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Buffy: Projekt 8

Die virtuelle achte Staffel
von

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Folge 14: Mad Eye Harris

Autoren: Nightfever & lion

Co-Autoren: Yamato, Stefan, Hope, White Magic, smint

Bilderstellung: Hotwitch & Mel
 

Credits: Projekt 8 ist ein Projekt von slayerfanfic.de mit spezieller Unterstützung durch buffy-online.com als auch slayerzone.de, slayerworld.info, virtuelleserienonline.de sowie weiteren Partnern.
 

Disclaimer: Die virtuelle, achte Staffel baut auf das von Joss Whedon erschaffene Buffy-Universum auf. Sie wurde von Fans für Fans geschaffen, ohne dem Ziel damit Geld zu verdienen. Das Universum und seine Charaktere sind das alleinige Gedankengut von Joss Whedon, Mutant Enemy, FOX, WB und Paramount.
 

Giles (V.O.): Bisher bei Buffy:
 

Buffy hört die Gedanken von vielen anderen. Buffy zu den Scoobies: "Bitte denkt nicht eine Sekunde, dass ich euch nicht brauchen würde, denn das tue ich."- 3.18
 

Caleb im Weinkeller zu Xander: "Du bist also der, der sieht?" Er bohrt seinen Daumen in Xanders Augenhöhle. Blut läuft herab. - 7.18
 

Xander im Krankenbett, Willow und Buffy sind bei ihm. Clem in seinem roten Auto, er will die Stadt verlassen: "Rock on!" - 7.19
 

Xander mit Augenklappe. - 7.20
 

Xander und Andrew zusammen auf der Couch. Der Dinosaurier. Kennedy bei Mo, die beiden begrüssen sich.- 8.01
 

Andrew auf dem Ball. Der Kopf des Dinos. Kan Hsirg in Mo´s Bar: "Sollte es mir zu Ohren kommen, dass die Jägerinnen Dinge erfahren, die sie nichts angehen, werden wir ihnen unsererseits ein paar Geheimnisse flüstern. Und ich glaube nicht, dass es Malkuth besonders gut bekäme..." - 8.06
 

Xander und Eve im Blue Rider. Gebäude der Barker Cooperation, die beiden flüchten vor einem Dämonen - 8.08
 

Warren ist zurückgekehrt: "Nope. Keine Bienen im Weltall." - 8.09
 

Andrew und Xander bekriegen sich mit Lichtschwertern - 8.10
 

Die Sekretärinnen machen sich über Xander lustig: "Ein blindes Huhn findet auch mal ein Korn!" - 8.11
 

Der Bildschirm wird schwarz.
 

Faith im Kampf, in Silent Hill. - 8.02
 

Eve aus Silent Hill (V.O.): “Du wirst nie gewinnen, Faith! Ganz egal was du machst.. du bist schuld am Tod deines Freundes!”
 

Eine Krähe zieht ihre Kreise. Vi´s Tod. Andrew und Warren in Xanders Wohnung. Willow und Faith töten die Schützin. Lily lässt den Talisman fallen. Sie steht an Vi´s Grab: "Man wird sich eines Tages an dich erinnern, als die erste von vielen...” - 8.13
 

Teaser:
 

Barker Cooperation,

später Nachmittag

Ein Blick auf die Armbanduhr zeigte Xander an, dass er wieder einmal mindestens zwei weitere Überstunden verbuchen konnte und mit letzter Kraft unterdrückte er ein Gähnen, während er gelangweilt den Digitalzahlen des Aufzuges zusah, die langsam abwärts zählten.

Eigentlich hatte er frei gehabt, aber der Schreibkram wurde, trotz sorgfältiger Einteilung einfach nicht weniger und so hatte er sich kurzfristig entschlossen den Rest noch aufzuarbeiten. Außerdem hatte er am nächsten Tag ein Meeting bei dem es um einen Millionendeal ging und er war beinahe allein dafür verantwortlich, da durfte einfach nichts schief gehen.
 

Immerhin hatte er es in den letzten Tagen wenigstens geschafft Eve aus dem Weg zu gehen, so dass er seinen Mitarbeitern keinen neuen Grund zu Spekulationen geben konnte und nachdem die mechanischen Türen auseinander geglitten waren, durchquerte er schnellen Schrittes die Empfangshalle des Barker Gebäudes.
 

Dumme Idee den Wagen daheim zu lassen, dachte er noch abspannt und ärgerte sich insgeheim den ersten schönen Tag seit einer Woche mit einem morgendlichen Fußweg zur Arbeit begonnen zu haben.

Nun stand ihm ein erschöpfender Heimweg von fast einer Stunde bevor, statt gemütlich mit Auto beinahe genauso lang die überfüllten Straßen Clevelands zu genießen.
 

Gut, das heiterte ihn dann doch wieder auf. Das, und die Aussicht auf frische Luft und Sonne statt Büromief und Neonlicht...
 

„Xander?“ Er war schon an der Empfangsdame mit dem Headset vorbei als er Eves Stimme in seinem Rücken hörte und für einen winzigen Augenblick dachte er über die Möglichkeit nach einfach aus dem Gebäude zu stürmen, doch dann seufzte er tief auf, klemmte seine Aktentasche unter die Achsel und drehte sich, ein freundliches Lächeln aufsetzend zu seiner Chefin herum.
 

„Eve…hallo.“ Er verkürzte die Distanz zu ihr, in dem er ihr einige Schritte entgegenging und wartete dann gelassen ab. „Nett dass ich Sie heute antreffe. In letzter Zeit habe ich das Gefühl, dass Sie mir aus dem Weg gehen.“
 

Ihre Lippen verzogen sich zu einem leichten Schmollmund, doch dann hatte sich die Managerin wieder im Griff und lächelte ihren Mitarbeiter verführerisch an.
 

„Xander, Sie arbeiten zuviel. Ich weiß dass Sie sich auf die Verhandlung vorbereiten und ich lasse Ihnen da ganz freie Hand, aber es wird nichts bringen wenn Sie sich vorher schon verausgaben. Sie hätten ihren freien Tag auch angenehmer nutzen können…“ Tadelte sie ihn mit einem Glitzern in den Augen, das selbst einem Xander Harris nicht entging. „Außerdem haben wir immer noch nicht unser Essen im Blue Rider wiederholt und…“ sie stockte einen Moment und grüßte freundlich mit der Hand zwei kichernden und tuschelnden Bürodamen zu, welche, so konnte sich der junge Mann noch gut erinnern, schon einmal über ihn und Eve anzügliche Bemerkungen gemacht hatten.

Er spürte förmlich ihre Gedanken und konnte sich schon bildlich vorstellen die nächsten Tage wieder Gesprächsthema Nr. 1 im Kreise der Tratschtanten zu werden. Vielleicht wurde es Zeit den jungen Damen mal wieder einen Denkzettel zu verpassen, doch jetzt galt es erst einmal seine Chefin abzuwimmeln.
 

„Eve, tut mir wirklich leid, aber ich bin spät dran und ich habe noch eine Verabredung …“ Er sah ihren misstrauisch gewordenen Blick und schluckte hart damit sie seine Lüge nicht bemerkte. „… mit meinem Zahnarzt.“ Puh, die Kurve hatte er bekommen, denn augenblicklich entspannte sich ihre Miene wieder.

Galgenfrist, dachte er mit einem Kloß im Hals. Seine Chefin war verdammt attraktiv, intelligent, selbstbewusst und mehr als offensichtlich an ihm interessiert… Xander du bist ein Idiot! Schimpfte er sich selbst. Das Einzige was ihn davon abhielt mit seiner Chefin ein Techtelmechtel anzufangen war, dass er dachte in den Augen anderer nicht gut genug für sie zu sein.
 

„Nächste Woche holen wir es nach, ganz sicher.“ Versprach er hastig, vermied es ihr in die Augen zu sehen und stammelte noch ein paar Abschiedsfloskeln heraus, bevor er sich ruckartig umdrehte und das Gebäude verließ.
 

++++
 

Wächterhaus, Garten,

selbe Zeit

Buffy schloss den Reißverschluss der Trainingsjacke, bückte sich, um die Schuhbänder zu binden, band sich ihre Haare mit einem Haargummi zurück, und trat schlussendlich auf die Hintertür des Wächterhauses zu. Es war Zeit, wieder ein bisschen zu trainieren, immerhin war es schon einige Zeit her, als sie es das letzte mal getan hatte.
 

Sie öffnete die Tür und wurde sofort von Kampfgeräuschen überrascht, die aus dem Garten kamen. Alarmiert und kampfbereit trat sie aus dem Haus auf die Terrasse heraus, und ließ ihren geschärften Blick durch den Garten gleiten.
 

Erleichterung machte sich auf ihrem Gesicht breit, als sie Faith erkannte, die gerade auf eine gepolsterte, hölzerne Nachbildung eines Menschen einschlug. Buffy ging die Treppen, die von der Terrasse auf den Rasen führten, herunter, griff nach einem Handtuch, welches auf dem Tisch lag, der für die Trainingswerkzeuge bereit stand, blieb stehen und sah Faith kurz zu.
 

„Oh, hi B!“ begrüßte Faith die blonde Jägerin, wandte sich von der Puppe ab und fing das Handtuch, welches ihr Buffy zuwarf, auf, um sich damit den Schweiß abzuwischen.
 

„Wie geht’s?“ fragte Buffy und erntete einen überraschenden Blick von der dunkelhaarigen Jägerin. Hatte sie Buffy gerade gefragt, wie es ihr ging? Wollte sie das wirklich wissen? Eine ehrliche Antwort? Oder war es nur eine dieser freundlichen Floskeln, die man benutzte, um wenigstens IRGENDETWAS mit anderen Leuten zu reden?
 

„Hmm.. schon in Ordnung..“ antwortete sie, ging an Buffy vorbei und legte das Handtuch wieder auf dem Tisch ab.
 

„Wie sieht es bei dir aus? Habt ihr schon herausgefunden, warum du von den Pfeilen nicht getroffen wurdest?“ Faith sah Buffy interessiert an. Diese Frage war definitiv keine Floskel. Sie wollte wissen, WARUM Buffy von den Pfeilen verschont wurde, die Vi und Nadine das Leben gekostet hatten. Natürlich war sie auch froh, dass Buffy überlebte, die Phase, in der sie ihr den Tod wünschte, war längst vorbei, aber nichts desto trotz brauchte auch sie selbst eine Antwort auf die Frage.
 

Faith und Buffy traten auf die Holztreppen der Terrasse zu, setzten sich, und Buffy schien zu überlegen. Nach einiger Zeit hatte sie dann anscheinend die richtigen Worte gefunden.
 

„Na ja.. hmm.. wir sind uns alle nicht wirklich sicher, allerdings haben Giles und Lily in einigen Büchern gestöbert, und es scheint, als würde es den gleichen Grund haben, wie damals, als mich Spike trotz Chip schlagen konnte...“ Buffy schien in Gedanken zu versinken, und nicht zu registrieren, wie sie Faith verwirrt ansah.
 

„Spike hatte einen Chip? Wozu?“ Faith konnte es nicht glauben. Wozu hatte Spike einen Chip? Sie musste lächeln.
 

Buffy schien aus ihren Gedanken gerissen, als sie Faith kurz verloren ansah. „Oh.. achso. Ja, das ist eine lange Geschichte. Die Initiative pflanzte Spike einen Chip in den Kopf, durch den er keine Menschen mehr verletzen konnte..“
 

„Ach so, das meinte er damals...“ Faith erinnerte sich daran, als sie in Buffys Körper auf Spike gestoßen war, und er wirres Zeug geschwafelt hatte. „Und weiter?“ Faith wusste noch immer nicht, was Buffy ihr damit sagen wollte. Was hat das denn mit Samielle und ihren Pfeilen zu tun?
 

„Nun ja, Spike konnte mich schlagen. Aus dem gleichen Grund, warum mich auch die Pfeile nicht trafen. Durch meinen.. magischen Tod und meine.. ähm.. Auferstehung wurde in mir irgendetwas verändert. Ich gelte anscheinend nicht mehr als 100% menschlich.. oder 100% lebendig, oder was auch immer“ fuhr Buffy fort.
 

„Ach so. Denkst du, dass wir mit dieser verhüllten Gestalt noch einmal Probleme haben werden?“ fragte Faith und leichter Zorn kam in ihr hoch.
 

“Hm, ich fürchte schon, ich denke, dass wir die Augen offen halten sollten“ antwortete Buffy.
 

„Gut, ich auch..“ antwortete Faith und wollte wieder aufstehen, als sie plötzlich Buffys Hand auf ihren Ellbogen spürte.
 

Lily, die in der offenen Tür gestanden hatte, und das Gespräch mehr zufällig als gewollt belauscht hatte, trat leise einen Schritt zurück, drehte sich, und verschwand mit besorgtem Gesicht wieder im Haus.
 

“Faith.. warte. Wie geht es dir? Ich meine, wirklich? Hinter den Kulissen?“ sie sah Faith besorgt an. Sie selbst hatte schon so viele Menschen verloren, Menschen, die ihr wirklich etwas bedeuteten. Ihre Mutter, Angel, Spike, Jenny, Anya, Tara, um nur einige zu nennen. So schlimm wie es sich anhörte, aber sie hatte sich, irgendwie, daran gewöhnt. So viele junge Mädchen, potentielle Jägerinnen, sind letztes Jahr gestorben, aber Faith selbst schien auf Vi’s Tod nicht vorbereitet gewesen zu sein. Wie auch? Wie sollte man auch auf so etwas vorbereitet sein?
 

Faith sah Buffy fragend an, unsicher, ob sie sich ihrer früheren Gegnerin, jetzigen mehr oder weniger Freundin, wirklich öffnen sollte. Schließlich gab sie sich einen Ruck und ließ sich wieder auf die Treppe sinken.
 

„Naja, du kennst es doch selbst. Robin, Ronah und Vi sind für mich... wie eine Art Familie geworden. Nun haben wir jemanden verloren, und das ist natürlich hart...“ Faith glitt mit ihren Gedanken immer mehr ab.
 

Sie erinnerte sich an die Zeiten im Bus, als sich Vi mit Ronah um die Straßenkarte stritt, oder um die bessere Waffe, um das bessere Bett, um das letzte Wasser, den besseren Platz bei den Feuerstellen, darum, wer nun mit nach Silent Hill geht.
 

Silent Hill? Faith musste selbst leise schmunzeln. In Silent Hill war ihr selbst das erste Mal aufgefallen, wie wichtig ihr ihre kleine Familie schon geworden war. Als Eve ihr damals sagte, was sie mit ihren Freunden gemacht hatte, hätte sie alles gemacht, um sie zu retten, wirklich alles, und wenn sie ihr eigenes Leben hätte opfern müssen.
 

Plötzlich fiel ihr der Traum, den sie in Silent Hill und auch später hatte, ein. Diese Reiter. Und Buffy, sie kam ebenfalls vor. Ob sie Buffy darauf ansprechen sollte? Ob sie den Traum auch gehabt hatte? Ob sie wusste, wie man mit solchen Träumen umzugehen hat?
 

„Buffy?“ Faith sah sie unsicher an. Buffy richtete ihre Aufmerksamkeit wieder voll auf die dunkelhaarige Jägerin, und sah sie verständnisvoll an.
 

“Hattest du schon einmal.. Träume? Ich meine, warte.. ich meine nicht normale Träume, sondern eher.. hmm.. visionäre Träume, in denen du selbst vorgekommen bist, und Menschen, die du.. kennst?“
 

Buffy sah Faith ungläubig an. Meinte sie das ernst? Nach all den Jahren, die sie nun schon als Jägerin gegen oder auch für das Böse gekämpft hatte, hat sie keine Ahnung, dass Jägerinnen solche Träume haben? Was hat denn ihr Wächter während ihrer Ausbildung gemacht?
 

„Na ja, Faith, es ist so. Wir Jägerinnen haben visionäre Träume. Träume, die uns helfen sollen, unser Ziel zu erreichen, oder uns bestimmte Hinweise geben sollen. Wusstest du das bisher nicht? Was hast du geträumt?“
 

„Na ja, damals, als wir Kim in Silent Hill gerettet haben, bekam ich so eine Art Vision, von einem Dorf in der Wüste, welches von einem mysteriösen Reiter zerstört wurde..“
 

Buffy wurde hellhörig. Hatte Faith etwa die gleiche Vision gehabt wie sie? Könnte es sein, dass sie damals wirklich Faith gesehen hatte, auf der anderen Seite des Sees?
 

„Faith, hattest du auch den Traum einer Oase, die nach kurzer Zeit in vollem Chaos untergeht, und wo ein Reiter aus dem See und einige aus der Pyramide ausbrechen?“
 

Faith starrte Buffy geschockt an. Das konnte doch nicht wahr sein. Buffy hatte das auch geträumt. Wie war so was nur möglich?
 

Sie nickte, und Buffy stand sofort auf.
 

„Wir sollten mit Giles darüber reden..“ schlug die blonde Jägerin vor, und sah Faith auffordernd an.
 

„Ja.. sollten wir vielleicht.. aber, gib mir bitte noch etwas.. Zeit. Nicht lange, aber ich...“ Faith stand auf und sah sich kurz unsicher um.
 

“Ich sag dir dann deswegen Bescheid..“ damit nickte sie Buffy zum Abschied zu, fasste sich die Wasserflasche, die am Tisch stand, und lief aus dem Garten.
 

Buffy sah ihr verwundert nach und musste schmunzeln. Dann zuckte sie mit den Schultern, stand auf, stellte sich vor die Trainingspuppe und schlug zu.
 

++++
 

Strassen von Cleveland,

etwas später

Die Sonne war trügerisch, denn trotz des wolkenlosen Himmels kam keine Wärme auf.

Wehmütig an Sunnydale und das kalifornische Klima denkend, schlug Xander den Kragen seines Mantels auf und vergrub seine Fäuste in den Taschen, die Aktenmappe immer noch fest unter der Achsel verklemmt. Er achtete kaum auf die Leute die ihm begegneten und bog in die letzte Seitenstraße ein, die nun auf direkten Weg zu seiner Wohnung führte.
 

Die frische kalte Luft hatte seine Müdigkeit vertrieben und auch die ärgerlichen Gedanken an die dämlichen Puten, welche er noch vor dem Hochhaus wieder gesehen hatte. Das dümmliche Grinsen in ihren Gesicherten hatte Bände gesprochen und zähneknirschend hatte er seinen Heimweg angetreten.

Fröstelnd zog Xander seine Hände aus den Taschen und pustete hinein um die Kälte aus den Fingern zu bekommen, als er auch schon frontal mit jemandem zusammenstieß, der ihm auf dem Bürgersteig entgegengekommen war.
 

Die Mappe klatschte auf den Asphalt und völlig überrascht starrte Xander in das faltige Gesicht seines Gegenübers, der sich beeilte die Tasche aufzuheben und mit tausend Entschuldigungen ihm zu übergeben. Unter der flauschigen rosa Pudelmütze lugten noch die Schlappohrspitzen hervor und das abstoßende Gesicht verzog sich zu einem runzeligen Lächeln.
 

„C.. C.. Clem?“
 

„Ja? Das bin ich. Clem, so heiß ich wohl. Guten Tag.“, der Dämon war drauf und dran sich umzudrehen wurde aber von dem immer noch erstaunten Xander am Arm festgehalten.
 

„Clem. Das ist ja eine Überraschung! Was machst du denn hier?“ Der Dämon stutze und suchte sichtlich nach den passenden Worten, allerdings kam nur wirres Zeug aus seinem Mund und Xander schlug ihm freundschaftlich auf die Schulter.
 

„Komm mit, meine Wohnung ist ganz in der Nähe, da kannst du mir in Ruhe erzählen was dich hierhin verschlagen hat. Buffy wird sich sicher freuen dich zu sehen. Wir können über alte Zeiten reden und…“ Die Freude war echt und auch wenn Xander kein besonders großen Kontakt zu Clem gehabt hatte, so war ihm der lustige Dämon mit dem merkwürdigen aussehen immer recht sympathisch gewesen.
 

Die Verwirrung in dem zerfurchten Gesicht schien sich zu steigern, doch folgte ihm der Dämon widerstandslos bis vor die Haustür des Apartmenthauses und grade als Xander nach seinem Schlüssel fingerte, hörte er Clems vorsichtige Frage in seinem Rücken:
 

“Hast du einen Hund?“
 

Erstaunt drehte er sich zu dem Dämon um, der ihn etwas irritiert ansah. „Nein, warum fragst du?“
 

„Was ist dann ein Buffy?“
 

Vorspann
 

AKT 1
 

Xander’s und Andrew’s Wohnung,

kurz darauf.

Freundlich stellte Xander dem Dämon eine Dose Bier vor die Nase, die dieser dankbar annahm und mit einem Zug leerte. „Jetzt erzähl mal von vorne Clem.“ Befahl er ruhig und setzte sich zu ihm. Interessiert sah er zu wie die Schlappohren sich ein wenig zurücklegten, dann wieder nach vorne klappten als wenn der Dämon angestrengt nachdenken würde und nach einem kräftigen Rülpser schien so etwas wie Erkenntnis in den kleinen Augen aufzublitzen.
 

„Ja, Pokern! Das alles hat mit einem verflixten Spiel zu tun. Ich hatte nicht genug Kätzchen mit und dann war da dieser … dieser Kerl …er nahm etwas als Pfand … verdammt, ich kann mich nicht richtig erinnern.“ Schwer seufzte Clem auf und rieb sich die zerfurchte Stirn. „Ach, jetzt hab ich es wieder! Er hat mir ein Teil meines Gedächtnisses genommen. Manches ist noch da. Ich weiß dass ich dich kenne, und jetzt, wo du mir von Buffy und Sunnydale erzählt hast, kommen Erinnerungen auf. Aber ich weiß nicht wie ich hierhin gekommen bin und wo ich wohne und…“
 

„Mach dir da mal keine Sorgen“ unterbrach ihn Xander und grinste ein wenig bei der Vorstellung was Andrew zu dem ungewöhnlichen Hausgast sagen würde. „Solange bis wir alles geklärt haben kannst du selbstverständlich hier bleiben.“ Ein erleichtertes Lächeln huschte über das runzelige Gesicht und der Dämon sah sich prüfend um.
 

„Es macht dir auch wirklich nichts aus? Ich meine, du lebst doch nicht allein, was sagt deine Freundin dazu?“ Das glucksende Geräusch eines unterdrückten Lachens unterbrach seine Spekulation und er sah fragend zu Xander der leicht abwinkte.
 

„Es ist ein... Freund. Und NEIN, nicht was du jetzt vielleicht denkst. Es macht ihm sicher nichts aus. Wir klären zunächst Mal wie wir an dein verschwundenes Gedächtnis kommen und dann sehen wir weiter, hast du Hunger? Ich kann dir leider nur Cornflakes anbieten…“ Ein knurrendes Geräusch aus der Körpermitte Clems bestätigte dem jungen Mann seine Annahme und er beeilte sich dem Dämon eine Schüssel und eine volle Schachtel vor die Nase zu stellen, man konnte ja nie wissen was diese faltigen Monster sonst noch so aßen…
 

Er sah noch zu wie Clem mit zitternden Händen die Packung aufriss und überlegte laut weiter. „Hast du noch eine Ahnung was das für ein Kerl war? Mensch, Dämon, Vampir? Eine Adresse oder irgendein Anhaltspunkt?“ Noch während Clem genüsslich die trockenen Flakes knirschend zerkaute und einen missbilligenden Blick auf die dazugestellte Milch warf, schüttelte er den kahlen Kopf.
 

„Nein, leider nichts … oder doch, warte mal.“ Langsam griff er, immer noch schmatzend, in seine Hosentasche und zog eine kleine weiße Karte hervor, auf dem einige Buchstaben gekritzelt waren.
 

Neugierig nahm Xander das Papier entgegen und versuchte das Gekritzel zu entziffern. „Na immerhin ein Name, damit kann man vielleicht etwas anfangen,“ murmelte er vor sich hin und ging hinaus in den Flur zu dem kleinen Schränkchen herüber auf dem das Telefon stand. „Was hast du vor?“ rief ihm Clem mit vollem Mund hinterher und schüttete sich noch eine Portion der gelben Maisflocken nach.
 

„Der einfachste Weg führt oft über das Telefonbuch.“ Grinste Xander als er zurückkam und hatte auch schon nach wenigen Sekunden die passende Adresse zu dem seltsamen Namen auf der Karte gefunden. „Mit ein wenig Glück sind deine Probleme auch schon bald gelöst.“ Lachte er triumphierend auf und sah zu wie sich der Dämon ein drittes Mal an den Flakes bediente, doch diesmal fiel eine kleiner, in Zellophan verpackter Gegenstand mit aus der Packung.
 

„Hey!“ Rief der Dämon begeistert, während er die Hülle aufriss und ein grünes Plastikbein in die Luft hielt. Er hatte sofort den unfertigen Dinosaurier auf dem Tisch gesehen und hob an, dieses letzte Teil einzusetzen, was aber Xander im letzten Moment verhindern konnte.
 

„Nein, wir warten damit auf Andrew!“ Das faltige Gesicht verzog sich zu etwas, was wohl ein Schmollen darstellen sollte, aber Xander nahm den Dinosaurier vorsichtshalber aus der Reichweite des Geschöpfs.
 

Einen Moment lang überlegte Xander noch ob er Buffy wegen Clem informieren sollte, doch dann beschloss er instinktiv es allein zu versuchen. So eine Angelegenheit dürfte sicherlich mit ein paar Dollar aus der Welt zu schaffen sein und Clem war hier in der Wohnung besser aufgehoben als in den Straßen wo ihn jeder sehen konnte. Gutmütig erklärte er dem immer noch mit den letzten Cornflakes beschäftigten Dämon noch, dass er sich wie zu Hause fühlen sollte und machte sich auf den Weg zu der Adresse aus dem Telefonbuch.
 

