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Schwarze Wolken

von

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Schwarze Wolken?

Du gehst noch einen Schritt,

du bist dir noch ganz gleich,

da geht schon jemand mit

aus einem anderen Reich.

Martin Kessel

(Das Andere)
 

Verwüstung.

Soweit man sah, nichts war als bewohnbares Land zu erkennen. Überall häufte sich Geröll und Überreste von einstigen Häusern auf, zumindest glaubte Shay dass es mal Häuser gewesen waren. Er stand mitten in dieser Einöde. In einiger Entfernung konnte Shay einen Brunnen ausmachen, oder zumindest das was davon übrig geblieben war. Er ging auf die steinernden Überreste zu, denn nichts schien jetzt verlockender zu sein als ein Schluck Wasser. Die Hitze war unerträglich, eigentlich könnte er sich auch in einer Wüste befinden; über ihn brannte die Sonne auf seine zerissene Kleidung und unter ihm brannte der Sand.

Als Shay sich über den Rand des Brunnens beugte musste er feststellen dass dieser bereits ausgetrocknet war. Nicht ein Tropfen Wasser war zu sehen und besonders tief war der Brunnen eh nicht, Shay konnte bereits den Grund sehen.

Resigniert ließ er sich auf den Boden nieder, zwischen einzelnen Gesteinsbrocken und lehnte seinen Rücken gegen den Brunnen. So starrte er in den blauen Himmel und hielt ausschau nach irgendwelchen lebenden Wesen, aber es sah so aus als wenn es hier nichts Lebendes mehr geben würde. Noch nicht einmal Geier kreisten über ihn. Wobei sich die Frage stellte ob es hier überhaupt Geier gab, in diesem Land, wo auch immer er sich befand.

Gnadenlos der Sonne ausgeliefert lief ihm der Schweiss die Stirn herab, wahrscheinlich würde es helfen wenn er sich zumindest das zerrissene Shirt auszog, aber dann lief er in Gefahr einen Sonnenbrand zu bekommen und das würde die Sache nicht besser machen. Wahrscheinlich dauerte es noch nicht einmal mehr lange bis er mit einem Hitzeschlag zu Boden fiel. Diese Wüstenhitze war wirklich nicht zu vergleichen mit einem Sommer in Amerika.

"Wie kommst du eigentlich darauf dass du nicht mehr in Amerika bist?" begann Shay mit sich selber zu reden, da er die Stille um sich herum nicht mehr ertrug.

"Ganz einfach, weil es in Amerika keine Wüste gibt." seine Stimme kam ihm unnatürlich Laut vor, obwohl er in einer normalen Lautstärke sprach.

Shay schwieg sich selber an und betrachtete seinen Schatten auf dem Boden vor sich. Irgendwie sah es so aus, alswenn sich eine dunkle Gestalt aus dem Brunnen hervorhob. Shay drehte seinen Kopf, bloss um sicher zu gehen dass dem nicht so war, obwohl er es sich ja eigentlich hätte selber beantworten können: Natürlich kam da niemand aus dem Brunnen hervor. "Spinner..."

Es dauerte nicht lange und die Hitze forderte ihren Tribut: Shay war eingeschlafen und als er die Augen wieder öffnete befand er sich in einem Krankenhaus.
 

Mittlerweile war es morgen geworden und eine Krankenschwester hatte Freddie eine Tasse Kaffee gebracht. Shay hatte sich die ganze Nacht nicht geregt und wohl oder übel musste Freddie nun langsam wieder zurück nach hause zu den Kindern. Es graute ihr davor die fragenden Gesichter der beiden zu sehen, die garantiert wissen wollten wo sie gewesen war.

Was sollte sie ihnen denn sagen? Tut mir leid Kinder, aber euer Vater ist nun in einem Zustand der ähnlich ist wie der Tod?

Freddie lachte einmal nervös auf. "Werd doch wieder wach, Shay!" flehte sie.

"Ich bin doch wach!"

Freddie drehte sich um und ging einige male durch den Raum alsob sie ihm noch eine Galgenfrist gebenwollte, bevor sie gehen musste.

"Freddie?!"

Keine Reaktion. Freddie schluchzte einmal, ehe sie zurück ging und mit ihren weichen Händen Shay´s Gesicht hielt, drauf und dran war ihm einen Kuss auf die Lippen zu drücken. Sie senkte ihren Kopf, hielt aber auf halben Wege inne, alswenn eine unsichbare Mauer sich in ihren Weg gestellt hatte. "Ich muss jetzt gehen..." gab sie zögerlich von sich und drehte sich dann von Shay weg, um aus dem Zimmer zu verschwinden.

