Zum Inhalt der Seite

Das Blut der Lasair

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Ersehnte Wiederkehr

Ersehnte Wiederkehr
 


 

Catherine drückte mit den Händen die lockere Erde über dem Urnengrab fest und blickte dann in den Himmel, der sich ganz entfernt und weit im Osten leicht gräulich färbte.

„Ich muss hinein.“ raunte Louis den beiden zu und entfernte sich, nachdem beide geistesabwesend genickt hatten.

Lea blickte ihm nach und schaute dann zurück zu Catherine, die hinunter auf die aufgeworfene Erde sah.

„Soll ich dich allein lassen?“ fragte sie, doch Catherine schüttelte den Kopf.

„Nein. Komm’ gehen wir!“ meinte Catherine und ging mit Lea gemeinsam zurück zur Villa.

Sie musste sich nicht mehr von ihrer Familie verabschieden – das hatte sie schon vor mehreren Wochen getan.
 

Louis wartete wahrscheinlich in Leas Zimmer, weshalb sie sich schnell von Catherine verabschiedete, nachdem sie wiederholt gefragt hatte, ob sie irgendetwas für sie tun konnte. Catherine schüttelte ein letztes Mal versichernd den Kopf und schickte sie schließlich nach oben in ihr Zimmer.

Catherine selbst blieb unten und trat in den Salon. Sie wollte die Federn noch aufräumen, das Kissen wegwerfen und sehen, ob sie die Uhr wieder zum Laufen brachte. Als erstes musste sie feststellen, dass das Pendel der Uhr wieder schwang, weshalb sie nur die Uhrzeit richtig einstellen musste. So wirkten Leas Kräfte nur, wenn sie sich wirklich darauf konzentrierte und zu diesem einen Moment etwas wirklich wollte… nun, ja: das galt zumindest für Dinge, die nicht zerstört waren, denn das Kissen war wirklich hinüber.

Sie räumte die Unordnung auf, brachte die Gläser und leeren Flaschen hinab in die Küche, um frische mit nach oben zu nehmen und ließ beinahe alles fallen, was sie in der Hand hielt, als sie zurück in den Salon trat.

„Catherine.“ begrüßte Lestat sie und fing die Flasche auf, die ihr aus der Hand glitt. „Ist es so schlimm, dass ich wieder da bin?“ fragte er und bemerkte, dass er durch ihre bloße Anwesenheit alles um sich herum vergessen konnte.

Catherine schüttelte den Kopf, lächelte und stellte möglichst schnell alles, was sie in den Händen hielt, ab, um Lestat zu umarmen.

„Ich habe nur nicht mehr heute mit dir gerechnet.“ flüsterte sie und hielt ihn weiterhin fest.

„Es war auch knapp, aber ich wollte nicht einen gesamten Tag in Rom festsitzen.“ gab er zurück und strich ihr über den Kopf.

„Und die anderen?“ fragte sie.

„Sie sind noch in Rom und kommen, sobald die Nacht hereinbricht.“

Catherine löste sich etwas von ihm und blickte in sein Gesicht. Sie sah müde aus, bemerkte er, doch auch bezaubernder als jemals zuvor … Kam ihm das nicht immer so vor? Seine Hand legte sich zärtlich an ihre Wange, fuhr über ihren Kiefer und blieb an der Seite ihres Halses liegen.

„Es ist kaum zu glauben. Ich habe das Gefühl, Jahre von dir getrennt gewesen zu sein.“ gestand er und näherte seine Lippen ihrem leicht geöffneten Mund.

Langsam strich er mit seinen Lippen über ihre, wartete und spannte sie auf die Folter, indem er den Moment noch ein wenig hinauszögerte, ehe er sie in seiner innigen Umarmung küsste. Ihre Lippen waren weich und warm. Ihr Körper schmiegte sich an seinen und zeigte ihm, wie sehr sie ihn vermisst hatte.

Lestat unterbrach den Kuss und ließ seine Lippen an ihren Hals sinken. Genüsslich atmete er den Duft ihrer Haut ein und konzentrierte sich auf ihren schnellen, flatternden Herzschlag.

„Chérie…“ flüsterte Lestat.

„Ja?“ entgegnete Catherine und legte den Kopf weiter zurück.

