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Das Blut der Lasair

von

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Vorbereitungen für Imbolc

Vorbereitungen für Imbolc
 


 

Elizabeth erwartete also Gäste zum Imbolc-Fest, was Catherine das rege Treiben erklärte. Die Mädchen bastelten und flochten Kränze, verteilten Kerzen im Haus und fertigten Girlanden aus Zweigen, Blättern und den ersten Blüten.

„Was genau wird eigentlich an Imbolc gefeiert?“ fragte Catherine, worauf Lea sie einen Moment verständnislos anblickte.

„Du warst stundenlang in der Bibliothek und hast dich nicht einmal über unsere grundlegenden Bräuche informiert?“

„Wozu? Dafür habe ich doch dich.“ entgegnete Catherine und Lea nickte versöhnlich.

„Wir feiern die Erholung der Göttin von der Geburt des Gottes. Die Tage werden wieder länger, da ihre Kräfte zurückkehren…“ Catherine nickte.

„Es ist ein keltisches Fest, nicht wahr?“

„Ja, wieso?“ Catherine schüttelte den Kopf. „Die Hexen haben sich die keltischen Bräuche bewahrt, die vor der Christianisierung alle Menschen ausgeübt haben. Sie wandern noch auf dem alten Weg, wie meine Oma immer so schön sagt. Die Christen… sind nicht gerade sehr schlau. Viele verabscheuen unsere Bräuche und wundern sich nicht einmal, warum sie zu bestimmten Zeiten bestimmte Feste feiern. Ostern war früher Ostara. Weihnachten liegt auf der Wintersonnwende. An Imbolc feiern sie Lichtmess. Und das wissen sie nicht einmal.“ Lea klang nachdenklich. Catherine sagte nichts. „Hast du mit Elizabeth über deinen Namen gesprochen?“ fragte Lea nach einer kurzen Pause.

„Nein. Ich habe mit ihr nicht einmal über das Ritual gesprochen… Du kannst mir darüber ja auch nichts sagen, da du es noch nicht hinter dich gebracht hast. Oder kennst du es trotzdem?“ Lea schüttelte den Kopf.

„Das Ritual ist nach dem eigentlichen Fest. Da sind wir jungen nicht mehr dabei. Die Zeremonie wird in keinem Buch beschrieben – sie ist geheim. Hexen erfahren erst Näheres, wenn sie selbst ihren Namen offiziell bekommen.“ entgegnete Lea etwas missmutig und zog das Band um das eine Ende der Girlande zu.

„Wer sind die Gäste, die kommen werden? Weißt du etwas über die?“

„Meine Mutter wird mit ihnen kommen.“

„Deine Mutter?“ Lea nickte.

„Sie kann nicht bei mir sein, da sie viel arbeitet, aber…“

„Was arbeitet sie?“

„Irgendetwas mit Studien über paranormale Beobachtungen. Genau weiß ich das nicht.“ Catherine nickte. „Also wie gesagt: meine Mutter wird kommen und noch einige andere Hexen. Wir leben über die Erde verstreut, aber zu Imbolc kommen wir immer zusammen.“

„Ist das immer hier?“

„Ja, zumindest alle Hexen, die hier als Kinder waren, kommen an diesen Ort zurück. Es ist ein magischer Ort. Hier fließen unglaublich viele Energien. Ich glaube, hier ist vor langer Zeit etwas geschehen.“

„Glaubst du das, oder weißt du das?“

„Ich glaube es. Und ich habe etwas in die Richtung gelesen. Ein starker Einfluss und starke übernatürliche Kräfte… manchmal kann ich sie sogar spüren, glaube ich.“

Catherine hatte genug gesehen, um das nicht unheimlich zu finden, doch sie wusste nicht genau, wie es bei Lea aussah, wenn sie etwas spürte. Hatte sie Visionen? Oder Ahnungen? Träume?

„Na, Elizabeth sagt, meine Sinne seien noch nicht so ausgeprägt, aber ich habe das Gefühl, dass sie mir trotzdem glaubt.“ Catherine nickte.

„Warum auch nicht? Vielleicht spürt sie es ja selbst auch.“ Jessy kam herein und legte mehrere Blätter vor die beiden hin.

„Verdammt… Jetzt habe ich die Erikablüten vergessen!“ meinte sie mehr zu sich als zu Catherine und Lea und wollte wieder aus dem Zimmer.

„Nein, bleib hier! Ich geh schon!“ bot Catherine an und verließ den Raum.
 

Sie musste sich nicht beeilen, denn die beiden konnten auch mit etwas anderem weitermachen, das wusste Catherine. Langsam streifte sie durch den Park und zog das kleine Messer aus ihrer Tasche, als sie beim Beet mit den Erikapflanzen ankam. In regelmäßigen Abständen trennte sie mehrere Halme ab, bis sie einen mittelgroßen Strauß in der linken Hand hielt und klappte das Messer wieder zu. Catherine wollte sich gerade auf den Rückweg machen, als sie in der Ferne unter einer noch kahlen Baumgruppe mehrere Steinblöcke erblickte. Neugierig näherte sie sich und blickte zurück zum Schloss. Die Fenster ihrer Zimmer konnte sie sehen, doch warum waren ihr diese großen Steine nie aufgefallen? Vielleicht hatte sie sie wegen des Schnees nicht gesehen, aber vor zwei Wochen hatte der doch begonnen zu schmelzen. Kopfschüttelnd ging sie weiter und blieb bei den ersten Bäumen stehen. Ihre Finger fuhren den nassen Baumstamm entlang. Catherine ging vorsichtig weiter. Der Boden war aufgeweicht und rutschig. Der Nebel hing schwer und tief. Kälte und Nässe krochen langsam an Catherine hoch. Das waren Grabmäler – alte, gälische Grabsteine. Catherine blieb stehen und blickte sich um. Sie reihten sich aneinander – krumm und verwittert, immer wieder unterbrochen von Bäumen und Sträuchern. Plötzlich erblickte Catherine zwischen den Bäumen, Steinen und dem Nebel eine Gestalt. Catherine stieß einen erschreckten Schrei aus und wich einige Schritte zurück. Die Frauengestalt hielt ihren Blick gesenkt. Sie lehnte an einem keltischen Kreuz aus Stein und grub ihre Finger seitlich in das Monument. Ihr Atem ging schwer. Catherine konnte ihn hören. Nein, nicht hören – in sich spüren. Das rote Haar der Frau wehte im Wind und plötzlich blickte sie auf. Catherine sah in ihr eigenes Gesicht.

