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Tofu und Yamato

-Taito-
von

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Part Two

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Die Anzeigetafel des Hauptbahnhofes Tokios ließ ihre vielen Ziffern und Zeichen erneut in krank grünen Neonfarben ändern und der gesamte Zeitplan rutschte eine Stufe nach oben. Narita. Der Ort, aus dem der nächstankommende Zug war. Der Zug, in dem ein ganz sicher total gestresster und murrender Ishida Yamato saß. Der Yamato, für den ich mir hier die Beine in den Bauch stand. Nicht weil der Zug Verspätung hatte, sondern weil ich Trottel mich am Schluss so beeilt hatte aus der Dusche raus- und in meine Klamotten rein zukommen, dass ich gar nicht mitbekommen hatte, dass mir noch massig Zeit geblieben war… Und darum stand ich auch hier, angelehnt an die Wand gegenüber des Ticket-Ausganges. Ich ließ meinen Blick unauffällig durch die Umgebung wandern und ein paar andere Eltern, Elternteile und Geschwister warteten auch schon. Geschwister, Freunde, Geliebte und Kindermädchen. Yamatos Vater war nicht unter diesen Leuten. Hatte ich auch nicht erwartet. Das soll nicht böse klingen, aber manchmal überkam mich das Gefühl, dass Ishida-San Yama einfach zu viel zutraut. Dass er meinte, er könne ruhig den gesamten Tag auf seiner Arbeit verbringen, weil sein Sohn alt genug sei, um auf sich alleine aufzupassen. Klar, Yama war sehr selbstständig und konnte sich selbst versorgen –was er an den Wochentagen ja auch tat; am Wochenende kam er immer zu mir- aber… meiner Meinung nach, schadet ein bisschen Elternliebe nie. Zumal seine Mutter nicht gerade den besten Draht zu ihm hatte. Yamas Eltern waren geschieden und er bekam seine Mutter wirklich nur sehr selten zu Gesicht, was auch mehr als gut war, schließlich hatte sie an allem an ihm immer etwas auszusetzen; seine Kleindung, seine Sprache, seine Freunde –mich eingeschlossen-, sein Zimmer, seine Lebensweise, ja sogar gegen seine Gangart und seine Musik hatte sie etwas! Besonders seine Musik, Yamas geliebte Musik. Was für mich der Fußball war, war für ihn die Musik, das Gitarrespielen, das Liederschreiben und Singen.

Darum konnte ich Yamas Eifersucht auf den Fußball auch gut verstehen, sogar nachvollziehen: Ich liebte es, ihm beim Singen zuzuschauen, wie er seine schlanken Finger über die Saiten der Gitarre wandern lässt, die schönsten und klarsten Töne erschaffte, während er so aussieht, als ob er sich mit jedem neuen Griff die Finger aufschneidet. Aber die Gitarre liebt ihn, spielt für ihn Ton für Ton, die er mit seiner reifen, schönen Stimme begleitet. Eine Stimme, die direkt unter die Haut geht und einem seichte Schauer über den Rücken jagt; eine Stimme, die man sich immer anhören kann und will und die sicher nie nervig werden würde. Ebenso wie die Texte, die Yama schrieb. Meistens tat er das auf Englisch und sicher keiner, der sich nicht die Mühe macht, diese zu übersetzen, würde sie verstehe. Ich selbst bin kein Sprachgenie, aber allein der Klang der Wörter, wie Yama sie runter singt und die Silben ineinander verschmelzen lässt, bis einem alle Sinne vergehen und man ganz von seinen Liedern ausgefüllt ist; allein das reicht schon aus, seine Lieder zu lieben. Ich liebte seine Musik. Ich liebte es einfach nur dazusitzen und Yama stundenlang dabei zuzuhören, wie er mir, mir ganz allein, eines seiner neuesten Lieder vorspielt. Zuschauen, wie er seine Augen schließt und langsam zur Melodie wippt, die schönen, schmalen Lippen öffnet, um neue Klänge über sie rollen zu lassen.

Ja, ich liebte seine Musik. Und er liebte sie. Und dafür könnte ich eben diese schon wieder hassen. Nennt mich ruhig besitzergreifend und egoistisch, aber ja, genauso wie Yamas Eifersucht auf meine Hingabe zum Fußball bestand, so bin ich nicht selten rasend vor Wut auf seine Musik. Sie ist immer bei ihm, immer in seinem Kopf. Ich habe kein Problem damit, mir vorzustellen, dass er sogar beim Sex Sachen bringt wie: „Oh, Schatz, warte mal! Mir ist gerade ein guter Text eingefallen!“

Ich würd’s ihm zutrauen! Aber gut, allein die Tatsache, dass er die Musik so liebte, machte ihn zu einer Person, von der man einfach hingerissen sein musste!

