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Schuljungenreport

Dr. D-chan klärt auf
von

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Annäherung auf anderer Ebene

//Du hast deine Bestimmung nicht erfüllt, Sindbad... Du weißt schon, was das bedeutet, nicht wahr?//
 

//Glaubst du wirklich, dass du so einfach deinen Pflichten entkommst?!//
 

//Und hast du denn gar keine Angst, durch Gottes Hand, deinen eigentlichen Beschützer, zu sterben, weil er nicht mehr mit deiner Arbeit zufrieden ist?//
 

//Willst du nicht um Vergebung bitten?//
 

//Schrei doch, wenn du kannst!!//
 

//Du hast wohl Angst, zu schreien? Weil dich niemand hört?//
 

//Wie recht du doch damit hast... niemanden interessiert es, dass du heute Nacht sterben wirst. Qualvoll... langsam... Schmerzen... und wenn du daran nicht stirbst, werden dir deine Fehler, die du im Leben gemacht hast, die seelische Pein bereiten, die dich dazu bringt, uns anzuflehen, dich zu töten!//
 

//Stirbt, Sindbad!//
 

//Unfähige Kreatur, die sich Gottes Fürsorge nur erschlichen hat!//
 

//Nichtsnutz! Schwacher Mensch!!//
 


 

"AAARGH!!"
 

Von kaltem Schweiß bedeckt saß Chiaki kerzengerade in seinem Bett, die Decke hatte er wohl während seines Traumes auf den Boden geworfen. Seine Atmung ging heftig und unregelmäßig, seine Augen waren schreckensgeweitet und als er glaubte, sich ein wenig beruhigt zu haben, lauschte er in die Stille des Raumes hinein und hörte plötzlich wieder diese kreischenden Stimmen, die ihm immernoch mit ihren Worten Angst machten.
 

"Lasst mich in Ruhe!! Sanji! Mizuki!!"
 

Doch keine Antwort von seinen beiden Zimmergenossen. Diese hatten einen Zettel auf den Tisch gelegt, auf dem stand, dass sie wieder einmal im Dorf waren, um etwas zu trinken und mit den leichten Mädchen zu feiern.
 

Der Blonde geriet in Panik und stand wie vom Blitz getroffen auf, wankte ein bisschen, da er keinen Halt fand und ein wenig schwach auf den Beinen war. Er fiel auf seine Knie.
 

//Du entkommst uns nicht!!//
 

//Denkst du, dein Erwachen schützt dich vor deinem Untergang?!//
 

//Wir haben dich...//
 

//...und wir werden dich noch heute Nacht töten!//
 

Chiaki war am Ende mit seinen Kräften und schluchzte laut auf, als die grässlichen Stimmen in seinem Kopf nicht aufhörten und ihn weiter drangsalierten. Er presste seine Handflächen auf die Ohren, doch er hörte die Worte in seinem Kopf, konnte ihnen nicht entkommen. Er rappelte sich wie von der Tarantel gestochen auf und suchte in der pechschwarzen Dunkelheit nach der Tür, fand schließlich die Klinke, nachdem er verzweifelt über das Holz gekratzt hatte und öffnete sie und rannte auf den Gang. Er schluchzte leise, während er die Rufe der gestaltlosen Wesen hörte, die ihn tot sehen wollten. Es trieb ihn instinktiv in eine Richtung des Ganges und er kam schließlich vor einer Tür im Ostflügel des Internats zum stehen und klopfte wie ein besessener gegen das Holz.
 

"Bitte...", flüsterte er leise und gab schon fast auf, klopfte aber immer weiter, doch die Stimmen gaben auch nicht auf und riefen ihn immer weiter, brachten ihn zum Wahnsinn und beraubten ihn seiner Sinne.
 

"Was ist denn hier los mitten in der N-... Chiaki?"
 

Herr Shikaidou war mit einem Mal hellwach als er den blonden Jungen tränenüberströmt und total aufgelöst vor seinem Zimmer stehen sah, welcher sich sofort an ihm festklammerte und immer wieder leise schluchzte:
 

"Hört auf... hört auf... hört auf!!!"
 

"Beruhige dich... ganz ruhig, Chiaki!"
 

