mit jedem Tag
Mit jeden Tag
Warum ich mir nicht einfach eingestehen konnte, dass ich mich verliebt habe? Weil der Schmerz über den Verlust, die Sehnsucht nach Berührungen zu groß ist.
Nicht das ich nicht dafür sorgen könnte, dass er nichts mitbekommt. Nein, bestimmt nicht. Ich bin ein Meister im Verstecken von Gefühlen.
Aber ich will es nicht verstecken. Ich weiß wohl, dass er meine Gefühle nicht erwidern wird. Ich bin so viel älter als er und ich kann mit solchen Gefühlen nicht umgehen. Ich wäre nicht der Richtige für ihn. Er hätte es verdient, dass man ihn auf Händen trägt und die Sterne vom Himmel holt. Doch ich könnte das nicht.
Jetzt ist er sowieso weg.
Keiner weiß wo er ist und ob er überhaupt noch lebt.
Und ich sitze hier auf dieser verdammten Insel irgendwo im Meer. Zwangbeurlaubt. Was ein Schwachsinn. Ich habe hier zu viel Zeit mir über meine Gedanken klar zu werden und genau das wollte ich nicht.
Aber das hat Dumbledore wohl bezwecken wollen. Er ist älter geworden. Der Krieg hat seine Gesundheit strapaziert aber das Glitzern in seinen Augen, welches ihn allwissend erscheinen lässt, hat er nicht verloren.
Er hat immer an einen Sieg geglaubt. Er hat immer an unseren Wunderknaben geglaubt. Er hat ihm sehr viel auf die Schultern geladen.
Vielleicht war es manches Mal mehr als er ertragen konnte, auch wenn er es nie zugegeben hat.
Ja er hat immer gelacht. Auch dann noch, wenn in seinen Augen Müdigkeit, Resignation ja regelrechte Verzweiflung stand.
Den anderen hat er mit seinem Lachen immer etwas vormachen können aber ich sah es ihm an. Ja ausgerechnet ich.
Aber vielleicht gerade ich, weil auch ich meine Gefühle immer versteckt habe, verstecken musste um zu überleben. Die vielen Jahre als Todesser und Spion. Gefühle wären eine Schwäche gewesen, die ich mir nicht erlauben konnte.
Unter all den Verhören und Folterungen bin ich froh, dass ich diese Verliebtheit unter Verschluss halten konnte. Obwohl Verliebtheit ist wohl das falsche Wort für meine Gefühle.
Ja ganz langsam hat sie sich eingeschlichen. Zuerst ohne, dass ich es bemerkte. Doch sie wurde stärker und stärker. Nicht mehr zu ignorieren.
Diese Liebe für unseren Helden. Es war kein Verliebtsein mit Herzklopfen und feuchten Händen, mit Stottern und rot werden. Sie traf mich auch nicht aus heiterem Himmel wie ein Paukenschlag.
Nein, sie kam verstohlen.
Er hat sich einen Platz in meinem Herzen gesichert, lange bevor ich es wusste. Mein Herz, von dem ich längst glaubte, dass es zu Eis erstarrt wäre. Ich glaube fast er hat es aufgetaut mit seiner Stärke und Kraft.
Es hat sich über Jahre hingezogen. Er war am Anfang nur so was wie ein Kind, das ich beschützen wollte. Er wurde aber schnell mehr, ein Gleichgesinnter, der kämpft für die Sache ohne Kompromisse und Zweifel und ohne auf sich selbst zu achten. Er hätte sich ohne zu zögern im Kampf geopfert.
All die Stunden, die er mich pflegte, wenn ich mal wieder verletzt von einem Todessertreffen heimkam. All die Male, wo ich ihm oder er mir das Leben rettete. Das alles, was wir durchstehen mussten, hat uns wohl näher zusammengeschweißt als ich es gerne hätte.
Mit jedem Tag wurde er mir wichtiger, genoss ich seine Nähe mehr. Ich kann keinen genauen Tag bestimmen aber die Zeit machte daraus Liebe.
Und zu dieser Liebe kam Begehren. Ein Begehren das nicht sein durfte. Das mit jedem Tag stärker wurde. Also habe ich es verdrängt und ignoriert. Es auf seinen Körper geschoben.
Ja, er hat sich entwickelt, aus dem nervigen Elfjährigen ist ein erwachsener Achtzehnjähriger geworden. Er ist gewachsen, seine schlanken Beine noch länger und seine Schultern noch breiter geworden. Seine Gesichtszüge sind markanter und männlicher. Er ist wirklich begehrenswert. Wie oft habe ich ihn im Kampf mit freiem Oberkörper gesehen, wie oft Wunden an diesem versorgt.
Ja, ich weiß wovon ich spreche. All diese Kraft, die in ihm steckt. Er hat nicht geweint als Chedric starb und Sirius oder an Hermines Grab oder bei all den anderen Freunden und Bekannten. Und auch nicht als Ron von einem Kämpfer zu einer Marionette wurde, wie der Verlust seiner geliebten Frau ihm jeden Lebenswillen und alle Kraft nahm.
Er wusste, dass er sich das nicht erlauben durfte. Dass er den Hass aufsparen musste. Nur so konnte er Voldemort besiegen.
Doch nach dem Kampf habe ich in seinen Augen gelesen, dass er jetzt nicht freiern konnte. Er brauchte diese Zeit um endlich trauern zu können um all die Gefallenen, endlich all die Opfer beweinen, die gemacht wurden.
Ich habe die Erschöpfung in seinen Augen gesehen. Er stand da in all dem Chaos, um ihn herum nichts als Leichen und Elend und doch der Jubel um den endgültigen Sieg, den er noch nicht verstehen konnte.
Und so wie er war schwerverletzt, vor Erschöpfung kaum noch stehend könnend und in seinen zerfetzten, blutverschmierten Sachen, sah er mir in die Augen, als ob er um Erlaubnis fragen wollte.
Er suchte in meinen Augen nach Zweifel, Schuld doch er fand nur Verständnis. Mit einem Lächeln und letzter Kraft appatierte er einfach weg, weit weg von allem.
Zwei Monate ist das jetzt her und ich muss mir endlich eingestehen wie sehr ich ihn vermisse. Gerade hier. Ich würde diese weite Ferne und Einsamkeit gerne mit ihm teilen. Ihm ein Ruhepol sein. Und ihm die Liebe geben, die er all die Jahre nicht hatte. Ja, ich liebe ihn. Gott verdammt und wie!
~~ Ende ~~