++++
 

Cleveland, Hintergasse,

etwas später

Die dunkle Gasse war nicht gerade Vertrauen erweckend und auch die schmale Treppe, die hinunter zu der schweren Feuerschutztür führte verriet, dass der Laden wohl nicht gut besucht war. Das einigste was ihn überhaupt erst als solchen kennzeichnete war ein Schild, das an die Wand des Hauses genagelt war: "Dee A. Larr´s Laden für nützliche Dinge, von allgewöhnlichen Haushaltsgegenständen bis zu ausgefallenen Exquisitäten. Riskieren sie einen Blick, egal ob ihre Haut grün ist oder nicht!"
 

Misstrauisch stieg Xander die schmalen Stufen hinab und klopfte an die Tür, von innen war ein Grunzen zu hören, das wohl ein "Komme gleich!" sein sollte, jedoch genauso gut einer beliebigen dämonischen Sprache hätte entsprungen sein können, oder es war einfach nur das, ein Grunzen.
 

Nach wenigen Augenblicken wurde die Tür geöffnet und gab den Blick auf Dee A. Larr frei. Auf den ersten Blick hätte man ihn wohl für eine Menschen gehalten, doch seine Haut war etwas rötlich getönter, als es für einen Menschen üblich war, und die zwei Lappen, die von seinem Kinn hinab hingen und bei einer flüchtigen Betrachtung als Bart abgetan werden könnten waren in Wirklichkeit aus Haut. Allerdings überwogen die Ähnlichkeiten: Ein mit Fettflecken, von denen Xander lieber nicht wissen wollte, woher sie stammten, überzogenes Unterhemd verdeckten den mit den Jahren ein bisschen zu groß gewordenen Bierbauch und die Ringe unter seinen Augen zeugten von zu wenig Schlaf: "Sie wünschen?"
 

"Ich... Dies ist doch Dee A. Larr´s Laden für nützliche Dinge, oder? Und Sie sind...", begann Xander zu sprechen, der sich seiner Sache inzwischen gar nicht mehr so sicher war.
 

"Ja, ich bin der Besitzer, aber nenn mich ruhig Larr; solche wie du verirren sich nicht häufig in meinen Laden!", Larr hielt ihm die Hand hin und Xander ergriff sie, "komm doch rein, Junge, dann können wir in Ruhe dein Anliegen besprechen!"
 

Der Dämon führte ihn durch den dicht mit Kartons, die Aufschriften wie "Der Staubsauger für magische Verseuchung" oder "Bügeleisen für die zweite Haut" trugen, zugestellten Verkaufsraum in den hinteren Teil, der mit allerlei Elixiren, Artefakten und Tierschädeln ausgestattet war und in dem sich auch die Kasse befand.
 

"Wie gefällt dir der Laden? Ich habe ihn von meinem Schwager Barney geerbt, bevor er angefangen hat größere Ziele zu verfolgen; nun, was kann ich für dich tun?", fragte der Dämon, während er einen übermäßig dicken handgeschriebenen Katalog aus einer kleinen Schublade herausholte. Xander setzte an sein Anliegen vorzubringen, doch bevor er zu Wort kam unterbrach ihn der Dämon erneut: "Ich habe einige sehr interessante Amulette hier, vor allem Verwandlung, wenn du schon immer einmal unsichtbar oder womöglich sogar eine Frau sein wolltest, dann bist du bei mir richtig!"
 

"Eigentlich geht es nicht um...", begann Xander erneut, nur um wieder von dem Dämonen unterbrochen zu werden: "Ok, das ist es nicht, und du siehst auch nicht aus wie jemand, der mit Magie viel am Hut hätte, vielleicht...", er zupfte an seinem bartähnlichen Hautlappen und betrachtete ihn eindringlich.
 

"Also es geht um meinen Freund Clem, er...", versuchte er es erneut, der Verzweiflung nahe, doch Larr würgte ihn ein weiteres mal ab: "Ich glaube ich habe etwas, was du wirklich gebrauchen kannst, sie sind gerade mit der neusten Lieferung gekommen, etwas sehr Spezielles!"
 

Er griff eine kleine Holzgeschnitzte Schachtel aus einem Schrank und öffnete den Deckel, der den Blick auf zwei in grünen Schleim, der sie wohl kühlen sollte, eingehüllte lebendige Augäpfel freigab.
 

"Die sind noch ganz frisch!"
 

++++
 

Shin’s Haus,

zur selben Zeit.

Er lag auf seinem Bett und ließ das letzte Date mit Dawn noch einmal in seiner Erinnerung stattfinden. Die Nähe, die Vertrautheit und doch hatte er das Gefühl, das Dawn etwas vor ihm verbarg. Er konnte es an ihrer Aura spüren.

Aber wie sagte schon Jesus, wer frei ist von Schuld, der werfe den ersten Stein. Auch Shin hatte noch ein kleines Geheimnis vor Dawn. Er brauchte nur seinen Blick durch sein Zimmer schweifen zu lassen.
 

Sein Bett stand direkt unter dem Fenster, es nahm den meisten Platz im Zimmer ein. Ein schlichter schwarzer Rahmen aus Ebenholz. Zur Zeit bedeckte es eine Tagesdecke, die großflächig mit Drachen bestickt war. Shin liebte Drachen, er bewunderte Ihre Anmut und Schönheit, auch wenn andere Menschen nur ein grässliches Monster aus der asiatischen Mythologie darin sahen.
 

Die Wand gegenüber seinem Bett wurde beherrscht von Zahlreichen Waffen, die dort arrangiert waren.
 

Angefangen von seinem Samuraischwert. Sein ganzer Stolz. Sein Vater hatte es ihm zu seinem 18 Geburtstag überreicht mit den Worten, dass auch er jetzt in die Tradition seiner Familie einzutreten hatte. Weiter ging sein Blick über die Nun-Chackos. An das Training würde er sich sicherlich noch lange erinnern. Er hatte gerade dabei immer sehr viele blaue Flecken einstecken müssen, bis er es geschafft hatte, die Chackos meisterhaft zu beherrschen. Der Kampfstab, die Shuriken, schon allein dieses Arsenal an Waffen hatte bisher jedes halbwegs normale Mädchen die Flucht ergreifen lassen.
 

Abgesehen von den vielen Artefakten und Amuletten, die in seinem Zimmer arrangiert waren. Da war zunächst mal die gekreuzte Wadjra, das Symbol des Donners. In Ritualen wurde es als Schutz gegen Dämonen verwendet.
 

Das Drachenbildnis-Tzuba es half die geistigen und körperlichen Kräfte zu sammeln und innere Ruhe zu bewahren. Dann die Glücksmünzen, das Prognostikon und das Versirsiegel.
 

Und auf dem Fensterbrett, eingebettet in einen kleinen Zen-Garten, umringt von Räucherstäbchen das wichtigste Amulett überhaupt in seinem Leben.
 

Es hatte einen Durchmesser von ca. 10 cm und war Rund wie eine Münze. Auf der sichtbaren Seite sah man eine stilisierte Sonne umringt von einem Kreis aus Flammen. Auf der nicht sichtbaren Seite, erinnerte sich Shin, sah man ein hässliches Dämonengesicht mit drei Augen welches ebenfalls von einem Flammenkreis umringt war. Das dritte Auge wurde von einem Pentagramm eingerahmt.
 

All diese Dinge hatten ihn in seiner Schulzeit zu einem Außenseiter gemacht, sein erster bester Freund dem er strahlend als Kind sein Zimmer gezeigt hatte, war schreiend nach Hause gelaufen. Der nächste Schultag war die Hölle gewesen.
 

Besser wurde es erst wieder als, Shin in die High School ging.
 

Er hatte es sich dann angewöhnt, sich mit seinen Freunden immer woanders zu treffen. Aber vielleicht war es ja mit Dawn anders. Sie war anders. Sie war etwas Besonderes.
 

Ein Klopfen an der Zimmertür ließ Shin aus seinen Gedanken aufschrecken.

Yui, seine Mutter, steckte den Kopf zur Tür hinein. „Besuch für dich! Du hast nicht gesagt, dass uns heute jemand besuchen kommt.“
 

Sie war etwas ungehalten. In vielen japanischen Familien, so auch in der Familie von Shin, war es Tradition, dass Besucher sich anmeldeten oder wenn ein Familienmitglied jemand einlud, dies dann auch der Familie zu sagen. Auf Grund der besonderen Stellung der Tetsu-Familie, hatte sich diese Tradition öfters als sehr nützlich erwiesen. Dämonenjagen war auch in der heutigen Zeit keine wahrhaft einfache Sache. Eine gewisse Geheimhaltung wurde hier lebensnotwendig.
 

„Entschuldige bitte Mutter. Ich habe niemanden eingeladen.“
 

Verwundert stand Shin unter dem strengen Blick von Yui auf und ging zur Tür. Dort stand Dawn.
 

„Hi.“
 

„Was machst du denn hier?“ Fragte er überrascht.
 

„Entschuldige bitte, eine liebevollere Begrüßung hätte ich mir schon gewünscht, schließlich bin ich extra deswegen zu dir gekommen, damit du dir keine Sorgen machen musst.“ Beleidigt verzog Dawn ihr Gesicht.
 

„Sorgen machen? Wieso sollte ich mir Sorgen machen?“ Langsam verlor Shin die Geduld, der unmutige Blick seiner Mutter im Rücken war ihm mehr als unangenehm. Sie stand nicht sichtbar schräg hinter ihm.
 

„Hier, ich hätte sie ja auch einfach im Büro liegen lassen können.“ Wütend hielt Dawn Shin seine Geldbörse vors Gesicht. „Die hast du wohl im Büro verloren und weil ich gesehen hab, dass du erst übermorgen wieder arbeiten kommst, dachte ich mir, das ich sie dir vorbeibringe.“
 

„Oh, danke.....“ Etwas überrumpelt nahm Shin seine Geldbörse an sich.
 

„Willst du mich nicht reinlassen? Oder soll ich mir hier die Füße abfrieren?“ Dawn gefiel die Situation überhaupt nicht. Was hatte Shin bloß? Er ließ sie vor der Tür stehen wie einen Staubsaugervertreter. Schämte er sich für sie?
 

„Weißt du Dawn, das ist jetzt sehr schlecht. Ich äh... hab jetzt grad gar keine Zeit. Ich muss noch einiges äh... erledigen. Kann ich dich anrufen?“ Shin war es sichtlich nicht recht, dass Dawn reinkommen wollte.
 

"Ist das so dringend, dass du nicht mal deine Freundin rein lässt?"
 

Shin konnte förmlich spüren, dass seine Mutter die Augenbrauen hochzog.

"Dawn, ich kann jetzt wirklich nicht. Versteh das doch bitte."
 

Er log doch. Dawn sah es ihm genau an. Tränen der Enttäuschung stiegen ihr ins Gesicht. Sie versuchte sie noch wegzublinzeln, Shin sollte sie sicherlich nicht heulen sehen.
 

"Ich versteh schon. Ich hab wohl grad einen unpassenden Moment erwischt." Dawn hörte wie ihre Stimme nur so von Sarkasmus troff. Gerade von Shin hätte sie so etwas nicht erwartet.
 

"Dawn, das hat nicht mit dir persönlich zu tun, ich kann dich jetzt im Moment einfach nicht reinlassen."
 

"Tja, na dann viel Spaß bei deiner wichtigen Erledigung!" Sie wandte sich zum Gehen.
 

"Dawn, ich ruf dich morgen an. OK? Dann reden wir darüber"
 

„Nein, das kannst du auch lassen.“ Wütend drehte Dawn sich um, stieg auf ihr Fahrrad und fuhr weg.
 

Tränen liefen ihr über die Wangen. Warum hatte Shin sie angelogen.

Was war der Hintergrund?
 

++++
 

Cleveland, Hintergasse, Larr’s Laden

Selbe Zeit

"Ich weiß nicht, also eigentlich...", versuchte Xander einen Satz zu formen, die Augen in der Schachtel schienen in förmlich dabei anzugucken, wie ein Hund in einem Tierheim, der ein neues Herrschen suchte.
 

"Also eigentlich bin ich ja ganz zufrieden so wie es ist!", brachte er schließlich über die Lippen, doch er wusste genau, dass es nicht so war, vielleicht ließ er den Spott der anderen Angestellten relativ unbekümmert von sich abprallen und rächte sich an ihnen auf die eine oder andere Weise, aber trotzdem ging das alles nicht spurlos an ihm vorbei und eins war sicher: einen 3D-Film würde er wohl nie mehr in seinem Leben sehen können.
 

Doch er durfte diese eigentlich nicht annehmen, solche Dinge hatten immer einen Preis, dass hatte er spätestens an dem Tag gelernt, als er eine ganze Stadt zum Singen gebracht hatte.
 

Langsam glitt seine Hand nach vorne und klappte den Deckel der Schachtel wieder nach unten: "Ich bin nicht hier, weil ich was suche, sondern wegen meinem Freund, Clem, er hat mit ihnen Karten gespielt, doch da er den Einsatz nicht dabei hatte haben sie ihm einen Teil seines Gedächtnisses gestohlen, also habe ich mich ihm angeboten, es für ihn zurückzuholen."
 

"Clem?", man sah Larr förmlich an, wie er darüber nachdachte, "Clem. Oh ja, Clem, ein ziemlich faltiges Gesicht, oder? Also hast du mir Kätzchen mitgebracht?"
 

"Nein, und das ist der Punkt: Clem kann sich nicht mal erinnern, wo er wohnt, wie soll er da an Kätzchen kommen, wenn sie mir jetzt also sein Gedächtnis zurückgeben könnten, dann würde er dafür Sorgen, dass sie ihre Kätzchen, die ihnen natürlich zustehen bekommen.", versuchte Xander einen Handel vorzuschlagen.
 

"Netter Vorschlag. Nein. Die Erinnerungen könnten für einige Leute sehr wertvoll sein, ich bin so wie es jetzt ist vollkommen mit der Situation zufrieden, außerdem habe ich noch genug Kätzchen!", Larrs Stimme hatte einen bedrohlichen Unterton angenommen, den man einem so freundlichen Gesicht gar nicht zugetraut hätte.
 

"Aber Clem braucht die Erinnerungen, ich kann sie auch bezahlen!" Demonstrativ zog er sein Portmonee aus der Tasche.
 

"Glaub mir, Freundchen, ich gebe dir einen Rat im Guten: Du würdest nicht annähernd genug Geld haben, um diese Erinnerungen bezahlen zu können!", er stützte sich auf die Theke und beugte sich zu Xander vor.
 

"Ich bin mir sicher, dass es einen Weg geben muss!", setzte Xander erneut an, er wollte keinen Streit mit Larr anfangen, doch sein alter Bekannter Clem war ihm eindeutig wichtiger.
 

"Nun ja, vielleicht...", begann Larr, langsam kehrte sein freundlicher Gesichtsausdruck zurück, "vielleicht ist es möglich, aber im Moment habe ich bereits einen anderen Kunden, der..."
 

Im hinteren Teil des Ladens klingelte ein Telefon: "Entschuldige mich, einen kleinen Augenblick, sieh dich doch mal um, vielleicht findest du etwas, dass dir gefällt!"
 

Während Larr verschwand warf Xander einige scheuen Blicke in die Regale, aufgereihte Dämonenschädel, eingelegte Froschleber, Knochenamulette; für Willow wären sicher einige interessante Utensilien zu finden gewesen, aber für ihn war das alles eher einschüchternd, zu mal dieser Laden nicht hell und freundlich eingerichtet war wie die Magic-Box, sondern eher wie das aussah, was er letztendlich auch war, ein verkommenes Kellerloch.
 

Aus dem hinteren Teil drang Larr´s laute Stimme, er schrie sein gegenüber an, doch trotzdem konnte Xander nicht verstehen, worum es ging.
 

Sein Blick glitt wieder auf die Theke auf der immer noch die Holzschachtel stand, für einen Moment schien sie ihn magisch anzuziehen, als ob die Augen ihn selbst durch den Deckel noch ansehen würden. Schließlich gelang es ihm den Blick abzuwenden.
 

"So, da bin ich wieder, wo waren wir stehen geblieben?", die Stimme des Dämonen schnitt durch die Stille, doch sie klang anders als vorher, als ob er seine Unsicherheit überspielen wollte, "Ach ja, wir sprachen über deinen Freund nicht wahr und sein Gedächtnis, oder?"
 

Larr´s rotes Gesicht war ganz bleich geworden und seine müden Augen wirkten wachsam, als ob er sich versichern wollte, dass niemand anderes im Laden war.
 

"Ja, wir...", das ungute Gefühl ging auch auf Xander über, irgendetwas stimmte hier nicht.
 

"Ich mache dir ein Angebot: Wenn du mir die Augen abkaufst, dann gebe ich dir die Erinnerungen deines Freundes umsonst dazu!", unterbrach er ihn und bemühte sich dabei möglichst spontan zu klingen.
 

"Wie viel sollen die Augen denn kosten?", fragte Xander misstrauisch. "Eigentlich kosten sie 300 Dollar, aber du kriegst sie für 150 Dollar!", bat Larr ihm an, wohl wissend, dass er anbeißen würde.
 

"Wow. Das sind ja richtige Schnäppchen-Augen!", er wollte die Augen nicht, doch was blieb ihm anderes übrig? Er hatte Clem versprochen sein Gedächtnis zurückzubringen, und er würde es auch tun.
 

Aber auf der anderen Seite wäre es sicher schön wieder auf beiden Augen zusehen, zu mal er es leid war, dass Buffy versuchte ihn von den Kämpfen auszuschließen und die andauernd lästernden Sekretärinnen würden auch ganz schön dumm aus der Wäsche gucken.

"Ok, ich nehme sie!"
 

++++
 

Xander’s und Andrew’s Wohnung.

Etwas später, früher Abend.

"Scha-hatz, ich bin daheim!"
 

Andrew kam durch den Flur ins Wohnzimmer gestürmt, seine Jacke, und eine prall gefüllte Einkaufstüte auf den Armen. Alles purzelte jedoch zu Boden, als er mit Entsetzen feststellen musste, dass anstatt Xander ein seltsamer faltiger Dämon auf seinem Sofa hockte, und - schlimmer noch - gerade dabei war, an seinem brandneuen Todesstern mit dem Original-Rückkehr-der-Jedi-Ritter-Design herum zu basteln. Andrew und der Dämon starrten einander mit fassungslosem Blick an, und kreischten gleichzeitig los.
 

Clem flüchtete hinters Sofa. Andrew kreischte noch lauter, denn das hautlappige Wesen stieß gegen den Tisch, und verteilte dabei die kostbaren Modellbauteilchen über den ganzen Wohnzimmerteppich.
 

"Wer bist du?" verlangte Andrew zu wissen. "Was hast du in unserer Wohnung zu suchen, was willst du auf meiner Couch, und was hast du mit Xander gemacht?"
 

"Ich...uhm...ich hab' deinem Schatz nichts getan," beeilte sich Clem zu erklären, "ich wusste ja nicht mal, dass Xander und du..."
 

"Sind wir gar nicht," unterbrach Andrew. "Und Finger weg, von meinem Valentinstags-Todesstern!" Er bückte sich, und begann hastig, die Modellteile aufzusammeln, und zurück auf den Tisch zu legen. Clem guckte schuldbewusst hinter der Couch hervor, und kam schließlich angetapst, um Andrew zu helfen. "Soll das in die Küche?" fragte er vorsichtig, und schnupperte an der Einkaufstüte.
 

"Finger weg, von meinem Abendessen!" Andrew entriss ihm die Tüte, und marschierte hocherhobenen Hauptes davon, um die Lebensmittel zu verstauen. Verdutzt starrte Clem ihm hinterher, und um sich wenigstens ein bisschen nützlich machen zu können, hob er Andrew's Jacke auf, und wollte sie zur Garderobe tragen.
 

Unter der Jacke lag ein Briefumschlag, der wohl aus der Tasche gefallen sein musste. Neugierig öffnete Clem den Umschlag, und spähte hinein.
 

"Finger weg, von meinen Vorgeburtstagsgeschenk!" Andrew kam aus der Küche gestürmt, und entriss Clem Jacke und Umschlag. "Was ist ein Vorgeburtstag?" fragte der Dämon verwirrt.
 

"So etwas Ähnliches, wie ein Nichtgeburtstag!" Andrew warf Clem einen bösen Blick zu, und verstaute den Umschlag wieder in seiner Jackentasche. "Und Finger weg, von unserem Dinosaurier!"
 

"Ich hab' dem Dinosaurier nichts getan!"
 

"Und warum hast du dann ein Dinobein hier liegen?"
 

"Oh. Mein Gott." Andrew's misstrauischer Gesichtsausdruck wich einem fassungslosen Unglauben. "Das ist nicht möglich! Du hast das rechte Hinterbein gefunden! Wir suchen das seit 'nem halben Jahr! Wir haben schon gedacht, wir finden's gar nicht mehr, weil die schon längst ganz andere Sachen in den Packungen haben...nein, warte, noch nicht reinstecken. Xander muss dabei sein, es ist schließlich auch sein Dino!"
 

Ein strahlendes Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus, als er begeistert weiterredete. "Wow, das ist so cool! Du musstest bestimmt zwanzig Packungen essen, bevor..."
 

Clem war gerade dabei, das Lächeln schüchtern zu erwidern, und sich zu wundern, ob er vielleicht doch noch etwas richtig gemacht hatte, als Andrew mitten im Satz abbrach, und Clem böse anschaute. "Finger weg, von unseren Cornflakes!"
 

++++
 

Cleveland, Friedhof,

Sonnenuntergang:

Es herrschte Ruhe auf dem geweihten Boden, der für so viele Leute Schmerz aber auch Friede in einem bedeutete. Friede, den jeder, der sich schlussendlich hier her begab, um seinen Körper hier niederzulegen, verdient hatte. Jeder einzelne.
 

Eine leichte Brise wehte zwischen den zum Teil alten, mit Moos besetzten, zum teil neuen, sauberen Grabsteinen hindurch. Hinter einigen der größeren Steine bildeten sich kleine Windwirbel und ließen eine kleine, alte Papiertüte, die auf dem zum Teil von Kiesel oder auch Gras bedeckten Boden, lag, aufwirbeln. Die Tüte drehte sich, sie flog, frei, unkontrolliert, bis sie nach einiger Zeit wieder den Boden berührte, noch kurz versuchte, wieder von einer weiteren Windböe erfasst zu werden, und nach Misserfolg einfach wieder tot am Boden liegen blieb.
 

Faith schritt mit sicherem, festen Schritt voran, vorbei an Marie Anne (1973 – 2001), Anthony Whiterow (1921 – 1946) und auch vorbei an dem Grab von „Bobby Whisterpow“, einem kleinen Jungen, der im Alter von 3 Jahren diese Welt wieder verlassen durfte.. konnte.. musste.
 

Sie fixierte mit ihren Augen das Grab von Vi, welches aus den zum Teil stark veralteten Gräbern schon von weitem heraus stach, und während sie mit der rechten Hand in ihrer Tasche nach einem Feuerzeug suchte, trat sie auf das Grab zu, das zur letzten Ruhestätte von Vi geworden war.
 

Sie stellte die in rotes Plastik eingefasste Kerze vor den Grabstein, zündete sie an und deckte sie wieder mit der Metallkappe ab, die verhindern sollte, dass Regen oder sonstige Umwelteinflüsse die Flamme auslöschen. Während Faith nun vor dem Grabstein kniete, tasteten ihre Augen die leere Erde ab, die das Grab bedeckte. „.. ich hätte Blumen mitnehmen sollen..“ flüsterte sie, und ärgerte sich, dass sie so nachlässig gewesen war. Wieso waren eigentlich die Blumen der Beerdigung schon fort? Waren sie etwa schon kaputt? Nach einer Woche? Einer verdammten WOCHE?!
 

Faith’s Blick fiel wieder auf den Grabstein, und er bleib bei dem eingravierten Namen hängen. Vivian Claimore. Vivian? Der Name war so.. unecht. Sie hatte sie nie Vivian genannt, Vi war immer schon Vi gewesen, aber was hätten sie machen sollen? Man konnte doch keinen Spitznamen auf einen Grabstein schreiben.
 

Faith hob langsam die Hand, und berührte vorsichtig den eingravierten Anfang vom großen V. Langsam fuhr sie die Schrift nach, und Bilder schossen ihr in den Kopf.
 

„Die Party war der Hammer ! .----- „Vi, kümmere du dich um den Hippie!“ --- „Verdammt sie flüchten!“ ----- Die Gestalt mit der Armbrust ----- „VI, PASS AUF!“ ---– Vi’s Leiche, mit dem Pfeil im Herzen – Vi’s Beerdigung
 

Faith zuckte zusammen, holte dann tief Luft, und schloss kurz die Augen. „Vi.. wo du auch immer bist. Du fehlst uns hier.. wirklich..“
 

Sie sprang auf, bereit, jedem Dämon den Kopf abzureißen, als plötzlich ein Geräusch hinter ihr zu hören war. Jemand hatte sich genähert. Und dieser jemand war nicht alleine. Sofort drehte sie sich um, und erkannte Robin und Ronah, die zwei Meter hinter ihr standen, mit Blumen in den Händen.
 

Robin nickte ihr zu, während Ronah leise ein „Hi.. Faith!“ von sich gab, nach vorne trat, und den Strauß Lilien, den sie hatte, langsam und bedächtig auf die frische Erde legte. Robin folgte ihr, legte ebenfalls seinen Strauss Blumen ab, bei ihm handelte es sich um rote Rosen, eine bedächtige Stille folgte.
 

Keiner der drei wusste, was sie sagen sollten, und so standen sie vor dem Grab, jeder für sich alleine, jeder für sich selbst. Faith starrte wieder auf den Grabstein, während Ronah krampfhaft versuchte, die Tränen, mit denen sich ihre Augen füllten, zu stoppen.
 

Robin trat näher an sie heran, legte seinen Arm um ihre Schultern, und gab ihr Halt, Halt, den sie jetzt brauchte. Als die Tränen endlich liefen, sah Faith die Beiden an und suchte nach den richtigen Worten.
 

