System der Vernichtung von ling-thesnarf ================================================================================ Kapitel 1: Yuki --------------- 1.Kapitel Yuki Pai Ashton- Huang saß auf der kleinen Bühne im Gasthaus White Dragon, in der Hand ihre Er-Hu (chinesische Geige). Die Gesellschaft saß vor ihr, genau wie sie selbst in einheitliches Schwarz gekleidet, von dem sich nur das Weiß der Taschentücher abhob, hinter denen der ein oder andere sein Tränennasses Gesicht verbarg. Pai warf einen kurzen Blick auf das große, schwarz umrahmte Foto einer jungen Frau mit langen, dunklen Haaren, das man gut sichtbar neben der Eingangstür aufgehängt hatte. Davor stapelten sich Kerzen und Blumen. Unvermittelt stieg diese kalte Wut wieder in Pai hoch, das Bedürfnis zu wüten und zu schreien, bis die Welt draußen genauso in Trümmern lag, wie die in ihr. Sie umfasste die Er-Hu fester und wandte sich an die Trauergemeinde: "Dieses Lied habe ich vor kurzem selbst geschrieben.", sagte sie und war überrascht, wie zitterig ihre Stimme klang, "Jetzt spiele ich es für meine Schwester Yuki." Eine sanfte, schwermutige Melodie erfüllte den Raum und ließ sowohl Gespräche als auch Schluchzen verstummen. Pai genoss diesen kurzen Moment der Ruhe, in dem sie durch ihre Musik von der Welt abgeschieden war. Während sie spielte ließ sie ihren Blick unauffällig durch den Raum schweifen. In der ersten Reihe vor der Bühne saß ihre Mutter und starrte auf ihre Finger. Alison Ashton-Huang war die einzige Nicht-asiatin im Raum, eine Amerikanerin zwischen über fünfzig Chinesen und Japanern. Pais ebenfalls verstorbener Vater, Pao Huang, hatte zum Entsetzten seiner Familie nicht im Traum daran gedacht eine Chinesin zuheiraten. Pai war sein Kind aus seiner zweiten Ehe mit Alison gewesen. Yukis Mutter hingegen war Japanerin gewesen. Trotzdem hatte Alison das erste Kind ihres Mannes immer genauso geliebt wie ihr eigenes Kind und die beiden Schwestern waren unzertrennlich gewesen. Fast. Jetzt war Yuki tot, ermordet auf einer Mission für die Triaden (chinesische Mafia). Pai verspielte sich fast als sie den Mann sah, der soeben den Raum betreten hatte und Blumen vor Yukis Bild niederlegte. Das Licht spiegelte sich auf seiner Glatze, als er sich in den Raum drehte und zu Pai blickte. Lao Huang, der Bruder ihres Vaters. Pai versuchte sich auf das Spiel zu konzentrieren, doch konnte sie die Erinnerungen an ihr letztes Treffen nicht aus ihrem Kopf fernhalten: Er war es, der ihr Yukis Todesnachricht überbracht hatte, und weil Pai energisch zu erfahren verlangt hatte, was ihrer Schwester zugestoßen war, hatte er ihr das Video gezeigt. Es war das Überwachungsvideo eines Bürogebäudes in Tokio gewesen, in das Yuki eingebrochen war, um Informationen zu besorgen. Ein Routineauftrag, der ihr zum Verhängnis werden sollte. Aber wer hätte ahnen können, dass der Eigentümer des Gebäudes wusste, dass sie kommen würde, und woher hätte sie wissen sollen, dass vier der gefährlichsten Mörderband überhaupt auf sie warten würden? Vier normale Männer zu besiegen wären für Yukis Schwert kein Problem gewesen, aber diese Vier waren in etwa so normal wie ein Aufgebot aus der Hölle. Das Video zeigte wie Yuki in ein großes Büro mit eindrucksvoller Fensterfront betrat. Sie hatte ihr Schwert auf dem Rücken und leuchtete mit einer Taschenlampe den Raum ab, bis sie den Computer fand, auf den sie es abgesehen hatte. Was dann passierte, konnte sich Pai nicht erklären. Yuki blieb plötzlich stehen als