Es war überwältigend, ihn so nah bei sich zu haben, und seine Lippen über ihrer Halsschlagader zu wissen, doch dennoch keine Angst und keinen Zweifel zu empfinden. Sie wusste, das brauchte sie nicht.

„Bist du dir wirklich sicher, dass du so weit gehen würdest?“

„Ich bin mir sicher, Lestat.“ hauchte Catherine, als seine Lippen sanfte Küsse auf ihre Haut legten.

„In Ordnung.“ entgegnete er und hielt sie ein wenig von sich weg, sodass er sie betrachten konnte.

Catherine wunderte sich darüber, woher dieses plötzliche Einverständnis kam. Natürlich hatte er es ihr zugesichert, bevor er nach Rom aufgebrochen war, doch tief in ihrem Inneren hatte sie immer damit gerechnet, dass sie mit Ergebnissen aus den Archiven der Bruderschaft zurückkommen würden, die es nicht mehr nötig machten. Und Catherine wusste: wenn es nicht mehr nötig war, gab es keine Möglichkeit, Lestat dazu zu bewegen, von ihrem Blut zu trinken.

„Was überlegst du?“ fragte er und konnte es nicht lassen, ihr Haar zu streicheln.

„Es ist…Wir sollen…“ begann sie, schüttelte den Kopf und setzte erneut an: „Es ist einiges geschehen. Ich… Können wir darüber reden?“

Catherine blickte ihm direkt in die Augen und bemerkte, wie Tränen in ihr aufstiegen, wobei sie diese erfolgreich niederkämpfte, was Lestat jedoch ohne Zweifel sah.

„Natürlich können wir darüber reden. Komm’, wir gehen nach oben!“ meinte er.

Schnell reichte er Catherine seine Hand, die sie sofort ergriff, und führte sie in die Eingangshalle. Ihre Hand war kalt, bemerkte er und blickte hinunter, als würde er den Grund dafür finden, wenn er die Stelle ihrer Berührung ansah.

„Du hast kalte Hände.“ stellte er fest und fuhr mit seiner freien Hand über ihren Unterarm, der nicht sehr viel wärmer war.

„Ich bemerke das schon gar nicht mehr… Sehr kalt?“

Lestat schüttelte den Kopf und wandte den Blick ab. Er hoffte, dass sie seine Lüge nicht erahnen würde. Catherine war beinahe so kalt wie er selbst, wenn seine letzte Malzeit schon einige Stunden vergangen war.
 

Catherine saß mit Lestat auf ihrem Bett und erzählte, was sich in dieser Nacht alles ereignet hatte. Sie begann mit dem, was für sie am leichtesten zu erzählen war, nämlich von Lea und ihren Kräften, die scheinbar nun, da Elizabeth und Elatha mit Thirlestane Castle in Flammen aufgegangen waren, nicht mehr blockiert waren.

„Ich denke, sie wird sie schnell unter Kontrolle bringen…“ meinte sie zuversichtlich, als sie Lestats ernstes Gesicht sah. „Wirklich.“ fügte sie hinzu, da sich seine Miene immer noch nicht sonderlich erhellte.

„Wenn du das sagst… Es wäre ja auch schade um die Kissen.“ bemühte er sich schließlich um einen unbeschwerten Tonfall.

Sie zwang sich zu einem Lächeln und schüttelte leicht den Kopf. Es war so einfach zu glauben, dass er niemals fort gewesen war – und wenn sie ehrlich war, dann war es ja auch nur so eine kurze Zeitspanne, die ihr keine Probleme machen sollte. Trotzdem regte sich in ihr etwas, das ihr klar machte, dass sie nie wieder – auch nicht für eine derartig kurze Zeit – auf Lestat verzichten wollte, wenn es unsicher war, dass er zurückkam. Es war gefährlich gewesen, rief sie sich in Erinnerung, doch verdrängte den Gedanken schnell wieder. Er war wieder bei ihr.

„Louis hatte wirklich viel zu tun, während ihr weg wart. Ich vermute, er ist ziemlich erschöpft.“ brach sie ihr Schweigen, um ihm nicht das Gefühl zu geben, mit ihren Gedanken gänzlich woanders zu sein.