Ein Seufzer verließ meinen Mund. Nur bei diesen Gedanken an Yama wurden mir die Knie zu Pudding und tausende, dämliche Mist-Krabbel-Viecher liefen in meiner Magengegend Amok. Na ja, nach zwei langen Wochen… nein, wegen zwei langen Wochen! 14 Tage waren eine zu lange Zeit, die mir zeigte, wie sehr ich ihn vermisste. Alles an ihm! Seine guten und seine schlechten Eigenschaften: wie er mir Songs vorsang, mich umarmte, mit mir lachte und mit mir Gespräche führte, die nur wir führen konnten; wie er mich wegen meinem verkorksten Essen oder meinem „Zimmer“ tadelte, wie er immer vergaß, den Klodeckel runter zu klappen, wie er morgens seine schlechte Laune mit Tritten und Decke-weg-ziehen an mir ausließ (hab’ ich schon mal erwähnt, wie sehr ich diesen Kerl liebe?), oder wie er bei einem Streit sich einfach eingeschnappt und ohne einen weiteren Blick auf mich im Badezimmer, oder schlimmer, in meinem eigenen Raum einschloss. Das alles liebte ich an ihm und es fehlte mir jetzt dafür umso mehr.

Und die Bahnhofsuhr wollte heute auch nicht ein wenig nachhelfen, diese Sehnsucht zu überwinden. Scheinbar mit Kaugummi fixiert, bewegte sich der Minutenzeiger in seinem gewohnten 60-Sekundentakt, aber für mich war es wie ein 60-Tagetakt…

Ganz, ganz langsam verstrich die Zeit, bis ich meinen Seelenfreund wieder in die Arme schließen können würde…

Noch 4 Minuten. Die Krabbel-Viecher in meinem Magen haben sich verdoppelt. Noch

ein paar vereinzelte Elternteile kamen angerannt. Hatten

wahrscheinlich Angst, zu spät zu kommen. Schade.

Noch 3 Minuten. Der Pudding ein meinen Beinen war eindeutig zu lange

stehengelassen worden. Ausgewichen. Ein genervter, älterer Herr

musste natürlich dort entlang eilen, wo ich stand. Ameisen, Käfer,

Heuschrecken, oder was auch immer, planten einen

Terroranschlag.

Noch 2 Minuten. Eine künstlich klingende Frauenstimme sagte irgendetwas durch die

vielen großen Lautsprecher. Sind hier in rauen Mengen überall. Oh,

Krabbel-Käfer! Oh, Pudding!... Vielleicht gehe ich mit Yama noch

einen Pudding essen?

Noch 1 Minute. Pudding. Yama. Krabbel-Dinger. Yama. Terroranschlag. Zug. Yama.

Pudding. Yama. McDoof. Explosion. Yama. Sieg der Insekten. Yama!

Pudding-Wasser! Beine! Yama! Wo?! Yama!
 

„DINGDONG. ACHTUNG AUF GLEIS 2. DER EINFAHRENDE ZUG >NARITA-AIRPORT – HAMACHICHOU< TRIFFT EIN. ACHTUNG AUF GLEIS 2. DER ZUG…“
 

In Massen und wie ein fließender Strom eilten die verschiedensten Menschen durch die Ticket-Ausgänge und ließen diese bei jedem Auschecke einmal kurz aufpiepen. Mein Blick huschte wild über die Menge. Von gestresst aussehenden Geschäftsmännern, über Frauen mit aufgeweckten Kindern bis zu kichernden Schulmädchen mit viel zu kurzen Röcken war alles dabei. Alles Menschen, die scheinbar jeden Tag diesen Bahnhof sehen mussten, ob wegen der Arbeit, Schule oder Sonstigem.

Aber ich wollte nur eine einzige Person sehen. Eine Person, für die das alles nicht zum gewohnten Tagesablauf zählte. Und da war er.

Ein Schmunzeln machte sich bei mir breit. Wie es schien, hatte er mich noch nicht bemerkt gehabt, aber Yamas Gesicht zeigte eh ganz überdeutlich, wie scheißegal ihm andere Leute im Moment waren. Etwas weiter hinten in der Schlage zum Ausgang stand er und hievte nun seinen Koffer mit beiden Händen weiter Richtung Ziel alias Ticket-Ausgang; aber besser würde dann doch der Ausdruck „er kämpfte mit seinem Koffer“ passen, denn die Anstrengung dieses schwere Gepäckstück von seinen Platz zu bewegen stand ihm ins Gesicht geschrieben, ebenso spiegelten seine schmal zusammengepressten Lippen, die mit 100% Sicherheit Flüche und Schimpfwörter jeder Art und Sprache herauspurzeln lassen wollten, seine Laune perfekt wieder. Das Puddingessen konnte ich knicken, es sei denn, ich trage ihm seinen Koffer und bezahle den Pudding auch noch für uns Beide. Aber das ließ sich einrichten…

Endlich durchtrat auch Yama den Ausgang, blieb kurz stehen und schien jemanden zu suchen, da seine wunderbar klaren Augenpaare angespannt über die vorbeilaufenden Passanten wanderten. Vom Nahen sah er noch Furcht einflößender aus als bis eben. In seiner Stirn hatten sich kleine Falten der Missmut aufgetan und seine Augen, unter denen kleine, dunkle Ringe zu sehen waren, zeigten ganz klar: >Sprich mich an und du bist tot!<. Doch für einen Rückzug war es nun schon zu spät, denn sein Blick blieb an mir hängen. Zielstrebig schlängelte er sich zu mir durch so gut es mit dem Koffer ging, blieb direkt vor mir stehen, ließ seinen dunkelblauen Hartplastikkoffer mit einem lauten Rums auf den Steinboden fallen und sah mich an.

