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Der Süße Schmerz

Was, wenn der seelische Schmerz zu stark wird...
von

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Oneshot

Der Süße Schmerz
 

Schon seit Tagen hatten wir einen Termin nach dem anderen gehabt. Ich hatte kaum Zeit durchzuatmen. David scheuchte uns vom Interview zum Fotoshooting zum Interview. Die anderen Jungs hatten natürlich auch Stress, aber dennoch machte es ihnen nicht so viel aus wie mir...

Ich merkte wie der Stress in den letzten Tagen an mir zehrte. Ich fühlte mich ständig müde, k.o. und krank. Zunehmend hatte ich Depressionen und Angst den Vorstellungen Anderer nicht gerecht zu werden. Tja, es heißt immer so schön, berühmt sein ist doch toll, aber momentan bekam ich die Schattenseiten zu spüren.

Ständig war ich alleine, konnte mich keinem anvertrauen und verlor sogar das Vertrauen zu Tom – meinem Zwillingsbruder. Auch meine Texte wurden ständig trauriger und glichen inzwischen schon einem Hilferuf. Doch keiner half mir.
 

Immer und immer wieder versuchte Tom an mich heranzukommen, was er nach endlosen Versuchen schließlich aufgab. Georg und Gustav hatten den Anschluss zu mir völlig verloren.

Dauernd standen überall wo ich hinging Fans. Kreischend, weinend, schreiend. Doch es interessierte mich nicht. Wie automatisch schrieb ich Autogramme und setzte meine perfekte Maske auf. Immer das süße Popstar-Lächeln, das keiner von ihnen durchschauen konnte.

Niemand merkte wie schlecht es dem Frontmann der momentan berühmtesten und erfolgreichsten Teenyband wirklich ging. Vielleicht wollte es auch keiner sehen. Und im Prinzip war ich froh darüber meine Gefühle geheim halten zu können.

Die Fanliebe artete ebenfalls aus. Mit unserem wachsenden Erfolg wuchs auch die Fangemeinde. Wir hatten Fans in Deutschland, Österreich und der Schweiz, aber auch in Russland, Frankreich und Polen. Auch Italien und Spanien hatten wir bereits erobert. Und demnächst sollten wir Ozeanübergreifend Karriere machen. Unser nächstes großes Ziel war die USA.

Aber wieso sollte ich in der USA auch noch berühmt werden. Mir reichte bereits Deutschland, aber dann kamen auch noch alle anderen Länder hinzu. In Frankreich wurden wir regelrecht verfolgt. Vor unserem Hotel lauerten hunderte kreischende Fans um uns zu sehen und vielleicht noch ein Autogramm zu ergattern. Auch kannten die Französinnen kein Pardon wenn es um Körperkontakt zu uns ging. Bei einem der ersten Konzerte unserer Frankreichtour holte ich wie immer ein Mädchen auf die Bühne. Die Kleine war ziemlich außer sich, was mich zum schmunzeln brachte. Doch dann artete die Situation aus. So gab sich das Mädchen nicht mit einer Umarmung zufrieden, sondern drückte mir noch einen Kuss auf den Mund. Diese Berührung durchzuckte mich wie ein Blitz. Ich war zutiefst erschrocken und auch enttäuscht. Anscheinend hatten die Fans den Respekt vor mir verloren.

Aber wenn diese Berührung die einzige gewesen wäre...
 

Zuvor waren wir in Russland gewesen. Termine überall in Europa und somit auch im Land des Wodkas. Vor unserem Hotel kam es wie immer zu Drängeleien. Wieso sollte es in diesem Land auch anders sein? Die Mädchen schubsten sich wild durch die Gegend, jeder wollte ganz nahe bei uns sein. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte mir das Gedrängel nicht allzu viel ausgemacht. Doch dieser Tag veränderte alles. Eines der Mädchen war besonders dreist, so ließ sie sich auf mich schubsen um mich zu berühren. Doch damit nicht genug. Auf einmal fühlte ich eine unangenehme Berührung im Schritt. Panisch klammerte ich mich an Saki, unseren Bodyguard. Danach weiß ich gar nichts mehr. Tom hat mir erzählt, dass Saki mich aus der Menge gezogen hat. Erst nach und nach realisierte ich, dass dieser Fan mir tatsächlich in den Schritt gegrabscht hatte. Ich war geschockt! Wieso taten die Fans das alles? Merkten sie denn nicht, dass ich nicht dauernd berührt werden wollte und vor allem nicht so. Tom beschwerte sich, dass das ja wohl an Körperverletzung und sexueller Belästigung angrenzte. Doch ich sagte nichts dazu und verkroch mich in meinem Zimmer.

