Zum Inhalt der Seite

Valentinstag - Wie die Welt untergeht

1. Keichi
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Putzman und seine Folgen

Putzman und seine Folgen
 

Und nicht nur die Dunkelheit. Mit einem Mal fühlte Keichi sich durch die Luft gewirbelt, um ihn herum erstrahlten tausende von Lichtern und plötzlich löste sich seine Kleidung in lange, violette Bänder auf, die meterweit hinter ihm her schwirrten. Er überschlug sich, drehte Pirouetten, konnte plötzlich Spagat! In seinen Ohren klimperte eine seltsame Musik und ein Chorus ertönte in seinen Ohren, der seinen Namen in allen möglichen Varianten sang. Keichi merkte, wie die Bänder sich orange verfärbten, sich wieder um ihn schlangen und ihn in neue Kleidung hüllten. Ein warmer sturmartiger Wind fegte durch sein Haar, etwas landete auf seinem Kopf und dann ging die Tür wieder auf und er stolperte in eine Halle.

Vollkommen perplex wirbelte Keichis Kopf herum.

Was war da gerade passiert? Und was hielt er… da… in der… Hand?

Keichi betrachtete das Etwas in seinen Händen. Es war ein Besen.

Dann sah er an sich herab, hob die Augenbrauen und fühlte plötzlich tiefe Bedrängnis, ein bestimmtes Wort zu sagen. Nein, zu Rufen! Das Gefühl war so stark, dass er nicht anders konnte. Er hob den Besen in die Luft, schwang ihn einmal rund herum und rief elanvoll und in einer extrem albernen Pose im Raum stehend: „PUTZMAN!“

Daraufhin ertönte ein bimmelnder Ton in seinen Ohren.

Er kam sich vor, wie in einer schlechten Fernsehserie. Aber das war noch nicht alles, denn als er daraufhin begann, die Halle, in der er sich befand, richtig wahr zu nehmen, wäre er am liebsten im Boden versunken.

Viele Jugendliche. Schüler. Sie saßen an Tischen verteilt und sahen ihn nur mit perplexen Blicken an.

Keichi wünschte sich, er hätte dieses alberne Wort, die Drehung und diese schreckliche Pose sein lassen. Aber dafür war es zu spät.

Ein nervöses Lachen löste sich von seinen Lippen und er begann, durch die endlos erscheinenden Reihen von Schülern hindurch zu schleichen.

Nicht aufsehen. Guck weiter auf den Boden. Nicht aufsehen.

Etwas traf ihn am Kopf.

Keichi schaute danach.

Ein Papierkügelchen.

Er seufzte, schlich weiter.

Noch ein Papierkügelchen.

Und noch eins. Und noch eins.

Das reichte jetzt aber! Empört hob Keichi den Kopf, da wurde er von einer ganzen Lawine Papierkügelchen begraben.

„Aaaargh!“ Mit wedelnden Armen befreite er sich auf dem Haufen. „Wer war das? Was wollt ich alle von mir?“, rief er, den Tränen nahe.

Was war das für eine schreckliche Welt in der hilflose Studenten erst durch die Straßen gehetzt, dann sexuell belästigt und schließlich als Putzmann in einer Schule eingestellt wurden?!

Sein Kopf fuhr in alle Richtungen herum, Keichi war wild entschlossen, den Schuldigen zu finden. Aber die Halle war leer. Es hatte zum Schulschluss geklingelt, was er allerdings nicht mitbekommen hatte, da er in diesem Moment unter einem Haufen schalldichter Papierkügelchen begraben gewesen war.

So stand er nun allein in dieser riesigen Halle und hatte keinen Plan, wo er hin sollte oder ob er jemals hier raus kommen würde.

Allerdings… inkognito, getarnt als Putzmann… so konnte er vielleicht ganz unauffällig losgehen und den Ausgang suchen, oder wenigstens einen Plan vom Aufbau des Gebäudes, um dann still und heimlich zu verschwinden.

Wenn er dann ganz schnell und ohne zur Seite zu sehen an der Pärcheninvasion vorbei rannte, konnte er es schaffen, sicher nach Hause zu kommen. Dort wäre er sicher. Ein Grinsen breitete sich über Keichis Gesicht aus. So musste er es machen!

Tja, aber wie so viele Pläne im Leben, war auch dieser Plan nicht perfekt.

Denn kaum war Keichi aus der Halle heraus, packte ihn jemand am Kragen.

Ein groß gewachsener Mann mit Brille. Wahrscheinlich ein Lehrer.

„Hier steckst du also!“, brüllte er Keichi mit so einer Lautstärke ins Gesicht, dass dieser fast ohnmächtig wurde.

