10.33 Uhr
Eine wunderschöne Landschaft mit gelben, sandigen Wegen und grünen Wäldern bestimmt das Bild eines kleinen Dorfes. Der Kies der Einfahrt knirscht unter dem Wagen, in dem ich sitze, während wir uns der größten und berühmtesten Universität für Kunst nähern.
Ich steige aus und bemerke sofort eine Gruppe Kunststundenten, die sich um ein seltsames Gebilde am Boden versammelt haben.
Beim Näherkommen stelle ich fest, dass es sich um eine Sandanhäufung in menschenähnlicher Form mit Zitzen eines Euters handelt, Schweinsfüße runden das Bild ab. Von weitem ist es durchaus möglich, das Kunstwerk für eine Frau zu halten, die gerade gefoltert wird.
Endlich angekommen, bemerke ich das letzte Accessoire – Beweis-Fähnchen, wie sie meistens in billigen Krimis im Fernsehen gezeigt werden. Ich höre den Dozenten über das Werk schwärmen, kann aber feststellen, dass es bald zerstört werden soll.
Denn der Platz ist mehr als nur ungünstig – es liegt in der Mitte des Hofs vor der Universität. Ich höre mir die ausschweifenden Ausführungen des Gruppenführers, eines Studenten namens Robert an, bis ich vorschlage, doch ein Bild vom Werk zu machen.
Mit diesem geistreichen Einfall werde ich sofort als neues Mitglied der Gruppe akzeptiert (obwohl niemand mich nach dem Namen gefragt hat). Urplötzlich erscheint eine Polaroid-Kamera aus dem Nichts und Robert hält sie dem Dozenten hin. Dieser sagt “Cheers“ zu der Konstruktion, doch bevor das Blitzlicht einsetzt, sind schon vier Fotos aus der Kamera rausgeflogen.
Verwunderung und anschließendes Entsetzen in der Gruppe beim Anschauen der Bilder.
Ein Foto zeigt mich und Robert auf einem Ausguck (so ähnlich wie die Förster ihn benutzen) stehen. Neben mir hat sich ein Skelett positioniert.
Das zweite ist fast dasselbe. Mit den kleinen Unterschied, dass Robert aufgehängt ist und das Skelett sich verkrümelt hat.
Das nächste ist ein rührendes Gruppenbild, in einem der Stundentenbehausungen aufgenommen. Auf einem Bett liege ich und ein kleines Mädchen kniet daneben, als wollte es mich etwas fragen. Auf dem anderen Bett sind die Köpfe der anderen Mitbewohner zu sehen. Ohne Körper. Alle starren mürrisch in die Kamera.
Ich bin mehr als überrascht.
Einige Zeit vergeht.
Einer Einladung zum nächtlichen Ausflug sagt man nicht nein. Jeder weiß, dass es verboten ist, doch keiner macht einen Rückzieher.
Mittlerweile habe ich mich schön eingelebt. Doch immer muss ich an diese Fotos denken. Nach einigen mühelosen Anstrengungen und glücklichen Zufällen weiß ich, dass die Kleine auf dem Foto die kleine Schwester einer Studentin – Elizabeth – ist.
Nicht schwer das herauszufinden, wenn sie in meiner Gruppe ist.
Es ist dämmerig, aber nicht so dunkel wie man es gerne hätte. Anscheinend sind Schockanfälle für Studenten dieser Uni wie Droge – sie brauchen sie, um gute Leistungen zu bringen.
Robert führt uns zu einem Ausguck, derselbe wie auf dem Foto. Seltsamerweise scheint das nur mir aufzufallen. Elizabeth und ihre kleine Schwester sind die letzen.
Sie biegen um die Ecke der hölzernen, recht hohen Konstruktion, um zur Leiter zu gelangen, die nach oben führt. Bereits hinaufgeklettert, beobachte ich die beiden.
Ein leiser Aufschrei und sie sind verschwunden. Es folgt ein sachlicher Bericht zu Robert. Dieser wird wütend und fängt an rumzuschreien, anstatt nachzusehen, ob am fraglichen Ort vielleicht eine Fallgrube war und die Vermissten eventuell Hilfe brauchen.
Doch ich behalte das alles für mich und halte stattdessen Ausschau. Ich werde belohnt. Da die anderen damit beschäftigt sind, schuldbewusst in der Gegend zu starren, sehe ich als einzige die beiden aus dem Wald, an dessen Grenze der Ausguck steht, kommen.
Ich habe Lust auf Panikmache, deshalb schreie ich auf, zeige in die Richtung der Schwestern und renne los. Dabei nehme ich die Brücke, die den Ausguck geradewegs mit einem der Universitätsflügel verbindet.
Wie erwartet folgen mir die anderen.
Am nächsten Morgen werden wir auf den Hof gerufen. Elizabeth ist verschwunden, nur ihre kleine Schwester ist da.
Und sie hat gepetzt.
Ich höre den Dozenten etwas von Bestrafung murmeln, als er mich anweist, ihm den Weg zum Ausguck zu zeigen.
Dort treffen wir auch Elizabeth.
Säuberlich getrennt lagen in einem Eimer ihre Knochen und Haare, im anderen durch den Fleischwolf zerkleinerten Eingeweide.
Ende
A/N: Wunderschöner Traum, nich wahr? Ich fand ihn dermaßen toll, dass ichs aufschreiben musste...
Na denn, sagt mir ruhig, was ihr davon haltet...(vielleicht habt ihr auch sone schönen und unterhalsamen Träume? >D)