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Insomnia

"You can't fix me."
von

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TWENTY-TWO

TWENTY-TWO

 

Letzte Nacht gehörte wahrscheinlich zu den besten Nächten ihres Lebens.

Chiaki hatte ihr gesagt, dass sie wunderschön war. Und als ob das nicht schon das beste gewesen war, sagte er ihr noch, dass er es versuchen wollte. Er hatte zwar nicht explizit gesagt, was genau er versuchen wollte, aber Maron verstand.

Er versuchte auf der Weise mit ihr zusammen zu sein, so wie sie es sich schon seit langem wünschte.

Und dann hatte er sie geküsst… nicht aus Mitleid oder weil sie ihn dazu gezwungen hat, sondern weil er es wollte.

Sie konnte spüren, dass er verunsichert war und Angst hatte.

Für ihn war das alles genauso fremd und ungewohnt, wie für sie. Vielleicht sogar um einiges befremdlicher als für sie.

Maron wollte ihm sagen, dass es nichts gab was er tun könnte, was sie dazu bringen würde sich von ihm abzuwenden. Aber wenn sie ehrlich mit sich war, so hatte auch sie Angst. Angst darüber, dass all ihre Aufregung und Freude ihn zu sehr unter Druck setzen und abschrecken würde.

So sehr sie es sich auch wünschte, Chiaki als ihren Freund bezeichnen zu können, so wusste sie, dass sie sich gedulden musste.

Sie würde genau das tun, worum er sie bat: nichts überstürzen und es einfach auf sich zukommen zu lassen.

 

Der Wecker war wieder an und klingelte um exakt halb sechs. Die Luft fühlte sich kalt an, außerhalb der Bettdecke. Maron konnte Chiaki’s warmen Atem auf ihrem Kopf spüren, als sie aufwachte. Sie lächelte gegen seine Brust und drückte ihn kurz – versuchte ihm damit immer zusagen, dass sie nicht wollte das er losließ.

Und anders als sonst früher, kuschelte Chiaki sich für einen Moment an sie ran und gab ihr einen kleinen Kuss auf den Kopf.

Anschließend ließ er sie mit einem ermüdeten Stöhnen los. Drehte sich um, um den Wecker auszuschalten. Anders als sonst war Maron nicht enttäuscht darüber, dass er sie losließ. Zum einen, weil sie wusste, dass er in die Schule musste. Und zum anderen, weil sie geduldig bleiben wollte und es auf sich zukommen ließ.

Widerwillig stieg sie aus dem warmen Bett aus, lief durch das kalte Zimmer, um ihre Tasche vom Sofa zu holen. Während Maron ins Bad ging, sah sie wie Chiaki sich träge durch die Haare fuhr und allmählich wach wurde.

Sie wusch sich das Gesicht und zog sich um. Beim Anblick ihrer wirren Haare verzog sie eine Grimasse. Seufzend kämmte sie mit ihren Fingern kurz durch und zog sich die Kapuze ihrer Jacke über den Kopf.

Als sie wieder rauskam, lag Chiaki immer noch verschlafen auf dem Bett.

Wie gewohnt packte sie ihre Sachen in den Rucksack ein und legte ihm noch eine Tüte Kekse auf dem Tisch, welche sie gestern vorbereitet hatte.

Unauffällig spähte Maron erneut zu Chiaki rüber. Er lag auf dem Rücken, eine Hand durch die Haare fahrend und sah sie mit einem eindringlichen Blick an.

Sie konnten diesen Ausdruck in seinen Augen nicht deuten und die Angst überkam sie, dass er sich aus der ganzen Sache zurückziehen würde und sie vielleicht doch nicht so wunderschön fand.

Plötzlich nahm Chiaki seine Hand von den Haaren und winkte sie wortlos zu sich rüber.

Verwundert näherte Maron sich dem Bett, fragte sich was er wollte. Und wie nah er sie genau haben wollte. Doch selbst als sie neben dem Bett stand, senkte er seine Hand nicht, wodurch sie ein Knie anhob, auf die Matratze stieg und zu ihm rüber krabbelte.