Der Lehrer nahm den Blonden schützend in seine Arme und schloss die Tür hinter ihm, führte ihn zu seinem Bett und setzte sich mit ihm hin. Chiaki drückte sich eng an ihn und konnte seine Tränen nicht aufhalten. Es war, als würde er sich in einer anderen Welt befinden, war nicht ansprechbar und bereitete dem Rothaarigen noch mehr Sorgen, als er es eh schon in den letzten Tagen gemacht hatte. Da hatte sich der Lehrer wenigstens denken können, dass es die Übermüdung, Anstrengung und die nächtlichen Ausflüge in die Dorfbar gewesen waren, die den Jungen so krank aussehen ließen - aber jetzt... war der Ältere vollkommen von der Situation überfordert.
 

"Chiaki... ich bin doch da... was ist mit dir?! Chiaki!"
 

Er versuchte immer wieder, den Jungen anzusprechen, doch dieser reagierte nicht, zitterte nur immer stärker und verkrallte seine Hände so sehr in Herrn Shikaidous Schlaf-Shirt, dass man die Knöchel weiß hervortreten sah.
 

"Ich will nicht sterben!!"
 

Mit einem Male strömten dunkelviolette Rauchwolken aus einer Blumenvase des Lehrers, der erschrocken zusammenzuckte, auf das weinende Bündel in seinen Armen schaute, dann seinen Blick wieder auf die Nebelschwaden lenkte, die sich langsam zu einem mittelstarken Dämon formierten und kurz davor waren, die beiden Menschen auf dem Bett zu attackieren. Doch der Rothaarige reagierte schnell, entfernte den Haargummi aus seiner Mähne und stand einen Bruchteil einer Sekunde als Noyn da, zückte einen Zettel mit einer Beschwörungsformel und murmelte die Worte leise vor sich hin, die bewirkten, dass der Dämon gebannt wurde und Chiaki nichts antat, der immernoch nicht mitbekam, was gerade um ihn herum vorging.
 

"Stirb, du Mistvieh...", zischte der nun Schwarzhaarige und der Dämon löste sich auf. Zwar war er nun nicht in einer schwarzen Schachfigur gebannt, aber er gehörte nun zu Noyns kleiner Dämonenarmee, die nur aus solchen Biestern bestand, die er selbst kreiert oder gebannt hatte. Schnell fummelte er sich seinen Haargummi wieder in die Haare und langsam bekamen seine Haare wieder ihre normale rötliche Färbung. Besorgt drehte er sich zu dem blonden Jungen auf seinem Bett um, doch dieser schien sich anscheinend beruhigt zu haben, denn er atmete ganz ruhig, hatte seine Augen geschlossen und keine neuen Tränen rannen aus seinen Augenwinkeln. Hijiri atmete ein wenig erschöpft, aber nicht mehr so besorgt seine angehaltene Luft aus und war froh, dass ihn niemand - besonders nicht Chiaki! - gesehen hatte, wie er sich in Noyn verwandelte. Das hätte bestimmt ganz schöne Verwirrung gegeben, der Junge, der ihn ja eh nicht wirklich leiden konnte, hätte den Vorfall dem Direktor gemeldet und er, Hijiri, wäre im hohen Bogen geflogen und vielleicht noch der Hexerei angeklagt worden. Ein Glück, dass er dem noch einmal knapp entkommen war und den Jungen schützen konnte. Doch irgendwie wunderte es ihn, dass diese Nacht kein Sindbad sich um den Dämon gekümmert hatte, immerhin hatte er es die letzten Nächste doch auch getan, so wie es Noyn von weitem beobachten hatte können. Er war nicht näher gekommen und auch nicht mit Sindbad gesprochen, denn er war immernoch tief verletzt von Chiakis Worten und der Tatsache, dass er ihn nie bekommen würde.
 

Doch... warum war der Süße dann heute zu ihm gekommen? Hatte er Fieberträume und war in seiner Angst und Panik einfach in irgendeine Richtung gelaufen? Vielleicht war er ja nur durch Zufall zu Hijiri gekommen... aber auch wenn der Lehrer eventuell einräumen musste, dass Chiaki nicht wusste, was er getan hatte, so schlich sich doch ein kleines Lächeln auf seine Lippen. Wie sich der Kleine so an sein T-Shirt geklammert hatte - auch wenn es aus purer Angst gewesen war - so war er doch so nahe bei ihm, dass das Herz des Rothaarigen ganz laut geklopft hatte...
 

