Popular! von *Fane* (-Magical Lovers-) ================================================================================ Kapitel 1: London Love ---------------------- Hallöööölllleee, erst mal hallo. Das ist nicht wirklich ein FF über Harry Potter, sondern eher über den Darsteller Daniel Radcliffe. Der hier im FF angesprochene Daniel Jasson, meint natürlich D. Radcliffe. So, okay. Also, damit ihr das "Feeling" bekommt, dass Sophia in diesem FF hat, stellt ihr euch einfach vor, dass D. Jasson (bw. D. Radcliffe) eure (möglichst berühmter) Schwarm ist. Viiiiel Spaß, *Fane* "Oh, ihnen ist da was runter gefallen", rief ich. Mist, die verstehen ja kein Deutsch!, schaltete sich mein Gehirn wieder ein und außerdem würde er mich bei diesem Verkehr überhaupt nicht hören. "Exkuse me", rief ich lauter. Er drehte sich um und ich deutete zu Boden. Die zwei in schwarz gekleidete Männer stellten sich seitlich neben ihm und nuschelten etwas zu dem Jungen. Der machte eine beschwichtigende Handbewegung und ging durch die breiten Schultern der Männer hindurch. Ich verstand nicht ganz was vor ging und bückte mich gleichzeitig mit ihm nach dem Zettel und prompt knallten unsere Köpfe unsanft aneinander. "Oh, I'm very sorry", sagte er in einem perfekten Londonakzent. "Kein Problem", nuschelte ich unhörbar und sah ihm fasziniert durch die dunkle Sonnebrille in seine Augen. Mein Herz klopfte. Ich kannte diese grünen Augen... sie hangen bei mir im Zimmer in Übergröße an der Wand... "Und wie läuft's mit Daniel?" "Gut, danke." "Tschüss dann, ich muss jetzt aussteigen." "Ja, ciao", winkte ich einer alten Freundin, die ich schon seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen hatte. Verrückt, ich hatte sie seit der Unterstufe des Gymnasiums nicht mehr gesehen und doch wusste sie über mein Liebesleben fast genauso gut Bescheid, wie meine beste Freundin, Alice, die ich jeden Tag sah. Warum? Nun ja, es ist nicht schwer, vor allem weil mein Freund berühmt ist und auch mein Gesicht auch schon mehr oder weniger oft in einer Teenyzeitschrift zu sehen gewesen war. Daniel Jasson, D-A-N-I-E-L J-A-S-S-O-N. Genau DER Daniel Jasson hatte mich gerade gefragt, ob er mich als Entschädigung auf einen Kaffee einladen darf. DER Daniel Jasson, der in einem der größten Buchverfilmungen in der Hauptrolle mitspielt, wo ich schon sehnsüchtig auf den vierten Film warte. "Magical Lovers 4" bald im Kino heißt es. Doch wie definiert man "bald"? Jedenfalls habe ich mir in diesem Augenblick darüber keine Gedanken gemacht und willigte mit einem einfachen "Yes" ein. Daniel redete in schnellem Englisch, wovon ich vor Aufregung kein Wort verstand, mit den schwarz Männern, die daraufhin verschwanden. Er setzte mir eine Mütze schräg über das Gesicht auf und sagte mit einem dezenten Lächeln: "Cute." Doch als er meinen verwirrten Gesichtsausdruck sah, fügte er hinzu: "Only for your safety." Dann nahm er mein Handgelenk und lotste mich mit gesenktem Kopf durch die Menge, bis wir an in eine Seitenstraße einbogen und in einem recht unscheinbaren kleinen Cafe verschwanden. Er nahm mir meinen Mantel ab, grüßte vertraut hier und da jemanden, redete kurz mit einer Kellnerin, worauf ich dann die Treppen hinter Daniel hoch lief, bis er sich an einen kleinen niedlich aussehenden Tisch vor einem großen Fenster setzte. Man konnte auf die ganze Oxfordstreet sehen. Von draußen war es mir gar nicht aufgefallen! Staunend sah ich aus dem Fenster. Ich fühlte mich total abgehoben. Ich saß hier mit Daniel Jasson!!! Apropos, dachte ich und sah zu ihm hoch. Er hatte die Sonnenbrille abgelegt und lächelte mich an. Ich spürte wie meine Wange leicht erröteten und heiß wurden. "Oh", sagte er und nahm mir die Mütze ab, die mir schief ins Gesicht hing. Ich lächelte ihn verlegen an und hauchte dummerweise ein "Danke". Was aber gar nicht so dumm war, da er mich ein wenig verblüfft (mit seinen nun großgewordenen Augen) ansah und sagte: "Du bist Deutsche?" Mir blieb der Mund ein wenig offen stehen, baff von dem perfekten akzentfreiem Deutsch. Daniel Jasson.. spricht Deutsch? "Ja", sagte ich strahlend. Zwar auch, weil ich natürlich überrascht war, aber vor allem, weil mein Englisch nicht das Beste war. "Und warum bist du dann hier in London?" "Und warum bist du dann hier in London?", äffteten meine Gedanken nach, bis ich wieder in die Realität kam. "Ich bin, ich mache hier einen Austausch. Also ich bin bei einer Gastfamilie, aber nur für die restlichen Sommerferien, ähm, für vier Tage also noch", erklärte ich nervös und musste sofort etwas klären, was mir auf der Zunge brannte: "Woher kannst du Deutsch?" "Ich habe eine deutsche Tante und habe bei ihr die ersten fünf Jahre meines Lebens gewohnt, weil meine Eltern sehr viel auf Reisen waren und mir das nicht zumuten wollten. Na ja und auch als wir dann nach London gezogen sind, habe ich oft noch mit meiner Tante telefoniert. Nun ja, das Deutsch habe ich nicht verlernt, wie du riechst- äh hörst", sagte er und wir mussten lachen. Doch es folgte eine peinliche Stille. Glücklicherweise kam in diesem Moment die Kellnerin und brachte einen Milchkaffee und einen Latte Macchiato, der für mich war. Ich war schon ein wenig überrascht. Wir hatten gar nicht bestellt. Ich meine, ich hätte schon einen Latte Macchiato genommen oder vielleicht auch nur einen Kaffee oder so, aber- "Ich habe getippt, dass du ein Macchiato-Typ bist", erklärte er, als er meine irritierte Miene sah, "Stimmt es?" Ich lachte. Der Typ war- irre? Eher süß! Ein Schauer durchlief meinen Körper, mein Handy klingelte und mehrere Köpfe wandte sich zur mir um. Schließlich waren Handy im Bus verboten, doch ich konnte nicht widerstehen. Es war Dan. "Hi", sagte ich zuckersüß. "Hi Süße", grüßte er. "Can we speak Englisch, because I'm in the bus and I want to talk to you and not to- you know, the other twenty." Daniel lachte am anderen Ende. "So my little Actor, how are you?" "Good, you can't imagine-" Tututut. "Ich kann wirklich nicht 'imagine'", redete ich laut zu mir. Ich hatte kein Empfang mehr. "It was a nice time", sagte er und öffnete wiederum den Mund. Ich schüttelte den Kopf und lächelte. "Ich habe es schon verstanden", sagte ich und nahm ihm die Mütze aus der rechten Hand. Ich setzte sie mir schräg auf den Kopf. Meine braunen etwas gelockten Haare fielen darunter her auf meine Schultern. "Darf ich sie behalten?" "Klar", sagte er, nahm meine Hand und gab mir zu einem Überraschen einen Kuss auf die Wange. Ich fühlte in meiner Hand einen Zettel. Er machte "Shhh" und legte seinen Zeigefinger auf meine Lippen. Danach hatten wir uns noch einmal gesehen. Sehnsüchtig starrte ich zu Hause auf mein Handy. Endlich erschien "Daniel" auf dem Display. "Hi", sagte ich butterweich vor Glück. "Nun wieder auf Englisch?", fragte er mich mit seiner weichen tiefen Stimmen. "Nein, nein, ich bin zu Hause. Ich vermisse dich", beichtete ich. Er seufzte. "Ich dich auch, Süße, aber ich kann hier im Moment nicht weg. Ich glaube Add würde mich kielen!" "Du meinst 'killen' nicht kielen." (Mit 'Add' meinte er übrigens seinen Regisseur.) "Jaja, aber wir sehen uns doch schon bald", versuchte er mich aufzumuntern, was ich total süß fand. "Du hast ja recht. Bist du noch beim Dreh?" "Ja, wir müssen noch eine Szene. Leider. Ich denke es wird spät und deshalb wünsche ich dir jetzt eine gute Nacht, ja?" Ich machte einen Schmollmund, was er natürlich nicht sah: "Okay, gute Nacht." "Good Night, Honey, bye." "Bye, love you." Auf dem Zettel stand seine private Handynummer und das ich ihn unbedingt anrufen solle. Ich rief bei ihm an und wir verabredeten uns. Er holte mich bei meiner Gastfamilie ab und wir fuhren zum Dreh von "Magical Lovers". Ein Junge, Daniel Jasson, entdeckt, dass er magische Fähigkeiten hat und hat damit einige Probleme. Vor allem, weil seine Freundin sich langsam wegen seines merkwürdigen Verhaltens Sorgen macht. "Da ist Rachel Canfort", sagte er und deutete auf ein Mädchen mit außergewöhnlich schönen braunen Locken. "Meinst du, ich kann mit ihr reden?", fragte ich ihn schüchtern. "Klar, soll ich Vermittler spielen?", bot Daniel an. "Gerne", sagte ich und Daniel grüßte Rachel und redete kurz mit ihr. Dann stellte er mich vor und Rachel umarmte mich prompt. Es war schon lustig, wie ich dort mit zwei Superstars stand, wobei der eine als Dolmetscher diente. Rachel war unheimlich nett und wirklich gar nicht so eingebildet, wie sie auf manchen Bildern rüber kam. Im Gegenteil, sie wirkte eher ein wenig zurückhalten. Doch nach unserem kurzen Gespräch musste sie wieder in die Maske, der nächste Szenendreh stand an. "Musst du auch gehen?", fragte ich Daniel. "Nein, mein Einsatz ist erst in der übernächsten Szene. Wollen wir ins Bistro gehen?", wollte Daniel wissen. "Ja, gern." Wir liefen an zahlreichen Räumen vorbei. Alle waren hier sehr beschäftigt. Daniel achtete gar nicht mehr auf das hektische Chaos um ihn herum, klar, er war ein Profi und daran gewöhnt. Im Bistro erkannte ich noch mehr Schauspieler von "Magical Lovers". Mein Herz schlug schneller. Morgen Abend würde ich London verlassen und Daniel. Er würde mir sehr fehlen... "Morgen Abend musst du zurück?" "Ja", sagte ich kleinlaut und traurig. "Mein Flieger geht um 22.00 Uhr. Ich werde um 18.00 Uhr von meinen Gasteltern dorthin gefahren." "He", machte er mitfühlend und strich mir eine Strähne aus dem Gesicht, was mich wieder lächeln ließ. "So ist es besser und jetzt denken wir gar nicht daran. Ich hol uns mal was. Warte-", sagte er dann und überlegte sichtlich. "Sandwich mit Tomate, Salat, Käse und Schinken?" Ich lachte: "Fast, ohne Schinken, aber mit Salami." Daniel nickte lächelnd. Ein Schauer durchfuhr mich und meine Augen füllten sich mit Tränen. Ich wollte nicht weg. "Nun hör auf zu heulen", mahnte ich mich und wischte mir die Tränen aus den Augen. Genieße die Zeit, befahl ich mir. "Mum? Dad?" "Sophia! Was schreist du denn so?", rief plötzlich meine Schwester Mara zurück. "Ich versuche Hausaufgaben zu machen und Mum und Dad sind übrigens nicht da!" "Reg dich ab. Wohin sind sie denn und wann kommen sie wieder?", fragte ich und spielte mit einer Haarsträhne, die mir ständig ins Gesicht fiel. "Keine Ahnung", maulte Mara und verschwand wieder in ihrem Zimmer. Toll, dachte ich, dass ich packen muss und noch ein paar Sachen aus der Stadt brauche interessiert sie wohl gar nicht! Mir wurde plötzlich ganz heiß und mein Körper begann zu zittern, als Daniel seine Hand auf meine legte und unsere Finger miteinander spielten. Wir lächelten uns an. Ich könnte dahin schmelzen. "Ich werde dich wirklich vermissen", beichtete er. "Ich dich auch", hauchte ich ihm zurück. Meine Stimme war vibrierte und meine Lippen zitterten. Es war ein unglaubliche Gefühl. Daniel beugte sich zu mir und gab mir einen zärtlichen Kuss auf die Lippen. Meine Wangen wurden heiß und mein Blick klebte an seinem Gesicht. "Ich hab gleich leider einen Einsatz", sagte er leise und wir standen beide auf und verließen wortlos das Bistro. Wir liefen wieder durch das Chaos nach Draußen. "Ich hab dir einen Wagen kommen lassen", sagte Daniel. "Dann alles Gute und einen guten Flug", ergänzte er mit einer weichen Stimme. Ich hatte Mühe meine Tränen zurückzuhalten. Sei stark!! "Danke, ich sehe dich dann im Fernsehen", lachte ich und auch Daniel musste grinsen. Er legte seine Arme auf meine Taille, ich schlang meine Arme um seinen Hals und wir küssten uns. Doch ich wich danach wieder zurück, ich wusste, dass ich sonst anfangen würde zu weinen. Ich stieg in den "Wagen" (eher "Limosine") ein. Daniel Jasson steht vor den Auto und winkt mir zu. Zum letzten Mal warf ich noch einen Blick in sein Gesicht, bis es verschwand. Vor Nervosität konnte ich keinen klaren Gedanken fassen und meine Vokabeln konnte ich erst recht nicht lernen, dabei schrieben wir morgen noch einen Test und auch Mara, die alle zwei Minuten ankam und mich etwas in Englisch fragte, war weniger hilfreich. Ich war schon so zerstreut, dass ich mehrmals meinen Saft verschüttete, was fast mein Bild mit Daniel vernichtete hätte. "Zu Hause" brach ich in Tränen aus. Ich wusste nicht warum und auch meine Gasteltern waren sehr besorgt, doch ich wusste eines: Ich hatte mich in Daniel verliebt. In einen Superstar, der von Tausenden von Fans "geliebt" wurde. Ich konnte mich gar nicht auf meine Familie in Deutschland freuen, am liebsten hätte ich mich irgendwo versteckt... um bei Daniel zu bleiben... Ich packte am nächsten Tag, nach dem Mittagessen, meine Sachen, was mich ein wenig ablenkte und nur noch gelegentlich kullerten ein paar Tränen. Auch der Abschied bei meiner Familie fiel mir schwer, ich hatte vor allem meine Gastmutter sehr lieb gewonnen, was ich ihr auch offen bei meinem letzten Abendessen sagte. Danach wünschte ich ihr noch viel Glück, da sie in Umständen war. Um kurz vor sechs luden wir die Koffer ein, als plötzlich ein schwarzer Peugeot vor dem Haus hielt. Mein Herz pocherte. Das, das durfte doch nicht wahr sein, oder doch? "Daniel?", sagte ich leise. Daniel, Daniel Jasson stieg aus dem Auto und redete mit meinem Gastvater. Dann stieg der Chauffeur ebenfalls aus dem Auto und nahm die Koffer aus dem Auto meines Gastvaters. Daniel wandte sich zu mir. Ich fiel ihm um den Hals. Ich ließ meinen Freudentränen freien Lauf. "Was dagegen, wenn ich dich zum Flughafen bringe?", sagte er grinsend. Ich nickte ebenfalls grinsend und küsste ihn. Seine zarten Lippen spielten mit meinen. Ich war so glücklich, doch unwillkürlich rannten mir die Tränen die Wange runter. Daniel küsste meine Wange und strich danach mit dem Daumen darüber. Ich hatte Angst... ich hatte Angst ihm zu sagen, dass ich ihn liebe. Ich war doch nur ein "verliebter Fan" von tausend. Aber geküsst haben ihn sicherlich noch nicht tausend. "Ich werde dich vermissen", kam es mir leise und schüchtern über die Lippen. Mit der Zunge sprich ich mich leicht über die Lippen. "Ich werde dich auch vermissen", sagte er zu meinem Überraschen. Ich lächelte. Dann löste er sich aus der Umarmung und griff in eine Seitentasche seiner Jacke. "Für dich", sagte er und gab mir ein kleines Stück Papier. Ich drehte es irritiert um. Es war ein Foto von Daniel und mir, als wir und zum ersten Mal, im Bistro, küssten. Auf dem Foto klebte ein Herz, gebogen aus einer Büroklammer. Wie niedlich! "Es ist nicht sehr einfallsreich, aber-", begann er. "Woher hast du das?", fragte ich und freute mich innerlich riesig. "Na ja, ich hab Rachel gebeten ein Foto von uns zu machen, dass sie aber genau das machte, was nicht beabsichtigt", grinste er. "Wer's glaubt", hauchte ich ihm ins Ohr und küsste ihn dankbar. "Ich werde dich nicht vergessen." "Hey", sagte er mit einem verdutzten Gesichtsausdruck. "Glaubst du etwa, dass nun alles vorbei ist?" Ich sah ihn genauso verdutzt an. Was meinte er? Was hatte das zu bedeuten? "Wie? Aber Daniel, ich lebe in Deutschland und du hier in London, wie soll das gehen?", machte ich ihm klar. "Du fliegst einfach zu mir, oder ich besuche dich in Deutschland", meinte er, strich mir über die Oberarme und die Schultern, dann gab er mir einen Kuss. "Ich glaub wir fahren jetzt besser." Daniel legte seinen Arm um meine Hüfte und wir gingen zum Auto. Die Fahrt über war alles sehr still. Daniel saß mit mir hinten, während der Chauffeur fuhr. Ich versuchte krampfhaft meine Tränen unterdrückte. Ich sah unauffällig zu Daniel. Lässig lehnte er sich ans Fenster und sah wesentlich gefasster aus, als ich. Vielleicht musste er jegliche Emotionen wegen meiner Abreise gar nicht unterdrücken? Nein, sonst hätte er mich nicht abgeholt, sicherlich ist er einfach nur ein guter Schauspieler, dachte ich und musste unwillkürlich grinsen. Mein kleiner Schauspieler. "Hey, alles klar?", sagte er plötzlich durch die Stille und berührte meine Hand. Ich nickte. Es sah sicherlich blöd aus, wie ich dort saß. Verheult und lächelnd. Meine Hand, die er berührt hatte, zitterte immer noch, als wir am Flughafen ausstiegen. Gleich müsste ich ihm wieder "leb wohl" sagen, vielleicht sogar für immer. Eine Beziehung mit Daniel Jasson wird wohl kaum klappen. Nicht mit so einem einfachen Mädchen wie mir. Schweigend liefen wir nebeneinander her, bis ich einchecken musste. "Also, ich muss dann", begann ich. "Danke noch mal für das Geschenk, es ist total..ähm, cut!", strahlte ich. "Ich hoffe du meinst 'cute'", lachte Daniel. "Oh, ja, klar", nuschelte ich verlegen. "Was heißt das überhaupt?" Daniel sah mir tief in die Augen und gab mir einen leidenschaftlichen langen Kuss. "Das bedeutet es", sagte er leise. Unsere Nasen berührte sich fast. "Bye", hauchte ich ihm zu, drehte mich um, nahm meinen Koffer und ging. Ich wusste, wenn ich den Abschied noch länger hinauszögern würde, dann würde es mir nur noch schwerer fallen. Ich drehte mich noch ein letztes Mal um, um ihm zu winken. Daniel stand unverändert und regungslos da, dann winkte er mir und gab mir einen Luftkuss. Ich lächelte gerührt und wand mich wieder um. Nein, dass werde ich nie, nie vergessen. Ich lag auf meinem Bett. Ich war damals wirklich naiv. Vor allem weil ich ein paar Tage nach meiner Ankunft ein Flugticket in meinem Postkasten fand. Ein Hinflug für Freitagnachmittag, ein Rückflug für Sonntagabend. Ich war so glücklich, wie man sich vorstellen kann, doch nicht lange. Ich war regelrecht geschockt, als ich uns küssend auf der Titelseiten einer Teenyzeitschrift sah. Na ja, aber daran hab ich mich fast schon gewöhnt. Wie gesagt, fast. Kapitel 2: Familienbande ------------------------ Tach tach, als Weihnachtsgeschenk hier ein paar Kapitelchen (hat das Christkind gebracht ^^). Viel Spaß, eure *Fane* und vergesst die Kommis net ^^ *verbeug* "Kommst wenigstens mit?", fragte Alice mich genervt. Sie versuchte vergeblich jemanden für die Party am Sonntag bei ihrer Cousine aufzutreiben. Leider waren alle schon verabredet. "Alice, du weißt doch, dass ich heute nach London fliege", sagte ich mit schonender Stimme. "Du weißt doch, dass ich heute nach London fliege", plapperte sie mir nach. "Blabla, warum ziehst du nicht sofort zu deinem Macker?!" "Jetzt lass doch deine schlechte Laune nicht an mir aus", fauchte ich zurück, obwohl ich wusste, dass sie das nicht so gemeint hatte. "Ich komme wieder, wenn du bessere Laune hast." "Sophia, warte!", sagte sie schnell und hielt mich an der Hand fest. Ich blieb stehen und setzte mich wieder zu ihr. "Das war doch nicht so gemeint. Ich gönn dir Mr. Jason ja. Nur wir sehen uns so wenig. An fast jedem Wochenende bist du dort und ich sehe dich nicht und unter der Woche müssen wir Hausaufgaben machen", schmollte Alice. Ich nahm Alice in den Arm: "Ich kann dich ja verstehen, aber was soll ich denn tun? Dan wohnt eben nicht hier. Ich mach dir einen Vorschlag, wie wäre es, wenn ich Daniel frag, ob er mir demnächst nur Flugtickets schicken kann, wo ich erst Freitagabend fliege. Freitagnachmittag können wir uns dann treffen, wenn ich die Hausaufgaben fertig habe. Vielleicht können wir sie auch zusammen machen, dann geht das sicher noch schneller, was hältst du davon?" Alice' Augen strahlten und sie umarmte mich stürmisch: "Du bist die Größte!" "Meinst du? Ich dachte wir wären gleich groß", warf ich ein und wir fingen mit der Pausenklingel an zu lachen. "Viel Spaß, Schatz und pass auf dich auf. Ich soll dich auch von Papa grüßen, der dürfte jetzt in Moskau gelandet sein", sagte meine Mutter und gab mir einen Kuss auf die Stirn. "Mum, ich fliege jetzt schon, dass dritte Mal zu Daniel und-" "Ich mach mir eben Sorgen. Fliegen und vor allem London sind sehr gefährlich. Machs gut", sagte sie und umarmte mich lächelnd. Ich konnte nach der Kontrolle direkt einchecken, da meine Mum mal wieder etwas spät dran gewesen war. Mir blieb ständiges Geflüster von allen Seiten nicht erspart. Auch nicht im Flugzeug. "Entschuldigung, aber bist du nicht die Freundin von Daniel Jason?", fragte mich ein rothaariges Mädchen etwa in meinem Alter, das neben mir saß. Ich sah von meiner Zeitschrift hoch und nicke ein wenig genervt lächelnd. Das Mädchen grinste breit und hielt mir einen Schreibblock hin: "Kann ich ein Autogramm haben?" Ich fiel aus allen Wolken. Bitte wie?? "Was? Ein Autogramm? Von mir?" Das Mädchen nickte erwartungsvoll und schob den Block etwas näher zu mir hin. Ich nahm in und schrieb in meiner Krakelschrift "Sophia" und malte unwillkürlich ein Herz darum. "Oh, vielen vielen Dank", freute sich das Mädchen und durch ihre übermäßige Freude durfte ich dann noch sechs Autogramme für ihre Freundinnen schreiben. "Dan, du weißt ja nicht was mir passiert ist!", plapperte ich nach einem langen Kuss los. "Nein, aber können wir das im Wagen machen, ich glaube nämlich kaum, dass diese Fotographen sich nur für meine Schuhe interessieren", bemerkte Daniel lächelnd. Ich sah mich unauffällig um. In meiner ganzen Vorfreude Daniel zu sehen, hatte ich sämtliches Blitzgewitter gar nicht auf uns bezogen. Daniel führte mich in den Wagen, dessen Scheiben abgedunkelt war, weshalb wir uns dort ausgiebig küssten. "Ein Mädchen wollte im Flugzeug von mir ein, nein, insgesamt genau sieben Autogramme. Ich dachte ich höre nicht richtig!", sagte ich total fassungslos. Daniel wuschelte mir durch die Haare: "Du bist mir eine! Wenn ich mich jedes Mal so freuen würde, käme ich aus dem Freuen gar nicht mehr heraus." "Angeber", sagte ich, zog die Nase hoch und gab ihm einen sanften Kuss. "Ach Danny", fiel mir ein, "Kann ich das nächste Mal erst Freitagabend fliegen?" Daniel sah mich ein wenig schmollend, aber auch fragend an. "Meine Freundin will mehr Zeit mit mir verbringen und da ich am Wochenende ja immer dich sehe, du weißt was ich meine. Geht das in Ordnung?" ""Kein Problem, aber-", stoppte er, als der Chauffeur eine Vollbremsung machte und wir mit dem Oberkörper nach vorne nickten. Knapp an ihnen vorbei war ein Geisterfahrer gerauscht, weshalb der Chauffeur auf den Seitenstreifen auswich und bremste. Mehrere Geisterfahrer fuhren an ihnen vorbei. Chaos herrschte auf der Autobahn. Unfälle, ausweichende Autos und ein fast voller Seitenstreifen. Daniel redete mit dem Chauffeur. Ich machte das Fenster halb offen und blickte auf die Straße. Ein schrecklicher Anblick. Irgendwo weiter weg schien es auch zu brennen, so roch es jedenfalls. Der Chauffeur telefonierte. Mir war mulmig und ein fahles, leeres und vor allem ängstliches Gefühl machte sich in meinen Eingeweiden breit. "... pass auf dich auf ..." "... und vor allem London ist sehr gefährlich.", erinnerte ich mich an die Worte meiner Mutter. Würde ich Daniel jemals wieder sehen, wenn jetzt etwas passieren würde? Wenn ein anderes Auto in die Seite dieses Wagens knallen würde?? Daniel setzte sich wieder zu mir auf die Rückbank. "Was ist?", sagte ich und hoffte, dass ich nicht zu verschreckt oder (was noch schlimmer war) bleich aussah. "Wir laufen jetzt kurz durch das Waldstück, bis zur nächst befahrbaren Straße. Dort werde ich dann einen neuen Wagen anfordern. Wir müssen uns aber beeilen, da es langsam dämmert", erklärte Dan mir. Ich schluckte. Im Dunklen im Wald? Alleine? Ich setzte mich etwas seitlich, damit der Schatten der Laternen mein Gesicht ein wenig verdeckte. "Was ist mit dem Chauffeur?", sorgte ich mich. "Der bleibt hier und fährt los, sobald es sich die Straße beruhigt oder er kommt nach", sagte Dan und regte den Hals. "Ich glaube eher letzteres." Ich sah hoch und sah und hörte wie ein Auto in das Auto vor uns krachte. "Komm", sagte Daniel bestimmend und stieg aus. Wir liefen durch den Wald, immer geradeaus. Leider hatte keiner von uns eine Uhr dabei, weshalb wir das Zeitgefühl verloren. "Wollen wir eine Pause machen?", bot Daniel an. Doch ich schüttelte nur den Kopf und sah auf den Boden. Ich fühlte mich einfach nur schlecht. Dieses leere Magengefühl hatte weiterhin angehalten. Plötzlich berührte ich Daniels Hand, welche ich dann auch zärtlich umschloss. Es gab mir Sicherheit und das Gefühl nicht alleine zu sein. Ich kann nicht abschätzen, wann wir endlich auf die schwach beleuchtete Straße kamen. Doch sicher war (am Himmel zu urteilen), das es sicher mehrere Stunden waren. Wir liefen die Straße entlang, während Daniel telefonierte. Mir war kalt und irgendwie übel. "Am besten wir warten hier", sagte Dan nach dem Telefonat. "Wir fahren dann zu mir nach Hause." Ich sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. Das letzten Male waren wir wegen seinen Drehs immer in Hotels gewesen, was mich neugierig auf sein zu Hause machte. "Wohnst du allein?" Daniel schnaubte kurz. "Na ja, wenn meine Eltern dann mal da sind, bin ich meistens nicht da. Wir sehen uns eigentlich kaum, außer natürlich Weihnachten, Ostern und so. Ich hoffe vor allem, dass sie wenigstens nächste Woche Samstag kommen können!" "An deinem 18.?", vergewisserte ich mich. Dan nickte. "Darüber wollte ich auch noch mal mit dir reden. Könntest du mir ein wenig bei dem Organisatorischen helfen. Es werden sicher einige Leute kommen und ich finde, dass Dekoration eher Frauensache ist", war Dans Begründung und rechtfertigte sich sofort: "Na ja, ich würde blau, pink und schwarz kombinieren." Ich lachte und gab ihm einen Klaps auf den Hinterkopf: "Spinner!" "Also?" "Klar mache ich's. Wie viel Leute sollen denn kommen?", wollte ich wissen. "Eingeladen sind, glaube ich, um die neunzig, zugesagt haben aber erst sechzig oder so." "Das nennst du, 'einige Leute'", warf ich ihm vor. Daniel zuckte grinsend mit den Schultern, als der Wagen um die Ecke bog. Es war überragend, ich war total beeindruckt, von Daniels "Haus". Es war ein eher kleineres Grundstück von Mauern und einem großen Tor abgegrenzt. Die Villa war weiß und sah schwer nach Marmor aus. Ein Tulpengarten zierte den Weg zur Villa. Natürlich war es schon ein wenig zu dunkel um alles genau zu erkennen können, doch durch die Lampen fiel mir noch ein plätschernder Springbrunnen neben der Eingangsterrasse auf. Ich staunte nicht schlecht, als Daniel mich ins Schlafzimmer führte. Ein Himmelbett! Und das für einen Jungen? "Ich zeige dir morgen alles, ja? Ich denke, dass wir jetzt erstmal schlafen sollten. Wir können unten noch eben etwas essen gehen", bot Daniel mir an. Ich schüttelte nur leicht den Kopf und ließ mich total geschafft aufs Bett sinken, als mir schmerzlich klar wurde, dass meine Koffer und somit auch meine Kleidungsstücke in dem Auto waren. "Ich hab gar nichts zum Anziehen!" Daniel öffnete den zweiten Kleiderschrank, neben seinen, wie ich vermutete, der zur Hälfte mit Kleidern und anderen Sachen gefüllt waren. "Ich wusste gar nicht, dass du eine Schwester hast, die dazu noch mit dir in einem Bett schläft", witzelte ich. "Nein, die sind natürlich für dich. Ich dachte, wenn dir die Sachen gefallen und passen müsstest du nicht immer packen und Koffer mit hierher bringen." Gerührt neigte ich den Kopf nach rechts, presste die Lippen ein wenig auf einander und küsste Daniel. Dann ging ich zum Kleiderschrank und suchte mir etwas zum Schlafen raus (ein gelbes eigentlich ganzes süßes Nachthemd) und ging in das direkt angrenzende Badezimmer, während sich Daniel im Schlafzimmer umzog. Warum zog ich mich eigentlich nicht mit Daniel um?, fragte ich mich. Schließlich waren wir zusammen. Ich konnte mir meine Scham nicht erklären und begutachtete das hell erstrahlende Badezimmer mit eine Art Kronleuchter in der Mitte der Decke. Eine überdurchschnittlich große Badewanne war der ganze Blickfang des Badezimmers. Ich konnte es mir nicht genug ins Gedächtnis rufen, dass dieses Badezimmer ungewöhnlicherweise einem Jungen gehörte!! Ich ging ausgiebig gähnend aus dem Bad und durchwuschelte ein wenig meine langen Haare, als Daniel mich umarmte. Ich ließ mich ein wenig erschöpft auf ihn fallen und wir küssten uns. Meine Füße schmerzten plötzlich höllisch. "Lass uns schlafen gehen", flüsterte er, der nur eine Boxershorts und ein normales weißes T-Shirt trug. "Ich muss aber noch mal runter, hören, was mit dem Chauffeur ist", erklärte er und verließ das Zimmer. Ich stand von der Bettkante auf, auf die ich mich kurzzeitig gesetzt hatte, und lief zum Fenster. Mit der rechten Hand schob ich den Vorhang zur Seite. Der Garten war in das helle Licht des schönen Vollmondes getaucht. Ob Daniel überhaupt mit mir in einem Bett geschlafen hatte, wusste ich nicht, da ich am Abend, wie am morgen, schon und noch geschlafen hatte. Wach gekitzelt von den Londoner Sonnenstrahlen ging ich mich im Bad waschen, zog eine Shorts und ein Top an und verließ suchend das Zimmer. Vielleicht konnte ich irgendwo in den tausend Zimmern meinen Schatz aufgabeln, im Endeffekt fühlte ich mich total hilflos, wie ein kleines Kind, dass ihre Mama verloren hatte, dachte ich grinsend. Ich irrte in dem Haus bis mir eine Bedienstete verdeutlichte (wie gesagt, mein Englisch war nicht das Beste, auch, wenn ich jetzt schon das dritte mal hier war!), dass Mr. Jason wohl unten sei. Ich lief eine der vielen Treppen runter und folgte, mein Magen knurrte, dem leckeren Geruch, der mich in die Küche führte, wo Daniel in einem perfekten weißen Hemd und einer schicken schwarzen Hose am Frühstückstisch saß, Kaffee trank und Zeitung las. "Sophia, guten Morgen. Sorry, aber ich wollte dich nicht wecken. Ich hoffe, du hast nicht zu lange gesucht", sagte er und gab mir einen Kuss auf die Wange, als ich mich zu ihm runter beugte. "Ich hatte heute Morgen noch einen Termin. Willst du erst die gute oder die schlechte Nachricht?", bot mir Daniel an. "Die Schlechte", wählte ich über den Kaffeerand aus. "Dem Chauffeur ist bis auf ein paar Kratzer nichts passiert, die er von einer Explosion von einem umliegenden Auto hatte, danach ist er auch in den Wald geflüchtet." Ich atmete tief. "Gott sei dank! Aber meine Sachen sind wohl jetzt schon verbrannt oder gestohlen", bemerkte ich, obwohl mir meine paar T-Shirts und Jeans in diesem Augenblick weniger wichtig waren. "Ja leider, aber ich habe ja noch eine gute Nachricht. Ich habe Dreh- und insbesondere Interview freies Wochenende!" Natürlich störte es schon, wenn Daniel zu ständig zu irgendwelchen Fotoshoutings musste, oder so, was ich ihm aber nie gesagt hatte, weil ich einfach immer froh war ihn zu sehen. "Was machen wir denn dann heute?", wollte ich wissen. "Gleich kommen ein paar Leute, die mit uns meinen Geburtstag organisieren. Könntest du deine Dekorvorschläge dann mit der Dekorateurin absprechen? Danach machen wir dann was zusammen." Danach war gut. Das organisieren dauerte schon seine Zeit. Ich schlug Ingrid, so hieß die Dekorateurin, eine Dekoration mit Blumen und vielen Gelb- und Orangetönen, was wir sofort mit Papier und Stift planten. Sie schrieb alle Ideen auf und wir schätzten ab, wie viele bedruckte Servietten etc. wir brauchten. Dan machte einen fast wahnsinnig, da er fast die ganze Zeit telefonierend durch das Haus lief und dem übrigen Organisationskommando zwischen durch noch Sachen erklärte. Es wurde später Nachmittag, als wir fast alles Organisatorische bewältigt hatten. Gegen sechs aßen Daniel und ich schließlich zu Abend, wobei er merkte wie enttäuscht ich von dem Tag war, wir hatten kaum miteinander geredet, geschweige denn viel Zeit gehabt und morgen Abend flog ich schon wieder zurück. "Guck nicht so traurig, ich habe dir versprochen, dass wir heute etwas zusammen machen und das tun wir auch!", verdeutlichte er und ich sah von meinem Teller hoch. "Wie wär's, wenn wir heute Abend in einen Club gehen, hast du Lust?" "Klar! Gerne!", stimmte ich sofort begeistert zu. Fragend stand ich ein paar Minuten später vor dem, von Daniel gefülltem, Schrank. Rot? Hellgrün? Ich nahm das hellgrüne Kleid aus dem Schrank und zog es über. Ich sah mich kritisch im Spiegel an und ich fand, dass ich irgendwie dick darin aussah. Es war ein betonendes Spagettiträgerkleid, das wadenlang war und unten schräg abgeschnitten. Es glänzte seidig. Ich beschloss es vorerst zu tragen und kümmerte mich um meine Haare, die ich nur mit etwas Haarspray versah. Ich war so aufgeregt, dass ich den Lipgloss kaum gerade über meine Lippen streichen konnte. Ich ging mit Daniel Jason aus!, rief ich mir ins Gedächtnis und grinste in mich hinein, als wir Hand in Hand in den Peugeot stiegen. Fasziniert sah ich auf die wunderschön beleuchteten Londoner Straßen. Die Müdigkeit überkam mich ein wenig, doch ich wusste, dass das ganz anders sein würde, wenn wir im Club ankommen würden. "Wann machst du eigentlich deine Fahrprüfung?", fiel mir ein. Dan wandte sich zu mir: "Die theoretische Prüfung hab ich ja schon und die Praktische mache ich Freitag morgen." Ich grinste: "Dann bist du aber immer noch 17", neckte ich ihn. "Der Fahrlehrer hat ein Auge zugedrückt, aber den Führerschein darf ich mir aber erst Samstagmorgen abholen." "Dan? Dort ist der Eingang!", wies