Im nächsten Moment setzte Chiaki sich auf, unterbrach ihren Blickkontakt nicht und hob seine Hand, um ihr die Kapuze runterzuziehen. Ihre befreiten Haare fielen ihr wild herunter. Und Maron spürte, wie ihr das Blut ins Gesicht schoss.

Nachdem die Kapuze weg war, legte er vorsichtig und langsam seine Hand auf ihre Wange. Wie in der gestrigen Nacht strich er ihr sanft mit dem Daumen über die Haut.

Für einige Sekunden blickte er ihr tief in die Augen, ehe er sich langsam zu ihr nach vorne beugte. Ihr Atem stockte und ihre Augen fielen automatisch zu, als sie für einen Moment dachte, dass er sie küssen würde.

Die Überraschung war groß als sie die federleichte Berührung seiner Lippen auf ihrer Wange spürte. Für einige lange Sekunden verweilten sie darauf und Maron konnte seinen warmen Atem auf ihrem Gesicht spüren sowie das elektrisierende Kribbeln seiner Finger auf der anderen Wange.

Er hinterließ einen sanften Kuss auf ihrer Haut, wanderte mit der Nasenspitze anschließend die Konturen ihrer Wangenknochen und ihrer Kieferpartie nach bis er an ihrem Ohr stoppte.

„Ich hasse diese verdammten Kapuzen“, flüsterte er ihr ins Ohr. In der nächsten Sekunde ließ Chiaki sie los und legte sich mit geschlossenen Augen wieder hin. Maron hatte nicht gemerkt, wie sie die Luft angehalten hatte und atmete zunächst einmal aus, ehe sie mit hochrotem Kopf vom Bett stieg.

Ohne Weiteres nahm sie ihre Sachen und ging durch die Balkontür. Die kalte Dezemberluft kühlte ihre glühenden Wangen etwas ab und sie begab sich verträumt grinsend nach Hause.

Leise trat sie durch die Hintertür in die Küche ein und ging wie gewohnt nach oben ins Gästebad, um zu duschen.

Sie warf einen Blick in den Spiegel und musste etwas schmunzeln. Ihr Gesicht war immer noch etwas rosarot gefärbt vom Wangenkuss. Sie stieg unter die Dusche und stieß einen kleinen, erfreuten Aufschrei aus, den sie sich seit sieben Stunden verkniff.

 

Den Tag verbrachte Maron entspannt zu Hause auf dem Wohnzimmersofa und guckte Fern. Als Miyako am Nachmittag nach Hause kam, war sie überrascht auch Shinji zu sehen, der mit einem großen Weihnachtsbaum angeschleppt kam. Da fiel ihr ein, dass zur Weihnachtsdeko im Haus immer noch ein Baum gefehlte.

Als er kurz zu ihr rüber schaute, schenkte sie ihm ein freundliches Lächeln und nickte als Hallo in seine Richtung. Shinji erwiderte das Lächeln und nickte zur Begrüßung zurück. 

Die nächsten fünfzehn Minuten verbrachte Miyako anschließend damit ihn samt Baum durch das Wohnzimmer rumzuscheuchen, um den perfekten Stehplatz für den Baum zu finden. Belustigt schaute Maron ihnen still vom Sofa aus zu. Anschließend sah sie, wie Miyako sich mit einer halbvollen Kekstüte bei ihm bedankte. Sie benutzte die Kekse für wirklich alles als Geheimwaffe, stellte Maron amüsiert fest.

Nachdem der Baum schließlich stand, schmückten und dekorierten die Mädchen ihn zusammen.

Den Rest des Abends dachte Maron viel über Chiaki und über das, was er gestern gesagt hatte nach. Ein Teil von ihr konnte es kaum abwarten, wenn sie mal wirklich mehr waren. Nur brauchte es Geduld…
 

***

Nachdem Maron weg war, hatte Chiaki sich für die Schule fertig gemacht. Und während er Yamato abholte und zur Schule fuhr, war er im Kopf ganz woanders. Selbst im Unterricht konnte er sich kaum konzentrieren.

