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Die letzten Tage meines Lebens

von

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Tag 2

Tag 2

Als er die Augen wieder aufschlug fand er sich in einer alten, verdreckten Lagerhalle wieder. Seine Hände waren an seinem Rücken zusammengebunden und er wusste das es wohl keinen Sinn machen würde, Befreiungsversuche zu starten. Mit unglaublichen Kopfschmerzen sah er sich um. Scheinbar hatte man ihn etwas über dem Boden aufgehängt. Er wusste nicht wie er hierher gekommen war, dass letzte woran er sich erinnerte war das er in seinem Auto am Strand eingeschlafen war. Aber das er nun hier war und nicht wusste wie er hierher gekommen war, war ein eindeutiges Indiz dafür das sein Boss Bescheid wusste... dass er wusste was geschehen – oder viel besser NICHT geschehen – war...
 

„Du bist wieder wach, wie schön.“, meldete sich eine ihm vertraute Stimme aus dem Dunkel um ihn herum.
 

Tatsächlich realisierte er erst jetzt das er wirklich nur einen kleinen Teil der Halle sehen konnte und nur eine einzige Lampe direkt über ihm brannte. Schritte kamen näher und schließlich trat sein Auftraggeber in den Lichtkreis. Wie er es von ihm gewohnt war trug er einen Hut und seine Brille mit den kleinen, runden Gläsern. Sein Gesicht war von vielen Falten und auch einigen Narben geprägt. Die Hände hatte er in den Taschen seines braunen Mantels versteckt. Für einige Minuten stand er einfach nur da und sie sahen einander an, bis der Ältere schließlich das Schweigen brach.
 

„Was hast du dir dabei nur gedacht?“, wollte er wissen und begann kopfschüttelnd im Kreis um ihn herum zu gehen, „Du bist doch sonst nicht so... du hast noch nie einen Auftrag nicht erfüllt. Und dann, von einen Tag auf den anderen...“ Er seufzte. „Weißt du ich mag dich, ich habe dich schon immer gemocht. Du warst von all meinen Mitarbeitern immer der verlässlichste... der professionellste. Es kam selten vor das du mehr als eine Kugel für ein Ziel verwendet hast, du wurdest nie gesehen, du bist in der Masse einfach verschwunden wie ein Fisch im Ozean. Schnell, leise und präzise... genau so wie es sein muss. Warum... warum hast du mich hintergangen?“
 

Hintergangen...? Nun ja, in gewisser Weise hatte er das wirklich. Er wusste nur zu gut um das Vertrauen das sein Auftraggeber in ihn gehabt hatte. Tausend Dinge gingen ihm durch den Kopf, tausend Einsprüche die er hätte einlegen können... aber er schwieg. Denn er wusste das das alles keinen Sinn hätte. Dies war eine Welt in der die normalen Regeln und Gesetze nichts wert waren... nicht existierten. Es war eine völlig in sich gekehrte Welt und wenn man sie einmal betreten hatte, war es so gut wie unmöglich jemals wieder heraus zu kommen. Also was KÖNNTE er denn schon sagen, was auch eine Bedeutung hätte...?
 

„Ich wünschte wir müssten nicht auf diese Art und Weise auseinander gehen.“, fuhr der alte Mann fort, „Ich wünschte wirklich, dass du mich überlebt hättest... und nicht umgekehrt. Ich wünschte du hättest einfach nur deinen Job gemacht, wie an jedem anderen Tag auch. Ich weiß zwar nicht warum du sie nicht getötet hast, aber es hat nichts bedeutet... denn nun erledigt jemand anders diese Aufgabe an deiner Stelle. Du hast dein Leben völlig umsonst weggeworfen... und nichts bewirkt. Also bitte, sag mir... wieso?“
 

Nun stand er direkt vor ihm und sah ihm die Augen. Der Jüngere konnte so viele Dinge in den Augen seines Gegenübers sehen... und es kam ihm so vor als könne er all das Leid das er in seinem Leben erfahren musste selbst spüren.
 

