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Geschwisterbande

Twincest [Good Charlotte-RPS]
von

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Geschwisterbande

Autor: AyaScythe

Rating: PG-13

Fandom: Good Charlotte

Einstufungen: twincest, language, RPS/slash

Pairing: einseitiger Twincest, Jilary wird erwähnt

Disclaimer: Benji und Joel Madden sind reale Personen, die ich nicht persönlich kenne und auf die ich leider keinerlei Besitzansprüche stellen kann. Das gleiche gilt für Hilary Duff, obwohl ich die nicht einmal geschenkt nehmen würde. Dies ist alles unwahr und absolut erfunden.
 

Summary: "Ist es meine Schuld?", sprach ich letztlich aus, was mir seit diesem Morgen keine Ruhe ließ. "Ich... Habe ich mich irgendwie 'falsch' verhalten? Dir falsche Hoffnungen gemacht? Habe ich irgendetwas getan, dass es so ist, wie es jetzt ist?"
 

A/N: Das hier begann etwas planlos und ist beim Schreiben eigentlich auch nicht sehr viel planreicher geworden. Eigentlich macht die ganze Fic keinen Sinn, finde ich... -_-°

Und ich weiß, der Titel klingt suuuperoriginell, aber mir ist ums Verrecken nix besseres eingefallen.
 

Sonstiges: OK, kurzer Einschub von schamloser Schleichwerbung! *g*

Ich bin Mod einer deutschsprachigen Punk-RPS-Community drüben bei Livejournal und wir suchen immer noch händeringend nach Mitgliedern. Sie heißt Rock Romanze und konzentriert sich vor allem auf GC-Slash, ist aber auch offen für jede andere Art von Punk-Slash. Wenn ihr interessiert seid oder jemanden kennt, der sich dafür interessieren könnte, dann schaut doch mal bei uns vorbei:

http://community.livejournal.com/rock_romanze/
 

Geschwisterbande
 

"Noch einen", verlangte ich und schob mein leeres Glas über die Theke.

Der Barkeeper warf mir einen skeptischen Blick zu. Wahrscheinlich machte ich nicht den Eindruck, als ob ich "noch einen" vertragen könnte. Aber das war mir reichlich egal und nach einem kaum merklichen Achselzucken schien auch er entschieden zu haben, dass es ihn nichts anging.

Benommen beobachtete ich, wie er erneut eines der Getränke zusammenmixte, die ich über die letzten zwei Stunden in mich hineingeschüttet hatte. Ich hatte den Überblick verloren, spätestens nach dem achten Glas und dem ungefähr dreißigsten Mal, bei dem meine Gedanken wieder abgedriftet waren. Trotz aller Bemühungen vor der Wahrheit und meinem Zwillingsbruder davonzurennen, holte mich beides ständig ein.

All das seltsame Verhalten. All die verstohlenen Blicke. All die Ausreden, um nicht bei mir sein zu müssen und all die Vorwände, in meiner Nähe bleiben zu können. So sehr ich mich immer nach den Gründen gefragt hatte... Ich wollte sie nicht wissen - nicht mehr.

Das leise Klirren von Eis gegen Glas holte mich aus meinen Gedanken zurück. Vor mir stand der nächste Drink, der Barkeeper hatte sich bereits in eine entfernte Ecke verzogen und polierte Gläser.

Ich beäugte die grün/rot/undefinierbar-farbene Flüssigkeit mit einem schrägen Blick und überlegte, ob mein Magen dieses Gesöff noch vertragen würde. Wahrscheinlich nicht. Dennoch griff ich mit einem schwachen Achselzucken nach dem Glas und hatte die Hälfte schon nach dem ersten Ansetzen ausgetrunken.

"Wie viele hattest du heute schon von denen?"

Ich schloss seufzend die Augen, als seine Stimme dumpf in meinen Ohren nachhallte. War ja klar, dass er mich früher oder später finden würde. So war das nun mal mit Zwillingen - auf ewig durch eine verfickte unsichtbare Leine miteinander verbunden.

"Glaub mir, wenn ich es wüsste, würde ich es dir vielleicht sogar sagen", nuschelte ich gleichgültig, bevor ich die zweite Hälfte des Cocktails in mich hineinkippte.

