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Die Akte Tanner

von

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Überraschungen und andere Unannehmlichkeiten

Rally entsicherte die Waffe, und öffnete vorsichtig die Tür, durch

die Tanner eben gegangen war. Tanner war nicht zu sehen. Vermutlich

war er bereits nach oben gegangen. Leise schloss Rally die Tür

wieder, und sah sich kurz um. Sie stand in einem Gang, der gerade von

der Eingangstür wegführte, und an der gegenüberliegenden Hauswand

endete. An der rechten Seite hatte es verschiedene Türen, die

vermutlich zu ehemaligen Büros führten. Ganz hinten rechts war ein

Treppenhaus. An der linken Seite hatte es lediglich zwei Durchgänge.

Einen gleich beim Eingang, und einen gegenüber des Treppenhauses.
 

Rally hörte ein Geräusch von links oben. Vorsichtig ging sie durch

den Durchgang neben ihr. Unvermittelt stand sie in einem grossen,

praktisch leeren Lagerraum. Ein kurzer Rundblick zeigte, dass, wer

immer auch das Geräusch verursacht hatte, bereits wieder weg war.

Auch hier sah sich Rally kurz um. Der Lagerraum nahm drei Stockwerke

ein. Im Erdgeschoss befand sich eine grosse Schiebetür, die jedoch

zugenagelt worden war. Im ersten und zweiten Stock waren jeweils

Laufgänge, die rund um den Raum führten. Sie waren, wie im

Erdgeschoss, mit je zwei Durchgängen mit dem anderen Gebäudeteil

verbunden. Ausserdem hatte es beim Durchgang, durch den Rally gerade

gekommen war, sowie in der Ecke schräg gegenüber, jeweils eine

Leiter. Am Durchgang im zweiten Stock, auf halber Strecke zwischen

der hinteren Leiter und dem hinteren Durchgang, hatte jemand ein Seil

befestigt, welches jetzt von dort bis zum Boden des Raums

herunterhing.
 

"Tanner durchsucht das Gebäude vermutlich von unten nach oben",

dachte sich Rally. "Wenn ich also von oben nach unten suche, können

wir Tom in die Zange nehmen."

Rally kletterte die Leiter hoch in den zweiten Stock. Von dort aus

ging sie auf den Gang hinüber. Auch hier waren Bürotüren auf der

rechten Seite. Rally wollte die Zimmer einzeln prüfen. Sie ging zur

ersten Tür, um sie rasch und lautlos zu öffnen. Leider hatten die

Scharniere schon bessere Tage gesehen. Die Tür schwang zwar auf, aber

ein lautes Quietschen liess sich nicht vermeiden. Der Raum wahr leer.

Rally schloss die Tür wieder, und ging zur nächsten. Gerade, als sie

die Tür öffnen wollte, hörte sie Schritte im Treppenhaus. Sie ging

ein paar Schritte zurück, damit sie Notfalls im Durchgang Deckung

nehmen konnte. Aber es war nur Tanner, der da heraufkam. Er hatte das

Gewehr nicht im Anschlag. Aber so, wie er es hielt, war dies nur eine

Frage eines Sekundenbruchteils. Keine Frage: Er wusste, wie man damit

umgeht.

"Sie hatten mir doch versprochen, sich da rauszuhalten", sagte er,

während er zu Rally hinüberging.

Er sagte dies nicht vorwurfsvoll. Eher schon im Tonfall einer

sachlichen Feststellung.

"Tut mir leid", entschuldigte sich Rally.

"Jedenfalls sollten sie nicht den Cobra nehmen, wenn sie jemanden

verfolgen", meinte Tanner.

"Der Wagen ist wohl etwas zu auffällig", sagte Rally etwas verlegen.

"Allerdings", bestätigte Tanner leicht schmunzelnd.
 

In diesem Moment wurde die Bürotür beim Treppenhaus eingetreten. Tom

stürmte heraus, und zielte mit einer Uzi auf Rally. Tanner, der zu

diesem Zeitpunkt etwa in der Mitte des Gangs stand, fuhr herum, und

zielte auf Tom. Rally tat es ihm gleich.

"Schau an, wenn das nicht Rally Vincent ist", brüllte Tom. "So siehst

du also wirklich aus."

"Hallo Tom. Neue Waffe?", erwiderte Rally.

Tanner gab sich ebenfalls unbeeindruckt. "Mr. Martin, Sie sind

verhaftet", sagte er schlicht.

