Entscheidungen von tobiiieee (Was, wenn?) ================================================================================ Kapitel 3: Der Ring ------------------- „Ein Juwelier?“ „Na, wir brauchen doch Verlobungsringe.“ „Ach?“, fragte Genesis. „Brauchen wir die?“ „Natürlich.“ Ramon ließ sich nicht beirren. „Jetzt geh schon rein, es beißt dich keiner.“ Genesis ließ das Schaufenster mit den prächtigsten Uhren, Ohrgehängen, Ketten und Ringen hinter sich und betrat unsicher das Geschäft, Ramon, einen fröhlichen Ausdruck im Gesicht, direkt hinter ihm. Ramon mochte zu der Verkäuferin, die direkt begeistert mehrere Modelle hervorholte, einen Draht haben, Genesis drückte sich im Hintergrund und sah dem Ganzen nur skeptisch zu. Die Verkäuferin ließ sie diskret einen Moment allein, um sie zu zweit eine Wahl treffen zu lassen. „Was sagst du?“, fragte ihn Ramon unbeschwert. Genesis seufzte. „Du hättest vorher einen Ton sagen können.“ „Was? Wieso?“ „Ich bin nicht so der Schmuckmensch.“ „Das ist kein Schmuck, das sind Verlobungsringe.“ „Ramon“, sagte Genesis bestimmt, „schau sie dir an, das sind Schmuckstücke.“ Ramon wechselte die Spur. „Was soll das eigentlich heißen, du bist kein Schmuckmensch?“ Er schob Genesis‘ Haar auf einer Seite hinters Ohr, um seine unzähligen Piercings zu enthüllen. „Man hat noch überhaupt kein Wort erfunden, um die Anzahl der Durchlöcherungen in deinen Ohren auszudrücken.“ „Das ist kein Schmuck, das ist ein Hobby.“ Er strich sich wieder das Haar über die Ohren. „Wie wär’s denn mit einem ganz schlichten Ring, ohne diesen ganzen Stein-Schnickschnack?“ „Und am besten noch aus Aluminium?“ „Es war wenigstens ein Vorschlag.“ Sie starrten sich an, keiner bereit, auch nur einen Zentimeter zurückzuweichen. Sie einigten sich darauf, die Entscheidung zu vertagen und zunächst etwas zu essen. Der Juwelier, zu dem Ramon ihn geführt hatte, befand sich in einem Einkaufszentrum. Sie holten sich hier und dort eine Auswahl an Köstlichkeiten verschiedenster Länder und ließen sich an einen Tisch nieder, der noch nicht besetzt war. Genesis spürte bei jedem Bissen Ramons vorwurfsvolle Blicke auf sich. Er sah aber überhaupt nicht ein, dass er der Böse war; Ramon konnte ihm genauso gut entgegenkommen. „Was ist das Problem an einem Ring?“, brach es plötzlich aus Ramon hervor. „Was ist das Problem an einem schlichten Ring?“, erwiderte Genesis. „Den würd ich sogar tragen. Weißt du, wie ein Ehering, nur in Silber.“ „Aber so sieht ein Verlobungsring nun mal nicht aus. Ein Verlobungsring hat mindestens einen Stein, am besten einen großen.“ Genesis seufzte. „Warum bloß musst du dahergehen und es so kompliziert machen?“ „Professor Lavigne-Stein hilft uns gerade auch nicht weiter.“ Genesis hielt inne. Er sah Ramon amüsiert an. „Das hast du erkannt?“ Ramon grinste. „Guilty pleasure.“ Er schaute etwas betreten drein. „Ich hatte 2004 ein echt schlimmes Beziehungsende und, ganz die Drama Queen, hab ich My Happy Ending sehr laut aufgedreht, aber ich muss sagen – es tat ziemlich gut.“ Genesis versuchte, bei diesem Geständnis ernst zu bleiben. Nachdem sich allerdings ein erstes Glucksen aus seiner Kehle gestohlen hatte, konnte er nicht anders, als in Ramons Lachen mit einzustimmen.   Seufzend schloss Genesis die Haustür hinter sich. Sephiroth saß am Küchentisch und lauschte offenbar dem Radio. Er drehte sich aber lächelnd um, als er Genesis hereinkommen hörte, und begrüßte ihn überschwänglich. „Was machst du da?“, fragte Genesis ihn. „Nun“, begann Sephiroth, als Genesis sich zu ihm setzte, „es hat sich nach längerer Zeit herausgestellt, dass ich wirklich nicht ein einziges Wort Portugiesisch verstehe.“ „Dann hast du deine Zeit ja sinnvoll verbracht.“  „Und du so?“ Sephiroth stellte das Radio aus. „Frag nicht“, antwortete Genesis augenverdrehend. „Hochzeitsvorbereitungen sollen ja die Hölle sein“, meinte Sephiroth verschmitzt grinsend. „So weit sind wir ja noch nicht mal. Es geht um den Ring.“ Genesis rollte die langen Ärmel seines dunklen Hemdes hoch. „Nicht den Ehering, den Verlobungsring. In dieser Hitze, es ist der heißeste Monat des Jahres, und er hat nichts Besseres zu tun, als mich von einem Juwelier zum nächsten Goldschmied zu schleppen, obwohl ich ihm gesagt hab, dass ich keinen Ring brauche oder will.“ Er seufzte. „Das Gute ist, dass ich mit ihm wenigstens streiten kann. Ich kenn da ganz andere Menschen.“ Er warf Sephiroth einen bedeutungsschweren Blick zu und stand dann auf, um sich einen Kaffee zu kochen. „Endlich jemand, mit dem du dich verbal duellieren kannst“, erwiderte Sephiroth mit stark ironischem Unterton. Genesis setzte sich mit einer Tasse wieder an den Tisch. Während er dem dampfenden Kaffee beim Abkühlen zusah, fiel sein Blick auf seine Unterarme. „Du kannst immer noch weglaufen, weißt du“,  nahm Sephiroth den vorigen Gesprächsfaden wieder auf. „Wie Amélie Nothomb, meinst du?“ „Was?“ „Ach, nichts weiter.“ Genesis betrachtete immer noch seine Unterarme. Auch Sephiroths Blick fiel darauf.  „Was, denkst du darüber nach, den nächsten Mann unter deine Haut zu bringen?“, fragte ihn Sephiroth neckend. Er meinte das A, das sich Genesis für Angeal direkt unter der Handfläche auf den Arm hatte tätowieren lassen, und den Seraph auf seinem linken Unterarm, der für Sephiroth stand. „Nein“, erwiderte Genesis nur. Er hatte eine andere Idee.   „Amélie Nothomb?“ Genesis warf Sephiroth von der Seite einen beeindruckten Blick zu und rückte sich im Bett zurecht. „Manchmal les ich auch Bücher, ohne dass du sie mir hinlegst“, erwiderte Sephiroth. „Du glaubst also, dass ich ein solches Problem mit einem Verlobungsring hätte?“ „Du wolltest doch keinen.“ „Und deswegen streiten wir uns gleich?“ „Ich wollte nur anbringen, dass du mir immer vorwirfst, mit mir könne man ja nicht streiten.“ „Mit dir kann man ja auch nicht streiten.“ Sephiroth seufzte.   Genesis wurde von Ramon in seiner Wohnung ein Kaffee vorgesetzt. „Verstehst du?“, sagte er gerade. „So kriegst du deinen Ring und ich keinen, aber beide sind zufrieden.“ Ramon setzte sich ebenfalls mit einer Tasse an den Tisch. „Interessante Idee.“  „So kannst du dir deinen Wunschring aussuchen“, setzte Genesis nach, „und ich kann mir denselben tätowieren lassen. Und ich verlier ihn nie.“ Ramon wirkte überzeugt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)