Obwohl ich mich nicht umdrehte - den Teufel würde ich tun und ihm *freiwillig* ins Gesicht blicken! -, konnte ich das missbilligende Kräuseln seiner Lippen regelrecht vor mir sehen.

"Joel... Hör auf damit. Dadurch wird es nicht besser."

Ich grunzte abfällig, lachte dann leise in mich hinein. "Aber erträglicher."

"Verdammt noch mal, Joel!"

Der harte Griff seiner Hand an meiner Schulter sorgte dafür, dass ich mitsamt dem drehbaren Barhocker zu ihm herumgerissen wurde. Der Schwung reichte aus, um mir zum ersten Mal für diesen Abend einen Anflug von Übelkeit zu verpassen und mich ins Schwanken zu bringen. Seine auffangenden Arme bewahrten mich zwar vor einem seitlichen Absturz, aber dafür war ich nun gezwungen von Angesicht zu Angesicht mit ihm zu reden.

"Benji...!", jaulte ich empört, doch der ignorierte meine Proteste einfach.

"Scheiße, ich hätte genauso gut einen Grund, mich bis zur Ohnmacht zu besaufen! Aber siehst du mich vielleicht mit irgend etwas Alkoholischem in der Hand?"

"Das liegt daran, dass du es dir nicht leisten kannst! Es sei denn, du willst wie Dad enden..."

Benji wich zurück, als hätte ich ihn soeben von mich gestoßen. Die Überraschung stand ihm breit ins Gesicht geschrieben und ich musste zugeben, dass ich selbst ein wenig verwundert war. Ich musste wirklich *sehr* betrunken sein.

"Hör mal", begann er mit merklich gezwungener Ruhe, während er sich irritiert durch die Haare fuhr. "Das mag ja sogar stimmen, aber wenn du so weitermachst, bist du auch nicht weit davon entfernt ein Säufer zu werden. Denk doch mal an Hilary! Ihr würde es bestimmt nicht gefallen, wenn-"

"Was fällt dir ein mir mit Hilary zu kommen?" Der Alkohol stieg mir zu Kopfe und ich spürte ebenso unkontrollierte, wie unbegründete Wut in mir brodeln. Energisch donnerte ich mein Glas auf die Theke und stieß ihn herausfordernd vor die Brust.

"Als ob es *dich* interessiert, was sie denkt oder fühlt! Als ob es dich auch nur einen Scheiß kümmert, wie es *mir* dabei geht! Du suhlst dich nur in deinem Selbstmitleid und denkst nicht einmal daran, was du uns allen damit antust!"

Tausende von Emotionen schienen im Moment über Benjis Gesichtszüge zu rasen, so viele, dass nicht einmal ich sie alle auseinanderhalten konnte. Da waren Erschöpfung und Resignation, Ärger und Frustration, Bedauern und - vor allem anderen - Schmerz, Schmerz, Schmerz.

"Hör zu! Wenn es dir damit besser geht, dann vergiss einfach, was heute passiert ist. Vergiss was ich gesagt habe! Vergiss diesen Tag! Von mir aus vergiss alles, mich inklusive! Aber bitte-"

"Vergessen? *Vergessen*?!"

Oh, wie schön wäre es gewesen, wenn ich das tatsächlich gekonnt hätte!

Wie sollte ich ihm denn jemals wieder in die Augen sehen? Wie sollte ich ihm denn je wieder nahe kommen ohne mich zu fragen, was gerade in seinem Kopf vorgeht?

>Ich will das nicht wissen... ich will das alles nicht wissen!<

"Wie soll ich das einfach vergessen?!" Mit ziemlicher Sicherheit hörte ich mich gerade an wie am Rande einer Hysterie. "Du hast heute verdammt noch mal unser Leben kaputt gemacht, ist dir das klar? Hast du überhaupt daran gedacht, wie es für mich sein könnte? Ist dir je in den Sinn gekommen, dass ich es vielleicht nicht wissen will...?"

Vor heute Morgen war alles so unkompliziert gewesen. Beinahe schon perfekt.

Ich war Teil der besten Band, die man sich wünschen konnte. Ich hatte Freunde, die für mich wie eine Familie waren. Ich hatte einen Zwillingsbruder, für den ich alles gegeben hätte. Ich hatte eine wunderbare Freundin, die noch dazu- ... Doch wenn ich Benji das erzählte, würde es das Fass zum Überlaufen bringen.

