Lügner! von Maginisha ================================================================================ Kapitel 2: Familienbande ------------------------ Entnervt nestelte Schuldig an seinem Kragen herum. „Ich weiß nicht, was das Theater soll. Masafumi kennt uns doch schon. Diese ganze 'böser Bodyguard'-Masche zieht doch bei ihm gar nicht mehr.“ „Hör auf zu nörgeln und komm endlich“, erklang Crawfords Stimme durch die geöffnete Tür. „Ich habe Nagi und Farfarello mitgebracht. Eine Aufgabe, die du eigentlich erledigen solltest.“ „Du mich auch“, knurrte Schuldig auf Deutsch, allerdings so leise, dass sein Kollege es nicht hören konnte. Er rückte noch einmal seine Krawatte zurecht und begab sich dann Richtung Nebenraum. Im Türrahmen blieb er wie angewurzelt stehen und blickte ungläubig auf den Rest des Teams. „Crawford, ich bringe dich um!“ Farfarello stand in schwarzes Leder gehüllt neben Nagi, der so etwas wie eine Schuluniform trug. Ein taubenblauer Anzug mit kleinem Stehkragen, der ihn mehr denn je wie den kleinen Jungen wirken ließ, der er in Schuldigs Augen noch war. Trotzdem hatte er das Kinn hochgereckt und stand da, als hätte er einen Stock verschluckt. „Bist wohl mächtig stolz auf dich, was?“, stichelte Schuldig und versuchte noch einmal, die Krawatte auf ein erträgliches Maß zu lockern. „Es wundert mich, dass du keinen Anzug trägst wie Braddy-Daddy.“ In Crawfords Augen blitzte eine unmissverständliche Warnung auf. „Schuldig …!“ Der Deutsche stellte sich taub und dumm. Er hatte schlechte Laune, weil er sich als Einziger zum Affen machen musste, und hatte vor, das an jemandem auszulassen. Vorzugsweise an jemandem ohne Vorliebe für spitze Gegenstände. Farfarello, der aus diesen Gründen ausschied, schenkte ihm ein wissendes Lächeln. Schuldig zog die Oberlippe hoch und knurrte ihn an, bevor er sich wieder Nagi zuwandte. „Nein wirklich, du hättest mal in der Kinderabteilung schauen sollen. Da gibt es bestimmt hübsche Partnerlooks für euch beide. Oder der Zwerg lässt sich die Haare noch ein bisschen wachsen. Dann könntest du ihm Zöpfe flechten und ihn in ein Sailormoon-Kostüm stecken. Die Macht des Mondes würde sich bestimmt kranklachen.“ „Über lange Haare rede ich mit dir nicht“, knurrte Nagi mit einem wütenden Blitzen in den Augen. Man musste kein Gedankenleser sein, um die Worte 'grüner Wischmopp' in der Luft hängen zu sehen, auch wenn Nagi sie nicht aussprach. „Das hier“, Schuldig wies auf seine Haare, „ist ein Statement, keine modische Verirrung so wie dein Look. Wenn man dich in einem Aufzug vergisst, werden dich alle für den Pagen halten.“ „Schuldig!“ Crawfords Stimme schnappte wie eine Peitschenschnur durch den Raum. „Takatori wartet.“ „Soll er doch. Zuspätkommen ist sexy.“ „In welcher Welt?“ „In allen Welten!“ Crawfords biss die Zähne zusammen. Wenn Schuldig in so einer Stimmung war, konnte man ihn am besten mit dem beruhigen, was die Aufmerksamkeit aller bockenden Kleinkinder erregen konnte: Süßigkeiten und Fernsehen. „Ich nehme an, du hast die Akte gelesen?“ Schuldig blieb ob des plötzlichen Themenwechsels kurz der Mund offenstehen. „Ja, habe ich“, schnarrte er jedoch bereits im nächsten Atemzug. „War das auf dem Foto Fujimiyas Junge?“ „Ich nehme es an.