Bin ich tot? Was soll das? Warum lieg ich da im Bett, wo ich doch hier neben ihr stehe? Warum sieht sie mich nicht? Das kann doch wirklich nur heissen dass ich tot bin, oder? Aber wenn ich tot wäre, dann würd ich nicht mehr da in dem Bett liegen...?

"Freddie!" Shay lief ihr nach, als er bemerkte dass seine Schuhe kein klackendes Geräusch am Boden gaben, wie es normalerweise hätte sein sollen. Also bin ich doch tot...? Eine körperlose Seele...

Er hatte schon oft von diesem Phänomen gehört, aber wirklich dran geglaubt hatte er nicht. Nach dem tot kehrt mal als lebloser Geist zurück. Pha! Und doch konnte er es sich jetzt nicht anders erklären. Er griff nach Freddies Schulter, aber sie entfernte sich immer mehr von ihm und er schien auf einmal wie an einer Stelle festgewachsen zu sein. Der Raum verzerrte sich, schien mit einem Mal größer zu werden und zu wanken. Um ihn herum wurde es dunkel, als Freddie aus dem Zimmer verschwand und um die Ecke ging. Die Schatten um ihn herum wurden immer größer und nahmen Gestalt an. Sie sahen aus wie die schwarzen Wolken aus seinem Traum von vor ein paar Tagen. Sie griffen nach Freddie, aber diese ging einfach weiter, schien nichts von dem mitzubekommen was in Shay auf einmal eine unendliche Angst einjagte. Eiskalte Schauer liefen seinem Rücken herunter, als er beobachtete wie die schwarzen Wolken sich bewegten wie ein lebendes Geschöpf. Sie hielten inne und drehten sich zu ihm herum, schienen ihn mit einem formlosen Körper, ohne Gesicht und ohne Augen anzusehen und wölbten sich dann auf, stauten sich zu einem undefinierbarem Gebilde zusammen welches doch stark an eine Gewitterfront erinnerte, und stürzten dann auf Shay herab, der wie gelähmt war vor Grauen.
 

Er riss die Augen auf und bemerkte dass er klatschnass war.

Noch immer brannte die Sonne auf ihn herab und er hatte die ganze Zeit unter ihr gesessen. Erbarmungslos hatte sie auf ihn herabgeschienen, erbarmungslos hatte sie seine Haut aufgehitzt. Shay sah an sich herab. Die Sonne hatte ganze Arbeit geleistet, alles tat ihm weh als er sich langsam aufrichten wollte und die bestrahlte Haut sich spannte.

Er hielt inne, als er vor sich den langen Schatten des Brunnens sah. Er schien zu flackern und sich zu bewegen, wie ein Nest Schlangen. Spielten seine Augen ihm etwa einen Streich, schließlich hatte er womöglich stundenlang in der brennenden Hitze geschlafen. Wahrscheinlich war diese auch schuld daran, dass er diesen merkwürdigen Traum gehabt hatte?

Um sich selber zur Ruhe zu rufen schloss Shay noch einmal die Augen und atmete einmal tief ein.

Eigentlich gab er einen Scheiss um Meditation und all dem Kram, der so vielen Leuten half die innere Ruhe zu finden, aber in diesem Fall dachte er sich, dass es vielleicht nicht schaden konnte, wenn er doch schon solche wirren Wahnvorstellungen hatte. Und doch half es nicht, im Gegenteil: Blitzartig riss er die Augen wieder auf, als sich vor seinem inneren Auge erneut die schwarzen Gestalten sah, die erneut ihre Fangarme ausstreckten und nach ihm greifen wollten. "Du hast einen Sonnenstich, Shay..." murmelte er, als sein Blick unweigerlich wieder auf den Schatten des Brunnens fiel, der sich nun aber genau so verhielt, wie es sich für einen Schatten gehörte: Er lag still da und bewegte sich in unendlicher Langsamkeit vom Licht der Sonne weg. Kein Flackern, kein Flimmern; alles war so wie es sein sollte. Nur, dass Shay sich an einem Ort befand, an dem er nicht sein sollte. So weit konnte er noch denken, dass er an einem Ort war, wo er ncht sein durfte. Schließlich hatte er sich, bevor er das Bewusstsein verloren hatte noch in einem Auto befunden. In einem Auto, dass er in den Graben befördert hatte, als er versucht hatte dem herannahenden Lastwagen auszuweichen.