Immernoch still in sich hinein lächelnd legte sich der Lehrer in dem anderen Bett schlafen, damit der Blonde morgen nicht mit einem Schock erwachte. Dies war nun schon die zweite Nacht, die er hier bei ihm verbrachte, auch wenn beide Male mehr oder weniger ungewollt waren. Chiakis Nähe reichte dem Älteren. Und seit einigen Wochen ging es ihm endlich mal wieder gut. Morgen würde er Sindbad suchen, denn ehrlich gesagt hegte er für den kühlen Gottesgesandten auch ein paar unkeusche Gedanken. Und wenn er diesen bekam, hatte er nicht einmal Ärger, was das Thema Lehrer-Schüler-Beziehung anging. Doch nun war erst einmal Chiaki wichtig, denn die heutige Mission war beendet.
 


 

~*~
 


 

Chiaki blinzelte und fühlte sich, als würde er einen ganz gewaltigen Kater haben. Seufzend drehte er sich auf die Seite, schloss seine Augen wieder und schmiegte sich in die weichen Kissen, die irgendwie sehr angenehm rochen. Er war noch ein bisschen müde und außerdem sollte er ja Bettruhe halten, von daher gab es ja keine Probleme mit dem länger Schlafen. Irgendwie war Chiaki seinen beiden Zimmergenossen sehr dankbar, dass ihn diese zum Arzt geschleift hatten. Denn dank ihnen konnte er sich den ganzen Tag ausruhen und musste nichts anstrengendes machen. Außer nachts Dämonen jagen...
 

Moment.
 

Was war passiert?
 

Ruckartig riss der Blonde seine Augen auf und starrte an die Decke.
 

Was. Verdammt noch mal. War. Passiert?!?!
 

Wenn er sich schwach erinnerte, hörte er grässliche Stimmen in seinem Kopf und eine Panikwelle überschwemmte seinen Körper, ließ sein Herz schnell klopfen. Er bekam Platzangst, obwohl er nur in einem Bett lag und entkam der Angst nur, indem er sich aufrecht hinsetzte. Nun bemerkte er langsam, dass dies hier nicht sein Zimmer sein konnte. Er kannte es irgendwo her, aber es war nicht seins... Er stand auf und sah sich das Zimmer genauer an, denn es war niemand da, den er fragen könnte. Auf dem Schreibtisch lag ein Zettel, auf dem seltsamer Weise "An Chiaki" stand. Neugierig nahm er das Schriftstück und schon bei den ersten Worten war er gewillt, den Zettel zu zerknüllen und schnellstens das Weite zu suchen. Doch dann siegte die Neugierde, außerdem hatte ihn da eine Zeile aufmerksam gemacht:
 

"Guten Morgen mein Süßer,
 

ich hoffe, du hast gut geschlafen in meinem gemütlichen Bett? Als du gestern endlich eingeschlafen bist, wollte ich dich nicht mehr wecken und hab dich schlafen lassen. Keine Sorge, ich hab dich nur zugedeckt, nichts anderes. Leider musste ich heute früh schon halb sieben los, um meinen Unterricht vorzubereiten, aber ich schau gegen 12 Uhr mal nach dir, falls du dann noch da bist. Es steht dir natürlich frei, ob du schon eher in dein Zimmer gehen willst, aber ich würde dich liebevoll mit einem Kuss wecken, falls du noch schlafen solltest ;)
 

Bis heute Mittag,
 

Hijiri"
 

Chiaki sah hektisch auf die Uhr und war erleichtert, als es erst halb zwölf war. Nu hieß es schnell das Weite suchen und... ja, auf Sanji und Mizuki warten, oder? Was sollte er denn sonst machen, außer da liegen und nichts tun? Hm, vielleicht darüber nachgrübeln, warum er diese Nacht schon wieder bei seinem Klassenlehrer im Bett verbracht hatte. Das letzte Mal wusste er ja noch, dass er unfreiwillig in das Zimmer hineingezogen worden war - doch dieses Mal? Er hatte keine sicheren Anhaltspunkte und irgendwie glaubte er auch den Worten seines Lehrers, denn er konnte einfach nicht glauben, dass der Ältere noch etwas mit ihm gemacht hatte, was er dann nicht in den kurzen Brief hineinschrieb. So wenig er ihn auch mochte, so schlecht dachte er nun doch nicht von dem Rothaarigen.
 