ich daraufhin und deutete nach links, als Dan in eine Seitengasse einbog. Daniel lachte. "Glaubst du wir, wir zwei, spazieren durch den Haupeingang?" Ich begriff erst am Hintereingang, dass Dan, Daniel Jason war und nun mal nicht einfach (zumindest nicht einfach ohne Bodyguard) durch den Haupteingang laufen könne. Im Club war alles Dunkel, nur ein paar Discolichter und ohrenbetäubend laute Musik. Ich musste mir in diesen Momenten eingestehen, dass ich noch nie in einer Disco war. Würde Dan mich auslachen? "Schön hier, oder?", schrie er, dann zog er mich zu einem der Nebenräume, wo viele kleinere Bars waren. "Ich bin oft hier, wenn ich keine Drehs habe. Hier wurde ich noch nie entdeckt, weil es hier überall so stockduster ist und die Barkeeper sind meistens Ausländer", sagte er dann wieder mit normaler Stimme. "Ähm, mit wem warst du denn hier? Ich meine, also, alleine äh oder-", brach ich ab und sah zur Seite. Mir waren persönliche Fragen irgendwie peinlich, wurde mir bewusst und ich biss mir auf die Lippen. Daniel nahm meine Hand, gab mir spontan einen Kuss auf die Wange und lächelte mich an: "Bist du süß!" Ich sah ihn ein wenig irritiert lächelnd an. Er blickte mich sanft an: "Ich hatte vorher noch vier andere Freundinnen, doch leider nur für maximal drei Monate. Es war schwer mit meiner Schauspielerei zu vereinbaren, obwohl wir uns jeden Tag sehen konnten, sie wohnten in London und Umgebung." Ich sah auf den Boden. Wenn diese Beziehungen nur maximal drei Monate hielte, wie ist das dann mit mir?, überlegte ich. Wir sahen uns nur am Wochenende. Wie soll das funktionieren, wenn ich im Ausland lebe? "Lass uns tanzen!", wechselte Dan, offensichtlich peinlich berührt, das Thema und zog mich an der Hand auf die Tanzfläche und schaute urplötzlich nach hinten. "Übrigens, du siehst toll aus." Wir tanzten in die Nacht hinein. Den Schmerz meiner Füße und Beine wurden von Dans Zärtlichkeit übertönt. Ich fühlte mich abgehoben, so als wäre alles nicht wahr, nur ein Traum. Nur ein kleiner Traumfetzen in mitten eines langen wunderschönen Traums. Ich erwachte erst wieder aus dem Traum, als Dan mich von der Tanzfläche führte und wir uns erschöpft auf die Barhocker fallen ließen und etwas zu trinken bestellten. Erst jetzt erinnerte ich mich wieder an unser Gespräch. Ich versuchte ernsthaft das Thema zu verdrängen. Nein!, sagte ich mir, dass, was ich gerade empfunden habe, ist stärker, als Dans Terminkalender! Ich sah ihn an und lächelnd gezwungen. Wir lieben uns doch und nur das zählt! Müde lehnte ich mich im Auto an Daniels Schulter. Zärtlich strich er mir mit seiner Hand über mein Gesicht und durch meine Haare. Ich genoss seine Zärtlichkeit und seine Wärme sehr, doch ich musste meine Tränen gewaltig unterdrücken. "Daniel", sagte ich blitzartig, mich überwältigte das schlechte Gewissen und ich setzte mich wieder auf. "Meinst du", begann ich, doch fand nicht die richtigen Worte für meine Empfindung. "Glaubst du, dass unsere Beziehung eine Zukunft hat?" Daniel reckte seinen Kopf hoch und sah mich entgeistert an. "Siehst du das so?", sagte er mit ruhiger Stimme. Ich sah auf die beleuchtete Straße. Was sollte ich ihm antworten? Ich war verunsichert, ob ich mit dieser Beziehung wirklich das Richtige getan hatte. Es war, ist und wird nicht einfach! "Ich, ich weiß nicht", formten meine Lippen langsam. "Hey", sagte er, nahm mein Kinn und unsere Lippen berührten sich kurz, "daran darfst du gar nicht denken, ja? Nur weil ich es mit den anderen Schnepfen nicht mehr als drei Monate ausgehalten habe, muss das mit dir nicht genauso sein", meinte er lächelnd, dann verfinsterte sich sein Gesicht wieder, "Mal ehrlich. Zweifelst du an unsere Beziehung?" In mir explodierte eine hagre Gefühlswelle. Es schauderte mich, meine Lippen zitterten, meine Tränen flossen unaufhaltsam und meine Antwort lag tief im Dunklen. Ich konnte nichts sagen. Sollte ich ihm etwa sagen, dass ich an seiner Liebe zweifle? Ich wusste ja noch nicht mal, ob ich das wirklich tue!! Ich empfand nur ein undefinierbares kribbelndes, aber unangenehmes, Gefühl in der Magengegend. Als ich am nächsten Morgen im Himmelbett aufwachte, spürte ich Daniels Wade an meinem Knie. Ich starrte zur Decke und mir wurde unsere Beziehungsgespräch des letzten Abends bewusst. Ich drehte meinen Kopf langsam nach links. Daniel schlief und sein Atem kitzelte meine Haut. Er sah nicht aus wie ein berühmter Star, nachts, schlafend, war einfach nur Daniel Jason, mein Freund und nicht Daniel Jason der Superstar! Er wirkte unschuldig und wie ein Pandabär. Seine weichen Wangen schmiegten sich in das cremeweiße Kissen. Ich beobachtete ihn lange. Die Sonnenstrahlen glänzten stärker auf die goldgelbe Wand. Ich strich mit meiner Nase über seine, schob die Decke zur Seite und kroch leise aus dem Bett. Da ich mich nicht umgezogen hatte, spazierte ich immer noch in einem T-Shirt und einer Boxershorts von Daniel in der Villa herum. Es roch nach ihm, ich fühlte mich sehr wohl. Ich ging den langen Flur nach links und öffnete die letzte Tür des Gangs. Ein kleiner Flur von dem nur eine große Tür ausging befand sich dahinter. Ich öffnete sie geräuschlos. Ich riss die Augen auf. Ein Whirlpool! Ich schlich, leise wie eine Katze, hinein, dann setzte ich mich an den Beckenrand und planschte mit den Füßen darin. Die Sonne spiegelte sich mit schönen Mustern, indem von mir ein wenig aufgewirbelten Wasser. Ich spritzte mir ein wenig Wasser ins Gesicht. Der ganze Raum erstrahlte in schönen Apricot-, Orange-, Rosa- und Gelbtönen. Ich vermutete, dass Daniels Mutter eine Vorliebe für diese Farben hegte. Ich ging zu den wandgroßen Fenstern und blickte auf den Hinterhof. Eine Terrasse, fast wie vorn am Eingang, ein wenig Wiese und ein großer Pool und ein "Wald". Mich überkam das Bedürfnis genau dort auf der Terrasse nun zu sitzen, mich in einer der Liegen zu kuscheln und dort auf die beleuchtete Wiese unter blauem Himmel zu sehen. Sofort stürmte ich runter. Diese Vorstellung ließ mich nicht los. (Fast) Problemlos fand ich den Weg zur Terrasse und kauerte mich auf eine bequeme Liege. Es war so angenehm, wie es mir vorgestellt hatte. Wie ein Traum. Ich blinzelte in die Helligkeit. Dan kniete neben der Liege und lächelte mich an. Ich streckte mich und lächelte ihn auch an. "Hast du hier besser geschlafen, als bei mir?" "Ha, ha", sagte ich trocken, "nein, ich war heute Morgen so früh wach und weil du noch geschlafen hast, bin ich schon mal aufgestanden. Wie viel Uhr haben wir jetzt?", fragte ich beiläufig, da ich Hunger verspürte. "Kurz nach Zwölf." "Oh", stieß ich hervor, "na ja, war gestern aber auch ganz schön spät." Ich spürte die Spannungen, die zwischen uns herrschten. Jeder Blick, jedes Lächeln fühlte sich seit gestern Abend merkwürdig steif an. "Du kannst ja etwas essen gehen und dich fertig machen, ich habe noch einen Termin. Dauert sicher nicht lange", sagte er und küsste meine Wange. Ich stapfte hoch in Dans Zimmer. Mittlerweile fand ich den Weg ohne mich zu verlaufen. Plötzlich klopfte es an die Zimmertür, während ich vorm Schrank stand und mit etwas zum Anziehen aussuchte, ich öffnete die Tür und eine Bedienstete gab mir den Telefonhörer. "It's for you, it's your mum." "Thank you very much", sagte ich und nahm überrascht den Hörer. "Hi Mama, warum rufst du denn an?" "Ich hab mir große Sorgen gemacht!", hörte ich die empörte Stimme meiner Mutter am anderen Ende. "Warum?" "Na der Geisterfahrerüberfall in London! Das stand in allen Zeitungen und auch etwas von Daniel Jasons Limousine, die wohl zu Schaden gekommen wäre und so, aber euch geht's gut?" "Ja, wir sind aus dem Auto gestiegen und durch den Wald neben der Autobahn gelaufen und wurden dann abgeholt. Der Chauffeur hat nur etwas abgekriegt. Glaub mir, Daniel passt gut auf mich auf." "Ja, Schatz, ich glaube dir ja, aber du hättest mich ruhig anrufen können!" "Stimmt, tut mir Leid, aber mein Handy war ja in dem Wagen und die ist ja mit abgebrannt. Nächste Mal melde ich mich", versprach ich. "Gut, dann bis heute Abend, grüß Daniel von mir, tschüß." "Mama?", sagte ich dann plötzlich noch und sie hatte auch noch nicht aufgelegt. "Woher hast du Daniels Privatnummer?" "Der Manager von Daniel hatte mich angerufen, um vorläufige Entwarnung zu geben, aber da er bis zu dem Zeitpunkt noch nichts Genaueres wusste, hat er mir die Telefonnummer von Daniel gegeben. Er hatte wohl noch viel zu tun und kaum Zeit sich darum zu kümmern", erklärte Mama mir. "Aha", sagte ich nur. Eigentlich wollte ich es vermeiden, dass meine Mutter an Dans Nummer von zu Hause kam, sie sollte schließlich nicht alle halbe Stunde hier anrufen, weil sie sich Sorgen machte, was ich ihr dann auch sagte. "Sophia! Also wirklich. Du bist doch keine drei mehr, obwohl, eine lustige Idee ist das schon." "Mama!", mahnte ich sie und ließ mich aufs Bett plumpsen. "Ich mach jetzt Schluss, grüß Dad und Mara von mir, bis heute Abend, tschüß." Ich machte mir meine Haare, die ich zu einem seitlichen Zopf flocht, der mir über die Schulter fiel, nachdem ich mir ein Top in Orange mit einem glänzenden Schmetterling und einen schwarzen Rock angezogen hatte. Dazu zog ich ein wenig erhöhte helle Sandalen an. Ich besah mich im Spiegel und am liebsten hätte ich mich umgezogen, weil ich es viel zu schick fand, aber mein Hunger zog mich in die Küche. Daniel stapfte schon nach einer Stunde, klitschnass durch den Dauerregen, in die Küche, wo ich gerade fertig mit Essen war. "Na, Wassermann", lachte ich bei seinem Anblick. Eines Stars nicht gerade würdig. Er gab mir lächelnd einen kurzen Kuss und meinte ein wenig außer Atem: "Ich zieh mich nur schnell um und dann hab ich noch eine Überraschung für dich." Gespannt wartete ich in dem Empfangszimmer, direkt neben dem Eingang. Das Zimmer bestand aus einer herrlich bequemen Coach und vielen Gemälden, Vasen und Statuen. Was Dan wohl vor hatte? Endlich kam er. "Und was machen wir?" "Ich habe VIP-Karten für", grinste Daniel geheimnisvoll und legte ein Pause ein, "Marcy Fort." Mir klappte der Mund unwillkürlich ein wenig auf. Woher wusste er, dass ich Marcy Fort, meiner Meinung nach einer der besten Schauspielerinnen aller Zeiten, schon immer super fand? "Welches Stück?", fragte ich sofort. "Ühm", machte er und sah auf die Karten, die er hinter seinem Rücken versteckt hatte, "Ki Rich." Ich umarmte ihn überglücklich, eines meiner Lieblingsstücke!! Ki Rich ist eine Kubanerin, die durch einer Verkettung glücklicher Zufälle als Schauspielerin in einer New Yorker Tragödie landet, was sich dann aber als Flop herausstellt. Kaum ist sie einen Tag in New York, wird sie gefeuert, aus unempfindlichen Gründen. Sie kann nicht nach Kuba zurück, da sie kein Geld für den Rückflug besitzt, der Hinflug wurde ja von ihren Ex-Arbeitsgebern bezahlt. Sie schlägt sich durch und spart jeden Cent bei all ihren Jobs, bis sie all das Geld zusammen hat. Als sie endlich in ihrem Elternhaus in Kuba ankommt, verschlägt es ihr die Sprache. Durch einen Bürgerkrieg ist ihre ganze Familie gestorben und ihr Elternhaus abgebrannt. Ki Rich begräbt ihre Familie und bleibt für immer in Kuba und zieht dort ihre Kinder groß. Ich liebte diesen Film, auch wenn er eigentlich ein trauriges Ende hat. Marcy Fort hatte ich in vielen Filmen im Fernsehen gesehen, doch bisher hatte ich nie Gelegenheit sie in einem echten Theaterstück zu sehen, wofür sie auch berühmt war. Plötzlich stoppte der Chauffeur. "Rachel kommt mit, ist doch okay, oder?", sagte Daniel schnell und stieg aus, um sie zu begrüßen. Mit gemischten Gefühlen tat ich es ihm gleich. Ich mochte Rachel und hatte auch eigentlich nichts dagegen etwas Zeit mit ihr zu verbringen, aber am liebsten hätte ich unseren letzten Nachmittag lieber nur mit Daniel verbracht. "D'you like it?", sprach mich Rachel in der Theaterpause plötzlich an. "Yes, very much. And you?" Rachel nickte und deutete an, dass sie wohl den Herrn neben ihr kannte und mit ihm reden wollte. Ich nickte verständnisvoll und blieb sitzen. Daniel war etwas zu trinken holen. Plötzlich fiel mir ein Zettel auf den Schoss. "Turn around", stand drauf. Ich überlegte kurz, was das wohl heißen mochte und sah über meine Schulter, als ich warme Lippen auf meinen spürte. Doch es war nicht Daniel. "You are Jason's girlfriend, aren't you?", sagte er mit einem schiefen Lächeln und küsste mich wieder. Es flimmerte wie vor meinen Augen. Es war wie in Zeitlupe, doch es geschah rasend schnell. Gläser schepperten kurz hinter ihr auf den Marmorboden. Daniels Faust traf die des Jungens hinter mir im Gesicht. Seine Nase blutete. Er holte aus, erwischte Daniels Gesicht. Bis ein paar Leute sie auseinander zogen. Kurzes Blitzlichtgewitter. Plötzlich war alles still. "D'you wanna kill me?", rief er in seiner Empörung. "Nein, aber wenn du nicht still hältst, tut es nur noch mehr weh!", rief ich zurück, als ich sein Kinn verarztete. "Das ist morgen in jeder Zeitung", sagte Daniel leise. Ich nickte ein wenig unsicher und klebte ihm ein großes Pflaster auf seine weiche Haut. "Fertig", hauchte ich und Daniel küsste mich innig. "Es tut mir Leid, dass ich dir den Tag so verdorben habe, aber als ich gesehen hatte wie der Typ dich-" Ich legte meinen Zeigefinger auf seine warmen Lippen. "Schon okay", formten meine Lippen, die dann seine trafen. Daniel behielt mehr als Recht. Denn was ich am Montagmorgen in der Lokalzeitung fand, verschlug mir die Sprache. Ein großes Foto von Daniel im Theater mit aber eher kurzem Bericht: Daniel Jason, der bekannte Hauptdarsteller aus "Magical Lovers", besuchte am gestrigen Sonntag zusammen mit seiner Freundin Sophia die Theaterhalle von Marcy Fort, um sich das Stück "Ki Rich" anzusehen. Dabei jedoch musste er einen ungestümen Liebhaber seiner Freundin Sophia ebenfalls ungestüm und gewaltvoll aus dem Weg räumen. ... Ich legte die Zeitung beiseite. "Hi Alice", grüßte ich sie strahlend. "Hallo", sagte sie, ohne mich anzusehen. Sie schrieb weiter auf ihrem Block. Ich setzte mich zu ihr. "Äh, Alice, bist du sauer?" Sie schüttelte leicht den Kopf. "Gut, ich dachte-" "Nur genervt!" "W-Wie?", fragte ich verwundert nach. "Du hängst nur noch bei Dani-Boy rum und deinem High-Society-Zeug. Du bist doch nur mit ihm zusammen, weil du berühmt werden willst! Gib's doch zu! Und die Prügelei war sich inszeniert, damit Miss Sophia Jason bloß in die Zeitung kommt!", warf Alice mir lauthals vor. Ich war fast wie betäubt, aber brodelnd vor Wut. "Spinnst du?! Du hast sie ja wohl nicht mehr alle! Du bist doch diejenige, die für ein bisschen Rummel alles tun würde, gib's doch zu!! Bezieh das nicht auf andere, klar?", schrie ich sie an und stapfte wütend weg. Ich wusste, dass die nächsten Tage hart werden würden. Alice hatte die wunderbare Gabe, im Moment schreckliche Gabe, Leute auf ihre Seite zu ziehen und zu beeinflussen. Ich wusste, dass sie versuchen würde, alle gegen mich aufzuhetzen, doch ich blieb hart. Wenn ich jetzt meine Freistunde damit verbringen würde, die Leute auf meine Seite zu ziehen, hätte ich auch nichts gewonnen. Im Gegenteil, wahrscheinlich würde die nur ihre Freunde sein, damit sie irgendeinen Profit daraus zuziehen. Ein Autogramm von Daniel, klar, wieso nicht auch noch eine Nacht dazu?! Nein, Alice hatte sich immer normal verhalten. Eigentlich hatten wir kaum über meine Beziehung mit Dan geredet, weshalb ich mich vorhin so gewundert hatte. Eigentlich war ich viel zu lieb gewesen... mit meinen Anschuldigungen. Ich fühlte mich am Abend so schuldig, obwohl es ja eigentlich nicht meine Schuld war, dass ich Dans Anruf ignorierte. "Sophia? Dein Handy klingelt! Hörst du das nicht?", wies meine Mutter mich drauf hin und lugte durch meine Zimmertür. Ich lag auf meinem Bett und starrte an die Decke. Ich ring mit mir, ob ich nun dran gehen sollte oder nicht. "Ich geh nicht ran", murmelte ich, stand auf und ging an ihr vorbei runter in die Küche. Ich wärmte mir noch die Nudeln auf, die vom Mittagessen noch übrig geblieben waren. Mein Vater beäugelte mich mies gelaunt und pfefferte mir einen dicken Brief hin. Ich wusste, dass er von Dan war und Dad deshalb sauer war. Er hielt nicht viel von meiner Beziehung mit Daniel und er hielt noch weniger davon, dass ich nun jedes Wochenende zu ihm fliege. Ich war froh, dass Dan mir die Flugtickets immer bezahlte und zuschickte. Mal abgesehen davon, dass mein Dad sie nicht bezahlen würde, könnte er es gar nicht. Ich lächelte ihn trotz allem an und riss den Brief behutsam offen. Zwei Flugtickets und Daniel hatte daran gedacht, dass ich erst Freitagabend fliegen wollte, wegen ... ich seufzte halblaut. Toll, jetzt sah ich Dan Freitagnacht erst und mit Alice hatte ich mich zerstritten und das vor seinem achtzehnten Geburtstag. Die nächsten Tage beschäftigte mich die Frage, was ich Daniel wohl schenken könnte. Etwas sehr teures konnte ich mir nicht leisten, aber ich glaube, dass war nicht wirklich wichtig für Daniel. Die einzige, mit der ich mich im Moment gut verstand, war Helena, meine liebste Cousine. Sie war ein Jahr jünger als ich. Ich rief sie an und sie stimmte sofort zu, als ich sie am Donnerstag bat mit mir ein wenig shoppen zu gehen. "Oh ich freu mich ja so für dich! Ich finde das so toll, dass du dich getraut hast eine Beziehung mit Daniel Jason einzugehen", lobte sie mich. Ich lächelte sie an. "So, jetzt aber los. Du hast die große Ehre ein Geschenk für Daniel Jason auszusuchen!", sagte ich feierlich. "Ich?", fragte sie mich unglaubwürdig. "Ja, du hast immer gute Ideen! Also los!" Doch hinterher belief sich die Auswahl auf Klamotten oder Pralinen. Was schenkte man jemanden, der wahnsinnig viel Geld besitzt und sich alles kaufen konnte?? Ein wenig betrübt aßen wir dann bei mir zu Hause, ohne ein Geschenk, zu Abend, als Helena plötzlich den Kopf hochreckte. "Etwas zu essen! Isst Daniel irgendetwas traditionelles Deutsches gerne, dass es in London nicht gibt?? Oder nicht so lecker gibt??" Ich überlegte. Das war diese Idee! Aber was aß er gerne? Was hatte er damals im Bistro gegessen? Das war doch auch irgendetwas Deutsches und er hat gemeckert, dass es nicht so gut schmecken würde wie in Deutschland, er habe dort mal richtige... richtige... "Laugenbrezel!!" "Laugenbrezel?" "Laugenbrezel! Dan isst gern Laugenbrezel! Am besten ich mach sie selber", sagte ich und sprang auf und stellte fest, dass ich kaum Zutaten dafür da hatte. "Ja und ich muss gleich auch gehen", nannte Helena den zweiten Grund. Ich sprintete vom Bus nach Hause. Schließlich backte sich ein Laugenbrezel nicht von selbst. Ich hatte nur noch knapp eine Stunde bis mein Taxi kam und essen und duschen musste ich auch noch, die Verzweiflung und die Panik stieg in mir auf. "Ich mache dir einen Vorschlag", meinte meine Mutter plötzlich, als ich den Teig begann anzurühren. "Ich mache die Laugenbrezel und du erledigst deinen anderen Sachen, hm?" "Wirklich? Das würdest du für mich tun?", sagte ich total überrascht. "Natürlich, aber nur, wenn du Daniel von mir alles Gute wünschst." "Klar, danke!", rief ich überglücklich und sprang unter die Dusche. Das warme Wasser beruhigte mich angenehm. Dann hüllte ich mich in einen Bademantel und lief runter in die Küche. Meine Mutter stand vor dem Backofen. "Dauert nicht mehr lange. Wenn du etwas essen möchtest, ich habe Brot und Kuchen mitgebracht." "Mum", sagte ich und setzte mich am Küchentisch, während ich mein Brot schmierte, "ich finde das echt toll, ich meine danke, dass du mir hilfst." Mama lächelte verständnisvoll und legte das Blech mit den Laugenbrezeln vor mir hin. Ich lief schnell hoch ins Zimmer, holte eine Rose, eine rote Schleife und ein kleines Papierfähnchen mit der Bayernflagge und lief wieder runter, damit verzierte ich einen Brezel. Mama sah mich irritiert an: "Oh, willst du ihm nur einen schenken?" Ich sah auf und grinste: "Nein, nein, die anderen kommen in die Tüte. Ich kann nur nicht alle so hübsch machen, dann isst sie ja keiner mehr." Und außerdem habe ich kaum Zeit, ergänzte ich in meinen Gedanken. Ich stapfte leichtfüßig die Flughafenhallen entlang. Es war schön, keinen Zwanzig-Kilo-Koffer hinter mir herzuziehen. Ich sah mich suchend um. Wo war nur? Suchend ging ich weiter. Bisher hatten wir keine Probleme gehabt uns zu finden. Mir wurde mulmig und nach weiteren zehn Minuten überkam mich die Angst. Ich war total hilflos! Ich hatte nicht viel Geld bei und Kleidung auch nicht. Ich setzte mich auf eine Bank. Ich sah auf die Uhr. Kurz nach zehn. Eine Gruppe Menschen kam herein. Ich reckte den Hals. Kein Daniel, kein schwarzer Bodyguard. Ich begutachtete meine Finger und blickte plötzlich hoch, als mich jemand ansprach. "Excuse me, Ma'am, you are Sophia, aren't you?" "Ja, Ye-Yes", stotterte ich. "Mr. Jason told me, to carry you to him. If you want to follow me", sagte er noch und drehte sich um. Ich folgte ihm zu der bekannten Limousine. Erleichterung machte sich in meinem Magen breit und verdrängte die vorhin lodernde Panik. Ich musste in mich hinein grinsen. Natürlich hatte Dan mich nicht vergessen. Wie konnte ich ihm nur so etwas vorwerfen? "Are you hungry or thirsty? Or do you want anything else?", fragte er durch den Rückspiegel. Ich schüttelte den Kopf, obwohl ich gar nicht zugehört hatte. Ich sah auf den Laugenbrezel. Ich wollte nur zu Daniel. "Äh, is this the right way?", fragte ich, da er vor der Villa, die man schon sehen konnte, rechts einbog. "Yes, it is", antwortete er schlicht und bog links in eine Tiefgarage ein. Ich zog die Augenbrauen hoch. Es gab sogar einen "Hintereingang", woah! Er führte mich zu dem Aufzug, drehte einen Schlüssel rum und verließ den Aufzug wieder. Die Türen schlossen sich und der Aufzug fuhr hoch. Dann öffnete sich die Tür wieder und ich ließ schnell die Laugenbrezel im Rucksack verschwinden. Immerhin hatte Daniel erst morgen Geburtstag. "Hey!", rief plötzlich die vertraute Stimme, dessen Körper ich daraufhin umarmte. "Du hast mich ganz schön lange am Flughafen warten lassen", warf ich ihm vor, bevor er mich küssen konnte. "Sorry, aber der Chauffeur, der dich eigentlich abholen sollte, ist krank geworden und in dem ganzen Stress hab ich dann vergessen es einem anderen zu sagen", erklärte er hastig und wollte mich küssen, doch ich wich wieder zurück. "Und deine Fahrscheinprüfung?" Dan sah kurz zu Boden, grinste aber dann und rief: "Bestanden!!" "Heißt das keinen verspäteten Chauffeur mehr?", wollte ich noch wissen und wich wieder vor seinem Kuss zurück. "Jaha!! Darf ich dich jetzt endlich küssen?", wurde langsam sauer und ich wich wieder zurück. "Oder hab ich etwas nicht mitgekriegt? Zum Beispiel, dass deutsche Mädchen ihren Freund erst tot fragen müssen bis sie ihn küssen dürfen??" "Nein, nein, na gut, weil du es bist", hauchte ich und küsste ihn sehr ausgiebig. Ich legte mich links von Daniel ins Bett und sah zur Decke. "Ist denn für morgen alles fertig? Ich meine, die Dekoration ist ja noch nicht dran." "Die Dekorateurin kommt morgen früh", sagte Daniel, dann gähnte er. "Und die Gäste?" "Gegen späten Nachmittag, aber bevor du fragst, am Mittag müssen wir auch noch auf das Essen achten. Du darfst dir ein paar Gerichte aussuchen." "Echt?", fragte ich begeistert und setzte mich auf und sah zu Daniel, der wie ich an die Decke gesehen hatte. Jetzt sah er mich an. "Dann kann ich die ganze Nacht, aber nicht schlafen!" Dan kniff die Augenbrauen zusammen. "Na ja, dann frag ich mich die ganze Zeit, was ich mir wünschen soll! So eine Gelegenheit hat man nicht immer und immerhin ist es ja auch relevant für die anderen Personen, ich meine, ich esse das dann ja nicht alleine-", plötzlich küsste mich Daniel, "jaja, ich weiß ich rede zuviel", Daniel küsste mich wieder, "hey, ist okay, ich hab's eingesehen", sagte ich noch und küsste ihn schließlich. "Du bist süß, du macht dir mehr Gedanken über meine Party, als ich über meine Party", sagte er lächelnd. Ich grinste verlegen: "Na ja, du bist mir eben wichtig." "Und du mir erst", hauchte er mir zu, bis ich in seinen warmen Armen einschlief. An diesem Morgen würde alles wesentlich hektischer werde. Dan war schon aufgestanden, als ich wach wurde. Ich kramte in meinem Rucksack nach dem Laugenbrezel und nahm ihn die rechte Hand, die ich dann hinter meinem Rücken versteckte, in der anderen hatte ich die Tüte mit den anderen Laugenbrezel, die nicht verziert waren. Ich schlich aus dem Schlafzimmer, dass Dan mich bloß nicht von hinten sah, dann wäre die ganze Überraschung weg!! Ich linste um die Ecke und sah wie er, schick in ein Jackett mit passender Hose und rot-weißem Hemd gekleidet, mit zwei Männern redete. Ich schlich mich von hinten an, als die Männer sich gerade umgewand hatten und gingen, und küsste ihn am Hals. Er drehte sich erschrocken um und ich küsste ihn sofort. "Happy Birthday", flüsterte ich, dann grinste ich in frech an. "Hey, dass hab ich mühsam auswendig gelernt, ja?!" Doch bevor er etwas sagen konnte, hielt ich ihm den Laugenbrezel unter die Nase. "Für dich." Doch als Daniels Gesichtsausdruck ein wenig ungläubig wirkte, hielt ich auch die anderen (unverzierten) Laugenbrezel hoch. "Na ja, ich hab auch noch normale, (ich ermahnte mich zwar, dass ich nicht zuviel reden sollte, aber ich war viel zu aufgeregt, dass ich meine Lippen nicht unter Kontrolle hatte) falls du denn zu kitschig findest, ich meine, ich hoffe nicht, aber-" Wieder stoppte mich Daniel mit einem Kuss, wie er es gestern Abend auch schon getan hatte. Doch der Kuss war anders, viel warmherziger und irgendwie... wahnsinnig prickelnd!! "Ich liebe dich", sagte ich leise und sah ihm tief in die klaren grünen Augen. "Ich liebe dich auch", sagte er leise zurück und schloss mich in seine Arme. Dann sah er mich wieder an und schielte kurz auf die Laugenbrezel. "Darf ich einen Essen, ich hatte noch kein Frühstück!", rechtfertigte er sich und wirkte wie ein kleiner Dreijähriger, der wieder einmal ein Spielzeugauto von seiner Mama haben will. Ich kicherte in mich hinein. "Klar!" Danach jedoch sahen wir uns bis zum Nachmittag kaum noch. Ich hatte mit Ingrid, der Dekorateurin, sehr viel zu tun. Ines, eine Assistentin von Ingrid, half zwar mit, doch die Arbeit war nicht vor zwei erledigt. Als ich mich dann erschöpft, nach der millionsten Papierblüte, die ich aufgehängt hatte, auf den Stuhl fallen ließ, fiel mir noch etwas ein. "Oh nein", stieß hervor und Ingrid und Ines sahen kurz zu mir, während Ingrid die Servietten glatt strich und Ines in die Unterlagen sah. Ich sah kurz an mir runter. "Ich hab mich noch gar nicht fertig gemacht, äh, Ingrid, schafft ihr das- gut, danke", murmelte ich schnell auf Englisch (ich hoffte, dass es sich nicht allzu kläglich anhörte), während Ingrid verständnisvoll lächelte. "Excuse me, Miss", rief mir Ines plötzlich hinterher. "May I help you? My mum is a hairstylist and sometimes she teaches me." "Yes, thanks", nahm ich das Angebot an und sie folgte mir hoch in Daniels Schlafzimmer. Mich überkam kurz die Panik. Würde Daniel es gutheißen, wenn ich eine (eigentlich) wildfremde Frau in sein Schlafzimmer ließ? Doch ich verdrängte diese Gedankengänge schnell und stellte mich vor den Kleiderschrank. "A dress?", fragte Ines und trat neben mich. Ich nickte, als sie schon ein Kleid in Orange aus dem Schrank zog. "It's nice, isn't it?", meinte sie. Ich fand es schön, aber es hatte einen sehr weiten Rückenausschnitt. "Really?", deutete ich darauf an, mit einer zweifelnden Miene. Ines nickte eifrig und schob mich daraufhin sofort ins Badezimmer. Sie selbst verschwand kurz, sie meinte, sie müsse kurz zu ihrem Auto etwas holen. Ich wusch mir die Haare, wickelte ein Handtuch darum und zog das Kleid probeweise über. Ich fühlte mich nicht bekleideter als wenn ich nackt gewesen wäre, wenn ich ehrlich war, aber es war schon ganz schick, redete ich mir ein. Na ja, es stimmte, aber es war sehr gewagt und eigentlich auch ein wenig zu sexy für meinen Geschmack. Es kaum knielang und um die Hüfte sehr schmal geschnitten. Am Busen und am Bauch wein wenig "luftiger". Es erinnert etwas an einen "Trikini". Gerade als ich mir die Haare föhnte, kam Ines herein mit einem kleinen Köfferchen, wo, wie sich herausstellte, Friseurutensilien drin waren. Sie übernahm das Föhnen und fragte mich danach was ich denn haben wolle, doch ich schüttelte den Kopf und meinte, "dass sie mal machen solle". Und das tat sie auch! Und wie! Sie machte mir die Haare durch einen weißen Schaum wunderbar glänzend und geschmeidig und es duftete herrlich nach exotischen Früchten. Dann band sie meine Haare am Hinterkopf zu einem eleganten Knoten zusammen. An meiner Stirn ließ sie noch ein paar lockige Strähnen mir ins Gesicht fallen. Ich war absolut begeistert!! "Oh, oh, it's so great", lobte ich sie. Ich stand auf, schminkte meine Lippen rosa und tauchte meine Augen in ein strahlendes cremeweiß und begutachtete mich im Spiegel. Ich musste zugeben, ich sah nicht schlecht aus, auch, wenn dieses freizügige Kleid, nicht ganz meinen Vorstellungen entsprach. Ich zog noch ein Paar weiße mit Absatz versehene Sandalen an, bedankte mich bei Ines und stapfte (vor allem darauf bedacht nicht mit diesen Schuhen zu stolpern) die Treppen runter. Ich beobachtete wie Daniel ein paar Gäste herein bat. Es war aber erst ein gutes Duzend anwesend, weshalb ich wusste, dass ich ihn nicht das letzte Mal in dieser Position gesehen hatte. Ich umarmte Daniel, nachdem die Gäste sich von ihm abwandten. "Hey, Babe", sagte er überrascht und seine Musterung entging mir nicht. "Woah, ich hätte es auch nicht besser gekonnt." "Quatschkopf", sagte ich mit verzerrter Miene. "Nein, ehrlich, du siehst toll aus." Ich lächelte ihn an, doch musste ihn gleich wieder verlassen, da er die nächsten Gäste hereinbat, die er mir mit einem strahlenden Lächeln vorstellte. "Sophia, Juliet, meine Schwester. Juliet, Sophia, meine Freundin", stellte er vor. "Hi", sagte ich und umarmte sie direkt. Konnte sie auch deutsch?, fragte ich mich. "Hi Sophia, Danny-Boy hat mir schon so viel von dir erzählt", wurde meine Frage beantwortet. Lächelnd stand sie vor mir. Ich warf einen flüchtigen Blick zu Daniel, um die beiden zu vergleichen. Daniel hatte braune etwas dickere Haare und dunkel grüne Augen. Sophia jedoch hatte eher rötliches außergewöhnlich gelocktes Haar, braune Augen und ein paar niedliche Sommersprossen auf der Nase, die ich auch hatte. Ich hätte nicht geglaubt, dass sie Geschwister wären, wenn Juliet mir nicht als seine Schwester vorgestellt worden wäre. Ich schätzte sie auf höchstens zwanzig. Daniel schnappte meine Blicke auf: "Wir sehen uns nicht ähnlich, oder?" Ich schüttelte den Kopf. Juliet war total nett, wie sich bei unseren Gesprächen, nachdem das Buffet eröffnet wurde, herausstellte. Wir machten es uns in einer Ecke gemütlich. "Ich bin froh, dass ich dich kenne", flüsterte sie plötzlich. "Ich kenne hier sonst gar keinen!" "Ich auch nicht", stimmte ich ihr zu. "Lebst du auch hier in England, oder in Deutschland? Ich meine, du redest sehr gut Deutsch!" Das stimmte wirklich, es war noch akzentfreier als Daniels. "Danke", sagte sie und schmunzelte beschmeichelt. "Ich habe, wie Daniel auch, damals bei unserer Tante in Deutschland gelebt. Na ja und ich bekam dann einen Job, als Produzentin für Werbung bei einer Werbeagentur, aber leider in Magdeburg. Ich hab angenommen und bin dorthin gezogen und ich werde auch bleiben, weil ich dort eine Familie habe." "Oh, ähm", machte ich und wie Daniel las sie meine Gedanken. "Ich bin schon vierundzwanzig, ich werde oft zu jung eingeschätzt. Aber du wirst meine Tochter auch noch kennen lernen. Sie kommt morgen mit Mum und Dad. Ich wollte ihr die Party nicht zumuten, es wird ja sicherlich spät." Ich setzte mich ein wenig aufrechter hin. "Warum kommen denn deine Eltern nicht heute?" "Na ja, ich glaube, sie wollten nicht sehen, wie viele Vasen zu Bruch gehen", lachte sie und ich stimmte mit ein. "Wie alt ist deine Tochter denn?" "Emily wird in drei Wochen drei, na ja und da ist es besser, wenn sie mit meinen Eltern nachkommen." "Spricht sie Englisch und Deutsch?", wollte ich noch wissen. "Ja, aber besser Deutsch, weil mein Mann ja nur Deutsch spricht. Ich spreche manchmal Englisch mit ihr, aber so gut wie Daniel bin ich nicht. Sie wird hier sicher wieder einiges dazu lernen. Komm wir holen uns noch was, oder?" Ich nickte und schloss mir an. Ich nahm mir noch ein paar Kartoffeln, als Juliet "mhm" machte. Ich sah sie fragend an. "Rotkohl, Knödel und Sauerbraten!" "Ja, hab ich mir ausgesucht. Ich mag zwar kein Sauerbraten, aber Knödel und Rotkohl umso mehr", zwinkerte ich ihr zu. Wir hatten gerade unsere Teller gelehrt, als Daniel sich neben mir setzte und einen Arm um mich legte. "Na ihr, zwei. Hast du über sämtliche Schandtaten meiner