Ich war froh, als wir endlich wieder zurück in Deutschland waren. Denn dort hoffte ich auf etwas mehr Ruhe und Zivilisation. Bei der Verleihung zur Goldenen Stimmgabel erwarteten uns wieder hunderte von Fans. Ich hatte richtig Angst, wieder auf panische Fans und Mädchen zu treffen, die mich anfassen wollten, die mir zu nahe traten. Trotz allem lief alles geregelt ab. Auch als wir gegen halb zwei Uhr nachts die Aftershowparty verließen benahmen sich die Fans zivilisiert und ruhig. Keiner kam auf die Idee mich anzufassen oder Panik zu schieben. Ich war richtig froh als ich wieder im Van saß und nichts passiert war. Also war der sicherste Ort doch Deutschland.
 

Voll Optimismus gingen wir auf die MTV EMA zu, denn immerhin waren wir für 2 Awards nominiert und wir durften bei diesem riesigen Event auftreten. Eine Ehre für jede Band – so auch für uns. Wir hatten uns am Tag dieser Veranstaltung in unseren Hotelzimmern verschanzt und wollten erst gegen Nachmittag in Richtung Olympiahalle fahren. Was ich nicht wusste... einige Fans hatten sich schon seit der letzten Nacht vor unserer Unterkunft getroffen und warteten ungeduldig auf ihre Lieblingsband. Als wir in die Lobby kamen, wurde uns von Saki die Situation geschildert. Wir sollten nach draußen gehen und Autogramme für die wartenden Fans schreiben. Klar, dachte ich noch, das ist ja kein Problem. Doch als ich dann sah, wie die Fans dort standen und wie viele das waren, stieg die Angst in mir hoch. Sie hatten sich alle rechts und links von einem schmalen Gang aufgestellt und wirkten sehr aufgeregt. Doch ein Zurück gab es nicht. Saki drängte uns in Richtung Ausgang. Den einzigen Kommentar , denich dazu hatte war „Oh mein Gott!“ und diese Worte sage ich äußerst selten. Und es kam wie es kommen musste. Panik machte sich bei den Mädchen breit und sie stürmten alle auf mich zu. Und ihre Panik ging auf mich über. Dennoch versuchte ich so ruhig wie möglich links und rechts und vor und hinter mir Autogramme zu geben und so einen Fan nach dem nächsten abzufertigen. Trotzdem berührten mich einige von ihnen und meine Panik wuchs. Ich hatte Mühe mich auf den Beinen zu halten und weiter mutig Autogramme zu schreiben. Ich weiß nicht wie, aber schließlich haben wir uns doch alle mehr oder weniger heil in dem Bus, der uns zur Halle bringen sollte eingefunden und ich atmete erst einmal durch. Danach war der Abend eigentlich ein Erfolg und es gab so gut wie keine Zwischenfälle mehr.

Aber dennoch hatte Deutschland die Sicherheit und Geborgenheit für mich verloren. Jetzt musste ich also sogar in meinem Heimatland Angst haben. Angst vor Berührungen und vor Menschen.
 