Doch bevor es zwölf Uhr wurde, sollte er aus diesem Zimmer verschwinden, damit ihm nichts geschah, was er auf jeden Fall bereuen würde. Also sah sich der Blonde schnell um, ob er auch nichts vergessen hatte, doch da er auch nicht wusste, was alles von ihm hier in diesem Zimmer war, verließ er alsbald schnell das Zimmer seines Lehrers und tapste in Richtung seines Zimmers. Dort angekommen hoffte er einfach mal, dass Sanji und Mizuki die Mittagspause dazu nutzen, um im Speiseraum etwas zu essen und nicht um nach ihm zu schauen. Das Glück war ihm seltsamer Weise hold und der Blonde ließ sich ein wenig erschöpft in sein Bett plumpsen. Der etwas längere und vor allem tiefe Schlaf hatte ihn zwar schon wieder etwas munterer gemacht, doch so wirklich ausgeschlafen war er noch nicht. Er sah auf seinen Nachttisch und runzelte etwas erstaunt die Stirn. Er konnte sich noch schwach daran erinnern, dass dort gestern ein weißer Briefumschlag an ihn adressiert lag - aber wo war der jetzt?! Chiaki hob ein wenig verwirrt seine Nachttischlampe hoch, doch darunter lag der Brief auch nicht. Und heruntergefallen war er auch nicht, stellte er mit einem kurzen Blick auf den Fußboden fest. Hatte ihn jemand mitgenommen, während er bei Herrn Shikaidou war? Aber... wenn der Brief an ihn adressiert war? Dann verstieß das doch gegen das Briefgeheimnis, wenn jemand sich seinen Brief aneignete, ohne Erlaubnis des Besitzers. Chiaki schüttelte immernoch nicht die Antwort wissend den Kopf und legte sich wieder richtig in sein Bett. Vielleicht war auch gar kein Brief da gewesen. Oder... jemand hatte für ihn den Dämon gebannt. Denn laut der Stimmen, die er letzte Nacht gehört hatte und an die er sich langsam immer deutlicher erinnerte, müsste er jetzt tot sein, wenn er den Dämon nicht gebannt hätte. Doch er lebte immernoch, er kam sich sogar lebendiger vor als die letzten Tage, die er gerade so existierend verbracht hatte. Also war jetzt nur noch die Frage zu klären, wer hier in diesem Internat auch noch Dämonen bannen konnte. Seltsamer Weise fiel ihm in diesem Zusammenhang nur Noyn ein, doch der erschuf doch diese kleinen Biester und machte sie nicht unfähig, oder? Chiaki war eigentlich nur noch am Kopf schütteln und schloss die Augen, um sich noch ein wenig auszuruhen. Er hatte zwar Angst, dass die Stimmen wieder auf ihn einredeten und ihn wahnsinnig machten, doch eigentlich hatte er nun nichts mehr zu befürchten, schließlich hatte er seine Mission - wenn auch durch einen unbekannten Mittelsmann - erfüllt. Aber was würde nächste Nacht werden? Wäre es dann vorbei mit der Ruhe? Er fühlte sich so müde und wollte am liebsten gar nicht mehr aus seinem kuscheligen Bett heraus. Jedenfalls nicht für die nächsten paar Tage, in denen er sich ausruhen sollte.
 

Wieder einmal wurde er durch ein Klopfen aufgeschreckt, doch diesmal machte er sich gleich darauf gefasst, dass es wohl Herr Shikaidou war. Und siehe da: Chiaki behielt recht.
 

"Na, Süßer? Geht's dir wieder gut?"
 

Der Lehrer nahm sich wieder den Stuhl heran und setzte sich neben das Bett, um Chiaki genau ansehen zu können.
 

"Warum sollte es mir nicht gut gehen?"
 

Der Blonde konnte sich den aufmüpfigen Ton gegenüber dem verhältnismäßig jungen Lehrer nicht abgewöhnen, weil dieser einfach nicht wie ein Lehrer aussah. Jedenfalls nicht so sehr... räumte Chiaki schnell in Gedanken ein.
 