„Cate! Wo bleibst du? Ist etwas passiert?“ Lea kam auf das Rasenstück und blieb stehen.

„Nein, es ist alles in Ordnung!“ rief Catherine zurück und wandte den Blick wieder dem Grabstein zu.

Die Frau… Das Abbild einer Frau war verschwunden. Dort hatte sie gestanden. Sie hatte sich nicht getäuscht. Oder? Es war neblig und man konnte kaum die Hand vor Augen sehen. Es war durchaus auch möglich, dass sie sich getäuscht hatte. Catherine erreichte das steinerne Kreuz und betrachtete es. Ein normales keltisches Kreuz mit den Knotenmustern.

„Cate! Komm jetzt!“

„Ja!“ Catherine ging ein paar Schritte auf Lea zu und wandte sich noch einmal um, doch sie war tatsächlich verschwunden.

Catherine stellte mit Lea noch die restlichen die Kerzen auf. Lea redete und Catherine nickte.

„Wo bist du eigentlich mit deinen Gedanken?“

„Bei den Gräbern.“

„Dieser unheimliche Ort hat bisher alle eine gewisse Zeit lang fasziniert. Das gibt sich meistens schnell wieder.“

„Seit wann lebst du hier?“

„Seit meinem siebten Lebensjahr.“

„Und dein Vater?“

„Mein Vater ist viel unterwegs und auch ganz froh, dass seine abnormale Tochter nicht bei ihm ist.“

„Ist das so?“ Lea zuckte die Schultern.

„Mein Vater ist okay. Ja, doch. Das ist er. Allerdings kann ich nicht ständig um ihn sein.“

„Wieso nicht?“

„Ich ertrage seinen Blick nicht. Ich bereite ihm Schmerzen, wenn ich da bin.“ Catherine sah Lea an. „Er denkt dann immer an Mama. Sie hat ihn verlassen. Und er gibt der Magie die Schuld daran.“ Lea seufzte. „Ja, es ist nie leicht.“
 

Am nächsten Morgen fuhren mehrere Wagen vor, aus denen nur Frauen ausstiegen. Catherine wartete mit Elizabeth in deren Büro und blickte aus dem Fenster.

„Sind das alles Hexen?“

„Ja.“ meinte Elizabeth schlicht. „Ich werde sie Ihnen nur mit ihren wahren Namen vorstellen, da wir uns während Imbolc nur mit diesen ansprechen. Und ich bin übrigens Saerlaith.“ fügte Elizabeth hinzu und wartete, bis einige der Frauen eintraten. Sie begrüßte sie und wurde begrüßt. Dann stellte Elizabeth die Frauen Catherine vor. Elatha, Keena und Blaithin. Catherine nickte ihnen zu und sie nickten etwas reserviert zurück.

„Saerlaith, wer ist sie?“

„Sie ist… wird eine von uns sein.“

„Sie hat noch keinen Namen? Saerlaith, was soll das Kind ohne Namen?“

„Du hättest ihr einen geben müssen, wenn sie schon keinen hat.“ Catherine fühlte sich nicht, als sei sie anwesend und meinte deshalb:

„Ich habe einen Namen. Catherine.“ Die Hexen lächelten gezwungen, doch dann nickten sie.

„Der wird es tun – bis heute Abend.“ meinte Elatha und Elizabeth ergriff wieder das Wort:

„Was gibt es Neues von der Bruderschaft?“ Elatha blickte Catherine fragend an, doch sie schüttelte den Kopf.

„Wir hatten seit einiger Zeit keinen Kontakt zu Marius.“

„Wer ist Marius?“ fragte Catherine, doch Elizabeth antwortete nicht.

„Blaithin, was hast du erfahren?“ fragte sie stattdessen.

„Wir müssen vorsichtig sein. Am besten, wir halten die Mädchen dazu an, drinnen zu bleiben. Etwas Konkretes habe ich zwar nicht, aber…“

„In Ordnung.“ Elizabeth nickte. „Sie bleiben drinnen. Catherine, sagen Sie es ihnen bitte!“ Catherine nickte und verließ das Büro.
 

Den Rest des Tages verbrachte auch Catherine drinnen, obwohl es sie nach draußen zog. Sie wollte noch einmal zu den Gräbern, sobald nicht alle paar Minuten jemand etwas von ihr wollte, doch daraus wurde nichts. Es dämmerte bereits, als sie sich in ihr Zimmer zurückzog, um ihre Robe anzulegen. Sie betrachtete sich noch kurz im Spiegel: das lange Gewand besaß nur an den Säumen und am Ausschnitt eine orangefarbene Bordüre und einen orangefarbenen Gürtel, ansonsten war der Stoff weiß und fließend. Weiß und Orange waren die Farben von Imbolc. Sobald die Nacht ganz hereingebrochen war, würde das Fest beginnen.



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