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Gibt dir das Leben eine Zitrone, mach Limonade draus!

Für einen lieben Freund
von

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Gibt dir das Leben eine Zitrone, mach Limonade draus!
 

„Hallo liebe Freundin!
 

Heute will ich dir ein bisschen was über mich erzählen. Das tue ich ja nicht selten genug, nicht wahr? Und dennoch... Ich bin nicht dein Lehrer vergiss das nicht. Ich will dir nicht sagen, tu dies oder mach jenes. Ich will dir nur zeigen, was ich getan habe.
 

So oder so ähnlich könnte der Brief des Mannes, über den ich ihnen heute berichten möchte, an eine sehr gute Freundin beginnen. Es soll uns um einen Mann gehen, den man nicht unbedingt einen Glückspilz nennen darf, aber dazu später mehr.

Der Mann um den es hier heute gehen soll, nennen wir ihn der Einfachheit halber mal Jörg, ist ein Mann in den Mittvierzigern, der in einer kleinen Wohnung im Zentrum einer Kleinstadt im ländlichen Raum irgendwo in Deutschland lebt. Jeden Tag fährt er zur Arbeit zu seinem Arbeitsplatz, an dem er jeden Tag aufs neue seine Aufgaben verrichtet, an einen Tag mit mehr Eifer als an einem anderen. Das allein macht diesem Menschen noch nicht zu etwas besonderen, da muss ich Ihnen recht geben, aber lassen sie mich erst einmal erzählen.

Jörg wurde in einer Großstadt geboren, es war in einer Wohnung am Stadtrand. Insgesamt waren sie sechs Kinder gewesen, eine Großfamilie also. So etwas gibt es heutzutage kaum mehr. Seine Kindheit war eine harmonische und hat ihm ein sonniges Gemüt verliehen.

Nun gut, aber um seine Kindheit soll es uns heute nicht gehen. Ich möchte Ihnen lieber von dem Menschen berichten, der Jörg heute ist und auch das was ihn dazu gemacht hat. Dazu muss ich zwar etwas ausholen, aber keine Angst ich werde versuchen es kurz zu machen.

Als ich Jörg kennenlernte, da befand er sich in einer schweren Situation. Dazu muss ich sagen, er hat keine eigene Familie, war nie verheiratet und hat keine Kinder. Ich weiß, dass das eine relativ trostlose Geschichte ist und ich mag Ihnen recht geben und gerade, dass er darüber sein Lächeln nicht verloren hat, ist das besondere.

Als ich ihn kennenlernte, da sah die Situation so aus:
 

„Ich war heute wieder bei ihr, du weißt schon bei wem. Es wird nicht leichter. Im Gegenteil, je mehr ich mit ihr zusammen bin und je näher ich ihr komme, umso schlimmer wird es. Ich liebe sie und das ist es was mir das bei ihr sein so schwer macht. Ich wünschte mir, ich könnte sie vergessen, meine Liebe, verstehst du das?“
 

Ich verstand es nicht, doch er erklärte es mir.
 

„Sie ist der wichtigste Mensch in meinem Leben, musst du wissen, der Mensch der mir das Gefühl gibt am Leben zu sein. Ich bin sehr häufig bei ihr und ihrer Tochter. Ich liebe die Beiden. Sie als wäre sie das einzige was auf dieser Welt zählt und ihre Tochter als wäre sie mein eigenes Kind.“
 

Doch leider, war es so, dass diese Liebe nicht eine Chance hatte, denn sie hatte einen Mann, einen Partner. Er entschloss sich dazu, dass zu bleiben, was er bisher gewesen war. Ihr Freund! Er verließ seine Heimat und zog ihr nach, gerade weil er ihr Freund bleiben wollte. Er ließ alles zurück. Seine Freunde, seine gesamte Familie und auch seinen Job und suchte in der Fremde sein Glück. Ich muss Ihnen berichten, dass er es nicht fand. Er zog in ihre Nähe um für sie und ihrer Tochter, die schon beinahe zu seiner geworden war, da zu sein. Doch ich denke, es wird schnell klar, dass wo das Schicksal einmal zuschlug und Schmerz brachte, es gerne noch ein zweites Mal in die selbe Kerbe schlägt. Die Freundschaft zerbrach. Wie genau es geschah, dass weiß ich Ihnen nicht zu berichten. Jedoch war von allen Schlägen dieser für Jörg der härteste.

Er zog in eine ihm unbekannte Stadt, um einer Frau nahezu sein, die ihn nicht als das sah was er wollte. Er fühlte sich benutzt. Er hatte seine Freunde aufgegeben und verließ seine Heimatstadt und ging in die Fremde, nur damit dort sich auch der noch letzte Mensch von ihm abwenden konnte und ihn alleine ließ.
 