"So wie du dich gestern Nacht an mir festgeklammert hast, dachte ich nicht, dass du dich so schnell erholst."
 

"Was hab ich?!"
 

Der Junge sah den Rothaarigen mit entgeisterter Miene an. Der wollte ihm wohl einen Bären aufbinden!! Nie im Leben würde er so etwas tun und... Oder hatte er gestern Abend wirklich so viel Angst vor den Stimmen gehabt, dass er Schutz bei seinem Lehrer gesucht hatte? Das wäre ja schrecklich!!
 

"Ganz recht, du hast dich ganz eng an mich geschmiegt und an meiner Schulter geweint."
 

Der Lehrer lächelte, als er dies sagte und sah den Blonden lange an.
 

"Ich bin gern für dich da."
 

"Und ich gehe Ihnen gern aus dem Weg!", kam die prompte Antwort von Chiaki, der seine Arme vor der Brust verschränkte und woanders hin sah, nur nicht dem Älteren in die Augen, denn es war ihm verdammt peinlich, nicht mehr zu wissen, was gestern nacht geschehen war und dass es gerade /sowas/ sein musste. Vielleicht war es ganz gut gewesen, dass er sich nicht mehr daran erinnern konnte, aber nun war es wieder in seinem Gedächtnis und wenn er sich anstrengte, kamen wirklich einige Fragmente des gestrigen Abends vor sein inneres Auge zurück. Na toll, da hing er also wie ein zitternder Schluck Wasser an seinem Lehrer, der das auch noch gut hieß. Naja, er wäre ja auch ein schöner Trottel, wenn er die Chance nicht ergreifen würde.
 

"Wie du meinst. Trotzdem hab ich bei deinen Klassenkameraden nach deinem Schulzeug gefragt und dir alles mitgebracht, was du nacharbeiten musst. Es ist nicht viel und du brauchst dich nicht allzu sehr anstrengen. Du sollst dich schließlich ausruhen, nicht wahr?"
 

Chiaki nickte und fand es trotz allem sehr nett, dass Herr Shikaidou alles für ihn besorgt hatte. Sowas hätte er ihm gar nicht zugetraut.
 

"Danke... Hijiri."
 

Der Angesprochene hob erstaunt den Kopf und sah den Jungen überrascht an, der auch etwas perplex dasaß und erst jetzt begriff, wie er den Älteren angesprochen hatte.
 

"Äh, ich meine... entschuldigen Sie!"
 

"Kein Problem, ich hab dir das Du schließlich angeboten."
 

Er stützte sich mit einer Hand auf der Bettkante ab und gab dem verdutzten Blonden einen kleinen Kuss auf das Haar. Dann setzte er sich wieder richtig hin und lächelte den Jüngeren an.
 

"Soll ich dir bei deinen Schulaufgaben helfen?"
 

"Äh...", Chiaki kam aus dem Stammeln und Stottern einfach nicht mehr heraus, so perplex war er. Ihm fielen nicht einmal Schimpfwörter ein, was er dem anderen an den Kopf werfen könnte, weil er ihn einfach auf den Haarschopf geküsst hatte. Er war total überrumpelt.
 

"Is mir egal."
 

"Gut, dann bleib ich."
 

Chiaki nickte nur und sah unsicher zu dem Rothaarigen:
 

"Und... wo ist mein Schulzeug?"
 

Herr Shikaidou zückte eine Mappe und reichte sie dem Blonden, der aus ihr ein paar Zettel entnahm und feststellte, dass es wirklich nicht viel war, was er für heute nachholen musste. Wieder sah er den Älteren unsicher an und fragte schließlich zögernd:
 

"Könntest... du... mir... bitte einen Stift geben?"
 

"Aber natürlich!"
 