Kindheit ausgepackt?", wandte er sich zu Juliet. "Ha! Wenn es da mal welche gäbe! Du musst wissen, Danny-Boy war ein ganz braver Musterschüler!" "War ich nicht!" "Wohl!" "Nein!" Es wurde ruhiger, als es auf Mitternacht zuging. Die Band spielte im großen Saal langsamere Balladen und mir fielen gelegentlich mal die Augen zu, während Juliet mit mir redete. "He Süße", vernahm ich Dans Stimme plötzlich und öffnete die Augen. Er setzte sich neben mich und nahm meine Hand. Juliet verstummte, sah in die Gegend und nahm einen Schluck Sekt. "Mhm?", machte ich bloß, doch Daniel stand sofort wieder auf und zog mich an der Hand hoch. "Lass uns tanzen." Ich war hellwach. "Nein, ich kann nicht tanzen-", ich überlegte "Kannst du denn tanzten?" "Hey! Ich hatte drei Monate Tanzunterricht! Weißt du noch, die Ballszene in Magical Lovers?", sagte er empört. Ich sah ihn verblüfft. Es stimmte, ich erinnerte mich. Daniel zog mich auf die Tanzfläche und legte seine Hände sanft auf meine Hüften. Ich legte meine Arme um ihren Hals und meinen Kopf auf seine Brust. Sein Herz pocherte angenehm. Ich spürte seine Wärme, die durch meinen Körper glitt. Ich wiegte mich in seinen Armen. Sein Atem berührte meinen Nacken. Ich nahm meine Umwelt kaum war. Mochten uns die Gäste ansehen, ich wusste es nicht, für mich gab es nur uns. Die Tanzschritte tanzten sich von selbst. Meine Füße bewegten sich fast von alleine. Ich sah auf und blickte ihm durchdringend in die Augen. Unsere Nasen berührten sich. Ich spürte seine Lippen auf meinen. "Love you", hauchte er mit einem milden Lächeln. "I love you, too", hauchte ich zurück. Er führte mich von der Tanzfläche. Er lächelte mich an. "Du tanzt gut", hatte er noch gesagt, als er angesprochen wurde. Es war Add, der Regisseur, der sich mir vorstellen wollte. Ich schüttelte ihm die rechte Hand, die linke in Daniels eingebettet. "Have you ever thought of a being an actress?", fragte er mich und ich bemühte mich, den Mund nicht vor Überraschung offen klappen zu lassen. "Me?" "Yeah, why not?", meinte er selbstverständlich und musterte mich. (Das Kleid war eindeutig zu sexy!) Ich wusste nicht was ich sagen sollte. In beiderlei Hinsicht. In der inhaltliche und sprachlichen! Ich sah Hilfe suchend zu Daniel. "Can I have a word with you?", sagte er schnell und schob Add beiseite. Ich setzte mich zu Juliet, die aber gerade mit jemanden redete und mich nur kurz lächelnd ansah. Schauspielern mit Daniel... ein Traum... ich sah mich mit ihm auf der Bühne... .Ich kam wieder in die Realität. Auf einer Bühne? In der Öffentlichkeit? Wenn mich zwanzig Leute anguckten? Ich wusste jetzt schon, dass das nicht ging. Ich hatte tierisches Lampenfieber und mein Selbstbewusstsein war auch nicht das Beste, und dann auch noch Text lernen... "Sorry", unterbrach Daniel meinen Gedankengang, "typisch Add. Er versucht überall jeden anzuwerben, sobald er gut aussieht, sobald sie gut aussieht", betonte er und strich mir zärtlich über den Rücken. "Ich wäre eine schlechte Schauspielerin, wenn ich nur an mein Lampenfieber denke-" "Das vergeht ganz schnell-" "Oder das viele Textlernen-" "Ach, den lernt man ganz schnell!" "Hey", stoppte ich diese Konversation, "red' mir das bloß nicht ein!", wollte ich ihn überzeugen und nicht zuletzt auch mich! In den frühen Morgenstunden waren alle Gäste gegangen. Daniel, Juliet und ich setzten uns total übermüdet und erschöpft in einen Sessel. Daniel hatte gerade die letzten Gäste verabschiedet. Die große Standuhr zeigte kurz vor vier an. Juliet gähnte herzhaft. "Das Personal räumt morgen früh, äh heute früh, auf", er stand auf und nahm meine Hand. "Kommst du mit ins Bett?" Juliet gluckste kurz und grinste bis über bei Ohren. Ich war zu müde etwas zu entgegnen und stand auf. "Sehr witzig, Juli", meinte Daniel mit einem bösen Blick. Ich wusste aber, dass das nicht ernst gemeint war. Um kurz nach zwölf wachte ich auf und ich spürte mein Eingeweide schmerzhaft in mir drin. Ich wusste warum. Es war Sonntag und morgen war Montag, was bedeutete, dass ich heute Abend wieder nach Deutschland flog. Ich setzte mich kerzengerade hin, bemerkte, dass Daniel schon aufgestanden war, und zog mich rasch an. Daniels Eltern waren sicher schon da und ich schlief hier seelenruhig! Ich bändigte meine Haare hastig zu einem Pferdeschwanz zusammen und ging nach unten. Ich lugte die Treppe hinunter. Stimmen waren zu hören. Ich konnte ein kleines Kind sehen umringt von vier anderen Leuten: Daniel, Juliet und die Eltern. Ich ging entschlossen und selbstbewusst die Treppe runter. Juliet bemerkte mich als Erste: "Sophia, gut geschlafen." Ich stellte mich kurz nickend dazu und gab Daniel einen schnellen Kuss. Mir war es irgendwie unangenehm. "Mum, Dad?", sagte Daniels schließlich. "This is Sophia, I've told you already. Sophia my, äh, meine Eltern." Ich schüttelte beiden zitternd die Hand und lächelte. Bevor wir uns unterhalten konnte, ich war erleichtern, denn ich wusste, dass das eine sehr peinliche Konversation werden würde, schob Daniel uns in den Speisesaal um zu essen. "Hi I am Emily", sagte Emily zu mir und hopste auf Juliets Schoss auf und ab. "Emily, Sophia spricht Deutsch", belehrte Juliet ihre Tochter. "Toll! Ich spreche lieber Deutsch weißt du? Mein Papa kann nur Deutsch. Spielst du mit mir?", sagte sie dann sofort. Bevor ich antworten konnte, griff Juliet ein: "Emily, nein, wir essen jetzt." Folgsam setzte sich die Kleine neben Juliet auf den Stuhl und wartete geduldig. Ich lächelte Daniel zu, der mir gegenüber saß. Juliet saß rechts neben mir, neben ihr Emily. Links von mir Daniels Mum, mit der er sich gerade unterhielt. Daniels Dad saß neben ihm. Während des ersten Gangs unterhielt ich mich mit Juliet. Gott sei dank, denn ich wusste, dass das heute eine Bewährungsprobe für mich werden sollte, gegenüber Dans Eltern, auch wenn Daniel es nicht so aussehen lassen wollte. "Willst du mal Kinder kriegen?", fragte mich Juliet plötzlich, als der zweite Gang serviert wurde. Es kam ziemlich überrascht, weil wir gerade noch über den vierten Film von "Magical Lovers" geredet haben. "Oh, äh", ich sah Daniel an und war froh, dass sie unsere Blicke nicht trafen, "ich, ich weiß nicht, aber ich denke schon", stotterte ich. "Mit Danny-Boy?" Ich grinste sie etwas gekünstelt und vor allem verlegen an, bis wir anfingen zu lachen. "Sorry, aber es überkam mich", meinte Juliet danach und wischte sich die Lachträne von der Wange. Ich winkte ab und widmete mich meinem Essen. "D'ya lik'a house? A've creat'id", sprach mich unverhofft Daniels Mutter an. Ich hatte nicht zugehört wusste aber, dass es sich schwer nach amerikanischem Slang anhörte. Ich sah Daniel hilflos. "Tja, wie du hörst, kommen meine Eltern gerade aus den Staaten. Mum, speak Britisch!", wandte er sich zu seiner Mutter und bevor er jedoch weiter reden konnte, wandte sich seine Mutter zu mir. "Oh, I'm so sorry. I wanna, I want to say", verbesserte sie sich selbst, "if you like our house. I have create it." Ich verstand: "Yes, it is beautiful. The nice warm colours, I thought, that you have created, because this must have a woman hand, mustn't it?" Ich staunte. Das hatte ich gesagt? Mein Englischlehrer wird sich freuen! Doch ich freue mich trotz allem, als wir das Dessert beendeten. Kapitel 3: Wie ein Feuerwerk, dass sich nach Mitternacht legt ------------------------------------------------------------- Und das nächste... (bitte bitte kommmmiiiiiis ^^) Es war noch ein schöner Tag gewesen. Ich hatte mich fast mühelos mit Daniels Vater unterhalten, der sehr interessiert an Deutsch war (ich musste ihm Wörter beibringen, er kann nun sagen "Ich muss dringend auf die Toilette) und nicht zuletzt, weil seine Tochter Deutsch sprach. Emily habe ich total lieb gewonnen. Ich hatte am Nachmittag noch mit ihr und Juliet gespielt und mir viel auf, dass Emily ihrer Mutter sehr ähnelte, natürlich kannte ich den Vater nicht, aber sie hatte auch schon kleine Sommersprossen und kleine Löckchen, aber dafür eher blondes Haar mit einem Rotstich und graue große Augen, die vom Papa sein musste (Juliet hatte braune Augen). "He, lasst uns doch nach Draußen gehen", hatte ich an diesem Nachmittag gesagt und durch Fenster geschaut, "es ist so herrliches Wetter." Stimmte auffällig. Es waren herbstliche 20°C und die Sonne schien ein wenig schwach auf uns herab. Ich stupste Daniel an. "Wollen wir schwimmen gehen? Im Pool", flüsterte ich ihm grinsend zu. Daniel sah mich verwundert an: "Das ist doch viel zu kalt!" "Quatsch, nun komm schon. Oder bist du wasserscheu?", neckte ich ihn und schleifte ihn mit auf sein Zimmer, wo ich dann feststellte, dass ich gar keine Badesachen besaß. "Jaja, Organisation gescheitert?", zog mich nun Daniel auf. "War nur ein Witz! Ich frag Juli." Tatsächlich lieh sie mir einen Bikini, nachdem sie von unsere, eher meiner, verrückten Idee gehört hatte. Ich streifte mir den roten Bikini über und bemerkte, während Daniel seine Badehose auswählte, dass mir das Oberteil zu groß war. Unbemerkt, wie ich hoffte, ging ich ins Bad und besah mir das Problem im Spiegel. Na ja, dachte ich, wenn ich mich gerade hinstelle, dann fällt es kaum auf. Tja, dass hätte ich mir auch gleich denken können, schließlich ist Juliet älter und besser gebaut als ich. "Fertig?", sagte Daniel plötzlich mit einem Handtuch um die Schultern gelegt und legte mir ebenfalls eins um. Am Pool trafen wir dann Juliet, die auch in ein Handtuch gehüllt war. Ihre Eltern passten, wie sie sagte, gerade im Haus auf Emily auf, sonst wolle sie noch mitmachen, was sie aber nicht durfte. Ich legte das Handtuch an den Beckenrand und stellte mich auf die erste Stufe der Leiter. Ich streckte einen Fuß in das eisige Wasser. Eine Gänsehaut überkam mich. "Was? Kneifst du?" "Nein, ich", sagte ich, während ich nun auf der zweiten Stufe stand und mir das Wasser bis zu den Knöcheln reichte, bis- "AHH!" "Ich dachte du wolltest schwimmen gehen!", rief Daniel mir lachend zu. "Ha ha", lachte ich trocken und ergänzte säuerlich, "aber ich wollte nicht reingeschupst werden, oder?" In diesem Moment sprang Daniel vom Beckenrand ebenfalls, aber diesmal freiwillig, rein und tauchte ein Meter neben mir auf. Er strich sich die Haare aus dem Gesicht, sie waren so glatt durch das Wasser, dass sie sonst seine Augen bedeckt hätten. Neben uns "landete" Juliet. "Alles klar?", sagte er dann grinsend und küsste mich auf die Wange. "Jaah", sagte ich nur. Daniel zog mich an ihn ran und küsste mich zärtlich. Seine Lippen waren kalt und als wir uns innig küsste, spürte ich seine nasse glatte Wange an meiner reiben. Daniel kraulte dann ein paar Meter nach hinten, ich folgte ihm langsam, da er sagte: "Andere Mädchen würden sich mit einer Luftmatratze und einem Cocktail auf den Pool legen, eine Sonnenbrille geordert und sich brutzeln lassen, wenn sie die Gelegenheit hätten." Ich blickte ihn in die Augen, er sah zur Seite. Auf was wollte er hinaus? Juliet tauchte gerade ein paar Mal hin und her. "Oder sie wären einkaufen gegangen. Ein paar neue Kleider, ein Duzend Schuhe-" "Daniel", hauchte ich plötzlich, als ich neben ihm war. Ich hoffte nicht mitleidig oder besorgt zu klingen. Letzteres war ich allerdings schon, zumindest etwas. Er sagte nichts, sondern, so sah es aus, starrte durchs Wasser auf seine Füße. "Ich liebe dich doch nicht wegen des Geldes!", platzte es aus mir heraus, da ich so eine Ahnung hatte, dass Dan darauf hinaus wollte. Warf er mir das vor? Er sah mich immer noch nicht an. "Weshalb hast du mich eigentlich vorher geliebt, bevor du mich kanntest?" "Ich war ein Fan, ich habe dich-" "Dann eben gemocht, wenn du das meinst", redete er dazwischen. Was sollte ich nur antworten? Ich konnte es mir auch nicht beantworten. Wegen seine Aussehens? War ich so oberflächlich? Wegen des Geldes und es Ruhmes? War ich wirklich so machtgierig gewesen? So egoistisch und ausnutzend? "Weshalb?", wiederholte Daniel. "Ich, ich war ein Fan von dir und, ich, ich weiß nicht, ich-", stotterte ich unsinnig, in den Augenwinkeln sah ich Juliet am Beckenrand sitzen. Doch ich suchte nicht mehr nach einem Grund. Ich schwamm zügig zur Leiter und warf mir das Handtuch um. "Wenn du glaubst, dass ich dich nur ausnutze und es auf dein Geld abgesehen habe-", rief ich und lief zum Haus. "Mir wäre es lieber ich hätte nicht in einem Pool geschwommen!!" Ich rannte hoch. Meine Tränen liefen, doch ich stoppte sie nicht. Ich trocknete mich ab und zog mich an. Meine nassen Haare, die ich dann etwas trocken rubbelte, hatte mein T-Shirt an den Schultern durchgenässt. Ich griff nach meinem Rucksack. Mein Flug kam ohnehin in vier Stunden, ob ich mir jetzt hier vorwerfen lasse, dass ich geldgierig bin, oder ob ich nun am Flughafen saß... es war doch sowieso sinnlos. Plötzlich fasste mich jemand an der Schulter und drehte mich um. Juliet lächelte mich milde an. "Können wir reden?" Ich nickte, obwohl ich gar nicht mit ihr reden wollte. Sie setzte sich aufs Bett, ich blieb vor ihr stehen. ",Daniel hat es nicht so gemeint' zu sagen, wäre Unsinn, er hat es ja schließlich gesagt", erklärte sie zu meiner Verwunderung, "aber ich muss dir zu seiner Verteidigung etwas erzählen. Er hatte früher schon mehrere Freundinnen, eine mehr auf Geld aus als die andere. Seine Letzte hatte ihn sogar ausgeraubt. Nachdem sie eine Woche zusammen waren, hatte sie ein paar Gemälde und die Lieblingsvase meiner Eltern, und teuerste Vase, mitgehen lassen. Dan hat danach ziemlichen Ärger bekommen und sich mehr als ein Jahr auf niemanden eingelassen und dann kamst du." Sie machte eine kurze Pause. "Ich weiß nicht, ob du es bemerkt hast, aber meine Eltern waren sehr misstrauisch dir gegenüber. Sie haben sich zwar am Riemen gerissen, aber ich hatte doch den Eindruck, dass das für dich heute so was wie eine Bewährungsprobe werden sollte." Tja, dass hatte ich mir auch gedacht, aber nicht in diesem Sinne!!, ergänzte ich in meinen Gedanken. "Meine Eltern sind keine schlechten Menschen, aber in dieser Hinsicht nun etwas vorsichtig geworden. Aber keine Angst, meine sie besitzen einen gesunden Menschenverstand und ich bin mir sicher, dass sie dich mögen oder mögen werden", vervollständigte sie der Fairness halber. Ich schnaubte unwillkürlich. "Sophia, ich kann verstehen, wenn du sauer bist, aber versuch auch Daniel ein wenig zu verstehen. Ich hätte mich vorhin etwas deutlicher ausdrücken sollen. Mit ,Ärger kriegen' meinte ich, dass meine Eltern sein Pferd verkauft haben. Sein ein und alles, mit dem er sich ein wenig getröstet hat nach der Lappalie." Ich zog die Augenbrauen hoch. Ein Pferd? Daniel? "Er war vorhin ein Trottel, nur aus irgendeinem Grund hat er sich wohl daran erinnert und, du weißt schon, dir eben das vorgeworfen." "Toll", sagte ich kalt und ging hinaus, "bis dann, ich muss zum Flughafen." Ich ging runter und trichterte dem Chauffeur unhöflich ein, dass ich zum Flughafen wollte und zwar sofort und nicht erst, wie geplant, in zwei (oder waren es drei gewesen?) Stunden!! "Sophia", erklang Daniels Stimme hinter mir. Ich atmete tief durch und wandte mich vom Auto weg zu Daniel. Er stand, wegen der Terrasse, zwei Treppenstufen höher als ich und blickte zu mir hinab. "Ich wollte nur", sagte er und schritt die Treppen hinab. Er stand in Gänsehaut (da er immer noch die Badehose trug) vor mir. Seine Lippen zitterten leicht und waren blau. "Ich, ich, wollte mich entschuldigen." Er stand vor mir. "Gut, toll", sagte ich ebenso kalt wie vorhin, drehte mich um und stieg ins Auto. "Wir sehen uns", ergänzte ich unvermittelte, ohne ihm in die Augen zu sehen. Am Dienstagmorgen sah ich einen Brief auf dem Esstisch. Ich erkannte Daniels Handschrift und riss ihn durch. Ich wusste, dass ein Flugticket drin gewesen wäre, hätte ich es nicht in zwei gerissen und es interessierte mich keineswegs was sonst noch drin gewesen wäre. Ich setzte mich und schrieb Daniel wahrheitsgetreu, dass ich nicht kommen wollte und eine Auszeit brauche und schickte den Brief noch am gleichen Tag ab. "Warum fliegst du nicht?", fragte meine Mutter mit Bedacht, als sie das Flugticket im Müll liegen sah. "Ich, ich wollte mich einfach nur mal auf die Schule konzentrieren. Das ist alles", sagte ich gezwungen lächelnd. "Oh, na gut, aber du hättest sie nicht zerreißen müssen. Vielleicht will ich London auch mal sehen?", sagte sie grinsend und strich mir kurz über den Kopf, bevor sie ins Wohnzimmer verschwand. Meine Augen wurden plötzlich glasig. Du musst deine Tränen nicht unterdrücken, sagte ich mir, du hast keine!! "Mara, nerv nicht!", wies ich sie zurecht, als sie immer noch sinnlosen Zeugs redete. "Was?" "Sei einfach ruhig, klar?!" "Schlechte Laune? Lass sie nicht an mir aus, ja!", wies sie jetzt mich zurecht und deutete dann nach unten, als ich den Jogurt in den Einkaufswagen legte. "Sieh mal." Ich gab ihr den Einkaufszettel: "Hier, mach mal weiter", sagte ich und beugte mich runter. WAS WÜRDE SOPHIA DAZU SAGEN?!?, stand als Schlagzeile auf einem Teeniemagazin. Ein Pfeil ging von "dazu" aus und deutete auf... auf Daniel und- und einem Mädchen... küssend. War es, war es... es war Rachel!! Nur schwammig erinnerte ich mich an die danach folgenden Minuten, in der ich hastig zu Ende einkaufte, Mara bedeutete ich (wenn auch nicht ganz leise), dass sie endlich still seien solle und nach Hause raste. Ich setzte mich schnell auf den Boden, vergewisserte mich, dass die Tür geschlossen war und schlug den Artikel auf. Wiederum prangte "Was würde Sophia dazu sagen?!?" über dem Artikel, ich begann unter Tränen zu lesen: Heimliches Küssen hinter der Kamera von Magical Lovers? Rachel Canfort (spielt Debbie More) und Daniel Jason (spielt Simon Lost) erwischt! Dabei hat der allseits beliebte Mr. Jason eine Freundin. Kaum ist sie wieder in ihrer Heimat, treibt es Daniel Jason mit seiner Kollegin. Ahnt Sophia etwas? Natürlich nicht! Schließlich wurden sie in Dublin (!!) erwischt, obwohl Daniel in London wohnt und die Dreharbeiten auch in London stattfinden. Geheimes Treffen? Flitterwochen? Gemeinsamer Urlaub? Oder ist Daniel einfach nur einsam, wenn Sophia nach Deutschland fliegt. Laut Mr. Juan, uns wohlbekannter Manager von Daniel, ist Daniel nicht zu einem Statement bereit. Selbstverständlich ist er nicht bereit seinen kleinen Seitensprung zu gestehen. Wird er ehrlich zu Sophia sein, wo es doch nun raus ist? Wir haben mit einem Freund von Daniel Jason gesprochen, der uns versicherte, dass "Daniel sich noch nie richtig festgelegt habe und gerne mal mehrere Frauen gleichzeitig gehabt hätte". Er beteuerte auch, dass ihm Sophia Leid täte und jedem noch so verliebten Fan raten würde, sich nicht mit dem Superstar Daniel Jason einzulassen. Wir berichten weiter in der Dreiecksbeziehung Daniel-Rachel-Sophia. Mehr stand da nicht. Der Rest der Doppelseite war gefüllt mit Fotos von Daniel, Rachel und mir. Meine Lippen bebten. Ich holte tief Luft und schluckte, als ich mich weinend auf mein Bett schmiss. "Oh, hier ist wieder ein Brief von Daniel", bemerkte Mum und reichte ihn mir, über meine Müslischale. Ich riss ihn auf und fand ein Flugticket für nächsten Samstag. "Aber nicht zerreißen!", warnte mich meine Mutter vor. Ich sah sie schwach lächelnd an und schüttelte den Kopf. "Ich mach mich dann fertig", murmelte ich und verzog mich in mein Zimmer. Ich nahm den kleinen Zettel raus, den ich gesehen hatte, ihn aber nicht "öffentlich" offen machen wollte. Ich schloss die Augen und entfaltete ihn blind. Ich ließ es mir noch mal durch den Kopf gingen. Rachel machte mit Daniel rum. Rachel mit der ich schon geredet hatte, hinterging mich kaltblütig. Daniel war genauso falsch. Eine Träne tropfte aus das Papier und ich las nur zwei Zeilen- auf Englisch. Er machte sich noch nicht mal mehr die Mühe in meiner Muttersprache zu schreiben! Don't believe in everything publican from me in any paper, Hoping and waiting... Dan Ich schnaubte. Rührend. Aber Fotos sagen oft mehr als tausend Worte. Und Fotos zeigen Wahrheit, unverkennbar und vor allem... nicht zu fälschen. Ich blickte sehnsüchtig an die Decke und biss mir auf die Unterlippe. Auch wenn ich die Gefühle unterdrücken wollte, alles erinnerte mich an ihn und meine Liebe zu ihm. Gefasst stand ich auf und nahm einen kleinen Karton unter meinem Bett hervor. Augenblicklich bugsierte ich alle Erinnerungen dorthinein. Das Foto von Daniels und meinem ersten Kuss, die Herz-Büroklammer, das Riesenplakat an der Tür aus der "Horray!!", die mir auch Daniels Leben offenbart hatte, wenn ich in Deutschland war, das Kissen, dass ich einmal versehentlich eingesteckt hatte und die Briefe, die er mir manchmal schrieb, die auf einem Stapel auf meinem Nachttischchen platziert waren, legte ich dort immer behutsam rein. Ich schob die Kiste unters Bett und nahm danach mein Handy, das erwartungsvoll gepiepst hatte. Elf neue SMS, stand auf dem Display. "Die ich unverzüglich löschen werden", sagte ich leise zu dem Handy und grinste. Doch als ich es weggelegt hatte, überkam mich die Langeweile. Tja, ich hatte keine Freunde, keinen Freund, also werde ich mich auf die Schule konzentrieren, wie ich es Mutter eigentlich auch auf die Nase gebunden hatte. Ich blieb diszipliniert. Ich lernte fast den ganzen Tag über. Wenn ich nach Hause kam aß ich etwas, machte meine Hausaufgaben, sah danach etwa eine Stunde fern (und zwar nicht "Magical Lovers", sondern deren Konkurrenz "Mystik") und lernte danach oder las gelegentlich auch ein Buch, bis Mutter zum Abendessen ruf, dass ich ausgiebig zu mir nahm. Ich dachte nicht einmal mehr an Mr. London, wie ich ihn nun nannte, seinen Namen konnte ich nicht mehr ertragen, bis zur nächsten "Horray!!". "Schatz, meinst du nicht, dass das alles Klatsch ist? Ich meine die suchen doch immer Skandale-" "Mama! Schreiben können sie ja viel", unterbrach ich meine Mutter unwirsch, die mich am Arm hielt, um mit mir zu reden (wahrscheinlich wollte sie meinen Launen nicht länger ertragen), "aber die Bilder! Die sind nicht gefakt, dafür sind sie viel zu scharf und, und es gibt viel zu viele." "Jaah", machte sie mit einem sanften Gesichtsausdruck, "Meinst du, dass er so etwas tun würde? Denkst du-" "Ich weiß gar nicht mehr, was ich denken soll", warf ich ein und verschränkte die Arme. In der einen Hand, die noch ungelesene "Horray!!". "Vertraust du ihm denn nicht?" "Aber die Bilder-" "Flieg hin und stell ihn zur Rede!", schrie meine Mutter plötzlich. Ich lächelte ein wenig erschrocken: "Mum? Warum sagst du das alles?" Mir wurde plötzlich bewusst, wie sehr meine Mutter sich für mich einsetzte. Aber aus welchem Grund nur? Sie kannte Daniel gar nicht. Natürlich hatte sie schon ein- oder zweimal mit mir "Magical Lovers" gesehen, aber eher aus Interesse, welche Haarfarbe er hatte oder so. Den Wunsch ihn kennen zulernen, hatte weder sie noch Dad, der Daniel ja sowieso nicht ganz für den richtigen Umgang für mich hielt, geäußert. "Ich mag ihn schon irgendwie", meinte sie grinsend und zwinkerte mir dann zu, "aber sag es nicht unbedingt Papa, ja? Der wird nicht begeistert sein, wenn ich mich gegen ihn stelle." Ich musste unwillkürlich lachen und lag danach in ihren Armen. "Danke, Mama. Ich werde übermorgen fliegen, aber mach dir keine Hoffnungen. Ich glaube nicht, dass da noch irgendetwas zu retten ist. Den Kuss kann er nicht leugnen, oder? Und, und wenn es wirklich so sein sollte, such ich mir doch lieber einen deutschen Jungen", erklärte ich. "Stimmt", bejahte meine Mutter, "andere Mütter haben auch schöne Söhne-" "Und sicherlich keine Reichen, die in der hier-" Ich wedelte mit der "Horray!!". "-stehen. Mal sehen, was es Neues gibt." Ich wandte mich um und lief auf mein Zimmer. Das Gespräch war zwar angenehm gewesen, so unterstützend, dennoch machte sich meine Angst in der Magengegend breit. Die Angst, noch mehr Gründe für eine Beendigung der Beziehung geliefert zu bekommen. Mit klopfendem Herzen schlug ich sie auf, da die Titelseite nichts von Mr. London zeigte. Ich fand, was ich suchte und auch eigentlich nicht suchte. In erste Linie schien jedoch die Überschrift "Manager gekündigt- Sagte er zuviel?" mit einem Foto von Mr. London nicht also skandalös. Zitternd las ich: Daniel Jason, Star aus "Magical Lovers" (alias Simon Lost), kündigte seinen Manager Louis Bannig fristlos, nach einem Interview bei der Londoner "View". Er habe ausgesagt, dass Daniel Jason den Seitensprung mit Rachel Canfort (ebenfalls bekannt aus "Magical Lovers", alias Debbie More) sehr mitnähme, sie jedoch nicht liebe. Daniel liebe wohl weiterhin Sophia, die Louis Bannig aber nicht für würdig einstuft. Sie würde Daniel viel zu sehr ablenken, von seiner Schauspielerei, wie auch seinen restlichen Terminen. Louis Bannig beschrieb ihn, als sehr leichtsinnig gegenüber seiner Karriere. Er habe schon mehrere Werbeverträge sausen lassen, wegen Sophia. Ob er auch ein Angebot der Macher von "Romeo und Julia", wegen Sophia, ablehnen wird, bleibt ungewiss. "Er wäre ein ziemlicher Dummkopf, wenn er die Rolle des Romeo ausschlagen würde. Der Kinofilm soll hollywoodreif werden!", so Bannig wörtlich. Zu den Gründen, weshalb er das wegen Sophia aufgab, gab Bannig bekannt, dass er ein verliebter Narr sei und wer wisse schon, wie lange die Beziehung hielt? Er wolle das ganze Wochenende Zeit mit ihr verbringen, wenn er sie schon nur dann sehen könne. Gibt Daniel Jason wohl, wegen Sophia, seine Rolle des "ML"-Stars auf? Wie weit wird er gehen? Mir kamen die Tränen. Aus Rührung und aus Bitterkeit. Es war wahr. Er hatte, er hatte sich auf Rachel Canfort eingelassen. Aber.. er hatte wegen mir Aufträge sausen lassen, wohl möglich wird er auch noch- NEIN! Das ist doch alles nur Heuchelei! Er hat dich betrogen Sophia! Du musst ihn hassen!, redete ich auf mich ein. Nicht zuletzt, um mich selbst zu überzeugen. Genüsslich nahm ich einen Schluck Milch. Heute, heute Abend würde ich Daniel Jason bloß stellen, ihm den größten "Horray!!"-Bericht gönnen, den er je gehabt hat. War er das Wert? Nachdem was er mir angetan hat- Ja!, kam ich zu dem Entschluss. Meine Mutter setzte sich zu mir. Vater war Mara von ihrem Tagesausflug abholen. "Heute Abend werde ich mit Daniel Schluss machen", sagte ich. Ich wusste nicht, warum ich das tat, es ging sie ja eigentlich nichts an, aber als ich es ausgesprochen hatte, viel mir ein, wenn auch kleiner, Stein vom Herzen. "Wie gesagt, ich mag ihn und nachdem was du mir erzählt hast, was in dieser Zeitschrift stand-" "-ist sein Seitensprung nicht zu widerlegen", beendete ich den Satz und starrte aus dem Fenster. Stille trat ein. Ich sah meine Mutter nicht an und unterdrücke das Gefühl, dass sie vielleicht Recht hatte. "Wie kommst du danach eigentlich wieder zurück nach Deutschland? Der Flieger geht doch erst am Sonntag zurück, oder?", bemerkte meine Mutter. "Ich nehme mir ein Zimmer in einer Jugendherberge oder so", erklärte ich und ergänzte, nachdem Mutter mir immer noch einen fragenden Blick zugeworfen hatte, "Ich nehme meine Bankkarte mit. Mach dir keine Gedanken." Draußen hörte ich parkende Autos. Stimmengemurmel. "Das werden Mara und Papa sein", sagte ich erwartungsvoll und öffnete die Tür. Ein schwach grinsender Daniel Jason stand hinter mit einem Strauss Rosen vor mir. Gelbe wohl gemerkt. Ich war drauf und dran ihm um den Hals zu fallen, so glücklich war ich ihn zu sehen. Fasste mich aber sofort wieder und sah angewidert zur Seite. "Was willst du?", sagte ich barsch. "Kann ich mit dir reden?", sagte er leise. Sein perfektes Haar hob sie kurz im Wind. Ich schnaubte jedoch. "Reden, reden!! Mit Rachel hast du auch nicht mehr nur geredet, oder?!", schrie ich nun. Er trat einen Schritt auf mich zu und seine Hand berührte kurz meinen Ellbogen. Ohne nachzudenken was ich tat, ohne es zu überdenken, ob es gerechtfertigt war, ließ ich meine ganze Wut an ihm aus und gab ihm eine Ohrfeige. Hinter ihm hatte ein Blitzlichtgewitter eingesetzt. "Wollt ihr euch nicht drinnen streiten?", schlug meine Mutter plötzlich vor und zerriss unsere Schweigsamkeit. Daniel nickte nur kurz, während dessen ich beiseite trat. "Lass es mich bitte erklären", bat er, während ich zum Esstisch gegangen war und die ältere "Horray!!" hoch hielt. "Was? Sag es mir! Was willst du daran erklären? Das seiest nicht du? Rachel hat dich gezwungen? Ha!", lachte ich trocken und innerlich kicherte ich über diese Vorstellung. Daniel setzte sich auf den Stuhl hinter sich und legte die Rosen auf den Tisch. Er hatte die Hände gefaltet auf die Knie gelegt und starrte zu Boden. Dann massierte er mit den Daumen seine Stirn und sah dann auf. Ich sah in seinen intensiven Blick. "Tauchst hier auf und meinst alles wäre wieder gut", sagte ich leise. Aus den Augenwinkeln, sah ich, dass es Mutter war, die mir ganz flüchtig auf die Schulter klopfte und dann verschwand. Tränen kullerten über meine Wange. "Ich weiß, dass im Moment nicht alles gut ist, weil du mich nicht ausreden lässt", sagte er ruhig. Seine Stimme klang merkwürdig tief und sehr ruhig. "Schieb es nicht mir in die Schuhe", fand ich. "Das tue ich nicht, aber mir wäre sehr daran gelegen, wenn du dich jetzt hierhin setzten würdest und mir nur fünf Minuten zuhören würdest." Wie er sprach, es klang, sehr gedämpft und man merkte ihm an, dass er trotz allem versuchte nicht die Selbstbeherrschung zu verlieren. Was mir nicht gelang. "Sag mir nicht was ich zu tun und zu lassen habe, klar?", murmelte ich und mir wurde zugleich klar, wie ekelig ich mich verhielt. "Rachel und ich hatte eine Art Fortbildung für ,ML 4', du kennst ja die Szene im Wald, wo wir miteinander schlafen müssen." Ich zuckte ein wenig zusammen, als mir bewusst wurde, dass sie das ja nur spielen würden. "So", redete Daniel weiter, ohne mich zu beachten, "und da ich in dieser Sache nicht sehr bewandert war, hab ich bei meinem Schauspiellehrer angerufen und ihn um ein paar Schauspielstunden gebeten. Rachel sollte mitkommen. Aus diesem Grund hat mein Man-, Ex-Manager Bannig vorgeschlagen, dass wir das in Irland gehen, um das zu vermeiden", er deutete auf die "Horray!!" in meiner Hand, "aber es hat nicht geklappt." "Eure Beziehung zu verheimlichen, oder was? Nicht gut fürs Image, wie?", fauchte ich. Daniel sah strikt in eine andere Richtung, nun jedoch sah er mich direkt an. "Verstehst du denn nicht? Das war ein Filmkuss!", sagte Daniel nachdrücklich. Ich schnaubte. "Klar, wer soll dir das denn glauben? Bannig hat-" "Ich weiß was er gesagt hatte", warf Daniel mit einem wütenden Unterton ein, "und es stimmt nicht! Ich, ich habe nie- mir tat niemals ein Seitensprung mit Rachel Leid, weil es keinen gibt!! Sophia, verstehst du? Es war alles Erstunken und Erlogen! Bannig wollte mir eins reinwürgen, weil ich-, ich- ich ihn kritisiert habe, weil er mir immer irgendwelche Rollen oder Werbeverträge aufgezwungen hatte, obwohl ich ihm gesagt hatte, dass ich nicht mehr als "ML" machen will. Wegen dir", ergänzte er mit sanftem Blick. Ich bekam eine Gänsehaut und ganzer Körper begann zu kribbeln. Ich sah schnell aus dem Fenster und unterdrückte meine ganze Sehnsucht nach ihm, die sich in Tränen äußerte. "Ich will mit dir zusammen sein", sprach er wiederum, als er bemerkte, dass ich nichts widersprechen wollte, "und wenn mir vertraust, dann darfst du nie glauben, was in, in eben solchen Zeitungen steht", bat er und blickte kurz auf die "Horray!!", die aufgeklappt auf dem Tisch lag. Niemand redete weiter. In mir begann ein Kampf. Es kam mir vor, als würden Engelchen und Teufelchen gegeneinander kämpfen. Einerseits liebte ich ihn, wollte ihn nicht verlieren und glaubte ihm, andererseits... Wer sagt mir, dass das stimmt? "Wer sagt mir, dass das stimmt, was du sagst?", fragte ich laut. Daniel blickte auf. Ich kannte die Antwort. Seine Lippen umschlossen meine. "Dieser Kuss sagt es dir", hauchte Daniel. Ich schüttelte ein wenig ungläubig den Kopf. Die Tränen tropften mir vom Kinn. "Wie konnte ich nur? Ich habe dir nicht vertraut-", gab ich meine Gedanken preis. "Ich dir doch auch nicht", gestand auch Daniel, der meine Oberarme zärtlich streichelte. "Ich hätte es dir sagen sollen und ich hätte wissen müssen, was die Presse daraus macht." Schluchzend fiel ich Dan wieder in den Arm und vergoss meine Tränen auf seine Brust. Unerwartet wurde die Tür aufgeschlossen und im nächsten Augenblick sah ich Mara mit Vater in der Tür stehen. Mutter kam, ebenfalls von den Geräuschen wach geworden, die Treppe runter. Ich löste mich ein wenig aus der Umarmung und lächelte Mara und Vater peinlich berührt an. "Hi", sagte ich nur. Wiederum lag unangenehme Stille im Raum. "Ja, äh, Mama, Papa, Mara, das ist Daniel. Dan, meine Familie", stellte ich sie einander vor, um die Situation nicht zu verschärfen. Ich hätte Mara küssen können, als sie locker sagte: "Cool. Kann