Sehnsucht
Mit leerem Blick starrte der Braunhaarige vor sich auf den Boden.
Das seine Hände - so wie sein restlicher Körper - bereits total unterkühlt und am zittern waren bemerkte er überhaupt nicht.
Seine Gedanken galten einzig und allein seinem Kätzchen, das oben in seiner Wohnung war und ihn, wie immer ignorierte.
Hatte er es dieses Mal den wirklich auch wieder falsch gemacht?
Hatte er auch seine letzte Chance verspielt?
Gab es denn keine Hoffnung mehr?
Keine gemeinsame Zukunft?
Trennten sich ihre Wege nun wahrhaftig für immer?
Plötzlich schob sich eine feingliedrige Hand in das Blickfeld des Braunhaarigen, die ihn allen Anschein nach dazu aufforderte sie zu ergreifen.
Verwirrt hob er seinen Kopf und blickte direkt in Tailins hellgrüne Augen.
Sofort zuckte sein gesamter Körper zusammen, bevor ihn eine pure Hitzewelle erfasste und sein Herz begann wild zu klopfen.
Gerade wollte der Ältere zum Sprechen ansetzten, als der Grünhaarige ihm zwei Finger auf die Lippen legte.
Kaum merklich schüttelte er den Kopf und reichte dem Sitzenden erneut die Hand, der sie dieses Mal auch gleich ergriff.
Widerstandslos ließ Kure sich rauf in die Wohnung des Kleineren führen, wo der ihm ein paar Handtücher in die Arme drückte und knapp erklärte: „Geh duschen. Wärm dich auf. Ich werde hier auf dich warten.“
Der Größere nickte folgsam und ging ins Bad, wo er sich sofort unter die wärmende Dusche stellte.
Ihm war völlig schleierhaft was sein Kätzchen dazu bewogen hatte ihn herauf zu holen, doch anscheinend wollte er ihm immer noch nicht zuhören.
Auf jeden Fall wurde der Braunhaarige plötzlich in seiner Nähe geduldet, was schon allein neue Hoffnung aufkeimen ließ.
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Tailin wusste selbst nicht so recht, was ihn dazu veranlasst hatte seinem Verlangen - einfach runter zu gehen und den Älteren raufzuholen - nachzugeben, doch er hatte es nun einmal getan.
Doch woher war nur diese schreckliche Sehnsucht nach dem Braunhaarigen gekommen?
Warum war Tailin doch noch schwach geworden?
Und vor allem, was sollte er jetzt tun?
Wie sollte es weitergehen, wenn Kure aus dem Bad zurück kam?
Dieser betrat, wie aufs Stichwort in genau diesem Augenblick das Zimmer und betrachtete den Grünhaarigen verunsichert.
Tailin hingegen hatte die Antwort auf die Frage - wie es weiter gehen sollte - für den Moment bei dem Anblick des Älteren gefunden.
Er würde einfach weiterhin seinem inneren Impuls folgen.
„Setz dich“, wies er den Größeren an und zeigte dabei auf die Couch.
Kaum war Kure seiner Aufforderung gefolgt, setzte der Kleinere sich ebenfalls.
Einen kurzen Augenblick zögerte er noch, bevor er sein linkes Bein auf die Couch hob und hinter dem Größeren ausstreckte.
Danach ließ er sich etwas runter, in eine bequemere Position rutschen und zog Kure sanft in seine Arme.
Überrascht, dennoch sehr bereitwillig schmiegte dieser sich an die schmale Brust seines Kätzchens, bemerkte nur noch halbwegs, wie Tailin eine Decke von der Rückenlehne zog und sie ihnen überwarf.
Erschöpft schloss der Ältere seine Augen, atmete den sanften Geruch des Grünhaarigen tief ein.
Er begriff immer noch nicht warum sein Kätzchen dies tat, wollte sich aber keinesfalls beschweren.
Viel lieber genoss er die Nähe des Grünhaarigen, lauschte dessen stetigem Herzschlag, während er sich zufrieden sanft durchs Haar und über den Rücken kraulen ließ.
Kokos.. ja, er roch eindeutig leicht nach Kokos, ob er wohl vor kurzem ebenfalls geduscht hatte?
Im Bad hatte der Braunhaarige eine Flasche Kokos-Shampoo gesehen, allerdings lieber eines der anderen benutzt, da er fand, dass es zu ihm nicht wirklich passte, zu Tailin allerdings schon.