hätte sie etwas gehört- doch als sie nichts sah, schüttelte sie den Kopf und setzte sich an den Computer. Im Licht des Bildschirms war ihr Gesicht gut zu sehen und so auch der Ausdruck von Entsetzten, der ihre Züge plötzlich verzog. Sie schaltete den Bildschirm aus und versteckte sich hinter dem Tisch, so dass nur noch ihr Kopf hervorguckte, der sich hin und her bewegte, um jeden Winkel des Zimmers auszuspähen. Aber nichts. Yuki stand wieder auf und lief im Raum herum, der mehr nach einem Wohnzimmer als nach einem Arbeitsplatz aussah, denn er war mit einer gemütlichen Sitzecke und einem kleinen Kühlschrank ausgestattet. Yuki spähte gerade hinter einen Sessel als sie plötzlich mit einem Aufschrei zurücksprang und nach ihrem Schwert griff. Wieder sah sie schnell hin und her, man konnte sehen wie ihr Atem raste. "Wer ist da?", flüsterte sie mit einem Anflug von Panik in der Stimme. Sie war gut zu verstehen -die Aufnahme war von erstaunlich guter Qualität für eine Überwachungskamera-, doch was Yuki gehört hatte, drang nicht zum Betrachter durch. "Ich höre dich doch sprechen!" Aber was sie da auch immer hören mochte, schien nur in ihrem Kopf zu existieren... Panisch wich sie zum Fenster zurück, die Hand noch immer am griff ihres Schwertes, doch sie zog es nicht heraus, sie schien wie gelähmt. Auf einmal krümmte sie sich zusammen und schrie überrascht auf- die Bewegung hatte sie nicht freiwillig gemacht. Und dann...Yuki hob vom Boden ab, mit einem Mal hing sie einen Meter über dem Boden- und blieb dort-, sie war viel zu überrascht um zu schreien. Aber sie schrie, als sie wie ein Pendel ausholte und mit gewaltiger Wucht gegen das Fenster knallte, das unter dem Aufprall zerbarst. Pai hatte entsetzt aufgeschrieen, aber Yuki fiel nicht hinunter... sie blieb einfach in der Luft schweben- 200 Meter über dem Boden. Sie sah nach unten in das Gewirr aus dunklen Straßen und kleinen Lichtpunkte, aber nur für einen Moment, dann drehte sie eine unsichtbare Hand auf den Rücken und sie starrte in den Sternenhimmel. "Ein schönes letztes Bild, nicht wahr, Miss Huang?", sagte eine gelangweilte Stimme, die nun auch jeder hören konnte. Yuki bog den Kopf weit zurück, um in den Raum sehen zu können, aus dem sie gerade geflogen war. Durch die zerbrochene Scheibe sah, sah sie, dass der nun erleuchtete Raum nicht mehr leer war. Direkt am Fenster stand ein dunkelhaariger Mann in einem weißen Armani und blickte vorsichtig nach unten. "Das ist ziemlich tief.", bemerkte er überflüssigerweise und wandte sich an einen Jungen, der hinter ihm stand, "Lass sie nicht fallen, Nagi. Noch nicht." Die leblosen Augen des Jungen blieben auf Yuki gerichtet als er wortlos nickte. Die Tür ging wieder auf und ein Mann mit abstehenden hellen Haaren wurde hineingestoßen, fiel auf den Boden und blieb dort kauern, während er versuchte einen Mars mitsamt Papier zu essen. Ein vierter kam hinterher und fuhr sich entnervt durch die langen Haare, wobei er peinlich darauf achtete sein Stirnband nicht zu verschieben. "Dieser Idiot hat den Süßigkeitenautomaten zerlegt!", beschwerte er sich und deutete auf den Mann am Boden, "Ich bin doch nicht sein Kindermädchen!" "Mhhhh... Kindermädchen...", murmelte der am Boden schob sich den Mars gleich ganz in den Mund- ohne Papier. "Hey, ihr Pfeifen!", rief Yuki, die ihre Stimme wieder gefunden hatte, von draußen, "Was soll der Scheiß? Was wollt ihr von mir?" Der im Armani grinste. "Verzeihung. Mein Name ist Bradley Crawford, meine Kollegen muss