Der Rothaarige schien froh zu sein, sich nützlich zu machen, denn er sprang sofort auf und folgte den zaghaften Anweisungen seines Schülers, der es sehr ungewöhnlich fand, einen Lehrer herum zu kommandieren. Aber es war eine lustige Abwechslung. Aber was würden seine Zimmermitbewohner sagen, wenn sie den Älteren hier bei ihm erblickten? Chiaki konnte sich gut vorstellen, dass das ziemlich dumme Fragen gab, weil er sich so lange mit einem Lehrer unterhielt und abgab. Doch diese Gedanken rückten in den Hintergrund, als er sich ganz auf das Schulzeug konzentrierte und nur ab und zu den Größeren skeptisch ansah, der es sich neben ihm auf dem Stuhl bequem gemacht hatte und scheinbar etwas für seinen Unterricht erledigte. Chiaki warf einen neugierigen Blick auf die Zettel, die Herr Shikaidou da voll kritzelte, doch er konnte diesen Krakel nichts entnehmen. Als war die Schrift des Lehrers nicht immer so gut, wie wenn er ihm kleine Briefe schrieb. Denn die hatte er sehr gut lesen könnte. Diese Hieroglyphen ähnelten einer alten Doktorschrift, die von niemanden gelesen werden musste. Es handelte sich bestimmt um Notizen und Stichpunkte für eine kommende Unterrichtsstunde. Tja, nicht jeder konnte heute so viel schlafen, wie er wollte... manche Leute gingen auch noch arbeiten. Chiaki grinste innerlich und beschloss, noch heute dem Arzt ein großes Dankeschön auszusprechen. Er hoffte inständig, dass er in der darauffolgenden Nacht keinen Dämon bannen musste, denn dann wäre wieder alles wie vorher: Er wäre nicht ausgeruht und es bestand sogar die Möglichkeit, dass - wenn man ihn sah - er ziemlichen Ärger bekommen würde. Es wussten zwar nicht viele davon, dass er das Bett hüten musste, aber es war schon seltsam, wenn er nachts im Internatsgebäude anzutreffen war, während er tagsüber im Bett lag und Schäfchen zählte.
 

"Kommst du klar mit den Aufgabenstellungen? Ich könnte dir ja in Biologie helfen", grinste der Rothaarige und legte seinen Schreibkram beiseite, "ich stehe dir vollkommen zur Verfügung."
 

Chiaki hob wieder mal eine Augenbraue und sah den anderen nicht verstehend an. Inwiefern wollte er ihm in Bio helfen?
 

"Was haben wir denn da für ein Thema?"
 

"Die Anatomie des menschlichen Körpers, wie schon die letzten Stunden, aber du hattest das wahrscheinlich nicht so mitbekommen, weil es dir nicht gut ging. - Also, soll ich dir bei deinen Aufgaben helfen? Schließlich bin ich dein Lehrer und kenne mich in diesem Fach bestens aus..."
 

Der Blonde bemerkte diesen bestimmten Unterton nicht und nickte leicht resigniert. Was sollte er schon groß machen? Durch seine Müdigkeit in den letzten Tagen hatte er nichts verstanden und sich nur durch den Unterricht gequält, ohne einen Erfolg zu haben. Es war doch wohl das beste, mit dem Fachlehrer zu üben. Und wenn dieser gerade schon mal da war...
 

"Okay, worum genau ging es denn in der heutigen Stunde und in denen davor?"
 

"Also, wir haben uns mit dem Knochenbau beschäftigt und die Knochen bezeichnet und lokalisiert. Zum Beispiel das Schlüsselbein, welches sich hier befindet."
 

Während der Lehrer erklärte, fuhr er mit dem Zeigefinger über sein Schlüsselbein und fuhr derweil fort:
 

"Wir haben eine kleine Übersicht erstellt, die irgendwo hier auf einem Arbeitsblatt sein müsste, damit kommst du bestimmt zurecht. Naja, dann haben wir uns die Struktur der Muskeln angeschaut und sind schließlich zu den Nerven gekommen, welche speziellen es da gibt, wie sie mit dem Gehirn verbunden sind und so weiter. Dies ist unser aktuelles Thema, welches wir noch ein paar Stunden behandeln werden. Aber das ist nicht schwer."
 

"Logisch, dass du das als Lehrer sagst."
 

Komisch, er hatte den Älteren schon wieder ohne Weiteres gedutzt...
 

"Tja, meine Aufgabe ist es, die Schüler für Biologie und Geschichte zu begeistern - und ich denke, dass ich das ab und zu sogar richtig gut schaffe."
 

"Naja... bei mir geht das nicht so einfach."
 