Ich denke die wenigsten von uns können nachvollziehen, was mit Jörg geschah. Für ihn zerbrach eine Welt. Ein Konstrukt, dass er sich mühevoll aufgebaut hatte und in dem er so etwas wie eine Heimat gesucht hatte, fiel in sich zusammen wie ein Kartenhaus.

Und damit sind wir auch fast in der Gegenwart angekommen und Jörgs Geschichte ist nun beinahe zu Ende erzählt.

Wissen sie, ich weiß, dass diese Geschichte nichts außergewöhnliches ist, aber ich habe auch nicht vorgehabt Ihnen eine Geschichte, von einem großen Kämpfer, einem intelligenten Wissenschaftler oder einem schlagfertigen Anwalt zu erzählen. Ich wollte Ihnen von meinem Freund erzählen, eine Geschichte, wie sie hier in diesem Land wahrscheinlich jeder auf seine Art und Weise erzählen könnte.

Ich jedoch wollte nicht die Geschichte von irgendeinem Menschen erzählen, ich wollte Jörgs Geschichte erzählen.
 

Jörg ist auch heute noch eine sehr wichtige Personen in meinem Leben. Ich weiß, dass ich mich auf ihn verlassen kann.

Nachdem seine Welt einen Einsturz hinter sich hatte wurde es recht still um ihn. Er nahm sich seine Auszeit.
 

„Ich denke, dass war es was ich gebraucht habe. Einfach nur eine Zeit lang allein mit mir. Die Welt einfach Welt sein lassen, ihr einfach mal den Rücken kehren. Die Decke über den Kopf ziehen und zu glauben, solange es unter ihr dunkel ist, ist es Nacht! Aber irgendwann ist mir klar geworden, dass es nicht ewig dunkel um mich sein kann! Wunden verheilen und werden zu Narben und irgendwann verblassen auch die!“
 

Heute ist er ein anderer. Er ist noch immer Jörg, aber er ist ruhiger geworden, vielleicht auch Erwachsener. Er hat seinen Platz in der Gesellschaft gefunden und hat sich mit seinem Leben engagiert.
 

„Es ist lange nicht perfekt! Ich habe keine Freunde hier, aber ich bin nicht unzufrieden. Ich fühle mich ganz wohl so wie es ist. Mit der Liebe habe ich für mich abgeschlossen, das wird wohl nichts mehr werden, aber es ist okay. Ich habe einen guten Job, lebe in einer schönen Gegend und ich denke ich bin zufrieden!“
 

Ich glaube ich weiß, was Sie denken werden und ja, mir ging es ähnlich. Auch ich habe lange gedacht er lügt sich selber in die Tasche, aber mir ist bewusst geworden, dass es für ihn seine Lösung war. Das Leben hat ihn geprägt und hat ihn erstarken lassen, auf eine ganz besondere Weise.

Ich erwähnte vorhin auch die Tochter jener Frau, die ihm sehr wichtig war und auch noch ist. Ohne sie hätte er wahrscheinlich aufgegeben. Sie liebt ihn bedingungslos und auch wenn er die Frau verlor, verlor er nicht das Kind, das Mädchen und mittlerweile die junge Frau, die sie nun ist. Sie hat es ihm auch nicht immer einfach gemacht, das ist wohl war, aber vielleicht hat das auch seinen Ergeiz geweckt. Wie ich bereit sagte, hat er keine eigene Familie. Und ich denke, gerade das ist es, was ihn zu etwas besonderem macht. Er hat ohne je Vater zu sein, gelernt Vater zu sein. Verstehen sie das?
 

„Ich liebe sie. Ich liebe sie als wäre sie mein eigenes Fleisch und Blut. Es ist nicht immer einfach, das ist klar, aber wenn ich das Vertrauen spüre, dass sie mir entgegen bringt dann weiß ich, dass es etwas gibt was ich richtig gemacht habe. Es ist nicht immer rosig zwischen uns, aber das ist es auch zwischen Tochter und Vater nie. Ich habe Angst davor sie zu verlieren!“
 

Er ist Vater ohne Vater zu sein. Das ist ihm zum Lebensinhalt geworden. Für ihn ist es eine Aufgabe für dieses Mädchen da zu sein, ihr Liebe zu schenken und eine Art Heim zu bieten, dass sie sonst vielleicht vermisst. Nicht immer ist es einfach für ihn, aber für welchen Vater ist es das schon? Junge Mädchen oder auch junge Frauen haben ihren eigenen Kopf und wollen sich wenig sagen, lassen. Es ist wichtig die Balance zu finden.
 