Ja, verdammt, es war so gut wie perfekt gewesen - bis ich die Wahrheit erfahren hatte.

"Du bist so ein verdammter, egoistischer Bastard", murmelte ich vor mich hin.

Obwohl meine Worte nicht wirklich für ihn zu hören bestimmt waren, konnte ich sehen, wie hinter seinen Augen etwas in tausend kleine Splitter zerbrach.

Irgendwo im zähen Brei meiner Gedanken gab es einen Teil, der noch registrierte, was ich da eigentlich von mir gegeben hatte. Ich hatte ihm soeben einen sehr spitzen emotionalen Dolch ins Herz gerammt. Scheiße. So war das nicht gedacht gewesen.

Benji war immer noch mein Zwilling und so etwas verdiente er nicht. Aber ich wusste einfach nicht mehr, wie ich mit der Situation umgehen sollte, wie ich mit *ihm* umgehen sollte.

"Ich hab es mir nicht ausgesucht", erwiderte er leise. Es war schwer zu sagen, ob es als Entschuldigung oder zur Verteidigung gemeint war. Mit einem Mal fühlte ich mich ziemlich kleinlaut.

"Ich weiß."

Unangenehme Stille breitete sich zwischen uns aus und meine Gedanken rasten kreuz und quer durch meinen Kopf, ohne einem bestimmten Weg zu folgen oder jemals ein Ziel zu finden. Alles war auf eine seltsame Weise verdreht und absolut falsch.

"Ist es meine Schuld?", sprach ich letztlich aus, was mir seit diesem Morgen keine Ruhe ließ. "Ich... Habe ich mich irgendwie 'falsch' verhalten? Dir falsche Hoffnungen gemacht? Habe ich irgendetwas getan, dass es so ist, wie es jetzt ist?"

Benji schien sprachlos. Die Frage stand für mehrere Augenblicke wie eine unsichtbare Wand zwischen uns, bevor er endlich ein fassungsloses "Joel..." hervorbrachte.

Ich wusste, dass ich gerade sinnlose Scheiße von mir gab. "Schuld" ... so etwas Absurdes... Dennoch war es seltsamerweise der Gedanke, der mich am meisten beschäftigt hatte. Vielleicht war es auch nur mein verzweifelter Versuch, eine Erklärung für diese wahnwitzige Situation zu finden. Der Versuch eine Möglichkeit zu finden jemandem die Schuld dafür zu geben - selbst wenn ich selbst das sein sollte.

"Joel", wiederholte er und schüttelte den Kopf. "Das ist Schwachsinn, das weißt du. So etwas passiert nicht und 'jemand hat Schuld daran'. Es... passiert einfach."

Sein hilfloses, fast schon mitleidiges Lächeln zerriss mir beinahe das Herz. *Ich* sollte derjenige sein, der Mitleid hatte.

"Du hast nichts getan, außer du selbst zu sein. Und das hat gereicht."

"Huh."

Betreten senkte ich den Kopf, begann an meiner Unterlippe zu saugen. Es war eine Macke, von der ich fest überzeugt war sie mir irgendwann einmal von Benji abgeguckt zu haben, denn er tat das ebenfalls ständig. Oder wir waren uns einfach doch ähnlicher, als ich gedacht hatte.

"Und... wie geht es jetzt weiter?"

Das tiefe Seufzen, das sich beim Hören dieser Frage aus meinem Brustkorb bahnte, war nicht zu vermeiden. Es war ein Seufzen, das so ziemlich alles wiederspiegelte, was ich in diesem Moment fühlte. Ein Seufzen, das zu sagen schien: "Ich bin vor dir weggelaufen, habe mich dumm und dämlich gesoffen, dich beleidigt und um den heißen Brei herumgeredet, nur um das, was jetzt kommt, zu vermeiden." - War ja klar gewesen, dass ich es nicht so einfach haben konnte.

"Benji... Ich hoffe, du bist dir bewusst, dass ich dir nicht geben kann, was du so gerne hättest."

"Natürlich weiß i-"

"Tust du das wirklich? Ich bin mir nämlich nicht so sicher! - Nein, halt, lass mich ausreden", wandte ich ein, als ich sah, wie Benji zu einer Erwiderung ansetzte. "Du weißt nicht, worauf ich hinaus will!"