Als sie diese nicht fand, weil es zu so einem Zeitpunkt einfach keine richtigen Worte gibt, die einen trösteten, weil es keine Worte gibt, die einen den Schmerz vergessen ließen, und weil es keine Worte gibt, die einem die Verstorbene wieder zurück bringen, schwieg sie und starrte wieder auf den Grabstein, auf den eingravierten Namen, und schwieg.
 

++++
 

Larr’s Laden,

später Abend

"Ja?", Larr war gerade dabei gewesen einige abgelaufene Waren auszusortieren, als das Telefon geklingelt hatte, "Sind Sie es Mr. Romero?"
 

Von der anderen Seite ertönte Kan Hsirgs kalte, rauchige Stimme: "Was ist mit der Ware, sind wir im Geschäft?"
 

"Ich fürchte nein, Mr. Romero, es hat sich leider eine Komplikation ergeben: Die Ware ist wieder zu ihrem ursprünglichen Besitzer zurückgekehrt und mit ihr alle Informationen über Malkuth.", Larr klang bedauernd.
 

"Wieso das? Wir hatten eine Vereinbarung, die Informationen und darin verwurzelten Teile des Gedächtnisses sollten mir gehören!", regte sich Kan Hsirg auf der anderen Seite auf, es war deutlich zu hören, wie Hsirg an seiner Zigarre zog, wie er es immer tat, wenn er aufgeregt war, Malkuth, wer oder was es auch immer war, schien für ihn eine große Bedeutung zu haben.
 

"Hören Sie, ich weiß, dass diese Informationen einen großen Wert für Sie haben, aber meine eigenen Interessen gehen nun mal für mich vor,", ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass es schon viel zu spät war, er sollte so schnell wie möglich nach Hause kommen, "Hören Sie Mr. Romero, oder wie auch immer ihr richtiger Name ist, ich habe wirklich alles getan, um an die Informationen zu kommen, um die Sie mich gebeten hatten, ich habe sie unversehrt, größtenteils gefiltert, auch wenn noch einiges anderes hängen geblieben ist, aus dem Kopf diese Dämonen, Clem geholt und sie für Sie bereit gehalten, doch es ist etwas dazwischen gekommen, hätten Sie sich früher gemeldet, dann hätte es sich vielleicht anders ergeben, aber es ist nun einmal so. Wenn Sie und ihre Leute verlässlicher wären, hätten Sie jetzt die Ware und ich hätte weniger Sorgen. Wie auch immer, ich muss Schluss machen!"
 

"Bah, ich habe gleich gewusst, dass es ein Fehler ist, mit so etwas wie Ihnen Geschäfte zu machen, ich werde aus meinem Fehler lernen!", der Läufer des Hto-Grom-Clans knallte den Telefonhörer mit einem Laut der Abscheu in die Halterung. Verdammt. Er müsste sich etwas anderes einfallen lassen.
 

Larr schloss derweil die Kasse und löschte die wenigen Lichter, die seinen Laden aufhellten, es war spät, viel zu spät.
 

Er guckte sich misstrauisch um, als er die Vordertür seines Geschäftes abschloss. Er sollte sich besser beeilen, zu seiner Wohnung zu kommen, die einige Blocks entfernt lag, in diesen Tagen war es hier draußen nicht sicher, nicht einmal für ihn.
 

Er sog etwas Luft ein, der Gestank von Dämonen drang an seine überempfindliche Nase, doch er konnte nicht das ausmachen, was er gesucht hatte. Langsam ließ er den Schlüssel in sein Jackett gleiten und machte sich auf den Weg zu seiner Wohnung.
 

Plötzlich nahm er einen Schatten wahr, der rechts an ihm vorbei huschte, Larr fuhr herum, doch er konnte nichts erkennen; vermutlich nur eine weitere armselige Gestalt, die wie er versuchte schnell nach Hause zu kommen. Er beschleunigte seinen Schritt.
 

Was war das? Schritte. Doch sie klangen nach einem normalen Menschen, vermutlich hatte er sich auf der Suche nach einer Abkürzung in diese Gassen verirrt, normal traf man hier nur seinesgleichen, Dämonen. Er ging noch etwas schneller, es war nicht mehr weit.
 

Er bog um eine Ecke in einen engen Hinterhof ein. Einige Male blickte er misstrauisch über seine Schulter, denn das ungute Gefühl verschwand einfach nicht.
 

Ein lauter Knall. Larr fuhr herum und musste feststellen, dass es nur ein Mülleimer war, den wohl der Wind umgestoßen hatte. Beruhigt wand er seinen Blick wieder ab und stieß direkt gegen die Schulter eines Dämonen, der wie aus dem nichts aufgetaucht war.
 

Larrs lauter Schrei war mehrere Blöcke weit zu hören, doch der äußerst kräftig gebaute F´rilar Dämon, dessen ledrige, steinartige Haut tief grau war, zeigte sich wenig beeindruckt: Seine kräftige Hand schloss sich um Larrs Hals und durch seine immer verschlossenen Augenlider schien er ihn genau zu fixieren, dennoch behielt er seine innere Ruhe aufrecht.
 

"Bitte nein!", winselte Larr, dessen Stimme zu einem leisen Quieken geworden war: "Du verstehst das ganze falsch!"
 

++++
 

Xander’s und Andrew’s Wohnung,

selber Abend

"Andrew, es ist doch nur für heute Nacht!" Xander stieß einen Seufzer aus, und blickte durch die offene Wohnzimmertür ins Chaos. So schlimm hatte es nicht mehr ausgesehen, seit Andrew mühsam das Aufräumen gelernt hatte.
 

Er schluckte einen Kommentar hinunter und wandte sich seinem aufgebrachten Mitbewohner zu. "Ich hab' Clem's Gedächtnis doch schon mitgebracht. Sobald er sich wieder dran erinnert, wo er wohnt, kann er nach Hause gehen, und du hast deine Couch zurück."
 

"Er wühlt in meinen Sachen rum!" beschwerte sich Andrew. "Er hat meine ganzen Comics durchgeblättert, und Spiderman hat jetzt Fettflecken. Außerdem hat er einfach meinen Todesstern ausgepackt, und die Teile überall rumgeschmissen. Ich hab' den ganzen Abend gebraucht, bis ich sie wieder alle beieinander hatte..."
 

"Bist du sicher, dass du sie alle beieinander hast?" fragte Xander grinsend, doch Andrew ging auf den Witz nicht ein, sondern warf einen bösen Blick in Richtung Wohnzimmer.
 

"Wie willst du jemals Geld sparen, wenn du alles für Comics, Actionfiguren, und Modellbauten ausgibst," seufzte Xander. "In den letzten Wochen hast du unser Wohnzimmer in die reinste Ausstellung verwandelt..."
 

"Und er... er guckt immer so komisch," versuchte Andrew hastig vom Thema abzulenken. Natürlich hätte er sagen können, dass die Sachen aus dem Laden wären, oder sich sonst irgendeine Ausrede einfallen lassen können, aber es widerstrebte ihm, seinem besten Freund Lügengeschichten aufzutischen. Irgendwie hatte er schon die ganze Zeit das Gefühl, ihn anzuschwindeln, auch wenn er ihm bis jetzt keine direkte Lüge erzählt hatte.
 

"Er guckt komisch," wunderte sich Xander, und blickte zu Clem, der immer noch auf der Couch hockte, Chips und Cornflakes futterte, und interessiert das Fernsehprogramm verfolgte. Clem bemerkte Xander's und Andrew's Blicke, lächelte, und winkte ihnen zu.
 

"Hey, Clem!" Xander betrat das Wohnzimmer und stellte seinen Rucksack ab. "Rate mal, was ich dir mitgebracht hab'"
 

"Du hast es?" Aufgeregt sprang Clem von der Couch auf, und stieß dabei ums Haar seine Bierdose um. "Du hast es wirklich bekommen?"
 

"Yep, allerdings! War gar nicht so einfach, doch ich hab's am Ende geschafft!" schilderte Xander stolz seine Heldentat. Die Sache mit den Augen behielt er vorerst für sich. Nicht, dass er vorhatte, die Dinger jemals zu verwenden, aber...
 

"Wenn du dein Gedächtnis zurückhast, dann kannst du dich bestimmt wieder dran erinnern, wo du wohnst..." begann Andrew vorsichtig, und bemühte sich um einen freundlichen Tonfall.
 

"Aber klar!" Clem strahlte, und Andrew strahlte erleichtert zurück. "Nur keine Sorge! In drei, vier Tagen weiß ich wieder alles ganz genau."
 

Andrew schlug rasch die Hand vor den Mund, um nicht laut aufzujaulen.
 

++++
 

Xander’s und Andrew’s Wohnung,

ein paar Stunden später

Drei, oder vier Tage? Das war wirklich etwas länger als geplant, dachte Xander grimmig, als er sich vor dem Badezimmerspiegel die Zähne putzte. Hoffentlich würde Andrew nicht darauf bestehen, dass Clem nach der Hälfte der Zeit in seinem Zimmer einquartiert wurde.
 

Er spülte die Zahnbürste aus, wusch sich das Gesicht, und verstaute sein Glasauge für die Nacht in der Reinigungsflüssigkeit.
 

Meistens vermied er es, sich im Spiegel anzusehen, wenn er das Auge entfernt hatte. Eigentlich hätte er sich längst an den Anblick der leeren Augenhöhle gewöhnen müssen, doch es gab Momente, da wollte er am liebsten vor sich selbst davon laufen. Er war ein Monster, ein einäugiger Pirat. Zielscheibe für den Spott gelangweilter Sekretärinnen.
 

Früher hatte er sich noch damit rühmen können, der einzig Normale im Kreis seiner Freunde zu sein. Jahrelang hatte er dabei zugesehen, wie sie alle immer mächtiger wurden, wie sich Buffy's Kampfkünste, Willow's und Tara's Magie entwickelten, die kleine Schwester auf einmal ein Schlüssel war, und Anya ihre dämonischen Kräfte zurückbekam....selbst der kleine Andrew hatte ein magisches Talent...
 

Und er...er hatte jetzt nicht einmal mehr einen normalen gesunden Körper. Nicht einmal das war ihm geblieben.
 

Nicht einmal das...
 

Seine Hände griffen nach dem Holzkästchen, das Dee A. Larr ihm überlassen hatte. Er hatte es in der kleinen Kommode unterm Waschbecken versteckt, damit es nicht Andrew oder Clem in die Hände fiel. Das Schloss schnappte auf, als seine Finger es berührten, und gab den Blick auf den Inhalt frei.
 

Zwei Augen...
 

Vorsichtig berührte er die grüne jellyartige Flüssigkeit. Sie fühlte sich kühl an, jedoch weit weniger unangenehm, als er vermutet hätte. Seine Finger bewegten sich weiter, und plötzlich hielt er einen der Augäpfel in der Hand.
 

Entschlossen hob er ihn hoch und setzte ihn ein...
 

Ein beißender Schmerz durchzuckte seinen Kopf, dasselbe unangenehme Gefühl, das einen Menschen durchfuhr, wenn er direkt in die Sonne blickte. Reflexartig schloss er die Lider, und sah grelle Lichtflecken vor seinen Augen tanzen.
 

Beiden Augen?
 

Er blinzelte vorsichtig, und versuchte seine Umgebung zu erkennen. Zwar dröhnte ihm der Kopf noch ein wenig, aber langsam wurde es besser. Verschwommene bunte Farbflecken nahmen allmählich Konturen an, waren es optische Täuschungen, oder war dies einfach nur sein Badezimmer?
 

Es war sein Badezimmer. Eindeutig. Der Wasserhahn, das Waschbecken, die Handtuchständer. An der Seite der Schrank, hinter ihm die Badewanne. Dies war sein Badezimmer, und er sah es zum ersten Mal dreidimensional.
 

Er kannte dieses Zimmer, und doch schien alles anders zu sein, als er es kannte. Waren es die Formen? Die Farben? Sein Blick war immer noch auf den Wasserhahn gerichtet, aber dieser leuchtete in einem Silber, wie er es noch nie zuvor gesehen hatte. Er neigte sich nach vorne, um ihn genauer zu betrachten, und plötzlich entdeckte er Wasserflecken, die gerade eben noch nicht da gewesen waren. Oder täuschte er sich nur?
 

Die Flecken schienen jedoch nicht an derselben Stelle zu bleiben, sondern veränderten ihre Konturen. Einen Moment später waren sie ganz verschwunden, und der Hahn strahlte wieder nagelneu, und wunderschön.
 

Probehalber kniff er das neue Auge kurz zu. Jetzt sah der Wasserhahn wieder völlig normal aus.
 

Das Waschbecken. Jedes Detail seiner glatten Oberfläche war genau zu erkennen. Wie unter einer Lupe. Plötzlich - ein Zahnpastafleck. Den hatte er gestern gemacht, daran konnte er sich jetzt wieder erinnern, doch er hatte ihn schon längst weggeputzt.
 

Warum also konnte das Auge ihn noch sehen?
 

Er hob den Blick, um sich im Spiegel zu betrachten - und wäre vor Schreck beinahe zurückgestolpert. Dies war sein Gesicht, aber zugleich war es auch das Gesicht eines kleinen Jungen, und im nächsten Moment war es wieder erwachsen, und von Schmerzen verzerrt. Es schien aus mehreren Gesichtern zu bestehen, die einander überlagerten, und doch konnte er jedes einzelne von ihnen erkennen, wenn er sich darauf konzentrierte.
 

Oh Gott, er musste sich wieder rasieren. Er konnte die Bartstoppeln förmlich sprießen sehen.
 

Eines war ganz sicher, dies war kein normales Auge. Vielleicht das Auge eines Sehers...
 

"Xander? Brauchst du noch lang da drinnen?" rief Andrew ungeduldig.
 

"Ich bin gleich... "
 

Hinter ihm war jemand vorbeigegangen.
 

Xander fuhr herum, doch da war niemand. Das Bad war vollkommen leer, auf dem Boden glänzte zwar das Wasser von gestern Abend, doch das war auch schon alles. Seltsam, wie schnell man sich daran gewöhnte, mehrere Dinge gleichzeitig zu sehen. Es verwunderte ihn nicht einmal mehr, dass sein Haarshampoo für einen Moment lang nicht an seinem gewohnten Platz stand, sondern neben der Wanne auf dem Boden lag. Instinktiv bückte er sich, um es aufzuheben, als es aber auch schon wieder verschwunden war.
 

Er musste sich getäuscht haben. Vielleicht war es nur der Schatten eines Insekts gewesen, das an der Lampe vorbeigeflattert war.
 

Aber hier drin war kein Insekt. Auch kein zeitversetztes.
 

Hatte er wirklich etwas gesehen? Oder war es einfach nur dieses Gefühl gewesen, dieses Prickeln, dieser Luftzug im Nacken, wenn jemand hinter einem stand? Aber wenn hier jemand gewesen sein sollte, war er dann durch die geschlossene Tür verschwunden?
 

"Xander? Ist was los da drin?"
 

Er entriegelte die Tür, und öffnete sie. "Nein, alles in..."
 

Die Worte blieben im Halse stecken. Andrew stand nicht vor dem Badezimmer, er lag einige Yards weiter im Flur, und kämpfte verzweifelt gegen etwas Monströses an, das ihn dort zu Boden gerissen hatte, und ihn niederdrückte. Es war dunkel, zu dunkel um Genaueres zu erkennen, aber Xander nahm sich nicht die Zeit, stehen zu bleiben, und die schattenhafte Gestalt länger zu betrachten. Als sie den Kopf senkte, um ihre Zähne in Andrew’s Gesicht zu schlagen, jagte er darauf zu und -
 

"Ich dachte schon, du wirst nie fertig." Die Tür zum Wohnzimmer öffnete sich, und Andrew streckte seinen Kopf in den Flur.
 

Xander fuhr herum. Licht brannte im Flur, alles war hell und freundlich, und der Teppichboden war leer, bis auf einen winzigen Colafleck, den einer von ihnen irgendwann gemacht, und wieder weggeputzt hatte.
 

Vielleicht war es leichtsinnig gewesen, dieses Auge zu verwenden. doch jetzt gab' es kein Zurück mehr. Wenn er damit in die Vergangenheit sehen konnte, dann vielleicht auch in die Zukunft. Vielleicht war der Angriff auf Andrew etwas, das in der Zukunft passieren würde, und sie konnten es noch verhindern.
 

Er konnte es verhindern...
 

Als er im Bad das Wasser rauschen, und Andrew vor sich hinträllern hörte, erwachte er aus seiner Erstarrung, und ging ins Wohnzimmer. Im ersten Moment sah er die Bauteile des Todessterns auf dem Teppich liegen, doch sie verschwanden rasch, und wurden durch Cornflakesbrösel ersetzt.
 

Das Zimmer war dunkel, bis auf das Flimmern des Computerbildschirms, das den Raum in ein kaltes geisterhaftes Leuchten tauchte. Vor dem PC konnte er nur eine schattenhafte Silhouette erkennen. Andrew würde vermutlich sehr sauer sein, wenn er herausfand, dass Clem heimlich an seinem Computer spielte.
 

Fast wäre er über etwas am Boden gestolpert. Er bückte sich danach, vor seinen Füßen lag Andrew's kleiner Linuxpinguin. Fast automatisch streckte er die Hand aus, um das Stofftier aufzuheben.
 

Ein lang gezogener Schnarchlaut ließ ihn zusammenschrecken. Clem lag friedlich schlafend auf der Couch, sein Kopf in den Kissen vergraben.
 

Dieses verrückte Auge! Xander fuhr herum, nur um zu sehen, dass niemand vor dem Computer saß, das Gerät war nicht einmal eingeschaltet. Vor ihm lag auch kein Pinguin, er war über die Luftmatratze gestolpert, auf der Andrew heute Nacht schlafen würde.
 

War es Vergangenheit, oder Zukunft gewesen, was er gesehen hatte? War die Gestalt am Computer dieselbe gewesen, die Andrew im Flur angegriffen hatte? Oder hatte er am Ende Andrew selbst gesehen, der schließlich jeden Tag an dem Ding saß?
 

So viele Fragen und keinerlei Antworten. Verflixt, es musste doch irgendeine Möglichkeit geben, diese Kräfte zu kontrollieren. Etwas Gefährliches war hier, vielleicht hier in der Wohnung, und er musste es ausfindig machen...
 

Er wusste nicht, warum er seinen Blick plötzlich zum Fenster richtete, und noch weniger, warum er die Büsche auf der anderen Straßenseite sah. Eigentlich hätte er auf dem Balkon stehen müssen, um sie erkennen zu können, aber er sah sie ganz deutlich, und mehr noch, eine schattenhafte Gestalt die sich dazwischen verbarg.
 

Die Gestalt schien ungefähr menschliche Größe und Statur zu haben, ein wenig größer und kräftiger vielleicht. Graue, felsige Haut, als ob sie aus einer Art Stein bestünde.
 

Der Dämon wandte ihm das Gesicht zu, seine Augenlider waren verschlossen.
 

Akt 2
 

Xander’s und Andrew’s Wohnung

Am nächsten Morgen

Xander fühlte sich überraschend gut, als er am Freitagmorgen erwachte. Das Sonnenlicht des ersten Frühlingstages flutete herein, und die Ereignisse des letzten Abends erschienen ihm eher wie ein Alptraum. Was sie in gewisser Weise ja auch gewesen waren.
 

Als er das Wohnzimmer betrat, konnte er Andrew und Clem hören, die sich lautstark um das letzte Schokocroissant stritten. In der Küche brutzelten Eier mit Speck, er konnte den angenehmen Essensduft bis in den Flur riechen, und bekam sofort Appetit.
 

"Morgen, ihr beiden." Xander schnappte sich eins der Messer, und zerteilte das Croissant in der Mitte. Die Streithähne verstummten sofort, und stürzten sich auf die beiden Hälften.
 

An seinem Platz war bereits für ihn gedeckt worden, Xander blinzelte kurz, ob es vielleicht nur eine Täuschung des Auges war, doch das Gedeck blieb, wo es war. Er schenkte sich Orangensaft ein, und wandte sich dann dem Toaster zu, nur einen Augenblick nachdem er das Brot heraushüpfen sah, war es tatsächlich fertig. War doch praktisch, diese Fähigkeit, überlegte Xander, und fühlte gleichzeitig einen Anflug von schlechtem Gewissen. Er wollte das Auge schließlich nur ausprobieren, nicht behalten, und es ging ihm auch nur darum, seine Freunde zu schützen, nicht vorher zu wissen, wann der Toast fertig war. Das war nur ein harmloser Nebeneffekt, nichts be...
 

Er fühlte ein kurzes Stechen, und sah in der Küche den Speck verkohlen. Rasch sprang er auf, wetzte dorthin, und nahm die Pfanne vom Herd.
 

"Schon fertig?" wunderte sich Andrew. "Aber ich hab' ihn doch gerade erst..."
 

"Hmmm.." schnupperte Clem, und schloss genießerisch die Augen. "Wenn du mich fragst, dann ist er genau richtig!"
 

'Ist er auch', schoss es Xander durch den Kopf, als er den ersten Bissen im Mund zergehen ließ. 'Ich hab die Pfanne genau im richtigen Moment runter genommen. Und die Eier erst... knusprig, aber doch mild!'
 

Er geriet ins Schwärmen. Aber wenn es wirklich so einfache Dinge waren, die ihn glücklich machen konnten, dann hieß das schließlich, dass er mit dieser Fähigkeit verantwortungsbewusst umging, oder etwa nicht?
 

"Bevor wir's vergessen..." Grinsend hielt Andrew den Dinosaurier hoch. "Da will jemand sein Bein!"
 

"Kommt sofort!" lachte Xander. "So...jetzt kannst du es reinstecken...ich kann es kaum noch erwarten!"
 

"Sei doch nicht so zimperlich," kicherte Andrew plötzlich los, und verschluckte sich fast an seinem Kakao.
 

"Das muss ich jetzt nicht verstehen, oder?" fragte Clem verwirrt, und Xander schüttelte lachend den Kopf. Es war ja auch schwierig zu erklären. Ein halbes Jahr lang taten sie mit diesem dummen Dino rum, und jetzt hatten sie das Vieh endlich fertig.
 

Ein halbes Jahr - eigentlich war das gar nichts, und doch war unheimlich viel passiert... als sie die ersten Teile gefunden hatten, hatten sie grad mal ein paar Wochen in dieser Wohnung gelebt, und sich noch darüber gestritten, wer wann aufräumen und den Müll raustragen musste...
 

Und Dawn hatte ihnen den Kopf mitgebracht, das war als Andrew und sie den Zoff wegen des Balls hatten...
 

"Wow!" Andrew stellte den fertigen Dino aufs Regal hoch, und betrachtete ihn stolz. "Cool!"
 

Er begann sein Gedeck zusammenzuräumen, trug es hastig in die Küche, und verschwand anschließend in Richtung Flur. "Xander, wär' das okay, wenn du aufräumst? Ich hab's ein bisschen eilig. Und heute Abend, da müsst ihr beiden nicht mit dem Essen auf mich warten, könnte spät werden..."
 

"Ist gut, Drewster!" rief Xander ihm hinterher. Ob der Junge heute Doppelschicht arbeitete? Oder vielleicht war er wieder fürs Kino verabredet? Ob da nicht doch ein Mädchen dahintersteckte, selbst wenn er es die ganze Zeit leugnete?
 

"Ich helf' dir!" Ein lautes Klirren riss Xander seinen Gedanken, Clem hatte versucht abzuräumen, und dabei einen Teller fallen lassen.
 

"Nein, warte, lass mich das machen!" Hastig kramte Xander im Küchenschrank nach Schaufel und Besen. Clem tapste nervös im Türrahmen von einem Fuß auf den anderen, offenbar hatte er Angst sich an den Scherben zu verletzen.
 

"Sei bloß vorsichtig," warnte Xander, doch seine Warnung kam offensichtlich zu spät. Große schwere Blutstropfen fielen auf den Küchenboden, färbten das Linoleum rot. Entsetzt sprang Xander auf und stieß dabei den Karton mit dem Altpapier um, der neben dem Besen im Küchenschrank stand.
 

"Nix passiert," beruhigte ihn Clem. Der Dämon stand noch immer im Eingang und war offensichtlich unverletzt. Ob Clem's Blut überhaupt rot war?
 

Der Boden war wieder sauber, bis auf die verstreuten Scherben. Xander räumte das Papier zusammen, doch er hielt kurz inne und zog einen geöffneten Briefumschlag zwischen den anderen Papieren hervor.
 

"Starfleet Con?", der Schriftzug stand Kleingedruckt auf der Rückseite.
 

Als Xander ihn verwirrt betrachtete machte sich das leichte Stechen wieder bemerkbar und Xander sah im Umschlag zwei Stücke Papier. Überrascht griff Xander nach ihnen, doch die bunt bedruckten Scheine verschwanden sofort, und der Umschlag war wieder leer. Hatte er sich eben getäuscht, oder waren das Eintrittskarten gewesen?
 

"Weißt du zufällig, was hier drin war?" fragte Xander verwirrt und hielt den Umschlag hoch.
 

Clem nickte. "Zwei Eintrittskarten für eine Star Trek Con, die hat Andrew wahrscheinlich mitgenommen. Wolltet ihr da nicht zusammen hin?"
 

"Nicht dieses Wochenende," wunderte sich Xander und zog die Stirn in Falten. "Ich hab' ihn vor ein paar Wochen gefragt, doch er meinte, er muss arbeiten, und hat keine Zeit."
 

Nachdenklich warf er den leeren Umschlag wieder ins Altpapier zurück. "Schon merkwürdig..."
 