Er hatte noch versucht sich irgendwie aus dem Auto zu retten, aber die Türen hatten geklemmt. Wie versessen hatte er gegen die Fensterscheiben gehämmert und hatte versucht sie zum zerbrechen zu bringen, aber es schien als hätte er gegen eine massive Felsmauer geschlagen; die hätte genausowenig nachgegeben. Unablässig hatte sich der Geruch von auslaufendem Öl und Benzin in seine Nase gefressen, wärend seine Hände vom stetigen Glasschlagen bereits rot und angeschwollen waren. Das Hämmern klang immer noch in seinen Ohren, erst leise und dann wurde es immer lauter.

Mit jedem weiteren Schritt, den Shay in dieser Einöde von Wüste machte, je weiter er sich von dem Brunnen entfernte, desto lauter wurde das Geräusch in seinen Ohren und es folgte in gleichmäßigen Abständen, ganz im Gegensatz zu dem, an was Shay sich noch erinnerte. Als er gegen die Scheiben geschlagen hatte, war er immer langsamer geworden, je tauber seine Fäuste geworden waren. Er hatte zwar härter gegen die Scheiben geschlagen, aber dafür auch immer weniger.

Verwirrt blieb Shay stehen und lauschte dem Hämmern, welches durch die Ebene hallte und immer näher zu kommen schien.

Bamm! Es schien von vorne zu kommen, aber ganz sicher konnte Shay sich nicht sein, denn der Schein trügte ja bekanntlich, vor allem wenn man sich mitten im Nirgendwo befand. Bamm!

Verwirrt sah Shay sich um. Bamm! Er war doch alleine in dieser Wüste?! Weit und breit niemand, oder nichts, was dieses Hämmern auslösen konnte? Bamm! Bamm!

Shays Pulsschlag erhöhte sich schlagartig (Bamm! Bamm!) und er musste feststellen dass dieser in genau dem selben Rythmus schlug wie dieser schreckliche Laut. BammBamm!...BammBammBammBammBamm-

Stille.

Shay atmete schwer und wischte sich den kalten Angstschweiss von der Stirn.

Er war doch alleine. Hier gab es kein stetiges Hämmern. Kein einziger Laut, ausser seinem Herzschlag und seinem eigenen stockendem Atem. Aber er hatte es sich nicht nur eingebildet, nein das konnte nicht sein, denn als er auf seine Arme sah bemerkte er die Gänsehaut, die sich in diesen wenigen Sekunden auf seiner Haut gebildet hatte.

Dann schlug ihn etwas hart gegen den Rücken und unter einem erschrockenem Aufschrei sprang Shay nach vorne, ehe er sich blitzartig umdrehte und einen toten Raben auf dem Boden liegen sah. Einige schwarze Federn segelten langsam auf den Boden und bestätigten Shays Gedanken, dass es nur dieser Vogel gewesen sein konnte, der ihn getroffen haben konnte.

Der Vogel schlug noch mit den Flügeln, obwohl nur noch wenige Muskelfasern seinen Kopf am Körper hielten. Unter den letzten Zuckungen, die seinen Körper durchfuhren richtete der Rabe sich noch einmal auf und wollte auf Shay zurennen, wärend sein Kopf leblos gegen dessen Rumpf prallte, hin und her schwankte und schließlich ganz abfiel. Das kopflose Tier erhob sich dennoch vom Boden und flatterte auf Shay zu. Krah! kam es aufgebracht aus dem Schnabel des am Boden liegenden Kopfes, wärend die starren Augen ihn fixierten. Krah! Krah!

Shay war dermaßen geschockt über dieses Geschehen, dass er es nicht vermochte sich zu bücken, obwohl er die nadelspitzen Krallen des Vogels immer näher kommen sah. Aber nur wenige Milimeter vor ihm, fiel der Vogel, oder das was von ihm übrig geblieben war, wie von einem Stein getroffen, auf den Boden und blieb auch dort liegen; leblos.

Shay zitterte am ganzen Körper, als er den gefiederten Körper vor sich betrachtete und realisierte erst gar nicht, dass er nicht mehr alleine war, in dieser Wüste.

Erst als sich zwei Hände um den toten Vogel schlossen keuchte Shay erschrocken auf und trat einen Schritt zurück. Er hatte den kleinen Jungen nicht kommen gesehen; er schien auf einmal da gewesen zu sein. Erschienen aus dem Nichts, genauso wie es der Rabe gewesen schien.

"Was hast du getan?", fragte der Junge mit langsamer, weinerlichen Stimme.

"Wie bitte?"

"Was hast du getan?! Du hast Scrips umgebracht!", keuchte der Junge und sah auf den Vogel herab.

"Kleiner, ich habe gar nichts getan!", erwiderte Shay und hob die Hände abwehrend. Trotzdem konnte Shay nicht leugnen, dass ihm die Stimme des Jungen bekannt vorkam. Irgendwoher kannte er diese Stimme, konnte aber nicht eindeutig sagen woher. Deshalb hockte er sich zu dem Jungen hin. Mit einem freundlichen Lächeln - anscheinend war der Rabe das Haustier des Jungen gewesen - fragte Shay: "Wie heißt du, Kleiner? Und wo wohnst du?"