Schwerfällig rieb ich mir mit der Hand über Stirn und Augen, um wieder etwas Klarheit in meinen Kopf zu bekommen. Der Alkohol forderte allmählich seinen Tribut und trotz des Ernstes der ganzen Situation fiel es mir schwer mich auf meine nächsten Worte zu konzentrieren.

"Hör zu, es geht hier nicht nur um mich... Ich weiß es auch erst seit gestern und - wir wollten es eigentlich erst einmal geheim halten - aber du wärst so oder so der erste gewesen, dem ich es erzählt hätte..."

Ein kleines, bitteres Lächeln huschte über meine Lippen. Gestern hatte ich noch darauf gebrannt ihm meine nächsten Worte sagen zu können.

"Hil... Sie ist schwanger...", sagte ich leise. "Verstehst du? - Wir werden eine Familie gründen. Und wir freuen uns darauf."

Ich sah ihn nicht an, *konnte* einfach nicht, denn es tat scheißweh ihm das zu verraten. Es tat so weh, weil ich genau fühlen konnte, wie sehr es ihn verletzte. Weil ich genau spürte, wie meine Worte wie tausend kleine Nadeln durch seinen Körper stießen. Weil ich ihm gerade das verdammte Herz brach. Meine Nachricht war wie ein Tritt in die Rippen, wenn man ohnehin schon am Boden lag.

Es herrschte minutenlanges Schweigen, bevor er endlich sprach.

"Herzlichen Glückwunsch, Joel."

Seine Stimme klang erstickt, so als hätte er die Worte tief aus sich hochwürgen müssen. Was mir dabei jedoch kalte Schauer über den Rücken jagte, war die Tatsache, dass er es *aufrichtig* meinte.

Gott, jetzt hatte er es endgültig geschafft: Ich fühlte mich wie das Arschloch der Nation.

Noch immer widerstrebte alles in mir zu ihm aufzusehen, jetzt vielleicht noch mehr als vorhin. Doch etwas in mir sagte mir, dass ich es ihm schuldig war ihm zumindest dieses eine Mal ins Gesicht zu sehen.

Unendlich langsam quälte ich meinen Blick nach oben - heftig blinzelnd, denn vor meinen Augen schwammen kleine Punkte - und machte abrupt halt, als seine Züge in mein Blickfeld kamen.

Ich weiß nicht, was genau ich erwartet hatte. Tränen, Verzweiflung, *irgendetwas*, das meiner Meinung nach der Situation entsprochen hätte. Aber nicht dieses astreine und dadurch umso steifere Lächeln oder diese stumpfe, abgrundtiefe Resignation in seinen Augen.

Beides zeigte mir umso deutlicher, was Tränen womöglich nicht gekonnt hätten: Benji war am Boden.

Und in jenem Moment wollte ich nichts lieber als ihn in den Arm zu nehmen, ihn zu halten, in den Schlaf zu wiegen, wie wir es immer als kleine Kinder getan hatten, ihm zeigen, wie sehr ich meinen "großen" Bruder trotz allem liebte.

Aber ich konnte nicht. Vielleicht konnte ich es auch nie wieder.

"Bitte geh jetzt... Ich glaube das ist jetzt das Beste für uns beide."

Ich schluckte hart, hoffte, dass ich nicht wieder abweisend und feindselig klang. Aber ich brauchte diesen Abstand jetzt mehr als alles andere.

Wenn er sich vor den Kopf gestoßen fühlte, dann ließ er sich nichts anmerken. Seine Augenbrauen wanderten lediglich in die Höhe und der kritische Blick, mit dem er mich maß, machte deutlich, was er dachte.

"Keine Angst, ich werd' nichts mehr trinken", versicherte ich mit einem schwachen Lächeln.

Trotzdem wandte er sich zur Theke, winkte den Barkeeper zu sich und redete kurz auf ihn ein. Mit einem Kopfnicken in meine Richtung schob er einen Geldschein über den Tresen. Erst als er das erledigt hatte, wandte er sich wieder mir zu.

Für einige Sekunden musterte er mich einfach nur. Er hob seine Hand, wie um mir ein paar überflüssige Strähnen aus der Stirn zu streichen, ließ sie dann jedoch wieder an seine Seite fallen. Seine Mundwinkel zuckten zu einem kurzen Lächeln nach oben.

"Es tut mir Leid, dass ich dir so viel Ärger mache, ehrlich", meinte er leise. "Aber weißt du was? Ich liebe dich trotzdem, Joel. - Als Bruder, meine ich."