++++
 

Buffy und Dawn’s Wohnung

selbe Zeit

"Gibst du mir mal ein Messer?" murmelte Buffy, völlig in den Zeitungsartikel vor sich vertieft, und wedelte leicht orientierungslos vor Dawns Nase herum. Selbige seufzte nur und stand wortlos auf. Schnell lief sie über den kalten Kachelfußboden und nahm eines der versilberten Messer aus der zweiten Schublade heraus. Genau so zügig tippelte sie wieder zurück und setzte sich schnell auf den hohen Hocker vor der Theke. Für einen Augenblick beobachtete sie ihre Schwester, die mit schief gelegtem Kopf und hoch konzentriert auf die eng bedruckte Zeitungsseite starrte.
 

"Ist etwas passiert?" fragte Dawn, während sie das Besteck vor Buffys leeren Teller legte. Sie hob ihre Augenbrauen etwas genervt an, als sie keine Antwort bekam und Buffy stattdessen nur umblätterte. "Buffy?"
 

"Hh, was?" fiepte die Angesprochene leicht perplex und räusperte sich kurz. "Oh.. nein, nein... keine Sorge." lächelte sie etwas verlegen, knickte das obere Ende der Zeitung um und lehnte sich zurück. "Nichts passiert..." nuschelte sie weiter und legte ihren Kopf erneut, mit einem winzigen Lächeln auf den Lippen, leicht schief.
 

Dawn sah ihr noch einige Sekunden beim Lesen zu, bis sie sich wieder ihrem, inzwischen kalten, Pfannkuchen zuwandte. Mit der rechten Hand nahm sie die Teigrolle in die Hand und knabberte lustlos an dem vorderen Ende herum. Noch in derselben Minute legte sie es jedoch schon wieder hin und begann dagegen mit ihrem Messer in dem Essen herumzustochern. Gott, wie sie es hasste, an nichts anderes als an Shin denken zu können... und Himmel, was würde sie dafür geben verstehen zu können, was gestern geschehen war. Es gab sicherlich einen triftigen Grund, weshalb er sie nicht herein gelassen hatte. Ja, es musste einfach einen geben.... oder?
 

Ein tiefer Atemzug trat über ihre leicht geöffneten Lippen, während sie mit einem Auge wieder zu Buffy lugte. Diese nahm gerade den letzten Schluck aus der schwarzen Kaffeetasse, während sie die große, hellgraue Zeitung letztendlich neben sich auf den Tisch legte.
 

Dawn stützte ihren Kopf ruhig auf ihrer Handinnenfläche auf und beobachtete teilnahmslos, wie Buffy eines der großen Brotscheiben aus dem Korb nahm und mit der anderen das Erdnussbutterglas öffnete.
 

"Sag mal, Buffy..." setzte Dawn etwas unsicher an, während ihre Augen förmlich an der Bewegung von dem silbernen Messer klebten.
 

"Mhm?" antwortete Buffy und gähnte mit vorgehaltener Hand, während sie selbst von ihrem Stuhl aufstand und gemächlich zu der Kaffeemaschine lief. Dawn blickte derweilen leicht verlegen auf ihre zwei Daumen, die nervös miteinander spielten.
 

"Ist es..." setzte sie an, löste ihre Finger voneinander und versuchte sie ruhig zu halten. "Ist es normal wenn ein Junge einen nicht hereinlassen möchte?" flüsterte sie mehr, als dass sie es aussprach, aber Dawn war sich sicher, dass Buffy es gehört hatte.... Sie wurde bei solchen Fragen immer etwas rot und bekam plötzlich diesen ultra wichtigen Gesichtsausdruck...
 

"Ähm..." ließ Buffy die warme Zimmerluft durch den Spalt zwischen ihren Zähnen entweichen und spielte unbewusst mit dem Henkel der Tasse herum. "Geht es um Shin?" wollte sie wissen und setzte sich zusammen mit der Tasse wieder gegenüber ihre Schwester.
 

Dawn jedoch senkte ihren Blick ein wenig und schloss dabei ihre Augen. "Kannst du nicht einfach meine Frage beantworten?" wollte sie wissen und versuchte ihre Stimme dabei nicht ganz so aufgelöst klingen zu lassen.
 

"Nun ja..." fing Buffy an und nahm anschließend einen großen Schluck aus der heißen Tasse. Dann stellte sie sie wieder ab und wandte ihren Blick zu ihrer Schwester zurück. "Es kommt ganz darauf an." nickte sie bestätigend und sah dabei etwas unsicher in Dawns fragende Augen.
 

"Vielleicht hat er ja einfach nicht aufgeräumt und das war ihm peinlich." Es klang mehr wie eine Frage, als eine Feststellung und eigentlich wusste Buffy selbst, dass es sich nicht sehr überzeugend anhörte.

Sie atmete tief durch und nahm das stählerne Messer wieder in die rechte Hand. "Was hat er denn gesagt?" fragte sie und tunkte ihr Messer in das riesige Glas mit der Erdnussbutter.
 

"Naja, er hat gesagt, dass er viel zu tun hat. Nichts Großes und so...." antwortete Dawn mit einer leicht zerknirscht klingenden Stimme.
 

Buffys Augenbrauen hoben sich an und sie schüttelte kurz den Kopf. "Ja, sicher..." nuschelte sie etwas belustigt vor sich hin und nahm das Messer in die Hand.
 

Dawn rutschte unruhig auf der dunkelbraunen Sitzfläche herum und lehnte sich etwas weiter in Buffys Richtung vor. "Was?"
 

"Ich meine, es ist doch so..." setzte Buffy an und drückte ihr Messer noch etwas tiefer in die klebrige Masse. "Erst sind da diese vielen, kleinen Dinge, mit der er dich so glücklich macht und dann... BUMM! Dann hat man dieses, dieses... dieses ganz große Ding... verstehst du?"
 

"Äh, nein?"... antwortete Dawn und beobachtete dabei, wie Buffy den Griff des Messers fester umfasste.
 

"Dann stehst du vor seiner Türe, denkst an nichts Böses und plötzlich siehst du sie!" plapperte Buffy aufgebracht und stocherte mit ihrem Messer einige Male tief in das große Glas hinein.
 

"Mit wem?" fragte Dawn, obwohl sie sich nicht sicher war, ob sie die Antwort wirklich noch hören wollte.
 

"Na, die Andere!" erklärte Buffy laut und schüttelte aufgebracht den Kopf. Dann riss sie ihr Messer wieder heraus und schlug die Erdnussbutter mit einer Bewegung auf das große Brot. "Weißt du, es gibt zwei Sorten von Männern." sie sah wieder zu Dawn auf und wedelte mit dem Besteckstück vor ihrer Nase herum.
 

"Aber er -" wollte Dawn widersprechen, wurde aber sofort unterbrochen.
 

"Die Einen lieben dich zwar, haben aber nichts besseres zu tun, als dich eifersüchtig zu machen." erinnerte sich Buffy noch relativ gut an diese Totengräber-Braut, die Spike ihr tatsächlich als Date vorgestellt hat...tss… "Oder sie schlafen absichtlich mit einer deiner Freundinnen, um dir so richtig weh zu tun." brummelte sie weiter und für einige Sekunden senkte sie dabei ihr Gesicht.
 

Dawn beobachtete kritisch wie Buffy begann, ohne hinzusehen, den Aufstrich zu verteilen und dabei das halbe Brot auseinanderlegte.

"Die andere Hälfte..." sie lachte kurz spöttisch auf. "Für die warst du nie etwas besonderes." Buffy sah kurz auf, achtete aber gar nicht auf Dawns Blick und metzelte stattdessen die restlichen, noch ganzen, Brotstücke nieder. "Nur ein Abenteuer, das man nach einer Nacht zu den Akten legen kann..."
 

Dawn machte große Augen "Aber wir -" konnte sie ihren Satz schon wieder nicht zuende führen.
 

"Und dann heißt es... 'Ich muss später noch jemanden treffen' ...oder... 'Heute Abend ist es schlecht'!" versuchte Buffy die Stimme von Parker nachzuäffen und schmiss das Messer blind auf den Tisch.
 

Mit einem schweren Seufzen stand sie auf und ging zur Spüle, wo noch eine saubere Gabel lag. Sie nahm sie, blieb jedoch stehen und starrte in Gedanken versunken aus dem Fenster. "Und dann wird es dir plötzlich klar." erklärte sie nun etwas ruhiger und schlug dabei mit dem Vorderstück der Gabel immer wieder leicht auf ihre Hand. "Er hat dich die ganze Zeit nur veralbert und benutzt." ihre Stimme wurde zum Ende des Satzes immer leiser und sie legte ihren Kopf etwas schief. Konzentriert kniff sie ihre Augen zusammen, als sie diese Gestalt sah, die einfach so auf dem Hinterhof herumstand und zu ihr hoch stierte. Er sah ziemlich groß aus, hatte nichts an, aber seine Haut war grau beinahe als wenn er aus Stein wäre. Außerdem schien irgendetwas mit seinen Augen zu sein, fast als wenn er die Lider geschlossen hielt, doch das konnte man auf die Entfernung nicht genau erkennen, Sie blinzelte einige Male und beobachtete verwirrt, wie der Dämon langsam weglief. Buffys Miene wurde ernst… sein Blick gefiel ihr nicht…
 

Doch dann fiel ihr Dawn ein und sie nahm nach kurzer Überlegung die Gabel wieder in die Hand, nachdem der Dämon aus ihrem Blickfeld verschwunden war. „Aber vielleicht ist es auch alles ganz harmlos.“ lächelte sie und drehte sich um. "Dawn?" ihr Blick schweifte durch die leere Küche und fiel letztendlich auf den Pfannkuchen der noch fast völlig unberührt auf Dawns Teller lag.
 

"Hhh…" seufzte Buffy leise und begann mit der Gabel die einzelnen, zerfetzten Brot-Erdnussbutter-Stückchen zu essen.
 

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Barker Cooperation,

später am Morgen

Ein letztes Gähnen unterdrückend blinzelte Xander gelangweilt zu den beiden Männern im grauen Anzug herüber, die wichtigtuerisch an dem Verhandlungstisch mit aufgeschlagenen Akten saßen und leise miteinander tuschelten. Der Immobilienvertrag war immer noch nicht unter Dach und Fach und allmählich wurde es Xander zu bunt. Eve schien es ähnlich zu gehen, denn jedes Mal wenn er zu ihr herübersah zwinkerte sie ihm zu oder machte Gesten die ihm bestätigten das es wohl eine Art Hinhaltetaktik der Beiden war um den Preis zu drücken. Xander hasste diese Sitzungen, aber er war sich auch im Klaren das sie wichtig waren für die Firma … und für seine Karriere. Sein Auge fühlte sich gut an und bisher schien es auch noch Niemand bemerkt zu haben, nicht einmal Eve und das wunderte ihn ein wenig, doch bekam er keine Gelegenheit weiter darüber nachzudenken.
 

„Nun, wir denken doch besser noch einmal über Ihr Angebot nach Mr. Harris.“ Hob nun einer der Männer in grau an und fixierte den jungen Mann vor sich scharf. „Ihr Vorschlag ist ja wirklich überzeugend, aber wenn Sie nicht bereit sind unserer Firma ein wenig mit dem Preis entgegenzukommen müssen wir uns eventuell noch ein anderes Angebot einholen. Zufälligerweise wissen wir, dass Gibson ebenfalls daran interessiert ist dieses Einkaufcenter zu bauen.“
 

Bei der Erwähnung eines der ärgsten Konkurrenten im Raum Clevelands verfärbte sich das Gesicht von Eve einen winzigen Moment lang ins Rötliche, aber sie hatte sich schnell wieder im Griff. Betont lässig packten die beiden Verhandlungspartner nun ihre Akten zusammen, während sie gemeinsam noch über einen weiteren Termin nachdachten. Das Ganze war mehr als ärgerlich für Xander, denn Eve hatte ihm sämtliche Vollmachten für diesen Vertrag übertragen gehabt und das drohte nun zu scheitern. Gedankenfetzen schossen ihm durch den Kopf und er sah schon das höhnische Gelächter hinter seinem Rücken.
 

Verdammt, er hatte es verpatzt! Etwas widerwillig griff er die dargebotene Hand zum Abschied und urplötzlich schien sich der Raum zu verändern...
 

Wie durch einen Nebelschleier sah er die beiden Männer in den Aufzug steigen und hörte wie sie sie sich leise über die bevorstehenden Vertragsverhandlungen unterhielten und während der Fahrstuhl langsam nach oben glitt, vernahm Xander das hämische Lachen. „ Die Provision können wir uns nun komplett einstreichen. Ich habe gehört dieser Harris ist ein Neuling und noch grün hinter den Ohren.“ Xander konnte die Freude und Erleichterung beinahe spüren, aber hatte trotzdem das Gefühl nicht körperlich anwesend zu sein. „.Diese Informationen waren wirklich ihr Geld wert. Gibson hat noch vor wenigen Wochen öffentlich Interesse an dem Einkaufcenter bekundet und noch weiß niemand, dass sie kurz vor dem Konkurs stehen. Barker wird den Köder schlucken, da bin ich sicher und wenn die auch nur einen Funken Verstand haben, werden sie den Vertrag um jeden Preis abzuschließen….“ Der Raum veränderte sich wieder und Xander realisierte schlagartig das er einen kurzen Blick in die Vergangenheit bekommen hatte. Seine Augen verengten sich zu Schlitzen und ohne weiter nachzudenken, riskierte er ebenfalls ein Täuschungsmanöver.
 

„Vielen Dank meine Herren.“ Verabschiedete er sich bewusst überfreundlich und öffnete ihnen galant die Tür. Eves Gesicht war immer noch wie versteinert und sie bemerkte das hämische Grinsen ihres Angestellten nicht, der noch einmal tief Luft holte. „Nun, dann bleibt es sicher bei morgen Mittag, aber Sie haben auch sicher Verständnis dafür, dass wir in der Zwischenzeit noch einen weiteren Termin einschieben werden. Bei der schlechten Geschäftslage momentan und den fallenden Aktienkursen sind sicher noch mehr Firmen daran interessiert mit uns das Projekt durchzuziehen ….“
 

Wie vom Donner gerührt blieben die beiden Männer in den grauen Anzügen stehen und drehten sich erschrocken zu Xander herum, während Eve verwundert einen Blick zu dem jungen Mann warf, ihren Kommentar aber herunterschluckte als sie sein verschwörerisches Zwinkern sah …
 

Eine weitere Stunde später war der Vertrag unter Dach und Fach mit einem siegessicheren Lächeln bestellte Eve für jeden ein Glas Champagner bei einer ihrer Sekretärinnen. Beiläufig registrierte Xander das es sich um eine der Ziegen handelte die ständig über ihn tuschelten und registrierte schmunzelnd das die junge Angestellte sehr genau wusste das er soeben ein Millionenprojekt eingebracht hatte. Ohne Hilfe von Eve, die ihm immer noch überschwänglich dankte und nun, im Beisein der Bürodame auf sein Wohl anstieß.
 

„Was wird denn nun aus unserer Verabredung, Xander? Sie drücken sich seit Wochen mein Lieber, das ist mir nicht entgangen.“ Flötete sie und Xander sah wie die Ziege aufmerksam mit verfärbtem Gesicht lauschte, während sie den Verhandlungstisch abräumte.
 

„Gern, sagen wir heute Abend?“ Verdammt, das hatte er nicht sagen wollen, aber allein der Gesichtsaudruck der kleinen Sekretärin war es wert das gesagt zu haben, denn diese hustete leise los und fächelte sich Luft mit der Hand zu.
 

Freudestrahlend ergriff Eve seine Hand und drückte sie fest, während sie sich noch einmal beglückwünschten und sich von einem harten Arbeitstag verabschiedeten.
 

„Übrigens rot steht ihnen ausgezeichnet.“ Beeilte sich Xander ihr beim herausgehen noch zu versichern und sah schon nicht mehr wie Eve ihm verwundert hinterher sah.
 

Erstaunt blickte sie an ihrer blauen Kombination herunter und schüttelte den Kopf.
 

… Das einzige was sie heute in rot trug, war ihr neuer hauchdünner Spitzenbody…
 

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Wächterhaus,

später Nachmittag

"Ich hab die Unterlagen, die Sie mir gegeben haben zum Rat gefaxt, die Antwort dürfte nicht lange auf sich warten lassen,". Sie trat in den Raum und legte die Mappe auf den Tisch; für Giles zu arbeiten kam ihr noch immer komisch vor. "Haben Sie schon etwas Neues herausgefunden, irgendetwas über den Auftraggeber der Schützin?"
 

Giles blickte zu ihr auf, seine Stirn war voll von Sorgenfalten: "Ich befürchte nein, es gestaltet sich als äußerst schwierig, da wir keinen direkten Anhaltspunkt haben, es könnte jeder sein. Doch unser Gegner scheint sehr intelligent und magisch versiert zu sein: Die Maske wurde mit einem Zauber belegt, der dafür sorgt, dass man sie nicht benutzen kann um ihren Besitzer zu finden. Ich befürchte, ich habe nicht einmal einen Anhaltspunkt, wo ich mit der Suche anfangen soll."
 

Buffy setzte sich auf einen der Stühle: "Aber es muss doch etwas geben, was wir tun können, wir können nicht einfach da sitzen und warten, bis er wieder zu schlägt!"
 

"Ich... Leider wird es darauf wohl hinauslaufen.", er nahm seine Brille ab und begann sie zu putzen, "Wir müssen versuchen vorbereitet zu sein, was immer auch kommt, außerdem müssen wir wachsam sein, das ist jetzt ganz wichtig, du und die anderen, ihr müsst auf alles was euch auffällt achten; hätten wir das vorher getan, hätte uns das ganze vielleicht nicht so unvorbereitet getroffen und die Mädchen wären noch am Leben."
 

"Das werden wir Giles, doch das kann nicht alles sein, wir müssen versuchen etwas herauszufinden, auch wenn es auf den ersten Blick unmöglich erscheint."
 

"Ja, dennoch...", sein Blick glitt aus dem Gartenfenster und er sah direkt in ein grauhäutiges, fast versteinert wirkendes Gesicht eines Dämonen, dessen Augen verschlossen waren.
 

Im selben Moment erblickte auch Buffy den Eindringling, der in Giles Garten stand, sie fuhr vom Stuhl auf: "Diesen Dämon habe ich schon einmal gesehen!"
 

Als er sie bemerkte, ohne seine Augenlieder auch nur zu bewegen, wand der F´rilar sich von ihnen sprang mit einem großen Satz über den Zaun, der das Grundstück eingrenzte.
 

"Buffy, du solltest ihn verfolgen. "Wie gebannt starrte Giles an den Punkt, an dem sich eben noch der Dämon befunden hatte, "Sicherheitshalber... um herauszufinden, was er von uns will.“
 

"Übertreiben Sie nicht ein bisschen?", fragte Buffy, und griff sich eine Streitaxt aus dem Waffenschrank, "Ich meine gut.. ich hab ihn am Morgen gesehen und jetzt wieder.. das ist zugegeben ein wenig unheimlich... aber...“
 

"Er war in meinem Garten!", unterbrach sich Giles, als wäre das Grund genug oder eine der sieben Todsünden.
 

"Ok, ich gehe ja schon!"
 

Während Buffy das Haus verließ um sich auf die Suche nach dem geheimnisvollen Beobachter zu machen griff Giles zum schnurlosen Telefon. Er tippte Willows Nummer ein und sah zurück zu Fenster, um sich zu vergewissern, dass der Dämon nicht doch noch dort stand. In diesem Moment fiel ein Schatten über das Fenster und Giles zuckte erschrocken zusammen, während an seinem Ohr das Besetztzeichen erklang...der Schatten klopfte an die Fensterscheibe und grinste.. es war Xander. Erleichtert atmete Giles durch.
 

Kurz darauf trat Xander ein, einen Aktenkoffer in der Hand und eine Jacke unter dem Arm haltend: "Ich bin’s, kein Grund zur Panik." "Wir hatten gerade Besuch von einem Dämonen!", erklärte sich Giles.
 

"Was hat er gemacht?", wollte Xander sofort besorgt wissen.
 

"Er war in meinem Garten!", berichtete der Wächter fast ebenso entrüstet, wie gerade eben noch, als er Buffy dem Dämon hinterher hetzte.
 

"Oh. Nicht zufällig so ein grauhäutiger mit geschlossenen Augen und so?"
 

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Xander’s und Andrew’ Wohnung

selbe Zeit

“Wolltest du nicht erst ganz spät wiederkommen?“ Verwundert blickte Clem von seinem Puzzle auf. Er hockte vor der Couch auf dem Wohnzimmerboden, und war gerade dabei, den Kampfstern Galaktica zusammenzusetzen.
 

“Mach‘ ich auch, das ist nur ‘n kleiner Zwischenstop.“ Andrew überlegte, wie er seine TNG Uniform am besten an Clem vorbeischmuggeln konnte, ohne dass der Dämon neugierige Fragen stellte. “Du Clem, da ist ein Puzzleteil unters Sofa gerutscht, schau mal!“
 

“Wo denn?“ Clem steckte seinen Kopf unter die Couch, und Andrew wetzte zum Schrank, wo er hastig begann seine Klamotten zu durchsuchen. “Such weiter, es liegt ganz hinten!“ bekräftigte ihn Andrew, dann schnappte er sich die Uniform, und sauste damit in den Flur, während Clem unter der Couch herumwühlte, und dabei den Hintern in die Luft streckte.
 

“Das ist nicht vom Puzzle,“ erklang Clem’s Stimme aus dem Wohnzimmer. “Das ist so’n Polizeiabzeichen aus Plastik. Und das is ‘ne Handschelle, aber die ist kaputt.“
 

“Waaas?“ Andrew stürzte ins Wohnzimmer zurück, und versuchte Clem die Sachen zu entreißen. “Los, gib schon her!“
 

“Hast du mit Xander Polizei gespielt?“ wollte der Dämon wissen. “Aua, was soll das?“
 

“Finger weg, von meinen Sachen!“ Als Clem wegschaute, stopfte Andrew Abzeichen und Handschelle schnell zwischen die Polster der Couch. “Du musst dich getäuscht haben Clem, das war keine Handschelle, das war...uhm...ein Teil von einem anderen...uhm...Plastikdino.“
 

“Ein Handschellendino?“ fragte Clem verwirrt, und wandte sich wieder seinem Puzzle zu.
 

“Ich muss jetzt los!“ erklärte Andrew. “Hör mal, was mir noch eingefallen ist, falls deine Erinnerung nicht zurückkommt, wüsst‘ ich vielleicht jemanden, der dir weiterhelfen kann. Hast du schon mal was von einem Typen namens Mo gehört? Oder Bartholomew, das ist sein richtiger Name...?“
 

Clem zog seine Stirn in Falten, dann hellte sich seine Miene auf. “Aber klar, warum ist mir das nicht gleich eingefallen,“ kreischte er, “ich kann Mo fragen, wo ich wohne...Danke, du bist ein richtiger Schatz!“
 

Er warf Andrew eine Kusshand zu, ließ das Puzzle Puzzle sein, und stürmte in den Flur hinaus. Andrew folgte ihm ängstlich, hoffentlich entdeckte er jetzt nicht noch die Star Trek Uniform.
 

Aber Clem war schon bei der Tür angelangt. “Übrigens sag‘ Xander, falls er wieder Polizei spielen will, soll er doch lieber Handschellen aus Metall verwenden, die halten mehr aus. Und falls sie scheuern, dann kann er ja diese rosa Plüschdinger rum machen, dann fühlen sie sich ganz flauschig an...“
 

++++
 

Wächterhaus

etwas später...

"Hat denn hier irgendjemand diesen Dämonen noch nicht gesehen?", fragte Giles mit einem etwas vorwurfsvollen Ton in der Stimme, weil ihn vorher niemand alarmiert hatte.
 

"Ich bin gleich nachdem ich mit der Arbeit fertig war zu ihnen gekommen!" "Ich hab ihn nicht für gefährlich gehalten!", versuchten Xander und Buffy, deren Suche nicht von Erfolg gekrönt gewesen war, sich im gleichen Moment zu rechtfertigen, "Vielleicht ist er auch gar nicht gefährlich?"
 

"Immerhin war er in meinem Garten!", Giles zog ein allgemeines Dämonennachschlagewerk, das man so wohl in jedem Buchladen gefunden hätte, aus dem Regal, legte es auf den Tisch und wollte die beiden gerade auffordern mit den Recherchen zu beginnen, als Xander beinah etwas kleinlaut nachrückte: "Und er war außerdem in meiner Wohnung."
 

"Was?", Giles Stimme klang beinah höher als Buffys, wie sie immer klang, wenn er sich aufregte.
 

"Es war eher ein Schatten, aber ich habe seine Präsenz gespürt.", versuchte Xander sich zu rechtfertigen, ohne das Auge erwähnen zu müssen, er war noch nicht dazu bereit es vor seinen Freunden einzugestehen. Ob sie es wohl verstehen würden? Es hatte sich falsch angefühlt es zu tun, doch nun wusste er nicht einmal mehr warum, sicher es war ein magisches Mittel, doch warum könnte es schlecht sein es zu benutzen, wenn es seine Lebensqualität so verbesserte? Natürlich würde der Weg wie er an das Auge gekommen war für sie etwas komisch klingen, doch er hatte es letztendlich nur für Clem gemacht, das Auge war nur ein Nebenprodukt gewesen, und wenn er es sowieso schon hatte, warum hätte er es dann nicht einsetzen sollen? Verdammt! Wenn er es schon vor sich selbst rechtfertigen musste, wie sollte er es dann seinen Freunden erklären, er konnte nur hoffen, dass sie es verstehen würden.
 

"Vielleicht war es nichts, doch ich finde auch, dass an diesem Dämon irgendetwas beunruhigendes ist, wir sollten ihn lieber nicht unterschätzen, sonst werden wir es nachher womöglich bereuen.", auf Buffys Stirn waren Ansätze von Sorgenfalten zu erkennen, die Ereignisse mit Samielle hatten wieder gezeigt, dass eine scheinbar leichte Bedrohung, wenn man sie nicht ernst genug nahm zu grausamen Verlusten führen konnte.
 

