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die Wissenden

die Geschichte von Yutaka aus einer anderen Galaxy
von

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Story (besteht nur aus einem Kapitel)

Es war schon spät, doch die Sonne stand senkrecht am Himmel. So wie sie das schon seit 3 Monaten tat. Als ich auf meine Armbanduhr sah, laß ich 21 Uhr ab. Seuftzend ging ich die Straße entlang, die von meinem Haus zum Stadtpark führte, als mir ein kleines Mädchen in die Arme lief. Sie weinte und klammerte sich an mich, als wäre ich ihr großer Bruder, der sie vor etwas beschützen musste. Das erinnerte mich an einen Traum, den ich wenige Tage zuvor hatte. Ich hätte gerne jemandem etwas Davon erzählt, doch die Träumenden werden gefangen genommen.

Das liegt daran, dass die Träumenden auch Wissende sind. Sie wissen zu viel für Jene, die uns im goldenen Käfig halten. Die Sonne scheint nur rund um die Uhr, weil Jene es so wollen. Wenn Jene die Erde zu einer Scheibe haben wollen, wird dieses getan, wenn Jene die gesammte Menschheit nicht mehr schlafen lassen will, muss dieses geschehen. Die, die sich widersetzen werden auf irgendeine brutale Weise getötet. Das vermute ich zumindest, denn ich bin ein Wissender, der noch nicht gefangen wurde. Vielleicht der letzte Wissende in der Stadt, im Land, auf der Welt.

Immernoch klammerte sich das Mädchen am meine Kleidung und zerrte leicht daran. Ich musste in die Knie gehen, um auf Augenhöhe mit ihr zu sein.

"Wieso weinst du?"

fragte ich sie, doch sie war zu erschrocken und weinte stark, wesshalb sie nicht antworten konnte.

"Wer bist du? Was machst du um diese Uhrzeit noch hier Draußen?"

Schluchtzend sah sie mich an, beruhigte sich langsam und konnte wieder reden.

"I-Ich bin... Moe."

Dann deutete sie auf den Park, der in Sichtweite war und meinte

"Das da..."

"Was ist da?"

wollte ich wissen, als ich zum Park sah. Doch Moe musste mir nichts erklären. Der sonst so schön erhellte Park, der viele Leute aus anderen Städten anlockte wurde gerade zerstört. Von Baustellenarbeitern, mehreren Gerätschaften und Dampfwalzen. Moe drückte sich an mich, als würden wir uns schon ewig kennen.

"Ich hab Angst, Yutaka!"

schluchzte sie. Woher kannte sie meinen Namen? Ich habe ihn doch vorhin nicht genannt.

Langsam wurde das Ganze sehr unheimlich. Alles war wie in meinem Traum. Sollte das ein Test von "Jenen" sein?

Wussten sie über mich als Wissender bescheid, oder trifft nur eine Vision ein?
 

Tausende Fragen schossen mir gleichzeitig durch den Kopf. Ich nahm Moe auf den Arm und richtete mich auf um weg zu gehen. Die Zerstörung des schönen Parks war kein schöner Anblick für so ein kleines Mädchen, wellches grade mal halb so groß und scheinbar 3 mal jünger als ich war.

Moe ähnelte einer meiner Schwestern, die aber vor langer Zeit verschleppt worden waren, weil sie als Wissende abgestempelt wurden da sie träumten und jedem davon erzählten. Die Erkenntnis, dass das fremde Mädchen mir nahestehenden Personen ähnlich war, ließ Wut in mir aufsteigen. Ich hatte den Drang, die Arbeiter und Maschienen im Park dem Erdboden gleich zu machen um den Park zu retten, doch ich wusste, dass ich nicht stark genug war, wesshalb ich dann doch nur eine Träne aus Wut verlor.

"Du zerquetscht mich."

sagte Moe leise. Ich hatte sie wohl zu stark gepackt, als ich mich aufregte.

"Tut mir leid. 'War keine Absicht."

"Ich weiß."

"Du darfst nicht wissen!"

"Ich weiß."

"Du wirst verschleppt, wenn du weiter so redest."

"Ich weiß."

"Glaubst du, dass ich schweigen werde, wenn du so weiter machst? Ich werde dich den Behörden melden."

"Das machst du nicht, Yutaka."

