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Das Blut der Lasair

von

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Ein verlockendes Angebot

Ein verlockendes Angebot
 


 

Catherine wehrte sich gegen Lestats Griff, da sie überhaupt keine Veranlassung sah, mit ihm das warme Zimmer zu verlassen. Sie schlug mit den Fäusten gegen seine Brust, doch er war davon sichtlich unbeeindruckt. Wenn sie sich nur genau erinnern könnte, woher sie ihn kannte. Im Augenblick wusste sie nur, dass sie ihn kannte…

„Hörst du jetzt endlich auf mit deinen Fäusten gegen meine Brust zu trommeln? Das nervt!“ Catherine blickte auf.

„Dann lass’ mich los!“

„Hier und jetzt?“ fragte Lestat amüsiert und blickte nach unten, wo sich das dunkle Wasser eines Meeresarms erstreckte. Catherine zuckte zusammen und schüttelte den Kopf.

„Du wirst mich ja wohl irgenwo auf dem Land absetzen können…“

„Ich setz’ dich gleich am Nordpol ab, wenn du so weiter machst, oder auf den Shetland-Inseln oder in Feuerland. Wohin willst du?“

„Ich will überhaupt nirgends hin.“

„Dann bist du jetzt still, weil es hier nicht nach deinem Kopf geht. Du bist im Moment nicht ganz richtig im Kopf.“ meinte er und blickte wieder von ihr weg.

„Ich finde die Art, in der du mit mir redest, sehr… vertraut, um nicht zu sagen respektlos!“ entgegnete Catherine und reckte sich etwas.

„Das ist dein gutes Recht. Sag’ mal, weißt du eigentlich, wer du bist? Und wer ich bin?“

„Ich bin… Du bist… Franzose. Warst du doch, oder? Ja, das hast du zumindest gesagt. Ich bin das auch, aber ich bin schon lange in Schottland.“

„Nein. Du bist erst seit ein paar Monaten in Schottland.“ verbesserte er sie und erblickte in der Ferne eine Küste.

„Nein. Ich bin schon so lange in Schottland, dass man nicht einmal mehr sagen kann, dass ich aus Frankreich bin.“ widersprach sie, worauf Lestat nichts mehr erwiderte, bis er festen Boden unter den Füßen spürte.

„Kann ich dich loslassen, ohne dass du umfällst?“

„Ich bitte darum.“ meinte sie und er zog seine Arme zurück, doch sie taumelte sofort und fiel gegen Lestat. Er hob sie hoch und trug sie einen Abhang hinunter.

„Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, du bist betrunken, aber…“

„Das ist unerhört!“ entgegnete Catherine und hob den Blick. „So mit mir zu reden! Unerhört!“

„Irgendwie bist du nicht du selbst…“ bemerkte er überflüssigerweise und setzte Catherine auf einem Felsen ab. Sie betrachtete ihn. „Erkennst du das hier wieder?“ fragte er und blickte sich um. Sie blickte sich ebenfalls um. Um sie herum waren unregelmäßige Steine in regelmäßigen Abständen verteilt. Sie nickte.

„Ich war schon einmal hier.“

„Ja! An was erinnerst du dich noch?“

„Ich war nicht allein.“ Lestat nickte. „Und ich war glücklich.“ fügte sie leise hinzu. Lestat blickte sie an.

„Du brauchst mir nicht…“ begann er, doch sie hob die Hand und blickte sich weiter um.

„Da waren Fackeln und viele Menschen – die meisten waren Frauen. Und ich habe bei irgendetwas zugesehen.“ meinte sie und stützte sich auf ihren Handflächen ab.

Ihr war immer noch schwindlig. Lestat lehnte sich gegen den Felsen und verschränkte resignierend die Arme vor der Brust.

„Du glaubst mir nicht.“ stellte sie fest, worauf er nur mit den Schultern zuckte. „Das ist genau euer Problem! Männer und Vertrauen. Männer und Treue… Das geht einfach nicht Hand in Hand miteinander! Männer und Gewalt. Männer und Untergang. Männer und Ungerechtigkeit… Ja! Das passt perfekt!“ meinte sie und begegnete dann seinem Blick.

