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Letzte Chance

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Letzte Chance

Letzter Versuch
 

„Und? Meinst du, er wird sich darüber freuen?“ Mit strahlenden Augen blickte Kyo seinem Sandkastenfreund Makoto entgegen. Dieser grinste nur und schüttelte den Kopf. „Natürlich! Wer würde sich denn über so etwas nicht freuen?!“

„Du darfst es ihm aber nicht verraten, klar? Das ist eine Überraschung!“

„Hey! Ich kenne Ryu genauso lange wie du! Ich weiß, wann ich die Klappe zu halten habe!“

Siegessicher streckte der schwarzhaarige Junge einen Daumen nach oben, den Makoto nur mit Augenrollen zur Kenntnis nahm. „Du bist wirklich einmalig! Und kindisch!“ Damit wuschelte er ihm durch die Haare und begann mit Kyo zu rangeln, genau so, wie sie es im Kindergarten immer getan hatten. Allerdings waren sie keine Kinder mehr.

Sie waren sechzehn und auf der High School. Alle beide hatten sie ihre Probleme und Kyo war nun dabei, sein momentan größtes zu lösen.
 

„Hey, Ryu!“ Mit blitzenden Augen drehte sich der blonde Junge in Richtung der Stimme. Seine Mundwinkel begannen verräterisch zu zucken.

„Was willst du, Kyo?“ Wut spiegelte sich in seinen Worten wider.

Der Schwarzhaarige zuckte zurück und sank einen Moment in sich zusammen, ehe er wieder Mut fasste. „Ryu-chan, sag bloß, du bist immer noch sauer, weil ich dich gestern bei dem Double-Date alleine gelassen hab.“

Ryu schnaubte laut und setzte seinen Weg fort. „Nein, natürlich bin ich nicht sauer. Und nenn mich gefälligst nicht immer Ryu-chan. Das gehört sich nicht!“

„Ich glaub dir nicht...“ Kyo schaffte es schnell, zu seinem Freund aufzuholen.

Sein Freund... Dieser Gedanke ließ einen Stich durch sein Herz fahren. Er liebte Ryu, das hatte er schon gemerkt, als sie sich gerade erst kennen gelernt hatten. Seit sie in der Grundschule zusammen in einer Klasse gewesen waren, hatte Kyo Gefühle für den Blonden entwickelt. Aber nie hatte er sie ausdrücken können. Nie hatte er sich getraut. Immer nur hatte er Ryu still beobachtet. Seitdem war zwischen ihnen eine Freundschaft gewachsen, die als eng bezeichnet werden konnte, aber bei weitem nicht Kyos Gedanken und Empfindungen widerspiegelte. Nach und nach hatte er Beziehungen mit Mädchen angefangen, um erkennen zu müssen, dass er in jeder Situation nur an Ryu dachte. Trotz allem hatte seine letzte Beziehung einige Monate gehalten.

„Ach nein?“ Ryu fuhr zu dem Schwarzhaarigen herum und bohrte ihm einen Finger in die Brust. „Na schön, ich bin stinksauer auf dich! Ich bin nur bei diesem verdammten Treffen gewesen, weil Sanako mich darum gebeten hatte.“ Sanako war Kyos Ex-Freundin und hatte ursprünglich die Idee zu dem Double Date gehabt.

Verdutzt weiteten sich Kyos Augen. „Sanako hat dich darum gebeten? Warum?“

„Das fragst du noch? Ihre Freundin, diese Mika, ist in mich verliebt und wollte sich nicht allein mit mir treffen. Deswegen wart ihr dabei.“

„Aha...“ Etwas anderes fiel dem Jungen dazu nicht ein. „Und? Was ist noch aus euch geworden?“

„Was denkst du denn?“ Giftig zischte Ryu zurück und schüttelte dann leicht den Kopf. „Ich hab ihr einen Korb verpasst. Sie ist eben nicht mein Typ.“

„Ah so...“ Kyos Beine hatten ihren Dienst eingestellt und standen nun auf der Stelle, während Ryu weiterging. Er hatte dem Mädchen einen Korb verpasst? Warum? Wenn er an den Abend zurückdachte, hatten sich die beiden außerordentlich gut verstanden. Das war auch der Grund gewesen, warum er nach einiger Zeit einen Abgang gemacht hatte. Er hatte es nicht ertragen können, den Jungen, den er von ganzem Herzen liebte, so innig mit einem anderen Menschen zu sehen. Erst recht keinem Mädchen! Dass er zudem seine Freundin sitzen ließ, war ihm egal gewesen. Auch ihr wütender Anruf später am Abend und die Beendung ihrer Beziehung waren an ihm vorbeigerauscht.