Seine Gedankengänge kreisten ununterbrochen um Maron. Alles war so verdammt neu und verwirrend... und er kam sich vor als würde er sich ununterbrochen im Kreis drehen.  

Er brauchte dringend jemanden mit dem er sich darüber rauslassen konnte. Und dieser jemand war leider auch der Einzige, der von ihnen und ihrer Situation wusste.

Chiaki fuhr sich schwer seufzend mit einer Hand über das Gesicht. Die ganze Zeit hatte er Yamato gesagt, dass nichts zwischen ihm und Maron wäre.

Und nun… war mehr.

Eigentlich hatte er keine Lust auf das Gespräch, aber er brauchte unbedingt jemand zum Zuhören.

Nach einigen Stunden hatte er die letzte Unterrichtseinheit hinter sich und wartete gespannt auf seinen besten Freund. Dieser kam Hand-in-Hand mit Miyako aus dem Schulgebäude und knutschte einige Meter von ihm entfernt mit ihr vor ihrem Auto noch etwas rum. Augenrollend stöhnte Chiaki auf, drehte seinen Kopf in die andere Richtung.

Jeden verfluchten Tag dasselbe.

Nach einigen Minuten bemerkte er wie Yamato mit einem idiotischen Grinsen endlich auf ihn zukam. „Hey“, sagte der Braunhaarige breit grinsend.

Chiaki nickte und die beiden stiegen in sein Auto ein. Während sie aus dem Parkplatz rausfuhren, erzählte Yamato irgendwas davon, dass Miyako mit Shinji einen Weihnachtsbaum kaufen geht.

„Hey“, unterbrach Chiaki seinen Redefluss, „Wollen wir bei dir zu Hause etwas abhängen?“

Sein Beifahrer zog für einen Augenblick verwundert die Brauen zusammen und zuckte anschließend mit den Schultern, nickte zustimmend. „Klar.“

 

Einige Zeit später waren sie bei den Minazuki’s angekommen und Chiaki folgte Yamato in dessen Zimmer. Im Vergleich zu vor ein paar Tagen war es unordentlicher als er das letzte Mal da war. Klamotten und Papiere waren überall auf dem Boden verteilt. Snacks und Chipstüten lagen ebenfalls verstreut rum.

„Du könntest hier auch mal aufräumen“, murmelte Chiaki, überquerte mit großen Schritten das Zimmer und ließ sich plumpsend auf den Schreibtischstuhl nieder.

Yamato zuckte gleichgültig mit den Schultern und setzte sich auf die Bettkante hin. Er schnappte sich einen Gummiball und schmiss ihn an die gegenüberliegende Wand. Chiaki folgte stumm den Ball mit seinen Augen, wie er immer wieder von der Wand abprallte und zurücksprang. Er wusste nicht, wie er das Gespräch anfangen sollte.

„Also“, übernahm Yamato glücklicherweise das Wort, „Worüber willst du reden?“

„Woher weißt du, dass ich reden will?“, fragte Chiaki leicht überrascht.

Sein Freund fing den Gummiball auf und blickte ihn mit hochgezogener Augenbraue an. „Bitte... Ich kenn dich nicht erst seit gestern.“ Er rollte mit einem selbstzufriedenen, spöttischen Grinsen die Augen.

Chiaki stieß einen tiefen Seufzer aus, streckte seine Hand nach dem Ball aus. Yamato warf ihn ihm zu und er begann ihn immer wieder zur Decke hochzuwerfen.

„Es geht um Maron...“, sagte er schließlich.

Yamato schnappte sich nickend seine Gitarre neben dem Bett, rutschte etwas nach hinten und lehnte sich mit dem Rücken an die Wand an. „Du siehst besser aus“, merkte er wie beiläufig an und begann an den Seiten zu zupfen. „Seit sie zurück ist, bekommst du wieder mehr Schlaf, nicht?“

Es war offensichtlich, dass der Blauhaarige seit Maron’s Rückkehr weniger müde aussah.

Chiaki nickte einmal, warf den Ball ein paar weitere Male hoch, scheute sich etwas davor die folgenden Worte laut auszusprechen.