Er sagte nichts. Er wusste nicht, was mit ihr los war, doch er nahm an, dass sie ihre Worte nun darauf bezog, dass er sich nicht verabschiedet hatte… Wenn sie überhaupt kontrollieren konnte, was sie von sich gab.

„Deine Augen sind nicht schwarz…“

„Das weiß ich nun wirklich.“ gab er zurück und sah, dass sie den Kopf senkte.

„Seine waren es.“ murmelte sie kaum hörbar und drehte sich ein Stück weg.

„Wessen? Wessen Augen waren schwarz, Catherine.“ fragte er und drehte sie an den Schultern wieder zu sich.

„Ich bin nicht Catherine.“ meinte sie, schüttelte den Kopf und sah ihn verwundert an.

„Wer bist du dann? Wie soll ich dich nennen?“

„Ich weiß es nicht… Ich dachte, du weißt, wer ich bin! Nimmst du immer irgendwelche fremde Frauen mit zu irgendwelchen Steinkreisen?! Was hast du eigentlich vor? Willst du mich opfern oder… Geh’ weg von mir!“ Catherine stieß ihn von sich und krallte ihre Finger in den großen Felsen, auf dem sie saß.

Lestat zog langsam seine Hände von ihren Schultern zurück und ging einige Schritte rückwärts. Sie blieb sitzen, während er in einigem Abstand überlegend auf- und abging und mit einem Auge immer zu ihr hinüberschielte, ob sie nicht vom Felsen fiel. Zumindest schien sie wieder in der Lage, sich sitzend zu halten, aber was ging mit ihr vor sich? Lestat hob den Blick in den Himmel und sah die grauen Wolken vorbeiziehen. Er hatte in Venedig versucht, sie zu lokalisieren – wie er es schon so oft versucht hatte, doch dieses Mal… war es plötzlich geglückt. Da hatte sie gesessen. Ruhig und mit geschlossenen Augen. Und nicht so verwirrt.

„Ich bin nicht verrückt!“ meinte sie, schwang die Beine von dem Felsen und wollte heruntergleiten, doch er stellte sich schneller vor sie, sodass sie oben sitzen blieb. „Das kommt mir irgendwie bekannt vor.“ murmelte sie und blickte ihn an.

„Du hast vorhin von schwarzen Augen gesprochen. Was hast du damit gemeint? Wer hat schwarze Augen?“

„Schwarze Augen und schwarzes Haar… Ein Alchimist und… er war unheimlich, aber er hat mir das Leben gerettet. Versprechungen hat er gemacht und dann… gefordert, was ihm nicht zustand.“ antwortete sie mit zusammengekniffenen Augen, als würde sie aus ihren vielen Erinnerungen an diesen Mann die deutlichsten heraussuchen. „Er wollte ihren Sohn.“ flüsterte sie und blickte Lestat an.

„Ihren Sohn? Welchen Sohn? Wovon sprichst du?“ fragte Lestat weiter, doch sie schüttelte den Kopf.

„Ich habe nichts von einem Sohn gesagt.“ meinte sie und blickte ihn an.

Lestat atmete tief durch. Er durfte die Geduld nicht verlieren, aber inzwischen beschlichen ihn Vorstellungen, die ihn dabei zeigten, wie er Catherine in eine psychische Klinik brachte. Es war alles seine Schuld. Nein, war es nicht, das wusste er. Seufzend rieb er sich die rechte Schläfe und blickte dann wieder in Catherines Gesicht. Sie hielt seinen Blick und betrachtete ihn aufmerksam. Schwarzes Haar und schwarze Augen. Schwarze Augen und schwarzes Haar… Konnte sie sich an keinen Namen erinnern? Catherine schüttelte den Kopf und er nickte.

„Du bist nicht Archibald.“ stellte sie fest.

„Nein, ich bin nicht Archibald. Ich bin…“

Ihre Finger bewegten sich zu seinen Lippen und hinderten ihn mit sanftem Druck am weitersprechen. Vorsichtig strichen sie über seine Unterlippe und hielten dann zärtlich seine Wange. Ihre andere Hand wanderte ebenfalls nach oben, ohne dass Catherine ihren Blick von ihm nahm. Sie strich durch sein Haar, wartete einen Moment und zog ihn dann dicht zu sich. Er stand vor ihr… wie schon einmal, sie wusste es. Ihre Beine schlangen sich um ihn und sie streckte sich nach oben zu seinen Lippen. Er wich zurück und hielt sie an den Schultern fest.