"Nun mal langsam, Freundchen. Sonst ist deine Kollegin hier nur noch

als Sieb zu gebrauchen", meinte Tom.

"Ich glaube nicht", konterte Rally. "Du schätzt deine Lage falsch

ein."

"Ach, ist das so? Inwiefern denn?", fragte Tom.

"Nun, du hattest die Wahl, entweder auf mich oder auf Mr. Tanner zu

zielen. Das du auf mich zielst, ist eine ziemliche Dummheit."

Rally demonstrierte, was sie meinte, indem sie durch den Durchgang

sprang, und auf dem Laufgang abrollte. Tom war damit seines Zieles

beraubt. Aus dem Gang hörte Rally einen Gewehrschuss, und dann wie

jemand alles andere als lautlos die Treppe hinunterstürmte. Rally

kletterte die Leiter hinunter ins Erdgeschoss, und rannte wiederum

durch den Durchgang. Gerade noch rechtzeitig, um Tom aus dem

Treppenhaus stürmen zu sehen. Tom sah Rally ebenfalls, und rannte

geradewegs weiter in den Durchgang beim Treppenhaus. Rally stürmte

wiederum zurück, aber Tom war nicht im Lagerraum. Sie lief in den

Gang zurück, aber dort war er ebenfalls nicht. Er war im Durchgang

stehengeblieben, wie Rally klar wurde, als Tom eine Salve auf den ihn

über die Treppe verfolgenden Tanner abfeuerte.

"Geben Sie auf, Martin!", rief Tanner mit seltsam nasaler Stimme.

"Du kannst mich mal!", rief Tom zurück.

"Sie können nicht ewig hier bleiben."

"Das gilt aber auch für euch! Mal sehen wer länger durchhält!"

Rally war in der Zwischenzeit in die Lagerhalle gegangen, und der

Wand entlang zum Durchgang geschlichen, in dem sich Tom verbarg.

Jetzt sprang sie mit entsicherter Waffe hervor. Aber Tom war viel

schneller als erwartet. Er sprang seinerseits in den Gang, und rannte

zum Ausgang. Rally sprang ihm hinterher, und feuerte einen Warnschuss

zu seiner Linken.

"Hier kommst du nicht raus!", rief sie.

Tom rannte durch den Durchgang bei der Tür. Rally fluchte, und rannte

ihrerseits zurück in den Lagerraum. Sie konnte gerade noch sehen, wie

Tom die Leiter hinaufkletterte, und hörte Schritte auf dem Laufgang

im ersten Stock.

"Er ist oben!", rief sie Tanner zu.

Dann rannte sie zur Leiter gegenüber, die jetzt näher war. Als sie

bis in den ersten Stock geklettert war, hörte sie wiederum Schritte

auf dem Laufgang im zweiten Stock, der von der Leiter zum Durchgang

führte. Rally machte ein paar Schritte auf den anderen Laufgang, so

dass sie freies Blickfeld nach oben hatte. Es war Tom. Er war

wirklich extrem schnell. Rally brachte die Pistole in Anschlag.

"Keine Bewegung!"

Tom fuhr herum, und zielte auf Rally. Doch diesmal war Rally

schneller. Ihre Kugel drang schräg in den Lauf der Uzi ein, und

machte die Waffe unbrauchbar. Ein zweiter Schuss riss die Waffe aus

Toms Hand.
 

Der zweite Schuss stammte nicht aus Rallys Waffe. Es war Tanner, der

Tom mittlerweile gefolgt war. Er kam gerade, mit dem Gewehr im

Anschlag, auf den Laufgang heraus. Nun konnte Rally sehen, warum

Tanners Stimme vorhin so nasal geklungen hatte. Tanner hatte zwei

Schläuche in der Nase, die aussahen, als ob sie zu einem Atemgerät

gehören würden.

"Geben Sie auf", forderte Tanner. "Auch eine kugelsichere Weste nützt

Ihnen nichts gegen diese Kugeln."

Da hatte Tanner vermutlich recht. Gegen .223-er Gewehrkugeln, wie er

sie verwendete, hilft nur eine Weste, die zusätzlich mit

Keramikplatten verstärkt worden ist. Tom ging kein Risiko ein, und

hob die Hände. Er sah zur Uzi hinüber, die sich im Geländer des

Laufgangs verfangen hatte. Der Verschluss war sauber durchschossen

worden. Genau wie damals, als Rally aus dem Labor flüchtete.