Schweigend sah ich Moe an. Sie war scheinbar sehr intelligent für ihre grade mal 5 Jahre. Zudem war sie wohl auch eine Wissende und wusste erstaunlich viel über mich, obwohl ich sie kaum kannte.

"Wer oder Was bist du?"

wollte ich wissen. Doch Moe legte nur einen Finger auf ihren Mund und zwinkerte. Sie sah aus, als hätte sie nicht geweint. War das ein falscher Eindruck von mir? Sie sah doch vorhin noch so schwach aus. Ist das ein Trick? Sie verhällt sich jetzt ganz anders.

Wer sie wohl ist?

Woher sie wohl kommt?

Ob sie noch Eltern hat?

Würden die mich auch kennen?

Wieder kamen mir endlos viele Fragen in den Kopf, diesmal aber über Moe. Nach einer Weile fragte ich mich selbst noch, ob ich nicht mal aufhören könnte über so Vieles nachzudenken.

"Du bist ein Wissender... ein Träumender."

störte mich Moe beim Denken.

"eh?"

"Du bist ein Wissender... ein Träumender."

wiederholte sie. Langsam bekam ich Angst vor der Kleinen, die ebend noch so süß war, und jetzt sehr erwachsen schien.

"Vergiss nicht zu träumen. Hör nie damit auf, Yutaka."

"Wieso nicht? Es ist gefährlich."

"Ich weiß."

"Geht das jetzt wieder los?"

meinte ich genervt. Diese ständigen "Ich weiß"- Sätze nervten langsam. Letzten Endes war es mir dann aber doch recht, dass sie mich nervte, statt mir Angst zu machen.

"Jeder Mensch träumt, Yutaka, nur einige haben das schon vergessen. Sie sind abhängig von "Jenen". Jeder Mensch träumt, Yutaka, aber kaum Jemand gibt es zu."

"Aber wieso?"

"Aus Angst, gefangen zu werden."

"Ich habe keine Angst!"

sagte ich laut. Als ich mir bewusst war, worüber Moe mit mir sprach sah ich mich um um sicher zu gehen, dass uns niemand zuhören konnte. Ehrleichtert seufzte ich und sah Moe etwas übermüdet an.

"Du darfst keine Angst haben, Yutaka. Erzähl den Leuten wenigstens einen deiner Träume."

"Aber wellchen denn? Du willst sicher auf etwas Bestimmtes hinaus."

Das Mädchen zeigte in den Himmel.

"Erzähle den Traum, den du immer bei Vollmond geträumt hast."

Ich musste mir ein Lachen verkneifen. Einen "Vollmond" gab es schon seit 3 Monaten nicht mehr, geschweige denn den Mond oder die Nacht.

"Aber es ist doch immer hell, da kann ich nicht wissen, wann Vollmond ist."

"Vollmond ist alle 31 Tage. Erzähle den Leuten den Traum, den du alle 31 Tage hast."

Ein schauder fuhr mir über den Rücken. Das Mädchen war gruselig. Jetzt müsste sie nur noch erzählen, dass die Welt sonst untergehen würde oder sowas in der Art. Ich hätte sie sicher sofort los gelassen und wäre nach Hause gerannt, da ich nicht der Mutigste bin.

"Du scheinst nicht von hier zu kommen, Moe."

Sie schüttelte den Kopf.

"Dann kommst du mit zu mir. Ich lebe sowieso allein."

"Ich weiß."

"Weißt du auch irgendwas nicht?"

"Ich weiß nicht."

"Normal reden kannst du aber schon, oder?"

"Jup."

"Dann sag mal, wer du bist oder warum du so viel weißt."

"Darf ich nicht sagen."

"Wieso?"

"Weil du dann schlauer wärst als ich."

"WAS?"

"Weil du dann schlauer wärst als ich."

"Ja ja, ich bin nicht taub."

"Ich weiß."

"Moe?"

"Ja?"

"Du nervst."

"Ich weiß."

Ich schnaubte und gab es allmählig auf zu reden. Moe war die Art von Person, die verschlossen wie eine Muschel ist. Man musste sie erst aufknacken um an den Inhalt zu kommen.

"Wie alt bist du denn, Moe?"

"Darf ich nicht sagen."

"Weil ich dann schlauer wäre als du?"

"Nein."

"Sondern?"

"Darf ich nicht sagen."