"Ok, fangen wir an, wer ruft die anderen an?", Giles schlug das Buch auf und begann darin zu blättern, "An die Arbeit!"
 

Eine halbe Stunde später begannen die Bücher sich auf dem kleinen Tisch zu stapeln, und es kamen immer mehr dazu. Lily hatte sich ihren Nachforschungen angeschlossen.
 

Xander zog ein weiteres, in schwarzes Leder eingebundenes Exemplar aus dem Regal: "Die Dämonen der Wirklichkeit. Was ist mit dem hier, Giles?"
 

"Oh, nein, ich glaube das würde dir nicht weiterhelfen: Der Autor stellt einige wirre Theorien auf, nach denen sich alle Dinge zu einem gewissen Grade immer und immer wieder in verschiedenen Variationen wiederholen, Paradoxen, ich bezweifle außerdem ernsthaft, dass du es verstehen würdest."
 

"Unterschätzen Sie mich etwa?", er schlug es auf und blätterte einige Seiten weiter, man konnte förmlich sehen, wie seine Kinnlade sich nach unten verschob. "Ok, einen Versuch war es wert.", vorsichtig, fast ehrfürchtig stellte er es zurück und beugte sich über das Buch, das Buffy gerade vergeblich studierte: "Schon etwas gefunden, Buff?"
 

Ihr Blick verweilte auf den eingestaubten Seiten und ließ einen Anflug von Ekel erkennen: "Wenn unser Dämon nicht zu der Gattung der Garleth-Dämonen gehört - stimmt es eigentlich wirklich, dass sie ihre Kinder als Hauptnahrungsmittel ansehen, Giles? – na ja, auf jeden Fall dann leider nicht."
 

"Oh ja, es mag bestialisch klingen, aber man muss bedenken, dass für dämonische Kulturen unsere Wertvorstellungen nicht im geringsten...", führte Giles aus, doch bevor er seinen Bericht beenden könnte unterbrach ihn Lily, indem sie ihr Buch in seine Richtung drehte: "Könnte es vielleicht dieser sein?"
 

"Ein Ballwathe? Nein, ich denke nicht, zwar kommt seine Statur in etwa hin, doch unser Dämon hatte definitiv keinen Schwanz, außerdem sind sie in diesen Breitengraden kaum anzutreffen.", stellte er sie richtig, was sie ein bisschen zu kränken schien, er strich sanft über ihre Handfläche, als er ihr das Buch zurückgab: "Wir können auch nicht alles wissen."
 

"Dämonenfachsimpeln. 0:2 für Giles. Sollten sie als Wächter nicht wissen, mit welchem Dämonen wir es zu tun haben?", fragte Xander, der ein wenig lustlos in einem dünnen Buch blätterte, mit sarkastischem Unterton, es machte Spaß ihnen vorzuhalten, dass sie nicht so unfehlbar waren, wie sie sich immer gaben.
 

"Kommt es nur mir so vor, oder war es in Sunnydale noch einfacher Dämonen zu finden?", seufzte Buffy unüberhörbar.
 

"Damals hatten wir auch noch genug Freunde im Milieu.", setzte Xander an, doch er verstummte schnell wieder, dieser Gedanke brachte zu schlechte Erinnerungen hoch.
 

Buffy schaute ein bisschen wehmütig von ihrem Buch auf, in der Tat, Anya hatte sich oft als Hilfe erwiesen, wenn es um Dämonen ging, und vor allem... Spike.
 

Sie sah wie Giles seine Hand auf Lilys Schulter legte, und ihr wurde klar, dass sie auch jemanden gebrauchen könnte, in dessen Arme sie sich flüchten könnte, aber für die Männerwelt schien sie wie ein Fluch zu sein. Manchmal wünschte sie sich, dass Spike immer noch bei ihr wäre, nur um jemanden zum Festhalten zu haben, auch wenn mit ihm immer Erinnerungen an unschöne Momente verbunden war, von denen sie sich im Nachhinein wünschte, dass sie nie so geschehen wären. Bilder schossen in ihrem Kopf hoch.
 

"Hey, du sollst arbeiten, nicht schlafen!", tippte Xander sein Freundin an, was wohl in ihrem Kopf vorging? Sie blickte verträumt in Lilys Richtung.
 

Plötzlich, als sein Finger sie berührte, spürte er ein stechenden Schmerz, wie das Pieksen einer Nadel, die sich direkt in seinen Schädel bohrte, instinktiv schloss er die Augen.
 

"Xander, was ist?", Buffy drehte sich zu ihm um, doch als er die Augen öffnete konnte er sie nicht mehr sehen, obwohl er mit seiner Hand immer noch ihre Schulter spürte. Vollkommen verwirrt starrte er in die leere Luft, wo sie hätte sein sollten und vermutlich auch war: "Xander, geht es dir nicht gut?"
 

"Mir... Mir fehlt nichts, ich dachte nur gerade...", ein dumpfes Geräusch erklang aus dem hinteren Teil des Zimmers, er drehte sich um, die Wände flackerten, sie veränderten ihr Aussehen, für einen Moment waren sie aus hartem Stein und im nächsten waren sie wieder wie immer. Der Raum war länger geworden, und in seiner Mitte stand ein Bett, es war Spikes Bett und seine Gruft!
 

Der platinblonde Vampir lag nackt im Bett und machte... Xander erinnerte sich an diesen Tag er hatte Spike überrascht, es war der Tag gewesen, an dem Buffy durch Warren´s Strahlenkanone unsichtbar geworden war. Was wollten die Augen ihm...?
 

Nein. Unmöglich. Buffy hätte so etwas nie getan. Er kannte sie zu gut. Andererseits... Die Beziehung, wenn man es denn so nennen wollte, mit Spike hätte er ihr auch nie zugetraut. Mit einem Schlag verschwand das Bett wieder vor seinen Augen.
 

"Xander? Hallo? Noch da?", Buffys Stimme riss ihn aus einer Art Trance.
 

"Ich... Ich glaube, ich hole mir was zu trinken, will noch jemand etwas?", er bemühte sich, dass die anderen ihm nichts anmerkten, doch sein vollkommen verwirrter Ausdruck im Gesicht und seine etwas zu übertrieben klingende Stimme verrieten ihn. Buffy und Giles warfen ihm fragende Blicke zu.
 

"Keiner?"
 

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Shin’s Haus,

später Nachmittag

Irgendwie war es gestern schief gelaufen. Warum hatte Dawn ihn nicht einfach vorher angerufen? Na gut, sie hatte nichts von der Tradition der Familie gewusst, das musste er ihr zu Gute halten. Und sie hatte es ja nur lieb gemeint. Ihren enttäuschten Blick würde er so schnell sicherlich nicht vergessen.
 

---
 

Dawn radelte wie der Wind, sie wurde immer schneller. Die kleine Schwester der Jägerin hatte eine Riesenwut im Bauch. Grund war natürlich das Gespräch mit Buffy am Morgen gewesen. Was wäre wenn Buffy recht hatte und Shin tatsächlich ein anderes Mädchen hatte. Sie war stinksauer und würde ihm jetzt erst mal richtig die Meinung sagen. Selbst der kalte Fahrtwind konnte ihr erhitztes Gesicht nicht abkühlen.
 

---
 

Shin war gerade in der Küche und machte sich ein Sandwich, als die Türglocke läutete. Verwundert ging er zur Tür, seine Eltern waren nicht da und er erwartete keinen Besuch. Wer konnte das wohl sein?
 

Als er die Tür öffnete blieben ihm seine Begrüßungsworte im Hals stecken, eine völlig aufgelöste und wütende Dawn schrie ihn an.
 

„Ich komm extra hierher gefahren um dir deine blöde Geldbörse zu bringen und du lässt mich in der Kälte stehen wie einen Staubsaugervertreter. Aber als ob das noch nicht genug ist, lügst du mich auch noch an. Du hattest bestimmt nichts vor gestern. Also was bleibt mir anderes übrig als zu glauben, das du eine andere hast. Und wenn das so ist dann sei wenigstens Manns genug mir das zu sagen und dazu zu stehen, aber mach mich hier nicht zum Trottel. Ich komm mir sowieso schon völlig veralbert vor. Also wer ist sie und seit wann läuft was zwischen euch?“
 

„Wovon sprichst du bitte?“ Shin war völlig perplex. So hatte er Dawn noch nie erlebt, sie schien total außer sich zu sein
 

„Ich hab keine andere. Wie kommst du auf die Idee?“
 

„Na stell dir doch mal meine Situation vor.“ Rief Dawn, mittlerweile aber etwas leiser, „Ich steh hier vor deiner Tür, und du lässt mich nicht hinein. Was soll ich denn dann denken?“
 

„Na jedenfalls nicht, das ich eine andere Frau hab. Es gibt auch noch andere Gründe für so ein Verhalten.“ Beleidigt verschränkte Shin die Arme.
 

„Ach ja, was denn für Gründe? Komm spuck’s aus!“ Dawn war ebenfalls beleidigt, was tat er denn hier so unschuldig?
 

Ein schwerer Seufzer entrang sich Shins Brust. „OK, komm rein, dann zeig ich es dir.“

Völlig baff über die Wendung des Gespräches folgte Dawn ihrem Freund durch das große Haus.

„Also, wenn wir jetzt in mein Zimmer gehen, sieh dich bitte um, aber ziehe keine voreiligen Schlüsse. Ich mach uns erst mal Tee und dann erkläre ich dir alles.“ Schnell schob Shin seine Freundin in sein Zimmer und machte sich in der Küche daran Tee zu kochen.
 

In dem Zimmer ihres Freundes war Dawn erst mal völlig perplex, so hatte sie sich das geheiligte Reich von Shin wirklich nicht vorgestellt. Mit ihrem bisschen Vorbildung erkannte sie dass viele der Artefakte in diesem Raum alt und wertvoll waren, wahrscheinlich sogar sehr mächtig. Was wollte Shin damit, wieso hatte er diese Dinge? Und die ganzen Waffen an der Wand. Ein gewaltiges Arsenal. Dawn setze sich vorsichtig auf das Bett und ließ alles auf sich wirken.
 

So fand Shin sie vor, als er beladen mit einem Teetablett zurück kam. Dawn schenkte ihm nur einen fragenden Blick: „Dann schieß mal los. Ich bin gespannt.“
 

Sie nahm sich eine Tasse Tee und setzte sich bequem hin um der Erklärung ihres Freundes zu lauschen.
 

Shin holte ein paar mal tief Luft und fing dann an zu erzählen.
 

„In unserer Familie gibt es eine Legende die besagt, dass wir von einer Dämonenjägerin und einem Dämon abstammen, die vor langer Zeit in Japan lebten. Sie starb als sehr junge Frau, hatte aber ein Kind. Dieses Kind, ein Mädchen wurde mit viel Liebe von seinem Vater dem Dämon aufgezogen. Als ein feindlicher Dämonenclan die kleine Familie überfiel, blieb nur noch das Mädchen am Leben. Tetsuko, so war ihr Name, schwor Rache.
 

Sie heiratete später und widmete ihr Leben der Bekämpfung von feindlich gesinnten Dämonen. Ihre Ehe war sehr glücklich und sie bekam viele Kinder, die auch alle zum Teil das dämonische Blut ihres Großvaters in sich trugen. Als sie starb wurde ihr Kampf gegen die Dämonen von Ihren Kindern fortgesetzt.
 

Unsere Familie hat große Fähigkeiten, die von unserem Urahn dem Dämon herrühren.

Auch heute noch widmen wir unsere Zeit dem Kampf gegen Dämonen. Unsere Fähigkeiten sind verschieden. Einige haben große körperliche Kräfte, andere haben magische Fähigkeiten, wieder andere haben das 2. Gesicht.
 

Das ist der Hintergrund. Wir müssen im Verborgenen arbeiten, damit wir unentdeckt bleiben. Deswegen müssen sich Besucher immer vorher anmelden und deshalb konnte ich dich an dem Tag nicht hineinlassen. Allerdings ist es auch ein Teil unserer japanischen Lebensweise. Und - was denkst du nun?“
 

„Ich bin baff.“ Dawn war während der Rede von Shin immer mehr klar geworden, wie sehr sie ihn unterschätzt hatte. „Entschuldige, dass ich so schlecht von dir gedacht habe.“ Rot geworden stammelte Dawn die Entschuldigung. Es war ihr wirklich peinlich. Wie hatte sie nur so von ihrem Freund denken können.
 

++++
 

Wächterhaus,

etwas später

Xander verschwand kurz hinter dem Vorhang der kleinen Kochnische des Konferenzraumes und ließ sich kaltes Leitungswasser in ein Glas laufen. Konnte er wirklich beeinflussen was er sehen wollte?
 

Was soeben passiert war ließ immer noch sein Herz laut klopfen und er stemmte seine Hände an die Spüle während er zusah wie das Wasser in dem Glas überlief. Mit einer Drehung verschwand das überflüssige Nass im Siphon und er hörte hinter sich noch die Stimmen von Giles und Buffy, doch registrierte er nicht worüber sie grade redeten.
 

Natürlich! Die Sache heute morgen beim Frühstück, in der Firma und jetzt mit Buffy. Er brauchte die Menschen nur zu berühren und dann ‚sah' er es.
 

Zischend ging sein Atem über die Lippen während er nachdachte. Das war endlich die Chance auch mit etwas Besonderem aufzuwarten. Er würde nicht mehr im Schatten seiner Freunde stehen und …
 

"Sag mal, was machst du da?" Lilys Stimme riss ihn aus seinen Gedanken und er drehte mit einem schnellen Griff den Wasserhahn ab. Ob er es noch einmal probieren sollte? Die Versuchung war einfach zu groß. Eine kleine Berührung würde sicher reichen und wenn er sich fest konzentrierte dann
 

Beinahe beiläufig streifte er Lilys Schulter, die nun dabei war Teewasser aufzusetzen und sofort reagierte sein Kopf mit dem bekannten Schmerz. Die Küche veränderte sich, wurde breiter, geräumiger und Xander sah sofort das es sich um Giles Wohnzimmer handelte. Ein Feuer brannte im Kamin und direkt davor lagen Giles und Lily und … und … Himmel noch mal, das wollte er nicht sehen, schoss es ihm durch den Kopf er riss sich zusammen, so dass er sich augenblicklich wieder mit seinem Bewusstsein in der Küche befand, wo ihn Lily merkwürdig ansah.
 

"Sag, geht es dir gut?", fragte sie freundlich "Du bist ganz rot im Gesicht." Xanders Kragen drückte ihm die Luft ab und er trank sein Wasser in einem Zug aus, um dann laut loszuhusten. Der Gedanke an das was er soeben gesehen hatte brannte immer noch in seinem Kopf und das war genauso unangenehm wie das was er zuvor bei Buffy gesehen hatte.
 

"Hmm, ja .. äh… Wie ist denn das Arbeiten mit Giles so? Ich meine, was machen Wächter eigentlich in ihrer Freizeit?" Verdammt, was redest du da für ein Mist, schimpfte er sich innerlich selbst.
 

"Nun, wir …" Verwundert und noch misstrauischer als vorher sah sie Xander nach, der gar nicht auf Antwort wartend, beinahe verstört die winzige Küche verlassen hatte, so dass nur noch das Schwingen des Vorhangs davon zeugte das er eben noch da gewesen war…
 

Giles war grade dabei etwas auf ein Blatt Papier zu kritzeln, als er aufsah, direkt zu Xander, der sich vor ihn gestellt hatte. "Ist etwas?" Fragte der Brite, denn der junge Mann sah ihn mit einem etwas seltsamen Gesichtsausdruck an, den er nicht deuten konnte.
 

"N… Nichts." Stotterte er und setzte sich wieder.
 

Xander war immer noch fassungslos. Wieder und wieder hatte er das Bild der beiden vor dem Kamin vor Augen. Seit wann zwischen Giles und Lily schon etwas lief? Der Gedanke an sich war ja nicht so abwegig, aber man konnte sich Giles einfach nicht als Liebhaber vorstellen.
 

"Könntest du mir bitte ein Buch aus dem Büro holen?" Zunächst verstand er gar nicht was der Wächter da zu ihm sagte, so sehr beschäftigte ich das Gesehene, doch dann sprang er auf und nickte nur.

"Dämonische Enzyklopädie, Teil 6, S - U bitte." Rief Giles kopfschüttelnd Xander hinterher, der gedankenverloren in Richtung Büro schlich.
 

Was hatte er gesagt? Dämonische Zyklopen in sechs Teilen? Verwirrt betrachtete Xander die aufgereihten Bücher auf dem Regal und strich vorsichtig mit den Fingern über die Buchrücken. Bis er sich plötzlich wie magisch von einem der Wälzer angezogen fühlte. Vorsichtig rückte er den schweren Folianten beiseite und sah die kleine Schachtel dahinter. Ganz offensichtlich sollte hier etwas unentdeckt bleiben und doch zog er neugierig das winzige Kästchen hinter seinem Versteck hervor.

Der bekannte Schmerz hinter dem Auge durchzuckte ihn und während er sich noch fragte um was für ein Geheimnis es sich wohl handeln könnte, veränderte sich seine Umgebung…
 

Giles stand in einem kleinen Schmuckgeschäft und ein Verkäufer zog eine Schublade hervor. Worin in einem grünen Samtkissen verschiedene Ringe aufgereiht waren. Einen von ihnen zog der Wächter heraus und ließ den Stein darin ein wenig im Licht der Ladenlampe aufblitzen bis er dem Händler mit einem Lächeln signalisierte das er ihn nehmen wollte. "Ein wundervoller Verlobungsring, mein Herr", bestätigte ihm der Verkäufer beipflichtend….
 

Mit blassem Gesicht und offenem Mund war Xander wieder aus dem Büro in den Konferenzraum gekommen und starrte auf den Wächter, der immer noch mit so etwas wie einer Zeichnung beschäftigt war.
 

"Nicht gefunden?" Irritiert sah Giles durch seine Brillengläser zu Xander hinauf, der ihn mit aufgerissenen Augen fixierte.
 

"Sie wollen heiraten?" Bevor er sich weiter beherrschen konnte war es auch schon heraus und der Wächter kniff fragend seine Augen hinter den Brillengläsern zusammen. "Wie bitte?"
 

"Na der Verlobungsring den Sie gekauft haben, ich meine…" Die kleine Schachtel in seiner Hand zitterte ein wenig hin und her als er sie ihm entgegenstreckte und dann auf dem Tisch abstellte.
 

Die Gesichtsfarbe des Wächters wechselte in einen leicht gelblichen Ton und sein Stift rutschte ihm aus der Hand. "Woher weißt du davon?" Stöhnte er auf und starrte entsetzt auf den jungen Mann vor ihm.
 

"Ich … ich…" Oh je, eine vernünftige Erklärung fiel ihm auf die schnelle nicht ein also blieb ihm wohl nur noch die Wahrheit. "Ich habe gesehen wie Sie ihn gekauft haben, jetzt grade."
 

Verwirrt blizelte der Wächter, während Lily und Buffy nur neugierig herübersahen, denn sie verstanden nicht worum es ging. "Ich habe einen Ring gekauft, vor fast 6 Jahren …" die Stimme Giles’ stockte ein wenig, als wenn er nach den passenden Worten suchte "Für Jenny… Eine dumme, verfrühte Sache...", riss sich aber sofort wieder zusammen. "Und jetzt bitte deine Erklärung." Er schien wieder völlig gefasst und Lilys Gesicht nahm einen hilflosen, beinahe beleidigten Ausdruck an, denn sie bemerkte das es da etwas in Giles Leben gab, wovon sie nichts wusste. Buffy zuckte zusammen als sie die leisen Worte hörte, davon hatte sie nie eine Ahnung gehabt und es zog ihr die Brust zusammen als sie das betroffene Gesicht ihres väterlichen Freundes sah, allerdings verstand sie auch nicht warum Xander davon wusste und so wendete sie sich auch an ihren alten Schulfreund, der immer noch um Worte zu ringen schien.
 

"Na ja, ich wollte Clem helfen und dann…." Die Worte sprudelten nur so über Xanders Lippen und irgendwo war er auch erleichtert das er die großartige Neuigkeit endlich loswerden konnte, so nahm er auch nicht wahr das sich Lilys Mine bei jedem weiteren Wort verfinsterte, vor allem als er damit herausrückte das er gewisse ‚Dinge' sehen konnte.
 

"Du hast WAS? Ja bist du denn wahnsinnig geworden?" Hmm, das war nicht ganz die Reaktionen, die er von Giles erwartet hatte und er sah sich hilfesuchend nach Buffy um, sie würde ihn sicher verstehen.
 

"Soll das heißen du kannst unsere Gedanken lesen?" Pures Entsetzen sprach aus ihrer Stimme
 

"Nein, ich kann keine Gedanken lesen, das sind nur Bilder, beinahe wie Filmaufnahmen die man sich ansieht. Das mit dem Gedankenlesen warst du doch damals als .."
 

"Das war etwas völlig anderes. Du hast dir ein dämonisches Auge eingesetzt ohne nachzudenken was das für Folgen haben kann. Hast du einen Gedanken daran verschwendet?"
 

Xander konnte ihre Enttäuschung förmlich spüren
 

"Ich kann jetzt ‚Dinge' sehen. Vergangenes. Zukünftiges. Vielleicht Apokalypsen verhindern und ihr habt nichts Besseres zu tun, als mich zu verurteilen?" Er wollte und konnte einfach nicht so schnell aufgeben. "Mir kommt es beinahe so vor, als ob ihr mir nicht gönnt, etwas Besonderes zu können," schimpfte er zurück und verschränkte schmollend seine Arme vor der Brust.
 

"Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun Xander, sei doch vernünftig. Du hast dir keine Gedanken über Nebenwirkungen gemacht, oder? Vielleicht wirst du bald gejagt wegen dieser Augen, oder du könntest sterben, oder…"
 

"Oder vielleicht passiert auch gar nichts…" äffte Xander den Wächter nach, der empört mit den Händen in der Luft herumwedelte und nun zu Lily herübersah, die sich die ganze Zeit herausgehalten hatte.
 

Das hatte Xander nicht erwartet. Vielleicht ein paar Warnungen, aber da war nicht einmal ein Hauch von Verständnis und vor allem keine Freude darüber das er nun sicher hilfreich in vielen Dingen sein konnte. Wut stieg in ihm hoch und doch beherrschte er sich mit letzter Kraft. Vielleicht würden die Anderen ja ein wenig mehr Entgegenkommen zeigen.
 

"Ich muss noch einmal kurz zu einem … Termin." Lily hatte, außer einem sehr nachdenklich gewordenen Gesichtsausdruck nur schweigend zugehört, tippte nun nervös mit ihren Fingern auf dem Tisch herum und unterbrach damit die vorwurfsvolle Stille, welche den Raum erfasst hatte.
 

Gerade als Xander ein weiteres Wort zu seiner Verteidigung sagen wollte fühlt er den Blick in seinem Rücken wie Nadelstiche und er drehte sich rasch zu dem Fenster herum, wo der Kopf eines grauhäutigen Wesens durch das Glas mit geschlossenen Lidern zu ihnen herüberstarrte.
 

"Den hol ich mir." Bevor Giles auch nur eine Warnung aussprechen konnte, war der Dämon schon verschwunden und Buffy auf seinen Fersen…
 


 

AKT 3
 

Shin’s Haus,

kurz vor Sonnenuntergang

„Es ist mir wirklich peinlich, kannst du mir noch mal verzeihen?“ Kleinlaut lief Dawn vor ihrem Freund auf und ab und hielt den Blick auf die Teetasse in ihrer Hand fixiert.
 

„Ich kann dir verzeihen, ist schon passiert. Aber mal ehrlich wie kommst du auf die Idee, ich könnte eine andere haben?“
 

„Naja, ich war gestern echt sauer und hab mich heute morgen mit Buffy darüber unterhalten...“ In kurzen Worten gab Dawn einen Großteil ihres Gespräches mit Buffy wieder. Natürlich nur die Dinge, welche für Shin und ihre Entschuldigung relevant waren. Die Abschweifungen behielt sie dann doch lieber für sich. Außerdem schaffte Shin es wieder sie mit seinen Küssen abzulenken.
 

Als beide einige Zeit später aneinander gekuschelt auf den Bett lagen, fiel Dawn auf, dass es langsam dunkel wurde.
 

Ein leises Fiepen durchdrang das Zimmer.
 

„Was ist das?“ Dawn versuchte im Halbdunkel des Zimmers zu erkennen woher das Geräusch kam.
 

„Was meinst du?“ Shin hatte vor sich hingeträumt und musste erst mal wieder zu sich finden.
 

„Dieses Fiepen, hörst du das?“
 

„Ach herrje, dich hab ich ja fast vergessen.“ Schnell sprang Shin aus dem Bett und lief zu einer Ecke seines Zimmers die im Halbdunkel verborgen lag. Aus einem kleinen, schwarzen Schrank holte er etwas heraus, das wie ein Käfig aussah.
 

„Dawn komm her, aber vorsichtig, sonst verschreckst du sie.“
 

Neugierig hatte Dawn sich vorher schon aus dem Bett erhoben und kam nun leichten Schrittes auf Shin zu. Vorsichtig lugte sie über seine Schulter. Was sie da sah, ließ ihren Atem stocken. Vor sich in einem Käfig aus schwarzem Metall, sah sie den schönsten Schmetterling den sie je gesehen hatte. Aus seinem Mund drang ein leises Fiepen, eben das was Dawn hatte aufhorchen lassen.
 

„Was ist das?“, wisperte sie in das Ohr ihres Freundes.
 

„Du wirst es nicht glauben, aber das ist eine Mothra. Ein dämonischer Schmetterling. In ganz alten Gozillafilmen wurden Mothras als riesig dargestellt und von den Zuschauern als Fantasiefigur abgestempelt, aber sie existieren tatsächlich.“
 

„Es ist wunderschön...“ flüsterte Dawn. Tatsächlich war dieses kleine Geschöpf eine wahre Schönheit. Ca. so groß wie die Handfläche eines Menschen breiteten sich die Flügel dieses Schmetterlings aus.