"Zwei auf einen Streich", murmelte Tom.

Langsam drehte er sich um, so dass er Tanner den Rücken zeigt.

"Ich habe nichts von umdrehen gesagt", sagte Tanner.

Tom sprang. Mit Händen und Füssen griff er die Aussenseite der

Leiter, und liess sich hinabgleiten. Tanner reagierte schnell. Aus

einer Innentasche seiner Jacke holte er ein Bremsseilrolle, und

hängte diese an dem Seil ein, das am Laufgang hing. Rasch liess er

sich hinunter. Doch Tom war etwas schneller gewesen, und erwartete

ihn unten bereits. Mit einer schnellen Bewegung schlug er Tanner das

Gewehr aus der Hand. Es schlitterte quer durch die Halle. Tanner

revanchierte sich mit einem Tritt in Toms Bauch, doch dessen

Bauchmuskulatur schien aus Stahl zu bestehen. Tom taumelte lediglich

etwas zurück, und griff dann sofort wieder an. Rally konnte nicht

einschreiten, denn sie hatte zwar eine freie Sichtlinie, in dem

Gerangel aber kein klares Ziel. Das Problem war, dass ihre Kugeln Tom

problemlos durchschlagen konnten. Und sie wollte Tanner auf keinen

Fall gefährden. Andererseits war es überdeutlich das Tanner Tom

unterlegen war. Er wich immer weiter zurück... in Richtung seines

Gewehrs, wie Rally plötzlich erkannte. Als er nur noch zwei Schritte

davon entfernt war, drehte er sich um, und wollte das Gewehr

aufheben. Tom aber hatte seine Absichten durchschaut, und hielt ihn

an der Jacke fest. Als Tanner sich wieder umdrehte, um sich zu

befreien, liess Tom unvermittelt los. Tanner verlor das

Gleichgewicht. Er war zwar sofort wieder auf den Beinen, aber

inzwischen hatte sich Tom das Gewehr geschnappt. Und natürlich stand

er genau zwischen Tanner und Rally.
 

Tom nahm das Gewehr locker in Anschlag, und hielt es gegen Tanner.

"Und nun?", fragte er höhnisch.

"Das Gewehr ist gesichert", erwiderte Tanner.

"Sehr witzig."

"Nicht wirklich."

Ein gezielter Tritt Tanners in die rechte Hand von Tom entwaffnete

diesen wieder. Das Gewehr wirbelte herum. Tanner wollte es auffangen,

aber da traf ihn eine rechte Gerade Toms mitten ins Gesicht. Er

taumelte zur Wand zurück. Die Schläuche in seiner Nase färbten sich

rot. Tom, wohl wissend, dass Rally leicht auf ihn schiessen konnte,

wenn er zu weit von Tanner weg war, liess das Gewehr liegen, und

baute sich direkt vor Tanner auf. Aus seinem Gürtel zog er einen

kleinen Colt 25, den er Tanner vors Gesicht hielt. Rally machte sich

bereit zu schiessen, denn jetzt war es nicht mehr so wichtig, ob

Tanner ebenfalls verletzt wurde. Aber sie musste eine Stelle treffen,

die höchstwahrscheinlich nicht geschützt war, und die Tom sofort

ausser Gefecht setzen würde. Da bemerkte sie, wie Tanner seine Jacke

etwas zurückzog.

"Okay, Tom, du hattest deinen Spass!", rief Rally. "Jetzt steck brav

deine Pistole wieder ein, und nimm die Hände hoch."

"Ich denke nicht daran", rief Tom, ohne sein Gesicht von Tanner

abzuwenden. "Ich glaube nämlich, ich bin hier in der stärkeren

Position."

"So? Soll ich dich vielleicht in Notwehr erschiessen? Jedes Gericht

der Welt würde das in dieser Situation akzeptieren."

"Und deinen Freund hier? Den willst du doch nicht verletzen, oder?"

"Wenn es nicht anders geht..."

Tom drehte den Kopf zu Rally. "Also hör mal!", rief er.

Genau darauf hatte Tanner gewartet. Blitzschnell zog er das Messer,

das er unter der Jacke versteckt hatte, und rammte es längs in Toms

Handgelenk.
 