Der Kleine roch einfach herrlich und das nicht nur wegen dem Shampoo.
Und warm war er, so angenehm warm.
War das schon immer so gewesen?
Gedankenverloren schob er die Arme unter den schmalen Brustkorb des Jüngeren und umschloss ihn vorsichtig.
Seine Nähe tat gut, verdammt gut, besonders nach all den Jahren, in denen Kure schon unglücklich in seine kleine Kratzbürste verliebt war.
Währenddessen fragte der Grünhaarige sich in Gedanken: ‚Was tue ich hier eigentlich?’
Trotz dieser Frage konnte er jedoch einfach nicht seine Finger von dem warmen Körper in seinen Armen lassen.
Es fühlte sich unbeschreiblich gut an dem Älteren so nahe zu sein und wenn der Grünhaarige einmal ganz ehrlich zu sich selbst war, dann wollte er schon lange mal so mit ihm kuscheln.
Ganz friedlich, ohne jegliche Anspielungen oder sonstige Krisengespräche, die die Stimmung verdarben.
Die Unsicherheit, die Wut und ins besondere die Enttäuschung völlig ausblendend schwelgte der Kleinere in purer Geborgenheit und Ruhe.
Was brauchte man eigentlich mehr auf der Welt, als einen geliebten Menschen und dessen Nähe?
Nichts, befand Tailin eindeutig in diesem Augenblick, weshalb er auch vertrauensseelig seine Augen schloss und sich fest umarmen ließ.
Sollten die Probleme doch Probleme sein, Hauptsache sie waren im Augenblick weit fort und gaben für einige Zeit Ruhe.
Eine ganze Weile genossen sie es einander zu spüren, bevor sie schließlich einschliefen.
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Nicht ganz zwei Stunden später erwachte Tailin, da ihm ziemlich kalt geworden war und bemerkte irritiert, dass er alleine war.
„Kure?“
Schlagartig hellwach und angefüllt mit einer seltsamen Nervosität stand der Kleine auf, suchte die gesamte Wohnung nach dem Älteren ab.
Vergebens.
Wütend kehrte der Grünhaarige schließlich ins Wohnzimmer zurück und entdeckte einen Zettel auf dem Tisch, den er zuvor übersehen hatte.
Missmutig schnappte er nach dem Papier, ließ sich anschließend auf die Couch fallen.
Bin nach Hause gegangen, wollte dich nicht wecken.
Tut mir leid.
Dein Kure
Was fiel dem Kerl eigentlich ein?
Erst lief er Tailin einen ganzen Monat lang nach und setzte dabei seine Gesundheit aufs Spiel und jetzt, wo der ihm entgegen kam, ließ er ihn einfach alleine liegen?
Das war doch wohl eine totale Frechheit!
Na der konnte was erleben.
Wutendbrand schnappte der Jüngere sich sein Handy und rief Kanji an.
„Ja?“
„Ich bin’s Tailin. Störe ich dich gerade?“
„Nein, schon gut. Ich brauche eh gerade eine Ablenkung, da Rowen vor einer Viertelstunde eingeschlafen ist und nicht mehr mitbekommt, was er bei mir auslöst.“
„Ja, der Kleine sieht echt verführerisch aus, wenn er schläft“, schmunzelte Tailin.
„Das kannst du laut sagen. Aber warum rufst du eigentlich an?“
„Es geht um deinen tollen besten Freund. Ich hatte Erbahmen und hab ihn rauf in meine Wohnung geholt. Wir haben aber nicht geredet und verziehen hab ich ihm auch noch nicht, damit das gleich klar ist. Jedenfalls bin ich eingeschlafen und als ich eben wieder wach geworden bin, war er weg. Hat mir einen lausigen Zettel dagelassen, dass er mich nicht wecken wollte.“
„Und jetzt bist du stinksauer auf ihn.“
„Ja! Gibst du mir seine Adresse? Ich gehe und stauch den Kerl mal richtig zusammen.“
„Tu das. .. Kennst du diesen riesigen Appartementblock im fünften Bezirk?“
„Ja, kenne ich.“
„Gut, Appartement Sieben, oberstes Stockwerk.“
„So was kann der sich leisten“, entfuhr es dem Jüngeren perplex, doch der Braunhaarige schmunzelte nur: „Klar, finanzieren doch seine lieben Eltern. Ich wünsch dir viel Spaß beim Zusammenstauchen.“
„Und ich dir beim Beobachten. Gute Nacht.“
„Nacht Tai.“
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Mit leicht geröteten Wangen blickte Kanji auf seinen friedlich schlummernden Freund herab, der im nächsten Moment leicht die Nase rümpfte und anschließend die Augen öffnete.