„Es ist allerdings mehr als nur der Schlaf“, murmelte er, ohne seinen Freund anzusehen. Dieser hörte auf zu zupfen, es wurde still im Raum. Chiaki verzog leicht das Gesicht, riskierte einen Blick auf ihn und sah wie Yamato verwirrt dreinblickte.

„Wie?“, fragte er konfus.

Seufzend warf Chiaki den Kopf nach hinten, strich sich einige Male frustriert durch die Haare.

„Maron und ich sind…mehr“, sprach er langsam und deutlich aus.

In den nächsten Sekunden breitete sich der Aha-Moment auf Yamato’s Gesicht aus. Er fing im nächsten Moment an Chiaki schelmisch anzugrinsen, worauf dieser entnervt aufseufzte.

„Und ich brauche irgendwie deinen Rat...“

Yamato erlaubte sich es einmal aufzukichern, bevor ein ernstes Gesicht aufsetzte und nickte. Chiaki lehnte sich in den Stuhl zurück, bereute es für einen minimalen Moment dieses Gespräch mit ihn angefangen zu haben.

„Also...“, setzte der Braunhaarige an, begann wieder an den Seiten der Gitarre rumzuzupfen, aber alle Aufmerksamkeit war auf seinem Gegenüber gerichtet. „Von wie viel mehr reden wir genau?“, fragte er in einen zweideutigen Ton, eine Augenbraue hochgezogen.

Chiaki wusste sofort auf was er hinauswollte und musste ihm unbedingt den Wind aus den Segeln nehmen.

„Ich f*ck sie nicht“, verdrehte er die Augen und verschränkte die Arme vor der Brust.

Yamato zog kurz die Brauen zusammen und nickte.

„Okayyy“, entgegnete er und musterte ihn skeptisch, „Also... was nun? Ist sie deine Freundin oder ähnliches?“

Chiaki verzog bei dem Wort das Gesicht, denn er wusste wirklich nicht, ob sie sich als Freund und Freundin bezeichnen konnten.

„Wir haben noch keine Bezeichnung dafür“, antwortete er, die Augenbrauen kritisch zusammengezogen. „Ich denke, wir akzeptieren, dass da...“ Er hielt inne, versuchte nach den richtigen Worten zu suchen, um das Ganze passenderweise zu erklären, beließ es letztlich jedoch bei einfachen Ausdrücken. „...mehr ist.“

Yamato sah ihn nach wie vor noch verwirrt an. „Also... du f*ckst sie nicht und sie ist nicht deine Freundin?“, fragte er,

als würde er eine Matheaufgabe nicht verstehen.

Chiaki nickte. Beides Fakten, die wahr waren.

Yamato nickte, schürzte grübelnd die Lippen. „Also…was genau bedeutet ‚mehr‘ denn?“

Chiaki seufzte und fuhr sich wieder durch die Haare.

„Nun, wir mögen einander mehr als freundschaftlich.“ Dem war er sich soweit sicher. Dass sie beide nicht mehr nur Freunde waren. „Und wir werden es einfach auf uns zukommen lassen“, wiederholte er achselzuckend seine Worte von letzter Nacht.

Yamato schaute ihn fragend an.

„Und was zum Teufel genau bedeutet das?“, fragte er, verstand immer noch nicht ganz.

Chiaki schnaubte und begann den Gummiball wieder zur Decke hochzuwerfen.

„Das bedeutet, wir machen einfach das, was sich irgendwie richtig anfühlt“, antwortete er und warf den Ball wieder hoch, „Wenn küssen sich richtig anfühlt, dann tun wir es.“ Er fing den Ball auf und sprach weiter: „Wenn miteinander ausgehen sich richtig anfühlt, dann machen wir es.“ Er zuckte ratlos mit der Schulter, wusste keine bessere Erklärung für alles und hatte auch keinen besseren Plan, wie er weiter vorgehen soll. „Und wenn es sich richtig anfühlt, sie als meine Freundin zu bezeichnen…dann ist sie meine Freundin.“

Yamato hatte komplett aufgehört an der Gitarre zu spielen und verzog kopfschüttelnd eine Grimasse.