Kurz darauf traf die Polizei ein, um Tom einzusammeln. Aber es

dauerte noch eine halbe Stunde, bis der Tatbestand aufgenommen, und

die Spurensicherung abgezogen war. Tanner diskutierte draussen, mit

einem Polizisten, während Rally in der Lagerhalle stand, und

versuchte, einem anderen Polizisten die Situation zu erklären.

"Also, sie standen da oben auf dem Laufgang, und Martin und Tanner

kämpften hier unten, richtig?", fragte er.

"Genau", bestätigt Rally.

"Und während des Kampfes hat dann Martin Tanner das Gewehr

entrissen."

"Nein! Martin hat Tanner das Gewehr gleich zu Beginn des Kampfes aus

der Hand geschlagen."

"Aber sie haben doch gesagt, Martin habe mit dem Gewehr auf Tanner

gezielt?"

"Ja, nachdem Martin es wieder aufgelesen hatte."

"Warum hat Tanner es denn nicht aufgelesen."

"Weil er nicht ran gekommen ist, verdammt!"

"Ganz ruhig, Miss Vincent. Aufregen bringt sie hier auch nicht

weiter. Also, danach wurde Tanner gegen die Wand geschlagen, und dann

haben sie von dort oben aus auf Martin geschossen."
 

Es ging noch eine ganze Weile so weiter. Als der Polizist

schliesslich darauf beharrte, Rally mit auf die Wache zu nehmen,

hätte sie ihn am liebsten erwürgt. Zum Glück kam da gerade der andere

Polizist, der mit Tanner geredet hatte, herein. Dieser meinte knapp,

es sei nicht nötig Rally oder Tanner auf die Wache zu nehmen, zumal

beide bei der Polizei bekannt waren. Rallys Polizist war zwar

offensichtlich nicht damit einverstanden, fügte sich aber in sein

Schicksal. Missmutig ging er nach draussen. Rally folgte ihm.

Draussen waren mittlerweile die meisten Wagen wieder verschwunden.

Ausser der Polizeiabsperrung deutete nichts mehr auf die Ereignisse

hin. Tanner lehnte sich gegen die Hauswand. Er sah etwas mitgenommen

aus. Zwei rote Striche unter der Nase zeugten vom Nasenbluten. Sein

Gewehr lehnte an der Wand. Die Jacke hatte er ausgezogen, und auf den

Boden gelegt. Denn Ausbuchtungen nach zu schliessen, enthielt sie

recht viel Ausrüstung. Rally konnte jetzt sehen, dass Tanner ziemlich

gut gepanzert war. Unter seinem ärmellosen Hemd trug er anscheinend

eine ziemlich dicke, schusssichere Weste. Auch die Arme waren durch

etwas, dass wie 'schusssicherer Ärmel' aussah, geschützt. Nur die

Gelenke waren frei.

"Ah, Miss Vincent", sagte Tanner. "Sie sehen etwas mitgenommen aus."

Rally stutzte einen Moment. Dann antwortete sie: "Ach, der Kerl hat

mich ein bisschen durch die Mangel genommen." Sie deutete auf den

Polizisten, der gerade in den letzten, bereitstehenden Polizeiwagen

eingestiegen war. "Ich mache mir mehr sorgen um Sie."

"Wieso, wegen des Faustschlags? Ich hab schon schlimmeres erlebt. Ich

glaube, Toms Schrei hat mir fast mehr geschadet."

"Naja, immerhin haben Sie ihm ja auch ins Handgelenk gestochen. Das

tut ganz schön weh."

"Ich denke eigentlich, ich war ziemlich nett zu ihm. Ich habe nur

seine Fingersehnen durchtrennt, so dass er die Waffe losliess.

Immerhin hätte ich ihn ja auch töten können."

Der andere Polizist kam aus dem Gebäude. Er hielt das Seil, dass an

den Laufgang gehängt war, aufgewickelt in der rechten Hand.

"Da hast du dein Seil zurück, Donald", sagte er, und warf das Seil

Tanner zu.

"Danke Paul", erwiderte dieser. "Aber sag deinem Azubi, er soll

künftig nicht mehr so übereifrig sein."

"Geht klar", meinte Paul grinsend. "Dein Messer ist leider

Beweisstück. Das kann ich dir nicht aushändigen."

"Das ist Verbrauchsware. Behaltet es als Souvenir."

"Okay. Für die Bestätigung musst du dich noch auf der Wache melden.

Bis dann!"

Dann stieg Paul ins Auto, und fuhr weg. Auch Tanner machte sich

daran, zu gehen. Er legte das Seil um seine Schulter.