„K-chan“, fragte der Kleine irritiert: „Warum schaust du mich denn so komisch an?“
„Du bist einfach nur zum anbeißen süß.“
„Schmeichler“, murrte der Jüngere, wobei er sich auf die Seite drehte.
Das Bett des Braunhaarigen war einfach unglaublich bequem und roch so gut nach ihm.
„Hast du telefoniert?“
„Ja, Tailin scheint endlich zur Vernunft zu kommen.“
Kurz berichtete er dem schlaftrunkenen Jungen, was er selbst gerade erfahren hatte, woraufhin ihn dieser neugierig mit seinen großen hellgrünen Augen anschaute.
„Scheint ja ganz schön in Fahrt zu sein, wenn er sich jetzt noch auf den Weg zu Kure macht. Hoffentlich vertragen sie sich endlich mal. Langsam tut mir unser Möchtegernmacho richtig leid.“
„Oh, was sind denn das für Töne?“
„Stimmt doch. Wie oft war er jetzt schon bei uns und musste sich aufbauen lassen? Er tut so stark, dabei leidet er wie ein Hund.“
„Weiß ich doch mein Liebling, aber die Beiden sind nun mal echte Sturköpfe. Denen können wir einfach nicht helfen.“
„Leider. … Magst du nicht auch schlafen kommen? Ich fühle mich ja so einsam ohne dich“, schnurrte der Grünhaarige keck grinsend.
„Liebend gerne.“
Er schlüpfte unter die Bettdecke, legte sich so dicht wie möglich hinter seinen Liebling und zog ihn liebevoll in seine Arme, bevor er ihm noch einen Gutenachtkuss verpasste - der nicht für kleine Kinder geeignet war.
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Mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend kam Tailin an dem besagten Appartementblock an und fuhr mit dem Fahrstuhl in die oberste Etage.
‚Nummer Sieben hat Kanji gesagt’, erinnerte er sich noch einmal, während er den hellerleuchteten Flur entlang tapste.
Vor besagtem Appartement blieb er schließlich stehen, wollte schon klingeln, als er abrupt in der Bewegung inne hielt und die Hand zum Türgriff führte.
Zögerlich drückte er ihn herunter und schluckte noch einmal, bevor er klopfenden Herzens die Wohnung betrat.
‚Wow, hier ist es bestimm vier mal so groß, wie bei mir zu Hause. Wie viel Geld haben denn seine Eltern’, fragte Tailin sich in Gedanken, während er vorsichtig das riesige Wohnzimmer betrat.
Links schloss sich eine offene Küche und dahinter höchst wahrscheinlich das Badezimmer an.
Rechts befanden sich noch zwei Türen.
Die eine war nur angelehnt und ein schmaler Lichtstreifen drang aus dem Zimmer, das sich dahinter verbarg.
So leise, wie nur möglich betrat der Grünhaarige den Raum und fand sich im Schlafzimmer wieder.
In einem gigantischen Bett lag der gesuchte Braunhaarige und schlief friedlich.
Das Licht - wie der Jüngere nun erkennen konnte - stammte von der Nachttischlampe, die wohl auszuschalten vergessen worden war.
‚Das gibt es doch wohl nicht’, dachte der Kleinere.
Jetzt schlief der Kerl hier einfach seelenruhig?
Wie konnte er nur?
…
Ob es ihm nicht gut ging?
War er vielleicht aus diesem Grund gegangen?
Warum sonst sollte er sich wohl so eine Chance vermasseln und lieber schlafen gehen?
Vorsichtig setzte Tailin sich zu ihm auf die Bettkante, legte eine Hand auf die Stirn des Älteren, um zu fühlen, ob er vielleicht Fieber hatte.
Es fühlte sich tatsächlich so an, doch war der Kleinere sich nicht ganz sicher.
Besorgt deckte er seinen ehemaligen Freund aus Kindertagen zu und ging anschließend in die Küche, machte aber vorsichtshalber noch die Schlafzimmertür zu.