Dann schwieg ich den Rest des Weges über und schenkte Moe keinen weiteren Blick mehr. Ich war zu müde um zu streiten und das Mädchen auf meinem Arm schien immer schwerer zu werden. So blöd es auch klingen mag, ich wünschte mir, dass Moe wieder die kleine Heulsuse von ebend wäre.
 

Dann kamen wir in meinem Haus an. Ich setzte Moe ab und sie lief ohne Ziel durch's Haus. Da ich nichts zu verstecken habe, außer einem Tagebuch, ließ ich sie laufen und das Haus erkunden. Während dessen ging ich in die Küche und machte mir eine Fertigsuppe. Meine Schränke waren voll davon. Alles Instandessen. Neben den vielen, kleinen Schränken aus dunklem Metall stand ein kleiner Kühlschrank, ebenfalls aus dunklem Metall, in dem man allerhöchstens 10 liter Milch verstauen konnte. Und genau das ist auch im Kühlschrank enthalten, Milch. 3 Mal ein halber Liter.

Als ich grade anfangen wollte meine Suppe zu schlürfen stand Moe in der Küchentür. Sie sah aus, als hätte sie die ganze Zeit über geweint; ihre Augen waren leicht rot angelaufen, Haarsträhnen klebten an ihren Wangen und es flossen noch Tränen. Ich konnte meinen Augen nicht trauen. Wieder lief das kleine Mädchen auf mich zu und startete eine Knuddelattacke, gemixxt mit weinenden Hundeaugen.

"Alles okay, Moe?"

wollte ich wissen, doch sie weinte schrecklich. War ich jetzt verrückt? Das Mädchen hat mir doch ebend so viel wichtiges erzählt und jetzt weinte sie so, wie sie mir vor dem Park in die Arme gelaufen ist.

Als ich sie so weinen sah kam es mir vor, als würde die Sonne für einen Moment untergehen. Da fiel mir wieder einer meiner Träume ein. Vor nicht all zu langer Zeit träumte ich von einem Spaziergang bei Nacht: kalte Briesen; Dunkelheit; Stille; niemand auf den Straßen oder Wegen; ein Mädchen mit langen, roten Haaren, dass neben mir hergeht; wir gehen an einem See vorbei, indem sich der Mond spiegelt; ich pflücke ihr eine Blume, die nur im Schein des Mondes blüht.

Zu schade, dass es nur ein Traum war. Die Erinnerungen ließen mich seufzten, worauf Moe zu mir hoch sah.

"Yutaka."

flüsterte sie. Ihre Stimme klang gedämpft, als hätte sie ein Taschentuch im Hals.

"Yutaka hör nicht auf zu träumen."

"Moe?"

"Yutaka hör nicht auf zu träumen."

Langsam wurde ihre Stimme wieder lauter und normalisierte sich allmählig.

"Was willst du mir sagen, Moe?"

"Yutaka hör nicht auf zu träumen."

Nachdem sie den Satz zum dritten Mal wiederholte, bekam ich es mit der Angst zu tun. Moe war völlig aufgelöst und hatte einen leeren Blick. Ihr Mund zitterte leicht und nur der eine Satz kam immer wieder heraus.

"Yukata hör nicht auf zu träumen."

"Ich werde nicht aufhören zu träumen. Versprochen, Moe."

"Yukata hör nicht auf zu träumen."

"DAS WERDE ICH NICHT!"

"Yukata hör nicht auf zu träumen."

"ICH WERDE NIEMALS AUFHÖREN ZU TRÄUMEN!"

nach meinem Satz hörte ich Sirenen. Es war wohl doch eine Falle. Moe lief weg und versteckte sich irgendwo im Zimmer, während meine Eingangstür aufgebrochen wurde. Vor Schreck konnte ich mich nicht rühren und so starrte ich mit meiner Suppe in der Hand auf die Eingangstür, die ich von der Küche aus gut sehen konnte. Jetzt haben sie mich also erwischt. Fuck! Ich ließ die Suppe fallen und sprang auf. Schnell sah ich mich nach einem Versteck um, doch ich wollte wenigstens einmal Mut beweisen. Drum stützte ich meine Hände am Küchentisch ab und sah ruhig auf die Tür, wellche immernoch nicht aufgebrochen wurde. Gleich haben sie mich. Wieso muss ich ausgerechnet JETZT Mut beweisen? Wieso nicht zur Zeit, in der meine Familie noch bei mir war. Wieso konnte ich da nicht so mutig sein, wie mein Vater es mal war?
 