„Was ist noch geschehen?“ fragte Lestat, worauf Catherine leise seufzte. „Ich weiß, dass noch mehr geschehen ist. Ich bin überaus feinfühlig, was das angeht. In Rom hatte ich einige Male ein seltsames Gefühl, und ich fühle mich sehr bestätigt, wenn ich dich so ansehe – du siehst nämlich müde aus. Außerdem riecht es nach Asche und Rauch.“

Lestat hielt Catherines Blick stand und sah zu, wie sie auf ihre Hände blickte, den Kopf wieder hob, die Augen schloss und schließlich die Schultern zuckte, ehe sie ihn wieder anblickte.

„Lucien, Jacques und Clarisse… nun, zumindest ihre Hüllen…also, sie waren solche gedankenlose Vampire… haben uns überrascht, aber wir konnten sie vernichten.“ informierte sie ihn so sachlich, wie es ihr möglich war.

Lestat blickte sie einen Moment an und musterte sie regelrecht. Catherine sah förmlich, wie die Gedanken in ihm wirbelten, doch er sagte lange Zeit nichts, ehe er entgegnete:

„Es tut mir leid, Catherine. Es tut mir wirklich leid.“

„Danke.“ murmelte sie und rutschte unruhig hin und her. „Ich fühle mich nicht furchtbar… Vielleicht ist das schon furchtbar, ich weiß es nicht, aber ich kann es nun einmal nicht erzwingen.“

„Du hattest sie schon verloren, bevor du es mit eigenen Augen gesehen hast.“ gab er zurück und Catherine vermutete, dass er ihr versichern wollte, dass ihr Empfinden nicht grausam, kaltherzig und völlig abgestumpft war.

„Ich habe sie in Urnen begraben… Es dürfte nichts ausmachen, oder? Sie können nicht zurückkommen, nicht wahr?“

„Nein, das können sie nicht.“ beruhigte Lestat Catherine und fügte hinzu: „Sonst hätte Louis das auch niemals zugelassen.“

Catherine nickte nachdenklich und streichelte dabei versonnen mit den Fingerspitzen über seinen Unterarm.

„Es ging sehr schnell – alles in allem. Louis hat meinen Vater und Lucien… nein, sagen wir einfach: zwei von ihnen… beschäftigt, ich einen von ihnen, aber ich…“ Catherine brach ab und suchte nach den richtigen Worten.

„Was quält dich, Catherine? Was verunsichert dich?“

„Ich habe mich am Anfang so gefühlt, wie ich mich immer fühlte, wenn ich gekämpft habe. Aufregung. Konzentration. Ich fühlte mich der Situation gewachsen. Es war nichts Besonderes, aber dann… dann fühlte ich Wut und plötzlich schoss das geballte Adrenalin durch mich hindurch und ich spürte eine Hitze in mir…“

„Moment! Du meinst, wie damals, als du deinen Namen bekommen hast?“ fragte Lestat dazwischen.

„Beinahe. Nein, doch. Eigentlich hat es genauso begonnen, aber dieses Mal war es anders.“

„Was war dieses Mal anders?“ fragte Lestat nach, da Catherine schon wieder in eine von seinen unliebsamen Pausen verfallen war.

„Ich wusste die gesamte Zeit über, was ich tat, während ich es tat. Ich war mir allem bewusst, was ich wollte, was ich tat, was nötig war... Ich habe das Feuer kontrolliert, nicht es mich.“ Catherine nickte nachdenklich und fuhr fort: „Ich habe nicht nur das Feuer kontrolliert, sondern jede einzelne Flamme und jeden Funken.“

Lestat nickte und betrachtete Catherine ausgiebig. Sie näherte sich ihm und küsste seine Schläfe und die Linie seines Kiefers, was ihn nicht wenig überraschte. Sie würde ihn wohl immer wieder überraschen, stellte er fest. Gerade als er etwas erwidern wollte, sprach sie weiter:

„Es ist keine Fähigkeit, die die Hexen besitzen können, Lestat. Was immer es ist… es hat nichts damit zu tun, dass ich magische Fähigkeiten besitze. Und Lea weiß das auch…“

„Was schlägst du vor?“ wollte Lestat wissen und spürte, dass seine Kehle trocken war.

„Du hast gesagt, dass du trinken wirst, bevor du zurückkehrst… Hast du getrunken, Lestat?“ fragte Catherine und schlang ihre Arme um seinen Oberkörper, ehe sie seinen Halsansatz küsste.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück