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Das Blut der Lasair

von

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Schließfach Nr. 1187

Schließfach Nr. 1187
 


 

Catherine und Lea standen am nächsten Morgen früh auf, wuschen und richteten sich, frühstückten schnell etwas und saßen dann auch schon wieder im Taxi zur Bank. Lea war still, da sie noch müde war, Catherine dachte nach und hoffte inständig, irgendetwas zu finden, das in irgendeiner Hinsicht brauchbar war. Sie hatte es so satt, auf der Stelle zu treten und keinen Millimeter voranzukommen. Armand kam ihr wieder in den Sinn. Wie langweilig musste ihm in seinem unsterblichen Leben sein, wenn er sie wirklich ohne Grund aufgesucht hatte, obwohl sie überhaupt nicht längere Zeit etwas miteinander zu tun gehabt hatte. Armand war gekommen, Catherine und Lestat hatten Elizabeth die Runen gebracht, sie hatte ihren Namen erhalten und dann waren die Vampire auch schon wieder verschwunden – und Armand mit ihnen. Ihr Name! Catherine musste sich beherrschen, kein abfälliges Geräusch von sich zu geben. Sie erinnerte sich, dass sie darum gebeten hatte, weiterhin Catherine genannt zu werden, doch trotzdem sprachen Elizabeth und Elatha und all die anderen nur noch Lasair an. Elizabeth, die sie jetzt ja auch Saerlaith nennen sollte, und Elatha, deren bürgerlichen Namen sie nicht einmal kannte.

„Ist alles klar? Denkst du an Armand?“ fragte Lea plötzlich und riss Catherine aus ihren Gedanken.

„Wie kommst du darauf?“ fragte Catherine.

„Was fesselt dich sonst so, dass du nicht bemerkst, dass wir da sind. Gib’ dem Fahrer sein Geld und dann steig’ aus.“ meinte Lea und verließ den Wagen. Catherine kramte in ihrer Tasche und bezahlte den Taxifahrer, ehe sie Lea nachging.

Albert wartete bereits in seinem Büro und nahm sofort die Schlüssel zu den Kellerräumen und den Schließfächern mit sich. Seine Sekretärin wies er an, bei eingehenden Telefonaten zu sagen, er sei in einer wichtigen Sitzung und im Moment für niemanden zu sprechen – auch nicht für seine Frau, die ja eh dauernd anrief. Catherine musste sich ein Lächeln verkneifen und folgte ihm dann mit Lea die Halle entlang, schließlich eine Treppe hinunter und durch mehrere Türen mit Zahlencodes in die Kellerräume hinab. Lea sah sich um und war sich völlig sicher, dass hier nichts weg kam. Es war unmöglich, hier ungesehen herein oder hinaus zu kommen. Nach vier Türen und vier Sicherheitsbarrieren musste sich Albert noch mit seinem Ausweis vor einem Sicherheitsbeamten aufbauen, der seinen Fingerabdruck überprüfte und schließlich grünes Licht gab.

„So, da wären wir. Ihr Großvater hatte das Schließfach Nr. 1187… Wo ist es denn? Ah, ja! Hier.“ meinte Albert und händigte Catherine einen einzelnen Schlüssel aus.

Sie zögerte.

„Das hat seine Richtigkeit. Diesen Schlüssel hat ihr Großvater bei seinem letzten Aufenthalt hier gelassen, damit Sie ihn erhalten.“

Catherine nahm den Schlüssel entgegen und Albert machte ihr vor dem Schließfach Platz, damit sie aufschließen konnte. Sie steckte den kleinen silberfarbenen Schlüssel in das Schloss und drehte ihn zweimal herum. Das flache Türchen sprang auf und Catherine griff nach dem Kästchen aus Metall, in dem die Sachen ihres Großvaters lagen. Sie zog es heraus und stellte es vorsichtig auf dem Tisch ab, der neben ihr stand. Ihr Atem wurde schneller, das bemerkte sie, doch das lag einfach an der Situation. Was auch immer ihr Großvater versteckt hatte, würde sie nun sehen. Und sie war die erste Person nach ungefähr 14 Jahren, die es sehen würde.

„In Ordnung, Miss du Ravin. Dort drüben steht ihnen ein Raum zur Verfügung, den sie von innen abschließen können. Anders als hier gibt es dort keine Videoüberwachung, sodass sie in Ruhe und unbeobachtet durchsehen können, was ihr Großvater ausdrücklich Ihnen hinterlassen hat.“ meldete sich Albert wieder zu Wort und wies auf eine Tür, die in einen kleinen Raum führte, in dem lediglich ein Tisch und zwei Stühle standen und mehrere grelle Neonlampen an der Decke angebracht waren. Der Boden war mit robustem, hellbraunem Teppich ausgelegt und in der Ecke standen noch auf einem Regal Gläser und Wasserflaschen. Catherine zog den Schlüssel vom Schließfach ab und nahm ihn an sich.

„Der Raum ist außerdem schalldicht, sodass Sie ungehindert sprechen können.“ fügte Albert hinzu, während Catherine lächelnd das Kästchen aufnahm.

„Ich denke nicht, dass mein Großvater derartige Geheimnisse hatte.“ meinte sie, da es nötig war, so etwas zu sagen, obwohl sie genau wusste, dass es gelogen war.

„Hier steckt der Schlüssel. Wenn Sie fertig sind, schließen Sie einfach wieder ein, was Sie nicht mitnehmen möchten, und sagen Sie dem Sicherheitsbeamten Bescheid. Er wird mich dann in meinem Büro anrufen und ich hole Sie wieder ab. Haben Sie noch Fragen?“

„Nein, alles klar. Vielen Dank, Sir.“

„Mit Vergnügen, Miss.“ Albert nickte, wie noch einmal auf den Schlüssel hin und verließ dann die Kellerräumlichkeiten, nachdem er noch einmal genickt hatte.
 

Catherine und Lea sahen ihm nach, bis er verschwunden war.

„Ziemlich nervös, der gute Mann.“ murmelte Lea und ging nun ganz in den Raum hinein. Catherine folgte ihr.

„Frag’ mal mich! Ich könnte auch ausrasten vor Anspannung.“ gab Catherine zurück und legte das Kästchen auf den Tisch. Die Neonlampe summte.

„Dann gibt es wohl nur eine Sache, die wir tun können.“ vermutete Lea, worauf Catherine nickte, zur Tür ging und abschloss.

„Nachsehen.“ flüsterte sie.

Sie war aufgeregt. Sehr aufgeregt. Ihr Herz raste, ihre Finger zitterten und ihre Gedanken waren schon bei dem, was vielleicht in dem Kästchen sein könnte. Hoffnung und Enttäuschung lagen in ihrem Leben einfach zu dicht beieinander, dass sie nun nicht wirklich glauben konnte, einen Schritt weiter zu kommen. Und wenn sie nachsah, konnte sie enttäuscht werden. Aber wenn sie nicht nachsah, würde die Neugier sie umbringen. Lea beobachtete sie. Sie sah förmlich, wie die verschiedenen Gedanken über Catherines Gesicht huschten, so wie sie mit Sicherheit in ihrem Kopf kreisten.

„Es hilf alles nichts.“ murmelte Catherine und steckte den Schlüssel des Schließfachs nun noch einmal in das Schloss des Kästchens.

Ein Klicken ertönte und dann sprang der Deckel aus seiner Verankerung, sodass Catherine ihn anheben konnte. Langsam öffnete sie und blickte dann längere Zeit auf den Inhalt, der sich aus Papieren und kleineren Schachteln zusammensetzte.

„Okay… Wir brauchen Jahre, um das alles durchzugehen.“ meinte Lea plötzlich, worauf Catherine den Kopf schüttelte.

„Das geht schnell, du wirst schon sehen. Ich wette, hier ist auch vieles, das wir schon wissen.“

„Trotzdem sollten wir uns alles ansehen, damit wir wirklich nichts übersehen. Willst du das alles mitnehmen?“

„Ja, ich könnte mich nicht entscheiden, was ich hier eingeschlossen lasse, wenn ich die Unterlagen noch nicht kenne.“ meinte Catherine und legte den Stapel Unterlagen neben das Kästchen. Schnell las sie die jeweiligen ersten Zeilen durch, doch stieß noch nicht auf etwas Neues. Lea sah sich die kleinen Schachteln an, die allerdings nur private Dinge zu enthalten schienen.

„Und?“ fragte sie deshalb, als Catherine den Stapel im Schnellverfahren gesichtet hatte.

„Es scheint alles etwas mit übernatürlichen Dingen zu tun haben, also nehmen wir auf jeden Fall diese Unterlagen alle mit. Was hast du da?“ entgegnete Catherine und blickte Lea an.

„Photos, Briefe… Schmuck. Und das hier.“ meinte sie und reichte Catherine ein kleines Buch, das ziemlich mitgenommen aussah. Der Einband war aus Leder, doch auch schon ziemlich abgerieben, und als Catherine das Buch behutsam aufschlug, zerbrach die erste Seite wie eine dünne Eisplatte über einer Pfütze.

„Verdammt!“ zischte sie und bemühte sich, noch vorsichtiger zu sein.

„Was ist das? Kannst du schon etwas erkennen?“ fragte Lea neugierig und lehnte sich ein Stückchen nach vorne, um besser sehen zu können.

„Ich weiß es nicht…“ begann Catherine, dann konzentrierte sie sich wieder auf ihre Arbeit und schaffte es, das nächste Blatt vorsichtig von den anderen Blättern abzutrennen, ohne dass es brach oder bröselte.

„Es ist auf jeden Fall alt und nicht im besten Zustand.“ stellte Lea fest, worauf Catherine nur stumm nickte und begann, die Seite zu studieren, die sie aufgeschlagen hatte. Feine Tintenstriche waren spärlich über das Blatt verteilt, doch regelmäßig und sehr sorgfältig.

„Es sieht aus wie eine Art Tagebuch oder… Ja, so etwas in der Art. Hier steht rechts oben gleich ein Datum.“ erzählte Catherine, da Lea nicht in das Buch blicken konnte.

„Zeig’ mal! Kannst du es entziffern?“ Catherine hielt ihr kurz das Buch hin, dann nahm sie es wieder an sich und las das Datum.

„1607, April.“ entgegnete Catherine Leas Frage und ließ das Buch sinken.

„1607? Das ist ja dann genau 400 Jahre alt!“ bemerkte Lea sofort, was Catherine überhaupt nicht aufgefallen war. „Und auch noch April! Ist das unheimlich!“ fügte sie hinzu und wich etwas zurück. Catherine nickte und überfolg den Eintrag. Sie konnte bei weitem nicht alles lesen, doch sie hoffte, irgendwo einen Namen zu entdecken. Mutter… Vater… Das war nutzlos, doch am Ende des Abschnitts fand sich die schmale und kleine Signatur der Verfasserin: Mary.



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