Zum Inhalt der Seite

Kurzgeschichten

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Schmerz des Verlustes

Schmerz des Verlustes
 

Still und verlassen lag sie da, die Bibliothek, das Herzstück des alten Schlosses. Leere Regale säumten die Wände und ab und zu standen noch vereinzelt Kerzenhalter auf dem bereits vergilbten Teppich.

Doch das war nicht immer so gewesen. Als ich noch Herrin über dieses Schloss war, hatte alles anders ausgesehen. Die Regale waren bis zum Bersten mit Büchern und Karten gefüllt gewesen.

Die größten und berühmtesten Gelehrten des Landes waren hierher gekommen um ihr Wissen mit mir zu teilen oder selbst noch etwas zu lernen. Es gab keine ruhige Minute in diesen Raum, ständig wurde diskutiert, Thesen ausgetauscht, gestritten und trotzdem fand ich immer einen Platz, wo ich in Ruhe ein Buch lesen konnte. Doch diese Zeit war vorbei. Nie wieder würde ich hier ein Buch lesen können.

Ein leises Gefühl der Traurigkeit beschleicht mich, als ich endlich den Mut finde die Bibliothek zu betreten. Eigentlich seltsam, wo meine Diener mich früher mit Engelszungen überreden mussten, um diesen Raum zu verlassen. Ich liebe Bücher, liebte sie schon immer. Sie waren für mich, ein einsames, kränkliches Kind, die einzigen Freunde. Ich weiß natürlich, dass sie keine wirklichen Freunde ersetzen können, schließlich bestehen sie nur aus bedruckten Papier, das hat sich in all den Jahrhunderten nicht verändert. Doch jeder der einmal ein Buch gelesen hat, weiß das es mehr ist als nur bedrucktes Papier. Es ist eine Möglichkeit sich zu bilden, Abenteuer zu erleben oder Reisen anzutreten für die der Stand der Technik noch nicht fähig ist. Bücher sind ein Geschenk und nicht, wie heutzutage die meisten Menschen denken, ein notwendiges Übel um Kinder in der Schule zu quälen. Wo sonst ist es möglich gemeinsam mit Piraten zu kämpfen, mit mutigen Eroberern neue Welten zu entdecken oder mit einem mutigen Ritter um das Herz seiner angebeteten Prinzessin zu werben? Kein Film lässt einen so mitfiebern wie ein gut geschriebenes Buch.

Etwas in meiner Brust zieht sich zusammen, als ich an ein leeres Regal trete. Zitternd strecke ich die Hand danach aus, doch kurz bevor diese das Holz berührt halte ich inne. Resigniert lasse ich sie wieder sinken. Es hat ja doch keinen Sinn mehr, ich würde sowieso nichts spüren, denn der Zauber der diesen einfachen Holzmöbeln innewohnte ist schon lange verflogen. Der neue Besitzer des Schlosses macht sich nichts aus Büchern, für ihn zählen nur andere bedruckte Papierstücke und zwar die des Geldes. Es ist traurig, aber in dieser Welt hat schon immer die Gier über die Phantasie gesiegt.

Auch hier feierte die Gier einen erneuten Sieg.

Schon morgen würden die Bauarbeiter die letzten wertvollen Möbel wegbringen, in irgendein Museum oder an wen auch immer sie verkauft wurden. Dann übermorgen würden die Maschinen kommen und dieses Schloss niederreißen. Diese Bibliothek würde verschwinden und ich mit ihr. Denn die Liebe zu diesem Raum, zu dem was er bedeutet, war es das mich in dieser Welt hielt.

Der Schmerz über diesen Verlust steigt in mir hoch und ich fange an zu schluchzen. Die Fähigkeit zu weinen habe ich schon lange verloren, doch die Gefühle sind mir geblieben. Es ist ein grausamen Schicksal das mir als Gespenst zugedacht ist. Zu sehen wie das was mir am Liebsten ist zerstört wird und nichts dagegen tun zu können.

Heute werden wieder die Gänge des Schlossen von meinem Schluchzen widerhallen. Vom Schluchzen des Schlossgespenstes.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (2)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2007-12-03T10:49:49+00:00 03.12.2007 11:49
Das ist echt gut geschrieben und wenn man Bücher auch liebt kann man auch so richtig mitfühlen!

Von:  Vanillaspirit
2007-11-20T22:13:11+00:00 20.11.2007 23:13
Ich weiß immer noch nicht, wieso diese beiden Fragen aufgeworfen wurden. Sry, aber sie ist tot, das bemerkt man am Schluss und es spielt in der Neuzeit.

Du hast hier und da ein paar Stolperstellen im Stil, der aber durchaus zu der Redensart einer mittelalterlichen Dame passen würde. Von daher ist ihre Person und die fast naive, kindliche Liebe zu Büchern gut gelungen.

Aufgefallen ist mir:
> Etwas in meiner Brust zieht sich zusammen, als ich an ein leeres Regal trete. Zitternd strecke ich die Hand danach aus, doch kurz bevor meine Hand das Holz berührt halte ich inne. Resigniert lasse ich meine Hand wieder sinken.

Du benutzt Hand hier ziemlich oft, etwas zu oft. Vermutlich hast du das nur übersehen ^^

Insgesamt gefällt mir der Kontrast zwischen dem Alten und Neuen, zwischen aufrichtiger Liebe und kaltem Kommerz, der das alles bedroht. Gefällt mir.


Zurück