ich ein Autogramm haben?", was uns alle zu Lachen brachte. Auch Vater konnte seine eigentliche Freude nicht verbergen und lachte mit. Danach, das heißt, nach dem Daniel seinen Koffer in meinem Zimmer platziert hatte ("Du hast wohl fest mit deinem Erfolg bei mir gerechnet, oder?", war mein schnippisches Kommentar dazu), setzten wir uns an den Esstisch, wo Mutter Pizza hatte bringen lassen. "Du isst wirklich Peperoni mit Hawaii-Pizza? Ich meine Ananas mit Peperoni?", fragte meine Mutter zuvor amüsiert, als sie die Bestellung aufgab. "Wie lange kannst du denn bleiben?", fragte ich Daniel dann beim Essen und bevor er antworten konnte, fiel mir noch eine andere Sache in. "Ach ja, mein Lieber. Du wirst schön dieses Angebot von ,Romeo und Julia' annehmen!" "Warum?", erkundigte er sich und biss noch einmal von seinem Pizzastück ab. "Damit du dich über mein Kostüm lustig machen kannst?", witzelte er. "Stimmt, daran hab ich noch gar nicht gedacht. Nein, aber im ernst, ich will nicht, dass du deine ganzen Chancen, wegen mir sausen lässt. Außerdem mag ich Romeo und Julia", Daniel warf mir einen ungläubigen Blick zu, "okay, eigentlich nicht, aber vielleicht mag ich es ja dann", versuchte ich ihn weiter zu überreden, aber ich glaubte nicht, dass ich auch nur irgendeinen Erfolg hatte. "Ich müsste für ein halbes Jahr mindestens nach Italien", sagte er. "Oh", machte ich nur und sah von meiner Pizza aus zu ihm hoch. "Siehst du? Das will ich doch auch nicht. Außerdem habe ich schon ein neues Angebot", erklärte er knapp. "Ach ja, was denn?", harkte ich neugierig nach. "Ja, was?", sagten Mutter und Mara gleichzeitig (Man sieht woher ich meine Neugier habe!), so dass wir alle wieder lachen mussten. Daniel atmete tief ein und aus. Er gab sich geschlagen. "Ich habe eine der Hauptrollen von der Neuverfilmung von ,Behind my Curtains' angeboten bekommen." "A-ha", machte ich bloß und sprach damit allen aus der Seele. "Was ist das für ein Film? ,Hinter meinen Vorhängen', nie gehört." "Wie auch! Der Film lief vor dreißig Jahren mal in den USA. War kein Kracher, aber er soll es werden", grinste Daniel. "A-ha", machte ich wieder. "Und worum geht's da?" "Na ja, es geht um eine Romanze. Ein Mädchen läuft von ihren Eltern weg, um bei ihrem Onkel und deren Adoptivsohn zu leben. Jedoch weiß keiner warum sie weggelaufen ist. Na ja, schließlich verliebt sie sich in den Adoptivsohn und kommt auch mit ihm zusammen. Na ja, doch dann erfährt der Adoptivsohn von ihr, sie war reichlich betrunken, eben, dass was hinter ihren ,Vorhängen' ist", erzählte Daniel. "Und du bist der Adoptivsohn, wie?" "Ja, die Rolle hat man mir angeboten, aber ich weiß noch nicht-", begann er. "Klar nimmst du die Rolle!", beschloss ich. "Dann kriegen wir Freikarten." Mara stand plötzlich auf, da sie fertig war und sagte erstaunt: "Echt?" Ich zwinkerte ihr zu und sah Daniel bittend an. "Ich hab bis Sonntag Zeit mich zu melden", sagte er nur noch, bevor wir Mara folgten und abräumten. Ich stiefelte daraufhin mit Papa und Dan in den Keller, schließlich brauchte er etwas "bettartiges". "Hier ist eine Luftmatratze", bemerkte ich. "Jaja, die hab ich auch schon gesehen, aber wir hatten auch noch ein Gästebett...", sagte er stöbernd. "Machen Sie sich keine Umstände, ich-" "Nein, nein", winkte mein Vater ab, "meine Tochter schläft bei ihnen ja auch nicht auf dem Boden, oder?" "Das nicht aber-" "Sophia?", rief er dazwischen. "Geht ihr schon hoch, ich mach das hier." Ich nahm Dans Hand und rief "Okay" zurück. "Hast du durch ,ML' wirklich zaubern gelernt?", sagte ich lachend und zog ihn hinter mir die Treppen hoch. Er sah mich verdutzt an. "Warum?" "Ich hatte dir doch erzählt, dass mein Dad eigentlich nichts von unseren ,Verhältnis', wie er es genannt hat, gehalten hat. Und plötzlich ist er so nett zu dir." "Tja, alles nur wegen meinem Charme", sagte er leise, bevor er mich innig küsste, wie ich schon lange nicht mehr gespürt habe. Tatsächlich kam mein Dad dann noch hoch zu uns. Schwer beladen mit einem Gästebett, wie er es zuvor versprochen hatte. Wir stellten es direkt neben mein Bett, nachdem Dad aus dem Zimmer war. Er hatte einen "Sicherheitsabstand" gelassen, was bedeutete, dass es an der anderen Seite des Zimmers gestanden hätte. Es sah allerdings trotz allem ein wenig dämlich auf, da mein Bett höher war, als das Gästebett. "Tja, mein Prinz, die Prinzessen darf immer oben schlafen", neckte ich ihn und blickte zu ihm runter. "Jaah und der Prinz hat seine Prinzessin zum Fressen gern", sagte er mit rauer Stimme und sprang auf die Kante meines Bettes, legte sich seitlich über mich und küsste mich. "He he", sagte ich und hielt meinen Zeigefinger vor seinen Lippen. "Hat die Prinzessin ihre Erlaubnis gegeben?" Dan sah mich enttäuscht schief an. "Meine Eltern haben sich gerade dir gegenüber ein wenig eingespielt. Ich meine, wir sollten-" "Schon klar", sagte Dan und schob sich freiwillig zurück auf sein Bett. Nach ein paar Minuten Stille, in denen ich es genossen hatte neben mir Dans Atem leise zu hören, stütze ich das Kinn auf meine verschränkten Arme und guckte zu Dan hinunter. "Sag mal, wie lange kannst du eigentlich bleiben?", fragte ich, obwohl ich diese Frage eigentlich lieber vor mir her geschoben hätte. Ich wollte gar nicht, dass er irgendwann ging. Dan strich mir eine Strähne aus dem Gesicht und antwortete zögernd: "Wenn ich die Rolle annehme-" "Und wir nehmen an, dass du sie annimmst", warf ich ein. "Okay, also dann höchstens bis Dienstag, weil ich ja Sonntag Bescheid sagen muss und ich denke, dass sie dann die Formalitäten schnell besprechen wollen", erklärte er und setzte besorgt hinzu. "Du weißt, dass ich dann am Wochenende nicht mehr so viel Zeit haben werde?" Ich lächelte schwach und beobachtete ihn sorgfältig. Seine grünen Augen schimmerten sanft in der Dunkelheit. Ich strich ihm über das Haar. "Ich weiß, aber ich will nicht, dass du dir solche Chance verbaust, klar?", befahl ich. "Ei ei, Miss", meinte er grinsend. Ich legte mich flach auf den Rücken und starrte zur Decke. Natürlich würde ich ihn vermissen, aber es wäre unfair so egoistisch zu sein und es ihm zu verbieten!, dachte ich und beugte mich wieder über den Rand meines Bettes. "Gute Nacht", sagte ich mit einem Gähnen. "Gute Nacht", sagte Daniel auch und gab mir einen zarten Kuss. "Ich liebe dich." "Ich liebe dich auch", hauchte ich zurück und sank müde in mein Bett. Verwundert bemerkte ich am Morgen, dass Daniel neben mir schlief, bis ich registrierte, was gestern so bedeutendes geschehen war. Ich musterte ihn und konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. Eingekuschelt in die Bettdecke lag er da und atmete leise. Ich beugte mich runter und küsste ihn so kurz auf die Stirn, dass er davon nicht wach wurde. Ich setzte mich wieder aufs Bett und blinzelte in die wenigen Sonnenstrahlen, die es durch meine Rollläden geschafft hatten. Leise stand ich auf und warf noch einen Blick auf Daniel, bog mit den Fingern das Rollo ein wenig auseinander und sah hinaus. Die Straße war still, nur ein paar Leute kamen mit Tüten aus der Bäckerei. Ein Motor begann zu surren. Ich sah nach unten und bemerkte das Auto meines Vaters, dass die Garage verließ. Er stieg aus und schloss das Garagentor, dabei winkte er mir kurz zu, stieg in sein Auto und fuhr weg. Tja, als Polizist wurde man selbst am Samstagmorgen nicht verschont. Ich huschte aus dem Zimmer und tapste die Treppen runter. Ein leckerer Geruch von frisch aufgebrühten Kaffee und Brötchen stiegen mir in die Nase. "Morgen." "Morgen, Schatz. Schläft Daniel noch?", fragte sie, als sie mich alleine sah. Ich nickte gähnend, setzte mich an den Frühstückstisch und entdeckte verwundert die neue "Horray!!" neben der Zeitung liegen. "Daniel hatte mich gebeten sie zu besorgen", rechtfertigte Mutter sich. Neugierig ergriff ich sie und schlug sie auf. Während ich mein Brötchen butterte und den Artikel von "Romeo und Julia" las, Daniel wurde nicht erwähnt, küsste mich jemand auf den Nacken. "Morgen meine Schöne", flüsterte er. Ich wand mich zu ihm um und sagte, während er sich neben mich setzte: "Musst du dich so von hinten anpirschen?" "An-was?" "An-pir-schen, anpirschen", wiederholte ich. "Was bedeutet ,anpirschen'?", fragte Daniel, wie ein kleines Kind, dass nicht verstand, was gerade Sache war. "Anpirschen, anschleichen, verstehst du?" "Warum sagst du dann nicht anschleichen?" "Das sagt man so." "Warum sagst du dann nicht anschleichen?" Das ist doch dasselbe!" "Ja, aber-" "Dann sag doch anschleichen!" "DU MACHST MICH WAHNSINNIG!!" Zur Mittagszeit bekam Daniel einen dringenden Anruf ("Sorry, aber es muss wichtig sein. Ich habe schon vierzehn Anrufe in Abwesenheit den Morgen über bekommen!"). Ich war zwar neugierig und wenn ich ehrlich war, lauschte ich auch, wenn ich am meinem Zimmer vorbei ging, wo er telefoniert, doch bei seinem Genuschel verstand ich höchstens mal ein "Yes" oder "Thanks". Was ich ihm aber, während ich den Tisch fürs Mittagessen deckte, auch sagte. "Kannst du nicht mal deutlich nuscheln? Man versteht ja kein Wort", warf ich ihm vor. "Jaja, Lauscher! Nein, hör zu", sagte er nun mit ernster Stimme, als Mutter Kartoffelbrei ausgab, "Oliver Summerston hat mich gerade gefragt, ob ich die Hauptrolle in ,French Kisses' haben möchte. Da es eilt, George Tiaro ist abgesprungen, soll ich ihm heute Abend schon Bescheid sagen. Was hältst du davon?", freute er sich. "French Kisses", sagte ich mit hochgezogenen Augenbraunen, wohl wissend, dass es "Zungenküsse" hieß. "Ja, Sophia, dass ist der neue Film überhaupt. Summerston produziert nur die Besten der Besten! Wahnsinn!", sagte er begeistert und hatte nicht mal ein Bissen gegessen. Ich freute mich nicht so sehr. Was kann das bloß für ein Film sein?! "Ja, woah, wann beginnen denn die Dreharbeiten?", fragte ich schnell, um meinen Unmut zu überdecken und spachtelte Kartoffelbrei, damit ich nicht allzu viel reden musste und "beschäftigt" war. "Wenn ich es mache, schon Freitag, d.h. ich muss auch schon Montag früh fliegen. Ich sag gleich zu, nachdem ich das mit Mr. Coon geklärt habe", sagte er eifrig und lief in Richtung Zimmer. "Mr.-" "Mein Manager", rief er hinterher. Ich stocherte in meinem Kartoffelbrei rum. Eigentlich sollte ich mich freuen. Er gab seine Träume nicht mehr für mich auf, wie edelmütig er es sonst getan hatte. Ich sollte doch eigentlich genauso glücklich sein wie er, oder? Doch mein ungutes Gefühl bestand weiter. "Du bist nicht so glücklich über ,French Kisses', oder?", unterbrach Mutter meine Gedanken. Ich schreckte hoch und schüttelte leicht den Kopf. "Ich sollte- ich muss mich doch eigentlich für ihn freuen, wenn es ihn so freut, oder?", dachte ich wiederum laut. Meine Mutter trank einen Schluck und setzte eine verträumte Miene auf, eher sie ritt: "Sag ihm was du denkst." "Mum, ich habe gerade erst gesagt, er soll nicht für mich kürzer Treten und nun sagen, er soll es nun doch?! Ich gönne es ihm ja", redete ich nach einer kleinen Esspause weiter, "aber irgendwie macht mich der Titel stutzig." ",French Kisses', was?", sagte sie übers Wasserglas hinweg. Ich nickte kurz. "Ich hab ,Romeo und Julia' immer schon besser gefunden", sagte ich mit einem leisen Glucksen. "Sophia", sagte eine Stimme hinter mir, die ganz anders klang als vorhin, "kann ich oben mit dir reden?" Ich folgte ihm. Er sah besorgt aus und seine Stimme hörte sich mechanisch an und in einem "Geschäftsmann-Stil", was mich schon irgendwie erschreckte. Nachdem ich mich auf mein Bett gesetzt und die Arm um meine Beine geschlungen hatte, lief Daniel im Zimmer auf und ab. Ich traute mich nicht zu fragen, was los war. Es war mir unheimlich. Ich hatte ihn noch nie so, so streng und irgendwie böse erlebt. Schließlich blickte er aus dem Fenster und begann langsam: "Coon hat den Vertrag schon fertig gemacht. Er hat fast fest mit meiner Zusage gerechnet und war so eigenmächtig Sachen, wie Gehalt und so zu klären, dass er auch andere Sachen über meinen Kopf hin zu entscheiden." Unvorhergesehen drehte er sich um und sah mir fast hypnotisch in die Augen. "Mir wäre es möglich für drei Monate, und zwar sofort, nach Frankreich zu gehen." Für einen Moment war ich erleichtert. "Nur", dass er für drei Monate wegmusste nichts Schlimmeres. Doch dann setzte mein Verstand wieder ein, verdrängte die Stimme in mir ("Bloß drei Monate! Ha! Was sind schon drei Monate!?) und wisperte leise: "Drei Monate?" "Ja, der Film spielt zur Hälfte in Paris, der andere Teil wird, Gott sei dank, in London gedreht", erklärte er, während er auf mich zuschritt. "Sofort?", redete ich abgehackt. "Ja, leider. Sofort heißt", er nahm meine Hände, "noch heute." Ich fasste seine weichen Hände fester. "Aber ich dachte wir hätten das Wochenende für uns und nun-", ich brach ab und vergrub mein Gesicht in meine Hände. Daniel setzte sich neben mich. Ich lehnte meinen Kopf an seine Schulter. Er strich mir langsam über die nasse Wange. Drei Monate... einundzwanzig Wochen... gut sechzig Tage... mehr als 2000 Stunden... 100.000 Minuten... ... ohne ihn... Kapitel 4: Eine runde Sache --------------------------- Soooo Leute... jetzt bin ich mit meinem Buch "Popular" fertig und hier kommen alle restlichen Kapitel, schreibt bitte trotzdem zu jedem Kapi ein Kommi, wenns geht, ja? Auch ma KRITIK!!! *Fane* Ich weiß nicht mehr wie lange ich in seinen Armen lag, doch ich wusste, dass es danach sehr schnell ging. Ein paar Anrufe, viel Durcheinander und ich mittendrin. Ich hatte die ganze Zeit nur auf meinem Bett gesessen, mir Fotos von uns angesehen und Tränen vergossen. Ich schnaubte. Hätte ich mich nicht in "den Jungen von nebenan" verlieben können? Als "den reichen berühmte Superstarjungen von weit weg"? Nein, nein, sicher nicht. "So, ich bin fertig", kündigte Daniel leise an, stellte sich vor mich und nahm meine Hände. Sein Blick war sanft. "Ich denke es wäre besser, wenn wir uns hier verabschieden, weil ich nicht will, dass dir am Flughafen etwas passiert. Paparazzis sind unberechenbar, glaub mir", erklärte er. Ich nickte nur. Ich fühlte mich leer und wie in Trance. Alles um mich herum schien zu verschwimmen, als er sich zu mir runter beugte und mich zärtlich küsste. "Ich muss noch kurz mit deinem Dad reden, wir telefonieren?" "Klar. Dan?", sagte ich noch, als er sich schon abgewandt hatte. "Ich liebe dich", er trat wieder einen Schritt auf mich zu, "Vergiss das nicht, ja?" Daniel lächelte und gab mir noch einen letzten, allerletzten Kuss. "Na, alles klar?", fragte mein Vater und rieb meine Schulter, als er sah, dass ich wieder eine Träne vergossen hatte. Ich nickte: "Ja, danke. Was-, was wollte Dan vorhin von dir?" "Ach, ach das, nichts Besonderes", sagte er zwar, doch ich wusste genau, dass es nicht der Wahrheit entsprach. "Na ja", begann er dann wieder, nach ein wenig Überzeugungsarbeit, "Daniel lässt eine Mauer mit Überwachungskameras errichten, jetzt, wo jeder weiß, dass du hier wohnst, kann es schnell gefährlich werden." Ich strahlte und ein warmes Gefühl stieg trotz der Trauer in mir hoch. Dad steht hinter mir. Die Bauarbeiten gingen ungewöhnlich schnell von Statten. Schon nach drei Tagen stand alles. Daniel hatte sich seitdem nicht gemeldet. Jedoch jemand ganz anderes. "Hi Alice", grüßte ich ein wenig halbherzig und setzte mich zu ihr an den Café-Tisch. "Sorry, dass ich in letzter Zeit so ekelig zu dir war. Also ich find es gut, dass du mit ihm Schluss gemacht hast. Ehrlich. In der ,Horray!!' war ein ganz großer Bericht von dir und dem Bild, als du ihm eine verpasst hast. Ich zahl schnell und danach gehen wir ins Einkaufszentrum", sagte sie schnell und wuselte weg, eher ich noch etwas sagen konnte. Cool, wir waren wieder Freunde, nur, dass diese Freundschaft sich auf einer Lüge gründete, dachte ich und zog meine Jacke wieder an. Kein gutes Omen! Aber sollte ich ihr sagen, dass ich gerade jetzt Daniel mehr liebte als jemals zuvor? Nun ja, dann hätte ich meine Freundin doch ein zweites Mal verloren, oder? Und Alice hat man lieber mit sich, als gegen sich, wirklich!, redete ich mir ein. "Ich mein, du gehörst echt nicht in so High-Society-Kreise, da bist du gar nicht der Typ für!", plapperte sie im Einkaufszentrum weiter, "Hey, wie findest das Oberteil?" Ja, die Alice die ich gekannt hatte, nur noch ein wenig schlimmer. Ich meine sie war früher schon schlimm gewesen in Sachen Mode, aber sie hätte nie einen Stoffrest "Oberteil" genannt. "Ja, äh schick", murmelte ich. "Find ich auch, hier", sagte sie und hielt es mir gegen den Oberkörper, "dir stand rosa schon immer besser als mir. Na los, anziehen", verdeutlicht sie, nachdem sie meinen ungläubigen Blick gesehen hatte. Ehe ich es mir versah, war ich schon in der Umkleide in einen Stoffrest gehüllt. "Ein wenig freizügig, nicht?" "Freizügig? Ach quatsch! Du bist jetzt Single und du sollst heute Abend ja auch auffallen!" "Ähm", machte ich, während ich mich umzog, "Heute Abend?" "Klar, da hat ein neuer Laden aufgemacht, die beste Gelegenheit dich wieder unter die Leute zu kriegen. Das Ende vom Lied war, dass ich mit Alice in diesem "neuen Laden" saß und den Fummel trug, den Alice mir geschenkt hatte, als ich mich weigerte ihn zu kaufen. "Alice? Ich dachte du wärst vergeben", fragte ich, als Alice von einem heißen Flirt wieder kam. "Ja ja, wir haben uns gestern getrennt", sagte sie beiläufig und verschwand. Ich seufzte halblaut und nippte an meinem Cocktail. Ich beobachtete die tanzende Menge, die sich zu den grässlichsten Songs bewegte. Wahrscheinlich wären sie gar nicht grässlich gewesen, wenn ich mit Daniel dort auf der Tanzfläche gestanden hatte, aber der war jetzt in Paris und macht "French Kisses" vor dem Eifelturm. Ich seufzte wiederum. "Hey, vielleicht was stärkeres?", fragte mich unerwartet der Barkeeper. "Äh, wie?" "Dir geht's gut, oder?" "Klar." "Na dann und warum sitzt du hier so allein?" "Vielleicht, weil ich keine Lust habe so blöde angequatscht zu werden", konterte ich bissig. "Oh, oh, ich-" "Einen ,Beach Two' bitte", bestellte ein blonder Junge plötzlich. Ich lehnte mich wieder an die Bar und nahm einen Schluck "Cherry Love". Ich wusste, dass mich der blonde Junge ansah, doch ich konnte seinen Blick nicht länger ignorieren, vor allem nicht, als er mich ansprach. "Na, alleine?" "Ne, ich hab hier noch fünf andere sitzen", sagte ich scharf und sah wieder weg. "Sorry, wusste ja nicht, dass du so down bist", meinte er, setzte sich aber trotzdem neben mich. "Toll, jetzt weißt du's." Ich widmete mich wieder mal meinem Cocktail. Auf gezwungene Konversationen hatte ich jetzt gar keine Lust. Wie schön wäre es jetzt mit Dan zu reden. Es fiel mir wie Schuppen von den Augen. Natürlich! Warum rief ich ihn eigentlich nicht an? Da letzte Mal hatte ich ihn gestern Mittag versucht zu erreichen! Ungeduldig nahm ich mein Handy aus der Hosentasche. "Ist noch was?", sagte ich zuckersüß zu dem Typ, der mich immer noch anstarrte und stand auf und verließ die Disco. Nach Alice hielt ich erst gar kein Ausschau, sie würde irgendwo mit einem Typen rumlecken. Draußen war es kalt geworden und ich bedauerte es, dass ich keine Jacke mithatte (Alice hatte mich wieder mal überredet). Es tutete erwartungsvoll. Freizeichen!, dachte ich noch, als sich eine Stimme meldete. "Alan Coon." "Oh, hello, ähm, Sophia, äh, can I speak to Daniel?" "Sorry, but he has a meeting, he calls you later, alright, bye." "Ja, tschüß", sagte ich noch nach dem tuten. "Hättest du mich nicht eher anrufen können, oder wenigstens eine SMS, ich hab mir Sorgen gemacht!", warf ich Daniel eine Woche später vor. "Und warum geht Coon dran? Ich meine, was hat dein Manager an deinem Privathandy zu suchen?!" "He Süße, komm mal runter. Sei froh, dass ich mich überhaupt melden kann, bei meinem Vierundzwanzigstundenkalender!!" Das ist doch wohl die Höhe! "Wie bitte? ,Wir telefonieren, ja?' Weißt du wer das gesagt hat? Du!" "Ich habe jetzt wirklich keine Zeit mir so etwas anzuhören. Ruf mich wieder an, wenn du dich beruhigt hast. Vielleicht vergnügst du dich solange mit einem Dorfjungen, der nicht Termine über Termine hat." "Ich rufe dich gar nicht mehr an!", schrie ich noch, doch ich wusste nicht, ob er es noch gehört hatte. Mit brodelnder Wut im Bauch setzte ich mich an meinen Schreibtisch. Was für eine Unverschämtheit! Okay, fasste ich dann den Entschluss und nahm das Telefon in die Hand, vergnüge ich mich eben mit einem Dorfjungen! "Hey Alice, Lust aufs ,Marzipan'?" "Endlich nimmst du deine ,Boyfriendsuche' ernst! Ich meine, was nützt es dir deinem Promi-Typen nachzutrauern. Es nützt dir gar nichts", redete Alice wieder auf mich ein. Ich nickte selbstbewusst und lief weiter neben Alice her. Am "Marzipan' angekommen, setzten wir uns nur kurz an die Bar, uns verschlug es auf die Tanzfläche. Ich verdrängte jeden Gedanken und jedes Bild in meinem Kopf von ihm. Erst recht, als mich ein Junge auf einen Drink einlud. "Ein ,Blue' ist doch okay, oder?", sagte er und reichte ihn mir. "Klar", sagte ich, ohne es wirklich so zu meinen. "Danke." "Sag mal bist du nicht die Ex vom Jason?", fragte er in einem leicht lallenden Unterton. "Du liest' ,Horray!!'?", wunderte ich mich und nahm einen Schluck "Blue". Es schmeckte ekelig bitter und sauer zugleich. "Klar, is Kult", sagte er eilig und presste seine Lippen auf meine. Überrumpelt stieß ich ihn weg. Er blieb mit träumerischem Blick sitzen. Mein Gott ist der Betrunken!, dachte ich. Ich setzte mich ein paar Hocker weiter hin und hielt (wieder mal) vergeblich Ausschau nach Alice. "Hi", sprach mich ein Typ an, "Bist du-" "Ja, ich bin die Ex vom Jason", sagte ich gelangweilt, ohne den Typen anzusehen. "Jetzt wo du's sagst. Aber ich wollte eigentlich nur fragen, ob du okay bist. Du siehst so traurig aus." Bei diesen Worten sah ich hoch. Wie rührend. Seine blauen Augen durchstießen die Dunkelheit. Ich erwiderte sein sanftes Lächeln. "Wollen wir etwas raus gehen? Frische Luft schnappen?" "Gerne", nahm ich das Angebot an und glitt vom Hocker. Ich folgte ihm. Unsere Handrücken berührten sich plötzlich. Wir sahen einander kurz an. Ich hoffte, dass ich nicht rot wurde. Die kühle Abendluft durchflutete mich. Es war für halb zehn Abends schon sehr dunkel (na ja, es wurde Winter). Wir blieben an einer Straßenlaterne stehen. "Wie heißt du überhaupt?", fragte ich ihn in unsere peinliche Stille hinein. "Oh, sorry, ich bin Lucas. Und du?" "Sophia", sagte ich. Wieder Stille. Ich musterte ihn (und ich wette, dass er mich auch die ganze Zeit musterte!). Er hatte etwas längeres mittelblondes Haar (die Farbe war nicht so gut zu definieren, da es dunkel war) und war einen Kopf größer als ich. Vielleicht auch nur dreiviertel Kopf größer. "Ich muss zu meinen Kumpels. Treffen wir uns mal? Tagsüber?" "G-Gerne", sagte ich perplex. Wir tauschten unsere Handynummern aus und ich bekam einen Kuss auf die Wange. Süß, dachte ich. Auch sein Style gefiel mir. Er hatte neben einem ordentlichen Hemd, eine etwas tiefer sitzende Hose an, sodass seine Boxershorts ein wenig rausguckte. Er hatte einen kleinen Po, aber total niedlich. Mein Gott, du tust, als wärst du total verliebt, erwischte ich mich. Aber das war ich nicht, nein, nein, ich wollte doch nur Daniels Wunsch nachgehen. Nein, nein, verliebt war ich nicht. Nein, sicher nicht. Sicher. Ganz sicher. "Hi Sophia, wollen wir uns um drei an der Kreuzung treffen, beim Kinderspielplatz? Wir können da dann überlegen, was wir machen. Luc", las ich, da es schon fünf nach drei war. Nein, er hatte drei Uhr geschrieben sicher. "So-Sorry", keuchte er dann plötzlich, nachdem er um die Ecke gebogen war. Er war verschwitzt und hatte ein Handtuch im Nacken. Sein Haar war nass und durcheinander. Er trug ein Trikot und die passende kurze Hose. "Ich komm gerade vom Fußballtraining", erklärte er und deutete auf seine Trainingstasche, "Eigentlich haben wir um halb zwei Schluss, aber da der Bus nicht kam musste ich laufen." Ich grinste. "Kein Problem. Willst du kurz Luft holen? Wir könnten uns dort irgendwo hinsetzten, ja?" Nickend stimmte Lucas mir zu und er trottete neben mir her. Wir suchten uns am Rand des Kinderspielplatzes eine Bank, wo kaum Leute waren. "Hartes Training?" "Was?" "Ob das Training hart war?", wiederholte ich, "Du bist so dreckig." Lucas und ich lachten kurz. "Sorry, aber der Platz war etwas matschig. Eigentlich hätten wir in der Halle Training gehabt, aber die wird ja repariert." "Spielst du schon lange Fußball?" Lucas nickte. "Mein Vater ist selbst Fußballtrainer. Er hat mich mit vier oder fünf in die Minikicker gesteckt. Ich glaube jedes Baby bekommt zur Geburt einen Teddy oder so, ich bekam einen Fußball aus Stoff." Ich lachte bei der Vorstellung kurz auf. "Deshalb hab ich leider auch nie so viel Zeit für meine Freunde. Und Freundinnen", setzte er hinzu und sah mich intensive an. "Wieso? Habt ihr so oft Training?" "Ja, vier mal die Woche. Montags bis Mittwochs von drei bis fünf und samstags, also wie heute, von zwölf bis halb zwei. Na ja und meistens kick ich an den anderen Tagen mit meinem Dad." "Woah, nicht schlecht", sagte ich beeindruckt. "Und du? Machst du Sport?" Ich schüttelte den Kopf. "Nein. Ich habe aber mal. Du wirst lachen, aber ich habe mal zwei Jahre Fußball gespielt." "Echt? Cool. Echt mutig!", sagte er anerkennend. "Mutig?", wiederholte ich. "Ja, meist werden Mädchen dafür doch ausgelacht, ich find mutig. Und cool! Warum hast du aufgehört??" "Na ja, eher unfreiwillig. Die Gruppe wurde aufgelöst, weil sich kaum Mädchen fanden, die bereit waren mitzuspielen." "Hey!", sprang er plötzlich begeistert auf, setzte sich dann aber wieder, "Dann komm doch zu mir! Wir haben eine gemischte Mannschaft!" "Oh nein", wehrte ich sofort ab, "ich fange jetzt nicht noch mal an." "Aber warum denn nicht?" Gut der Mann und gute Frage. Keine Ahnung. "Ja, nein, ich-", stotterte ich. "Also kommst du, perfekt", schloss er. "Nein, wirklich nicht, ich, ich hab gar keine Zeit!", suchte ich nach einem Grund. "Quatsch, du bist doch jetzt von Daniel getrennt, da hast du doch dann Zeit", fand er. Wie sollte ich ihm das nun wieder erklären? Er war doch so süß! "Ich komm mal vorbei", murmelte ich. "Perfekt!", jubelte Lucas zufrieden. Wir saßen noch kurz so da, als ich fragte, ob wir nicht mal etwas rumlaufen wollen. Er stimmte zu. Plötzlich tauchte eine Stimme hinter mir auf. Die Schwester meiner Mutter, die auch die Mutter von meiner Lieblingscousine Helena war, stand mit ihrem Sohn Timo vor mir. "Sophia, wie geht's?", fragte Saskia. "Gut", würgte ich hervor. Was für eine blöde Situation. Sie lächelte. "Ist das dein Freund?" Ich sah kurz zu ihm hoch. "Äh, nein, wir-" Er gab mir einen zarten Kuss auf die Lippen. Saskias Grinsen war ein wenig zurück gewichen. Ich war selbst geschockt und blickte von Saskia zu Lucas und wieder zu Saskia. "Ah, vielleicht doch?", lockerte ich die Stimmung (versuchte ich zumindest, der einzige der cool blieb war Timo!), "Wir sehen uns." Ich lief schnell weiter. Lucas folgte mir wacker. "Warum hast du das getan?", sagte ich mit zitternder Stimme und lehnte mich an einen Baum am Straßenrand. Lucas blinzelte. "Weil ich dich liebe." "Lucas, ich-" "Wirklich Sophia, das musst du mir glauben", sagte er nachdrücklich und nahm meine Hände. Ich zog sie weg. "Magst du mich denn gar nicht?" "Doch, klar mag ich dich, aber ich weiß nicht, ob ich dich liebe und überhaupt lieben kann!", versuchte ich mein Gefühlschaos zu erklären. "Weshalb? Bin ich so schlimm?", setzte er mit sanfter Stimme zu. Unsere lange Konversation endete in einer wilden Knutscherei. "Hi Süße. Hab kaum Zeit, liebe dich, Dan", sah ich es auf meinem Display leuchten. "Toll", sagte ich laut und wunderte mich zugleich, dass die SMS als "gelesen" auf dem Display stand (das Teil war schon immer schrott!). "Solche SMS kannst du dir sonst wohin stecken!" Ich schrieb nicht zurück, meldete mich nicht. Stattdessen ging ich am Montag darauf probeweise zu dem Training- und es gefiel mir! Ja, es machte mir echt Spaß mal wieder ein bisschen zu kicken. Vor allem das Sportliche (und nicht Geistige!) verausgaben. "Woah, das war mal wieder ein klasse Training", freute ich mich am Dienstag darauf. "Standart", nuschelte Lucas und leerte seine Wasserflasche über seinen Kopf aus, während ich einen Schluck nahm. "So geht's auch", meinte ich leise. Ich merkte, dass er heute irgendwie schlechter gelaunt war. Ohne ein weiteres Wort betrat ich die Umkleide der Mädchen- als Einzige! Ich war das einzige Mädchen in der Gruppe. Komischerweise sind die zwei Mädchen, die vorher hier gespielt haben, dann ausgetreten, wo ich kam. Soll's mir recht sein, dachte ich, mir macht es nicht aus, nur mit den Jungen zu spielen. Schließlich sind wir eigentlich als gemischte Mannschaft gemeldet, was heißt, dass auf Turnieren mindestens 1/3 der spielenden Mannschaft aus Mädchen bestehen soll (also drei Mitspielerinnen). Ich zog mich rasch um und wartete auf der Treppe zu dem Umkleidehäuschen auf Lucas. "Hi, ich hab auf dich gewartet", sagte ich, als er kam. Seine Haare waren noch nass, aber nicht vom Schweiß, ich vermutete, dass es normales Wasser war, da er frisch und herb roch. "Schön", sagte er wiederum nur und führte seine Wasserflasche zum Mund. "Ist irgendetwas? Nerv ich dich?" Er sah mich streng an. "Wenn du es genau wissen willst, ja! Bis morgen." Ich fühlte mich, wie einen im Regen stehen gelassenen Pudel. Warum nerve ich die Männer immer? Bin ich zu aufdringlich? Aber, aber ich mache doch gar nichts! Ich wollte doch nur mit ihm reden oder mit Daniel reden und ihm sagen, dass ich ihn vermisse. Wieso mache ich verdammt noch mal immer alles falsch?! Am Mittwoch und Samstag redete ich bewusst nicht mit Lucas. Vielleicht hatte er die letzten Tage nur schlecht geschlafen, wer weiß? Sonntag sah ich ihn dann zum Spiel wieder. "Hi ich bin Melanie und das ist Lana", stellten sich zwei Mädchen mir vor. "Hi, seid ihr bei uns?", fragte ich irritiert. "Sind wir, aber eher eine Notlösung. Wir sind aus der unteren Fußballklasse und auch erst dreizehn. Nur ohne uns dürftet ihr gar nicht antreten, seid froh, dass ich uns habt", meinte Lana hochnäsig, drehte sich auf dem Absatz um und ging sich umziehen. "Trainer, mit den Kindern dort verlieren wir!", appellierte Lucas als Kapitän an den Trainer, wie ich hinter mir hörte. "Ohne sie dürften wir aber gar nicht antreten!" "Wegen den Weibern verlieren wir sowieso, vielleicht sollten wir direkt aufgeben, vielleicht ersparen wir uns dann ein herbe Blamage", bedachte Lucas eingebildet und verzog sich in die Umkleidekabinen. Das ging zu weit!! Damit beleidigt er mich auch! Ich fing ihn nach dem Umziehen ab. "Was bildest du dir eigentlich ein? Mit den Weibern verlieren wir sowieso, wenn ich das Handtuch schmeiße, kannst du dich schnurstracks wieder umziehen gehen", fauchte ich ihn an. "Ziehst hier so hochmütig eine Show ab." "Ha! Spinnst du? Wer zieht hier eine Show ab?" "Bitte?", sagte ich plötzlich wieder weich. "Schmeißt dich an mich ran, obwohl du immer noch mit Jason zusammen bist! So was kotzt mich an! Ich bin nicht dein Trostpflaster!", schrie er, rempelte mich an und ging vorbei. Ein paar Spieler sahen mich an. Mein Herz pochierte. Mein Kopf drohte zu zerspringen. Woher-? Mir kam ein schrecklicher Gedanke und ich lief hinter ihm her, den Tränen nahe. "Warum gehst du an mein Handy? Du hast daran nichts verloren!" "Gut, dass ich das Piepen zufällig in der Umkleide hörte und nachgesehen habe. Ich lass mich von dir nicht verarschen, verschwinde!" Die Wut kochte in mir und ich warf ihm einen bösen Blink zu, bevor ich an ihm vorbei lief. Das würde ihm noch Leid tun! Erst liest er meine SMS und dann behauptet er auch noch, dass ich auf ihn stehe! Spinnt der? "Trainer!", rief ich, "Ich gehe, sehen sie zu, wie sie das mit dem 1/3 hinbekommen", sagte ich kurz angebunden. "Sophia? Was? Warte!", rief er noch, doch ich war schon in die Kabine, um mich wieder umzuziehen. Wie zu erwarten war klopfte es später. Natürlich war es der Trainer der klopfte. "Sophia?" Vor Schreck fiel mir beinahe das Trikot aus der Hand. Es war Lucas' Stimme. "Ich weiß, dass du da drin bist, bitte mach auf." Ich wurde durch seine sanfte Stimme schwach und schloss auf, ohne zu überlegen, dass ich ja gerade das Trikot ausgezogen hatte. "Dreh dich um!", bedeutete ich ihm schnell bevor er etwas sah, wandte mich um. Ich zitterte so sehr, dass ich fast bewegungsunfähig war. Vibrierende Stile. Mein Herz klopfte so laut, dass ich Angst bekam, er könnte es hören. "Es tut mir leid, was ich gesagt habe." Ts, das kann jetzt jeder sagen, ich wette im selbem Atemzug forderst du mich noch auf mitzuspielen. "Ich hatte einfach Angst, weil ich dachte- ich hab mich in dich verliebt Sophia", kam stattdessen