Perlmuttfarben hob sich der Körper vom Rest der Flügel ab. Die Flügel waren in einem samtenen Blau und Schwarz marmoriert und sie bewegten sich auf und ab in einem geruhsamen Rhythmus. Bei jeder Bewegung schien die Marmorierung der Flügel zu wechseln, so das der Eindruck einer Wellenbewegung auf ihnen entstand.
 

Dawn beobachtete fasziniert wie das kleine Geschöpf den Kopf hob und ihrem Freund direkt in die Augen sah.
 

Ein Fiepen ertönte.
 

„Ja ich hab dich fast vergessen, tut mir leid. Ich bring dich zum Fenster.“ Vorsicht nahm Shin den Käfig hoch und stellte auf die Fensterbank.
 

„Was machst du?“ fragte Dawn.
 

„Die Mothra ernähren sich von Mondlicht und können im Sonnenlicht nicht überleben. Deshalb stelle ich sie nachts an das Fenster, so bekommt sie ihre Nahrung.“
 

„Warum lässt du sie nicht frei?“
 

„Oh nein, Dawn. Auch wenn sie so schön ist, so ist sie doch ein Dämon. Vor allem ein Dämon mit großer Macht. Sie selber kann diese Macht nicht ausüben, aber derjenige der sie gefangen hält, kann darüber verfügen. Wir halten sie hier neutral, da ihre Macht nur dunkler Natur ist, können wir sie nicht missbrauchen. Unsere Familie beschützt die Mothra. Deswegen darf niemand wissen das sie hier ist. Du darfst es keinem weitersagen. Auch du bist jetzt für sie verantwortlich. Dieses kleine Geschöpf braucht jede Hilfe die es bekommen kann. Sie ist eine der letzten, vielleicht sogar die letzte ihrer Art,“ fügte Shin traurig hinzu.
 

„In den großen Kriegen von Hunderten von Jahren wurde die Mothra zu Tausenden gefangen, benutzt und getötet. Leider waren damals beide Seiten dafür verantwortlich. Menschen und Dämonen. Nur wenige versuchten danach das Unheil zu begrenzen und die Mothra zu schützen. Zu groß ist die Gier nach ihrer Macht.“
 

Traurig schloss Shin seine Erzählung. Die Mothra war während der ganzen Zeit still gewesen und hatte den Japaner angesehen, als verstünde sie alles.
 

Mit großen Augen trat Dawn näher an der Käfig. Tränen stiegen in ihr hoch, als sie daran dachte, was Menschen und Dämonen mit solch einem zarten Wesen alles anstellen konnten.
 

„Ich werde dich nicht verraten, niemals,“ flüsterte sie mit tränenerstickten Stimme.

Zusammen beobachtete das Pärchen wie der Mond aufging und die Mothra sich in seinem Licht badete.
 

Irgendwann spät in der Nacht fuhr Dawn tief beeindruckt, von dem was sie gesehen hatte nach Hause.
 

++++
 

Im Ratsgebäude

Ein, zwei Stunden später
 

Nachdem Buffy die Verfolgung des Dämons aufgenommen hatte, war Lily auch gegangen und der Wächter und Xander hatten sich minutenlang angeschwiegen, bis endlich Kennedy, Willow und Faith mit ihrem Eintreffen die beklemmende Stimmung unterbrachen.
 

"Ok, was wir wissen: Dieser Dämon hat sowohl Buffy, Xander, als auch mich selbst beobachtet, sehr beunruhigend, denn er hat sich sogar ZWEIMAL getraut in meinen Garten einzusteigen, was sein Intresse an uns nur zu deutlich zeigt. Vielleicht ist es nur ein normaler Dämon, der unbedingt eine Jägerin herausfordern wollte, dennoch denke ich, dass wir diese Sache nicht vernachlässigen sollten, denn immerhin hat er uns nicht einfach angegriffen, sondern uns infiltriert, was keinesfalls dem Normalverhalten eines, ähm, normalen Dämonen entspricht.", berichtete Giles, während er begann erneut seine Brille zu putzen.
 

„Wieso das Theater um Ihren Garten? Wir stehen doch mit unserem Bus schon seit Wochen auf dem Rasen hinter’m Haus.“, fragte Faith belustigt.
 

Giles verdrehte auffällig die Augen und Willow beugte sich grinsend zur Jägerin hinüber. „Eben.. drum...Briten und ihr englischer Rasen...“
 

"Das ist alles?", wollte Kennedy wissen, die sich gemütlich niedergelassen hatte, "Deswegen machen Sie so einen Aufstand und lassen uns alle kommen?"
 

"Er war in meinem Garten! Zweimal!", versuchte Giles sich zu rechtfertigen und Willow verteidigte ihre Freundin: "Sie meint es nicht so, wir waren nur gerade mit etwas anderem beschäftigt..." Die beiden jungen Frauen wechselten vielsagende Blicke.
 

"Es gibt auch noch etwas anderes, was ihr wissen solltet, und was möglicherweise mit dem Dämonen zusammen hängen könnte,", sein anklagender Blick traf Xander, der in sich zusammen gesunken in dem Stuhl kauerte und auf den Boden starrte, "Xander hat sich ein magisches Auge besorgt, mit dem er Dinge sehen kann, die ihm Wahrheiten über uns verraten, ein sehr interessante Eigenschaft muss man schon sagen!", sein Ton klang scharf, seine Worte in Xanders Ohren vernichtend.
 

Er versuchte, Willow’s Blick auszuweichen, die ihn fragend anguckte: "Wie funktioniert es?"
 

"Das wissen wir nicht genau.", antwortete Giles für ihn.
 

"Und Sie denken, dass der Dämon damit in Verbindung steht?"
 

"Möglicherweise, es wäre ja nicht das erste Mal, dass Xander das Interesse von Dämonen hervorgerufen hat, erinnern wir uns nur an das eine Mal, wo er verdoppelt wurde!"
 

"Damals wollte der Dämon aber Buffy treffen!", sprang Xander wie aus der Pistole geschossen auf, nur um direkt wieder zu verstummen.
 

Schweigen.
 

Nach einer halben Minute stand Kennedy auf: "Hier scheint ja ziemlich dicke Luft zu herrschen, ich denke ich mache mich dann auch mal auf die Socken, kann ja nicht schaden, wenn ich auch ein wenig Ausschau halte."
 

"Ich denke, dass ist bestimmt keine schlechte Idee.", schloss sich Faith an, die die ganze Zeit mit ihrem Pflock gespielt hatte, "Gibt es irgendwo ein Bild von diesem Dämonen?"
 

"Ja, da wir in unseren Büchern leider noch nichts gefunden haben-" setzte Giles an. Xander fiel ihm ins Wort, der irgendwie das Gefühl hatte um jeden Preis etwas sagen zu müssen, schließlich war er auch an den Nachforschungen beteiligt gewesen: "Weniger als nichts. Überhaupt nichts."
 

"-ein sehr hilfreicher Kommentar, in der Tat Xander- da wir nichts gefunden haben, habe ich eine Phantomzeichnung angefertigt!"
 

Er zog das Blatt Papier aus einem der Bücher hervor und reichte es Faith, die es auch Kennedy zeigte: "Interessant: Der Dämon sieht aus wie ein Michelin-Männchen?"
 

++++
 

Wächterhaus.

Kurz darauf...

Nachdem fast alle den Raum verlassen hatten, schaute Xander vom Stuhl auf. Er konnte noch immer Willows Blick im Nacken spüren. Was sie nur wollte? Die beiden hatten schon so lange kein anständiges Gespräch geführt, aber bei diesem Anlass schien es ihr anscheinend doch notwendig. Außerdem hatte er vorhin auch schon von Giles störende Kommentare bekommen, dass reichte für einen Tag.
 

Willow ging ein paar Schritte auf Xander zu, bis sie sich auf den Tisch gegenüber von ihm lehnte. Sein Blick folgte ihren Füßen, bis er langsam nach oben wanderte, und beide sich in die Augen sahen.
 

Xander spürte, wie er noch immer etwas verkrampft war. Wieso konnten sich seine Freunde nicht einfach für ihn freuen, sondern mussten ihm alles immer schlecht reden? Sie kannten das Gefühl nicht, wie es ist kein zweites Augenlicht zu besitzen, und anscheinend hatte auch jeder mindestens doppelt so viel Durchblick wie er. Verkraftete es denn niemand, dass er nun diese Gabe besaß? Es ist doch auch nicht so gewesen, dass er darum bettelte, sich ein magisches Auge zu besorgen.
 

„Und was für eine Wahrheit, zeigt dir das Auge bei mir?“, Willows Stimme holte Xander aus seinen Gedanken.
 

„Noch nichts, im Moment. Aber ich glaube schon, dass es einiges gibt, was ich nicht über dich weiß?“
 

Willow verschränkte ihre Arme. „Mag sein... aber du solltest genauso wenig auf alles vertrauen, was dir dieses Organ zeigt. Schließlich könnte es genauso einen bösen Einfluss auf die Dinge die es dir zeigt haben, wenn nicht sogar auf dich.“
 

„Nur weil vieles auf dich eine negative Wirkung hatte, muss dass nicht bei jedem so sein!“, Xander funkelte sie an.
 

Willow hatte auf keinen Fall vorgehabt, sich mit Xander zu streiten, auch wenn ihr Verhältnis in letzter Zeit etwas angespannt gewesen war.
 

„Ich denke, du weißt am besten, dass es gefährlich sein könnte. Ich will nicht, dass es dieses Mal dazu kommt, dass ich dich davon abhalten muss, irgendeine Tat zu begehen, die du später bereuen würdest.“ Willow sah auf den Boden. Xanders Augen folgten ihrem Blick. Als seine Augen für einige Sekunden im stillen Raum auf dem Boden ruhten, schlich sich bei ihm erneut ein unbehagliches Gefühl ein.
 

Obwohl er noch immer auf den Holzboden sah, verfolgten seine Augen, oder besser gesagt seine neue Erworbenheit, etwas anderes. Sonnenstrahlen drängten sich durch den Vorhang in Willows Raum im Ratsgebäude. Die Hüterin führte ein angeregtes Gespräch mit Dawn. Zuerst konnte er nicht genau erkennen, worum es sich handelte. Doch wenn es wäre wie die anderen sagten, dass er die Wahrheit über jemanden herausfinden konnte, musste es doch etwas Wichtiges sein.
 

Xander hörte Wortfetzen, die mit der Zeit immer klarer wurden. Er interpretierte die Mimik und Gestik der beiden, doch ohne Zusammenhang, würde alles keinen Sinn ergeben. Die ‚Kamera’ in seinen Augen schwenkte um, blickte auf Willows Schreibtisch, auf dem einige Notizen lagen. Unter anderem erkannte er das Wort „Jägerin“. Er sah das verzweifelte Gesicht von Dawn. Schlussendlich ging ihm ein Licht auf. Es war wohl doch ein richtiges Geheimnis. Eine Information, die nicht so schnell jeder erhalten sollte. Doch wieso? Buffy würde es nicht verstehen, Giles sowieso nicht... und ob Xander diese Geheimnistuerei verstehen würde, wusste er selbst nicht. Außerdem war das ganze doch eigentlich absurd. Dawn war doch letztes Jahr nicht einmal eine angehende Jägerin. Außerdem schien Buffy bis vor kurzem die einzige in ihrer Familie zu sein, in der dieses Blut floss.
 

Langsam wurde der Boden des Zimmers wieder schärfer, als Xander nur noch seine Gedanken sortierte. Willow sah in Xanders Augen, der aber noch immer gebannt auf den gleichen Punkt starrte.
 

„Was hast du gesehen?“, fragte sie im nächsten Moment.
 

„W-Wieso soll ich etwas gesehen haben?“, Xander lehnte sich zurück, um etwas Sicherheit zu erlangen.
 

„Ich glaube, ich bin noch die erste, die es merkt, wenn dir dein magisches Auge etwas zeigt.“, antwortete sie knapp.
 

„Wenn du mir nicht mehr alles anvertraust. Wieso sollte ich es dann umgekehrt tun?“
 

„Weil ich mehr Erfahrung habe als du, und einen anderen Grund habe ich vorhin schon angemerkt.“, sie musste ihm klar machen, dass es falsch war sich nur Vorteile durch die Magie zu verschaffen. Sie wussten doch außerdem auch nicht, ob das Ganze eine gute Quelle hatte.
 

„Wenn ich jeden Baustein zusammensetze, weiß ich, dass du auch nicht immer ehrlich zu allen bist. Und glaub mir, ich weiß was ich tue.“
 

„Ich will zwar nicht wie deine Mutter wirken, aber es gibt keinen Grund so stur zu sein? Du sollst doch nur begreifen, dass manche Wege die Falschen sind.“
 

„Das hätte dir auch jemand sagen sollen, als du durchgedreht bist.“, antwortete Xander provokativ. Auch wenn er nicht wusste was es mit allem genau auf sich hatte, machte es ihn traurig, dass die beiden schon seit Ewigkeiten nicht mehr die besten Freunde waren, so wie früher.
 

„Ich schließe aus diesen Worten, dass du auch gerade durchdrehst, also lasse ich dich besser in Ruhe mit deinem neuen Auge, vielleicht zeigt es dir ja doch wie du manche Dinge anpacken musst.“, Willow drehte sich um, und ging einige Schritte Richtung Tür.
 

„Grüß Dawn von mir, unsere neue Jägerin.“, rief er ihr nach, er war sich nicht sicher ob sie es gehört hatte, da die Tür genau in diesem Moment ins Schloss fiel.
 

++++
 

In der Nähe des Hafens, dunkle Gasse

Selber Abend , etwas später

Es war frustrierend, für mindestens eine halbe Stunde hatte Buffy den mysteriösen Dämonen durch die ganze Stadt verfolgt, trotz seinem kräftigen Äußeren schien er sehr beweglich zu sein, doch nun hatte sie ihn in dem Gewirr aus den kleinen Gassen verloren; er schien äußerst schlau zu sein.
 

Aufmerksam, ihre Jägerinnensinne aufs stärkste angespannt, schlich sie, das Gewicht ihrer Kriegsaxt in den Händen lastend spürend, durch die Hafengegend, nur darauf wartend, dass ihr ´Opfer` sich verriet, doch es kam nicht dazu.
 

Über ihr zog eine Möwe ihre Kreise und krächzte lauthals, was sie ablenkte, ebenso, wie der Trupp aus Betrunkenen, der einige Blocks weiter lauthals brüllend zur nächsten Bar torkelte, langsam begann ihre Hoffnung zu schwinden, je mehr Zeit verstrich, desto weiter konnte er schon weg sein, verdammt!
 

Für einen Moment überlegte sie, ob er vielleicht im Black Pearl war, das ganz in der Nähe lag, doch dann verwarf sie den Gedanken wieder, inzwischen hatte es sich vermutlich bei allen Dämonen herumgesprochen, dass die zwei Jägerinnen ab und zu bei Mo vorbei schauten, andererseits hatte der dämonische Barkeeper vielleicht Informationen, die ihr weiterhelfen würden, denn es würde wohl nichts bringen, die ganze Zeit hier herum zu schleichen, den Dämon würde sie wohl nicht mehr finden. Sie beschloss noch ein bisschen zu warten, bevor sie sich auf den Weg machen würde, vielleicht landete sie einen Glückstreffer, was sonst auch so oft gelang, dass es sie fast schon hätte wundern sollen.
 

Sie bog ab auf eine etwas breitere Straße, die danach aussah, als ob sich ab und zu auch einmal ein Auto hierhin verirrte, sie ging weiter, zwar immer noch wachsam, aber nicht mehr so angespannt wie vorher, wenn er hier angekommen war, dann war es so oder so zu spät, es gab einfach viel zu viele Fluchtwege. In Gedanken fand sie sich damit ab, dass es dieses mal wohl keinen Glückstreffer geben würde.
 

Plötzlich hörte sie ein rascheln in der Gasse aus der sie gekommen war, leise Schritte, als ob jemand versuchte so leise wie möglich zu sein. Sie drehte sich um, ihr Blick glitt zu den Seiten, aber sie konnte noch nichts erkennen, also beschloss sie zu warten, wenn es ihr Dämon war, würde sie ihn früh genug sehen, und es wäre unklug ihn auf sich aufmerksam zu machen bevor es unvermeidlich war. Die Schritte kamen immer näher, doch mit jedem Zentimeter wurden sie auch immer vorsichtiger.
 

Komm schon. Sie spannte alle Muskeln an, um sofort wenn er sich zeigte auf ihn losspringen zu können, sie war angriffsbereit. Inzwischen war sie sich fast sicher, dass es ihr grauhäutiger, mysteriöser Beobachter war, der sich da anschlich, denn wer sollte um diese Zeit durch solche Gassen schleichen, jemand anders würde versuchen so schnell wie möglich nach Hause zu kommen, nein, so etwas taten nur Dämonen - und ihre Jäger.
 

Als die Gestalt hinter der Ecke hervorkam sprang Buffy mit aller Kraft, die ihr zur Verfügung stand vor, nur um gleich wieder abzubremsen, als sie dem bekannten Gesicht gewahr wurde: "Kennedy?"
 

"Buffy? Pass bloß auf, sonst köpfst du hier noch unschuldige Menschen!", Kennedy war sichtlich erschrocken, "Giles hat mich und Faith losgeschickt, um dir bei der Suche zu helfen."
 

"Köpfen? Nein! Glaub mir in fast neun Jahren als Jägerin ist mir das noch nie passiert-", sie überlegte kurz, "Zumindest keine Köpfe!"
 

"Was machen wir nun? Hast du seine Spur verloren?", wollte Kennedy wissen.
 

"Ja, leider, ich hätte ihn beinah gehabt, aber dann... naja. Ich denke das hier bringt nichts mehr, ich würde vorschlagen, dass wir in Mo´s Bar gehen und gucken, ob er etwas weiß.", schlug Buffy etwas kleinlaut vor, es war ihr ein bisschen peinlich vor Kennedy zuzugeben, dass ihr ein Dämon entwischt war.
 

"Gute Idee!", stimmte Kennedy zu, ohne weiter darauf einzugehen.
 

++++
 

Wenige Minuten später,

Black Pearl

Die Bar war gut besucht, als Kennedy und Buffy ankamen, alle Sitzplätze waren besetzt, es wimmelte nur so von den skurrilsten Gestalten, die man sich vorstellen konnte, und so selten wie man an diesem Tag einen Mensch sah wirkten diese wenigen auch schon beinah wie etwas skurriles neben den zahlreich vertretenen Dämonen. Die beiden Jägerinnen schlenderten durch die Menge, die sich vor ihnen ängstlich, fast ehrfürchtig teilte, jedoch nicht ohne ihnen missbilligende Blicke zuzuwerfen, in Richtung Tresen.
 

"Mo!", begrüßte Kennedy den befreundeten Dämonen, der sich daraufhin kurz zu ihr umdrehte: "Kenny! Schön dich zu sehen, ich muss von diesem Alkretha-Dämonen hier eben noch etwas Geld kassieren, einen kurzen Moment."
 

Die beiden Jägerinnen machten es sich auf zwei Barhockern, die gerade frei geworden waren bequem.
 

Ein paar Augenblicke später war Mo bei ihnen: "Worum geht es? Sollten wir in mein Büro gehen?"

"Ein ziemlich massiver Dämon mit grauer Haut hat mich und meine Freunde beobachtet.", brachte Buffy ihr Problem auf den Punkt, bevor Kennedy etwas sagen konnte und blickte Mo mit einem freundlichen, auffordernden Blick an.
 

Er beugte sich vor und begann zu flüstern: "Vielleicht habe ich schon etwas von ihm gehört, doch ich bin mir nicht ganz sicher, ob es eurer sein könnte. Und selbst dazu kann ich nicht viel sagen, aber ihr müsst wissen, dass die letzte Zeit für uns Dämonen nicht einfach ist. Es könnte sein, dass der Clan, den du ja schon zur Genüge kennst, auch seine Finger in dieser Sache hat, auf jeden Fall erzählen immer mehr meiner Kunden von toten Artgenossen und Verstümmelungen“ , er wies auf einen einarmigen Dämon an einem Pokertisch.
 

"Und einige von ihnen haben einen Dämon, wie euren beschrieben, ich denke aber nicht, dass euch das wirklich weiterhilft."
 

"Naja, da kann man nichts machen. Dann müssen wir halt versuchen ihn so zu finden.", Buffy war sichtlich enttäuscht.
 

"Tut mir wirklich Leid, kleine Jägerin. Ich wünsche euch bei der Jagd noch alles Gute!", verabschiedete er sich.
 

"Bis zum nächsten mal Mo!", Kennedy wäre gerne noch etwas geblieben.
 

"Hoffentlich bald!", rief Mo ihr noch hinterher, als sie sich auf den Weg nach draußen machten, sie lächelte.
 

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Ohne wirklich weitergekommen zu sein kletterten sie wieder an Deck: "Es hätte ja etwas bringen können!"
 

"Vielleicht sollten wir...", setzte Kennedy an, als plötzlich eine massive Gestalt die im matten Licht einem Felsen ähnelte vor ihnen auf dem Steg auftauchte.
 

Der Hüne stockte für einen Moment, als er sie sah, natürlich ohne die Augen zu öffnen, dann begann er zu fliehen.
 

"Sieht aus, als wäre der Besuch doch von einem gewissen Erfolg gekrönt!", Buffy schwang ihre Axt und setzte an, ihn erneut zu verfolgen.
 

++++
 

Wächterhaus,

etwas später

Xander warf seine Jacke über und nahm seinen Aktenkoffer, Giles und Willow waren wieder mit irgendwelchen Nachforschungen beschäftigt und er wollte die Gelegenheit nutzen, um sich so unauffällig wie möglich davon zu schleichen, um Eve zu treffen.
 

Er hatte das Haus gerade umrundet und machte sich auf den Weg zu seinem Auto, als plötzlich Faith vor ihm aus der Dunkelheit auftauchte: "Überall ist ziemlich tote Hose, und da hab ich mir gedacht, ich gucke mal, ob der Dämon vielleicht hier wieder aufgetaucht ist. Hat sich schon eine von den anderen gemeldet?"
 

"Nein, nicht das ich wüsste, frag Giles!", er wollte sich wieder auf den Weg machen, doch Faith hielt ihn auf: "Ist alles in Ordnung?"
 

"Eigentlich schon.", Xander wirkte wenig überzeugend.
 

"Ok, es geht mich wohl nichts an, aber ist es wegen dem Auge?", hakte sie nach.
 

"Ja,", gestand Xander schließlich ein, "Die anderen scheinen nicht gerade davon zu begeistert sein; ich kann es ihnen nicht einmal verdenken. Siehst du es anders?"
 

"Also sagen wir es mal so: Wenn mir jemand das Auge ausgestochen hätte, hätte ich mich wohl schon längst nach so etwas umgesehen!", sie lachte, doch es klang mehr wie ein Alibi, dann fügte sie gedankenverloren hinzu: "Manche Sachen kann man halt nur verstehen, wenn man sie selbst erlebt hat."
 

"Ja!", bestätigte Xander, sie schwiegen für einen Moment.
 

"Wow, wie kommt es, dass wir uns so unterhalten? Ist das schon mal vorgekommen?", scherzte Faith.
 

"Nicht, dass ich mich erinnern könnte.", merkte Xander an.
 

Faith lächelte, dieses Mal wirkte es ehrlich: "Mir gehen im Moment zu viele Dinge durch den Kopf, ich glaube, ich bin ein bisschen verwirrt."
 

"Kann ich verstehen.", merkte Xander an, mit einem Moment verschwand das Lächeln aus ihrem Gesicht und wich wieder dem nachdenklichen Ausdruck, "Aber jetzt muss ich wirklich weg!"
 

"Ok, ich will dich nicht aufhalten, scheinbar hast du noch was vor!", ihr Gesicht war wieder zur Fassade geworden, was wohl in ihrem Kopf vorging?
 

Plötzlich spürte er wieder den stechenden Schmerz. Faith's Hintergrund veränderte sich. Ein Teil eines Kirchenschiffs tauchte auf. Der Innenraum einer großen Kathedrale. Xander schluckte.
 

Er sah, wie Faith in dem Trugbild das Kirchenschiff durchschritt und auf den Altar zuging, hinter dem Eve stand. Eve griff nach einer Waffe und lächelte.
 

Mit einem Schlag verschwand das Bild wieder und ließ einen verwirrten Gesichtsausdruck in seinem Gesicht zurück: Was zur Hölle war das gewesen? Das konnte unmöglich ´seine´ Eve gewesen sein, die Frau in der Vision hatte viel zu gefährlich gewirkt, doch ihr Gesicht hatte dem seiner Chefin bis ins kleinste Detail geglichen. War es vielleicht möglich, dass die Augen ihm nur einen Streich gespielt hatten?
 

Schließlich kam es nicht alle Tage vor, dass die eigene Chefin sich ein Duell mit einer Jägerin lieferte. Völlig irritiert und verwirrt starrte er Faith hinterher, als sie sich auf den Weg zur Wächterzentrale machte. Er war froh, dass sie sich nicht noch einmal zu ihm herumdrehte. Er bot mit seinem fassungslosen Gesichtsausdruck sicher einen sehr interessanten, wenn nicht sogar dümmlichen Anblick. Einige Minuten blieb er so stehen, dann drehte er sich schließlich um und ging zu seinem Auto. Doch noch immer schossen Tausende Fragen und Möglichkeiten in seinem Kopf herum, die alle nicht einmal den Ansatz eines Sinns hatten. Was hatte ihm diese Vision sagen wollen? Oder wurde es jetzt einfach Zeit mit allen darüber zu reden, was er gesehen hatte, um die Bilder einer Bedeutung zu ordnen zu können?
 