„Alter, wieso hört sich das so verdammt verwirrend und kompliziert an?“

„Weil es einfach verwirrend und kompliziert ist.“

Chiaki seufzte schwer aus als er Yamato’s verständnislosen Blick sah.

„Schau… wir brauchen einander zum Schlafen. Und wenn ich alles komplett abfucke und sie nichts mehr mit mir zu tun haben will, sind wir beide aufgeschmissen…und müde. Außerdem…“ Er richtete sich auf dem Stuhl gerade. „Wenn irgendwer jemals herausfindet, was wir jede Nacht tun, dann wird man uns auseinanderbringen.“ Yamato machte über seinen ernsten Ton ein überraschtes Gesicht.

Aber es war wahr. Im allerschlimmsten Fall könnte das passieren.

„Und wenn man uns auseinanderbringt, dann würden wir beide weitaus mehr als nur den Schlaf verlieren. Deshalb…“ Chiaki lehnte sich langsam wieder in den Stuhl zurück. „Können wir nicht einfach wie zwei verdammt normale Menschen zusammen sein. Weil wir es nicht sind.“ Eine Pause entstand. „Normal“, stellte er klar.

Einige Sekunden verstrichen.

„Außerdem würden deine Freundin und Maron’s Vater mich kastrieren.“ Chiaki hoffte, dass der letzte Satz das Gespräch etwas auflockern würde, aber Yamato starrte ihn an als hätte er zwei Köpfe angewachsen bekommen.

Augenrollend warf Chiaki den Ball von der einen Hand zur anderen, wartete darauf, dass sein Freund das Gesagte verarbeitet hatte. Es tat gut, sich alles von der Seele zu reden und sich jemanden zu öffnen. Auch wenn dieser jemand ihn nur wortlos angaffte.

Nach einigen Minuten hörte er wieder das Zupfen der Gitarre und sah zu Yamato auf, der verstehend nickte. Erleichtert atmete Chiaki aus.

„Und was zu all dem Bullshit noch dazu kommt ist“, sprach er seufzend weiter, „Dass ich mich so verdammt verloren fühle. Ich habe keine Ahnung wie ich sie jetzt behandeln soll.“

Yamato sagte nichts, wartete geduldig darauf, dass Chiaki weitersprach.

„Wir wollen die Tage zusammen irgendwie ausgehen“, sagte er ihm, bezog sich auf das Quasi-Nicht-Date.

Sein Freund zog erstaunt eine Braue hoch. „Ist das nicht riskant?“, fragte er stumm mit den Augen.

„Wir fahren nach Inaba“, erklärte Chiaki, beantwortete dessen stumme Frage. „Es ist ein Quasi-Nicht-Date“, fügte er leise murmelnd hinzu.

Yamato lachte kurz laut auf, schüttelte amüsiert den Kopf. „Quasi-Nicht-Date“, wiederholte er lautlos, grinste spöttisch und belustig zugleich.

Anschließend begann er ein paar Akkorde zu spielen.

„Wenn du das morgen machst, dann werde ich Miyako den ganzen Tag beschäftigt halten“, sagte er, stimmte nebenbei die Seiten.

Chiaki dachte kurz darüber nach und nickte. Es wäre zwar ziemlich früh -früher als er es sich gedacht hatte- aber er würde die Chance nutzen.

 

Danach gingen die Jungs noch etwas Essen.

Sie sprachen kein Wort mehr über Maron. Chiaki entschloss sich dazu, möglichst normal an die ganze Sache ranzugehen. Oder so normal wie er nur konnte.

Yamato fuhr mit ihm nach Hause, wollte Miyako dabei zu Hause besuchen. Chiaki verbrachte einen Großteil des Abends mit Kaiki, um sein dämliches Verhalten der letzten neun Tage gut zu machen. Sein Vater schien sichtlich neugierig über seine plötzlichen Stimmungsschwankungen zu sein, nahm sich aber seine derzeitige, besser Laune zu nutze. Manchmal fand Chiaki es unglaublich, wie ahnungslos ihre Eltern waren, aber war natürlich auch froh drum.