Kyos Blick richtete sich auf den Boden unter seinen Füßen. Und nun? Ryu schien wirklich sauer zu sein. Er war noch nie so kalt zu ihm gewesen. Wie sollte er das wieder gut machen? Und wie sollte er seinen Plan jetzt noch in die Tat umsetzen?
 

Der blonde Junge warf nur einen kurzen Blick zurück, und entspannte seine Gesichtszüge, als er Kyo nicht mehr in seiner Nähe erblickte. Das hatte Überwindung gekostet... Er war noch nie wütend auf ihn gewesen. Er wusste selbst nicht, wie er diese Wut so lange hatte aufrecht erhalten können. Wahrscheinlich war es der Gedanke an den vergangenen Abend gewesen. Wenn es nach ihm ging, war die ganze Idee mit dem Double Date ein totaler Reinfall gewesen. Warum hatte ausgerechnet er da hingehen sollen? Warum hatte er Kyo so sehen sollen? Er wusste, dass der Schwarzhaarige mit Sanako glücklich war. Darüber hatten sie oft genug gesprochen. Aber warum musste er sich das Ganze dann noch in live ansehen und am Ende zwei wütende Damen besänftigen?

„Hey, Ryu-kun!“

Es schien fast wie ein Déjà-vu. Seufzend atmete der Blonde aus. „Was willst du denn jetzt, Makoto?“

Der braunhaarige Junge lächelte gezwungen. „Eigentlich... wollte ich dich fragen, was du mit Kyo gemacht hast, aber dass lasse ich wohl lieber...“ Makotos Stimme war immer leiser geworden und die letzten Worte hatten seine Lippen stumm verlassen.

„Gute Idee. Ich will weder über diesen Idioten reden noch nachdenken...“

Makoto schluckte. Kyo war ein Trottel. Wie sollte er das denn jetzt wieder geradebiegen?
 

Gerade als die Glocke zum Stundenbeginn läutete, betrat Kyo die Klasse. Er hatte noch einige Minuten wie eine Salzsäule auf seine Schuhe gestarrt, ehe er wie besessen losgerannt war, um den Klassenraum noch rechtzeitig zu erreichen. Er wollte nicht nachsitzen. Und wenn er ihren Klassenlehrer bedachte, bei dem sie jetzt Unterricht hatten, würde ihm das aller Wahrscheinlichkeit nach sogar erspart bleiben.

„Kyo-kun.“ Der Junge zuckte zusammen und war noch nicht ganz an seinem Platz, da kam der Lehrer schon zur Tür hinein. Er hatte ihn schon im Flur laufen sehen. „Ich werde deine Verspätung ignorieren, das aber auch zum letzten Mal! Solltest du noch einmal unpünktlich kommen, wirst du nachsitzen, verstanden?“

„Ja, Sir!“ Kyo verbeugte sich kurz und setzte sich dann auf seinen Stuhl.

Verdammt! Der Tag fing ja schon mal alles andere als gut an. Erst der Streit mit Ryu und nun das. Sein Blick glitt vorsichtig zu dem Blonden, der genau vor ihm saß. Desinteressiert blickte dieser aus dem Fenster, ließ sich nicht die kleinste Reaktion anmerken.

Kyo seufzte. Was würde wohl noch passieren?
 

Als es zur Pause klingelte, stand Ryu auf und verließ sogleich den Klassenraum. Er wollte nicht mit Kyo reden und ihm war klar, dass er dem Gespräch nicht entgehen würde, wenn er seinem besten Freund nicht aus dem Weg ging. Seine Beine trugen ihn zu den Toiletten. Seufzend betrat er den Raum und stellte sich schließlich unschlüssig vor einen Spiegel und musterte sich in diesem. Er war so sehr in sein Spiegelbild vertieft, dass er nicht einmal Makoto bemerkte, der kurz nach ihm den Raum betrat.

„Ryu...“ Seine Stimme war leise und zaghaft. Sollte er es ihm wirklich sagen? Hatte er Kyo nicht versprochen, zu schweigen? Es war schließlich eine Überraschung! Andererseits würden die beiden ohne ein wenig Hilfe nie zusammenkommen.

„Du hast mich erschreckt.“ Um seinen Herzschlag wieder zu beruhigen, drückte sich der Junge die flache Hand auf die Brust. „Was ist los?“

„Ich...“ Makotos Augen suchten Ryus, doch sobald sie sie gefunden hatten, wich er ihnen wieder aus. „Ich wollte dir etwas sagen... Wegen Kyo.“ Sollte er weiter reden? Noch konnte er einen Rückzieher machen.

„Dann sag es nicht! Ich will über diesen Kerl gerade wirklich nichts hören! Er ist ein Idiot und es nicht wert, dass man über ihn nachdenkt!“ Wütend blickten Ryu seine eigenen Augen aus dem Spiegel entgegen. Er erinnerte sich an das Double Date und an all die anderen Momente, in denen er so offensichtlich von Kyo abgewiesen worden war.

„Aber... Er liebt dich!“ Makoto schlug sich die Hand vor den Mund. Jetzt waren die Worte schneller draußen gewesen, als er es geplant hatte. Oh nein!

Ryus Augen weiteten sich, dann riss er den Kopf herum und starrte den Braunhaarigen neben sich halb schockiert, halb überrascht an. Dann verließ ein leises Lachen seine Lippen, das immer lauter wurde und schließlich fast hysterisch anmutete.

„Das glaubst du doch wohl selbst nicht! Er und mich lieben?“ Ein abfälliges Schnauben hallte durch den gefliesten Raum. „Jeden meiner Versuche, ihm meine Gefühle zu zeigen, hat er im Keim erstickt! Dieser Junge kann mich gar nicht lieben!“

Makotos Blick wurde nachdenklich. Abgeschmetterte Versuche? War Kyo wirklich so ignorant gewesen? Oder hatte er es wirklich einfach nur nicht mitbekommen? Letzteres würde eher zu ihm und seinem schussligen Charakter passen.

„Oh doch, er liebt dich. Seit ihr euch in der Grundschule gesehen habt.“ Damit wandte sich Makoto um und verließ das Bad. Es machte keinen Sinn, auf Ryu einzureden, wenn dieser seine sture Ader auslebte.

Jetzt musste Kyo selbst den letzten Schritt tun und es Ryu persönlich sagen. Sonst war die Beziehung der beiden auf immer verloren...
 

„Hä?“ Kyos Blick drückte heillose Verwirrung aus.

„Sag es ihm! Jetzt! Sofort!“ Makotos Gesicht war nah vor dem seines Freundes und flehte ihn förmlich an.

„Aber warum? Ich hab keinen Grund dazu! Er redet eh nicht mit mir!“

„Trotzdem! Sag es ihm jetzt!“ Makoto hatte mit einem Auge die Tür im Blick gehabt und stürmte nun auf diese zu, da Ryu den Raum wieder betrat. Sofort redete er auf den anderen ein. Kyo beobachtete die beiden dabei sehr genau. Letztendlich zuckte der Blonde nur mit den Schultern und verließ den Raum wieder.

Makoto stand keine Sekunde später wieder vor ihm. „Los. Geh zu den Kirschbäumen im Garten! Dort wartet er auf dich.“

Kyos Blick wurde noch verwirrter.

„GEH!“ Makotos Drängen nachgebend erhob sich der Schwarzhaarige, winkte noch einmal kurz und ging dann zu beschriebenem Ort. Er sah schon aus der Ferne Ryu dort stehen.

Dessen Blick wurde wütend, als er den Jungen sah. „Was willst du hier?“

Kyo atmete tief durch, ehe er antwortete. „Mit dir reden.“

„Wozu? Du hast mich reingelegt und zude-“

„Ich liebe dich.“

Einen Moment aus der Fassung gebracht starrte Ryu den Schwarzhaarigen an, ehe er sich einmal im Kreis drehte und schließlich mit dem Fuß auf den Boden stapfte. „Warum sagt mir heute jeder, dass du mich liebst?“ Sein Blick funkelte noch immer wütend. „Warum jetzt? Warum so plötzlich?“ Er würde ihm eine letzte Chance geben sich zu erklären. Eine allerletzte...

„Ich liebe dich schon seit Jahren... Ich habe mich nur nie getraut, dir etwas zu sagen. Ich...“ Kyos Blick verschwamm einen Moment, ehe er wieder das Gesicht des Blonden fixierte. „... Ich bin ein Junge. Und du bist auch ein Junge. Ich wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte. In den ersten paar Jahren dachte ich, dass es einfach nur ein momentanes Gefühl sei. Aber je mehr Zeit verging, desto stärker wurden meine Gefühle. Irgendwann konnte ich sie nicht mehr verleugnen.“

Ryu schluckte.

„Dann bekam ich meine erste Freundin. Ich dachte, die Gefühle zu dir würden verblassen, oder gar überdeckt werden, aber... Ich konnte nur an dich denken. So war es immer. Bei jeder Freundin. In jeder Situation konnte ich nur an dich denken.“

Langsam schlug sich Ryu eine Hand vor den Mund. „Und warum...“ Seine Stimme war dem Ersticken nahe. „Warum hast du meine Versuche, dir meine Gefühle zu zeigen, nie honoriert?“

Kyos Blick wurde verwirrt. „Du hast Gefühle... für mich?“ Dann, wie von Geisterhand, lief in seinem Kopf ein Film ab und zeigte ihm alle Szenen, in denen er geglaubt hatte, Gefühle Seitens Ryu zu sehen. Er hatte sie ausgeblendet, um seinen Gefühlen nicht zu erliegen. Nun... schien ihm alles klarer.

„Du fühlst wirklich etwas für mich...“ Aus seiner Stimme sprach immer noch purer Unglaube. Kyos Füße setzen sich allein in Bewegung und trugen den Jungen in Richtung seines Freundes.

Ryu verschränkte die Arme vor der Brust. Was würde jetzt passieren? Wartend blickte er an dem schwarzhaarigen Jungen hinauf und fixierte schließlich dessen Gesicht.

Kyo schlang die Arme um den schmalen Körper, als er ihn erreichte und drückte ihn nah an sich. Dann suchten seine Lippen die des Blonden und küssten sie sanft.

„Ich liebe dich!“

Ryu vergrub sein Gesicht in der Schuluniform des anderen und sog tief dessen Duft ein. Ein Lächeln legte sich auf seine Lippen.

„Ich dich auch... Du Idiot!“

Die beiden bemerkten Makotos lächelndes Gesicht am Fenster nicht. Nachdem er sich sicher war, dass seine Pläne aufgegangen waren, drehte er seinen beiden Freunden den Rücken zu und ging wieder in die Klasse. Der Tag war ein voller Erfolg gewesen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Fitsch
2008-08-05T09:58:31+00:00 05.08.2008 11:58
Die geschichte gefällt mir.
Aber das ganze ist ein bisschen kitschig... ^^
aber trotzdem toll, und deins chreibstiel gefällt mir auch!
super!
Von:  Shogikoneko
2008-01-07T21:19:23+00:00 07.01.2008 22:19
uff so wirklichen druchblick hatte ich bei den charas jetz irgendwie nicht xD
doch ein echt süßer OS
*happyends liebt*
nur warum musste ich bei makoto an wen anderes denken?xDDD
(ich liebe insider xD)
Von: abgemeldet
2008-01-04T22:38:41+00:00 04.01.2008 23:38
Hui, ich gestehs gleich, ich bin ein mieser Fanart-Kommi-Schreiber und jetzt schon geistig umnachtet, aber ich finde deinen Schreibstil echt interessant! Da liest man einfach vor sich hin und ist von Anfang bis Ende begeistert.
Makoto ist zum einem Liebling avanciert .... ich mag ihn, er gibt sich solche Mühe! Ich hoffe er ist in guten Händen X3

Schöne Geschichte, gefällt mir!

lg B


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