"Ich... wollte mich noch entschuldigen", sagte Rally.

"Wofür?", fragte Tanner.

"Nun ja, weil ich mich in Ihren Fall eingemischt habe."

Tanner zuckte mit den Schultern. "Solange das Ergebnis stimmt..."

"Naja. Unter einem perfekten Ergebnis hätte ich mir vorgestellt, Tom

zu schnappen, ohne das jemand von uns verletzt wird."

"Ach was..."

"Hm. Ein Indianer kennt keinen Schmerz, was?"

Die Luft um Tanner schien schlagartig abzukühlen. Rally fragte sich,

ob sie nicht etwas falschen gesagt hatte.

"Da irren sie sich, Miss Vincent", sagte Tanner ernst. "Schmerzen

sind mir sehr wohl bekannt."

Er öffnete den Ärmel an seinem linken Oberarm. Darunter kam eine

riesige Brandnarbe zum Vorschein. Rally erschrak.

"Tut... tut mir leid", stammelte sie.

"Schon gut. Das konnten sie ja nicht wissen."

Tanner schnallte den Ärmel wieder an. Dann nahm er seine Jacke und

sein Gewehr, und ging zu seinem Wagen. Auch Rally ging zu ihrem

Cobra, der immer noch in der Seitengasse geparkt war. Kaum sass sie

drinnen, da läutete auch schon das Autotelefon. Verwundert nahm es

Rally ab.

"Du hast es vermasselt!", brüllte Beckys Stimme aus dem Hörer.

"Oh Hallo Becky. Was meinst du mit..."

"Tu nicht so. Ich beobachte dich seit einer Viertelstunde. Glaubst

du, ich sei nicht fähig, Polizeifunk abzuhören? Wir sehen uns bei

dir! Und ich hoffe, du hast ein paar gute Erklärungen zur Hand!"

Becky legte auf. Rally tat es ihr gleich.

"Toll!", dachte sie sich. "Genau das, was mir zum krönenden Abschluss

eines erfolgreichen Tages noch fehlt."
 

Die Stimmung zuhause war nicht die beste. Becky war sauer, May war

sauer und Misty schien beunruhigt zu sein. Nur Ken machte einen

ziemlich unbeteiligten Eindruck. Rally machte sich auf ein paar

unangenehme Fragen gefasst. Sie sollte nicht enttäuscht werden.

"Also?", fragte Becky. "Darf ich mal erfahren, was dein Alleingang

sollte?"

"Alleingang?", fragte Misty noch mehr beunruhigt also vorher.

"Rally! Du hast doch nicht etwa...", rief May.

Rally hob beschwichtigend die Hände. "Ja. Ich habe Tanner gesehen,

wie er gerade Tom verhaften wollte. Und ich habe in den Kampf

eingegriffen", gab sie zu.

"Na, das ist mal wieder typisch", meinte May. "Ich darf hier das

ganze Haus nach Wanzen durchwühlen, und du machst dich auf die Jagd.

Die Action findet mal wieder ohne mich statt, was?"

"Die Action? Ein Glück dass du nicht dabei warst!", warf Becky ein.

"Was bitteschön soll das jetzt wieder heissen?"

"Du hättest alles noch schlimmer gemacht! Wahrscheinlich hättest du

das ganze Haus gesprengt."

"Na Und?"

"Was heisst da, na und? Der Trick beim observieren ist es, unbemerkt

zu bleiben. Nicht, mitten rein zu spazieren."

"He, he, beruhigt euch", beschwichtigte Rally. Dann fuhr sie fort.

"Tut mir leid, Becky. Aber als Tanner so offen auf den Hauseingang

zuging, dachte ich, er sei Tom vielleicht nicht gewachsen. Und ich

glaube nicht, dass dein Auftraggeber noch an den Informationen

interessiert ist, wenn Tanner tot ist. Ausserdem hatte Tanner meinen

Wagen schon vorher erkannt."

"Dann nimm halt nicht den Cobra. Der ist für solche Sachen ja wohl

nicht geeignet. Und was Tanners Fähigkeiten betrifft: Weist du

wieviele der schon eingelocht hat? Der Kerl ist ein Profi!"

"Ja, *das* ist mir auch klar geworden. Aber Tom ist auch nicht gerade

langsam. Er ist viel besser, als es den Anschein macht."

"Also, nach allem, was ich im Polizeifunk mitgekriegt habe, hat

Tanner Tom ausgeschaltet, nicht du."