“ Crawford öffnete die Tür und, wie er gehofft hatte, folgte ihm Schuldig auf dem Fuße. „Ich dachte, du hättest dich um die Sache gekümmert.“ „Ich hab's versucht, aber nachdem unser Glückskind überall auf taube Ohren stieß, ist es plötzlich von der Bildfläche verschwunden. Farfarello war hilfreich dabei, die restlichen, kritischen Stimmen zum Verstummen zu bringen. Ich dachte, dass sich die Sache damit erledigt hätte.“ Der weißhaarige Ire, der einen halben Schritt hinter ihen lief, strich gedankenverloren mit dem Daumen über die Klinge seines Messers. Dass er dabei die Haut ritzte und die blitzende Schneide einen schmalen, roten Rand bekam, schien ihm nicht weiter aufzufallen. „Um die Schmiergelder für die örtliche Polizei habe ich mich gekümmert“, ließ sich Nagi vernehmen. „Vergiss das nicht, Schuldig. Und die Adressen der anderen habe ich euch auch besorgt.“ „Jaja, bis ein ganz fleißiger, kleiner Hacker“, antwortete der Deutsche und wedelte mit der Hand, als wolle er eine Fliege verscheuchen. „Aber jetzt halt die Klappe, wenn die Erwachsenen reden.“ Nagi kniff den Mund zusammen und schwieg gehorsam. Er wusste genau, dass sie ihn brauchten. Eine Faust konnte nur dann effektiv zuschlagen, wenn sie die Schwachstellen des Gegners kannte. Nagi besaß die Fähigkeit, diese Schwachstellen zu finden. Er konnte alles finden, was sie benötigten. Ohne ihn wäre Schwarz nur halb so effektiv gewesen. Entschlossen drückte er den Rücken durch und schritt hinter den anderen den Gang entlang. Bei dem Treffen mit Takatori wollte er unbedingt dabei sein. Am Ende des Ganges tauchten plötzlich drei Gestalten auf, die ihnen gemessenen Schrittes entgegenkamen. Als Crawford und Schuldig sie sahen, verstummten sie sofort. Ein kurzer Blickwechsel zeigte an, dass sie das Gespräch später fortsetzen würden. Jetzt galt es zunächst einmal, ihren derzeitigen Arbeitgeber zufriedenzustellen. „Na wenn das nicht Masafumi Takatori und seine reizende Begleiterin sind“, tönte Schuldig sogleich. „Wie war doch gleich der Name?“ „Aoi“, antwortete die Frau im Business-Kostüm kühl. Sie schob ihre Brille zurecht und strich eine der kurzen, schwarzen Haarsträhnen hinter das Ohr. „Chizuru Aoi. Wir hatten schon einmal das Vergnügen.“ „Ich erinnere mich“, grinste Schuldig und zwinkerte ihr zu. „Aber wen haben wir denn da? Hirofumi Takatori. Ich wusste gar nicht, dass das hier ein Familientreffen wird.“ Crawford deutete eine Verbeugung an. „Es ist uns eine Ehre, Sie hier zu treffen, meine Herren. Dürfen wir Sie in das Büro Ihres Vaters begleiten?“ Hirofumi, der ebenso wie Crawford eine elegante und tadellos gepflegte Erscheinung an den Tag legte, erwiderte die Verbeugung mit einem Nicken. Dass er seinem Bruder danach einen vielsagenden Blick zuwarf, blieb nicht unbemerkt. „Sie scheinen überrascht, uns hier zu sehen“, implizierte Crawford eine Frage. Es überraschte Schuldig immer wieder, wie gekonnt der Amerikaner sich doch die Gepflogenheiten dieses Landes bereits zu eigen gemacht hatte. Selbst wenn er bei dem Tanz, den man hier bei Begegnungen aufzuführen pflegte, einen Fehler machte, war er meist in der Lage, diesen Patzer erfolgreich zu verschleiern. Er war wie ein Aal, den man versuchte mit bloßen Händen zu fassen. Ein giftiger Aal. Hirofumi sah noch einmal in Masafumis Richtung, bevor er sich räusperte. „Nun, wir hatten mit einem etwas privateren Rahmen für dieses Treffen gerechnet. Unser Vater hat uns nicht über Ihr Kommen in Kenntnis gesetzt.“ „Ich verstehe.“ Auf Crawfords Gesicht erschien ein unverbindliches Lächeln. „Nun, vielleicht liegt auch eine Verwechslung vor. Dieses Missverständnis wird sich sicherlich schnell aufklären lassen.“ „Dessen bin ich sicher“, antwortete Hirofumi glatt und wandte sich zum Gehen. Er stockte in der Bewegung, als er Farfarello bemerkte. Er ließ seinen Blick für einen Augenblick abschätzig über dessen Gestalt gleiten, bevor er sich auf den Weg zum Büro seines Vaters begab. Masafumi, der weniger diplomatisches Geschick besaß als sein älterer Bruder, ließ die Erscheinung des einäugigen Iren jedoch nicht unkommentiert. „Wie ich sehe, hat Schwarz Zuwachs bekommen. Es scheint, er verfügt über einiges an Kampferfahrung. Die Narben bedeuten allerdings wohl, dass er kein besonders guter Kämpfer ist.“ Bevor Crawford es verhindern konnte, hatte Farfarello schon den Mund geöffnet. „Wenn ich kämpfe, spüre ich keinen Schmerz. Eine Verletzung hindert mich nicht daran, das Leben meiner Gegner auszulöschen. Einige zeigen dabei mehr Widerstand als andere, aber am Ende treten sie alle dem Herrn gegenüber.“ „Keinen Schmerz, soso.“ Masafumis Augen glühten förmlich vor Gier. Sein Gesichtsausdruck erinnerte an einen Raubvogel, der eine lohnende Beute erspäht hatte. „Ich würde mich freuen, wenn ich eine Blutprobe bekommen könnte, um seine Gensequenz zu analysieren. Eine solche Fähigkeit wäre sicherlich unheimlich wertvoll, wenn man sie reproduzieren könnte.“ „Tut mir leid, aber das wird nicht möglich sein.“ Crawford und schob die Brille auf seinem Nasenrücken zurecht. „Natürlich können Sie gerne einen entsprechenden Antrag stellen, aber ich fürchte, man wird Ihrem Gesuch nicht stattgeben.“ Der Raubvogel sah ein, dass er sein Ziel verfehlt hatte, und setzte wieder eine lächelnde Maske auf. „Nun, wir werden sehen, Crawford. Mein Vater ...“ „Erwartet uns bereits“, beendete der Amerikaner den Satz. „Ich denke, wir sollten uns keine weitere Verzögerung leisten. Er könnte ungeduldig werden.“ Masafumi wurde bei diesen Worten ein wenig blass. „Natürlich nicht. Entschuldigen Sie. Wenn mich die Begeisterung für ein Projekt übermannt, vergesse ich manchmal Zeit und Raum.“ Er drehte sich mit einer entschiedenen Geste herum und folgte dem Weg, den sein Bruder bereits genommen hatte. Die Frau im Kostüm schloss rasch zu ihm auf, ohne sich noch einmal nach Schwarz umzusehen. Crawford atmete hörbar aus. „Ich bin mir nicht sicher, ob Takatoris Plan nicht nach hinten losgeht“, murmelte er. „Er wollte seinen Sohn einschüchtern, aber ich fürchte, er hat da etwas in Gang gesetzt, das sich vielleicht nicht so einfach wieder unter Kontrolle bringen lässt.“ Schuldig warf Crawford einen fragenden Seitenblick zu. „Ich nehme an, du weißt da mehr als ich?“ Crawfords Miene war unergründlich. „Die Akte“, sagte er schließlich. „Ich denke, du weißt, was zu tun ist?“ Schuldig nickte. „ Natürlich. Aufspüren, evaluieren und, wenn notwendig, eliminieren.“ „Genau das. Und Schuldig“, Crawford fasste seinen Kollegen scharf ins Auge, „keine Fehler dieses Mal, verstanden?“ Auf Schuldigs Gesicht erschien ein überhebliches Grinsen. „Wann hätte ich je einen Fehler gemacht?“ „Möchtest du eine Liste?“ „Spielverderber.“ Schuldig rollte theatralisch mit den Augen. „Also gut, ich kümmere mich darum. Jetzt sofort? Takatori wartet schließlich.“ Es dauerte einen Augenblick, bis Crawford antwortete. „Nein, wir müssen zunächst unsere Aufgaben hier erfüllen. Um deinen Bockmist auszubügeln, hast du später immer noch Zeit.“ Schuldig, der sich bereits von dem unbequemen Polyester befreit gesehen hatte, sank in sich zusammen. „Also schön, wie du meinst. Gehen wir ein bisschen auf dicke Hose machen. Mit Fujimiya kann ich später immer noch spielen.“ Das Büro war wie geschaffen, um Eindruck zu machen. Es lag in einem der oberen Stockwerke des Gebäudes, sodass man durch die unzähligen Panoramafenster einen unverstellten Blick auf die Stadt hatte. Neben einem riesigen Schreibtisch gruppierte sich eine mit edlen Stoffen bezogene Sitzecke um einen massiven Glastisch. Daneben bot eine gut bestückte Bar eine Auswahl an in- und ausländischen Getränken für durstige Besucher. Aktenschränke ließ der Raum vermissen; dafür gab es eine Zimmergolfanlage, einen kleinen Springbrunnen und eine erquickliche Anzahl an ausgewählten Pflanzen, die den Raum zu einem ausnehmend angenehmen Aufenthaltsort für dessen Besitzer machten. Er ließ jedoch, wie Hirofumi und Masafumi Takatori feststellen mussten, eine Sache vermissen: Sitzgelegenheiten für diejenigen, die sich auf der anderen Seite des Schreibtischs wiederfanden. Wie zwei unartige Schuljungen standen die ungleichen Brüder vor dem schweren Möbelstück und warteten darauf, dass ihr Vater ein Telefonat beendete. Er hatte sie hineinrufen lassen und danach zum Hörer gegriffen. Momentan sah man von ihm nicht viel mehr als die linke Hand, in der eine dicke Zigarre ihren würzigen Duft im Raum verteilte. Unter den übrigen Personen herrschte angespanntes Schweigen. Schuldig hätte es nie offen eingestanden, aber er amüsierte sich trotz des Anzugs ausgesprochen prächtig. Es war wirklich interessant mitanzusehen, wie die beiden gestandenen Männer vor ihrem Vater kuschten. Wie er schon mehrfach hatte feststellen können, lag es Japanern einfach nicht, einem Mächtigeren die Stirn zu bieten. Sie zuckten lieber mit den Achseln und senkten lächelnd den Kopf. Jedes Rädchen blieb genau an dem Platz im Getriebe, der ihm zugedacht war. Nur nicht das Gesicht verlieren, koste es, was es wolle. Was seine Aufmerksamkeit allerdings noch mehr beanspruchte, war Masafumis Begleiterin. Sie stand einen halben Schritt hinter ihrem Mentor und hielt ein Klemmbrett wie ein Schutzschild vor sich. Was darauf stand, interessierte Schuldig nicht, obwohl er es mit einem leichten Vorlehnen seines Oberkörpers sicherlich hätte erkennen können. Er war vielmehr an ihrer Reaktion auf seine Anwesenheit interessiert, der Quelle seines Amüsements. Der fremdländische Mann, der ein ganzes Stück näher an ihrer Rückseite stand, als ihr lieb war, blieb nicht ohne Wirkung auf die äußerlich so gefasst wirkende Frau. Schuldigs Mundwinkel hoben sich, als er sich noch ein winziges Stück näher an sie heranschob und im nächsten Augenblick hören konnte, wie sich ihr Atem beschleunigte. Ein Schweißtropfen rann über ihre Schläfe und an der pulsierenden Ader an ihrem Hals konnte er sehen, wie ihr Herzschlag schneller wurde. Ihre Gedanken überschlugen sich in ihrem Kopf und Schuldig lächelte, weil er auch das hören konnte. Und weil sie wusste, dass er es konnte. Takatori hatte Masafumi bei ihrem ersten Zusammentreffen darüber in Kenntnis gesetzt, wie besonders die neuen Mitarbeiter waren, die Eszett ihm geschickt hatte. Der Magnat war auserkoren worden, die Interessen der Organisation in Japan zu vertreten, und diese Stelle brachte einige Annehmlichkeiten mit sich. Unter anderem wurde ihm eine persönliche Leibwache von übersinnlich Begabten zur Seite gestellt. Zwar reichten Schuldigs und Crawfords Fähigkeiten lange nicht so weit, wie Takatori seinen Sohn hatte glauben lassen wollen – Crawford konnte mitnichten alles sehen, was die Zukunft bereithielt, und Schuldigs Fähigkeit, die Gedanken seines Gegenübers zu lesen, beschränkte sich auf einen engen, räumlichen Rahmen – aber trotzdem waren sie mit diesen Fähigkeiten etwas Besonderes. Ein Geschenk, ein Statussymbol, das Takatori nur umso aufgeplusterter in seinem Sessel sitzen ließ, als er jetzt endlich das Telefongespräch beendete. „Sieh an, meine missratenen Söhne“, knurrte er und nahm einen Zug aus seiner Zigarre. Trotz seines fortgeschrittenen Alters, das seine Haare und seinen Schnauzbart inzwischen grau und den auffälligen Backenbart weiß gefärbt hatte, wirkte Reiji Takatori nicht im Geringsten schwach oder gebrechlich. Er war groß, für einen Japaner, und der maßgeschneiderte Anzug ließ ihn noch breiter wirken. Die leicht getönte Brille nahm seinem Blick, der sich jetzt auf Hirofumi richtete, nichts von seiner Härte „Ich habe dich nicht herbestellt. Was willst du?“ „Ich hörte, dass du dich mit Masafumi in finanziellen Verhandlungen befindest, und wollte dir daher eine neue, lukrative Idee vorstellen. Ich denke, dass du sie...“ „Du willst deinen Bruder unterstützen?“, schnitt Takatori seinem ältesten Spross das Wort ab. „Aus welchem Grund?“ Hirofumi wirkte durch die Frage deutlich verwirrt. „Nun, ich dachte ...“ „Das ist dein Problem, Sohn“, blaffte Takatori und lehnte sich in seinem Sessel zurück. „Du denkst zu viel. Dabei ist dein Bruder der deutlich Intelligentere von euch beiden.“ Masafumi, der sich bei diesen Worten aufrichtete, schrumpfte schon beim nächsten Satz wieder in sich zusammen. „Dafür hat er nicht einen Hauch von Geschäftssinn. Steckt seinen Kopf immer nur in Bücher und schnüffelt an Reagenzgläsern. Manchmal wünschte ich wirklich, ich hätte nur einen Sohn statt zwei solcher Hohlköpfe, die sich offensichtlich die Begabungen teilen, die ein richtiger Takatori haben sollte.“ Masafumi versuchte aufzubegehren. „Aber Vater, meine Firma ...“ „Die Firma, die ich dir überlassen habe“, unterbrach Takatori seinen Sohn erneut. „Korin Pharmaceuticals war mal ein gewinnbringendes Unternehmen. Seit du die Führung übernommen hast, schreibt dieser Zweig nur noch rote Zahlen. Du vergrößerst die Forschungsabteilung, kaufst neue Gebäudekomplexe, gibst das Geld – mein Geld! - mit vollen Händen aus. Und dann lässt du auch noch zu, dass irgendwelche dahergelaufenen Gestalten mein Eigentum niederbrennen. Aber damit ist jetzt Schluss. Wenn du nicht bis zum Jahresabschluss wieder Gewinne verzeichnest, ernenne ich jemandem zum Präsidenten, der es kann.“ Schuldig hatte Mühe, nur in sich hineinzugrinsen und nicht in lautes Lachen auszubrechen. Crawford warf ihm einen warnenden Blick zu. „Aber Vater“, versuchte Masafumi es noch einmal. „Meine Forschungen werden die Welt verändern. Bald werden wir in der Lage sein ...“ „Interessiert mich nicht!“ Takatoris Faust krachte auf den wuchtigen Schreibtisch und brachte ihn zum Erzittern. „Was mich interessiert, ist der Gewinn. Entweder das oder die Möglichkeit, meine Gegner aus dem Weg zu räumen. Aber dazu benötige ich euch nicht. Was ich benötige, sind Resultate.“ Für einen Augenblick war der Rauch der Zigarre das Einzige im Raum, das sich bewegte. Masafumi hatte die Hände zu Fäusten geballt und schien kurz davor, seinem Vater die Meinung zu sagen. Hirofumi bereute augenscheinlich die Entscheidung, bei diesem Treffen dabei gewesen zu sein, und die Sekretärin, oder was immer sie darstellte, starrte auf ihre Fußspitzen und versuchte, den Atem des Fremden in ihrem Nacken zu ignorieren. Sie schluckte. „Geht mir aus den Augen“, knurrte Takatori schließlich und winkte mit der freien Hand in Richtung Tür. „Aber Vater, ich ...“ Hirofumi machte einen erneuten Versuch, sich seinem Erzeuger gegenüber wertvoll zu zeigen, doch dieser hatte bereits wieder nach dem Telefonhörer gegriffen. Der hagere Mann senkte den Kopf. „Ich werde dir einen Bericht zukommen lassen.“ Mit diesen Worten drehte er sich herum und verließ den Raum, ohne sich noch einmal umzusehen. Masafumi warf ihm einen hasserfüllten Blick nach, bevor er seiner Begleiterin winkte und ebenfalls ging. Schuldig tauschte einen Blick mit Crawford. Der nickte unmerklich. „Komm, Nagi, wir gehen“, sagte Schuldig und wandte sich ebenfalls dem Ausgang zu. Nagi zögerte sichtlich, bevor er seinem älteren Kollegen nach draußen folgte. Auf dem Gang hatte er Mühe, mit dem weitaus größeren Deutschen Schritt zu halten. „Wo gehen wir hin?“, wollte er wissen. „In mein Büro.“ Nagis Schritte wurden für einen Augenblick langsamer. „Du hast ein Büro?“ „Ja, furchtbar nicht wahr? Sie haben darauf bestanden, mir eins zu verpassen. 'Aber Schuldig-san' haben sie gesäuselt und mich nickend wie eine Schar Pinguine in Balzstimmung in einen winzigen Käfig gesperrt. Mit einem Schreibtisch!“ Nagi konnte das Problem daran nicht wirklich erkennen, folgte Schuldig aber trotzdem weiter. Als sie an dem Raum ankam, der mitnichten so winzig war, wie er zunächst vermutet hatte, deutete Schuldig auf den Computer. „Mach dich an die Arbeit. Ich brauche ein paar Infos zu dieser Sache mit dem zerstörten Labor.“ Nagis Mund verzog sich zu einem schmalen Lächeln. „Natürlich, Schuldig-san. Was möchtest du wissen?“ Schuldig warf sich in einen Sessel, legte die Beine über die Lehne und erwiderte Nagis Gesichtsausdruck. Das Lächeln in seinem Gesicht wirkte ungleich verschlagener. „Finde für mich heraus, wo die Tochter von Fujimiya geblieben ist.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)