Da war er nun. Der Junge, den ich am meisten liebte. Genau so, wie er einfach nur vor mir stand, machte mein Herz keinerlei Anstallten weiter zu schlagen. Ich wusste einfach nicht, was ich machen sollte. Schließlich war Yama bis jetzt immer da gewesen, es gab solche Momente wie jetzt so gut wie nie, und wenn es sie gegeben haben sollte, muss ich sie verdrängt haben. Aber er stand immer noch vor mir, schaute mit seinen wunderschönen Ozeanblauen Augen in meine. Die Augenringe waren wirklich auffallend, auch seine Lippen wirkten leicht ausgetrocknet und rau. Ein paar Strähnen seines blonden Ponys hingen ungewohnt unordentlich in seinem Gesicht. Man konnte ihm den 12-Stundenflug ansehen.

„Du siehst echt mal scheiße aus.“, entfuhr es mir ein wenig bemitleidenswert.

Yama verdrehte die Augen über meine Bemerkung, wie nur Yama sie verdrehen konnte, wenn jemand seiner Meinung nach etwas wirklich selten Dämliches rausgehauen hatte.

„Das war wieder typisch Du, du Trottel!“, kam seine leicht verärgerte Antwort auch gleich hinterher. Dann machte er einen Schritt vorwärts, überwand das letzte bisschen Abstand zwischen uns, schlang seine schlanken Arme um meinen Nacken und umarmte mich. Er schmiegte seinen gesamten Körper sanft an mich, und obwohl Yama blass war wie immer und seine Porzellanartige Haut so kalt wirkte, durchfuhr mich eine unglaubliche Wärme. Ein vertrautes Gefühl von Geborgenheit machte sich in meinem Körper breit und durchflutete jeden noch so kleinen Winkel in mir. Sie ließ langsam meine Starre schmelzen. Ich schlag meine Arme um seinen schmalen Rücken und erwiderte sanft diese vertraute Geste.

Das war er; das war der Moment, der uns Beiden wieder die Alltäglichkeit in die Knochen jagte. Aber es war ein angenehmes Gefühl. Wir brauchten nichts zu sagen, die Stille war nicht länger unerträglich und jeder von uns wusste, wie sehr der Andere ihn vermisst hatte und dass das alles nun mit dieser Umarmung überstanden war.

Langsam löste Yama diesen Moment, blieb aber auf seinen Fleck stehen und schaute mich von unten an. War ich gewachsen oder ließ ihn die Müdigkeit schrumpfen? Was es auch war, eben das veranlasste Yama dazu, leicht seinen hübschen Kopf gegen meine Schulter zu lehnen und leise zu seufzen.

„Mann, bin ich fertig. Dieser scheiß Flug…“, nuschelte er gegen den Stoff meines Training-Pullovers. „Ich hoffe für dich, du bist mit dem Fahrrad gekommen?“ Das Blau in seinen Augen funkelte mich gespielt böse an. Ich lächelte ihm entgegen und stieß meinen Kopf leicht gegen seinen, was eigentlich nicht mehr war, als ein federleichtes Streifen von Haarsträhnen. Wahrhaftig, die gesamte Situation wandte sich wieder der Normalität zu, fing an, wieder seinen Alltag zu finden.

Alles war wie immer. Hatte sich eigentlich nie verändert gehabt, war nur für zwei Wochen unterbrochen worden.

Zudem kam auch noch ein ganz anderes, sehr bekanntes und alltägliches Gefühl hinzu:

„Du, Yama? Wollen wir ’nen Pudding essen gehen? Ich lad’ dich ein!“
 

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Ende. Owari.

Vielleicht lasse ich mich zu einer Fortsetzung hinreißen... das weiß ich noch nicht^^"



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  MaiRaike
2009-07-05T16:33:09+00:00 05.07.2009 18:33
Voll süß die Beiden.
Wirklich toll geschrieben.
Lass es mich wissen, wenn es noch eine Fortsetzung gibt!
Von: abgemeldet
2008-03-29T15:37:43+00:00 29.03.2008 16:37
WHAT??!
schluss??

DAS ST DOCH KEIN SCHLUSS!!
(doch schon, aber ich hatte mehr erwartet... '-_-)

was muss ich tun damit du weiter schreibst!!??

PS:is voll toll ;D
Von:  Takouji
2008-03-29T10:45:25+00:00 29.03.2008 11:45
hi^^ ich ma wieder :P
ai war das wieder toll^^ chu =^.^=...aber jetz hab ich hunger auf pudding xD
also ich fand das kapi voll toll^^
würder mich riesig über eine fortsetzung freuen^^
chu^^
LG Takouji


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