++++
 

Cleveland, Larr’s Laden

Gleiche Zeit…

Lily ließ die Tür, die weit offen gestanden hatte ins Schloss fallen. Sofort hörte sie im hinteren Teil Schritte und der rothäutige Dämon erschien hinter der Theke: "Willkommen, Willkommen! Was kann ich für Sie..."
 

Ein misstrauischer Ausdruck machte sich auf seinem Gesicht breit. So jemanden wie diese Frau hatte sich noch nie in seinen Laden verirrt, es roch nach Ärger, und davon hatte er wahrlich schon genug.
 

Lily warf abwertende Blicke auf das Inventar des Ladens, während sie sich auf dem schnellsten Weg zur Theke begab. Larr nahm einen abwehrenden Gesichtsausdruck an: "Sie wünschen?"
 

"Ich habe ein Problem und denke, dass Sie mir dabei vielleicht helfen können. Könnte ich Ihr Sortiment betrachten?" Ihre Stimme war eindeutig feindselig.
 

"Oh ja, bitte sehen Sie sich um!", Larr überlegte sich wie er aus dieser Situation entkommen konnte, doch ihm fiel nichts Besseres ein, als mitzuspielen.
 

"Nicht dieses Sortiment.", sie klang kühl, berechnend und vor allem sehr bestimmt, diese Frau war es gewohnt, dass man ihre Befehle ausführte und keine Fragen stellte.
 

"Wie Sie wünschen, Madame.", er öffnete den Schrank hinter sich, eine Art sehr steril aussehende Kühltruhe kam zum Vorschein, in der, in Eiswürfel eingehüllt etliche Körperteile von Dämonen, wie Beine, Schwänze und andere Extremitäten verstaut waren.
 

"Gucken Sie sich ruhig alles an, doch eine Anprobe ist leider nicht möglich.", Larr überlegte fieberhaft, was sie hier wollte, ihren Blicken zu urteilen schien sie die Ware nicht wirklich zu interessieren, eher anzuekeln, schließlich wand sie ihren Blick wieder ihm zu: "Die Sache ist die, ein Freund von mir", die Betonung des Wortes Freund machte eindeutig klar, das sie es nicht so meinte, "hat durch Zufall ein magisches Auge in ihrem Laden erworben, das ihm ermöglichen könnte einige unangenehme Details zu erfahren, sie haben nicht zufällig etwas womit ich mich davor schützen kann?"
 

Das war es also. Es hätte schlimmer sein können.
 

Mit einem lauten Knall schloss er den Schrank wieder: "Ich denke ich habe da etwas für Sie! Es ist ein Amulett, das einen vor diesen und ähnlichen Eigenschaften von Dämonen schützt. Ich habe es zweimal da, doch eins würde ich gerne für mich behalten, die Kundschaft, Sie verstehen?"
 

"Natürlich!", ein Lächeln das wohl freundlich sein sollte verirrte sich in ihr Gesicht: "Und Sie sind sich doch hoffentlich darüber im Klaren, dass das Ganze unter uns bleiben muss?"
 

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Xander’s Wagen

etwas später

Ein wenig unwohl war es Xander schon, aber es lag wohl mehr an seiner Nervosität gegenüber dem anderen Geschlecht. Und daran, dass er seine Chefin von Zuhause abholen sollte.

Himmel noch mal, warum kam ihm ständig der Gedanke von einer verführerisch aussehenden Eve in einem Hauch von nichts in den Kopf, die ihn schon erwartete?
 

Schweißperlen zogen über seine Stirn. Und warum überkam ihn das Gefühl am besten gleich die Flucht zu ergreifen?
 

Die Blumen, welche er auf dem Weg noch schnell bei einem Straßenhändler geholt hatte, sahen auch nicht mehr so taufrisch aus, aber da ihm erst in der letzten Sekunde eingefallen war, dass es eigentlich zum guten Ton gehörte, nahm er es nun missbilligend in Kauf. Immer noch besser als mit leeren Händen zu erscheinen. Tief durchatmend parkte er den Wagen in einer freien Parklücke und stieg zähneknirschend aus.
 

Je mehr er sich dem Haus näherte, desto unruhiger wurde er, aber er war schließlich erwachsen! Ein ganzer Mann, mit zwei gesunden Augen, wovon eins zwar nicht ihm gehörte, aber wenn er so darüber nachdachte was er damit alles sehen konnte... Sollten die anderen doch dumm reden, er würde es ihnen schon zeigen. Sein Ego wuchs deutlich an und auch die Vorstellung von Eve im Neglige brachte ihm plötzlich Schweißausbrüche ganz anderer Art...
 

Vor dem Eingang des schmucken Einfamilienhauses polierte er sich noch einmal seine Schuhe an den Hosenbeinen und kontrollierte noch einmal den richtigen Sitz seiner Ärmel. Gott, wie sehr sehnte er sich nach seinem Schlabbersweatshirt und einer bequemen Jogginghose, doch das war sicher nicht das richtige Outfit für ein Date mit der Vorgesetzten.
 

Tief durchatmend drückte er die verzierte Türglocke und rechnete kurz im Kopf nach was allein der blütenweiße Holzzaun, der das kleine Haus umgab gekostet haben musste. Denn fachmännisch erkannte er sofort solide Handarbeit und beinahe sehnte er sich nach seiner handwerklichen Tätigkeit zurück... ‚Es war eigentlich immer ein gutes Gefühl gewesen etwas mit den eigenen Händen herzustellen’
 

„Hallo Xander.“ Er hatte gar nicht bemerkt, dass sich die Haustür schon geöffnet hatte und sah nun leicht errötend in das Gesicht von Eve, die noch gar nicht nach einem netten Abend aussah. Eher im Gegenteil.

Ihr Ausdruck war besorgt und der saloppe Hausanzug hatte so gar nichts von dem Flair einer Managerin des größten Konzerns in Cleveland und vor allem zerschlug es schlagartig seine Vorstellung von einem sündigen Abend mit einer schönen Frau.
 

„Kommen Sie herein,“ bat sie ihn und hielt ihm einladend die Tür auf. „Entschuldigen Sie bitte, aber meine Mutter ist überraschend zu Besuch gekommen, sie fühlt sich nicht wohl…“ Ihre Stimme drückte ernsthaftes Bedauern aus und ein wenig verwirrt trat Xander ein. Dankend nahm sie ihm den Strauß ab und legte ihn zunächst einfach auf dem winzigen, aber teuer aussehenden Schränkchen im Hausflur ab. Der kleine Korridor öffnete nach drei Schritten zu einem großen Wohnzimmer und auf einer der sich gegenüberstehenden Sofas saß eine ältere, blasse Frau, die im ersten Moment gar keine Ähnlichkeit mit ihrer Tochter hatte. Sie war klein, wirkte unglaublich zart und zerbrechlich und ihr mit grauen Strähnen durchzogenes Haar, war dunkel und nicht blond wie das ihrer Tochter.
 

„Mummy? Das ist Xander Harris, meine rechte Hand im Büro. Wir waren für heute verabredet und ich habe vergessen, ihm abzusagen.“ Nach ihrer kurzen Vorstellung gab Xander der sehr blass aussehenden älteren Dame die Hand und er überlegte was sie wohl so krank aussehen ließ, da durchzuckte ihn auch schon der bekannte Schmerz im Kopf.
 

Die Umgebung veränderte sich schlagartig ohne Vorwarnung. Xander schien förmlich in ihren Kopf einzutauchen und er war ein winziges Teilchen in einem sich rasend schnell bewegenden Universum. Es pulsierte um ihn herum und er hatte das Gefühl gegen weiche Wände zu stoßen, wieder abzuprallen und weiter zu fließen … doch dann stockte es urplötzlich, es wurde eng und warm. Das Pulsieren nahm zu und vor ihm türmte sich eine Masse auf, fast wie eine Mauer, eine Staumauer sozusagen, denn sie brachte alles um ihn herum zum stehen …
 

„Xander?“ Eves Hand legte sich auf seinen Unterarm und er war wieder in ihrem Wohnzimmer, die kalten Finger von Eves Mutter immer noch in seinen Händen.
 

Langsam, wie in Zeitlupe, wendete er nun den Kopf zu seiner Chefin und sah sie mit seinen Augen durchdringend an. „Holen Sie einen Krankenwagen, aber schnell.“ Befahl er ihr mit einer Stimme die keinen Widerspruch duldete…
 

Eves Mutter war es in den letzten Minuten immer schlechter gegangen und nervös warteten sie auf den Krankenwagen, der nach unendlich langen zehn Minuten endlich auftauchte. Und nachdem Xander die Kranke zusammen mit Eve in den Wagen begeleitet hatte, machte er sich auf den Heimweg.
 

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Xander’s und Andrew’s Wohung

Später am Abend

Nachdenklich ging Xander die kurze Wegstrecke von seinem Parkplatz hinüber bis zu dem Apartmentkomplex in dem er wohnte und starrte auf die wenigen Menschen die ihm begegneten.

Eine alte Dame, die ihm öfter mit ihrem Dackel begegnete grüßte freundlich und als der Hund an seinem Hosenbein schnupperte, sah er in der für ihn inzwischen bekannten Art und Weise wie das kleine Tier über die Straße lief und ein Lastwagen nicht mehr rechtzeitig bremsen konnte.
 

„Leinen Sie ihn heute besser an.“ Riet er ihr freundlich und noch bevor die Seniorin etwas sagen konnte war er schon weitergegangen. Nur wenige Meter weiter zog ihn urplötzlich ein Arm in einen der schmalen Gassen zwischen den Gebäuden
 

„Clem?“ Erstaunt zog er eine Augenbraue in die Höhe. „Was machst du hier? Warum wartest du nicht Daheim, ich …“ Das breite Grinsen des nicht grade ansehnlichen Dämons verzog sich weiter bis zu einer hässlichen Grimasse, während sich sein kahler Schädel hin und her bewegte. „Mein Gedächtnis ist wieder komplett““ Strahlte er breit und klopfte sich demonstrativ an den Kopf, bis die Ohren wackelten.
 

„Das freut mich für dich, aber du kannst gerne noch länger bleiben…“ Wieder ließ ihn das Wesen nicht aussprechen, denn nun neigte es sich dem jungen Mann verschwörerisch entgegen.
 

„Oh nein, das geht nicht. Ich weiß jetzt wieder wo ich hingehöre und ich denke wir werden uns so bald nicht wieder sehen mein Freund.“ Seine Worte klangen ein wenig traurig und doch überwog wohl die Freude in ihm sich wieder an alles erinnern zu können.
 

„Wir müssen gehen,“ flüsterte Clem, als wenn es ein strenges Geheimnis wäre, das er seinem Freund verriet und jetzt erst erkannte Xander das hinter dem Dämon noch eine andere Person im Schatten des Hauses wartete.
 

Sie trat aus dem Dunkel heraus ins Licht der Straßenbeleuchtung und Xander riss seine Augen weit auf als er das Lächeln eines weiteren Dämons sah. Im Prinzip sah er aus wie Clem, ein wenig kleiner, der Schädel nicht ganz so kahl, dafür mit bürstenähnlichen Borsten versetzt und mit ein wenig Phantasie konnte er sie als weibliches Gegenstück zu Clem einordnen, was nicht zuletzt an dem auffallend grellgelb geblümten Kleid lag, was sie trug.
 

„Danke sööön…“ lispelte sie und griff nach Clems Hand, dessen unverhohlenes Grinsen verriet, dass es sich wohl um seine Freundin handeln musste. Sie schniefte leise und Xander fragte sich ernsthaft ob es Rührung oder Schnupfen war, aber da griff auch schon das männliche der beiden Wesen seine Hand und verabschiedete sich dankend mit einem festen Händedruck, der ihm beinahe sämtliche Mittelhandknochen zum bersten brachte.
 

Sie winkten ihm noch einmal zu bevor sie um die Ecke bogen, aber Xander sah es schon nicht mehr, denn in seinem Kopf hatte sich das Bild von vielen kleinen, krabbelnden, faltigen Dämonen breit gemacht, die Clem erschreckend ähnlich sahen
 

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Irgendwo in Cleveland

selbe Nacht

Der Dämon hechtete um eine Ecke dicht gefolgt von den beiden Jägerinnen. Im rennen stieß er eine Mülltonne zu Seite, die mit einem lauten Scheppern ihren Inhalt auf der Straße vergoss. Ohne lange zu zögern nahmen die beiden jungen Frauen das Hindernis und blieben dem Dämonen dicht auf den Fersen. Noch einmal sollte er ihnen nicht entwischen.
 

Immer, wenn es so aussah, als ob sie ihn gerade gestellt hätten fand er einen Ausweg, oder eine Möglichkeit sie einige Momente aufzuhalten - es war frustrierend. Vermutlich kannte er sich in dieser Gegend gut aus, denn wie hätte er sonst die ganzen Schlupflöcher, die mit normalen Augen nicht einmal offensichtlich waren, mit geschlossenen Augen finden sollen?
 

Buffy beschlich immer mehr das Gefühl, dass mit diesem Dämon etwas nicht stimmte, sein komisches Verhalten, sie erst zu beobachten und dann wegzurennen erschien ihr sehr eigenartig; vermutlich arbeitete er entweder für jemanden, oder hatte warum auch immer ein eigenes Interesse daran sie zu beschatten, aber nicht in einen Kampf zu geraten.
 

Sie folgten ihm um die Ecke... plötzlich blieb er stehen und drehte sich zu ihnen um. Er war in eine Sackgasse gelaufen. "Sieht so aus als könnte er einem Kampf nicht mehr entkommen!", stellte Kennedy fest, nicht ohne einen schadenfrohen Unterton, und zog ihr Schwert.
 

"Ich denke das können wir tatsächlich nicht," Buffy hörte zum ersten Mal die dunkle, selbstsichere Stimme des Dämonen, durch die Nacht hallen.
 

"Wir könnten natürlich einfach nur versuchen zu red...", schlug Buffy vor, doch der Dämon setzte schon zum Angriff an, "Ok, dann halt keine Diplomatie!"
 

Mit einem kurzen Satz war er bei den beiden jungen Frauen, doch Buffy wich dem ersten schwerfälligen Hieb, der ihr galt geschickt aus, nur um zum eigenen Schlag anzusetzen: "Ich glaube, du solltest lieber nur gegen Gegner deiner Gewichtsklasse antreten!"
 

"Deine Sprüche waren auch schon einmal origineller - und witziger.", spornte Kennedy Buffy an, während sie ihr leichtes, einhändiges Schwert gegen den Gegner führte. Doch der Stahl prallte mit einem dumpfen Ton von der Haut des Hünen ab, als wäre sie aus Stein oder sogar Beton. Der F´rilar würdigte das erstaunte Gesicht der jungen Jägerin mit einem verächtlichen Lächeln, packte ihr Schwert an der scharfen Klinge und schleuderte sie mitsamt ihrer Waffe durch die Luft gegen das untere Ende einer Feuerleiter, die bei dem Aufprall verdächtig knarrte, als ob sie im nächsten Moment über der am Boden liegenden Jägerin zusammenbrechen würde.
 

"Ok, harte Geschosse!", stellte Buffy fest, während ihre Mitstreiterin sich langsam wieder aufrichtete. Ihre Axt würde nicht viel ausrichten können, sie würde sich etwas anderes... In einem kurzen unaufmerksamen Augenblick gelang es dem Dämon einen Schlag gegen ihre Schulter zu führen, Buffy konnte gerade noch reagieren - sie riss ihre Streitaxt in die Höhe, der Stiel zersplitterte. Er holte zu einem erneuten Schlag aus, doch dieses mal war Buffy vorbereitet, es gelang ihr auszuweichen und seinen Arm zu greifen.
 

Doch auch von dem Versuch ihn über ihre Schulter auf den Boden zu werfen zeigte sich der Dämon nicht wirklich beeindruckt, mit seiner immensen Kraft hob er Buffy hoch und drückte sie gegen die Wand: "Was tust du jetzt, Jägerin? Was tust du jetzt?"
 

AKT 4
 

Sackgasse.

Eine Sekunde später.

"Dich auf den Boden drängen und ausquetschen, bis ich alles weiß, was ich wissen muss!", sie lächelte, ein gezielter Tritt zwischen seine Beine brachte den gewünschten Erfolg, obwohl seine Anatomie offensichtlich etwas anders angelegt war, war er für einen kurzen Moment abgelenkt, den Buffy schamlos ausnutzte, um sich aus seinem Griff zu befreien.
 

Im selben Augenblick kam Kennedy von hinten und versuchte ihr Schwert in seine Ferse zu rammen, doch auch dort glitt es einfach zur Seite ab, als wäre es vollkommen stumpf. Der F´rilar reagierte sofort, allerdings war sein Fuß erneut nicht schnell genug um sie zu erwischen.
 

"Verdammt, er muss doch einen Schwachpunkt haben.", stöhnte Kennedy, "Das hat doch schon einmal irgendwo geklappt!"
 

"Ja, aber sieht er etwa aus wie Brad Pitt?", Buffy zog die Reste des Stumpfes aus dem Kopfteil der Axt heraus, "Wir müssen etwas anderes..." Sie wich seiner mächtigen Pranke erneut aus, wurde aber noch gestreift, und zur Seite geschmissen, in diesem Moment waren sie auf Augenhöhe. Es machte Klick in ihrem Kopf, wohl ihr Jägerineninstinkt, und von einer Sekunde auf die andere wusste sie, wo seine Schwachstelle lag.
 

Mit einer schnellen Handbewegung schleuderte sie den Kopf der Streitaxt genau auf die Augen des Gegners zu, er wich unbeholfen aus, stolperte über einen am Boden liegenden Ziegle und strauchelte. In diesem Moment war Kennedy zur Stelle: Sie warf sich mit all ihrer Macht gegen die Schulter des Hünen, der sich nun nicht mehr halten konnte und zu Boden ging. Sofort setzte Buffy ihren Fuss an seine Kehle: "Was willst du von uns?"
 

Der F´rilar hustete: "Erst nehmt ihr mir meine Augen, und dann wollt ihr noch wissen, was ich von euch will?"
 

Die Lider sprangen auf und gaben den Blick auf die leeren Augenhöhlen frei. Buffy lockerte ihren Fuss auf seinem Hals: "Nicht wirklich? Hätte wir uns fast denken können, irgendwie ist es immer so oder ähnlich.", sie überlegte einen Moment, "Also ist Xanders neues Auge von dir?"
 

"Heißt das, dass ihr es nicht wusstet?", der Hüne klang freundlich, fast bereuend, sie nahm ihren Fuß weg und er richtete sich wieder zu voller Größe auf.
 

"Wir wussten schon von dem Auge, aber wir hatten keine Ahnung, woher es genau stammte...", erklärte sie, was hatte Xander sich nur gedacht? Hatte er gewusst, woher das Auge stammte? So oder so es war absolut unentschuldbar, sie würde ihn sich vorknöpfen müssen. Verdammt, nach all den Jahren sollte er es wirklich besser wissen, warum musste er sie so enttäuschen? Je mehr sie darüber nachdachte, desto wütender wurde sie, und dabei hatte sie ihn immer für den Verantwortungsbewusstesten der Gang gehalten.
 

"Er hat sie von diesem Dämonenhändler, ich glaube Larr war sein Name, gekriegt.", ergänzte Kennedy, die etwas unbeteiligt an der Seite stand.
 

"Larr?", die Fäuste des Dämonen ballten sich, "Er hatte mir versichert, dass ihr dahinter stecken würdet! Wenn ich diesen Schwindler in die Finger kriege."
 

"Was hältst du davon wenn du und Kennedy schon einmal zu dem Dämonenladen geht, ich hole Xander und komme dann nach.", sie wollte ihren Freund nicht direkt dem Dämonen aussetzen, denn sie konnte nicht einschätzen wie er reagieren würde, "Außerdem sollten wir Giles..."
 

Ein lautes Handyklingeln unterbrach sie. Kennedy und Buffy griffen automatisch nach ihren Handys, doch es war das von Buffy: "Ja? Sie sind es Giles?"
 

Ihr Wächter an der anderen Leitung klang aufgeregt: "Buffy, Lily hat den Dämonen gefunden, es ist ein F´rilar, eine Art dämonischer Hellseher, Lily vermutet das Xander seine Augen... Buffy?"
 

"Ja, so weit sind wir auch schon, am besten, wir treffen uns vor Larr´s Laden in einer halben Stunde, ich hole eben Xander ab.", die Betonung des Namens machte eindeutig klar, wie sie über sein Handeln dachte.

"Ja, wir werden...", begann Giles, doch Buffy unterbrach ihn: "Gut, wir haben nicht viel Zeit, er sollte diese Dinger möglichst schnell wieder los werden!", sie gab noch schnell die Adresse durch, welche ihr der Dämon zuflüsterte und legte auf bevor er noch etwas anderes sagen konnte.
 

"Giles reagiert wohl immer auf Stichwort was? Praktisch.", merkte Kennedy noch an, bevor sie sich auf ihren Weg machte.
 

++++
 

Xander’s und Andrews Wohnung,

selbe Zeit

Leise vor sich hinsummend, schloss Andrew die Wohnungstür auf. Zwar wäre er am liebsten die ganze Nacht auf der Con geblieben, und hätte sich die neuen Enterprise Folgen auf Großleinwand angesehen, doch da er morgen Vormittag arbeiten musste, hatte er schweren Herzens entschieden, dass nach dem Pannel mit Robert Picardo Schluss sein würde.
 

Auf Zehenspitzen schlich er durch den Flur. Er war sich fast sicher, dass Xander um diese Zeit noch wach war, und er wollte nur rasch den Kleidersack mit seiner TNG Uniform irgendwo verstauen, bevor sein Mitbewohner sich darüber wundern konnte. Eigentlich total bescheuert, diese Heimlichtuerei, und wieder einmal fragte er sich, ob das alles nicht auch anders gegangen wäre...
 

Das Wohnzimmer war dunkel, auch kein Fernsehton war zu hören. Sollte Xander etwa schon schlafen gegangen sein? Und wo war Clem? Hatte Mo ihm weiterhelfen können?
 

Als er das Licht anschaltete, zuckte er zusammen. Auf der Couch hockte Xander, und starrte missmutig vor sich hin. Von ihrem dämonischen Gast war weit und breit keine Spur zu sehen.
 

“Warum sitzt du hier im Dunklen?“ wunderte sich Andrew. “Und wo ist Clem?“
 

“Hat’s Spaß gemacht, ja?“ fragte Xander mit seltsam tonloser Stimme zurück. “Hast du Nichelle Nichols nach den Tribbles gefragt?“
 

“Ja...ich meine, was...woher weißt du...“stotterte Andrew hilflos. Hatte Clem die Karten gesehen, und Xander davon erzählt? Oder hatte Xander aus irgendeinem Grund im Laden angerufen, und von Scott erfahren, dass er ab Nachmittag auf der Con war?
 

“Bist du jetzt sauer?“ fragte Andrew ängstlich.
 

Xander stieß hörbar die Luft aus. “Ja, ein bisschen schon,“ gab er zu. “Ich komm‘ mir irgendwie hintergangen vor. Du warst es schließlich, der mir abgesagt hat, nachdem du mich monatelang zugetextet hast, dass du unbedingt hin willst. Und jetzt das!“
 

“Ehrlich, ich hatte gar nicht geplant, hinzugehen, ich muss ja dieses Wochenende arbeiten,“ verteidigte sich Andrew. “Ich hab‘ die Karte geschenkt bekommen, und ich dachte...uhm, wenn ich’s dir sage, dann bist du vielleicht sauer, dass ich mit jemand anderem hingehe, und nicht mir dir...“
 

“Wirklich tolle Ausrede, Andrew!“ Xander stand auf, und begann im Zimmer auf und ab zu gehen. “Du willst mir erzählen, jemand schenkt dir einfach mal so eine Conkarte für hundert Dollar, und alles war ganz spontan. Und du hast dir natürlich auch ganz spontan ein Kostüm gekauft...“
 

“Das hab‘ ich schon seit vier Monaten,“ unterbrach Andrew. “Und wenn du mir nicht glaubst, wegen der Karte, kann ich da auch nichts machen. Ich versteh‘ nur nicht, warum das alles so ein Problem für dich ist. Sind wir doch mal ehrlich, dir war die ganze Con Sache doch nicht so wichtig. Du wolltest nur mir zuliebe hin, und immer kam was dazwischen...“
 

“Ich hab‘ Verpflichtungen!“ ereiferte sich Xander. “Und ich bin kein Kind mehr, in meinem Leben ist so viel passiert, dass ich...“
 

“Du musst dich nicht rechtfertigen,“ unterbrach Andrew, “ich mach‘ dir doch keinen Vorwurf. Ist auch ganz egal, wer von uns was durchgemacht hat, der Weltuntergang hat uns noch nie davon abgehalten, ein normales Leben zu führen. Sunnydale Mentalität, stimmt’s?“ Er lächelte gequält, ein Lächeln das Xander einen Moment später erwiderte.
 