Mein Vater war zu meinen Kindzeiten noch der Beste. Er hatte vor nichts Angst und hat sich immer gut um die ganze Stadt gekümmert. Doch wegen Jener wurde er als gefährlich eingestuft und vor dem ganzen Dorf zu Tode gequält. Vor den Augen aller Anderer und vor mir. Wäre das damals nicht passiert, würden wir uns sicher schon längst gegen diese Leute wehren.

Da fiel mir ein kleines Dorf ein, von dem ich mal was in den Nachrichten sah. Es soll das einzige Dorf sein, indem noch alle frei sind. Wissende sollen sich dort verstecken. Es kann niemand herein oder heraus, aber trotzdem will ich jetzt dort hin. Aber ich konnte nicht. Die Tür sprang auf und eine ganze Horde bewaffneter Menschen stürmte hinein. Sie rissen mich zu Boden. Da ich auf den Hinterkopf knallte bekam ich nicht mehr viel mit, aber es waren an die 5 Leute die um mich rum standen. Ich war nicht völlig bewusstlos, denn ich fühlte, wie mir Blut über den Hinterkopf lief. Ganz langsam. Ich wollte meine Augen öffnen um zu sehen, ob die Männer, falls es Männer waren, nach Moe suchten, doch irgendetwas hinderte mich daran. Fühlte sich an wie Klebeband auf den Augenliedern. Ja, es war Klebeband und mein Mund wurde anschließend auch zu geklebt. Dann wurde ich auf den Bauch gerollt und mir wurden hinterm Rücken die Hände gefesselt. Ich strammpelte leicht, doch dadurch bekam ich nur noch weitere Schlägt ab. Die Personen schrien alle und man konnte keinen Satz filtern. Da ich schon sehr müde war und kaum was gegessen hatte, hörte ich auf mich zu wehren und stellte mich bewusstlos.

"Wir haben ihn!"

rief jemand, von dem ich nicht erkennen konnte ob es eine Frauen- oder Männderstimme war.

"Bringt ihn weg!"
 

Lange Zeit verhielt ich mich wie ein nasser Sack, gab keinen Mucks von mir und hörte nicht zu, wenn etwas gesagt wurde. Ich wurde ständig hochgehoben, als wäre ich leicht wie eine Feder. Na vielleicht bin ich das ja auch, aber was erwartet man von einem 15-Jährigen ohne Familie. Kurz nachdem man mich hob, wurde ich wieder weggeworfen, als wäre ich ein Sack Kartoffeln. Doch plötzlich landete ich auf einen Stuhl, kalte Finger legten sich auf meine Wangen und rissen mir das Klebeband von den Augen. Da mein Mund zugeklebt war, konnte ich nicht schreien, wesshalb ich nur mein Gesicht verzog. Ich blinzelte gegen ein helles Licht. Als ich mich daran gewöhnt hatte sah ich, wie ich auf einem Stuhl mitten auf dem Marktplatz der Stadt saß und mich viele Bewohner anstarrten. Einige davon kannte ich. Nach dieser Erkenntnis hörte ich einen Knall und spürte darauf einen brennenden Schmerz auf meinem Rücken.

"Mhpf!"

stieß ich unter dem Klebeband vor. Als ich nach Hinten sehen wollte, wurde ich geohrfeigt. Kurz kniff ich zitternd die Augen zu, öffnete sie wieder und sah zur Person, die mich geschlagen hatte. Es war ein Mädchen. Ein mädchen wagte es mich zu schlagen. Ein Mädchen mit roten Haaren, wie ich es einmal geträumt hatte. Ungewollt bekam ich einen traurigen Blick und sah zu dem Mädchen hoch, sie schien auch nicht grade glücklich über das zu sein, was sie tat. Sie bemühte sich einen strengen Blick zu haben und holte mit einer Peitsche aus. Ich zuckte leicht zusammen aus Angst, nochmal geschlagen zu werden, und winselte dabei. Wieder ein Knallen und mein rechter Arm hatte einen tiefen Kratzer, wellcher brannte und kurz darauf zu bluten begann. Auf dem Marktplatz war es sehr warm, als würde man mich in der Sonne schmoren wollen und das Blut, das an mir runterlief kühlte etwas, was meine Schmerzen vergessen ließ. Ich sah wieder zu dem Mädchen. Was sie wohl tun würde, wenn ich ihr von meinem Traum erzählen würde?