"Ja. Tanner hat ihm ein Messer ins rechte Handgelenk gerammt. Können

wir jetzt das Thema wechseln?"

Becky war anscheinend nicht einverstanden. Rally erkannte das. "Habt

ihr noch Wanzen gefunden, May?", fragte sie, bevor Becky einen

Einwand bringen konnte.

"Nein", antwortete May knapp.

"Nein?", fragte Rally überrascht.

"Wir haben ein paar gefunden", erklärte Ken, wobei er geflissentlich

Beckys Versuche, das Gespräch wieder an sich zu reissen, ignorierte.

"Aber bei allen waren die Batterien leer. Von der Leistung des

Senders und der Grösse der Batterie her geschätzt, würde ich sagen,

dass die Dinger nicht länger als zwei Wochen durchhalten."

"Hmmm, sind wohl zur kurzfristigen Überwachung gedacht", meinte

Rally.

"Und genau das macht mir Sorgen", fuhr Ken fort. "Misty hat nämlich

eine gefunden."

"Genau", sagte Misty nervös, und legte besagte Wanze auf den Tisch.

"Die hier klebte an der Ladentheke."

"Ich habe die Batterie abgetrennt", sagte Ken, "aber vorher war sie

noch aktiv. Es ist derselbe Typ, wie die anderen. Sie muss also

relativ neu sein."

"Die ist definitiv neu", meinte May. "Die Theke hab ich sicher drei

mal gründlich abgesucht. Die wäre mir nicht entgangen."

"Hmmm...", sagte Rally, und betrachtete die Wanze genauer. Es war

wirklich derselbe Typ wie diejenigen, die sie schon früher gefunden

hatten. "Hast du irgendwas bemerkt, Misty?"

Misty schüttelte den Kopf. "Vielleicht hat sie einer der Kunden

angebracht, aber ich habe nichts bemerkt."

"Einer der Kunden", echote Rally. "Könnte es sein..."
 

"Sagt mal, bin ich eigentlich Luft!?", rief Becky dazwischen.

"Schon gut, Becky, beruhige dich wieder", sagte Rally, und steckte

die Wanze ein. "So tragisch ist die Sache nicht. Tanner hat keinerlei

Anzeichen gegeben, dass er vermutet, ich sei wegen ihm dort gewesen.

Wahrscheinlich glaubt er, ich sei ebenfalls hinter Tom her gewesen."

"Das hoffe ich für dich", brummte Becky, gab sich aber zufrieden.

"Die Frage ist eher, wie weiter", fuhr Rally fort. "Ich habe keine

Anhaltspunkte mehr. Wie siehts bei dir aus?"

"Ich habe die Kreditkartennummer einem Insider gegeben. Aber noch

habe ich nichts zurück bekommen. Ausserdem habe ich von Tanners Narbe

eine Fotografie gemacht. Die zeige ich mal einem Doktor."

"Hm? Was denn für eine Narbe?", fragte May dazwischen, die sich nicht

an eine Narbe erinnern konnte.

"Tanner hat eine grosse Brandnarbe am linken Oberarm", erklärte

Rally. "Ach und Becky: Im Kampf hatte Tanner zwei Schläuche in der

Nase, die nach einem Atemgerät aussahen. Vielleicht hilft das auch

noch weiter."

Becky nickte. "Ja, das könnte helfen. Hoffentlich erbringt dass eine

Spur. Naja, vielleicht hast du ja auch mehr Glück als Verstand, und

Tanner kreuzt nochmals in deinem Laden auf."

"Ich denke schon", murmelte Rally. "Ich hab so das Gefühl, dass er

das tun wird..."



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Nostradamus_MB
2003-09-17T14:52:15+00:00 17.09.2003 16:52
wirklich sehr gut diese story, jedoch hat sie einen kleinen "nervigen" fehler. im kapitel 7 wiederholt sich das ende andauernt, es wäre praktisch, wenn du die überflüssigen sätze löschen würdest... ^^

die charas sind dir gut gelungen und überhaupt nicht occ (mal eine seltenheit - du bist damit nicht gemeint). ebenso ist sie auch "gut komplex". was vector angeht fand ich es in den ersten sätzen etwas übertrieben, aber wenn man so an das original denkt, ist er nicht so unpassend wie ich erst dachte.

ich würd mich sehr freuen wenn du weiter schreibst

nos / michel


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