rausgesprudelt. Ein Schauer lief mir über den Rücken. Er liebte mich? War er vielleicht doch nicht so- eben so ekelig wie ich dachte. Ich zuckte zusammen. Ich sah ruckartig über meine Schulter. Lucas hatte seine Hände auf meine nackte Schulter gelegt. Ich bekam eine Gänsehaut. Sein Atem war ruhig und gleichmäßig. Automatisch schmiegte ich mich, immer noch mit dem Trikot vor der Brust, an seinen Oberkörper an ihn. Ich legte den Kopf auf sein Dekortee. Er war warm und seine großen Hände streichelten meine Oberarme. Ich genoss diese Geborgenheit sehr. Er küsste mich unerwartet. Seine Finger streichelten mein Kinn. Dann fuhr er mir über die Lippen mit denen ich sprach: "D-Das Spiel, schnell!" Es wurde auch höchste Zeit. Man sollte meinen, dass ich nun, glücklich wie ich war, tausend Tore schießen sollte, doch in meinem Gefühlsrausch verschlief ich jeden Pass, versemmelte ich jede Torchance. "Was ist los, Sophia?", sprach Lucas mich an und warf mir ein Handtuch entgegen, dass ich mir in den Nacken legte. "Ich- ich weiß auch nicht", stammelte ich und setzte mich. "Du lagst mit deiner Aussage, dass wir wegen ,den Weibern' verlieren gar nicht so falsch, weißt du..." "Hey, kopf hoch, es ist noch nichts verloren! Wir liegen erst ein Tor zurück und mal ehrlich", sagte er in leisem tröstendem Ton. Ich seufzte. "Klar, voller Optimismus, nicht wahr?" Er gab mir einen Klaps auf den Hinterkopf und ging zu seinen Jungs. Der Trainer sprach nicht mehr mit mir, jedoch gesellten sich die zwei Grazien zu mir. "Sag mal, spielst du eigentlich normalerweise auch Fußball? Machst du nicht vielleicht Ballet oder", Lana kicherte unentwegt, "vielleicht Schach?", gackernd gingen sie weg. Mein Ehrgeiz packte mich, den werd ich's zeigen! Selbstbewusst stellte ich mich in den Kreis. Keiner entgegnete etwas. Jannis stellte sich zu mir und murmelte leise etwas wie "packen wa scho" und ich kickte zu ihm. Nach einer wunderschönen Flanke meinerseits ein wunderschönes Tor á la Jannis. "Sauber Sophia!", rief Lucas über das ganze Spielfeld und umarmte ich, während fast alle andere auf Jannis zustürmten. Das Ende vom Lied war, dass wir 4:1 gewannen. Nicht schlecht, oder? "Demnächst beleidige ich dich, dann wirkt es vielleicht noch mehr, als von den beiden Zicken", meinte Lucas später. Er hatte die Trainingstasche lässig über die Schulter gelegt. "Was?" "Ja, ich hab's zufällig mitbekommen. Nein, aber mal ehrlich klasse gemacht Kleine", lobte er mich. "He, na so klein-", er küsste mich überschwänglich. Ich erwiderte es. Doch nach mehreren Sekunden schaltete sich mein Gehirn wieder ein. "Du weißt, dass das nur für kurz ist. Im Dezember sehe ich Daniel wieder", erklärte ich ihm ganz offen. Er schlang seine Arme um meine Hüfte und zog mich an sich heran. "Ich nehme die Sophia, die ich kriegen kann, auch wenn es nur die Hälfte ist!" Glücklich nahm ich mein Handy und legte mich ins Bett. Ich liebe Lucas! Ich erschrak wiederum. Ich liebe Lucas? Hab' ich das wirklich gerade gedacht? Aber- PIEP! "Liebe dich, Dan", las ich. Aber, aber bei Dan kribbelt es auch noch, dachte ich verzweifelt. Ich war verwirrt, doch ich musste auch in mich hineingrinsen. "Geht's vielleicht noch etwas kürzer, Da-", er piepte. "Luv ya, D." Ich lachte in mich hinein. Mein Gott war das- crazy. Absolutely crazy! Worüber ich am Vorabend noch gelacht habe, fand ich am nächsten Tag nicht mehr so crazy. Es lag ein Brief von Daniel im Briefkasten. Es lag kein Brief drin, sondern eine DVD mit der Aufschrift: "Für meinen Schatz in Deutschland, von deinem Lover in Paris Vol 1.". Neugierig legte ich sie ein. Daniel saß auf einer Bank. Im Hintergrund sah man (wahrscheinlich) das Filmset von "French Kisses". Es sah beinahe aus, als hätte er einen Schlafanzug an. Ich schloss, aber dann eher auf Sportklamotten. "Hi Sophia, hier sind wir am Set. Im Moment ist Umbaupause und ich hab kaum Zeit, aber ich dachte ich, film mich mal für dich. Ich hoffe du freust dich. Das ist", er winkte nach rechts und ein etwa gleichaltriges Mädchen setzte sich neben ihn, "Lauren Yvens. Meine Verlobte", ich schluckte kurz, "in ,FK' (Erleichterung!) und nun ja", Dan schob Lauren wieder von der Bank runter, "nun kennst du sie. Also ich werde am 1. Weihnachtstag wiederkommen. Die Dreharbeiten sind zwar schon am zweiundzwanzigsten abgeschlossen, aber ich habe beim besten Willen keinen Flug mehr bekommen. Um Weihnachten fliegen sie ja alle!", rechtfertigte er sich, "Also wie du siehst", er deutete hinter sich, wo bei den Umbauarbeiten schon mehrmals sein Name gerufen worden war, "werde ich hier gut eingebunden. Kurz um, Stress pur. Wenn ich so recht überlege hab ich gerade mal einen französischen Bäcker von innen gesehen, aber ein kann ich dir sagen: Ich ziehe echt britisches Essen auf alle Fälle vor! Nichts gegen Croissants und Baguette, aber der Käse und eben das ganz andere Zeug, ne lass mal", er verzog das Gesicht, "Ich muss jetzt wieder drehen und ehrlich gesagt", er kam näher an die Kamera und flüsterte, "ich kann meinen Text kaum, aber wenn du das hier siehst, hab ich es ja sowieso schon überlebte. Ich freue mich auf Weihnachten mit dir. Ich denke wir feiern den ersten Weihnachtstag bei dir und den zweiten bei mir, ist das okay? Ich komme dann am Ersten schon recht früh bei dir an. Du kannst ja dann später bis Silvester und die Ferien bleiben, wenn du möchtest und es für deine Eltern okay ist", Dan zuckte zusammen, da jemand sehr Ungeduldiges seinen Namen ganz laut gebrüllt hatte, "Wie du hörst, muss ich Schluss machen. Ich liebe dich, bye babe", hauchte er noch und "schickte mir einen Kuss", dann ging die DVD aus. Ich war total gerührt, wie süß das war! Und ich betrüge ihn... aber eigentlich hat er es mir ja auch gesagt, dass ich... natürlich nicht, aber... "Hi", grüßte ich Lucas, umarmte ihn, küsste ihn. "Hey, du siehst... mögen Mädchen es, wenn die Jungen sagen ,heiß' oder ist das zu sexistisch?" "Öh, ich fasse es als Kompliment auf", meinte ich schmunzelnd und wir küssten uns (heiß). Es war Ende November und ich hatte mich oft mit Lucas getroffen. Das Training natürlich ausgeschlossen. Ich wusste, dass Weihnachten immer näher rückte und mir war auch schmerzlich bewusst, dass ich mein Gewissen ständig unterdrückte und ignorierte, doch meine Sehnsucht nach Wärme und Geborgenheit und eine Person auf die ich mich verlassen kann, stieg stetig. Alice sah ich kaum noch. Sie wusste zwar, dass ich oft Training hatte (was ich auch jedes Mal als Ausrede nahm), aber von Lucas und mir wusste sie (Gott seid Dank!) nichts. "Wo gehen wir eigentlich hin? Ich meine, wo ist die Fete deines Bruders?" "In einem Saal am Bahnhof. Es kommen schließlich mindestens vierzig Leute." Tja, dachte ich, seinen achtzehnten feiert man schließlich nicht alle Tage! Eigentlich kannte ich Markus auch gar nicht, aber, wie gesagt, da ich mit Lucas zusammen bin (oder zumindest so halb), hat mich sein Bruder dann auch eingeladen. "Herzlichen Glückwunsch", wünschte ich Markus, umarmte ihn kurz und stellte die Brötchen meiner Mutter aufs Buffet. Das war praktisch mein Geschenk und Eintritt. Der Saal war gerammelt voll und ich fühlte mich viel zu schick für diese Party. Mein schwarzes, schlichtes und glänzendes Kleid sah total overdressed aus, was mir manche Blicke auch signalisierten. Ich ziepte an Lucas Ärmel. "Du, wollen wir gehen?" "Was?", fragte Lucas, "Wir sind doch erst seit einer knappen halben Stunde hier." "Jaja, aber... findest du mich nicht viel zu... bin ich nicht schlecht gekleidet für diese Fete?", zweifelte ich und sah ihn ein wenig gequält an. "Süße, du siehst toll aus, komm wir tanzen!" Widerwillig ließ ich mich auf die Tanzfläche führen. Ich kam mir ziemlich bescheuert vor, weshalb ich auch mit der Ausrede, Hunger zu haben, von der Tanzfläche ging. "Du isst ja gar nichts!", beschuldigte Lucas mich, womit er Recht hatte. Ich seufzte. "Tut mir leid, aber ich gehe", sagte ich kurz und lief schnell raus. Das war wieder ein totaler Reinfall. Eine Fete, wo ich gar nicht hingehöre! Nicht nur äußerlich! Ich kannte niemanden und Lucas redete ständig mit Anderen, die ich nicht kannte, rechtfertigte ich mich vor mir selbst. Ich wandte mich um. Na toll! Lucas gab sich nicht einmal mehr die Mühe hinter mir herzulaufen! Vielleicht störe ich ihn ja auch nur... "Hier ist ein Brief von Daniel", meinte meine Mutter ein paar Tage später und meine schlechte Laune (noch vom Vortag) war wie verflogen. "Mama", stutzte ich langsam, "der ist nicht von Daniel." Beim näheren hinsehen kann dieser edle pergamentfarbene Brief, weshalb meine Mutter sicher geglaubt hatte, dass er von Daniel war, nicht von Daniel sein, da er immer mit Hand die Adressen schrieb und jedes Mal ein Herzchen um beide legte. Meine Adresse war jedoch aufgedruckt und als Absender... ich stockte. Paris? War er doch von Daniel? Aber... aber warum stand dort "Galliläushallen" oder so? Sehr geehrte Frau S. Tieke, hiermit möchten wir sie offiziell am 30. November einladen zur "French Kisses Gala" zu Gunsten von Not leidenden Menschen in Südostasien". Bei der Gala werden die ersten vierzig Minuten des neuen Films "French Kisses" mit Daniel Jason und Lauren Yvens in den Hauptrollen. Anschließend wird ein Ball veranstaltet mit Buffet für die Prominenten. Spendengelder werden durch die Eintrittsgelder der Besucher der "kleinen Premiere" und das danach folgende Fotoshooting eingenommen, (jedes an die Presse verkaufte Foto bringt zwischen 5000 und 10000 €) wo wir sie herzlich bitten daran teilzunehmen. Senden Sie uns das Flugticket, wie die VIP-Eintrittskarte, wie das Taxiticket vom Pariser Flughafen aus, zu, wenn Sie sich entschließen nicht teilzunehmen, was wir sehr bedauern würden. Mit herzlichen Grüßen, E. Jeve "Wahnsinn, Schatz!", fand meine Mutter, "Natürlich gehst du dahin", beantwortete sie meine vorherige Frage. "Sag mal, ich dachte, die Presse denkt, dass du dich von Daniel getrennt hast." "Ja ja, das verstehe ich ehrlich gesagt auch nicht so ganz... vielleicht erwarten sie, dass ich ihm vor versammelter Mannschaft eine scheuer, oder so..." Meine Mutter zuckte mit den Schultern und lief zum Kalender: "Das ist ja schon in zwei Wochen", stellte sie fest. "Oh", sagte ich, "was soll ich da denn anziehen?" "Dein schwarzes Kleid ist doch perfekt dafür, oder?", fand meine Mutter. "Findest du?", zweifelte ich, "Es ist nicht teuer gewesen..." "Sophia, das ist nicht so wichtig. Hauptsache du siehst hübsch drin aus." Mein Gewissen plagte mich ungemein. Schließlich erhielt ich jeden Tag die, wenn auch kurzen, SMS von Daniel, aber ich traf mich auch noch regelmäßig mit Lucas. Das Verhältnis zwischen Daniel und mir war sehr gespannt. Wir hatten uns nicht richtig ausgesprochen und die lange Trennung machte es auch nicht besser. Ich hatte Angst ihn zu verlieren, aber was sollte ich denn tun, wenn ich ihn auf der Gala sehe? Ihm um den Hals fallen und ihn abknutschen? Oder die Eingeschnappte spielen? Ich habe wirklich keinen Schimmer, wie ich mich Daniel gegenüber verhalten soll und Lucas erst. Wie erkläre ich ihm, dass die letzten Wochen schön waren, aber ich eigentlich Daniel liebe, ohne, dass er denkt, er wäre nur ein Trostpflaster gewesen? Muss ich mich eigentlich rechtfertigen? Immerhin weiß er, dass ich noch mit Daniel zusammen bin! "Hi", grüßte ich Lucas und küsste ihn liebevoll. "Hi", sagte er schnell noch und erwiderte sofort meinen Kuss. Ich war noch nie bei Lucas zu Hause gewesen. Meistens waren wir bei mir, oder irgendwo draußen. Neugierig sah ich mich um. Woah, es war ein riesiges Haus mit Pool! Nicht das ich das nicht von Daniel gewohnt war, aber es wirkt von außen viel unscheinbarer als es von innen eigentlich ist. Lucas fasst mir von hinten an die Hüfte, legt seinen Kopf an meinen und führt mich ins riesige Wohnzimmer. Es war alles total modern und mit fortschrittlichster Technik ausgerüstet. "Es ist keiner da", hauchte er und legte sich sanft über mich auf das Sofa. Wir küssten uns leidenschaftlich. Ich wuselte ihm durch die blonden Haare. Es war wunderschön mit Lucas und ich genoss es als er mich am Hals liebkoste. Seine Hände glitten unter meinen Pullover. Er streichelte meinen Bauchnabel. Es prickelte. "Lucas", sagte ich dann leise. Ich wusste, dass dies der beste Zeitpunkt sei, ihm zu sagen, dass aus ist. (Oder vielleicht der schlechteste Zeitpunkt?) Ich setzte mich auf und Lucas setzte sich neben mich. Er stützte sich mit den Ellenbogen auf den Knien ab. Den Kopf lehnte er auf die gefalteten Hände, als ob er genau wüsste, was jetzt kommt. "Ich fliege am Wochenende nach Paris. Zu eine Benefiz-Gala. Und...", ich biss mir auf die Lippen, "zu Daniel", gab ich leise hinzu. Ich wartete Lucas' Reaktion ab, doch er sagte nichts. "Es war wirklich sehr schön, aber-" "Jetzt da du deinen Jason wiederhaben kannst, gibst du mir den Laufpass!", beendete er mit brodelnder Stimme. Er sah mich an. Durchdringend und voller Hass. "Ich... ich weiß es war nicht richtig von mir, aber du wusstest doch, dass ich mit Daniel zusammen bin, oder?" "Nein, ich wusste es nicht. Nie wirklich zumindest. Du hast es mir an dem Abend in der Disco gesagt, aber weißt du wie oft es Trennungsgerüchte gab? Ich habe dich geliebt! Mir war es egal, ich wollte doch nur mit dir zusammen sein, verdammt! Ich Idiot!", schrie er, während mir die Tränen kamen. "Es tut mir doch Leid, ich weiß auch nicht, ich...", versuchte ich es verzweifelt. Mir ging so vieles durch den Kopf. Lucas stand nun urplötzlich vor mir. (Warum ich nun auf einmal stand wusste ich selbst nicht!) Er schnaubte. "Ich wusste, dass der Tag kommt an dem du mir so was sagst. Aber ich wollte es nicht wahrhaben..., ich wollte mir nicht eingestehen wie verlogen du bist", sagte er mit leiser tiefer Stimme, die sich in mein Herz bohrte. Ich schluckte. Er hielt mein Gesicht in seinen Händen und wischte meine Tränen mit seinen Daumen weg. Er führte mein Gesicht zu ihm. Unsere Lippen berührten sich intensive. "Viel Spaß in Paris, ich hoffe, dass du glücklich mit deinem VIP-Futzi wirst", flüsterte er kaum hörbar und ging. Ich merkte, wie meine Lippe zitterte und mein Gesicht nass war, voll Tränen. Ich berührte meine Lippen. Es stimmte. Ich war verlogen. Ich habe Daniel betrogen und Lucas nicht die volle Wahrheit gesagt. Aber ... wollte Daniel es nicht so, dass ich mich mit einem anderen vergnüge? Ich kann mich nicht rausreden!, befahl ich mir. Ich wusste nicht mehr was ich denken sollte, außer mich auf Paris zu freuen... ich war noch nie in Paris! Kapitel 5: Ein Märchen, dass wahr wurde --------------------------------------- Es war so weit. Endlich. Ich hatte mein schwarzes Kleid angezogen (ich hatte einen Anruf bekommen, dass ich vom Flughafen sofort zum roten Teppich gebracht werden würde und da kann ich mich ja nicht auf der Fahrt umziehen!) und war perfekt geschminkt. Meine Mutter hatte mir zuvor noch die Haare hochgesteckt. Ich war wahnsinnig aufgeregt. Wie wird es wohl sein... roter Teppich... Presse... oh Mann, für Daniel wäre das Tagesordnung, aber für mich... Ich stand eigentlich immer als Fan hinter der Absperrung, aber jetzt werde ich auf dem roten Teppich stehen. Ich, Sophia Tieke! "Miss, please", forderte mich die Stewardess auf, da ich im Gang den Verkehr total aufhielt. "Yeah, sorry", sagte ich schnell, nahm meine Tasche und stieg draußen in den Bus, der die Passagiere zum Flughafen bringen sollte. Es war immer praktisch in ein Land zu kommen, wo man die Sprache nicht mal ansatzweise kann, dachte ich und sah mich nach meinem Koffer um, der schon bald kam. Ich schlenderte Richtung Ausgang, als ich panisch bemerkte, dass ich gar nicht weiß, wie ich denjenigen, der mich abholen soll, erkennen soll! In diesem Augenblick sah ich Schild mit meinem Namen von einem bärtigen Mann gehalten. Ich lief auf ihn zu und lächelte ihn an. Er sag mich immer noch grummelig an, bis ich vor ihm stand und nuschelte fast unverständlich: "Passport." Ich kramte überrascht in meiner Tasche. Klar, jeder könnte Sophia Tieke sein. So bekannt wie Tom Cruise war ich eben nicht! Zufrieden führte er mich dann aus dem Flughafen raus und steuerte mit mir auf eine schwarze lange Limousine zu. Woah, dachte ich, als er meinen Koffer einlud und ich mich reinsetzte. Es war sicherlich noch genug Platz für mindestens zehn Andere! (Na ja vielleicht ein bisschen übertrieben, aber auch nur ein bisschen!) Kaum saß ich, klingelte mein Handy. Der Fahrer nahm keine Notiz, ich hätte sie am liebsten auch nicht genommen: es war Alice. "Hallo", meldete ich mich. "Hey Süße, ich bin's Alice! Wo bist du gerade?" "Ähm, ich bin- bei meiner Tante, w-wieso?", versuchte ich meine Zögerungen zu unterdrücken. "Cool, gib' mir mal die Adresse, dann komm ich dich mal besuchen. Wir machen uns dann einen schönen Tag", sagte sie. Dreist, dachte ich. "Oh, Alice, äh, das geht nicht, meinte liegt im Krankenhaus und-, also das ist ganz schlecht jetzt!" "Mhm... oh, na ja", sagte sie mit traurigem Unterton. Mir tat's wahnsinnig Leid, wenn sie wüsste, wo ich jetzt eigentlich bin! "Gut, ich muss Schluss machen, tsch-" "Warte, können wir-" "Sorry, aber es geht wirklich nicht, tschüß", sagte ich hartnäckig und legte auf. Ich sah hoch und wischte die beschlagene Scheibe sauber. Ich sah in weiter Ferne ein immer größer werdendes, hell erleuchtendes Gebäude. War es das? Ich konnte nicht erkennen, ob etwas daran stand, da es schon so dunkel war (es fast viertel vor sieben, man, wie schnell es im Winter dunkel wurde! Und dann noch die dunklen Wolken...). "We'll arrive in a few minutes", sagte der Fahrer unvermittelt. Ich sah in den Spiegel. Alles saß, wie es zu sitzen hatte. Erleichtert setzte ich mich wieder etwas bequemer hin und strich mein Kleid an meinen Oberschenkelen glatt. Da sah ich ihn, nachdem der Fahrer rechts eingebogen war! Wir fuhren jetzt auf dem roten Teppich und Sekunden später hielt er darauf an. Rechts neben mir der Eingang. Ich stieg, darauf bedacht nicht zu stolpern oder ähnlich peinliches zu machen, aus und nahm den Schirm entgegen, den mir eine Dame. Es fisselte leicht. Hinter mir begann eine Menge zu kreischen. Ich sah mich um. Hinter der Absperrung standen Fans in sechser Reihen!! Sie kreischten (und ich meinte, auch mal meinen Namen gehört zu haben!). Ich winkte ihnen und lief hin. Ich gab meine ersten Autogramme! (Nachdem mir der Security-Mann gesagt hatte, doch mal ein paar Autogramme zu geben.) Ich kritzelte aber tausendmal "Sophia". Schließlich ging ich über den roten Teppich, durch ein Blitzlichtgewitter in Richtung Eingang. Ein Presse man zog mich plötzlich beiseite. Vor einer bunten Wand musste ich mich postieren und er fotografierte drauflos. Endlich ging ich nun wirklich rein und gab meine Jacke, sowie den Schirm an der Garderobe ab. Ein Herr im schwarzen Jackett führt mich in eine der riesigen "Galliläus-Hallen", die mit "Halle 4a: Benefiz-Gala" ausgezeichnet war, zu meinem Platz. Ich sah mich um. Die "VIPs" saßen ein wenig unterhalb, fast auf Höhe der Leinwand, wo später die ersten Minuten des Films gezeigt wurden. Praktisch über uns saßen die Fans, wie mir der Jackett-Mann vorhin freundlicherweise erklärt hat. Nachher würden die "VIPs" durch den Nebeneingang in Halle 4b gehen, zum Ball. Es war oben wie unten schon sehr gut gefüllt. Langsam wurde alles ein wenig stiller. Ich ließ mein Blick durch die "VIP-Reihen" schweifen. Ich warf einen Blick nach rechts. Ich sah ihn. In derselben Reihe wie ich saß er. Er unterhielt sich mit anderen. Jetzt lachte er. Daniel Jasons und mein Blick trafen sich. Ein Schwall Hitze und tausender von Schmetterlingen durchflutete meinen Körper. Wir lächelten nicht. Sahen uns nur an. Ich bemerkte wie mein Mund sich leicht öffnete. Mein Körper zitterte. Ich war froh, dass er mich nur von weitem sah. Hoffentlich war ich nicht rot geworden. Er starrte mich weiter an. Um ihn stoßen ihn seine Freunde an. Er reagierte nicht. Unsere Blicke verschlangen ineinander. Er sah mich an. Ich hielt den Atem an. Doch dann ging das Licht aus. "Ladies and Gentleman", hörte man aus den Lautsprechern, "the first fourty minutes of ,French Kisses' (Gekreische) with Lauren Yvens (wieder Gekreische, der Scheinwerfer war auf sie gerichtet) aaaaand Daniel Jason!!" (Doppelt Gekreische! Der Scheinwerfer senkte sich auf Daniel) Der Film begann... auf Englisch. Ich seufzte innerlich. Stimmt ja, es war eine britische Filmproduktion, die ja nur zur Hälfte in Paris spielt. Daniel spielte sehr gut. Lauren war auch gut, klar. Wie real die Zungenküsse aussahen. Daniel spielte einen gewissen James Cahn, der sich unsterblich in Linsey Maccy verliebt hat. Er lässt total den Macho raushängen, nur bei der selbstbewussten Linsey, die er in Paris bei einer Studienfahrt zum Louvre kennen lernt, kann er nicht landen. Was ihn zutiefst nervös macht. (Süß!, dachte ich, Danny als Draufgänger). Doch als er sie weich gekocht hat, will er mehr, doch sie wickelt ihn ein. "Du bist richtig heiß, wenn du geduscht hast", übersetzte ich mir. Sie, in Unterwäsche, knutscht mit ihm. Sie lässt sein Handtuch fallen. Ich erschrecke. Er ist splitternackt, aber nicht weiter als Steißbein gezeigt. Sie lässt sich mit ihm auf das Bett fallen. "Let's make love", hauchte er ihr zu. Sie leckt sich über die Lippen. Das Licht geht an, der Film aus. Ein raunen geht durch die Menge. Beim Besten hören sie natürlich auf. Alles erhebt sich. Die "VIPs" gehen zum Ball, die Fans eilen raus, um eventuell noch ein Autogramm zu erhaschen. Ich ging in den Ballsaal. Er war riesig groß und in edles Bordeaux mit Gold getaucht. Es waren noch nicht viele da. Wahrscheinlich waren sie raus gegangen, um Autogramme zu geben. Aber wer will schon von mir eins haben? Bei solchen Superstars kann ich nicht mithalten. Der Ballsaal füllte sich rasch. Die Musik begann zu spielen. Die ersten Paare tanzten auf dem Parkett. Es wurden immer mehr. Daniel sah ich nicht. Ich stand allein am Rand. Irgendwie eine öde Party hier, zumindest für so ein No-name-girl, wie mich. Ich ging, nachdem ich mich erkundigte hatte, wo sie war, auf Toilette. Ich sah nach Draußen, durch eine Tür, die als Hintereingang diente, war vergläsert. Es schneite. Wahrhaftig! Schnee in Paris und das schon Ende am 30. November! Ich drückte die Türklinke der Toilette runter und begutachtete die sanft fallenden Schneeflocken interessiert, bis die Tür von innen geöffnet wurde und ich gegen jemanden stieß. "Du solltest die andere Tür nehmen", sagte die Stimme, Daniels Stimme. Er deutete auf das Herrenschild. "Oh, oh ja, klar, danke", stammelte ich unwirsch und lief zur anderen Tür. Ich drehte mich um, doch Daniel war nicht mehr da. Ich hatte den ganzen Abend eigentlich nichts Besseres zu tun, als zu trinken und zu essen und alle fünfzehn Minuten auf Klo zu rennen. Komisch. Ich holte mir meinen Schirm aus der Garderobe, vergaß jedoch die Jacke und ärgerte mich dann, als ich draußen stand und erfror. Leise kullerten die Schneeflocken zur Erde. Der Wind blies leicht. Die teilweise noch grünen Bäume, auf denen unschuldigster Schneeschichten lagen. Herrlich! Ich sah hoch und hielt den Schirm aber so in den Wind, dass ich den Schnee nichts ins Gesicht bekam. Es war angenehm ruhig hier draußen und eigentlich nur mein Zähneklappern zu hören. Kein Wunder bei einem wadenlangem Kleid und Stiefeletten, oder? Wärme durchflutete plötzlich meinen Oberkörper. Meine nackten Schultern waren bedeckt von Wärme. Ich sah über die Schulter und blickte in die Augen, die mich vorhin verschlangen haben. Unseren Nasen waren sich so nah. Seine starken großen Hände hielten mich fest. Ich glaube sonst wäre ich auch ohnmächtig gewesen! Ich sah seinen Atem, der bei der Kälte weiß wurde. Er prickelte auf meiner Wange. Sekunden verstrichen. In mir kribbelte alles unaufhörlich. Dann. Er machte Anstalten sich zu mir runter zu beugen. Lucas, pocherte es. Ich drehte mich weg. "Wunderschön, nicht wahr?", sagte ich und deutete auf die Schneeflocken, die immer dichter wurden. "Ja", sagte er und in seiner Stimme lag ein Hauch von Enttäuschung. Ich sah flüchtig im Augenwinkel seine Lippen. Ich wollte ihm nicht mehr in die Augen sehen. Ich fühlte mich plötzlich so..., so als wäre es nicht richtig. "Hast du Autogramme gegeben? I-Ich habe dich den ganzen Abend gar nicht gesehen", warf ich ihm vor, ohne eine böse Absicht zu haben. "Ja, ja ich war draußen bei den Fans und danach noch Interviews geben." Sein Ton war trocken und unpersönlich. "Ist was?", fragte ich leise. Ich blickte immer noch gerade aus, während er seitlich hinter mir stand. Ich sah, wie er auf die Uhr sah. "Ich glaube wir müssen in die Maske, für die Benefiz-Fotos, du weißt schon." "Ja, klar", antwortete ich nur und trottete ihm zitternd hinter her. Ich hoffe, dass ich hier auch wieder herfinde, dachte ich, als ich bei der Maske angekommen war, da die "Galliläus-Hallen" wie ein Labyrinth sind. Die Dame puderte mich eine geschlagene halbe Stunde, als ich endlich von ihr zu Anprobe geschickt wurde. "Wir haben zu erst das Thema ,Black and White'", meinte eine Frau netterweise auf Deutsch zu mir, als sie mir schon ein paar Sachen in die Hand drückte. Ich zog den schwarzen Rock und das weiße Rüschentop an und legte den flauschigen weißen Schal um. Gestylt stellte ich mich zu den anderen Promis. Unsere Blicke trafen sich. Wir lächelten gezwungen. Es war nicht dasselbe. Unsere Beziehung, unser Verhältnis hat sich irgendwie verändert. Zum positiven? Ich weiß nicht... Jedenfalls posierte ich dann mit ein paar Promis, die ich aber nicht kannte, vor der Kamera. Es war wirklich lustig. Der Fotograph konnte nur spanisch, was hier aber gar keiner verstand, weshalb er immer kam und uns "zurechtbog". Plötzlich zog er Daniel und Lauren vor den weißen Vorhang, uns schob er beiseite, und machte ausfallende Bewegung. Ein Mann kam dazu. Er sprach mit dem Fotograph. Als er sich an uns richtete, wusste ich, dass es ein Dolmetscher war. "A movie kiss, please", rief er. Wir am Rande stehenden prusteten. Daniel und Lauren lachten. Dann legte Daniel seine Hände an Laurens Taille... wie war es noch, als ich seine Wärme gespürt habe... ihre Gesichter kamen sich näher... wie war es noch, als ich sein Atem auf meinem Gesicht gespürt habe... sie gaben sich einen leidenschaftlichen Kuss... wie war es noch, als seine sanften Lippen, an meinen rieben... Blitzlichtgewitter. "Thank you guys, next and last theme: red romance!", sagte der Dolmetscher laut. Wir mussten wieder in die Umkleide. Ich bekam ein rückenfreies knielanges weinrotes Kleid und eine Schleife und ein Haarreif ins Haar gesteckt. Dann suchte ich mir noch passende Boots aus. Ich dachte immer, ein Fotoshooting sei anstrengend, aber das war es nicht! Es machte total viel Spaß! Nun stand ich zusammen mit Daniel und noch drei Anderen vor der Wand. Es war total witzig, weil immer mal wieder jemand in seiner Pose umfiel. Da ich hinter Daniel stand, konnte ich seinen Gesichtausdruck nicht sehen. Ich hätte ihn gern angesehen. "All right, thanks guys!", war das Schlusswort des Dolmetschers. Danach zogen wir uns alle wieder um und liefen wieder zur Gala. Es war mittlerweile schon kurz vor zehn. Ich sah Daniel nicht. Irgendwie war er immer nirgendwo. Ich aß eine Kleinigkeit (leider nur, denn ich wollte ja noch in mein Kleid passen!) und sah den Tanzenden zu. Da sah ich Daniel mit Lauren lachend kommen. Sollte ich diesmal zu ihm gehen? Soll er doch kommen, dachte ich egoistisch. Seltsamerweise ging ich jedoch auf ihn zu. Ich stand vor ihm. Sprachlos. Nur ein kleines "Hi" entwich meinen Lippen. "Äh", sagte er und sah mich kurz an. "I'm coming later, Lauren", wandte er sich an Lauren, die verschwand. "Du willst eine Entschuldigung, nicht wahr?", sagte er dann prompt. Sehe ich so aus? Mist... "Nein, nein... ich wollte dir keinen Vorwurf machen. Ehrlich nicht. Ich war nur... nur etwas enttäuscht", gab ich leise zu. "Ich war so in meinen Dreh vertieft, dass mir erst hinterher klar wurde, was für einen verdammten Mist ich gelabert habe!", meinte er in einem sehr ehrlichen Ton. Irgendwie war es sehr verkrampft zwischen uns. Unsere Finger berührten sich kurz. Wir waren wie Fremde. Es fühlte sich an wie am ersten Tag. "Es schneit", bemerkte ich unsinnig. "Ja." Da standen wir. Ohne jeglichen Körperkontakt, ohne irgendein Gesprächsthema. Wie Zwölfjährige, die sich nicht trauten ihre Gefühle zu zeigen. Waren wir nicht alt genug... eigentlich? Und waren meine Hemmungen nicht verständlich, schließlich hatte ich ihn betrogen. Aber warum er? Hatte er- Natürlich nicht! Das wäre bekannt, oder?, grinste ich. "Was ist?", unterbrach er plötzlich meinen Gedankengang. "Nichts", sagte ich immer noch ein wenig in mich hinein schmunzelnd. "Hast du Lust auf ein paar nette Tage in Paris?", bot er mir an. "Wie? Daniel, ich muss Montag doch in die Schule", rief ich ihm in Erinnerung. "Leider weiß ich aus verlässlicher Quelle, dass ihr Montag Eletersprektag-" "Elternsprechtag?" "Ja genau", lockerte sich die Situation etwas, "sag ich doch. Nun ja, du hast keine Chance. Du kannst nicht nein sagen." "Tja, dann bleibt mir wohl keine andere Wahl", gab ich mich (glücklich) geschlagen. Wir lächelten uns an. Bis Daniel sich ein Herz fasste und mich umarmte. "Gut. Ich muss noch, du weißt schon, Interview und so." "Klar", sagte ich noch leise hinterher. Ich sollte es ihm nicht verübeln. Er ist ein Superstar und schließlich ist es doch für einen guten Zweck. Ich habe ihn ja die nächsten zwei Tage ganz für mich alleine. Bei dem Gedanken schoss ein Schall Wärme von meiner Hüfte über meine Taille hoch zu meinen Schultern. Pariiiiiis!!! Ich kooooooommeee!!! Der Rest des Abends war nicht mehr sehr aufregend. Was würden wir in Paris unternehmen? Wo würden wir wohnen? Solche und tausend andere Fragen gingen mir durch den Kopf. Ich bemerkte nicht mal, dass ich Olivensalat aß. Dabei hasste ich Oliven! Unauffällig gab ich meinen Teller einem vorbeilaufenden Kellner. "Hello, are you all right?", fragte mich plötzlich jemand im vorbeilaufen. "Yes, yes", antwortete ich nur überrascht. Wieso? Was war denn? Ich eilte auf die Toilette (diesmal in die Richtige) und besah mich im Spiel. Ich sah wirklich komisch aus. Meine Wangen war rot glühend, aber der Rest käseweiß. Ich verspürte plötzlich das Verlangen etwas in meinem Hals runter zuschlucken. Ich nahm, nachdem ich mich versichert hatte, dass niemand da war, einen Schluck aus dem Kran. Das jedoch war der Auslöser, als ob jemand den Hebel in meinem Körper umgelegt hatte, dass ich mit vorgehaltener Hand auf einer Toilettenkabine stürzte und mich übergab. Widerlich. "Hi, hast du Durchfall oder warum rennst du alle zehn Minuten aufs Klo?", fragte mich Daniel plötzlich, als ich zum zweiten Mal aus der Toilette kam. Er hatte mich dabei beobachtet. "Nein, nein nein, mir geht's gut", versicherte ich ihm halbherzig. "Okay, wollen wir noch bleiben, oder-" "Lieber nicht", unterbrach ich ihn. Daniel schnaubte. "Du magst wohl keine Promi-Partys, wie?" Ich schüttelte mit zusammengepressten Lippen den Kopf. Dann harkte ich mich bei ihm ein und wir liefen über den roten Teppich wieder raus (mit einiger Verzögerung, da Daniel nicht an Autogramme und Fotos drum herumkommt). "Wo fahren wir denn hin?", fragte ich ihn, als ich mich neben ihm auf den Beifahrersitz setzte. "Ich habe uns ein Zimmer im Hotel gemietet und dann können wir ja ein bisschen durch die Stadt bummeln, hast du Lust?" "Klar, woah!", sagte ich begeistert. "Aber was, wenn du erkannt wirst?" "Ach, da passiert schon nichts. Die fünf, die mich erkennen, wollen doch sowieso nur meine Schrift auf einen Fetzten Papier. Mal abgesehen", Daniel hob seine rechte Hand und begutachtet sie, "irgendwann wird meine Hand noch ganz steif!" Das Hotel war ein Traum. Die "Luxus-Suite" hatte ein riesiges Schlafzimmer mit Himmelbett, zwei Badezimmer, ein Kaminzimmer und ein großes Wohnzimmer. Ich ließ mich einen halben Meter tief auf das Bett fallen. "Wie schön", staunte ich, als ich die Zimmerdecke betrachtete, die mit vielen Verzierungen versehen war. Daniel versperrte meinen Blick nach oben, küsste mich und meinte: "Lass uns das auf heute Abend verschieben. Paris, wir kommen!", rief er aus und beäugelte mich dann kritisch. "Dann kauf ich dir auch was Wärmeres als das." Stimmte auffallend. Das schwarze Kleid hielt nicht gerade warm. Er nahm meine Hand. Seine war angenehm warm im Gegensatz zu meiner. Wir gingen aus dem Hotel heraus. Daniel hatte sich noch umgezogen. Er trug eine niedliche Mütze, eine Jeans, einen Strickpulli und eine wärmende Winterjacke. Wir liefen eine Boutiquenstraße entlang. Für jedes Geschäft zwei Bodyguards am Eingang und einen Ständer mit milliardenschweren Klamotten. Ich musste