„Ich wäre heute wohl nicht mehr hier, wenn ich sie nicht gehabt hätte. Sie hat mir die Kraft gegeben nicht aufzugeben, Kraft gegeben einen Kampf zu Kämpfen gegen einen Gegner, den ich nicht sehen kann und mit einem Ausgang, den ich nicht mal erahnen kann. Nenn mich nicht stark, nur weil ich nicht bereit bin aufzugeben. Ich bin wie ein Fisch auf dem Trockenen. Ich zapple noch und japse nach Luft, solange wie ich noch kann! Ich bin zufrieden damit; nicht glücklich, aber zufrieden. Kennst du den Unterschied? Ich hab meine Saat ausgebracht und fahre nun die Früchte ein und damit bin ich zufrieden.“
 

Mir fällt es schwer diese Wort zu begreifen, wenn er sich wissend lächelnd, wieder eine Zigarette ansteckt.

Das ist Jörg. Ein Mensch, der seine Erfahrung mit mir teilt und vielleicht ist er von all dem was ich in ihm sehe nicht das Geringste, aber glauben Sie mir: Er ist ein guter Lehrer und das macht ihn zu etwas besonderen. Er will nicht dieser Lehrer sein, dass weiß ich genau, denn alles was er tut ist mir aus seinem Leben zu erzählen, jedoch tut er es mit einer Herzenswärme, dass ich ihm gerne zu höre und mich wohl dabei fühle

Er ist ein Mensch, der weniger seine Worte, als mehr seine Hände zu gebrauchen weiß. Er kann gut mit Worten, dass stelle ich außer Frage, aber vielmehr als ein Redner ist er ein Macher. Er hat sich losgeeist von seiner Heimat und hat nicht lange gefackelt. Er opfert sich auf für die Menschen die er liebt. Jörg ist ein Mensch, der bis in die frühen Morgenstunden bei einem sitzt und sich die Probleme anhört. Jemand der sein eigenes Glück hinter das der anderen stellt. Er ist ein sanfter Riese, ja ich denke das trifft es.
 

Mich hat seine Geschichte beeindruckt und vor allem auch der Mensch dahinter. Er stellt keinerlei Bedingungen ans Leben und nimmt jedem Schicksalsschlag hin und wächst an ihm. Er findet seinen Weg und geht ihn. Er stellt nicht viele Fragen, vor allem nicht nach dem Warum. Was passiert ist, ist passiert und es bringt nichts ewig darüber nachzugrübeln, lieber handelt er und versucht es beim nächsten mal besser zu machen.

Er mag mir nicht viel über Wissenschaft, Politik und Kunst wissen, aber er weiß etwas über das Leben zu erzählen.
 

„Das Leben ist nie geradlinig, irgendwo ist immer ein Hügel oder ein Tal oder auch eine scharfe Kurve, man kann selten weiter sehen, als einen Schritt voraus. Das ist der Reiz des Lebens! Vielleicht kommt morgen das Glück vorbei und klopft an meine Türe, aber ich verlasse mich nicht mehr darauf. Ich lebe mein Leben so gut ich es kann!“
 

ENDE

© Manuela Schmohl, 2007



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Evidenz
2008-10-25T08:59:06+00:00 25.10.2008 10:59
Wie immer eine mitreißende Story.
Gefällt mir sehr sehr gut...
Von:  sweet-kirara
2008-10-06T17:33:19+00:00 06.10.2008 19:33
Du hast recht, er ist kein erfolgreicher Macher oder reicher Manager. Er ist einer wie wir, einer, dessen Geschichte aufgeschrieben gehört! Denn das sollte nicht nur den Promis obliegen. Tolle Story!

Nicole
Von:  pinkcherry
2008-05-22T20:31:36+00:00 22.05.2008 22:31
Ich finde deine Geschichte echt gut.
Sie ist so...einfach zu lesen...und hat gleichzeitig so viel Tiefsinn.
Du erzählst über ein Schicksal, dass jedem passieren könnte und machst es doch so einzigartig.
Du zeigts auch das dieser Mensch wahre Stärke besitzt, denn er lässt sich nicht unterkriegen, egal, welche Schicksalsschläge auch kommen würden bzw. gekommen sind.

Während ich deine Geschichte gelesen habe, wurde ich irgendwie ruhiger und habe mich vollends darauf konzentriert.
Du hast meinen Respekt!

_--Nicole-chan--_
Von: abgemeldet
2008-05-17T13:34:18+00:00 17.05.2008 15:34
Schade, dass ich die Erste bin, denn diese OF hat auch mehr Aufmerksamkeit verdient.
Deine Geschichte glänzt durch Einfachheit. Es ist ein Schicksal, welches nachvollziehbar ist und im Grunde könnte deine Hauptperson der Mann sein, der in unserer unmittelbaren Nachbarschaft wohnt, den aber keiner von uns wirklich je wahrgenommen hat.
Kurz gesagt: Ich mag deine OF gerne, denn sie liest sich leicht, als ob du dem Leser wirklich nur "erzählst".
VlG


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