„Was soll dieser Aufzug? Glaubst du, du kannst dich so drücken?“

„Äh…äh?“, war das einzige, das Keichi daraufhin herausbrachte. Mit einer Kraft, die nicht von dieser Welt sein konnte, wurde Keichi den Flur entlang geschleppt. Ein langer, leerer, weißer Flur.

„Nein! Warten Sie!“, rief Keichi entsetzt. „Ich bin nicht der Putzmann! Ich bin…“

„Ja, ich weiß, wer du bist. Und deshalb mitkommen.“

„Ich wollte nicht unbefugt in diese Schule eindringen. Es tut mir Leid! Bitte schmeißen Sie mich nicht einfach raus! Bitte bestrafen Sie mich nicht! Bitte, bitte! Ich habe mein ganzes Leben noch vor mir. Ich…“

Keichi stand kurz vor einem Heulkrampf. Was war heute nur los? Wieso passiert so etwas ausgerechnet ihm?

„Was redest du da?“, entgegnete der Lehrer forsch. „Bisher hat jeder das Nachsitzen überlebt.“

Damit flog Keichi durch die Luft, über einige Tische hinweg und landete auf einem Stuhl, der unter der Wucht seiner Landung fast umkippte. Erschrocken schrie Keichi auf, als der Stuhl nach hinten überfiel. Wenn er jetzt aufprallte, dann… Irgendjemand hielt seinen Arm fest und zog ihn und den Stuhl wieder hoch. Noch immer entsetzt sah Keichi seinem Retter ins Gesicht.

„So sieht man sich wieder“, grinste Asato. Keichi schrie auf und schlitterte mit seinem Stuhl zur Fensterfront, um den größt möglichen Abstand zu Asato zu gewinnen. „Heey“, meinte dieser. „Tut mir doch Leid wegen vorhin. Ich wusste ja nicht, dass du noch Schüler bist, Mann. Auf so was steh ich doch nicht.“ Keichis Augenbrauen zuckten nur. Wo war er hier schon wieder gelandet?

Langsam und schwer atmend sah er sich um.

Ein Klassenzimmer. Weiß gestrichen, mit einer hellbraunen Holzbordüre gesäumt. Im Raum standen mehrere Tische mit dazugehörigen Stühlen. Der Raum war so gut wie leer. Außer dem Lehrer, Asato, Keichi selbst und einem unbekannten Jungen und zwei Mädchen befand sich keine Menschenseele darin.

„Das Nachsitzen“, schoss es Keichi durch den Kopf und ein Schauer fuhr ihm über den Rücken. Was würde ihn hier nur erwarten?

„Was ist das für ein Aufzug, den du da trägst?“, fragte Asato mit auf die rechte Hand gestütztem Kinn.

Keichi ignorierte die Frage und sah zum Lehrer hinüber.

Abgesehen davon, dass er ihm eben fast das Trommelfell zerstört hatte, wirkte er etwas sympathischer als die Frau von vorhin. Möglicherweise ließ er ja vernünftig mit sich reden, sodass man ihn davon überzeugen konnte, dass Keichi weder Schüler, noch Putzmann, sondern Student war.

Da fiel Keichi etwas ein. Und es war, weiß Gott, die beste Idee, die ihm in seinem ganzen Leben je gekommen war. Sie eröffnete ihm alle Wege, öffnete ihm den Weg in die Freiheit, konnte ihn hier rausholen. Er hatte doch seinen Studienausweis in der Tasche! Damit konnte er beweisen, dass er hier nicht hingehörte. Damit konnte er das Missverständnis aufklären und von hier verschwinden. Ein für alle mal!

Wer jetzt genau aufgepasst hat, weiß, dass diese Idee mal wieder fehlschlagen würde.

Als Keichi in seine Tasche greifen wollte, fiel ihm wie Schuppen von den Augen, dass er seinen Anzug ja gar nicht mehr an hatte, sondern diesen dämlichen orangen Putzmannanzug! Wie war er da überhaupt rein gekommen?

Der Aufenthalt in diesem einen Raum war mehr als seltsam gewesen.

Aber wenn er jenen Raum wieder finden und seinen Anzug wieder anziehen konnte… Natürlich! Siegessicher und entschlossen reckte Keichi seinen Arm in die Höhe. Das war bei weitem die beste und elanvollste Meldung, die er in seinem ganzen Leben je vollbracht hatte. Wenn der Lehrer diese Meldung sah, konnte er nicht anders, als ihn dranzunehmen!

Aber der Lehrer war in eine Zeitung vertieft und sah nicht auf.

Keichi räusperte sich.

Nichts passierte.

„Entschuldigung…“, sagte er. Keine Reaktion. Das konnte doch nicht wahr sein!!! Entschlossen stand Keichi auf, ging in Richtung Lehrertisch… und stürzte zum dritten Mal an diesem Tag, weil er an einem Tischbein hängen geblieben war.