Würde sie sich freuen oder mir erst recht weh tun?

Ich sah sie mit einem bemitleidenswerten Blick an worauf sie ihre erhobene Peitsche senkte.

"Hör auf damit!"

fauchte sie mich an. Ihre Stimme klang wie eine schöne Melody in meinen Ohren und ich schloss kurze Zeit meine Augen. Dann sah ich sie wieder an.

"Du sollst aufhören mich so anzustarren!"

Und wieder bekam ich eine Ohrfeige. Ich sah auf den Boden. In meinem Mund schmeckte es nach Blut. Mir war zum Weinen zu mute, doch ich war immernoch müde und drohte einzuschlafen, da fiel mein Blick schräg nach vorn. Moe stand zwischen einer Menschenmenge und sah mich schuldig an. Sollte das heißen, dass sie schuld daran ist, dass ich jetzt vor der ganzen Stadt verprügelt werde? Wut stieg in mir auf und ich begann mich vom Stuhl zu lösen. Ich wollte Moe jetzt am liebsten den Hals umdrehen, Hundeblick hin oder her, doch das rothaarige, süße Mädchen verpasste mir immer wieder einen Peitschenhieb, wenn ich mich bewegte, doch ich wehrte mich weiterhin. Ich schüttelte mit dem Kopf in der Hoffnung, dass ich meinen Mund frei zum Sprechen bekommen würde. Da bekam ich einen Hustenanfall. Ich jappste nach Luft, weil der Klebestreifen mich an einer richtigen Atmung hinderte. Mein Mund war gefüllt mit Blut. Ich wurde blass und drohte Unmächtig zu werden, da riss mir die Rothaarige den Klebestreifen vom Mund, worauf ich das Blut ausspuckte. Ein angewiedertes Geräusch drang aus der Menschenmenge und alle gingen etwas zurück. Etwas Blut lief mir aus den Mundwinkeln. Bettelnd sah ich die Leute an. Jetzt wusste ich, wie sich Vater damals gefühlt hatte. Moe sah zu mir, wie ich damals zu meinem großen Vorbild. Ich lächelte sie mutig an, wie es mein Vater getan hätte. Darauf lächelte sie auch leicht und sie kam wieder etwas näher. Sie wollte zu mir laufen, doch das rothaarige Mädchen packte sie an den Haaren und zog sie hoch.

"Lass sie sofort los!"

schnauzte ich sie an, worauf sie mich schlug und ich erneut Blut spuckte. Ich sah sie trotzdem weiterhin sauer an.

"Du kannst mich zu Tode prügeln, aber lass Moe da raus."

"Moe, huh? Dämlicher Name."

Allmählig klang ihre Stimme nicht mehr so süß, wie vorhin noch. Moe drohte zu weinen.

"Yutaka, hilf mir!"

"Bleib ganz ruhig, Moe. Dir passiert nichts."

Da mischte sich die Zicke wieder ein:

"Halltet beide die Klappe. Du meine Kleine gehst jetzt ganz weit weg, oder ich zeige dir, wie dein Blut aussieht."

"Lass sie verdammt nochmal in Ruhe."

"Schnauzte."

Sie warf mir einen niederträchtigen Blick zu und sah Moe darauf wieder an.

"Weißt du meine Kleine... Moe?"

"Mh?"

"Dein Kumpel da, wird dich niemals retten können."

"Red keinen Unsinn du Zicke! Moe, ich werde dir helfen. Warte."

Moe sah von dem Mädchen zu mir und wieder zurück. Sie zitterte leicht, als wüsste sie nicht, was sie glauben sollte. Da sagte das rothaarige Mädchen:

"Hunde die bellen, beißen nicht, meine Kleine."

"Das sagt die Richtige du blöde Kuh. Lass Yutaka in Ruhe. Er blutet doch."

Als Moe dies sagte, setzte sie einen unwiderstehlichen Hundeblick auf. Es schien ihr nichts auszumachen, dass man sie an den Haaren festhielt. Langsam zeigte ihr Blick seine Wirkung und das Mädchen ließ Moe wieder auf den Boden.

"Verschwinde jetzt. Du sollst das nicht sehen."