  

Sein Mädchen kam wie immer pünktlich um zehn an und als er ihr die Tür öffnete, bemerkte er, dass sie weiterhin versuchte hübsch für ihn auszusehen. (Oder tat sie das vielleicht auch für sich?)

Ein paar Strähnen ihrer Locken wehten im kalten Wind. Als sie an ihm vorbei ging und in sein Zimmer eintrat, warf sie ihm mit einem schüchternen Lächeln einen langen Seitenblick zu.

Normalerweise würde sie ihren Rucksack direkt auspacken, nachdem sie drinnen war. Aber heute stand sie für einen Moment da, nachdem Chiaki die Tür hinter sich geschlossen hatte. Mit einem nervösen, unsicheren Ausdruck in den Augen blickte Maron ihn an.

Fragend ging er einen Schritt auf sie zu, neugierig darüber was los war. Er näherte sich ihr noch einen weiteren Schritt und sah, wie ihr Blick zu seinen Lippen runterwanderte.

Sofort verstand er was los war. Innerlich musste er grinsen.

Manchmal war sie so verdammt leicht zu durchschauen.

Mit einem weiteren Schritt überquerte er das letzte bisschen Distanz zwischen ihnen und ließ eine Hand in ihre Haare gleiten, legte sie ihr um den Nacken. Er nahm ihren Kopf etwas hoch, beobachtete wie ihre Augen zufielen, als er sich zu ihr runterbeugte und legte seine Lippen auf ihre.

Der Kuss war zunächst ganz zart. Wurde jedoch mit jedem Moment, der verging, heißer... unschuldiger. Er zog sie näher an sich ran, sodass ihr Körper an seinen gepresst war.

Seine Zunge strich ihr über die Unterlippe und sie gewährte ihm Einlass.

Ihre Hände fanden sich auf seinem Nacken wieder und als ihre Zunge seine berührte, entkam ihr ein Seufzen.

Er küsste sie innig und genoss jede einzelne Sekunde. Er wollte sie noch enger bei sich haben, legte daher einen Arm um ihre Taille und drückte sie eng an sich. Ihre kleinen Hände waren in seinen Haaren zu Fäusten geballt und sie neigte leicht ihren Kopf.

Ihre Lippen fühlten sich so verdammt gut an und er war froh drum, dass sie das gerade nicht im Bett machten. Ihre Zungen spielten etwas miteinander und er musste erregt in ihren Mund aufstöhnen.

Widerwillen trennte Chiaki sich von ihren Lippen, leicht atemlos und strich ihr ein paar Haare nach hinten. Maron stand keuchend und mit rosaroten Wangen vor ihm, öffnete ihre Augen und lächelte ihn an.

Er lächelte zurück und zuckte unbeschwert mit den Schultern. Ihm würde es nichts ausmachen, wenn dies zu ihrer Routine hinzugefügt wird.

Schließlich drehte sie sich Richtung Bett um und entpackte ihren Rucksack. Chiaki nahm auf seinem Bett Platz, während sie zum Sofa ging und sich hinsetzte.

„Sag mal... Was machst du morgen so?“, fragte er, nachdem sie die Musik angemacht hatte, dachte an die Möglichkeit zurück, die Yamato ihm angeboten hatte.

Maron blickte ihn an, überlegte kurz. „Wahrscheinlich nichts“, antwortete sie ihm. „Wieso?“ Nachdem sie die Gegenfrage ausgesprochen hatte, blickte sie ihn durch ihre Wimpern an.

Chiaki brauchte ein paar Sekunden länger, um zu antworten, hätte sich fast an seinem Essen verschluckt. Dieses Augending machte ihn noch fertig.

„Ich dachte mir, dass wir morgen nach Inaba fahren könnten“, antwortete er murmelnd, nachdem er geschluckt hatte. „Nachdem ich mit der Schule fertig bin.“

Ihr Lächeln wurde breiter und sie nickte bejahend. Danach nahm Maron sich sein Handy, um in der Playlist nach einem anderen Lied zu suchen. Kurz spähte sie noch durch ihre Wimpern zu ihm rüber, ehe sie wieder runter sah.