Er wartete nicht auf eine Antwort, sondern vergrub die Hände in seinen Hosentaschen, wandte sich um und ging. Noch während die Tür hinter ihm zuschwang, stellte der Barkeeper ein großes Glas Wasser an meinen Platz.

Draußen quietschten Reifen, dröhnten Hupen und der Verkehr rauschte unerbittlich durch die Nacht.
 

ooOOOoo
 

Es sind viele Dinge in dieser Nacht schief gegangen. Ich bereue vieles, das ich damals gesagt und getan habe. Doch keinen Fehler bereue ich so sehr, als ihn gehen lassen zu haben.

Wir haben uns danach nicht wieder gesehen und ich wage zu behaupten, dass wohl eine Menge anders gekommen wäre, hätte ich doch nur anders reagiert. Ihn nicht fortgeschickt, mit ihm darüber geredet und wenn es nur für eine halbe Stunde länger gewesen wäre. Vielleicht hätte es gereicht, um alles in eine andere Richtung zu wenden. Aber ich tat es nicht und so musste ich hilflos mit ansehen, wie unsere Wege auseinander gingen.

Benji war nicht bei der Geburt von Hilarys und meinem Sohn, nicht bei seiner Taufe, hatte ihn nie zum Babysitten, um sich mit stinkenden Windeln herumzuschlagen, hat ihm nie ein Weihnachts- oder Geburtstagsgeschenk geschickt. - Verdammt, ich weiß nicht einmal, ob er den Namen seines Neffen kennt.

Ich bin nicht wirklich wütend darüber, vielmehr traurig, dass es so weit gekommen ist. Und beschämt, denn ich habe nicht wirklich versucht daran etwas zu ändern. Ich war zu feige ihn zu sehen, ihm gegenüberzutreten. Selbst als es meine verdammte *Pflicht* gewesen wäre, bei ihm aufzukreuzen.

Nachdem unser Band an jenem Abend auseinandergerissen wurde, habe ich versucht jegliche Verbindung und Erinnerung an ihn aus meinem Gedächtnis zu löschen. Mein Sohn weiß nicht einmal, dass es einen Onkel Benji gibt.

Das heißt: Bis heute.

Ich schlucke, als ich das eiserne Gatter und die efeuüberwucherte, steinerne Mauer betrachte, die Paparazzi und aufdringliche Fans fernhalten sollen. Nur Familienmitglieder besitzen einen Schlüssel hierzu. Mom hat mich ziemlich entsetzt angesehen, als ich sie bat mir ihren auszuleihen, denn ich hatte in den ganzen letzten fünf Jahren nicht einmal das Bedürfnis gezeigt hierher zu kommen.

Aber ich habe beschlossen, dass fünf Jahre mehr als genug Zeit waren. Heute vor fünf Jahren haben wir uns das letzte Mal gesehen, in jener Bar in der wir uns so viel Unverzeihliches an der Kopf geworfen haben. Das ist doch der perfekte Tag, um ihm wieder gegenüber zu treten, oder nicht?

Wenn ich nur nicht das Gefühl hätte mich gleich übergeben zu müssen...

"Daddy? Was ist?"

Kleine Finger drücken meine und ich schaue hinunter auf fragende haselnussbraune Augen und einen dunkelbraunen Mopp an Haaren, der zu einem kleinen Möchtegern-Iro frisiert ist.

"Nichts", sage ich sanft, drücke dabei ebenfalls die Finger in meiner Hand. "Komm, lass uns reingehen."

Wider Erwartens quietscht das Gatter nicht, als ich es öffne und wieder hinter mir schließe. Wir betreten eine Art Parkanlage mit Blumen und Büschen und Bäumen, und vor lauter Grünzeug kann ich zuerst nicht ausmachen, wohin wir müssen. Zum Glück hat Mom mir den Weg beschrieben.

Wir müssen nicht lange gehen, bis ich die von Mom genannte Kirschbaumgruppe sichte und darunter - darunter ist *er*.

Mein Mund fühlt sich auf einen Schlag staubtrocken an und das Blut hämmert mir mit einem gnadenlos harten Rhythmus in den Ohren. Noch ist es nicht zu spät, noch könnte ich einen Rückzieher machen...