Es machte laut RUMMS, alle Blicke fuhren herum… nur der des Lehrers nicht!

„Alles klar?“, rief Asato von hinten, aber Keichi war fest entschlossen diese freundliche, für ihn aber immer noch blutrünstige, Stimme zu ignorieren.

Er rappelte sich wieder hoch und sah auf den Tisch, über dessen Bein er gestolpert war.

An ihm saß ein Mädchen mit langen, rotblonden, zu einem Pferdeschwanz gebundenen Haaren.

Allerdings, war sie über dem Tisch zusammengesackt und bewegte sich keinen Zentimeter. Sie schien nicht einmal zu atmen!

Irritiert sah Keichi auf sie herab.

So etwas schönes hatte er noch nie gesehen! Er war fasziniert. Dieses seidige Haar, der sanft geschwungene, zierliche Körper.

Sofort wurden seine Knie weich und er drohte, erneut zu stürzen.

„Ähm…“ Vorsichtig tippte er das Mädchen an.

Es bewegte sich nicht.

„Schläfst du?“, fragte er vorsichtig, wobei ihm die Röte ins Gesicht stieg. So hatte er sich noch nie gefühlt.

Alles andere schien aus seinem Umfeld zu verschwinden, die Welt um sie herum färbte sich rosa und glitzerte wie tausend Sterne. Etwas beflügelte sein Herz und vermittelte ihm das Gefühl, davon fliegen zu können. Aber im nächsten Moment verflog dieses selige Gefühl wieder, denn das Mädchen rutschte steif von ihrem Tisch und landete, wie in einer Totenstarre gefangen auf dem Boden.

Ihre Haut war grau und eingefallen.

Schockiert schrie Keichi auf und sprang auf den nächst besten Tisch hinter ihm.

Das war eine LEICHE!!!

„Beruhig dich, Alter“, meinte da das andere Mädchen im Raum.

Sie war ganz in schwarz gekleidet, düster geschminkt und hatte eine neongrüne Strähne im Haar.

„Die ist nur deprimiert, weil sie sich heute so blamiert hat.“

Fassungslos wanderte Keichis Blick zwischen dem Mädchen und der Leiche hin und her.

Sein Atem ging schon wieder gehetzt und er konnte sich auf keinen seiner Gedanken konzentrieren.

„Tot“, hallte es immer wieder in seinem Kopf.

„Oh, du grausame Welt! Sie ist tot!“

Da trat der ihm bisher unbekannte Junge, an seine Seite.

„Kass…“, sagte er. „Kann ich mal mit dir reden?“

Sofort war das Mädchen wieder auf den Beinen. Gesund und munter!

„Oh nein. Oh mein Gott!“, kreischte sie nur, wurde knallrot, Tränen sammelten sich in ihren Augen und sie rannte aus dem Raum, der Junge folgte ihr schnell.

Keichi sah ihnen sprachlos nach. Er musste in einem Irrenhaus und nicht in einer Schule gelandet sein!

„Sir…“, begann er, an den Lehrer gewandt. „Da haben doch gerade zwei Schüler ohne Erlaubnis den Raum verlassen…“ Er wollte nicht weiter fortfahren, sondern wartete auf die Reaktion des Lehrers. Aber da kam keine!

Keichi ging auf den Lehrer zu und sah ihn sich genauer an. Er schlief! Der Lehrer war über seiner Zeitung weggeratzt! Das war Keichis Chance!

Schnellen, aber leisen Schrittes ging er aus dem Raum. Freiheit! jubelte es in ihm. Endlich Freiheit! Jetzt musste er nur noch seinen Anzug in diesem seltsamen Raum wieder finden und alles war geregelt. Dann war die Welt wieder in Ordnung und er konnte nach Hause gehen. Bzw. rennen, denn er verspürte immer noch ein starkes Pulsieren in den Wangen, wenn er an die vielen Pärchen draußen dachte.

Aber dann kam er auf den Gedanken, dass er, wenn er es erst einmal geschafft hatte, aus diesem Gebäude herauszukommen, mit Leichtigkeit an den vielen Pärchen vorbei kommen würde. Sie würden ihn nicht aufhalten können! Egal, wie viele sich ihm in den Weg stellten, er würde ihnen die Stirn bieten und einfach an ihnen vorbei laufen! Ha!

Sein Schritt beschleunigte sich noch mehr und gut gelaunt hüpfte er durch die Flure… bis er zu der Erkenntnis kam, dass alle Türen hier gleich aussahen und es eine Ewigkeit dauern würde, bis er die richtige finden würde.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Olschi
2008-10-12T17:48:21+00:00 12.10.2008 19:48
wah, echt crazyXD wo ist er denn bitteschön gelandet? schade, dass ich imemr nur höchstens einen kapi lesen kann>.< morgen muss ich unbedingt weiter lesen.


Zurück