Masse. Vorsichtig hob Matt die Augenlider. Grelles, helles Licht überflutete seine Nerven und er schloss sie wieder. Langsam und blinzelnd versuchte er es noch einmal. Mit halbgeöffneten Augen versuchte er sich an das helle Licht zu gewöhnen. Er hatte lange nur Dunkel gesehen, wenn er die Augen öffnete. Doch nun wurde das Licht langsam weicher und irgendwie orangefarben. Er hob die Lider noch ein Stück. Langsam begann etwas vor seinen Augen Kontur anzunehmen. Klar hob sich das Weiß der Stofflagen von dem grauen Boden ab. Ein schwarzes Kabel wand sich wie eine Schlange darüber hinweg. Weiß-grau-schwarz. Die ihm altbekannten Farben. Doch die Gegenstände waren scharf und detailliert. Tief einatmend hob Matt den Blick und blinzelte noch einmal. Was er jedoch sah, ließ ihn die Augen weit aufreißen. Eine wogende Masse, doch diesmal nicht grau und formlos, sondern bunt und scharfkantig. Er konnte einzelne Gesicht erkennen. Farben von Sachen. Als er den Blick weiter nach hinten schweifen ließ, bot sich ihm eine wunderschöne Kulisse. Über einem großen See glitzerte die Abendsonne, es sah aus, als würde sich gleich ins Wasser fallen. Die weichen Sonnenstrahlen tauchten das Blau in ein zartes Orangerot. Wieder ging sein Blick über die Menschen vor ihm. So viele Leute und er konnte sie alle sehen. Unwillkürlich füllten sich seine Augen mit Wasser. Die Eindrücke die auf ihn einstürmten, taten ihr Übriges. Nishi verfolgte, wie wohl alle hier, Matts Bewegungen. Konnte der Blonde nun sehen, oder nicht? Finns Nerven waren ebenfalls zum Zerreißen gespannt. Der Blonde hatte sich umgesehen, doch wie er nun den Kopf senkte, deutete nicht gerade auf ein Happy End hin. Nervös krallte er seine Finger in den T-Shirt-Saum. Matt wischte sich en Träne aus dem Auge und hob wieder den Blick. Er sah es immer noch und außerdem bemerkte er jetzt erst, wie still es war. Keiner sagte etwas, alle starrten ihn an. Matt lächelte, wieder traten ihm Tränen der Freude in die Augen, dann hauchte er mit heiserer Stimme ins Mikro. " Ihr seht toll aus.". Zuerst war es ganz leise, wie die Ruhe vor dem Sturm, doch dann brandete ein ohrenbetäubender Jubel los. Die Mädchen kreischten und die Jungs johlten. Die Fußballer klatschten sich gegenseitig ab. Sharon hatte Carolins Hände gepackt und die beiden tanzten jubelnd im Kreis herum. TK hatte laut geschrieen und dann Karen, die erst die Hände vor den Mund geschlagen hatte, stürmisch und mit erleichtertem Lachen geküsst. Finn stand einfach nur da, überwältigt und plötzlich schlug eine Welle von Emotionen über ihm zusammen. Glück, Freude und gleichzeitig eine so wahnsinnige Erleichterung, dass es sich aus seinem Inneren herauswand und er laut jubelte. Er sprang in die Luft und schrie " Yes, Matt, du hast es geschafft.". Herr Engler und seine Ex-Frau fielen sich überglücklich in die Arme. Für einen kurzen Moment war aller Streit vergessen und sie waren einfach nur froh für ihren Sohn. Matt stand immer noch geplättet auf der Bühne, als ihm plötzlich jemand umdrehte und stürmisch knuddelte. " Du kannst wirklich wider sehen?", schrie Nishi über das Getöse der Menge hinweg und als Matt nickte schrie er laut. Mano drückte ihn noch etwas fester, Toshi grinste ihn an und schlug ihm kumpelhaft auf die Schulter. Kent war am Heulen und schnaubte geräuschvoll in ein Taschentuch. Matt betrachtete glücklich die Gesichter seiner Bandkollegen, konnte den Bildern in seinem Kopf endlich wahre Gesichter zu ordnen. " Lasst uns hier noch einen schönen Abschluss finden.", schlug Matt vor und schnappte sich seine Gitarre. Die anderen Jungs nahmen ihre Plätze an den Instrumenten wieder ein. Kent trötete noch einmal in sein Tempo, was verstärkt über das Mikrofon ins Publikum hinausschallte. Die Jungs lachten und stiegen an der Stelle ein, wo sie unterbrochen hatten. " If every word, I said, could make you laugh, I talk forever.". Sie steigerten Tempo und Beat. Toshi schlug nur so auf sein Schlagzeug ein. Mano warf wild den Kopf herum, Nishi warf lachend die Haare in den Nacken und sang seinen Background. Matt ließ den Blick durchs Publikum schweifen. Da war Leoni, sie hatte sich kaum verändert. Natürlich war sie älter und auch weiblicher geworden, doch ihr markanter, feuerroter Haarschopf war immer noch der selbe, wie in der Grundschulzeit Dort sah er seinen Vater und seine Mutter. Er hatte einen Arm um ihre Schulter gelegt, beide schauten mit feuchten Augen zu ihm hinauf. Er lächelte sanft und sein Blick wanderte weiter. Da stand ein junger Blonder. Das konnte niemand anderer als ein kleiner Bruder sein. Der war vielleicht gewachsen und er sah gut aus. Sein Arm lag vertrauensvoll um die Hüfte des Mädchen neben ihm, Karen, also. Daneben hüpften zwei weitere Mädchen auf und ab, die Karen ziemlich ähnlich sahen. Das mussten Sharon und Carolin sein, keinen Zweifel. Als seine Augen das Augenpaar, des Jungen, der neben ihnen stand, kreuzte, durchzuckte ihn etwas. Augen, wie Schokoladenpudding oder wie ein Teddybär. Und diese Wärme, die sie ausstrahlten. Ebenso dieses breite Grinsen. Das war er also, Finn Engler. Er sah nicht viel anders aus, als er sich ihn vorgestellt hatte. Dieser Mensch hatte ihm so viele Wünsche erfüllt. Er konnte das Publikum, ihn und überhaupt alles sehen. Die braunen Augen schienen ihn zu fragen, ob er ihn erkannt hätte. Zur Antwort lächelte Matt und es war ein befreiendes Lächeln. " Forever. Forever. I be so happy, oh, my friend!" ------------------------------------------------------------------------------ Tja, das wars. Ich hoffe es hat euch gefallen und mein Kommikasten freut sich immer über Post! Bye, heal, eure Swaja Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)