Doch statt mich abermals von diesem Gefühl lenken zu lassen, das ich früher nur an der Tafel im Matheunterricht hatte, mache ich einen weiteren Schritt in seine Richtung, drücke erneut die kleine Hand in meiner.

"Sieh mal, da ist dein Onkel Benji", sage ich zu meinem Sohn und hebe die freie Hand, um zu den Kirschbäumen zu zeigen. Er schaut mit großen Augen zu mir auf, dann wieder zurück in die Richtung, in die ich deute.

"Das ist komisch..." Kindliches Unverständnis liegt in seinem Blick und ich kann nicht anders, als ihn zu belächeln. Der Kleine hat mehr inoffizielle Onkel, als er zählen kann ("Onkel Billy", "Onkel Paul", "Onkel Tony" - um nur ein paar zu nennen), da ist Benji wohl nur einer von vielen.

"Schon gut." Meine Hand zerwuschelt den Iro, der ohnehin schon etwas schief auf seinem Kopf saß. "Geh dort hinten spielen und warte auf mich. Benji und ich brauchen etwas Zeit alleine. - Aber geh nicht zu weit weg!", rufe ich besorgt hinterher, als er augenblicklich davonrennt.

Ich sehe ihm noch einen Moment lang zu, gehe sicher, dass er nicht plötzlich irgendwie verloren gehen kann, kratze mich am Hinterkopf, sehe ihm noch etwas länger zu.

Nach einer Weile kann ich auch bei bestem Willen nichts mehr finden, mit dem ich die Zehn-Meter-Strecke in Richtung Benji noch weiter aufschieben kann. Ich inhaliere tief die frische Luft ein und setze mich in Bewegung.

Mir fehlt das Taktgefühl und die Wortgewandtheit, um auf die Schnelle mit einer anständigen Begrüßung aufzubieten. Und so platze ich mit dem dümmsten Spruch heraus, der mir in den Sinn kommt.

"Hey Benj... lange nicht gesehen, huh?"

Gedanklich trete ich mir in den Hintern, äußerlich zwinge ich mich zu einem kleinen, verkrampften Lächeln. Weitere Worte bleiben irgendwo zwischen Hals und Magen stecken und so beschließe ich für's erste zu schweigen. Ist vielleicht auch besser so.

Meine Hand reibt unbeholfen über meinen Nacken, fährt durch meine über die Jahre relativ lang gewordenen Haare. Benji wollte mich früher ständig dazu überreden sie wachsen zu lassen - er meinte immer, dass es bestimmt toll aussehen würde.

Es ist beinahe grotesk, wie idyllisch die Welt um uns herum ist: Sonnenschein, Vogelgezwitscher, ein leichter Wind und im Hintergrund das freudige Quietschen meines Sohnes, der anscheinend gerade ein paar Vögel durch die Gegend jagt. - Eine viel zu fröhliche Stimmung für so ein Wiedersehen.

Mein Kopf nickt leicht in die Richtung, aus der das Kinderlachen kommt.

"Der kleine Rotzbengel ist meiner. Ich fürchte er hat mehr von dir, als mir lieb sein kann!"

Für einen kleinen Moment habe ich das Gefühl, als ob das Eis ein wenig gebrochen ist. Für mich ist mein Sohn ein sicheres Thema, eines bei dem es hauptsächlich um verspritztes Essen, verstreutes Spielzeug, viel Lärm und eine bisweilen nervengestresste Hilary geht.

In meinem Kopf stelle ich mir vor, wie ich Benji von all dem erzähle, doch das ernüchtert mich schnell wieder. Für mich mag es ein sicheres Thema sein, für ihn eines, von dem er die letzten Jahre ausgeschlossen war. Befangen senke ich den Kopf.

"Es ist schade, dass du ihn nie kennen lernen konntest. Du hättest sein Patenonkel sein sollen", flüstere ich und mit einem Mal ist mir wieder ziemlich übel.

Unbeholfen werfe ich die einzelne Rose, die ich mitgebracht habe, zu den anderen Gestecken, die schon daliegen. Mein Blick wandert über die goldenen Buchstaben und Zahlen, die Benjis Lebenszeit auf eine lächerlich geringe Anzahl an Jahren begrenzen.