Nach den Music Awards stand das Abschlusskonzert unserer Zimmer 483 Tour an. Eigentlich hätte ich das am liebsten abgesagt. Doch ich dachte an unsere Fans. Immerhin gab es nicht nur solche, die mich überfielen, sondern auch welche, die unsere Musik liebten und uns live sehen wollten. Also auch noch dieser Termin. Wir hatten uns schon am Tag vor dem Gig in einem 5-Sterne-Hotel in Essen verkrochen und ich hoffte darauf, dass die Fans das Hotel nicht herausfinden würden. Aber am nächsten Mittag, als wir zum Soundcheck mussten, erneut die Enttäuschung. Mindestens 50 Fans standen fein in einer Reihe neben dem Eingang des Hotels. Und wieder hatten unsere Bodyguards keine Gnade mit uns. So wurden wir auch diesmal von Tobias hinausgebracht und sollten Autogramme geben um die aufgewühlten Gemüter der Mädchen und Jungs zu beruhigen. Und doch artete es wieder aus. Als ich nach einer Schlacht mit den Fans endlich im Van saß – schwor ich mir irgendwas zu unternehmen. So durfte das nicht weiter gehen. Es ging einfach nicht. Ich wollte nicht ständig Angst vor unseren Fans haben oder mit Panik von ihnen eingequetscht irgendwo Autogramme geben müssen. Aber was sollte ich schon ausrichten. Die meisten Fans hatten immerhin keinen Respekt vor mir.

Ich hatte eigentlich alles verloren. Und das wegen der Karriere. Immer wieder fragte man mich in Interviews ob ich denn glücklich wäre. Und wie das Management befahl antwortete ich ständig mit „Ja ich bin sehr glücklich und es ist der Wahnsinn wie unsere Fans uns unterstützten“. Wen interessierte es schon, wie es mir wirklich ging...

Ich hatte das Gefühl ganz alleine zu sein. Klar, ich liebte es immer noch auf der Bühne zu stehen, dort konnte ich frei sein, dort hatte ich Spaß. Aber dennoch war mein Leben ein einziger Alptraum. Tom konnte das alles einfacher wegstecken als ich. Auch Georg und Gustav hatten nicht so viele Probleme wie ich. Und ich wollte sie alle auch nicht damit belasten. Immer mehr zog ich mich in mich selbst zurück. Saß oft Stundenlang am Fenster oder auf meinem Bett und grübelte, was ich machen konnte, damit es mir besser geht.

Und die innere Leere wuchs und wuchs. Ich hatte Angst irgendwann gar nichts mehr zu haben, Angst vor jeglicher Berührung und Angst vor Menschenmassen. Oft saß ich einsam und verlassen in einer Ecke unserer Garderobe und starrte vor mich hin, mit den Gedanken ganz wo anders. Ich weiß nicht warum, aber irgendetwas gab mir immer die Kraft weiter zu machen. Irgendwas, das ich schon lange suche. Doch gefunden habe ich es nie. Dabei war es mir oft so nahe, zum Greifen nahe – doch ich sah meine Kraftquelle nicht. Auch über diese Quelle dachte ich in dieser Zeit oft nach.
 

Was war eigentlich wenn ich versagen sollte? Würde ich jemals ein normales Leben führen können? Ob ich wohl enden würde wie Britney Spears?

Die Fragen bohrten sich in meine Seele und hinterließen große Löcher. Und dann... dann war da noch der Streit mit Tom. Natürlich hatte er gemerkt, dass es mir nicht gut ging bei der ganzen Sache, doch er hatte sich immer im Hintergrund gehalten und hatte mir nie hineingeredet. Doch an diesem einen Abend nahm er mich richtig in die Mangel. Er schrie mich schon fast an, warum ich ihn nicht mehr an mich heranlassen würde, warum ich nur noch alleine war und warum ich nicht mit ihm sprach. Ich fühlte, dass er Angst hatte – Angst mich zu verlieren. Und doch konnte ich ihm nicht sagen was mich so plagte. Ich lächelte ihn an und sagte ich würde es schon schaffen. Schließlich gab er sich damit zufrieden. Dann war ich wieder alleine. Alleine und endlich wieder Zuhause. Aber dennoch konnte ich es nicht genießen. Die Tatsache, dass ich gerade dabei war allen zu entgleiten und zu vereinsamen hatte sich tief in meinem Herzen festgesetzt und ließ mich leiden, so wie ich noch nie gelitten hatte. Irgendwann beschloss ich duschen zu gehen um vielleicht unter der Dusche einen kühlen Kopf zu bekommen und mich zu beruhigen.
 