„Das solltest du nicht.“ meinte er beherrscht, worauf sie den Kopf schüttelte.

„Sollte ich nicht? Haben wir so etwas nicht schon getan?“ fragte sie und betrachtete ihn. Er zog die Augen zusammen und schüttelte den Kopf.

„Das war etwas anderes.“

„Oh… Ja, gut. Wenn du meinst… Ich dachte nur…“

„Du dachtest was?“ fragte er mit gepresster Stimme.

Sie hatte ihren Griff nicht gelöst. Sie hatte sich nicht ein Stückchen weiter von ihm entfernt und diese Nähe versuchte ihn, doch sie ließ sich nicht wegstoßen. Trotzdem oder gerade deshalb konnte er nicht abschätzen, inwiefern sie ein bisschen mehr wieder sie selbst war. Catherine.

„Ich kann mich nicht an den Namen dieses… Alchimisten erinnern, aber du könntest ihn sehen.“ flüsterte sie.

Er verstand nicht sofort, was sie meinte, also zog sie ihre eine Hand zurück, während die andere an seinem Hinterkopf liegen blieb, und schob etwas unsicher den Kragen ihres Shirts zur Seite, um den Blick auf ihren Hals frei zu geben.

„Trink!“ flüsterte sie, worauf er den Kopf schüttelte. „Tu’ es!“ bat sie und suchte seinen Blick.

Er weigerte sich noch immer. Langsam ließ sie den Kragen ihres Shirts wieder an seine ursprüngliche Position rutschen und wob ihre Finger in sein Haar. Sie zog ihn dichter zu sich und spürte seinen Atem auf ihren Lippen, bevor sie knapp voreinander im Stillstand verharrten. Sein Körper war gegen ihren gepresst, doch dagegen wehrte er sich nicht.

„Catherine, ich kann nicht. Deine Situation… Du bist wahnsinnig… Im Moment, meine ich. Du kannst das nicht wirklich wollen.“ beharrte er auf seiner Meinung, doch Catherine lachte nur leise und bedeutete ihm, still zu sein.

Ihre Finger fuhren langsam seinen Nacken entlang und blieben an seiner Brust liegen. Sie lockerte ihre Beine um ihn und entließ ihn schließlich. Lestat bemerkte es, doch er zögerte und blieb bei ihr stehen, als ob sie sich nicht geregt hätte. Sie streckte sich ein Stück weiter nach oben und berührte seine kühlen Lippen mit ihren, ehe sie zurücksank und ihn wieder von unten anblickte.

„Dann bring’ mich bitte zurück.“ meinte sie und strich ihm noch einmal mit zwei Fingern über seine Lippen.

Lestat entgegnete nichts, sondern nickte nur. Er zog Catherine zu sich und hielt sie während der Reise gegen sich gepresst. Catherine war benommen, doch ihre Hände gruben sich in den Stoff seiner Jacke. Sehnsucht. Wenig später erkannte sie den Park von Thirlestane Castle und stellte fest, dass er sie wieder direkt in ihr Zimmer brachte.

„Ich bin so müde…“ murmelte sie und er legte sie auf ihr Bett.

Ihr Kopf kippte zur Seite und ihre Augen fielen zu. Lestat zog ihr Schuhe, Hose und Shirt aus und deckte sie dann bis unter das Kinn zu. Sein Blick fiel auf ihr Haar. Vorsichtig ließ er seine Hand über die Locken streicheln und beute sich zu ihr hinunter.

„Catherine, mach’ mir nie wieder so ein verlockendes Angebot.“ flüsterte er gegen ihre Lippen und küsste sie dann sanft.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  -Engel-
2008-12-24T15:11:28+00:00 24.12.2008 16:11
Du bist ja so gemein. Jetzt treffen die sich endlich wieder, und dann so.
Und endlich darf er sie beißen, aber du lässt ihn nicht.


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