Unterdessen rollte Chiaki etwas mit den Augen, weil sie immer noch versuchte mit ihm zu flirten. Dabei hat sie ihn ganz offensichtlich schon längst rumgekriegt.

„Wie treffen wir uns denn?“, hörte er sie fragen.

Chiaki schaute von seinem Essen zu ihr auf und sah, wie sie sich auf die Lippen biss. Für einen Augenblick war er sich nicht sicher, ob das irgendeine Flirttechnik war… oder einfach nur Maron.

So oder so war es süß und schien an ihm zu funktionieren. Er brauchte wieder paar Sekunden zu lange, um zu antworten.

„Ich werde hinten am Ende der Straße parken“, sagte er, deutete mit dem Arm in die besagte Richtung.

Die Tatsache, dass sie sich heimlich trafen, war eigentlich ziemlich lächerlich. Als würden die beiden etwas machen, worüber sie sich schämen müssten… Was in keinster Weise der Fall war.

Er sah, wie Maron verstehend nickte und sich wieder seiner Playlist widmete.

Unterdessen kam Chiaki sich wie ein mieser Idiot vor, dass er nicht die Eier dazu hatte sich normal mit ihr zu verabreden, wie jeder andere verdammt normale Kerl es tun würde.

Aber er war noch nicht bereit dafür, dass jeder von ihnen Bescheid weiß.

Er wollte warten bis es sich irgendwie richtig dafür anfühlt.

Nichtsdestotrotz fühlte er sich mies deswegen.

Nachdem Chiaki fertig gegessen hatte, unterhielten beide sich noch für eine Weile. Maron erzählte ihm ein bisschen von ihrer Zeit in Osaka, ließ aber alles was den Gerichtsprozess anging aus. Er versuchte ihr über seine Zeit hier in Momokuri zu erzählen, aber es gab nicht viel, was sie verpasst hatte. Nebenbei zeichnete er sein Mädchen und ihre Locken.

Gegen elf war er wieder müde. Er schloss sein Skizzenbuch, um zu signalisieren, dass er bereit wäre schlafen zu gehen. Maron stand nickend auf und machte sich als Erste bettfertig.

Minuten später stiegen sie ins Bett und Chiaki schaltete das Licht aus.

Ähnlich wie in der Nacht zuvor, zog er sie an sich, hätschelte ihre lockigen Haare und vergrub mit einem zufriedenen Lächeln sein Gesicht in ihnen.

Er drückte seinem Mädchen einen sanften Kuss auf den Kopf. Sie kuschelte sich an seine Brust an, legte ihre schlanken Arme um ihn und kraulte ihm den Nacken.

Leise seufzte er in ihre Haare, freute sich etwas auf ihr Quasi-Nicht-Date und driftete Momente später in den tiefen Schlaf weg.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  ItachiUchih4
2020-05-28T21:05:51+00:00 28.05.2020 23:05
Ok das ging noch durch das Kapitel und ich ahne Böses! Oder Gutes?
Mir gefällt es so gut, dass ich vllt doch durchlese!? xD

Ich könnte mir gut vorstellen dass Kaiki, Miyako, Takumi und Sakura, dass ganze Geheimnis-Spiel schon durchschaut haben. Sie sagen nur deswegen nichts, weil es sichtlich den Beiden dadurch besser geht! Also spielen Sie die Unwissenden! Haha wäre zumindest für den Leser eine Möglichkeit :P

Die brauchen echt lange! xD
Antwort von:  mairio
29.05.2020 06:53
Huhu!

willkommen zurück :D
kein grund sich zu entschuldigen, jeder hat schließlich ein Leben hinter den Bildschirmen!

Viel Erfolg auch in deinen Prüfungen :D

da du einige Kapitel zu lesen hast... kannst du dich bestimmt auf das eine oder andere gefasst machen :)))

LG 😁


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