schon zugeben, dass sie toll waren. Die Sachen, die die berühmtesten Models der Welt auf dem Laufsteg vorführten. "Warte mal", packte es mich und ich lief zu einem Schaufenster. Dann zum Nächsten. Die Farben, die Schnitte... ein Traum. Ich lief weiter. "Schau", rief ich und deutete ans Ende der Straße. Dort war das allseits beliebte H&M. "Hey hey", stoppte Daniel mich und hielt mich am Arm fest. "Ich bin Daniel Jason und du bist meine Freundin", stellte er zu meiner großen Überraschung fest, "tja und ich habe ein riesiges Konto zur Verfügung und du frierst. Warte...", er stapfte zurück, "der Laden hatte dir doch gefallen, komm, wir sehen uns mal um." "Nein, warte ich-" "Ich wette du siehst toll darin aus." "Ja, ich meine, du brauchst nicht-" "Ich habe genug Geld, soll ich mir den zehnten Wagen in die Garage stellen oder meiner Freundin vor dem Erfrieren retten?!", kam er zum Punkt, dann legte er seine Arme um mich. "Such dir aus was du willst. Ich bezahl am besten mit Augen zu, per Karte", meinte er lächelnd und hielt sich scherzeshalber die Augen zu. "Spinner!", sagte ich lächelnd. "Also komm." "Warte!" "Was denn noch?", fragte Daniel mit einem genervten "Sei nicht so stur" -Blick. "Ich hab Angst von Hundert Kilos in Anzügen", erklärte ich. Daniel sah zum Eingang. "Gib mir deine Hand, ich mach das." Selbstbewusst lief Daniel auf sie zu. Hoffentlich hatten sie unser ganzes Spektakel nicht gesehen, aber eigentlich dürften die doch nur Französisch sprechen, oder? Daniel blieb vor ihnen stehen, rückte die Sonnenbrille zurecht und hielt irgendeinen Ausweis oder eine Karte vor seine Brust. Der Bodyguard nickte, sagte etwas in sein Walke-Talke und wir liefen ins Warme. "Was hast du ihm gezeigt?", flüsterte ich ihm ins Ohr. "Keine Ahnung, ich glaube es war der abgelaufene Büchereiausweis aus der Grundschule, aber mein Name stand drauf", sagte er und wir lachten. Eine Dame in edlem Kleid tänzelte zu uns. "Can I help you, Mr. Jason?" "Yes, we need warm clothes for her." Tja und damit war Daniels Part auch getan. Er setzte sich auf den Sessel vor der Umkleide und die Dame brachte mir die verschiedensten Sachen. "Oh this!", sagte ich voller Begeisterung und nahm mir den beigen und weißen Wintermantel. "Tata", präsentierte ich Dan. "Gut", sagte Dan teilnahmslos. "Und das?" "Mhm... gut", meinte Dan wieder. "Dan, konstruktive Kritik, ja? Stell dir vor, deine Filmproduzenten würden zu allem ,gut' oder ,mhm... gut' sagen." "Na, das wäre ja mal was", grinste Dan. Ich verdrehte die Augen. "Also, was gefällt dir am besten? "Du siehst in allem toll aus!" "Aber was steht mir denn jetzt am besten?", drängte ich. "Nimm doch einfach alles", sagte San und zuckte mit den Schultern. Ich schüttelte den Kopf und zog die Umkleide zu. Es war immer dasselbe mit den Männern. Hätte ich Alice mitgenommen, hätte sie mir sicher ein paar Takte gesagt. Tja, dass würde sie auch, wenn sie wüsste wo und mit wem ich hier wäre... Ich entschied mich hinterher für den beige/weißen Wintermantel, eine Jeans mit rosa Gürtel, einen weißen Strickpulli mit Stickerei und passende beige/weiße Boots, wo ich die Jeans amateurhaft reinstopfte. "Wie sehe ich aus?" Dan kam lächelnd auf mich zu, nahm mein Gesicht in seine beiden Hände und küsste mich leidenschaftlich. "Du siehst wunderschön aus", hauchte er leise. "Und wie findest du das?" "Das was?", sagte ich, als er mir eine Mütze aufsetzte, die super zu meinem Outfit passte. "Das Mütze hier!", sagte er nachdrücklich. "Die Mütze und die ist total süß", meinte ich und strich ihm über die Wange. Er kramte in seiner Jackentasche und hielt sein Portmonee hoch. "Ich mach die Augen zu versprochen!" Das tat ich zwar auch, aber mir entging nicht, dass es fast neunhundert Euro waren. Ich sah ihn ein wenig gequält an. Das wollte ich eigentlich nicht! Ich, ich- "Ich liebe dich aber nicht wegen des Geldes, ja?", versicherte ich ihm Draußen eindringlich. "Das weiß ich, Süße", sagte er und mein Gewissen erleichterte sich schlagartig. Wir liefen ein Stück. Dans Hand war kalt. Meine Warmen wurden es dann ebenfalls, doch ich ließ nicht los. Es fing an zu schneien. Sanft fielen kleine Flocken zur Erde. "Weißes Paris", sagte ich nur. "Dort drüben ist ein Kumpel von mir, ähm, bleibt du kurz hier", sagte er und rannte weg, "es dauert gar nicht lange!" Ich nickte und sah mich an. Hier stand ich. Daniel Jasons Freundin in Designer Kleidung. Wie ein Märchen, dass wahr wurde... ich glaube keine Prinzessin hätte es besser gehabt als ich. Niemals. "Da", keuchte er, "bin ich wieder." "Na, was hat er gesagt?" "Ach, wir haben nur so ein bisschen geredete", sagte er schnell. Ich drehte Dan den Rücken zu und deutete die Straße entlang. Die eingeschneiten Häuser und Bäume eine Traumlandschaft- mitten in Paris. Ich spürte Dans kalte Lippen plötzlich auf meiner Wange. Wie süß er war. Wäre ich frisch verliebt, auf Wolke Sieben und total glücklich würde ich seufzten. Ich seufzte leise. Er umarmte mich merkwürdig. Nur so halb. Dann wusste ich warum, er hatte mir eine Kette umgebunden. Ich sah zu dem Geschäft, wo Dan vorhin drin verschwunden war. Ein Juwelier. Ich wand mich zum Schaufenster. Im Licht spiegelte sich dort die Kette. Silbern und ein Herz, ein modernes Herz, dass an der Spitze nach links gebogen war. "Ich liebe dich, Sophia" war eingraviert. Ich presste die Lippen aufeinander, doch das half nichts. Ich fing an zu weinen. "He, ich dachte ich mach dir damit eine Freude?!", sagte Daniel und legte einen Arm um mich. "Du kannst jede haben und m-mir- ausgerechnet mir schenkst du, schenkst du-", ich hielt die Hände vors Gesicht und weinte weiter. Daniel nahm meine Hände in seine. Ich blickte auf und lächelte schwach. Er rieb mit seinem Daumen über meine nasse Wange. Dann küsste er sie. Ein Schauer durchfuhr meinen Rücken. Er liebte mich, ja er liebte mich. "Wollen wir ins Hotel gehen?", fragte er leise. Ich nickte unmerklich. Er nahm meine Hand und wir liefen zum Hotel. Wir sprachen nicht. "Geh schon vor, ich muss nur noch etwas an der Rezeption klären", er ging, wandte sich aber plötzlich wieder um, "Kein Kaviar und keine Garnelen, ach und auch kein Pferd, oder?", witzelte er charmant, um mich aufzuheitern. Ich lächelte milde und schüttelte den Kopf. Er war unverbesserlich. Er war mein Daniel. Ich ging den langen Flur entlang und dann in den Fahrstuhl. Ich drückte auf den Knopf mit der Nummer zwei. Ein Kind, vielleicht fünf Jahre alt, war dort auch. Alleine. "Na du, was machst du denn hier?", fragte ich das Kind und kniete mich runter. "Meine Mama macht ein Baby mit Papa und der Dieb klaut es, er ist mit dem Klapperstorch verschworen!", sagte das Kind zu meinem überraschen. Wo hatte ich das gehört? "Meine Mama macht ein Baby ..."... das hatte ich irgendwo geles- "Heißt deine Mama Marcy Fort?" Das Kind sah mich mit großen Augen an, es war so ein "Woher-weißt-du-das?"-Blick. "Dann bist du sicher Luggi, oder?" Luggi nickte eifrig, als wäre er vollkommen verblüfft. Ich lachte. Luggi hatte den Titel von Marcys neuem Film genannt (und seinen Untertitel), wahrscheinlich ohne zu wissen was er bedeutet. Aber ein wenig seltsam war es schon, dass Luggi hier so allein war. "Wo musst du denn hin?", fragte ich und wir stiegen aus. "Ich darf nicht zu meiner Mama, hab ich doch gesagt", piepste er. "Zeig mir mal, wo das Zimmer deiner Mama ist, ja?" Diesmal war ich verblüfft. Luggi lief kreuz und quer durch das Hotel und wir kamen dann wirklich bei dem Zimmer an, wo "Fort" stand. Ich wollte klopften, doch er zog an meinem Mantel. "Da darf ich nicht rein, meine Mama-" "Ich weiß, aber-" -dafür ist es dort viel zu still, ergänzte ich in meinen Gedanken. "Mir ist ganz langweilig", meinte der Kleine dann. Und ich klopfte trotzdem. Wirklich, Marcy machte mir auf (angezogen). "Luggi! Oh my god, I'm worried about you! Come in, why do you go out of the room, without any word?", sagte sie und drückte ihren Sohn. "Thank you dear, wait, aren't you... you Sophia, am I right?" "Yes", sagte ich überwältigt. (Marcy Fort stand vor mir und erkannte mich!!, pochte es in meinem Kopf) "You are, Marcy." "All right and you know, who I am", sagte sie und lachte. "Of course, I'm a big Fan of you. I saw ,Ki Rich', oh you are the greatest actress I've known", schwärmte ich. "Thank you, Sophia. We-" "Sophia! Sophia!", rief plötzlich jemand. Ich wand mich zu allen Seiten. Daniel hastete auf mich zu. "Ich hab dich schon überall gesucht. Hey, Marcy, how are you?", sprang er plötzlich um und legte den Arm um mich. "Daniel, nice to meet you. Excuse me, but my son... you know, bye, bye", zwitscherte sie noch. Sie schloss die Tür. Ich blickte zu Daniel auf. Er zuckte mit den Schultern. Wir liefen den Gang zurück zu unserem Zimmer. "Ich wusste gar nicht, dass auch so Berühmtheiten wie Marcy Fort in diesem Hotel sind!" "Hier sind noch viel mehr, doch meistens tun sie nicht einen Schritt aus ihren Suiten raus. Eigene Erfahrung", belegte er. Neben dem Himmelbett stand ein kleines silbernes Wägelchen mit den herrlichsten Köstlichkeiten, die man sich vorstellen konnte. Als ob sie das nicht schon gewohnt sie, könnte man meinen. "Mhm", machte ich und nahm mir ein Schnittchen mit einer Creme darauf. Und danach wieder eines. "Schmeckt's?", fragte Dan lächelnd, während er seinen Pullover über den Kopf auszog. Dan hatte einen total süßen Bauch. Nicht speckig, aber auch nicht super muskulös, wie die anderen Sternchen. Ich fand ihn genau richtig. Den Bauch und alles andere. Dan bemerkte wie ich ihn beobachtete: "Ist was?" Ich wollte etwas Schnippisches entgegnen, doch ich bekam einen Brechreiz und murmelte mich gequält grinsend zum Bad. Dort übergab ich mich übers Klo. Eine schreckliche Vorstellung wurde mir bewusst. Ich sah in meinen Slip, nichts. "Alles okay?", fragte Dan, nun in Puschen, Jogginghose und T-Shirt, als ich aus dem Bad raus kam. Ich kleidete mich ebenfalls gemütlicher ein und setzte mich, nach Dans auffordernder Handbewegung, neben ihn hin. Er zapfte die Kanäle durch. Ich unterdrückte mein flaues Magengefühl. Er schaltete den Fernseher wieder aus, sah mich zärtlich an und küsste mich leidenschaftlich. Wir legten uns sachte nach hinten aufs Bett unter die Bettdecke. Ich zog Dans Shirt aus und strich über seinen süßen Oberkörper. Er küsste mich weiterhin innig. Er zog mein Shirt aus und liebkoste meinen Oberkörper. Doch als er sanft über meinen Po strich und meine Leggings runterstreifen wollte, bekam ich einen Brechreiz und stieß ihn zu Seite. Dan sah mich nur an, er sagte nichts. Ich setzte mich auf. Das spärliche Licht zeigte deutlich Daniels Verwunderung. Er setzte sich ratlos ebenfalls auf. Ich begann plötzlich zu weinen. "Hey", hauchte Dan, "ich wollte dich nicht bedrängen... hab ich-" "Ich kann nicht mit dir schlafen... Daniel, vielleicht bin ich schwanger!" Er wich ein wenig nachdenklich zurück. "Du bist schwanger? Aber wir haben doch nicht... oder hast du-?" Ich wusste es. Jetzt war der Augenblick gekommen, Daniel über Lucas aufzuklären. Ich hatte zwar nicht mit ihm geschlafen, aber ich kann es jetzt nicht mehr vor mir herschieben. "Es stimmt", sagte ich leise und spürte Daniels starren Blick in meinen Kopf brennen, "ich habe dich betrogen. Ich habe deine Anspielung damals bei unserem Telefonat wörtlich genommen. Aber ich habe nicht mit ihm geschlafen", erklärte ich ruhig. Daniel sagte nichts. Doch er wirkte keinesfalls gelassen, er sah wütend aus, sehr wütend sogar. Es wirkte, als brodle es in ihm. Er schnaubte und stand unerwartet auf. Er stellte sich ans Fenster. Er sagte nichts. Mir war, als ob er nicht wusste, ob er mir verzeihen konnte und wollte oder ob er mich jetzt anschreien wollte und mir das Rückflugticket in die Hände drücken wollte. Er lachte jedoch. Im Guten oder im Bösen?, fragte ich mich dann. Würde ich ihm verzeihen? Mein Gott war ich dumm, es ihm zu sagen. "Einerseits bin ich sauer... aber andererseits liebe ich dich", redete er zum Fenster. Ein Hoffnungsschimmer glimmte in mir. "Ich bin ja selbst schuld, ne? Hast du dir damals wahrscheinlich auch gedacht, stimmt's?" Er setzte sich zu mir auf das Bett, strich mir durch die Haare, dann über die Wange. "Bitte, betrüg mich nie wieder, ich tu es auch nicht mehr", flüsterte er. Ich riss die Augen auf. "Was?" "Ich war dumm. Ich habe dich auch betrogen. Ich, ich weiß nicht wie mir geschah, ich-" "Shh", machte ich, und ließ meinen Finger auf seinen Lippen ruhen, "wir haben beide etwas falsch gemacht." Ich konnte ihn ja verstehen, die gleiche Begierde habe ich empfunden, ich war nicht besser, ich muss ihm verzeihen. Ich war ja nicht besser. "Lass uns immer ehrlich sein. Wir lieben uns doch", er küsste mich heiß auf die Lippen. Ich genoss diesen Kuss unwahrscheinlich. Er zog mich an sich. "Ich kann nicht, Daniel", sagte ich plötzlich, als es mir wieder bewusst wurde. Ich legte meine rechte Hand auf meinen Bauch. "Das kann doch gar nicht sein. Wenn du nicht... du weißt schon. Was ist mit deiner Periode?" "Ich, ich glaube ich hätte sie schon vor zwei, drei Tagen bekommen müssen", meinte ich. Daniel sprang auf und zog sich sein T-Shirt an. "Was tust du?" "Ich geh zur Apotheke und hole einen Schwangerschaftstest", er war schon fast angezogen, "wenn ich Papa werde, muss ich das doch wohl zuerst wissen, oder?" Er schnappte sich seine Jacke in lief raus. "Ich hätte aber lieber einen Jungen", witzelte er noch durch den Türspalt. Ich saß grinsend auf dem Bett. Das Lächeln schwand mir. E-Ein Kind? Schwanger? Mutter? Ich?, schoss es mir wild durch den Kopf. Ich war doch erst sechzehn und ich hatte doch noch nie Sex... ich fragte mich ernsthaft, ob ich immer alles mitbekommen habe. Ich stellte mich im Badezimmer vor den Ganz-Körper-Spiegel. Nein, dick war ich nicht. Zumindest nicht dicker als sonst. Ich stellte mir vor, wie sein könnte, einen dicken Bauch zu haben, ein ziemlich Dicken sogar. Was sagen meine Eltern wohl? Ich war doch erst sechzehn... langsam wurde mir bewusst, was mir bevorstand... Daniel brachte mir den Test, doch da stand, dass man den Urin eine Nacht stehen lassen sollte, damit der Test genauer ist. Daniel sah mich enttäuscht an. "Mhm.., dann überlegen wir uns mal Namen. Wir gehen natürlich von einem Jungen aus-" "Vielleicht bin ich ja gar nicht schwanger", rief ich ihm wieder ins Gewissen. "Ja ja, aber wenn!" Ich konnte die Nacht kaum schlafen. Besonders, wenn ich Daniels Hand an meinem Bauch spürte. Ich hatte wahnsinnige Angst gekoppelt mit dem Glück Mutter zu werden. Doch der Zweifel blieb. Ich hatte noch nie Sex gehabt. Wie-, wann- nein, von wem?! Zitternd nahm ich den Test. Ich atmete tief ein und aus. Ich sah Daniel an. Er lächelte sanft, doch man sah ihm die Anspannung an. Ein Streifen! Ich war nicht schwanger!, dachte ich erleichtert und atmete tief aus. "Oh...", schmollte Dan. "Ich bin wirklich froh", gestand ich. "Ich nicht", meinte Dan in einem Kinderton, "mal ihm ernst... wollen wir nicht ein Kind kriegen?" Kapitel 6: Schönste Trauer -------------------------- "Was?", platzte es geschockt aus mir heraus, "Wenn ich schwanger gewesen wäre, hätte ich das Kind bekommen. Aber-, wie stellst du dir das vor? Ich geh noch zur Schule und ich bin erst sechzehn, du lebst in London, ich in Deutschland-", ich sackte etwas nach unten ab. "Sophia, was ist?", fragte Daniel besorgt. Ich setzte mich auf den Badewannenrand. "Nichts, mir war nur kurz schwindelig", ich blickte Daniel direkt in die Augen und wollte ihm nochmals erklären, dass ich für ein Kind noch nicht bereit bin, aber in diesem Moment hing ich schon wieder über dem Toilettenrand. Daniel schüttelte den Kopf, als ich wieder hochkam. "Das kann nicht sein! Irgendetwas stimmt nicht mit dir. Ich lasse einen Wagen vorfahren, wir bringen dich zu einem Arzt. Keine Widerrede!", sagte er bestimmend. Nach mehreren Untersuchungen stellte sie heraus, dass (ich war natürlich nicht schwanger) ich die Oliven, die ich auf der Gala und am Abend im Hotel (in der Creme auf den Häppchen) gegessen hatte, nicht vertragen hatte. Und deshalb so ein Wirbel, dachte ich grinsend, als ich Tage später zu Hause ankam (ich erzählte meinen Eltern natürlich nichts). "Hallo Schatz, wie war es denn? Im Fernsehen haben sie zwar einiges gezeigt, aber ich habe dich nur einmal kurz gesehen. Du sahst gut aus... aber jetzt bist du so blass", fiel ihr auf und sie begleitete mich in mein Zimmer, wo wir meine Sachen abstellten. "Ach quatsch, mir ging es super. Die Gala war ein Traum-" "Und was ist mit dir und Daniel?", unterbrach sie mich prompt. Ich lächelte. "Ja", sagte ich, "ja, wir sind wieder zusammen. Oh Mama, ich bin so verliebt!", sagte ich überglücklich. Sie nahm mich in den Arm, wie in einem schlechten Liebesfilm. "Das freut mich Schatz. Ich habe gekocht", teilte sie mir mit, "du kannst so in fünf Minuten kommen." Ich nickte und begann meine Sachen auszupacken. Ich stockte und ließ die Tasche liegen. Ich nahm einen Schuhkarton unter dem Bett hervor und stellte alles wieder so her wie es vorher war. Nachdem ich dann Dans Bild sorgsam auf meinen Nachttisch gestellt habe, leistete ich meiner Familie unten Gesellschaft. "Hi Honey", säuselte er zärtlich am Telefon, "sag, kommst du am Wochenende? Meine ganze Familie kommt! Wir machen ein Familienfest!", freute er sich wie ein kleines Kind. "Ja, okay, aber was gibt es denn zu feiern?" "Meine Eltern möchte einfach mal gerne alle beisammen haben. Juliet, Emily und Robert kommen auch!" Ich überlegte. Robert? Juliet war Dans Schwester und Emily seine Nichte, aber- "Robert?" "Emilys Mann!", erklärte er. "Ach so. Okay." "Gut, bis zum Wochenende, ich habe leider kaum Zeit-" "Schon okay. Ich liebe dich", sagte ich schnell, da ich nicht wollte, dass er sich immer rechtfertigen musste. "Love you", hauchte er zurück und legte auf. "Er hat vier Tickets geschickt?!", fiel mir auf, als ich den Umschlag wenige Tage später öffnete. Meine Mum sah mich an. "Für euch sicherlich", freute ich mich schon. "Ich kann nicht weg", meinte mein Vater und nahm sich ein Brötchen aus dem Korb. "Ich habe Samstag ein wichtiges Meeting", erklärte er entschuldigend, "und du kannst doch auch nicht", sah er meine Schwester an, "schreibst du nicht Montag und Dienstag Klausuren?" "Arbeiten, Dad", sagte Mara gehässig und sah bösartig drein. Sie wäre sicher gern mitgekommen, dass sah man ihr an, doch sie wusste, dass es nicht ging, vor allem da sie Deutsch schrieb, wo sie leider gar nicht so gut drin war. Ich sah meine Mutter eindringlich an. "Jaah", sagte sie und machte ein nachdenkliches Gesicht, "ich komme gern mit, wenn du möchtest. Dann kann ich ja mal sehen in welchen Luxus meine Tochter ihre Wochenende immer verbringt", sagte sie schmunzelnd, "aber du kannst doch noch eine Freundin mitnehmen. Daniel hat bestimmt nichts dagegen", fand sie. "Das nicht, aber- nein, lieber nicht. Oder doch! Vielleicht will Helena ja mit", schlug ich vor und wollte zum Hörer gehen. "Lass mich lieber! Ich kann Adriane dann direkt überreden. Du weißt doch wie sich meine Schwester immer anstellt und außerdem wollte ich sowieso mal wieder mit ihr reden", überzeugte meine Mutter. Helena durfte mit, dank der Überredungskunst meiner Mutter, da sich meine Tante am Anfang ganz schön gesträubt hätte, da Helena ja erst 14 ist (Das darf sie aber nicht hören, dachte ich, da sie ja in einer Woche 15 wird!). Wir holte sie ab und flogen am späten Nachmittag nach London, wo Daniel zwar überrascht war, aber keinesfalls überrumpelt. "Es wippelt ja nur noch an Frauen bei uns", sagte er ironisch und küsste mich auf die Nase. Wir lachten. "Was?", ich ihn. "Ja nur noch Frauen", erklärte er sich "Ach so, du meinst ,wimmeln'", berichtigte meine Mama ihn grinsend. "Ist doch alles dasselbe", fand er gespielt sauer. So überrascht Dan von Mum und Helena gewesen war, so überrascht waren Mum und Helena von Dan oder auch von Dans Anwesen. "Sophia, solltest du hier einziehen bin ich gerne bereit Englisch zu lernen. Ihr habt dann ja sicher ein Zimmer für mich", sagte sie und zwinkerte mir zu. "Sophia! Sophia!", rief jemand hinter mir. "Hallo Juli", grüßte ich Juliet und umarmte sie. Emily umarmte mein Bein. "Hey Emily. Wie geht's dir?", fragte ich, bis mir einfiel, dass sie vor kurzem erst Geburtstag hatte. "Alles Gute nachträglich!", wünschte ich ihr. "Danke, danke", sagte sie überschwänglich und zeigte mir drei Finger. "So alt bin ich und dieses Jahr im Sommer gehe in den Kindergarten", erzählte sie und flitzte zu einem freundlich aussehenden Mann. Ich tippte auf Robert. Er nahm Emily auf den Arm und kam zu uns. Er konnte mit der zappelnden Emily eine Hand frei machen. "Hallo, ich bin Robert und du musst Sophia sein, man hört viel von dir", sagte er und schüttelte mir die Hand, "nur Gutes natürlich." "Das hoffe ich", meinte ich und sah kurz rüber zu Daniel, der mit seinen Eltern redete. Danach aßen wir. Es gab Truthahn. Der im Gegensatz zu dem Fertigen, den meine Mutter manchmal machte, nicht angebrannt war. Ich sah kauend hoch. Unsere Blicke trafen sich. Ich lächelte schüchtern. Er tat es mir gleich und sah nervös weg. Mein Gott, kam er mir plötzlich in den Sinn, als ob wir uns gerade zum ersten Mal getroffen hätten und frisch verliebt waren. Ich musste grinsen. "Dany-Boy", sagte Robert nach dem Essen (das Büffet in der Ecke blieb aber trotzdem "geöffnet") , "wie sieht's aus mit einem bisschen Musik?" Er hielt den Daumen hoch, nach oben natürlich. "Aber das ,Dany-Boy' hass' ich immer noch." Roberto lachte. "Dany-Boy?", fragte ich ihn irritiert. Ich war ihm zu Anlage nachgelaufen. "Komm bloß nicht auf die Idee-" "Dany-Boy! Dany-Boy! Dany-Boy!", trällerte ich absichtlich. "Du", sagte er gespielt drohend und küsste mich still. "Das hattest du doch beabsichtigt, oder?" Ich kicherte komischer weise. War in dem Tiramisu vielleicht etwas drin gewesen?, fragte ich mich. Der Abend wurde noch richtig nett. Ich unterhielt mich viel mit Juliet und tanzte gelegentlich, wenn er nicht von Onkeln und Tanten umringt war, mit Dan. Gegen ein Uhr legten wir uns todmüde für noch jegliche Kuschelei in Daniels schönes Himmelbett. Ich sah auf die Uhr, da es noch ziemlich dunkel war im Zimmer. Ich fühlte mich topfit, obwohl es erst kurz nach sieben war. Ich lag nach rechts gedreht, Dan lag mit dem Bauch zu mir. Seine Arme umschlangen locker meinen Körper, seine Hände waren unter meinem Nachthemd und wenn ich mich bewegte strich er über die Grüppchen meines Bauches. Es war ein schönes Gefühl seine große warme Hand weich an meinem Bauch zu spürte. Ich genoss es noch ein paar Minuten, als mir langweilig wurde stand ich auf. Leise schlich ich aus dem Zimmer und durch das verlassene Haus. Das Büffet war nicht abgeräumt und ich verspürte einen großen Hunger, doch auf kaltes Schnitzel mit Kartoffelbrei hatte ich gar keine Lust. Ah!, dachte ich, als ich im Kühlschrank eine Schüssel mit Kirschquark fand. Ich probierte es. Lecker, dachte ich wieder. Es waren keine normalen Kirschen aus dem Glas, sondern kandierte Kirschen. Ich nahm mir ein großes Glasschälchen raus und schöpfte mit einem großen Löffel eine große Portion. Da ich kein Lust hatte, den großen Löffel in die Spülmaschine zutun und mir stattdessen einen Kleinen zu holen (Viel zu umständlich!, dachte ich), setzte ich mich mit dem großen Löffel vor den Fernseher. Ich zog die Knie unter dem Nachthemd an. Ich fühlte mich richtig wohl, wobei ich ein totaler Heimmensch war. Ich bleibe eigentlich am liebsten zu Hause, in meinem eigenen Bett, wo ich alles kannte. Ich wechselte nicht gerne meine "Wohnorte", doch hier bei Daniel fühlte ich mich richtig wohl. Das einzige das mich störte, was mir jetzt eben erst aufgefallen war, dass alle Fernsehkanäle auf Englisch waren. Das Dan es auch nicht schaffte wenigstens ein paar deutsche Sender einzuprogrammieren, dachte ich. "Huch?", sagte ich über meinen Quark, als große starke Hände meine Schultern massierten. Ich lächelte in Dans verschlafenes Gesicht. Er küsste mich auf die Wange und setzte sich auf die Lehne der Coach. Er gähnte ausgiebig. "Ich hab dich total vermisst", schmollte er. Ich sah ihn fragend an und nahm noch einen Löffel Quark. "Als du plötzlich nicht mehr bei mir im Bett warst", erklärte er. Ich hielt ihm einen Löffel mit besonders vielen Kirschen hin. Er schüttelte den Kopf. "Das du so was um halb acht morgens essen kannst", sagte er und schüttelte wiederum den Kopf. Ich schob die Kirschen genüsslich in den Mund. Er verdrehte die Augen. "Also wenn du jetzt noch Essiggurken und Ketchup dazu essen würden, dann würde ich dich in eine Klapse einliefern." Jetzt grinste er. "Oder mich zum Frauenarzt schleifen, was?", sagte ich und wusste, dass ich sein Grinsen richtig gedeutete hatte. "Bist du noch sauer auf mich? Wegen der Baby-Sache?", fragte er behutsam. Ich schüttelte milde lächelnd den Kopf. Er gab mir den Kuss. "Sag mal, hast du gestern Abend eigentlich mit Nele gesprochen?" "Nele? Wer ist Nele?" "Eine Elementarschulfreundin-" "Grundschulfreundin?", fragte ich nach. "Jaja, also du hast nicht mit ihr gesprochen? Dann hast du heute noch Gelegenheit. Ich habe sie zum Frühstück eingeladen. Wir haben uns in Paris kurz beim Dreh getroffen, wir hatten uns lange nicht gesehen. Sie ist eine recht berühmte Maskenbildnerin. Wenn sie mich in die Mangel nimmt, erkennst du mich nicht wieder", lachte er. "Ah, sie hat dich auch geschminkt?", fragte ich zögern. "Ja klar. Oh, ach Mist, ich muss noch ein Telefonat führen. Mist schon nach acht, ich sollte schon um halb sieben anrufen!", sagte er und eilte fort. "Mhm", machte ich leise und widmete mich wieder meinem Quark. "Hi, ich habe Nele", stellte sie sich mit gravierendem Akzent vor. "Hallo, ich bin Sophia. Du sprichst Deutsch? Ich dachte, du wärst mit Dan zur Schule gegangen?", fragte ich nach, nachdem wir uns umarmt hatte. "Yes, aber ich habe eine while in Deutschland und auch ein in Frankreich gelebt", sagte sie und setzte sich neben mich. Ich musste mir ein Grinsen wirklich verkneifen. Nele war, soweit ich sie immer verstand, sehr nett. Wir unterhielten uns lange und ab und zu stieß auch noch Juliet zu uns und es wurde eine richtig nette Unterhaltung. Nett, war es aber bald nicht mehr. Als ich mit Juliet von einer Shopping-Tour wiederkam, hörte ich ein lautes Gespräch von Nele und Daniel. Juliet war derweil mit Emily auf die Toilette gegangen. "What?! What did you say?!" "You get it!", schrie Nele zurück. "You've heard it and you must care about!! It is your duty! What did the paper say, when you don't-" Daniel gestikulierte wild, als ich die Tür einen Spalt öffnete. Was diskutierte sie hier so eindringlich? "I didn't care about them. I can't understand- Why-" Ich erschrak, als mich Juliet antippte. Doch bevor wir etwas sagen konnten, schob ich sie in das angrenzende Zimmer, da Nele, gefolgt von Daniel, den Raum verließ. "Was-" "Shh", machte ich und redete erst weiter, als ich sicher war, dass Nele und Daniel sicher außer Hörweite waren, "Ich nicht, ich weiß nur, dass sie sich gestritten haben, aber auf Englisch und ich hab den Anfang auch nicht mitgekriegt", erklärte ich schnell. "Sag mal, wo ist Emily?" "Wie? Oh, sie war eigentlich noch hinter mir gewesen." Emily fand sich schließlich auf dem Sofa im Wohnzimmer toben. Doch meine Gedanken schweiften ab. Was haben sie besprochen? Was war los? "Na Süße, viel eingekauft?", sagte er und schlang seine Arme von hinten um meinen Hals. Ich schüttelte den Kopf, neigte ihn nach hinten und unsere Lippen berührten sich kurz. "Ist alles okay?", fragte ich unauffällig. "Ja, klar, natürlich", sagte er fast auffällig. Ich lächelte und sah zu Seite. Was... ich verstand es nicht mehr. "Dan?", fragte ich seinen Hinterkopf und hörte ein leises "Mhm". Er schlief noch nicht und ich auch nicht, ich konnte nicht schlafen. In mir brannte es förmlich. Meine Hand glitt über seinen Bauch. "Ich, ich muss es dir einfach sagen. Ich habe vorhin den Streit zwischen Nele und dir gehört, ich, also ich-" "Du willst wissen was war, nicht wahr?", sagte er mit klarer wissender Stimme. Er drehte sich aber nicht zu mir um. "Ich kann es dir nicht sagen, noch nicht." "Schaut mal, dass sind meine Angebote, die ich bekommen habe. Welche gefallen euch?", sagte Dan und reichte Nele, Juliet und mir den Zettel. ",Jelly Men'", riefen wir lachend im Chor. Dan stützte sich auf die Hand: "War ja klar, dass ihr so'n Softporno wollt." "Oder ,Joy'-" " ,ML- Der Film' musst du-" " ,Coconut' hört sich gut an-" "Oder ,Wild wild East'-" "Hello Girls? Wie wär's wenn ihr euch mal entscheidet?!", griff Dan ein. "Also ,ML- Der Film' werde ich sowieso machen, der wird sicher drei Monate Dreh beanspruchen und danach wollte ich ,Wild wild East' auf jeden Fall machen, das ist eine Kömödy-" "Komödie", zischte Juliet. "Ja, mal was ganz anderes, der wird in Mexiko gedreht und danach, wenn es mit den normalen ML-Dreharbeiten passt, werde ich noch irgendeinen Liebesfilm drehen. Aber erst mal mache ich ,French Kisses' zu Ende, das dauert nur noch zwei Wochen, oder so..." "Ich muss-", sagte ich schnell und rannte zur Toilette. Ich war den Tränen nahe. Merkte er nicht wie sehr er mir mit seiner Planung weh tat? Wo blieb ich? Drei Monate Dreh, ein paar in Kanada, warum nicht direkt Australien, dann wäre er am weitesten von mir entfernt?!?, schrie ich innerlich. So langsam entglitt alles, ich fand keinen Halt mehr... Hat es noch sinn? ... Es war nicht einfach. Daniel schrieb mir Brief, keine netten, eher kurze, wo er mir erklären musste, dass ich an diesem Wochenende nicht kommen konnte oder an diesem oder an dem Feiertag, da er Dreharbeiten hatte. Spontan rief ich ihn an. "Hallo? Dan?" "Ja? Sophia, hallo." "Kannst du mich besuchen kommen? Nur kurz irgendwann, bitte!" "Ähm, also-" "Bitte, bitte Da-", sagte ich noch schnell, da der Akku seinen Geist aufgab. Er kam. Direkt am nächsten Tag gegen Abend stand er auf der Matte. "Daniel", sagte ich überglücklich und fiel ihm um den Hals, doch er wies mich grob zurück und setzte sich japsend. War das mein Daniel? Er sah schlecht aus, blass, ungepflegt und müde. "Dan, geht's dir gut?", fragte ich besorgte und wollte meinen Arm um seinen Hals legen, doch er gab mir eindeutige Signale. Traurige setzte ich mich ihm gegenüber. "Was gibt's?", murmelte er fast abwesend. "Nichts, anscheinend nichts mehr. Daniel, ich glaube wir sind zu verschieden. Vielleicht nicht charakterlich, aber deine Karriere und ich-, dass sind zu große Gegensätze, wir haben uns irgendwie auseinander gelebt, findest du nicht?" Er sah zu mir hoch. "Ja, irgendwie schon", sagte er und nahm total überraschend meine Hände, "es gibt aber Gründe..." "Welche?", rief ich eindringlich. "Ich hätte es dir damals schon sagen sollen. Nele bekommt ein Baby, sie ist im vierten Monat." "V-Von dir?", hauchte ich leise. Daniel nickte. Für mich brach eine Welt zusammen. "Bei dem Streit, da war sie-" "Ja, ja verdammt. Sie war im zweiten Monat. In Frankreich es ging alles so schnell und ich dachte sie nimmt die Pille und-", er sprach nicht weiter und sah mich nicht an. Ich schluckte. Konnte ich es ihm übel nehmen, dass er mit seiner Affäre geschlafen hatte? Eigentlich schon, aber nicht, wenn ich auch eine hatte, eben nur ohne Sex. "Dann bitte, kümmere dich um das Kind und vernachlässige es nicht", sagte ich ehrlich. "Ich wusste, dass dieser Tag irgendwann kommen wird, aber ich schwöre dir, ich habe nichts bereut. Es ging dann plötzlich alles so schnell, aber ich hab dich immer noch lieb. Bitte vergiss mich nicht", sagte ich noch, bevor wir uns den letzten, aller letzten leidenschaftlichen Kuss gaben. Den aller letzten. Kapitel 7: It's Done -------------------- Liebes Tagebuch, heute vor einem Jahr haben wir uns getrennt. In Freundschaft und Liebe. Das Baby heißt Lina Sofie. Ich weiß nicht, ob es nach mir benannt sein soll, aber wenn, finde ich, dass es eine tolle Geste von Daniel ist. Hier und heute schwöre ich mir eins, nie wieder etwas mit bekannten und berühmten, egal wie bekannt oder berühmt, anzufangen. Versprochen. "Ist die Frage nicht klar?", seufzte Frau Meisling nach fünf Minuten, während Micha der Arm lahm wurde. "Na gut, na gut, Micha?" Michas angenehm tiefe Stimme erklang im Raum. Er war einfach der Beste in Mathe, während wir nur daneben saßen und staunten, wenn er redete. Er hatte mittelblondes etwas längeres Haar, sodass ihm der Pony immer niedlich ins Gesicht wuschelte und ein paar Millimeter seine Augen bedecken würden, wenn er sie nicht immer zur Seite streichen würde. Ich glaube er hat grüne Augen, ja grün. Na ja, so genau weiß ich das nicht. Er kam aus einer anderen Klasse, als wir für die Oberstufe gewürfelt wurden, daher hatte ich auch noch nie mit ihm geredet. Mathe war, neben