ich Ihnen nicht vorstellen, denn wir sind hier, um sie zu töten." Yuki biss sich auf die Lippen und schien fieberhaft nach einem Ausweg zu suchen, doch der einzige Weg führte nach unten. Sie erschlaffte, als sie begriff, dass es aus war. Der Langhaarige lehnte sich an die Tür und grinste. "Wie süß. Ihr letzter Gedanke gilt ihrer Schwester. Lass sie fallen, Nagi." Nur Nagi interessierte es herzlich wenig, welche Befehle von den billigen Plätzen kamen, er schien auf Crawfords Bestätigung zu warten. "Schuldig, wo bleiben deine Manieren?", fragte Crawford ironisch, "So ein hübsches Gesicht zertrümmert man nicht auf dem Bürgersteig. Nagi." Der Junge machte eine kleine Handbewegung und Yuki flog so schnell zurück in den Raum, dass man ihren Arm sogar durch die Kamera brechen hören konnte. Ihr Schmerzensschrei lenkte den Mann am Boden vom Verzehr seines Schokoriegels ab. Sein Kopf ruckte hoch, wie bei einem Tier, dass seine Beute gewittert hatte. Als er die sich krümmende Yuki neben sich auf dem Boden sah verzog ein Grinsen sein vernarbtes Gesicht mit der Augenklappe zu einer dämonischen Fratze. Mit der Schnelligkeit einer Raubkatze sprang er auf und drehte Yuki mit einem heftigen Fußtritt auf den Bauch. Dann riss er ihr Schwert aus der Scheide. Yuki spürte das und sah vor schmerzen halb blind zu ihm auf. "Nicht...nicht mit meiner Waffe!" Das Auge ohne Klappe sah sie fasziniert an. "Hübsches Gesicht...", murmelte er und lächelte. Dann holte er unvermittelt mit dem Schwert aus, doch bevor die Klinge Yuki traf, zerschoss Schuldig die Kamera. Pai saß allein an der Bar des White Dragon, ein fast leeres Glas Whisky in der Hand. Sie drehte es versonnen und ließ die Eiswürfel klimpern. Jemand setzte sich neben sie. "Wie geht es dir?", fragte ihr Onkel Lao leise. Hinter ihm saß die Trauergesellschaft noch beisammen, anscheinend in ihre Gespräche vertieft, doch Pai spürte den Blick ihrer Mutter im Rücken. Alison misstraute der Verwandtschaft ihres verstorbenen Gatten, die allesamt in de Triaden integriert waren. Pai nippte an ihrem Glas. "Wie es mir geht? Das kommt darauf an, was du mir jetzt erzählst." "Ich habe in Erfahrung gebracht, worum du mich gebeten hast." Ein freudloses Lächeln verzog Pais Mund. "Danke. Es gibt also jemanden, der mir helfen könnte?" Lao nickte und sah dabei auf Pais schlanke Hände, die das Whiskyglas umklammerten. "Wenn du diese Hände wirklich für Blutrache gebrauchen willst, kannst du das tun. Es gibt eine... sagen wir Organisation, die bereits mit diesen Attentätern zu tun hatte. Die könnte dir helfen - und wir natürlich auch." "Gut. Dann komme ich morgen bei dir vorbei und wir planen unser weiteres Vorgehen." Lao zündete sich nickend eine Zigarette an, wobei er Pai aus dem Augenwinkel musterte. Sie war Yuki sehr ähnlich, genauso schön und entschlossen, aber mit einem Hauch von Dunkelheit ausgestattet der Yuki gefehlt hatte. Pai würde es diesen vier Mördern nicht leicht machen- und mit Sicherheit auch nicht den Vieren, die sie um Hilfe bitten musste. Sie würde ihre Rache bekommen, auch wenn sie dabei drauf ging. Eine Rauchwolke ausstoßend erhob sich Lao. "Diese Welt ist weit davon entfernt, gerecht zu sein.", sagte er, "Aber doch gibt es ein Gleichgewicht, das du zu deinen Gunsten nutzen kannst. Für Vergehen gibt es Vergeltung, für Schuld gibt es Sühne und für Schwarz gibt es..." Pai trank den Rest in einem Zug und knallte das Glas auf den Tresen. "Weiß." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)