"DU HAST IHN UMGEBRACHT, DU VERDAMMTER MISTKERL!" schrie der Junge wutentbrannt, hob blitzartig den Kopf sah Shay mit einer wutverzerrten Grimasse an, die nur deshalb so entsetzlich abstoßend wirkte, weil sich es keine Augen waren die Shay anstarrten, sondern die blutenden, leeren Augenhöhlen.

Shay schrie auf und fiel rücklings auf den Boden, als er Abstand zu diesem... Etwas nehmen wollte, was sich augenblicklich auf ihn stürzte. "Du verdammter Mistkerl," schrie der Junge wutentbrannt, "er sollte mein Spion werden! ER SOLLTE MEIN SPION WERDEN! ICH BRING DICH UM! ICH BRINGE DICH UM!"

Eiskalt schlossen sich die kalten Finger um Shays Kehle und drückten sie zu. Dieser konnte nicht glauben was hier grad passierte und schnappte nach Luft, aber der Würgegriff des Jungen hinderte die Luft daran in seine Lunge zu kommen. Verzweifelt und ausser sich vor Panik griff Shay nach dem nächstbesten Gegenstand - ein Stein -, den der in die Finger bekommen konnte und Schlug diesen gegen den Kopf des Jungen, sodass dieser unter einem schmerzerfüllten Aufschrei von Shay heruntergeschleudert wurde.

Bamm! -da war es wieder, das schreckliche Geräusch!

Der Junge richtete sich auf und schickte sich daran, erneut über Shay her zu fallen, obwohl das Blut in Ströhmen von seiner Schläfe lief. Shay schlug dem Jungen den Stein erneut gegen den Kopf. Bamm!

Nun blieb das Kind mit verkrampfter Körperhaltung liegen, aber Shay hielt die Hand, in der er den blutverschmierten Stein hielt, weiterhin oben; jederzeit bereit ein drittes Mal auf dieses Monster einzuschlagen.

Erst nach einigen Minuten, als Shay sich sicher war, dass der Junge nicht mehr aufstand, ließ er die Hand sinken und versuchte schwer atmend wieder zur Ruhe zu kommen.

Verdammt! Was war das für in kranker Scheiss? Kopflose Raben die einen attackierten und ein augenloser Junge, der aus dem Nichts erschien, um ihn umzubringen. Hilfesuchend sah Shay sich um, in der Hoffnung irgendend jemanden zu sehen, der ihm helfen konnte. Das hämmernde Geräusch, welches wieder näher kam, nahm er nur unterbewusst wahr. Was er wirklich wahrnahm, war der Krankenwagen der in der Ferne immer näher kam; vielmehr: er sah das Blaulicht. Wahrscheinlich war der Wagen noch zu weit entfernt, alsdass man die Sirene jaulen hörte. andererseits: Warum sollte man in dieser Einöde eine Sirene anmachen? Viel Verkehr schien es hier ja nicht zu geben.

Erleichtert seufzte Shay auf. Ein Krankenwagen. Endlich Rettung aus dieser trostlosen, unheimlichen Umgebung.

Das Auto kam näher.

Bamm-BAMM; Bamm-BAMM; Bamm-BAMM... im selben Ton, wie das Jaulen einer Sirene...

Erst als der Krankenwagen nur noch wenige hundert Meter vor Shay war und erbarmungslos weiter auf ihn zugerast kam, wurde Shay klar, dass dieses Szenario genauso unrealistisch war, wie das mit dem Raben und dem Jungen. Scheisse, niemand kann diesen Krankenwagen gerufen haben! Und kein Krankenwagen hat eine Sirene, die sich anhört alswenn man gegen Glas schlägt!

Der Krankenwagen hielt nicht an, er überrollte die Leiche des Jungen und Shay ebenso. Das Ganze ging so schnell, dass der Mann noch nicht einmal sah, dass sich am Steuer keine Menschen befanden, sondern lediglich diese schwarzen, formlosen Gebilde aus dem Krankenhaus.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Jitsch
2007-04-07T06:24:09+00:00 07.04.2007 08:24
Woah, das wird ja richtig psycho. Zuerst dachte ich, Shay waere wieder aufgewacht, als er mit seiner Frau gesprochen hat, aber sie hat ihn ja doch nicht gehoert... Gruselig. Aber ich bin gespannt, was nun passiert, Shay kann ja nicht ewig im Koma liegen.

Jitsch*


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