Moe hatte mich also nicht verraten. Und sie war auch kein Vorwand, damit man mich fangen würde, oder war die Szene ebend auch eingeübt? Wieder wurde ich geschlagen und diesmal stieß ich leichte Schreie aus. Moe hielt sich die Ohren zu und lief davon. Als ich auf die Kirchenuhr sah, die in der Nähe des Markplatzes war, laß ich 1 Uhr Morgens ab. Also wurde ich schon seit einer Stunde geschlagen. Langsam wurde meine Müdigkeit größer als der Schmerz der mir zugefügt wurde und ich schlief unter Schlägen ein.
 

Als ich aufwachte war mir schlecht, überall klebte Blut, mir war warm und ich krümmte mich leicht vor Schmerz. Das Mädchen mit den roten Haaren hatte mich ziemlich übel zugerichtet und wohl aufgehört auf mich einzuschlagen, als sie vermutete, dass ich schon tot seie. Aber wieso hatte man mich dann nicht weg gebracht?

Ich hebte den Blick und sah auf die Kirchturmuhr. 8 Uhr, scheinbar Morgens.

Ich rieb mir trockenes Blut vom Gesicht und bemerkte, dass ich keine Fesseln mehr hatte. Wenn ich könnte, würde ich jetzt am liebsten aufstehen, doch ich war immernoch müde und mein Körper schmerzte zu sehr. Hinter mir konnte ich Schritte warnehmen. Es waren kleine Schritte und die Person schien auch nicht sehr groß zu sein, da das Auftreten sehr leise war und Schuhe über dem Boden schliffen. Ich legte meinen Kopf zurück und sah über meine Schulter zurück. Wie ich es mir schon gedacht hatte, war es Moe, die vorsichtig auf mich zu kam. Ich rieb mir letzte Blutreste aus dem Gesicht und lächelte Moe an.

"Hallo, Moe."

Sie schwieg und blieb stehen. Sie hielt eine Hand vor ihren Mund und sah mich mit großen Augen an.

"Keine Sorge. Mir geht es prima."

Mit letzter Kraft stand ich vom Stuhl auf und ging langsam zu Moe. Sie wich etwas zurück und lief mir dann zum dritten Mal in die Arme. Weinend klammerte sie sich an meine Klamotten. Ich musste die Augen zukneifen und mich anstrengen um den Schmerz zu unterdrücken und auf den Beinen zu bleiben.

"Yutaka! Was ist passiert?!"

"Ich weiß nicht. Lass' uns erst mal nach Hause gehen. Ich bin müde und muss baden."

"Aber Yutaka. Du kannst kaum laufen. Ich habe jemanden geholt, der dich nach Hause bringt."

Sie zeigte auf eine Person im Schatten, die langsam hervor trat.

"Hey Alter."

sagte die Person. Die Stimme kam mir bekannt vor. Die Hitze und Schläge hatten mich aber kurzsichtig gemacht und ich wusste nicht, wer da hinten stand.

"Komm näher. Wer bist du?"

Ich konnte kaum mehr reden. Die Person lief auf mich zu. In dem Moment brach ich vor Erschöpfung zusammen. Moe sprang bei Seite und die Person aus dem Schatten fing mich auf. Als ich wieder aufwachte saß ich auf dem Rücken der Person, die ich erst jetzt erkannte. Es war mein alter Freund...

"...Seimaru. Du?"

"Klar doch, Alter. Ich lass' dich doch nich' Hängn'!"

Ich schloss meine Augen halb und senkte den Blick. Moe ging neben Seimaru her. Ich musste seufzten und versuchte wieder zu schlafen, doch Moe und Seimaru unterhielten sich, was ich nur in bruchteilen verstand.

"Du, großer Junge?"

"Was ist denn, kleines Mädchen?"

"Muss Yutaka nicht zu einem Arzt?"

"Nope. Mein Alter schafft dat scho'."

Dann hörte ich schon nicht mehr zu. Ich öffnete erneut leicht meine Augen und bemerkte, wie Moe mich ansah.

"Wieso redet dein Freund so seltsam?"

Fragte sie mich. Ich konnte nur mit den Schultern zucken und holte schon Luft zum Antworten, doch da fiel mir Seimaru ins Wort.

"Dat is' so 'ne Angewohnheit. Kann ich nix für. Wenn du Kleine 'nen Dolmetscher brauchst, frag meinen Alten."

"Bitte... was?"

wunderte sich Moe. Sie verstand den Typen überhaupt nicht und sah mich schon mit großen Augen an, doch ich war immernoch müde und bekam meine Klappe einfach nicht auf.