Ich hatte das Badezimmer abgeschlossen und stand nun vor dem Spiegel. Aber die Person die ich sah kannte ich nicht. Ich hatte etwas zugenommen, da ich wegen dem vielen seelischen Stress angefangen hatte unkontrolliert Süßigkeiten zu Essen. Viele hätten meine Gewichtszunahme als gut empfunden, aber ich sah es mit anderen Augen. Ich war blass, bemerkte ich, als mein Blick von meinem Körper wieder auf mein Gesicht wanderte. Und meine Augen hatten keinen Glanz mehr; auch mein Lächeln war nicht echt, sondern nur aufgesetzt um anderen zu gefallen. Andere – ich dachte dauernd an Andere. Und wer dachte an mich? Der Schmerz in meiner Seele wurde stärker als je zu vor und es war kaum auszuhalten. Ich fühlte wie warme Tränen über meine blasse Haut rannen und der klägliche Versuch ein Lächeln auf den Lippen zu behalten scheiterte als ich laut aufschluchzen musste. Warum bin ich nur so schwach? Fragte ich mich die ganze Zeit und diese Frage wollte meinen Kopf nicht mehr verlassen. Auch nicht, als ich im Spiegelschrank die Rasierklingen meiner Mutter entdeckte. Plötzlich legte sich ein seliges Lächeln auf meine Lippen. Wie in Trance griff ich nach dem scharfen Stück Metal. Und ehe ich noch einmal darüber nachdenken konnte, hatte ich mir bereits einen tiefen Schnitt in den Arm gemacht. Genau wie meine Tränen nicht aufhören wollten zu fliesen, so konnte ich nicht aufhören zu lächeln. Und mit diesem Lächeln auf den Lippen sah ich zu, wie mein rotes Blut aus der Wunde rann und sich langsam meinen Arm hinabschlängelte. Und erst jetzt fühlte ich den Schmerz an meinem Arm, der süße Schmerz, der stärker war als der seelische, den ich seit Monaten ertragen musste.
 

Und ich war glücklich...



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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Von:  Brini_Supernova
2008-02-07T23:09:35+00:00 08.02.2008 00:09
wunder schön! =D
muss ich fast weinen!
und dann hab ich sie sogar vorgelesen bekommen!
feini x3
Von: abgemeldet
2007-11-25T10:20:53+00:00 25.11.2007 11:20
hast es super geschrieben ^^
hast sowas von talent zur schriftstellerin ^^
aber mach dir keinen kopf das wird schon alels wieder gut
Von: abgemeldet
2007-11-19T19:40:11+00:00 19.11.2007 20:40
auch wenn es von vrnherein klar war wie es endet ischs ne hammer geschichte die Billperspektive ischhammer es kommt einem wirklich so vor als hätte der des geschrieben *knuff* isch hammer
schreib mehr ^^b
Von: abgemeldet
2007-11-19T19:20:54+00:00 19.11.2007 20:20
wow..
.au sprachlos bin.
sehr schön erzählt..man kann richtig mitfühlen und empfinden..

sehr gerührt bin..
.tränen nahe is.

wirklich sehr schön

.kisu.

nina.chan
Von:  chaos-kao
2007-11-18T21:06:57+00:00 18.11.2007 22:06
Kann der vor mir nur Recht geben ... man merkt, dass du mitleidest ... Schreibtechnisch bist du auch viel besser als ich ^^ Hab nichts zu beanstanden ^^
Gruß
KaNi
Von:  kuroMiya
2007-11-18T19:01:52+00:00 18.11.2007 20:01
...*sprachlos desu*

eine sehr heftige Geschichte...
Die trifft ein iwie voll. man kann richtig mitfühlen.

Ich mag die Story.. aber iwie macht mir das Angst...
liegt wahrscheinlich daran, dass du gemeint hast das da viel Wahrheit drinsteckt..

HDL
miya^^


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