"Meinst du?"
 

"Ja, ich kann Biologie nicht leiden", meinte Chiaki wahrheitsgetreu und ein wenig grinsend, da er gerade Herrn Shikaidous Unterrichtsfach schlecht machte. Würde der Älteren nicht schaden, ein wenig von seinem hohen Ross herunterzukommen. Schließlich war er noch nicht sehr lang Lehrer und konnte noch gar nicht so gut sein. Fast alle Stunden dieses Schuljahres hatte Chiaki zwar nicht wirklich mitbekommen, aber trotzdem bildete er sich schnell eine Meinung über diesen seltsamen, frechen Lehrer, der nur Augen für ihn zu haben schien...
 

"Das kann ich ändern."
 

"Ach ja, und wie denn?"
 

Der Blonde grinste immer breiter, denn er war fest davon überzeugt, dass ihn niemand dazu bringen konnte, dieses Fach zu mögen. Schließlich war diese trockene Theorie über Pflanzen, Tiere und das höchst entwickelte Tier, den Menschen, echt einschläfernd und keineswegs lebenswichtig. Wenn etwas mit ihm nicht in Ordnung war, ging er zum Arzt, da musste er nicht wissen, welcher Knochen sich wo in seinem Körper befand. Und er hatte auch noch nie wissen müssen, dass Lurche sich aus den Fischen herausgebildet hatten, das interessierte doch niemanden!
 

"Bist du dir wirklich sicher, dass ich dir Biologie schmackhaft machen soll?"
 

Chiaki sah zwar das kleine Grinsen auf Hijiris Gesicht, aber er konnte es nicht richtig deuten, war viel zu sehr mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt und mit der Gewissheit, dass sich der Lehrer gerade ziemlich zum Deppen machte.
 

"Natürlich, du bekommst das eh nicht hin!"
 

"Du bist dir zu sicher, Chiaki..."
 

Der Rothaarige stützte sich wieder auf der Bettkante ab und beugte sich zu dem Jungen, der ihn erstaunt ansah und als sich ihre Lippen trafen, war mit dem Denken Schluss. Endgültig. Chiaki blinzelte und schloss dann seine Augen ganz. Warum er das tat, wusste er selbst nicht. Da er nicht mehr denken konnte, musste es wohl ein Reflex sein. Ein sehr... seltsamer Reflex. Hijiri selbst war wie elektrisiert von diesem Kuss und konnte seine andere Hand, mit der er sich nicht abstützte, nicht bei sich behalten: Sie wanderte ohne Ziel von Chiakis Schulter über seinen Halsansatz zu seinem Schlüsselbein und dann über das T-Shirt hinunter bis zum Bauch, wo er gekonnt das Stück Stoff nach oben schob und mit der Hand darunter fuhr, um wieder den Weg nach oben zu suchen. Chiakis Haut fühlte sich so gut unter seinen Fingern an und er hatte das Bedürfnis, sie mit seinen Lippen zu liebkosen, doch dann müsste er ja diesen süßen Kuss lösen, der eigentlich noch nicht lang währte. Wusste der Blonde überhaupt, dass er seine Lippen ebenfalls gegen Hijiris presste und leicht bewegte? Bestimmt nicht... und genau diese verdammte Unschuld würde wohl jeden Mann schwach werden lassen, wenn er Chiaki so sah. Der Rothaarige umfuhr langsam Chiakis Brustwarzen und spürte, wie sie hart wurden und mehr Zuneigung wollten.
 

Doch langsam kam wieder Leben in den Blonden, der wie weggedriftet war und einfach nur genossen hatte. Er zuckte ein wenig zusammen, als die warmen Hände des Älteren über seine Brust fuhren und bekam eine leichte Gänsehaut am gesamten Oberkörper. Er begann zu seufzen und löste so den Kuss, öffnete dann leicht benommen seine Augen und bemerkte immernoch die angenehme Hand an seiner linken Brustwarze, die in ihrer Bewegung innehielt. Er konnte Hijiri nur erstaunt ansehen und sich nicht mehr bewegen. Seinen Oberkörper hielt er in der aufrechten Position, indem er sich mit beiden Armen auf dem Bett abstützte. Er hatte das Gefühl, sonst umzukippen.
 