Wieder einmal sticht etwas in mir bei dem Gedanken, dass es mehr sein sollten, dass es mehr sein *könnten*, wenn ich nicht gewesen wäre. Sie sagen mir zwar immer wieder, dass er das Auto nicht hätte sehen können, dass er das Blut in seinen Lungen auch mit erster Hilfe wohl nicht überlebt hätte und dass ich nicht ahnen hätte können, dass es direkt vor der Bar passieren würde, in der ich gerade mein Mineralwasser trank.

Egal, was sie sagen, egal, was *er* jetzt sagen würde, es war meine Schuld.

Denn vielleicht hätte er das Auto sehen können, wenn seine Augen nicht voll mit Tränen gewesen wären.

Vielleicht wäre er nie dort hinausgelaufen, hätte ich etwas anderes zu ihm gesagt.

Vielleicht hätte ich sogar mitbekommen, was direkt vor der Bar passiert ist, wenn ich nicht so verfickt betrunken gewesen wäre. Dann wäre er zumindest nicht alleine gewesen.

Und plötzlich, so als habe jemand einen Schalter in meinem Kopf umgelegt, werde ich mir all der verlorenen Zeit bewusst, all der Verschwendung, all dem Leid, dass ich verdrängt und versäumt habe zu fühlen. Das hier ist *real*. Alles, was passiert ist, unwiderruflich.

Das einzige, was ich denken kann, ist: >Ich will meinen Bruder zurück.<

Abermals atme ich tief durch, auch um das Brennen in meinen Augen und das kriechende Gefühl in meinem Hals unter Kontrolle zu bekommen. Ich frage mich, ob ich weinen soll oder ob ich das Anrecht darauf schon vor Jahren verloren habe.

"Tut mir Leid, dass ich nicht auf deiner Beerdigung war, Bruderherz", murmele ich schließlich. "Tut mir Leid - alles. Einfach alles."

Das Schweigen ist fast genauso dicht und greifbar, wie vor fünf Jahren. Aber vielleicht ein kleines Bisschen weniger schuldgeladen. Ich schlucke und stelle tatsächlich fest, dass allmählich das leise Ziehen verschwindet, das sich seit damals in meinem Brustkorb eingenistet hat.

"Daddy, wann gehen wir nach Hause?", kommt es von hinter mir.

"Gleich", rufe ich über die Schulter zurück, bevor ich mich wieder umdrehe. "Noch einen Augenblick!"

Wieder einmal wandert meine Hand zu meinen Haaren, um mir einen Moment zum Nachdenken zu verschaffen.

"Benj?", flüstere ich schließlich. "Du warst für mich auch immer noch mein Bruder. Ich habe dich nie gehasst, weißt du."

Und vielleicht weiß er es ja wirklich, wusste es schon immer. Nicht erst als er bereits in einer Lache aus Blut auf dem Asphalt lag, sondern auch schon als ich ihn mit ganzer Seele einen Bastard geschimpft habe.

"Ich..."

"Daddyyyy!"

Ich rolle die Augen gen Himmel und kann mir ein kleines Lächeln nicht verkneifen. Benji hätte den Kleinen gemocht - er ist genauso anstrengend und liebenswert.

"Schon gut! Wir gehen!" Hinter mir höre ich kleine Schritte antrampeln, bevor sich etwas mit Schwung an meinem Hosenbein festkrallt.

"Daddy, ich habe gerade einen richtig großen Graßhüpfer gesehen!"

"Ach?" Ich gebe mich beeindruckt. "Wenn wir zu Hause sind, musst du das unbedingt Mommy erzählen!"

Ich greife nach der Hand meines Sohnes und er strahlt mich von unten her an, mit diesen braunen Augen, die mehr nach Benjis aussehen als es biologisch eigentlich Sinn macht. Ein letztes Mal werfe ich einen Blick hinter mich und beuge mich dabei zu dem Kleinen herunter.

"Sag 'Bye, Onkel Benji'!", sage ich.

"Bye, Onkel Benji!"

Ich nicke leicht. Meine Finger drücken sanft zu, als Zeichen zum Aufbruch und ein Lächeln breitet sich auf meinen Lippen aus.

"Okay, lass uns heimgehen, Levi."
 

El Fin.
 

Uhm, ja, ich habe Hilary geschwängert und ich bin nicht stolz darauf. XP

Aber das Kind würd ich trotzdem gern mal sehen. >__< *Vision von einem hyper-niedlichen Mini-Joel/Benji hat*



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