„Gut...“, fuhr er nach über einer Minute fort, „Es tut mir wirklich leid das du diesen Weg gewählt hast... ich hätte dir einen schnellen Tod gewährt.“
 

Der alte Mann machte auf dem Absatz kehrt. Es war zu hören wie ihm jemand entgegen kam. An der Schwelle zum Dunkel blieb er stehen und legte einer Person, die der Gefesselte nicht erkennen konnte, die Hand auf die Schulter.
 

„Ich will nur wissen warum er es nicht getan hat.“, sagte der Alte, „Ich will nur den Grund wissen. Sobald ihr ihn habt, tötet ihn... ohne Umwege.“
 

„Alles klar Boss.“, entgegnete eine junge Männerstimme.
 

„Ich hoffe ich habe mich klar ausgedrückt.“, begann der Alte erneut mit scharfem Ton, „Nachdem er gesagt hat wieso TÖTET ihr ihn SOFORT. Er soll nicht mehr leiden als notwendig.“
 

„Ja.“, antwortete die Stimme dieses Mal mit deutlich mehr Respekt, „Wird gemacht, Boss.“
 

Der alte Mann entfernte sich und es trat ein wesentlich Jüngerer in den Lichtkreis. Er kannte ihn... es war Toshi, der Folterknecht seines Vorgesetzten. Natürlich war das nicht seine offizielle Bezeichnung, aber fast jeder nannte ihn so. Nur zu oft hatte er gesehen was Toshi anrichten konnte. Toshi war kein Mann, er war ein verfluchtes Monster. Es gab unzählige Möglichkeiten einem Menschen Schmerzen zuzufügen ohne ihn dabei zu töten... ohne ihn auch nur ernsthaft zu verletzen. Aber Toshi kannte jede einzelne Methode. Der kleine Japaner grinste ihn nur fies von unten an.
 

„Das ich DICH mal vor mir hängen habe... damit hätte ich wirklich nie gerechnet.“, gluckste Toshi vergnügt, doch er reagierte darauf nicht, „Oi, Hayate... bring mir doch bitte ein Blatt Papier!“
 

„Natürlich.“, drang eine andere Stimme die zu Toshis Assistenten gehörte aus dem Dunkel.
 

Schnellen Schrittes kam jemand näher. Ein ebenfalls noch relativ junger Mann trat in den Lichtkreis und reichte dem Folterknecht ein weißes Blatt Papier, dann verschwand er wieder im Dunkel. Ohne ein weiteres Wort zu sprechen ging Toshi um ihn herum, zerriss ihm kurzerhand ein Hosenbein, setzte dann das Blatt Papier an und zog es langsam zur Seite hin.
 

Binnen Sekunden breitete sich ein brennender und beißender Schmerz in seiner linken Wade aus, doch er schrie nicht... er verzog nicht mal eine Miene.
 

„Weißt du warum Papierschnitte am meisten weh tun?“, fragte Toshi, bekam jedoch keine Antwort, „Papier schneidet nicht wie ein Messer. Ein Messer macht einen sauberen Schnitt, dass wars. Bei Papier jedoch bleiben Fasern in der Wunde zurück. Sie sind so winzig das man sie mit bloßem Auge nicht erkennen kann, aber sie sind da. Und genau diese Fasern die in der frisch geschnittenen Wunde stecken bleiben sind es, die diesen unsäglichen, brennenden Schmerz verursachen. Aber glaub mir, dass ist erst der Anfang. Ich habe dort so viele Spielzeuge im Dunkeln liegen, wir Zwei können noch eine Menge... Menge Spaß haben. Oder du spuckst einfach aus warum du deinen Kill versaut hast und wir bringen das Ganze schnell hinter uns.“
 

Er antwortete nicht. Die ganzen darauf folgenden Stunden sprach er kein einziges Wort. Genau wie zuvor, verzog er nicht mal eine Miene. Es spielte keine Rolle was für Geschütze Toshi auffuhr, ganz gleich wie er seinen Körper malträtierte. Messer mit gezackter Klinge... Lötkolben... Feuerzeuge... stumpfe Messer... Nadeln... Metallklemmen... Glasscherben... Gummihammer... was auch immer der Folterknecht benutzt, es brachte ihm dieses Mal keinen Erfolg.
 