Deutsch und Englisch, mein einziger Kurs mit ihm. Er saß merkwürdiger Weise in allen drei Fächern in meiner Nähe. Meist saß er schräg recht vor mir. Er war so ein Streber, irgendwo, er hatte immer gute Noten, wo anderen schon maulen würden oder sagen würden, dass sie so ein Mist nicht interessiert, aber nicht bei Micha. Er war anders. Wenn er in den Pausen mit den anderen redete und lachte, schien er jemand völlig anderes zu sein. Nicht ernst, eingebildet und unnahbar, wie er im Unterricht zu sein schien, nein, menschlich, auch mal kindisch und vor allem freundlich, nett und hilfsbereit. Ich hätte es fast nicht glauben wollen, als Marie mir erzählte, dass sie ihn gefragt habe, ob er in den beide Mathestunden, wohlgemerkt erste und zweite, nicht kommen wolle. Sie hatte da ein paar Aufgaben, die sie nicht raus bekam und ob er mal drüber sehen würde. Er kam tatsächlich zu zweiten. Das hätte ich wirklich nicht von ihm gedacht. Irgendwie fühlte ich mich neben ihm klein, schwach, ja fast minderwertig, da ich, wenn ich mal mit ihm sprechen würde, viel zu viel Angst hätte etwas falsches zu reden oder Stuss zu labbern, weil er ja eben- na ja, weil er eben in einer anderen Liga spielte und (wahrscheinlich, also eigentlich zu 100%) auch dachte. Wenn es ein Wort geben würde, was Micha beschreiben sollte, dann wäre das Naheliegenste einfach nur "schön" in allem was er tut und wie er aussieht. Alles war schön. "Janine, wir hatte doch nichts in Religion auf oder?" "Glaub nicht", sagte sie, zuckte mit den Schultern und biss von ihrem Apfel ab. "Okay, ich hab nichts gemacht", sagte ich und setzte mich neben sie auf meinen Platz. In diesem Moment setzte sich meine Freundin Jenny neben mich und sortierte ihre Sachen. "Na, Lieblingsstunde der Woche?" "Mhm", machte ich nur. Ich hatte gerade mal gar keine Lust auf Religion. Nicht wegen dem Fach oder weil ich nicht gläubig war oder so, nein, wegen der Lehrerin. Sie war seit vier Monaten die Vertretung für einen noch schrecklicheren Religionslehrer und alle dachte, dass sie es besser machen würde- Fehlanzeige! Es klingelte und auch der kleine Rest unseres sowieso schon geschrumpften Kurs, wir waren zwölf Leute, setzte sich. "Hier, schön voten, ne?", sagte Nick zu Melanie, die schräg rechts von mir saßen und reichte ihr einen kleinen Zettel. "Hm? Ach ja, klar, kein Problem", sagte sie und wollte den Zettel gerade wegpacken, als Lea, unterwegs zu ihren Sitzplatz in Melanie aus der Hand riss. "Na, was ist denn das? Ein Liebesbrief? Ach so", sagte sie mit einem Blick auf den Zettel, "der Votingzettel von ,Done'", meinte sie dann lediglich und gab ihn Melanie zurück. "Wer?", fragte ich Janine noch, doch da hatte unsere werte Religionslehrerin schon um Ruhe gebeten. Liebes Tagebuch, nein eigentlich will ich das nicht schreiben, aber es ist so und eigentlich ist es so schrecklich... ICH LIEBE MICHA!!!!! "Na Micha, hast du sie abgeholt?", fragte Tine Micha. Ich horchte und sah unauffällig auf. Micha schüttelte den Kopf über seine Wasserflasche. "Ne, wir haben uns dann aber Abends noch gesehen", sagte er und verließ mit dem Pausenklingeln den Raum. "Seine Freundin", zählte ich eins und eins zusammen. Tine nickte. "Wo war sie denn?", fragte ich. Tausend Gedanken schwirrten mir im Kopf rum und vor allem: Lass dir nichts anmerken!! "Ach, die war in Kanada ein Jahr." "Austausch in der Elf, oder wie?", fragte ich wieder nach. "Mhm", sagte sie und überflog ihre Notizen der letzten Stunde. Liebes Tagebuch, wie schrecklich, er hat eine Freundin... ach quatsch, natürlich hat er, dass hätte ich mir auch denken können, aber ich wollte es nicht wahr haben... "Ne, ich geh schon hoch zu Bio", sagte ich schnell, als mich Jenny noch mal mit zum elfer Schulhof schleifen wollte. Ich nahm meinen Ordner unter den Arm und stiefelte gemütlich den Flur entlang. Schon schön, wenn man als Oberstüfler immer drin bleiben darf und kein Lehrer dich rausschmeißen kann. Mein Blick schweifte an die Pinnwände, die den ganzen Flur rechts befestigt waren. Von Berufsausbildung, Austauschen bis- Ich ging unbemerkt langsamer, da auch einem Plakat groß "Done" prangte und schlagartig erinnerte ich mich an die Szene in Religion. "Votet für ,Done'!" stand dort groß und darunter die Website, die ich mir merkte, mal sehen, was es sich mit "Done" auf sich hatte. Am späten Nachmittag ging ich, bevor mein Vater kam und nachdem meine Mutter mit Mara einkaufen gefahren war, ins Internet. Ich kam recht schnell auf die Website von "Done". Ich erschrak, mir wäre fast das Herz stehen geblieben. Auf einem großen Foto prangte Micha! Und Nick und noch zwei andere Jungs. Ein Braunhaariger, der auch ganz niedlich aussah und noch ein anderer Braunhaariger, der aber eher nicht so mein Typ war. Ich hätte schreien können, Micha spielte in der Band "Done"!! Ich klickte mich durch die neuen und alten archivierten News durch und mein Erstaunen wuchs. Die Band bestand schon seit drei Jahren und hat schon bei ein paar Rock-Konzerten mitgespielt und war auch schon Vorband von einer berühmten Rockband. Im letzten Herbst waren sie sogar mal zu einer Art Casting in Hamburg und erhielten einen Sonderpreis für die gute musikalische Leistung in so jungem Alter, den es vorher noch nicht gegeben hatte. War diese berühmte Band einfach so an mir vorbei geschlittert? Obwohl ich mit Nick schon seit zwei Jahren Religion hatte und mit Micha seit diesem Schuljahr alle Hauptfächer!! Ich war wohl zu viel in England, dass ich solche Sachen mitbekommen könnte oder- ach was weiß ich... Ich stieß auf Fotos. Mir lief es heiß den rücken runter. Drei davon waren nur von Micha-, bevor ich weiter schwärmen konnte, druckte ich sie mir schnell aus, da Dad jede Sekunde kommen könnte und dann an den PC muss und er wird sicherlich dumme Fragen stellen, die ich vermeiden wollte. Nach und nach entpuppten sich auch viele meiner Freundinnen, als "Done"-Fans oder wenigstens als solche, die "Done" kannten. "Ja, die kenn' ich", gesteht Svenja, die ich in meiner Straße wohnt und die ich immer nur morgens am Bus sah, "die haben mal auf einem Punk-Rock-Konzert in der Stadthalle gespielt." "Die beiden Gitarristen sind bei mir in der Stufe. Mit dem einen hab ich Reli und mit dem anderen die Hauptfächer", erklärte ich. "Und der Sänger?", fragte sie. "Nein, der ist nicht bei mir in der Stufe." Sie grinste. "Der sieht total gut aus und der hat eine total gute Stimme." "Ich weiß nicht, ich hab noch nie Songs von den gehört", meinte ich nur. "Gibt's die nicht im Internet zum runterladen?", fragte Isabelle aus meiner Stufe, die mit Cathy gerade zu uns stieß. "Worum geht's?", fragte Cathy sofort. "Um die Band ,Done'", weihte Svenja sie ein. " ,Done'? Tom aus meiner Klasse, der ist da Schlagzeuger." Na toll, dachte ich, und meine beste Freundin, die ich schon seit Kindertagen kenne, sie war aber ein Jahr jünger, erzählt mir nichts von "Done". Liebes Tagebuch, es gibt einfach nichts zu sagen. Ich liebe ihn nur! Meine erste Liebe nach Daniel. Cathy fragte Tom, ob er eine CD von den "Done"-Songs hätte und ob er die ihr mal leihen könne. Er konnte. Ich lud mir das Lied auf den PC, er hatte nur das Lied "Eintönig" darauf gezogen, da die anderen Lieder noch nicht im Studio aufgenommen wurden, sondern nur Mitschnitte aus Konzerten waren. Ich liebte dieses Lied. Die wunderschöne Stimme des Sängers, er hieß Frederick, und die Gitarren im Hintergrund, die dem Ganzen den Schliff verpassten. "Sophia, wir wollten dich was fragen", sagten sie und mir sank das Herz in die Hose. Micha und Nick standen vor mir. "Ja, klar", sagte ich perplex. Micha räusperte sich und sah Nick an. Nick nickte. "Okay, also, wir wollten fragen, ob du für unsere Band ,Done' vorsingen möchtest", ertönte Michas wunderschöne Stimme. Er redete mit mir! "Ähm, ich-", sagte ich, mehr fiel mir nicht ein. "Hier stehen die Daten drauf, wenn du kommen möchtest", sagte Nick und drückte mir einen Zettel in die Hand, wo "20.03. in Halle 2 in den Konzerthallen am Marl-Dom" drauf stand. "Aber wieso- warum ich?", rutschte es mir raus. "Na ja, wir haben gehört du kannst gut singen und wir brauchen für ein paar Lieder ein Sängerin", erklärte Nick lächelnd. "Überleg's dir", sagte Micha und sie gingen in den Klassenraum. Mein Gesicht war immer noch heiß, mein Herz klopfte wie verrückt und ich konnte es selbst noch gar nicht begreifen. Ich sang sehr gerne, aber gut? Na ja, ich weiß nicht. "Sophia, ist alles in Ordnung?", fragte mich Alice plötzlich, mit der ich schon seit Monaten nicht mehr geredet hatte. Sie hatte neue Freunde, ich hatte neue Freunde. "Ja, ja, natürlich", sagte ich und ging rasch zum Unterricht. "DU?!", schrie Mara am Esstisch. "Ja, ich", sagte ich durch das Gelächter meiner Schwester. Meine Mutter sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. "Gehst du hin?" "Ich denk schon, aber ich hab keinen Schimmer was ich singen soll. Es muss auf jeden Fall eine mittlere Stimmlage haben!" Mara goss sich Orangensaft ein und war sehr amüsiert. "Du kannst gut singen, Sophia, ich drück dir die Daumen. Du schaffst das", ermutigte mich meine Mutter. Ich musste mir jedoch keine Sorgen um den Titel machen, da mich Nick am Tag darauf anrief. "Nick? Von der Band?", fragte ich meine Mutter, als sie mir den Hörer reichte. "Ich denke", sagte sie und eilte aus meinem Zimmer. "Hallo?", sagte ich deshalb nur. "Hier ist Nick, hi Sophia", meldete er sich. "Hast du es dir überlegt?", fragte er prompt und ohne zu zögern. "Ja, ja ich würde gerne vorsingen", sagte ich zu. "Ich sage dir jetzt ein paar Titel von denen wir möchten, dass du einen vorsingst. Ach ja und du hast zwölf Konkurrentinnen, falls es dich interessiert. Also die Titel wären dann..." Britney Spears, Born to make you happy, Madonna, American Pie, Elton John, Can you feel the love tonight oder Whitney Houston, I will always love you. Vor mir lagen vier Titel und ich mochte eigentlich alle, aber ich wusste genau welchen ich nehme. Den "König der Löwen" fand ich schon immer toll und ich glaube er passt auch sehr gut zu meiner Stimme, meine Mutter stimmte ebenfalls dafür. "Toll, du hast gut gesungen. Das wird schon. Was hast du verlieren? Du wirst morgen alles geben und wenn sie dich nicht wollen, trällerst du mir einen vor", bestärkte meine Mutter mich. Ich umarmte meine Mutter. Ich werde morgen mit soviel Gefühl singen, nahm ich mir vor, nur für Micha. Can you feel the love tonight, .... .... .... Sang ich und sah dabei auf Micha. Ich liebe dich, wollte ich damit sagen. Die Halle war recht klein, meine Stimme erschalte. Micha, Tom, Nick und Frederick sahen mich an und hörten mir zu. Ich fühlte mich, als würde mir mein Körper nicht mehr gehören, mir war heiß und kalt zugleich und alles schien sich zu drehen, um mich und um Micha. "Leave the...", stimmte ich die letzten Töne an und das Klavier verstummte. Plötzlich herrschte Stille. Frederick und Micha begannen zu klatschten, Tom und Nick stimmte mit ein. Ich lächelte und hoffte nicht rot zu werden. Frederick kam zu mir auf die Bühne, bevor ich sie verlassen konnte. Alle sahen ihn verwirrt an. "Können wir den Song, so die erste Minute, mal zusammen singen?" "Au ja!", rief Tom plötzlich, weshalb alle lachen mussten. Wir stimmten an, das Klavier begann. Es war, als stünde meine männliche Hälfte neben mir. Unsere Stimmen passten herrlich zusammen, wie ich fand. "Okay, ab jetzt kann ich den Text nicht mehr", brach Frederick ab. "Du hast den Job", sagte er dann plötzlich. Er wandte sich zu seinen Bandkameraden um. "Ihr habt doch nichts dagegen, sie war die Beste und wir passen gut zusammen", überzeugte er sie, aber wie es schien war es gar nicht nötig, da sie schon neben uns auf der Bühne standen und einstimmten. "Willkommen im Team", sagte er und umarmte mich. Nach ihm auch Micha. "Sophia, Sophia! Wahnsinn!", rief Svenja nach dem Wochenende morgens am Bus. "Ich hab's gerade in dem Lokalteil gelesen! Du bist Sängerin bei ,Done'!" "Echt?", kam es von Cathy. "Echt?", kam es von Isabelle. "Echt", kam er dann von mir. "Woah", kam es von allen gleichzeitig. "Wie ist Frederick denn so?", fragte Svenja prompt. "Nett, sie sind alle total nett." "Ich mag Micha nicht, der elende Mathestreber", bemerkte Isabelle. "Äh, der ist eigentlich ganz nett", sagte ich nur und sah, dass Cathy grinste. Es sprach sich natürlich sehr schnell rum, dass ich bei "Done" sang. Micha lächelte mich manchmal zu, wenn sich unsere Blicke trafen. Jedes Mal wurde mir heiß und kalt und heiß und kalt, bis er weg sah oder ich mich durchringe (letzteres war nie der Fall). Ich glaube, dass er mich zum ersten Mal wirklich bemerkt hat, dass er von meiner Existenz gewusst hat. Sonst hatten wir nicht mal ein Verhältnis, ich glaube, wir hatten uns vorher noch nie unterhalten oder ein Wort ausgetauscht. Weder ein "Gesundheit", noch ein "Guten Morgen", obwohl wir so recht viele Kurse zusammen hatte. Mir kam er immer so weit weg vor, doch nun war er mir näher, als wir es je zuvor waren. "Dad, wir haben gleich Probe, kannst du mich vielleicht fahren?", bat ich meinen Vater, der die Sportseite in der Zeitung studierte. "Was, jetzt noch?", sagte er und sah auf die Uhr. "Es ist kurz nach sechs", stellte ich fest. Er rückte seine Brille zurecht. "Ja schon, aber eher ihr fertig seid-, das dauert doch sicherlich auch einige Zeit, oder?" Ich hielt meinen Rucksack, der vorher neben mir auf dem Boden gelegen hatte, hoch. "Wir übernachten bei Frederick. Bei ihm ist im Keller der Proberaum-" "Im Keller? Die armen Eltern", unterbrach er mich. "Lass mich doch ausreden!", bat ich, "Sein Vater ist Pianist und er nutzt den selbst, weshalb er relative Schalldicht ist, meinte Nick." "War auch nur ein Witz, also gut, ich fahr dich, wo wohnt er denn?", sagte er und faltete die Zeitung zusammen. "Ähm, in der Altbausiedlung. Nahezu das letzte Haus, oder so. Ziemlich am Wald, ich hab die Adresse aufgeschrieben", sagte ich schnell noch und wir liefen dann raus, um das Auto aus der Garage zu holen. Vielleicht merkte man es mir nicht, zumindest hoffte ich das, aber ich war so aufgeregt, dass ich Angst hatte, mein Vater könnte mein Herz schlagen hören. Ich hatte vorhin so salopp gesagt "Wir übernachten bei Frederick", aber so salopp dachte ich darüber gar nicht. Ich übernachtete schließlich auf mit Micha bei Frederick. Plötzlich stoppte Vater, ich sah ich erschrocken an. Er sah fragend zurück. "Hier ist es doch, oder?", fragte er und sah raus. "Ja, ja klar", meinte ich und wollte aussteigen, als mein Vater mir die Hand gab. Ich fühlte etwas in meiner Hand, dessen Rand meine Handfläche kratze. Ich öffnete sie kurz und steckte das Kondom in die Hosentasche. "Papa", sagte ich und grinste. Er grinste zurück. "Viel Spaß und sing richtig!" "Klar, bis-" "Soll ich dich abholen?", fragte er schnell dazwischen. "Ja, nein", sagte ich unentschlossen, "ich ruf dich an wenn, ja?" "Gut, bis dann." Ich ließ die Autotür ins Schloss fallen und atmete tief ein und aus, danach klingelte ich bei "Rieser". "Hey, Sophia, komm rein", öffnete Frederick mir. Leise hörte man Musik durch Haus schallen. "Hi", sagte ich lächelnd. Er sah verdammt cool aus, er hatte nur eine Boxershorts an und ein Shirt. Er folgte meinem Blick und lachte: "Wunder dich nicht, wenn ich sing und spiel, steh ich nicht so auf Jeans und Pullover. "Kein Problem, aber auf der Bühne-" "Hab ich was anderes an", ergänzte glücklicherweise. Frederick lief vor, runter in den Keller, wo ich Tom, Nick und schließlich auch Micha begrüßte. Er war leicht geschwitzt und sah in dem hellblauen Poloshirt einfach nur gut aus. "Du hast unseren Song ,eintönig' schon mal gehört?", erkundigte sich Nick. "Klar, Tom hat mir mal die CD geliehen", erklärte ich. "Ich?", fragte Tom irritiert. "Ja, du hast sie doch Cathy-" "Ach so, ach so, ich wusste nicht, dass du da auch noch mit zusammen hängst", sagte er grinsend. "Gut", meinte Frederick dann (Aus den Augenwinkeln sah ich, wie Micha einen Schluck aus der Wasserflasche nahm), "ich denke wir fangen an." Ich nahm den Songtext in die Hand und lass erst mal nur mit: Bridge: Du träumst von Bahamas, weil es dort immer wieder was zu erleben gibt, dann träum weiter... Refrain: Es ist immer dasselbe, den ganzen Mist von vorn, was schwarz ist, das bleibt schwarz, Tag für Tag, eintönig. Strophe 1: Ich denk an dich, doch das ist immer das gleiche, Schluss aus, ich brauch' ne Veränderung, doch du bist da genauso falsch, wie ich es hier bin, ich glaub ich bin im falschen Film Bridge Refrain Strophe 2: Alles dreht sich, nichts geht gerade aus, mein Kopf platzt, yeah, ich will hier raus. Immer schwarz-weiß kariert, niemals bunt gefleckt, ich pack es nicht, und du kannst mir auch nicht helfen. Bridge Refrain Bridge 2: Kapier's es geht nicht, du bist gefangen, in deinem eigenen Körper, im Teufelskreis ge-fangen!! 2 x Refrain "Gut, alles klar?", fragte Frederick, "Tom gibt den Einsatz mit den Stöcken." Tack, tack, tack und- Ich setzte ein und gab mein Bestes, doch meine Einsätze waren immer zu spät und mein Tempo zu schnell. "Stopp, stopp, Schluss", brach Frederick ab, "wir machen Pause", sagte er mürrisch und verließ den Proberaum. "Sorry, Leute", sagte ich zu den Übrigen, die sich rechts und links zu mir auf die Bank setzten. "Mein Gott, was erwartet Frederick? Wir haben unsere erste Probe", tröstete mich Micha, was mir einen Schauer über den Rücken einbrachte. "Rick ist Perfektionist und Hektist, oder so, bei ihm muss alles perfekt und schnell gehen", ermunterte mich auch Tom. "Aber sie kann sich schon mehr Mühe geben", sagte Nick nach einer Pause dann plötzlich, mit dem Rücken zu mir, in die Stille. "He, sei doch nicht so gemein", verteidigte Tom mich. Er war echt lieb. "Schon gut, ich hab verstanden", sagte ich und nahm mir noch mal die Noten mit dem Text. Ich lieh mir Toms CD-Player aus und ging den Song noch mal durch. Wenn ich den Song mit Fredericks Stimme hörte, war das kein Problem, doch ohne war es schon nicht so einfach, da das Lied recht schnell war und immer hin drei Gitarren und ein Schlagzeug zu hören war. "Spielt ihr mal?", bat ich die Drei, da Frederick noch nicht wieder da war, "Ich will es mal probieren." Es ging einiger maßen gut, zum Schluss war ich ganz gut drin. "Aha. Geht doch", sagte Frederick, der in der Tür stand, nach dem Schlussakkord. "Wir proben noch so ne halbe Stunde und dann können wir hoch kommen, meine Mutter hat Spagetti gemacht." Verschwitzt setzten wir uns an den Esstisch der Familie Rieser. "Hallo, ich bin Alena, du kannst mich ruhig duzen", stellte sich Fredericks Mutter mir vor, "Bedient euch ruhig schon", sagte sie zu den Jungs, die höflich noch nicht angefangen hatten, jetzt aber zugriffen. Alena setzte sich zu uns. Ich fand, dass sie für eine Mutter nicht schlampig, aber cool aussah und vor allem wirkte sie unheimlich, gerade mal 35 oder so, würde ich sagen. "Ich hab die Gästebetten in Riccis Zimmer gemacht. Ich hoffe du hast nichts dagegen bei den Jungs zu schlafen", fragte sie dann an mich gerichtete. Die Jungs grinsten, während ich kauend den Kopf schüttelte. "Ja ja, lasst euch bloß keine Dummheiten einfallen. Hendrik und ich schlafen neben an, nebeneinander", betonte sie, als wir schon grinsen mussten. "Klar Mama", sagte Frederick und schob sich weitere Nudeln rein. "Du kannst einen fast Leid tun, Sophia, mit solchen Chaoten ,arbeiten zu müssen'", sprach Alena ihr Mitleid aus. "Haha", lachte Frederick trocken, "ach und nenn' mich nicht ,Ricci', dass hört sich an wie ein Mädchen", fiel ihm jetzt erst ein. "Deine Haare sind schon so lang, du könntest fast als-" "Quatsch! Ich hab sie nur nicht stoppelkurz!", bestand Frederick darauf, "Micha fällt der Pony auch ins Gesicht", rechtfertigte er sich. Micha sah mit großen Augen von seinem Teller hoch in die Runde, so dass wir lauthals lachen mussten. Er lachte mit. Was für ein süßes Lächeln er hatte, dachte ich still in mich hinein und starrte ihn immer wieder kurzzeitig an, wenn er beschäftigt war und die anderen es nicht bemerkten. Nach dem Alena uns noch Eis spendierte und wir ihr versicherten, dass wir nicht bis spät in die Nacht, den Nachbarn zuliebe, probten, da ihr Mann und sie in die Spätvorstellung des Theaters gingen, spielten wir weiter. "Okay, Leute, Schluss! Das war gut, echt ma", lobte Frederick und wir klatschten. Es passte alles. Mein Einsatz, das Tempo und Fredericks und meine Stimme harmonierten super miteinander. Nick machte sich zum krönenden Abschluss einer gelungenen Probe ein Bier auf und reichte Frederick und Tom und Micha eins. Ich schüttelte den Kopf. Ich wartete auf ein dummes Kommentar, doch es kam keins, weshalb ich erleichtert war. Er nickte nur. "Hey, hey", sagte Frederick plötzlich, nachdem er sich einen Schluck aus seiner Flasche nahm. Er surfte gerade im Internet. "Ich hab eine E-Mail bekommen. Von "Talents 007", sie fragen an, ob wir teilnehmen wollen!", jubelte er. "Wahnsinn!", rief Tom aus. "Talents 007?", fragte ich nach einer Pause irritiert in die Runde. "Ja, das ist eine Art Casting für gemischte Bands, in welchem Verhältnis ist egal", fügte Micha hinzu (mein Herz raste), "und wir hatten angefragt, da du ja jetzt dabei bist, ob wir teilnehmen dürfen. Die nehmen nämlich immer nur achtzig bis hundert Bands aus ganz Deutschland. Eingeladen worden zu sein ist schon klasse", fand er. Zwischen durch durfte ich immer wieder in seine wunderschönen grünen Augen sehen. "Wo ist denn das erste Konzert?", wollte Nick wissen. "Sofort, sofort...", sagte und tippte etwas, "ähm... wir sind... oh, auf Rügen", stellte er ein wenig verblüfft fest, "oh ach ja, das Motto ist ,Rock das Kaff'." "Ach so", sagte Tom. Ich schloss daraus, dass es wohl nicht üblich war, in solchen "kleinen" Gegenden zu spielen. Vielleicht hatten sie ja München oder Berlin oder irgend so was erwartet. "Die zahlen Hin- und Rückreise nur für die Unterkunft, ähm, für vier Tage, müssen wir selbst aufkommen", erklärte Frederick. "Das fängt Ende April an. Also wir müssen vom 10. Mai bis zum 14. Mai hin." Ich schluckte. Wahrscheinlich war "Done" schon vor Tausend Leuten gespielt, aber für mich war das alles total neu. Auch wenn dort oben vielleicht nur zehn Leute standen. "He", sagte jemand plötzlich, dessen Arm sich auch um mich legte. Es war Michas. "Mach dir keine Gedanken, du weißt nicht wie schief Frederick bei unseren ersten Konzert gesungen hat." Ich lächelte schwach. "Wie? Hab ich gar nicht-", wand er ein und stoppte, als Micha ihn ansah, "oh, äh, ja stimmt", gab er unglaubwürdig hinzu. Micha nahm seinen Arm wieder runter und trank einen Schluck. "Jungs, äh, Leute", sagte Frederick lachend, "wenn wir das packen und einen Förderpreis oder so kriegen oder- Leute, dass wäre genial, wir müssen uns total anstrengen!" "Jep, am besten wir proben jetzt jeden Tag. Nur so' ne Stunde oder so", schlug Nick vor, "wir müssen sowieso noch neue Songs schreiben und einmal die Woche reicht da nicht." Ich schluckte. Jeden Tag... na ja, wenn es so sein soll. "Okay, jeden Tag, ähm, um vier bei dir dann immer, Fred?", erkundigte sich Tom. Frederick nickte über seine Bierflasche hinweg. "Geht das okay? Sophia?", fragte Micha mich in meiner Trance. "Ja, klar, natürlich", antwortete ich sofort überschwänglich. "Gut", meinte Frederick, klappte den Laptop zu und stand auf, "ich denke wir hauen uns hin, oder?" Zustimmend trottenden wir hinter Frederick her. In seinem Zimmer, dass jungentypisch unordentlich war (es sah aber so aus, als hätte Alena versucht, Ordnung rein zubringen), war die Schlafcoach neben Fredericks Bett für zwei Personen gemacht, daneben waren noch zwei einzelne Gästebetten nebeneinander gestellt. Zum Schluss musste die Jungs auch noch losen, wer der drei zusammen im "Doppelbett" schliefen. Ich wurde dabei natürlich nicht berücksichtigt. Die Wahl fiel auf Tom und Nick. Daneben Micha, daneben ich. Ich nahm meine Sachen mit ins Bad und zog dort meinen Schlafanzug an, kämmte mir die Haare und sah später die Jungs in Boxershorts und Shirts im halb abgedunkelten Zimmer auf ihren Betten sitzen. Ich stellte meinen Rucksack neben mein Bett und wir schlüpften unter die Decke. "Nacht." "Gute Nacht." "Uah, Nacht." "Gut' Nacht", ertönte auch Michas Stimme. "Nacht", sagte ich auch und ich glaube, ich schaute die ganze Nacht auf den wunderschönsten Hinterkopf den es gab. Ich hätte fast unwillkürlich geschrieen, als ich das Gesicht sah, das ich vor ein paar Sekunden im Traum noch gesehen und geküsst hatte. Micha war zu mir auf die Seite gedreht. Es war kurz nach Sechs, wie ich mit einem kurzen Blick auf Fredericks Wanduhr feststellte. Ich rührte mich nicht und sah Micha einfach nur an. Er war so schön und mein verlangen wuchs, ihm einfach mit den Fingern durch die vollen Haare zugehen und seine schönen Lippen zu küssen. Ich nahm meinen Collegblock und einen Kuli leise aus meinem Rucksack und legte mich auf den Bauch, den Block vor mir. Niemals, schrieb ich. Bridge 1: Verfluche mich, wenn du es brauchst, deinen schönen Augen werd ich missen... Refrain: Ich war niemals dein, und ich hab niemals dran geglaubt, dass du das dachtest. Ich war niemals nur für dich da, das hast du nur geglaubt, und jetzt ist es, aus. Strophe 1: Schön, wie ihr da saßt. Nur ihr zwei, mein Herz in zwei. Doch wenn du es so haben willst, dann heul' dir danach nicht die Augen aus, denn ich, hab's nicht so gewollt. Refrain Strophe 2: Wenn du denkst, ich bin so naiv, dass ich es nicht kapier', ein Grund mehr, Schluss zu machen, denn Gefühle waren früher mal im Spiel. Bridge 1 Refrain Bridge 2: Ich bin für dich kein Spiel, kein- "Nicht schlecht", erschrak Micha mich, als ich total vertieft den Songtext schrieb. Er kniete sich neben mich und las zu Ende. "Find ich gut." "Aber wir werden den Text wenn sowieso hier und da umändern müssen, ich meine, wegen den Noten und so", flüsterte ich zurück. Halb geschmeichelt, halb hoffend nicht rot zu werden, da sein nacktes Knie meinen Oberarm berührte. "Komm wir gehen runter und lassen sie noch etwas pennen", schlug Micha vor und ich lief hinter her. "Nimm den Text mit", rief er leise und ich schnappte mir den Block und machte die Tür hinter mir zu. Wir gingen die Treppen runter und setzten uns im Wohnzimmer auf die Coach. Micha las sich den Text noch mal durch. Ich sah ihn dabei nur, mehr oder weniger unauffällig, an. "Hier, die Stelle", sagte er mit Blick auf den Zettel und deutete mit einem Finger auf die Stelle. Er beugte sich zu mir und ich sah nur ihm ins Gesicht. Er sah zu mir auch. Unsere Gesichter waren sich sehr nahe. Mein Herz klopfte. Ich spürte seinen Atem. Meine Nase strich kurz an seine weiche Wange. "Ähm", machte ich unwillkürlich. Wir zuckten beide zurück. "Schreibst du die zweite Bridge?", fragte er hastig. Mein Herz klopfte immer noch wie verrückt und meine Hand zitterte, während ich die Bridge 2 ergänzte: Bridge 2: Ich bin für dich kein Spiel, kein einziges Mal, hab ich auch nur an eine gemeinsame Zukunft gedacht, ich habe nie an mehr gedacht, und es war wie abgemacht. "Dann den Refrain noch mal. Vielleicht ein Zwischenspiel und dann noch mal der Refrain oder so", erklärte ich mit zitternder Stimme. "Hey, hat dir Frühschicht schon begonnen?", fragte eine Stimme im Hintergrund. Nick, Tom und Frederick trotteten die Treppe runter. Micha und ich lachten. Micha nahm mir den Block aus der Hand und zeigte ihn den anderen, was mir irgendwie peinlich war. "Cool, dann können wir ja gleich Noten dazu schreiben", meinte Frederick. Doch danach zogen wir uns um und aßen dann erst mal Frühstück. "Zu hoch, mach noch mal eine Oktave tiefer", fand Nick. "So?", fragte Frederick. "Besser", meinte Nick und hörte sich die Passage noch mal an. Tom nickte im Takt. "Lass mal Pause machen", bat Frederick, der schon ein paar Schweißperlen auf der Stirn hatte. "Gut", sagte Micha und stellte die Gitarre in den Ständer, "ich geh dann eben aufs Klo." Frederick nickte und setzte sich neben mich auf einen Stuhl. Er trank einen Schluck aus der Wasserflasche, was Tom ihm gleichmachte und sah mich eindringlich an. "Zwischen Micha und dir, läuft was, oder?" Die Frage war so gestochen scharf, dass mir der Inhalt einen kalten und einen heißen Schauer bescherte. "Ähm", machte ich nur und sah zu Boden. "Du weißt, dass Micha eine Freundin hat, oder?" "Ich weiß", sagte ich sehr leise. "Wie war's?", fragte mein Vater, als er mich abholte. "Gut, wir treffen uns jetzt jeden Tage eine Stunde bei Frederick. Um Vier. Aber du musst mich nicht immer fahren. Mit dem Fahrrad oder dem Bus bin ich schnell hier", beruhigte ich meinen Vater, als er gerade etwas sagen wollte. "Das meinte ich gar nicht", sagte er lächelnd, "Kommst du denn mit den klar? Sind die Jugendfrei?" "Papa", sagte ich lachend, "ja, die sind voll okay, ach und das Kondom kannst du wieder-", ich wühlte in meiner Tasche, "oh mist, ich hoffe nicht, dass ich es bei Frederick hab liegen lassen", befürchtete ich. "Und wenn schon, es könnte doch genauso ihm gehören, oder?" Nach einer kurzen Pause fingen wir beide an zu lachen. Liebes Tagebuch! Micha und ich haben uns fast geküsst... bin ich schuld, wenn seine Beziehung in die Brüche geht? Ich kenne sie ja nicht mal, ich weiß nur, dass es sie gibt. "Hallo", grüßte ich die anderen und setzte mich auf die Bank. Ich nahm meinen Block heraus und grübelte über den Text, während die Jungs neue Passagen probierte. Verstohlen blickte ich immer wieder zu Micha, der beschäftigt war und mich nicht beachtete. Ich bekam immer wieder ein kribbeln im Bauch, wenn ich ihn ansah. Ein bekanntes Gefühl, dass ich auch schon zu Daniels "Zeiten" gehabt hatte. "Wir gehen heute in einem neuen Laden in der Stadt was trinken, möchtest du mitkommen?", fragte Tom mich freundlich. "Oh, also ich-" "Komm schon", sagte Frederick und Micha sah mich weiter an. Ich sah von meinen Block hoch und nickte. "Okay, wann denn?" "Um acht." "Gut", sagte ich und stand auf, "dann lasst uns mal die ersten Passagen durch gehen, ja?" Wir verabredet ging traf ich mich den Jungs um acht vor dem "Picks". Ich hoffte nicht, dass ich zu overdressed war, da ich einen braunen knielangen Rock und ein weißes Top trug. Jungs kamen immer natürlich sportlich, Jeans, Poloshirt und so, aber bei Mädchen fiel es sofort auf. Frederick musste mich nach meiner Ankunft kurz und ich hoffe das er nichts von wegen "Hast dich für Micha schick gemacht" oder so sagen würde. Tat er auch zu meinem Glück nicht. Wir setzten uns an einen Tisch, bestellten und redeten. Meist über "Done", etwas anderes großartiges Verband uns ja auch nicht. Fredericks und Nicks Gesellschaft genoss man nicht lange, da sie nach einer halben Stunde schon auf der Tanzfläche "beschäftigt" waren. Irgendwie war ich enttäuscht, dass Micha nichts, weder gut, noch schlecht zu mir sagte. "Alles okay?", fragte Tom mich lieb, als ich etwas niedergeschlagen auf meine Hände sah, die in meinem Stoß lagen. "Klar", sagte ich lächelnd und trank meinen letzten Schluck aus. Ich glaube, dass Micha mich, soweit ich das aus den Augenwinkeln erkennen konnte, kurz angelächelt hatte. "Ich hol' mal was Neues", sagte Tom, obwohl es hier auch eigentlich Bedienung gab. Mir war das gar nicht so recht und ich wusste auch warum, weil Micha und ich nämlich in eine ziemlich peinliche Stille verfielen und keiner so recht wusste, ob er was sagen sollte und was er sagen sollte. "Spielst du schon lange Gitarre?", begann ich langsam. Er sah mich direkt ins Gesicht an, aber ich hatte dennoch den Eindruck als würde er mir nicht in die Augen schauen. "Seid ich sechs bin, da hab ich mit angefangen. Spielst du etwas?", fuhr er zu meiner Erleichterung fort. "Nein, ja, ich hab mal Klavier gespielt, aber nicht lange", antwortete ich und sah Micha kurz an, "ich hatte nie Lust zu lernen", erklärte ich. "Kenn ich, geht mir trotz ,Done' manchmal genauso", gab er zu. "Wie? Du-" Er rutschte auf seinem Platz kurz hin und her. "Wenn ich irgendwelche schwierigen Stellen können muss, oder so, dann denk ich in meiner Verzweiflung manchmal, wofür das ganze, obwohl es mir eigentlich Spaß macht." Ich nickte nur. Ich überlegte kurz und tat etwas, wo ich heute Morgen nicht geglaubt hätte, dass ich mich das trauen würde. Ich legte meine Hand neben seine, die neben seinem Bierglas lag und strich kurz mit dem kleinen Finger über seinen Handrücken. Er tat es ebenfalls, doch ruckartig zog er sie weg und sah in die entgegengesetzte Richtung. Nach ein paar Sekunden sah er mir genauso ruckartig wieder in die Augen. Er hatte so wunderschöne Augen, tief, eindringlich und einen fesselnden Blick. "Micha-", hauchte ich unwillkürlich leise. Ich spüre seine Nase an meiner reiben, unsere Arme berührten sich, dann unsere Lippen. Nur ganz kurz. Wir waren Zentimeter von einander entfernt. Ich atmete ruhig und sah im in die Augen. Dann küssten wir uns innig. Es war ein schöner Moment. Er streichelte meine Hand und unsere Lippen liebkosten sich. "Micha, du weißt, was wir gesagt haben, nicht wahr?" Wir schreckten auseinander, vor Micha standen Frederick und Nick, Tom kam mit Getränken gerade dazu. Micha starrte sie uneingeschüchtert an. Ich eher verwirrt, irritiert. "Das ist nicht verboten, oder? Macht ihr doch auch, oder?", entgegnete Micha. Die drei setzten sich. "Wir haben bei Katja eine Ausnahme gemacht, weil ihr schon seit zwei Jahren zusammen seid, aber wir haben uns geschworen, dass unsere Musik im Vordergrund steht und das Wichtigste, wir haben uns versprochen nichts mit der neuen Sängerin anzufangen. Warst du nicht einer, der am stärksten dafür war?!", predigte Frederick mit lauter werdender Stimme. Micha und Frederick tauschte giftige Blicke aus. "Vielleicht hat er ja recht-", warf ich ein, bevor sich Micha und Frederick gewaltsam auseinander setzten. Frederick sah mich gar nicht an, auch Nick sah irgendwie an mir vorbei. Tom hatte sich neben mich gesetzt und lächelte mich an, als ich ihn kurz ansah. Mir war zum Heulen, war ich schuld, dass auch noch die Band auseinander brach?! "Ich glaube wir gehen jetzt besser und treffen uns dann morgen, nüchtern", betonte Tom vernünftig. Liebes Tagebuch! Es ist schon so lange her, dass ich mein Kissen befeuchtet hab, sodass ich fast glücklich war, da das ein sicheres Zeichen dafür ist, dass ich wieder verliebt bin, leider fürchte ich in den Falschen oder zu falschen Zeit? Mir wurde auch bald klar, warum Frederick mir gesagt hatte, dass Micha eine Freundin hatte, er wollte das Gespräch von gestern Abend vermeiden. Er wollte es von vornherein vermeiden. Klar, für das Bandklima waren solche Streitereien Gift und eine Beziehung auch, wie es mir bald auch einleuchtete. Punkt vier Uhr waren alle bei Riesers. "Okay", begann Frederick, der auf der Bank saß und mit den Händen den Kopf stützte, "also, ich verlange von euch, dass ihr nichts außerhalb von Freundschaft miteinander zu tun habt", brachte es Frederick krass auf den Punkt. "Hart", rutschte es Tom raus. "So hart es auch ist", setzte Frederick nach, "schließlich sind wir eine Band und keine-" "Schon gut", beendete Micha alles. Ich wusste, obwohl ich Frederick noch nicht lange kannte, dass er sonst ausfallend geworden wäre und vermutlich nicht sehr nettes angefügt hätte. "Sophia?" Ich schreckte leicht, aber, wie ich hoffte, unbemerkt, hoch. "Ja, okay." "Schön, dann lasst uns proben." Micha und ich sahen uns dann. Wir lächelten, doch es war eher ein es-tut-mir-leid,-ist-es-für-dich-okay-?