Er wollte ihn ja nicht wecken.
Und nun?
Erst einmal brauchte Kure etwas zum essen, damit er wieder zu Kräften kam.
Der Jüngere glaubte jedenfalls nicht daran, dass er noch etwas zu sich genommen hatte, bevor er ins Bett gegangen war.
Auf der Suche nach etwas essbarem durchforstete der Grünhaarige die Küche, kochte anschließend eine Gemüsesuppe mit Nudeln - das Einzige, was er noch brauchbares gefunden hatte.
Als die Suppe endlich fertig war, füllte er eine Schale davon ab, schnappte sich einen Löffel und brachte beides dem Braunhaarigen.
Wieder setzte er sich auf die Bettkante und streichelte mit der freien Hand dem Älteren über die Wange.
„Kure, wach auf. … Aufwachen du Kindskopf.“
Schwerfällig öffnete der Angesprochene die Augen und fragte verwirrt: „Tailin?“
„Ja. Hier, ich hab dir was zum essen gemacht.“
„Aber wie bist du.. warum bist du...“
„Ich war sauer auf dich. Man lässt niemanden einfach so alleine zurück, merk dir das. Deine Adresse hab ich mir von Kanji besorgt und hier rein gekommen bin ich, weil du die Haustür nicht abgeschlossen hast. Jetzt iss aber erst mal was, ich hole derweil das Fieberthermometer.“
„Brauchst du nicht. Vorhin waren es 38,1°.“
„Hast du wenigstens gleich was dagegen eingenommen?“
„Nein“
„Warum nicht?“
„Weil es mir ganz recht geschieht.“
„Idiot, es ist doch keinem geholfen, wenn du dich mit dem Fieber quälst und am Ende noch ernsthaft krank wirst.“
„Aber…“
„Nichts aber, iss, ich hole dir eine Tablette.“
Der Jüngere stand auf und wollte gerade das Zimmer verlassen, als Kure fragte: „Tailin, wieso tust du das? Wieso kümmerst du dich um mich?“
Milde, beinahe schon irgendwie traurig lächelnd wandte sich ihm der Grünhaarige noch einmal zu: „Weil ich mir Sorgen um dich mache du Dummerchen.“
Mit diesen Worten verließ er den Raum und holte aus dem Badezimmer ein fiebersenkendes Mittel.
Nachdem Kure alles brav aufgegessen und seine Medizin genommen hatte, wandte er sich vorsichtig an sein Kätzchen: „Tailin…“
„Du solltest jetzt lieber schlafen.“
„Aber…“
„Ich werde hier bleiben und auf der Couch schlafen. Hörst du?“
Er streichelte dem Braunhaarigen liebevoll über die Wange: „Ich werde nicht mehr weglaufen.“
Beruhigt ließ der Größere sich zurück in seine Kissen sinken und griff nach Tailins Hand.
„Ich bleibe bei dir, bis du eingeschlafen bist“, versicherte ihm dieser daraufhin.
„Danke.“
Schmunzelnd betrachtete der Jüngere den bereits wenige Sekunden später Eingeschlafenen und dachte: ‚Ich wusste nicht, dass er immer noch so kindliche Charakterzüge an sich hat. Vielleicht liegt es aber auch nur daran, dass er krank ist und deshalb nicht alleine sein will…’
Noch einen Augenblick lang saß er bei dem Älteren, bevor er sich das unbenutzte Kissen auf der anderen Bettseite schnappte und sich mit einer Decke auf die Couch legte.
Jetzt gab es wohl kein zurück mehr.
Aber wenn Tailin ehrlich war, dann wollte er sich nun auch endlich mit seinem Yama vertragen, zumindest wollte er ihn anhören.
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Fertig mit dem Kapi und das noch im alten Jahr *strahl*
Tailin scheint sich endlich abzuregen und zu verstehen, ich hoffe das stimmt die Leute (die er mit seinem Verhalten langsam genervt hat) wieder etwas milder ^^°
An dieser Stelle mal wieder ein gaaaaaaaanz liebes Dankeschön an alle meine Leser und fleißigen Kommischreiber!! ^.^
*alle knuddel*
Ich wünsche allen einen guten Rutsch ins neue Jahr!! =^.^=
*harmlose knallfrösche verteil*