Es musste schon später Abend sein als sich Toshi verschwitzt über die Stirn fuhr. Er selbst hatte jedes Zeitgefühl verloren, zumal es hier drin dunkel war. Seinen Körper konnte er kaum noch spüren, dass einzige was er schmecken konnte war der metallische Geschmack von Blut. Dennoch... er hatte nicht geschrieen und nichts gesagt. Toshi war sichtlich wütend darüber. Noch nie hatten seine Methoden versagt, noch nie hatte ein Opfer seiner Folter so lange Stand gehalten ohne auch nur mit der Wimper zu zucken.
 

„Du bist ein zäher Bursche, muss ich dir lassen. Ich werde jetzt etwas essen während Hayate den nächsten Teil vorbereitet. Mal schauen ob du ohne Beine auch noch so schweigsam bist.“
 

Wieder verstrich die Zeit. Dieses Mal verlor er für einige Zeit das Bewusstsein. Toshi hatte nicht gelogen, aber das hatte er auch nicht erwartet. Als er wieder zu sich kam lagen seine Unterbeine vor ihm auf dem Boden und bluteten still aus, während Toshi die Wunde von unten vernähte. Wie gut er dies konnte wusste er nicht, denn noch nie hatte er es erlebt das Toshi so weit ging. Aber der Folterknecht kannte kein Erbarmen.
 

„Du bist wieder wach wie ich sehe... erstaunlich bist du, wirklich erstaunlich. Ich bin nicht so gut im amputieren und das hier sind nicht die besten Bedingungen für eine OP... nun ja, du kannst dir sicherlich denken was die Folgen sind. Je länger du am leben bleibst, desto schmerzhafter wird es für dich werden. Aber sieh es als Gnadenfrist... für heute sind wir fertig.“
 

Toshi erhob sich wieder aus der Hocke in die er sich zum vernähen der Beinstümpfe begeben hatte und musterte ihn. Er hingegen konnte kaum noch die Augen offen halten, aber er wusste das wenn er nun einschlafen würde, er womöglich nicht noch einmal aufwachen würde. Und vielleicht fiele ihm ja irgendwie eine Möglichkeit ein doch noch zu entkommen... auch wenn er nicht wirklich daran glaubte.
 

Wie ein nasser Sack voll Sand fiel er zu Boden und Toshi machte sich kaum die Mühe, seinen Fall zu bremsen. Stattdessen löste er seine Fesseln und schleifte ihn dann aus dem Lichtkegel heraus. Quietschend wurde eine Tür geöffnet, dann zerrte Toshi ihn ein Stück weiter.
 

„Du bleibst über Nacht mal hier drin.“, erklärte er, „Nicht das es womöglich noch schaffst zu entkommen.“
 

Die Tür wurde wieder geschlossen und völlige Dunkelheit umhüllte ihn. Müde streifte Toshi sich die Gummihandschuhe ab, da lies ihn ein Klopfen halb auf dem Absatz kehrt machen. Das Klopfen kehrte in einem regelmäßigen Abstand wieder, so als ob jemand mit seiner Faust oder seinem Kopf gegen die Wellblechwand des Verschlags schlagen würde, in den Toshi ihn geworfen hätte. Hayate stieß zu ihm.
 

„Wie kann er jetzt noch die Kraft finden...?“, flüsterte dieser perplex, beinahe so als würde er sich nicht trauen lauter zu sprechen.
 

„Ich weiß nicht woher das arme Schwein die Kraft dazu findet... aber er sollte sie lieber sparen. Denn Morgen geht es weiter.“
 

Der Folterknecht und sein Gehilfe verließen die Halle und niemand hörte das regelmäßige Klopfen...



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