"Also Kleine. Wenn du mich nich' verstehst, musste' einfach nur Yutaka fragn'."

Moe nickte leicht. Ich schloss meine Augen und döste, bis wir wieder in meinem Haus waren.

Die Tür lag auf dem Boden, es hätte also jeder Vollidiot der Milch, Instandsuppen und Tagebücher braucht einbrechen können. Seimaru setzte mich mehr oder weniger vorsichtig auf die Couch im Wohnzimmer, worauf ich zur Seite kippte. Moe kam mit einer Decke angerannt und warf sie über mich. Eine ganze Weile verweilte ich so, bis ich genug Kraft hatte um mich aufzusetzten. Ich nahm die Decke weg die schon Blut von mir abbekam. Als Seimaru dies sah zog er sofort sein Oberteil aus und sah sich die Rückseite davon an.

"Ach du Scheiße! Mein schönes, blaues Hemd."

Seimaru's wichtiger Gegenstand war, soweit ich mich erinnere, sein Oberteil. Wenn man dies zerstörte oder verschmuzte, konnte man sich schon mal sein Grab schaufeln. Ich war scheinbar eine Ausnahme, da ich sowieso schon so gut wie tot und zu müde zum Schaufeln war.

Ich zog meine Klamotten bis auf die Boxershorts aus und bat Seimaru meinen Erste-Hilfe-Kasten zu holen, der in der Küche hängt. Daraufhin sprang Seimaru auf und brachte den Kasten innerhalb von 10 Sekunden. Er hätte mir beim Verbinden der Wunden sicher gern geholfen, aber Seimaru ist bei sollchen Dingen nicht sehr vorsichtig und Moe hielt sich vor mir die Augen zu. Es dauerte nicht lange, da hatte ich auf alle Wunden eine Wundheilsalbe geschmiert, sogar am Rücken kam ich dran, anschließend nahm ich große Pflaster und Verbände und begann mich zu verbinden. Moe konnte mir dabei etwas helfen. Seimaru ging zu einem Fenster im Wohnzimmer um eine zu rauchen, während Moe leise zu mir sprach.

"Hättest du nicht vorher duschen sollen?"

"Da wäre ich doch verblutet."

meinte ich lächelnd, worauf Moe leicht kichern musste.

"Ja stimmt."

"Siehst du."

"Du Yutaka?"

"Was ist denn?"

"Hast du was geträumt?"

Ihre Stimme wurde immer leise in der Hoffnung, dass Seimaru uns nicht hören könne. Damit nicht wieder irgendwellche Leute in mein Haus einbrechen schüttelte ich mit dem Kopf.

"Ey Alter."

hörte ich Seimaru und sah zu ihm.

"Was ist?"

"Soll ich deine Tür repariern'? Is'n wenig windig hier drin."

"Wenn du spaß dran hast, kannst du das gern machen."

"Cool. 'Brauch nur noch'n Paar Ersatzteile. Ich geh' mal kurz zu mir und hol' sie. Nich' weglaufen ihr Beidn'."

Kurz darauf war er dann auch verschwunden. Moe seufzte und war mit dem Verbinden fertig. Ich ähnelte einer Mumie deren linker Arm, der Kopf und die Beine nicht verbunden wurden.

"Ich versteh den großen Jungen immernoch nicht."

"Ist nicht so schlimm, Moe. Ich habe auch lange gebraucht bis ich Seimaru verstanden habe."

"Wie lange?"

"Keine Ahnung."

"Doch das weißt du."

"Dann darf ich es nicht sagen."

"Hey, das ist mein Part, Yutaka!"

"Ich weiß."

"Hey!"

Ich lachte leicht. Jetzt wusste Moe, wie man sich fühlt, wenn man ihr Spiel etwas verdreht. Seufztend setzte sie sich neben mich hin, da sie beim Verbinden auf der Couch stand. Dann lehnte sie sich gegen mich und schlief ein. Sie hatte wohl die ganze Nacht nach Seimaru gesucht und konnte nicht schlafen. Vorsichtig stand ich auf und legte Moe langsam auf die Couch. Ich deckte sie zu und zog meine Sachen wieder an, anschließend setzte ich mich auf einen Sessel gegenüber der Couch und versuchte im Sitzen einzuschlafen.



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