-Lächeln. Dabei blieb es. Die ersten Sonnenstrahlen kamen mit dem Mai. Micha und ich sahen uns nur noch bei den Proben, in der Schule ignorierten wir uns komplett. Nicht mal ein "Hallo" oder Lächeln war drin, so schien es mir. Mir war auch, als ob etwas mit Micha nicht stimmte. Seit ein oder zwei Wochen sah er immer merkwürdig fertig aus und müde. Auch im Unterricht sagte er weniger (was allgemein aber noch viel war). Er war auch nicht der Typ, der Tag für Tag feiern ging und deshalb jeden zweiten Morgen verkatert war. Ich konnte es mir nicht erklären, ich hoffe nur, dass es keine schlimme Antwort darauf gab. (Insgeheim hoffte ich, dass er einfach nur zu viel mit Katja ausging oder, was mir, wenn ich ehrlich war, lieber war, dass er Nächte lang paukte.) Morgens nach Mathe fasste ich mir ein Herz und sprach mit ihm (Ich wollte es auf keinen Fall wegen den Bandproben machen!). "Ich wollte sowieso mit dir reden", unterbrach er mich, als ich eigentlich noch nicht ganz begonnen hatte, sah an mir vorbei und bat mich ihm zu folgen. Wir gingen direkt zum Pausenklingeln hinter die Pavillons, um dort ungestört reden zu können. "Geht's dir gut?", fragte ich prompt, bevor er irgendetwas sagen konnte. Er lächelte schwach. "Ja, jetzt ja. Ich habe viel nachgedacht. Über mich, über uns", sagte er mit tiefer Stimme und sah mir direkt in die Augen, ich hielt die Luft an, "und über Katja. Wir haben uns getrennt. Ich hab Schluss gemacht-" "Wegen mir?!", redete ich erschrocken rein, ohne ihn ausreden zu lassen. "Nein", sagte er kopfschüttelnd, "also eigentlich vielleicht auch irgendwie schon. Ich glaube ich habe nur einen guten Grund gesucht, weil mit Katja irgendwie die Luft raus war. Sie hat mich betrogen und es mir gestanden." Hu, dachte ich, das war hart. "Oh", sagte ich dennoch nur. "Tja und ... na ja, ich dachte, wenn ich jetzt zu dir komme denkst du wahrscheinlich und die anderen auch, ich nehme die Erstbeste und das wollte ich nicht, deshalb hab ich mir Zeit gelassen. Ich musste nachdenken und natürlichen auch überlegen", er machte eine kurze Pause, "du weißt schon, die Band und Frederick." Ich nickte nur und sagte nichts. Was auch? Ja, klar hab ich auch, wäre gelogen. Micha, ich liebe dich, unangebracht und was anderes fiel mir im Moment nicht wirklich ein. "Ich habe dich furchtbar gern und ja, vielleicht liebe ich dich auch, aber für ein wirklich ernstes ,ich liebe dich' ist da drin noch zu viel Chaos", sagte er und deutete auf seinen Bauch, weshalb wir beide lachen mussten. Dann war alles still. Meine Augen waren geschlossen und ich hörte nichts um mich herum. Ich spürte nur noch Michas weiche Lippen auf meinen. Es hätte noch stundenlang so sein können, doch die Pausenklingel zerstörte alles. Doch jetzt wusste ich, woran ich war und was los war. Kapitel 8: It's Love -------------------- Tja, Leute, letzte Kapi, ich hoffe es gefällt euch bisher, aba der Epilog kommt ja noch! Noch ne Frage, was für einen PROlog könnte ich machen? Vorschläge vor! Es war unerträglich. Die Blicke, die unauffälligen bewussten und zufälligen Berührungen und, dass schlimmste, die Angst, die Band kaputt zu machen, wenn es einer und vor allem Frederick mitbekommt. Für ihn war eine Beziehung in einer Band tabu. Ich befürchtete, dass er aussteigen würde, wenn er es wüsste und, dass die Band somit zerbrach. Nick würde mit ihm ziehen, so viel stand fest. Tom hatte mir erzählt, dass sich die Eltern von den beiden im Krankenhaus, bei Fredericks und Sinas (Nicks ältere Schwester) Geburt kennen gelernt haben und dadurch Frederick und Nick, der fast punktgenau ein Jahr später geboren worden war (Nick hat am 30. Dezember und Frederick am 31.), Freunde geworden sind. Tom war, wie er mir selbst erzählte blöderweise das "Nesthäkchen". Er wird in diesem Jahr, wo Nick und ich 18 werden, Micha es im Februar schon geworden war und Frederick 19 wird, erst 17. Ich fand ihn aber trotzdem sehr nett. Auch wenn er erst fünfzehn werden würde. Sein Alter änderte meine Meinung von ihm nicht. Meist kam es mir so vor, als betrachte er die Dinge am neutralsten und vernünftigsten. Er war für mich, so lustig es klang, der Schlaf-mal-lieber-ne-Nacht-drüber-Typ, was ich sehr an ihm schätzte. "Hast du auch an meine Shirts gedacht?" "Was?" "Hast du sie mit gewaschen?", erklärte ich. Meine Mutter nickte. "Natürlich. Was ist los Schatz? So nervös? Das hab ich dir doch vorhin schon mal gesagt und außerdem warst du doch mit in der Waschküche", wunderte sich meine Mutter. Ich nickte kurz und setzte mich. "Es kann auf Rügen soviel schief gehen. Aber es darf einfach nicht!", sagte ich geheimnisvoll. "Du meinst, dass ihr nicht weiterkommt, dass du bei singen patzt", fragte meine Mutter nach und kniete sich vor mich. "Noch nicht mal! Na ja auch, aber ich meine das mit Micha. Wir... ich mag ihn sehr, aber wenn wir in einem Zimmer wohnen und Frederick und die anderen sind dabei und- er muss uns nur beim ,Gute-Nacht-Kuss' oder so erwischen", sagte ich mit lauter Stimme, so dass es mir selbst auch bewusst wurde, "und dann ist alles zu spät. Und ich bin Schuld, Mama." Meine Mutter lächelte. "Sophia, mach dir nicht so viele Gedanken. Es kommt, wie es kommen muss. Glaub mir, es wird alles gut. Freu dich einfach ihn wieder zu sehen, dann wird schon nichts geschehen", baute sie mich auf. "Was, wenn genau dann etwas passiert? Wenn ich mich so freue-" "Du liebst ihn doch, oder?", fragte meine Mutter direkt und wartete meine Nicken kaum ab, "Deshalb wird alles gut gehen, es kann gar nichts schief gehen, wenn du und-, wenn ihr zusammen haltet." "Micha", sagte ich nachträglich. Meine Mutter nickte. Ich sah still auf den Boden. Meine Mutter stand auf, ich machte es ihr gleich. "Hast du denn alles fertig gepackt?" "Fast", antwortete ich. "Gut, dann helfe ich dir mit dem Rest und danach gehen wir in die Stadt, ja?" In der Stadt kaufte sie mir dann noch, was sie unbedingt wollte, ein gelbes Oberteil mit halben Ärmeln. "Du hast in letzter Zeit so abgenommen, deine Alten sehen teilweise aus, als wären sie von mir!", sagte sie und sie bestand darauf, dass ich es auf der Fahrt nach Rügen trug, was ich auch tat. Am nächst größeren Busbahnhof in der Nähe trafen sich mehrere Bands, die von dort aus, nach Rügen aufbrachen. Die Anderen warteten davor darauf, dass alle da waren und der Bus öffnete. Ich belud den Bus mit meiner Reisetasche, verabschiedete meine Mutter und stellte mich zu ihnen. "Alles fit?", fragte Nick mich. "Klar", antwortete ich möglichst gutgelaunt. "Die Texte sitzen?", fragte Frederick mich lächelnd. "Klar", wiederholte ich, "schließlich hab ich sie teilweise selbst verfasst, nicht wahr?" "Was waren wir vorher nur ohne dich?", sagte Micha und legte kurz einen Arm um mich. Ich traute mich nicht Frederick in die Augen zusehen und war heilfroh, als die peinliche Stille durch "Alle bitte einsteigen!" unterbrochen wurde. Auf drei Doppelsitzern lag jeweils ein Schild mit der Aufschrift "Done", was uns darauf schließen ließ, dass das unsere Plätze waren. Ich setzte mich hinter Frederick und Nick. In der Reihe neben denen saßen Micha und Tom. Ich konnte Michas Haare und sein Ohr sehen, da er zum Gang hin saß. Ich nahm es nicht persönlich, dass er sich nicht neben mich gesetzt hatte oder mich nicht zwischendurch anlächelte, es ging nicht. (Auch wenn Frederick nicht im Gang, sondern vor mir am Fenster saß. Ich kramte nach meinem Block. Ich hatte jetzt genug Zeit noch mal die ganzen Texte durchzugehen, obwohl ich genau wusste, dass ich sie im Schlaf konnte. "Eintönig", "Niemals", ach ja, und "Lass mich!", meine neuste Creation. Mir fällt es irgendwie nicht schwer Texte zu schreiben, so lange sie über Liebe, Freundschaft und Menschen handeln sollen. Den Rest mit den ganzen Noten und so den überließ ich immer gekonnt den Jungs, wozu waren sie sonst da?, dachte ich und lachte leise auf und las: Lass mich! Strophe 1: Warum sprichst du mich dann noch an, wenn du im gleichen Atemzug sagst, dass aus uns nie was wird, dass du mich nicht leiben wirst. Bridge 1: Geh, wenn's nie' ne Romanze wird... Refrain: Du lässt mich fallen, doch Freunde willst du bleiben, so langsam packt mich die Angst, du könntest mich benutzten. Lass mich! Oh... lass mich! Strophe 2: Die Tränen steigen mir ins Gesicht, wenn du mir mit allem zeigst, dass Gefühle nichts für dich sind, dass mich nie lieben wirst. Bridge 1 Refrain Bridge 2: Es tut mir so weh, tausend mal hab ich gedacht, ja wirklich über uns nachgedacht doch nie das Feuer in die entfacht. 2x Refrain "Na?", sagte Micha plötzlich und setzte sich auf den freien Platz neben mich. Aus den Augenwinkeln sah ich, dass Frederick sich unmerklich rührte. Ich warf ihm einen warnenden Bist-du-verrückt-Blick zu. Er warf mir einen Mein-Gott-Blick zurück und zuckte mit den Schultern. Er beugte sich runter und es sah aus, als wolle er den Text lesen, er gab mir jedoch einen sanften kleinen Kuss auf die Wange. "Kannst du alles?" "Sicher", sagte ich lächelnd. In mir kribbelte alles. Die Zeit zwischen Michas Besuch und der Ankunft in Rügen kam mir zehnmal so lang vor, wie die Zeit vor dem Kuss. Doch jetzt war ich mir sicher, dass die Texte hundertprozentig saßen. " ,Done' bitte hier entlang", rief einer des Organisationskomitees. Wir folgten ihm in der Jugendherberge den langen Korridor entlang. Zuvor hatten wir uns an der Rezeption angemeldet und die vier Tage mit Frühstück bezahlt. Außer uns waren noch dreizehn andere Bands hier. Die nächsten zehn oder zwölf Bands kamen in vier Tagen. Etappenweise traten die Bands hier auf. Das Zimmer hatte drei Doppelbetten, weshalb wir auf das Bett über mir unsere Instrumente legten, damit sie auf dem Boden nicht zerkratzten oder Schaden trugen. Micha lag ebenfalls unten direkt neben meinem Bett. Frederick und Tom schliefen gegenüber, an der anderen Hauswand. Da Frederick und Nick beide unbedingt oben schlafen wollten, gaben Micha und Tom nach und legten sich unter diese, was ich total klasse fand. Gegen Mittag bekamen wir dann Probezeit in einer Kellerräume, wo wird dann unsere Songs noch mal übten und auf die Feinheiten achten. "Sophia, ist alles okay? Du hörst dich irgendwie anders an...", bemerkte Frederick, der das Mirko wieder auf den Ständer stellte. "Nein, eigentlich-", sagte ich und musste kurz darauf niesen und husten. "Na hoffentlich geht das gut", grinste Nick und reichte mir ein Taschentuch. "Ist nicht schlimm. Wahrscheinlich wegen meiner Stauballergie. Die Betten im Zimmer sahen antik aus, genau wie der Staub in dem Matratzen", begründete ich, weshalb wir lachen mussten. Wir probten noch bis zum Nachmittag, doch mein Hals kratzte immer noch. Am Abend wollten wir noch, bevor wir dann am nächsten Tag einen Auftritt hatten, uns gemütlich in die Lounge setzten, weshalb ich mich ein wenig "aufbretzelte". Ich zog meine neue Dreivierteljeans an und ein rotes Top, passend zum hellroten Lipgloss. Beim Auftritt wollte ich meinen braunen Rock zu einem rosa-weißem Top anziehen. "Seid ihr fertig? Wir wollen runter?", fragte Nick in die Runde. Alle nickten. "Sofort", bat Tom, der noch in seinen Sachen wühlte. Auch Micha war noch mit seiner Gitarre beschäftigt. "Wir gehen schon mal", sagte Frederick und ging mit Nick raus. "Wartet", rief Tom eine Minute später und lief hinterher. Es war still. Ich setzte mich aufs Bett. Micha ließ die Gitarre, Gitarre sein und setzte sich neben mich. Wir verloren keine einzige Sekunde und küssten uns. Ich fuhr ihm mit der rechten Hand durch die weichen vollen Haare. Die Linke stütze sich auf der Matratze ab. Ein Schlüsselklirren, wir schreckten auseinander und die Tür ging auf. Ich blieb nichts sagend auf dem Bett sitzen und sah an die Decke. Micha sortierte zwei Stifte auf dem Tisch. Tom schloss die Tür und grinste. "Was man nicht im Kopf hat", sagte er und hielt seinen Schlüssel hoch, der auf seinem Nachttisch gelegen hatte. Bevor der wieder raus ging, wand er sich um und deutete auf seinen Mund. "Micha, du hast da was." Micha wischte mit der Hand über seine Lippen und seine Wange, wo mein roter Lipgloss klebte. Tom zwinkerte uns zu und verließ das Zimmer. Micha und ich lachten laut los. "Das ist ja gerade noch mal gut gegangen." "Mhm", machte ich lachend, "auf Tom ist echt verlass." "Stimmt", bestätigte Micha mich. Unauffällig und getrennt stießen Micha und ich dann ein paar Minuten später zu den anderen in der Lounge. Ich konnte mir ein Lächeln nie verkneifen, wenn Micha mich unterm Tisch mit seinem Fuß streichelte. Er stupste immer leicht mit seiner Schuhseite gegen meine Wade. Nick und Tom fachsimpelten bereits mit anderen Bands, Frederick war "beschäftigt" und Micha und ich saßen stumm am Tisch. Je später es wurde, desto mehr stieg der Alk-Pegel, zumindest bei Frederick, Nick, Tom und den anderen Bands. Micha hatte nur zwei Bier getrunken und ich nippte immer noch an meiner Cola. Micha deutete mit dem Kopf zur Seite. "Gehen wir?", formten seine Lippen. "Okay", formten meine und wir standen heimlich auf und schlängelten uns durch die riesige Lounge mit mindestens vierzig oder sogar fünfzig oder mehr Leuten, die vor dem "Ernst des Lebens" noch mal richtig ein drauf machen wollen. Wir liefen Hand in Hand raus in die kühle Nachtluft. Ich lehnte mich an einen Baum am Waldrand und Michas warme Lippen berührten meine kalten Wangen. Sanft strich er über meine Taille und meinen Bauch unter meinem Top. "Ich liebe dich, Sophia", hauchte seine Lippen und ich sah seinen weißen Atem, der mein Gesicht sanft umwog. "Ich liebe dich auch", sagte ich mit kratziger Stimme und küsste ihn. Doch plötzlich stieß ich ihn grob zu Seite und hustete schmerzhaft in die Hand. Micha strich über seinen Brustkorb und sah mich irritiert an. "Uuh, ich wusste nicht, dass ich so schlecht küssen kann", sagte er grinsend. Ich sah ihn milde lächelnd an und schritt auf ihn zu. "Quatsch. Tut mir wirklich Leid", sagte ich und rieb ihm über die Brust, wo ich gerade kräftig hingeboxt hatte. "Hoffentlich kannst du morgen singen", malte Micha den Teufel an die Wand. "Sicher", sagte ich, aber nur halb überzeugt und begann auf der Stelle zu tippeln. "He Süße, ist dir etwa in Top und kurzer Jeans bei Minusgraden kalt?", veralberte er mich und nahm mich wärmend in den Arm, obwohl er selbst nur einen Sweatshirt und eine (normal lange) Jeans trug. Wir genossen noch ein paar Minuten die Ruhe und die Zweisamkeit, bevor wir rein gingen und die anderen, die, kaum aufnahmefähig wie sie waren, unser kommen und gehen nicht bemerkt hatten, einsammelten und nach oben zu unserem Zimmer stiefelten. Liebes Tagebuch, schrieb ich an diesem Abend noch in mein Tagebuch, ich liebe Micha und er liebt mich, dass er mir endlich gesagt. Ich klappte es zu und streckte mich, als mich plötzlich Michas Finger an der Unterseite meiner Arme kitzelten. Ich zuckte leise kichernd zurück. Ich beugte mich zu ihm rüber, hauchte "Gute Nacht" und küsste ihn auf die Stirn, doch er hielt mich fest und küsste mich leidenschaftlich auf die Lippen. Dann sah er mir tief in die Augen, küsste mich noch kurz und flüsterte ebenfalls "Gute Nacht". Absolut nervös wachte ich am Morgen auf und sah auf die Uhr. Kurz nach acht. Noch vier Stunden bevor wir unseren Auftritt hatten. Ich sah mich um. Nick schien schon im Bad zu sein. Tom kramte gerade in seinen Sachen und flüsterte leise: "Guten Morgen." "Morgen", gab ich leise zurück, wobei kein Ton meine Lippen verließ, stand auf und machte ein Fenster auf Kipp. "Aufgeregt?", flüsterte Tom, der sich neben mich stellte. "Und wie", wollte ich sagen, doch alles was raus kam war ein Krächtzer, der so ähnlich wie "Und wie" klang. "Shit", fluchte Tom laut. "Oh nein", piepste ich, setzte mich auf den Stuhl und hielt den Kopf in den Händen. Ich war total heiser. "Und was machen wir jetzt?", fragte Nick bei Frühstück in die Runde. "Absagen?", schlug Tom vor. "Oder sie singt trotzdem", meinte Nick und biss Schultern zuckend von seinem Brötchen ab. "Sie kann doch so nicht singen!", setzte sich Micha lautstark für mich ein. "Warum? Ich spiel doch auch wenn ich-", gerieten Micha und Nick aneinander. "Ruhe! Sie kann so nicht singen, auf gar keinen Fall. Sie würde sich ihre gute Stimme ruinieren", sagte er und sah mich an, ich lächelte dankend, "ich singe allein, Micha du machst dann wie immer den Background." "Okay", sagte er. "Wir haben keine andere Wahl", sagte Frederick schnell, bevor Nick etwas einwenden konnte, "vielleicht geht es dir übermorgen ja wieder einigermaßen, wir haben ja zwei Auftritte." Ich nickte. "Jungs", krächzte ich, "es tut mir wirklich, wirklich Leid. Ehrlich." Es war ein Desaster. Nein, nicht das die Jungs schlecht spielten oder sangen, nur, dass die Songs viel auf mich abgeschnitten waren und Micha nun eine größere Rolle spielen musste, obwohl er kaum oder gar nicht geübt hatte. Er hätte zwar sowieso Background gesungen, aber eher so "Ahs" oder "Uhs" oder eben drei Worte mit Frederick gleich singen, um seine Stimme zu untermalen. Nun aber spielte er eine größere Rolle als gedacht und zudem spielt er auch noch eine entscheidende Rolle beim Gitarre spielen, da Nick und er die Hauptstimme spielen und Frederick dabei nur den Hintergrund und... es war alles total durcheinander und ungewollt. Ich war irgendwie erleichtert, dass heute "nur" vor Jury gespielt wurde, die sowieso immer ein Pokerface hatten. Vor Publikum wäre es peinlich geworden. Als ich das elend nicht mehr ertragen musste (und das ist jetzt nicht böse gemeint), gingen wir zu fünft zur Jury und erklärten uns. Sie nickten nur und nahmen es zu Kenntnis. "Wir hoffen, du kannst übermorgen wieder singen", sagte die Frau noch, bevor die nächste Band auf der Bühne stand. "Hey, lasst doch bitte nicht wegen mir die Köpfe hängen", versuchte ich sie aufzumuntern, "ihr ward gut, ihr-", doch ich verstummte, als Frederick abwinkte. "Lieb gemeint, aber wir wissen, dass es total das Chaos war", sagte er. Ich sah Micha leicht nicken. Ich lächelte ihn an, als Frederick wegsah. Es wurde etwas besser. Ich holte mir aus der Küche am laufenden Band Kannen mit Kamille oder Salbeitee, die ich eine nach dem anderen trank. Ich war sogar beim Arzt der mir noch empfahl bis zu dem Auftritt nicht zu reden und immer Schals zu tragen, um meinen Hals warm zu halten und (natürlich) viel warmen Tee zu trinken. So heiß wie ich ihn trinken konnte. Es machte bei Micha und mir kaum unterschied, ob ich reden durfte oder nicht, da wir sowieso nie viel kommunizieren konnten. Ein Blick, ein kurzer unauffälliger Kuss, wenn es möglich war, eine Berührung, das war's. Ich fühlte mich ziemlich überflüssig, als die anderen proben durften und ich nur zusah. Am vierten und letzten und vor allem entscheidenden Tag war meine Heiserkeit fast weg, jedoch brannte mein Hals und ich klagte über Halsschmerzen, was ich den Jungs aber nicht erzählte. "Super!", freute Frederick sich und umarmte mich kurz. "Endlich habe ich wieder meinen richtigen Gesangspartner." "Ha ha ha", hörte man Micha hinter Frederick trocken lachen. Wir mussten lachen. Doch viel zu lachen gab es danach nicht mehr. "He", zischte Micha kurz vor dem Auftritt, als soweit keiner hinter der Bühne in der Nähe war. "Du packst das, du kannst das. Ich drück dir die Daumen", sagte er lieb und küsste mich auf die Stirn. "Aha, und wie willst du mir die Daumen drücken?", sagte ich grinsend und rubbelte ihm durch die gegellten Haare. "Sieht eh besser aus." "Du!", sagte er warnend und schon wurden wir aufgerufen... Ich atmete tief ein und aus. Machte die Augen auf, als Nick den Akkord angab. LET'S ROCK! Es war gut, es war toll, es... es gab mir total den Kick vor hundert Leuten zu singen mit einer super Band im Rücken. Nun mussten wir abwarten was die Jury sagt, vor allem nach dem Patzer vorgestern. "Sophia, du warst genial!", jubelte Frederick und umarmte mich. "Du warst... auch nicht schlecht", lachte ich. "Leute, dass war der Hammer!", rief Nick. "Wenn wir ins Halbfinale kommen! Stellt euch das mal vor!" "Schade, dass wir heute schon wieder abreisen", sagte Micha, "aber zu Hause feiern wir gründlich." Ich nickte hastig. "Wir können doch Sophias Geburtstag direkt damit verbinden, oder? Wenn wir weiter sind", schlug Tom vor, weshalb alle still wurden und ihn fragend ansahen. "Woher-", begann ich. "An deiner Reisetasche hang so ein Anhänger wo ,18.05.' und dein Sternzeichen drauf war", sagte er grinsend. "Na gut", sagte ich, "ihr seit eingeladen, aber-", sagte ich mit immer lauter werdender Stimme gegen die Jubel, "aber nur ausnahmsweise!!" "Frederick Rieser, du fängst dir'n paar, wenn du nicht gefälligst sofort diesen Brief auf machst!", drohte Nick Frederick lautstark, als wir in Riesers Kellerräumen hockten und darauf warteten, dass Frederick den Brief endlich aufmachte. "Okay, okay", schützte er sich und riss ihn auf. "Mhm... Sehr geehrte, blablabla... wir bedanken uns,... Rhabarber Rhabarber... ihnen mitzuteilen, dass wir sie zum HALBFINALE IN BERLIN ERWARTEN!!!", schrie er. "Yes!", rief Nick und sprang auf den Stuhl. Ich sprang Micha um den Hals und küsste ihn auf die Wange, ohne auf die Anderen zu achten die sowieso beschäftigt waren. "Sophia, wir sehen uns dann am 18.05 zu deinem 18.", sagte Frederick laut und wir lachten. "Alles Liebe meine Süße!" "Danke, schön, dass du eher kommen konntest, ich konnte die ganze Nacht nicht schlafen", sagte ich und küsste Micha lange. "Hallo?", meldete sich mein Vater mit der Dekoration fuchtelnd. "Könntet ihr-" "Klar, Dad", sagte ich und zog Micha in unser Gartenhaus, wo wir ein Buffet und eine Bar aufgebaut hatten mit ein paar Sitzplätzen. Draußen waren noch Stehtische unter Lampiongirlanden. Meine Eltern hatten sich zu meinem 18. ganz schön ins Zeug gelegt. Ich durfte sogar das "Familienfest" um einen Tag nach hinten verschieben. Eigentlich feierte ich am 18.05. immer meinen Geburtstag mit Kuchenessen und den Tanten und den Opas und so und danach erst mit meinen Freunden, doch an meinem 18. war es genau andersrum. Ich war total glücklich. Meine Eltern meinten, sie hätten es nur aus Eigennutz getan, da sie heute Abend auf einen anderen Geburtstag eingeladen waren und sie sich somit nicht ansehen mussten, wie fünfzehn Leute die Bude- na ja, so weit wird es ja nicht kommen. Gegen 19:00 Uhr waren dann alle Gäste anwesend. Micha und ich saßen nebeneinander auf der Band und unsere Hände spielten hinter unserem Rücken (wir wollten, gerade weil es mein Geburtstag war, keinen Stress). "Okay, okay!", sagte Frederick mit lauter Stimme und drehte sich abrupt zu uns umdrehte. Er stellte sein Bier am und sah uns an. Wir ließen sprichwörtlich "die Finger von einander" und beteten Stoßgebete zum Himmel. "Okay, gut. Na los, küsst euch schon!", schrie Frederick uns zu unserer Überraschung an (Nick und Tom waren, für den Fall der Fälle, dass Frederick auf uns losgehen würde, dazu gekommen). "Na los! Das Versteckspiel ist ja nicht mehr zu ertragen. Ich war dumm, jajaja, dass wollt ihr doch sagen, nicht wahr?" Wir nickten stumm und grinsten. "Ich nehme alles zurück, aber nur, wenn ihr euch nicht trennt, klar? Ich kann dein", er deutete auch Micha, "Gejammer nicht ertragen und dein", er meinte mich, "Geflenne auch nicht, klar?!" Ich sprang auf, umarmte Frederick hastig und küsste ihn mehrmals auf die Wange. "Danke, danke, danke", sagte ich und umarmte ihn noch einmal. Dann drehte ich mich um, legte mich in Michas Arme und küsste ihn zärtlich auf die Lippen. Es war der schönste Kuss, den ich je genießen durfte. Liebes Tagebuch! Heute bin ich 18 geworden und wenn ich so zurück denke... es ist viel passiert. Ich glaube es war eine der aufregendsten Zeiten meines Lebens, die sich jetzt, da ich mit Micha zusammen sein darf (ja, wirklich Frederick hat nichts mehr dagegen!!) und wir nach Berlin reisen sicherlich fortsetzten wird. Ich glaube meine 2 ½ Beziehungen waren und sind alle ein Erlebnis für sich. Ich glaube ich habe alle Grade der Komplikation einer Beziehung erfahren. Die "halbe" Beziehung zu Lucas war die einfachste. Na ja zu der Zeit war sie eigentlich die schwierig, da es ja eigentlich eine Affäre war und ich mit Daniel zusammen war, aber gesellschaftlich und überhaupt die einfachste. Abgesehen von Daniel, wer war denn da, der etwas gegen sie gehabt hätte? Niemand. Bei Daniel war das anders. Tausend hätten etwas dagegen haben können, da tausend uns kannten. Das Geld auch. Karriere... ich könnte zig Sachen aufzählen, aber eines ist viel wichtiger. Es war trotz allem eine wunderschöne Zeit und eine tolle Erfahrung mit jemand zusammen zu sein, der berühmt war. Nicht, wegen des Geldes, sondern wegen dem Umgang mit dem Leben in der Öffentlichkeit. Heute weiß ich, dass ich es eigentlich noch ganz gut gehabt habe. Ich wurde nicht auf öffentlicher Straße angefallen oder als Geisel genommen oder erpresst oder- jedenfalls hat es mich mehr oder weniger nur eine gute Freundschaft gekostet. Alice und ich werden mit Sicherheit nie wieder beste Freundinnen werden, aber wir haben mittlerweile wieder einen normalen Umgang miteinander. Ich würde auch behaupten Daniels Familie war nicht die einfachste. Schon allein deshalb, dass ich größtenteils Englisch sprechen musste. Aber... ja es hatte damals etwas mit einem Star durch London zu gehen und sich ein Kleid von Gucci kaufen zu können, ohne mit der Wimper zu zucken. Umso schlimmer war dann die Nachricht von Neles Schwangerschaft. Bis heute bereue ich nicht, was ich getan hatte. Eine Beziehung mit einem Star, der eine Beziehung zu einem Mädchen hatte, welche von dem Star geschwängert worden war... das wäre Beziehungskomplikationsgrad Nummer 4, welche ich hoffentlich nie erleben werde. Nummer 2 ist die Beziehung mit Micha. "Berühmt" ist er ja (noch) nicht wirklich. In unsere Schule würde ich uneingeschränkt sagen ja, aber national oder gar international... noch nicht. Mal sehen was aus "Talents 007" wird. Erst hatte er eine Freundin... keine Beziehung, dann keine "Erlaubnis"... keine Beziehung, aber es ist ja gut gegangen. Ich glaube, wenn ich dieses Happy End damals gewusst hätte, dann wäre ich wesentlich gefasster gewesen. Nicht so emotional geladen. Ich glaube, dass jetzt nur alles besser werden kann oder muss, schließlich bin ich jetzt bei jeder Art von Beziehung gewappnet. Ich würde sagen, ja ich bin Experte. Oh Gott, was rede ich? Wenn ich mich beim nächsten Mal mit Micha in die Haare krieg, will ich genau diese Stelle lesen, die mit dem Experten, dass wird mich sicher aufmuntern. Aber genau das ist auch der Punkt. Ich sollte aufhören Tagebuch zuschreiben und jedes Erlebnis doppelt und dreifach durch zukauen. Ich sollte aufhören mir so viele Gedanken zu machen. Ich weiß gar nicht, warum ich nach der Beziehung mit Daniel angefangen habe? Weil ich eins geschenkt gekriegt habe und es nutzten wollte? Von wegen! Ich hab mir sogar selbst eins gekauft und jetzt werde ich es eigenhändig in die Kiste unterm Bett legen, wo all meine Erinnerungen an Daniel sorgsam aufbewahrt werden. (Sie haben ja im Streit mit Daniel schon mal darin gelegen und dann wieder nicht, aber jetzt, endgültig, wieder.) Ich glaube nach meinen Schnupperphasen, wo ich (wie sich das anhört) in alle Beziehungsarten reingeschnuppert habe, beginnt jetzt das Eigentliche, das Wichtige. Ich sollte aufhören so viel zu schwafeln und solch einen Schwachsinn zu reden. Jetzt kommt Berlin und es wird nie ein Ende der Schnupperphase geben, weil sich immer alles ändert. Es gibt kein Ende, wo man in Sachen Beziehung ausgelernt hat. Niemals, tja, dann auf in... Phase 2!! Kapitel 9: Epilog ----------------- Liebes Sophia! 19.05., London Ich weiß, dass heute der 19. ist und der Brief bei dir wahrscheinlich erst am 21. oder noch später ankommt, aber ich wünsche dir trotzdem noch alles Gute zum Geburtstag. Du weißt ja sicher noch wie viel Stress ich hatte und wegen den neusten Dreharbeiten an "ML" habe ich kaum noch Zeit. Ich hoffe, dass rechtfertigt diesen dreisten Brief wenigstens etwas. Lina geht es gut. Vor allem, weil Nele sich voll um sie kümmern kann, da sie nicht arbeiten gehen möchte, so lange sie noch nicht in die Elementary kommt. Ich kann es gut verstehen. Natürlich würde ich es akzeptieren, wenn Nele arbeiten gehen möchte, aber ich bin froh, dass nicht vier Kindermädchen in unserem Haus herum springen und unsere Tochter betüddeln. Okay, ist vielleicht ein bisschen salopp ausgedrückt und sicherlich auch unfair, da die Damen sicher einen guten Job machen würden, aber ich hoffe du weißt, was ich meine. Oft, wenn ich Lina ansehe, muss ich an dich denken. An die Zeit, als du vermeintlich schwanger warst. Das Kind hätte von dir und mir sein können. Ich würde mit dir hier leben und nicht mit Nele. Wir wären immer noch zusammen. Ich bin dann nicht traurig, d.h. natürlich bin ich traurig, dass du nicht mehr da bist, aber ich bin vor allem glücklich eine so schöne Zeit mit dir gehabt zu haben, die nicht immer einfach gewesen ist. Ich denke vor allem für dich. Ich glaube ich wäre nicht so cool gewesen, wenn als normaler Bürger mit Angelina Jolie zusammen gekommen wäre. Ich bewundere im Nachhinein, wie du die Situation teilweise gemeistert hast. Man könnte sagen, du warst richtig professionell. Ich denke du weißt deshalb auch, dass ich Lina mit ihrem zweiten Namen an dich erinnern wollte. Sie soll einmal diese Charakterstärke beweisen wie du, diesen Mut. Ich würde mich freuen, wenn wir uns mal "inkognito" bei mir treffen könnten. Wir wollen ja nicht unbedingt wieder eine "Dreiecksbeziehungsüberschrift" in der nächsten "Horray!!" lesen, oder? Wie gesagt, du bist herzlich eingeladen. Nele und ich würden uns sehr freuen, schließlich verdanken wir dir, dass du uns solch ein Familienleben möglich gemacht hast. Du hättest damals auch anders reagieren können. Dafür danke ich dir. Ich denke aber, dass Lina sich am meisten freuen wird. Auch wenn du nicht mit ihr verwandt bist, erinnert mich vieles von ihr an dich. Sophia, vielen Dank. Ich liebe dich, Daniel Jason Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)