"Verdammt, was... sollte das...?"
 

Mehr bekam er nicht zustande. Wieder einmal kein Schimpfwort.
 

"Ich hab dir Biologie schmackhaft gemacht, indem ich dir die Reaktionen deines Körpers gezeigt habe. Oder hasst du immernoch mein Unterrichtsfach?"
 

"M-mach das gefälligst mit deinen Schülern, die dir sabbernd hinterher laufen, aber nicht mit mir! Wie kannst du meine Schwäche nur so ausnutzen?! Ich bin kraftlos! Und du... küsst mich einfach!!"
 

Chiaki war total verwirrt und konnte nicht wirklich das formulieren, was er eigentlich sagen wollte. Er war wütend, aber nicht nur über die Tat des Älteren, sondern über die eindeutigen Reaktionen seines Körpers, die ihm der Lehrer gezeigt hatte.
 

"Ich will aber keinen anderen Schüler als dich. Und deswegen werde ich auch ab und zu mal deine schwache Seite ausnutzen, um dir näher zu kommen. Aber wie gesagt, ich werde dir nichts tun, was dir schlecht bekommt."
 

Hijiri sah den Jungen ernst an und lächelte dann aber.
 

"Glaub mir, auch wenn ich dir meinen Unterricht nicht schmackhaft machen kann, so wirst du zumindest Geschmack an mir finden."
 

"Sag mal, macht es dir Spaß, kleine Hetero-Jungs zu verwirren oder was?! Ich bin verdammt nochmal nicht schwul, wie oft soll ich dir denn das noch sagen?!"
 

"Wie wäre es mit bi?"
 

"Nein!"
 

Chiaki konnte innerlich nur den Kopf schütteln über so viel Hartnäckigkeit, gegen die kein Kraut gewachsen zu sein schien. Wie sollte er diesen Lehrer nur wieder los werden? Ging das überhaupt? Na hoffentlich... Denn wenn der Typ sogar so weit ging, ihn einfach zu küssen - mit seiner total hinterlistigen Überredungskunst! - dann war der Fall schlimmer, als Chiaki dachte. Er ignorierte seine Körperreaktionen und schob sie darauf, dass wohl jeder so reagieren würde, wenn er zum ersten Mal so berührt wurde. Und außerdem... hatte er bestimmt wieder an Marron gedacht. Sie schien ihn immernoch anzumachen, obwohl er sie schon lange nicht mehr gesehen oder ihre Stimme gehört hatte. Naja, und berühren konnte er sie eh nicht mehr, schließlich hatte sie die Beziehung beendet. Warum war dann sein Körper immernoch so ausgezehrt nach ihr? Sie wollte ihn nicht mehr, also war es an der Zeit, sich jemand neues zu suchen. Der Blonde resignierte, als er sich mal wieder ins Gedächtnis rief, dass dies hier ein /reines/ Jungeninternat war. Da war nix mit Weiblichkeit.
 

Verdammt.
 

"Ich lass dich dann mal noch deine Schulaufgaben in Ruhe zuende machen. Morgen Mittag komme ich wieder zu dir, um dich zu versorgen."
 

Der Lehrer grinste ein wenig und verließ dann das Zimmer, ließ einen nachdenklichen Jungen zurück, der sich gerade eben ein bisschen zurückgelassen vorkam. Wieder einmal musste er sich allein mit seinen Gedanken auseinandersetzen und der, der dafür verantwortlich war, suchte einfach geschickt das Weite, ohne für ihn da zu sein. Warum wollte er jetzt eigentlich, dass Hijiri noch hier war?! Er konnte froh sein, ihn heute nicht mehr sehen zu müssen. Auch wenn er gerade eben - ausgenommen der Kuss und die Berührungen! - sehr nett zu ihm gewesen war. Er wurde aus diesem Mann nicht schlau und beschloss, wieder einmal zu schlafen. Sonst wurde ihm vielleicht noch langweilig...



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  silvermoonstini
2008-02-09T00:09:26+00:00 09.02.2008 01:09
Das ist sooooooooooo genial!Das Chiaki nicht sofort bemerkt, was Hijiri vorhat als er ihm Bio schmackhaft machen will! ich lach mich schon wieder halbtot! Und die sind sooooooooo süß!!!!


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