Ohne Übergang wurde Andrew wieder ernst. “Es tut mir echt leid, dass ich dich angeschwindelt hab‘. Ehrlich. Ich wär‘ gern mit dir auf meine erste Con gegangen. Aber ich hab‘ gewartet und gewartet, und irgendwann war‘s mir einfach zuviel.“
 

Xander nickte langsam. “Gut, da kann man nichts machen. Ich versteh‘ dich ja, ich an deiner Stelle hätt‘ wahrscheinlich schon früher die Geduld verloren.“
 

Er grinste seinen Freund an. “In Zukunft setz‘ mir einfach ein Ultimatum, okay?“
 

Dieser grinste zurück “Klar, wir setzen einen schriftlichen Vertrag... was ist?“
 

Xander hatte sich auf die Couch fallen lassen, war wieder hochgesprungen, und hatte einen Schmerzenslaut ausgestoßen. Jetzt wandte er sich um, und zog etwas aus der Polsterritze hervor. “Andrew, manchmal sind deine Spielzeuge echt lebensgefährlich!“
 

“Hast du dir wehgetan?“ Besorgt ging Andrew auf Xander zu, als dieser ein weiteres Mal aufstöhnte, und sich an den Kopf fasste. “Was ist los, geht’s dir nicht gut? Soll ich Buffy, oder Giles Bescheid geben?“
 

Xander taumelte, er wich vor Andrew zurück, als sei dieser etwas Bedrohliches. Pures Entsetzen lag in seinem Blick, Entsetzen, welches sich langsam aber sicher in Ekel verwandelte. “Das kann nicht wahr sein,“ murmelte er ungläubig, “das kann einfach nicht...“
 

“Was?“ fragte Andrew erschrocken. Er trat einen weiteren Schritt auf den anderen zu, und wollte seine Hand auf dessen Schulter legen, doch als er Xander’s Gesichtsausdruck sah, erstarrte er mitten in der Bewegung, und wandte sich ab. Sein Blick fiel stattdessen auf den winzigen Gegenstand, der aus Xander’s Hand gefallen war, es war die zerbrochene Handschelle aus dem Polizisten Set, die er zusammen mit dem Abzeichen zwischen die Polster gestopft hatte..
 

“Xander... ich...“ Hilflos hob Andrew die Hände. Er hatte keine Ahnung, was Xander auf einmal wusste, oder zu wissen glaubte, und wie das alles zusammenhing. “Was hab‘ ich gemacht?“ fragte er schließlich kleinlaut.
 

“Was du gemacht hast?“ schrie Xander. Er stockte, suchte nach Worten, die ausreichten, um Andrew’s Verbrechen zu beschreiben. “Du hast uns die ganze Zeit hintergangen, du verdammter..."
 

Er deutete mit dem Finger auf Andrew. “Du miese kleine Ratte! Alle haben wir an dich geglaubt, haben uns um dich gekümmert. Deine ganzen blöden Sprüche haben wir dir abgekauft. ‘Ich bin jetzt einer von den Guten. Ich bekämpfe die Mächte der Finsternis!‘ äffte er Andrew’s Stimme nach. “Die ganze Zeit hast du uns was vorgemacht, und wir waren zu blind, es zu erkennen!“ Er schlug mit der Faust auf das Couchtischchen, dass es beinahe umfiel.
 

“Aber das ist doch überhaupt nicht wahr,“ versuchte Andrew sich zu verteidigen.
 

“Nicht wahr?“ schrie Xander. “Dann stimmt es also nicht, dass du hinter unserem Rücken gemeinsame Sache mit diesem... diesem psychopathischen Frauenmörder machst? Und das hier, in unserer Wohnung?“
 

“Es ist nicht so, wie du denkst....“ begann Andrew, doch Xander unterbrach ihn. “Überleg‘ dir deine Antwort gut, Andrew, ich hab‘ heute schon genug Lügengeschichten von dir gehört!“
 

Eingeschüchtert schwieg der blonde Junge für einen Moment. Er konnte sich nicht erinnern Xander jemals so außer Fassung erlebt zu haben. Doch was ihn viel mehr traf als Xander’s Wut war die Tatsache, dass dieser glaubte, er wolle Buffy und den anderen schaden. Wieso traute Xander ihm so was zu? Natürlich, sie waren nach Vi’s Tod wohl alle etwas paranoid, aber wie konnte Xander das nur von ihm denken? Wegen einer blöden Schwindelei um eine Star Trek Con?
 

“Okay, okay, es stimmt, dass wir uns treffen,“ versuchte er zu erklären. “Ich wollte es dir auch sagen, aber ich hab‘ mich immer davor gedrückt, weil ich genau wusste, dass es dir nicht gefällt.“ Bei den letzten Worten lachte Xander höhnisch auf, doch Andrew ließ sich dadurch nicht durcheinander bringen. “Aber du verstehst das alles vollkommen falsch. Ich würde niemals was tun, das dir und den anderen schaden könnte. Meine Pseudo-Bösewichts-Ära ist endgültig vorbei, das musst du mir glauben!“
 

“Das fällt mir schwer,“ entgegnete Xander kalt. “Hm...vielleicht liegt das daran, dass du wie ein kleiner Hund dem Kerl hinterher läufst, der eine meiner besten Freundinnen umgebracht hat?“
 

“So ist das aber nicht,“ protestierte Andrew, und er merkte, wie seine Stimme lauter wurde. “Mensch, Xander, was hast du erwartet? Dass ich mich jetzt für was Besseres halte? Ich bin ein Scooby und steh‘ über dem Rest der Welt? Und meinen Freund soll ich einfach so im Stich lassen, wenn er mich braucht? Das ist ganz bestimmt nicht das, was ich im letzten Jahr über Freundschaft gelernt habe!“
 

“Freundschaft?“ schrie Xander zurück. “Das ist eine unreife, kindische Abhängigkeit, nichts weiter! Du klammerst dich an jemanden der stärker ist, als du, weil du nicht auf eigenen Beinen stehen kannst! Weil du keine Verantwortung übernehmen kannst! Du brauchst jemanden, den du anbeten kannst, wie einen deiner Fernsehhelden! Verdammt noch mal, Andrew ich hab‘ so gehofft, dass du dich endlich mal weiterentwickelst. Dass du endlich mal erwachsen wirst, und aufhörst, dich in irgendwelche Phantasiewelten zu flüchten...“
 

“Wie kommst es, dass du manchmal so vieles siehst, und dann wieder überhaupt keine Ahnung hast?“ fragte Andrew verzweifelt. Mittlerweile war er den Tränen nahe. “Ich lebe in der Realität. Ich bin real, Warren ist real. Und dass wir zusammen sind, unsere Filme gucken und auf Cons gehen... das ist einfach unser Leben, und es hat nichts mit Unreife, oder Abhängigkeit zu tun.“
 

Seine Stimme wurde fester, und selbstbewusster, als er weiter sprach: “Ich. Bin. So. Ich bin ein Geek, ein Nerd, ein Gamer, ein Otaku, ein durchgeknallter Filmfreak! Und ich werd‘ nicht, wie Pinocchio eines Morgens aufwachen, und ein normaler Junge sein.
 

Du kannst mich nicht umkrempeln, begreif‘ das endlich! Mir ist klar, dass ich dir wahnsinnig viel zu verdanken hab‘, ohne dich hätt‘ ich vielleicht nie gelernt, auf eigenen Beinen zu stehen. Aber ich bin kein Stück Holz, das sich jeder einfach zurecht zimmern kann! Auch du nicht! Diese Zeiten sind endgültig vorbei!“
 

Er trat einen Schritt auf Xander zu, und blickte ihm fest in die Augen. “Kannst du mich nicht einfach so akzeptieren wie ich nun mal bin?“
 

Lange Zeit erwiderte Xander seinen Blick. Dann schüttelte er langsam den Kopf. “Nein. Alles, was ich sehe ist, dass du den Mord an Tara einfach vergessen willst, damit du nur deinen Freund wieder hast.“
 

Erst als er Andrew’s verletzten Gesichtsausdruck sah, wurde ihm bewusst, dass er diesen Satz nicht zum ersten Mal gesagt hatte, aber genau wie damals bereute er ihn nicht. Er hatte schon zu viele seiner Freunde begraben. Es gab so viele gute Menschen, die sterben mussten, und so ein Abschaum, wie Warren bekam eine zweite Chance, damit er mit Andrew seinen Star Trek Leidenschaften frönen konnte.
 

Nein, es war zuviel. Es war einfach zuviel, und er konnte es nicht akzeptieren, niemals. Es war zuviel verlangt.
 

“Auch ich hab’ Dinge getan, die ich später bereut habe...“ setzte Andrew an, doch Xander’s eisiger Blick brachte ihn zum Schweigen. Ihm war klar, dass es keinen Sinn hatte, jetzt mit Erklärungen zu kommen, das Beste wäre wohl gewesen, einfach zu gehen, und den anderen seinen Gedanken zu überlassen.
 

Aber das konnte Andrew nicht, Xander’s Worte taten zu weh, und er war zu wütend. Es war ihm unbegreiflich, wie Xander dermaßen selbstgerecht sein konnte. Willow und Faith hatte er alles vergeben, was sie früher getan hatten, und die Menschen, die sie getötet hatten, bereiteten ihm keine schlaflosen Nächte. Aber von ihm, Andrew, verlangte er, dass er sich von seinem Freund lossagte, und ihm nicht verzieh.
 

Und dazu hatte Xander verdammt noch mal kein Recht! Er am allerwenigsten. “Du musst grad‘ die Klappe aufreißen,“ schrie Andrew. “Wer von uns beiden wollte denn eine Mörderin heiraten? Hat‘s dich jemals gekümmert, wie viele Menschen sie in tausend Jahren gefoltert, und getötet hat!“
 

“Sei still!“ Xander war kalkweiß im Gesicht geworden, und sein ruhiger Tonfall wirkte bedrohlicher, als jeder Wutausbruch. “Du hast kein Recht, so über sie zu sprechen. Sie hat ihr Leben geopfert, um dich wertloses kleines Miststück zu retten, und ich wollte bei Gott, sie hätte es nicht getan! Ja, ich wollte dieses verdammte Schwert hätte dich in Stücke gehauen, und sie wäre jetzt hier bei mir!“
 

Obwohl es totenstill war, hatte Xander das Gefühl, ein Klirren zu hören. Wie das Klirren vieler vieler rostiger Nägel... und er hatte den Kampf gegen sie verloren. Nach Monaten, und Monaten hatte er den Kampf verloren, und den Gedanken ausgesprochen, der im tiefsten Inneren seiner Seele brannte, und ihm keinen Frieden ließ.
 

Andrew sagte nichts mehr, er stand einfach nur da, und blickte ihn an. Eine Weile war es ihm, als suche der Junge nach einer Antwort in seinem Blick, einem Erschrecken, einer Entschuldigung, irgendetwas, um ihm zu sagen, dass diese Worte nur im Zorn gesprochen wurden, und nicht so gemeint waren.
 

Aber da war nichts. Nach einer Zeit, die ihm wie eine Ewigkeit erschien, drehte Andrew sich um, und ging langsam aus dem Zimmer.
 

++++
 

Selber Ort,

ein paar Minuten später

Zunächst nahm Xander das durchdringende Klingeln des Telefons gar nicht wahr, denn immer noch klebten seine Gedanken förmlich an dem was eben geschehen war und so war es mehr Reflex, als alles andere, dass er den Hörer überhaupt abnahm.
 

„Xander, oh Gott sei Dank das ich Sie erreiche. Ich weiß gar nicht wie ich Ihnen danken soll? Die Ärzte meinten, das Gerinnsel in ihrem Kopf hätte sie das Leben gekostet, wenn sie nicht rechtzeitig ins Krankenhaus gekommen wäre. Das war Rettung in letzter Minute, aber es geht ihr sicher bald besser…“ Die Stimme Eves drang zwar an seinen Verstand, aber es kam in ihm keine richtige Freude auf.
 

„Das ist schön.“ Hörte er sich selber sagen, aber es war beinahe so als wenn ein innerer Roboter das Sprechen übernommen hätte, der Rest war noch aufgewühlt und verstört. Schweigend hörte er noch einige Sekunden zu und legte dann auf.
 

Hatte er sich überhaupt verabschiedet am Telefon? Es war egal…
 

Müde schlich er ins Bad und betrachtete nachdenklich das Gesicht im Spiegel. Es war schon lange nicht mehr das Gesicht des Schuljungen aus der Sunnydale High. Des Jungen der sich fragte was das Leben ihm bieten würde, dem Geld, Erfolg und Frauen das wichtigste im Leben waren, gleich nach dem einfachen Überleben am Höllenschlund.
 

Der junge Mann, der mitansehen musste wie seine Freunde um ihn herum starben oder Fähigkeiten erhielten von denen man nur Träumen konnte, der sich nichts sehnlicher wünschte als auch ein Teil der Helden des mörderischen Alltags zu sein.

Endlich hatte er eine Gabe die ihn ebenbürtig machte...
 

… Warum fühlte es sich so falsch an?
 

Vorsichtig berührte er das kalte Glas des Spiegels und seine Umgebung veränderte sich wieder.

Er sah sich selbst. Älter, bedeutend, erfolgreich. Die Menschen pilgerten regelrecht zu ihm hin. Ihm, dem strahlenden Helden. Dem Seher. Derjenige, der den Menschen Hoffnung brachte und doch … Er war allein. Das wohlige Gefühl der Anerkennung schlug um in Einsamkeit.
 

Seine Freunde?
 

Ja, er hatte ‚Freunde’, Personen die alle von seinem Erfolg zehren wollten. Die ihm sagten was er hören wollte, aber nicht ehrlich waren. Alle hatten sich von ihm abgewandt die ihm einst soviel bedeutet hatten und das Schrecklichste war: Es war ihm Gleichgültig geworden.
 

Alexander Lavelle Harris sonnte sich in seinem Heldentum. Schon lange ging es ihm nicht mehr um das reine Helfen. Er liebte es vergöttert zu werden und seine wahren Freunde waren auf der Strecke geblieben. Sie hatten Angst vor ihm bekommen. Vor ihm, der alles ‚sehen’ konnte was sie dachten, fühlten und erlebten. Jedes kleine Flunkern, auch wenn es noch so gut gemeint gewesen war, wurde schonungslos entlarvt.
 

Xander war kein Freund mehr, er war ein Monster…
 

Erschrocken fuhr seine Hand zurück und da war wieder das graue Gesicht im Spiegel mit den beiden gesunden Augen, die soviel sahen … War das Auge den Preis wirklich wert? Immer noch hallte in ihm das Gefühl nach, das ihm seine Vision von der Zukunft verschafft hatte.

Da war alles wovon er immer geträumt hatte und doch… Nachdenklich berührte er sein Gesicht und seine Finger fuhren hinauf zu dem besonderen Auge. Seine Handfläche legte sich darüber und der einäugige Xander im Spiegel fing an zu lächeln….
 

++++
 

Vor der Wohnung,

etwas später...

Die Ziffer 4 schien ein wenig lose zu sein, denn sie zitterte heftig unter den wütenden Klopfen Buffys, die sich sofort aufgemacht hatte um mit Xander zu reden.
 

Was hatte er sich bloß dabei gedacht?
 

Grade wo es schien, dass sie sich wieder näher gekommen waren in letzter Zeit und jetzt das?

Er musste die verdammten Augen zurückgeben und wenn sie es ihm persönlich aus dem Schädel holen musste …
 

"Mach endlich auf!" flehte sie laut und drückte ihr Ohr an das Türblatt. Er musste einfach da sein, denn sie konnte leise Geräusche hören.
 

Immer noch kam keine Reaktion und so hämmerte sie noch einmal energisch gegen die Tür des Apartments Nr. 42, bis sie beinahe aus der Zarge zu springen drohte.
 

Grade als sie überlegte sich gegen das Holz zu werfen öffnete ihr Andrew, blass, die Haare wirr im Gesicht verteilt, in seiner Hand ein paar Socken, verschiedenster Farbgattungen und in seinen Ohren steckten noch die kleinen Knöpfe seines Discman aus dem kreischende Musik zu hören war.
 

Hektisch schob sie ihn einfach beiseite und sah sich im Wohnzimmer um, wo ein aufgeklappter Koffer auf dem Boden lag, in dem sich schon ungeordnet Wäschestücke und einige Magazine, dazu ganze Raumflotten verschiedenster Größen tummelten. Die Schranktüren waren aufgerissen und überall lagen Sachen verteilt, doch hatte Buffy momentan andere Sorgen als sich zu fragen was das sollte.
 

„Wo ist er?“ Fuhr sie Andrew zornig an, doch der zuckte nur mit den Schultern und zeigte auf einen Zettel auf dem Wohnzimmertisch um dann weiter wahllos Wäsche in den Koffer zu werfen.
 

Hastig griff sie nach dem Papier und überflog die wenigen handgeschriebenen Zeilen, bis sich ein leises Lächeln auf ihre Lippen stahl.
 

'Ich bringe die Augen zurück.'
 

Er hatte es verstanden. Erleichtert seufzte Buffy auf und sah sich noch einmal fragend um, doch dann entschied sie sich doch nicht nachzuhaken. Andrew sah nicht nach Konversation aus, außerdem musste sie los…
 

++++
 

Larr’s Laden,

etwas später

Xander betätigte die Klingel an der Theke, anders als beim ersten Mal, als er hier gewesen war stand die Tür weit offen. Nach einigen Minuten kam Larr, er sah ziemlich fertig aus: "Du schon wieder, was willst du hier?"
 

"Ich will die Augen zurückbringen, ich hätte sie nie annehmen sollen, dass hab ich nun begriffen; wie auch immer,", er stellte den Kasten in dem sich noch eins der Augen befand auf den Tisch, "könnten sie mir bitte das eine, was ich eingesetzt habe wieder rausnehmen?"
 

"Bedaure, die Ware ist nicht mehr umtauschbar, könntest du nun bitte meinen Laden verlassen? Ich habe noch andere Kunden, und ich will keinen schlechten Eindruck machen!"
 

"Bitte,", flehte Xander ihn an, "Ich will ja nicht einmal das Geld."
 

"Nein, und jetzt verschwinde endlich.", plötzlich trat ein Funke Hoffnung in das Gesicht des rothäutigen Dämonen: "Du hast nicht zufällig noch das Gedächtnis deines Freundes bei dir, dann könnten wir verhandeln..."
 

Wenn er die Informationen über Malkuth beschaffte, würde Romero ihm helfen, und er hatte sehr viel Einfluss, das wusste Larr mit Sicherheit, auch wenn er keinen blassen Schimmer hatte worum es bei der Sache ging. Aber der Plan dem Jungen das Auge anzudrehen, um den F´rilar auf ihn zu hetzen, war von Anfang an eine Schnapsidee gewesen, wie hätte es auch gut gehen können.
 

"Nein, aber ich bin mir sicher, dass wir das auch irgendwie anders regeln können, bitte, es ist wirklich wichtig!"
 

"Gehst du jetzt oder muss ich dich...", begann Larr, als plötzlich die Tür aufgestoßen wurde, hinter der die Silhouette des F´rilar auftauchte. Mit großen Schritten stolzierte er in den Laden: "Wir haben glaube ich doch noch etwas zu klären!"
 

Larr´s rotes Gesicht wurde kreidebleich, seine Stimme war so hoch, dass man sie beinah nicht mehr verstand: "Bitte, das ist alles ein Missverständnis, du verstehst das alles falsch!"
 

Hinter dem Dämon tauchten Faith mit einer Armbrust sowie Giles, Lily, Willow, Kennedy und Buffy in der Tür auf, und allesamt war ein wütender Blick ins Gesicht geschrieben: "Ich glaube du bist derjenige, der hier etwas sehr, sehr falsch versteht!"
 

Er wurde noch bleicher, falls es überhaupt noch möglich war: "Bitte, nein! Gnade!"
 

"Du handelst mit Körperteilen von deinen Artgenossen?", richtete der Hüne abfällig.
 

"Bitte, ich wollte es ja nicht, aber es ist einfach unmöglich, sich als Dämon in meiner Branche zu halten, irgendwann musste ich spezielle Waren anbieten, um nicht unterzugehen; ich hatte keine andere Wahl!", er wimmerte, während seine Hand so unauffällig wie möglich unter den Tisch glitt.
 

"Und wir haben genauso wenig eine Wahl!", Faith zielte mit ihrer Armbrust, genau auf seinen Kopf, "Eine falsche Bewegung und du bist tot!"
 

Ich mache nichts, er hob seine Hände, doch in einer hielt er eine tief blaue Kugel: "Vis tempestatis, mihi adiutorium sunt!"
 

"Est. Mihi adiutorium est!", berichtigte Willow ihn, doch im selben Moment noch zuckte schon ein Blitz aus der Kugel, und traf den F´rilar, der einige Meter zurückgeworfen und von einem Stapel aus Kisten begraben wurde. Mehr aus einem Reflex heraus betätigte Faith den Abzug, doch der Pfeil wurde durch einen weiteren Blitz abgelenkt, Larr lächelte, doch seine Freude hielt nur kurz an.
 

Mit einem Satz waren Kennedy und Buffy bei ihm, während Kennedy mit ihrem Schwert die Blitzkugel zertrümmerte hob Buffy ihn hoch und schmiss ihn auf den Boden: "Das Spiel ist aus."
 

Der F´rilar warf die leeren Verpackungen die auf ihm lagen zur Seite: "Zeit zur Abrechnung!"
 

"Nein, bitte, haltet mir diese Bestie vom Leib, ich kann euch alles sagen, alles. Was wollt ihr wissen, Malkuth? Wollt ihr etwas über Malkuth wissen?"
 

Die anderen im Raum starrten ihn verständnislos an, nur auf Lilys Gesicht zeichnete sich eher angespanntes Interesse ab, sie war der ganzen Szenerie eher teilnahmslos gefolgt, doch nun schien sie beunruhigt, auch wenn sie sich bemühte, es nicht zu zeigen, das Gewicht des Schutz-Amuletts an ihrem Hals schien plötzlich stärker zu werden.
 

"Oh, ich habe aber etwas, was euch noch mehr interessieren dürfte: Einer aus eurem Team spielt nicht mit offenen Karten, er hintergeht euch, wenn ihr mir garantiert, dass mir nichts geschehen wird, werde ich euch verraten, wer es ist und alles andere was ich weiß. Bitte!", Larr´s Hand glitt in seine Tasche.
 

Es war Zeit zu handeln, so weit hätte Lily es eigentlich gar nicht kommen lassen dürfen: "Er hat noch eine Waffe, seine Hand!"
 

Sofort drückte Faith ab, der Pfeil bohrte sich in das Herz des rothäutigen Dämonen, er war sofort tot.
 

Alle schwiegen für einen Moment, keiner wollte das Wort ergreifen, auch wenn sie alle wussten, dass die Worte des Dämonen wohl nur Lügen gewesen waren, um Zeit zu gewinnen.

Xanders Blick verharrte auf Larr´s Leiche, doch scheinbar wollte das Auge ihm keine Bilder mehr zeigen, als ob er diese Fähigkeit schon aufgegeben hätte, mit der Entscheidung es wieder zu verlieren.
 

Hinter Xander baute sich ein großer Schatten auf und eine fast steinerne Faust legte sich auf seine Schulter unter der er fast zusammenzubrechen drohte. Der F’rilar hatte sich aus den Trümmern der Kisten befreit und war direkt zu dem jungen Mann gegangen, der gebannt auf den Toten starrte.
 

„Du hast etwas, was mir gehört.“ Dröhnte es in sein Ohr und er wußte augenblicklich dass es Zeit war von dem Auge Abschied zu nehmen. Wie in Zeitlupe drehte sich Xander zu dem augenlosen Dämon herum, der ihm, trotz der geschlossen Lider bis in sein Innerstes zu sehen schien. Vorsichtig zog er die Schachtel mit dem anderen Auge aus seiner Innentasche und streckte sie mit zitternden Händen dem F’rilar herüber.
 

Er traute sich kaum hinzusehen wie das Wesen sich sein Auge wieder einsetzte, doch es war im Prinzip genauso, wie er es mit seinem Glasauge immer getan hatte. Ein erleichtertes Stöhnen entrang sich dem F’rilar als er endlich das rechte Augenlid erhob und Xander durchdringend ansah.
 

„Wie konntest du überhaupt sehen ohne deine Augen?“ Es war Neugierde, aber auch der Versuch ein wenig Zeit schinden, denn Xander wusste, das er es gleich abgeben musste und damit jegliche Chance auf eine besondere Fähigkeit.
 

„Du solltest das doch wissen….“ Klang die dunkle Stimme an sein Ohr und Xander ließ es mit angehaltenem Atem zu, wie sich die groben Finger des F’rilar seinem Gesicht näherten.
 

Es dauerte nur Sekunden das Auge zu entfernen und es tat nicht einmal so weh wie er gedacht hatte, doch war es ihm als würde er einen Teil von sich abgeben müssen. Wie von einem Magneten angezogen rutschte es förmlich aus seiner Augenhöhle hinaus in die Hand des Dämons, der es sofort bei sich einsetzte. Ein Schauer überlief Xanders Rücken, die leere Augenhöhle brannte und hinter sich vernahm er Lilys ätzende Stimme, die etwas darüber philosophierte das man mit Dämonen keine gemeinsamen Sachen machen sollte.
 

„Du brauchst keine Augen um Bedeutend zu sein und vor allem auch nicht um ‚Dinge’ zu sehen“. Das zweite, ‚sein’ Auge steckte nun in dem Dämon der sich langsam umdrehte um zu gehen und noch einen letzten Blick auf den Toten warf, dessen Taschen grade von Giles untersucht wurden.
 

„Ich glaube das habe ich begriffen,“ flüsterte Xander leise dem sich entfernenden Dämon hinterher.
 

„Er hatte keine Waffe.“ Die Erkenntnis darüber schockierte den Wächter ein wenig, denn er hatte die Waffe in dessen Tasche gesucht stattdessen lag in seiner Hand nun ein Amulett, nachdem Larr wohl gegriffen hatte. Im hinteren Teil des Raumes griff Lily nach der Kette mit genau dem gleichen Anhänger um ihren Hals, nur dass er gut unter ihrem Pullover versteckt war und sie hatte das Gefühl er würde wie ein Mühlstein an ihr hängen. Um Haaresbreite war sie aufgeflogen und die Einsicht darüber jagte ihr einen Schauer über den Rücken, doch sofort riss sie sich wieder zusammen, ging zu Giles herüber und legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Wir durften kein Risiko eingehen.“ Meinte sie verständnisvoll und Erleichterung schwang in ihrer Stimme mit.
 

----
 

Xander war die Stufen aus dem Laden heraus nach oben geschlichen ohne sich weiter um das Geschehen zu kümmern. Aus seiner Tasche holte er den kleinen Behälter mit seinem Glasauge und einige Sekunden starrte er es gedankenverloren an, bevor er es herausholte und schnell einsetzte. Eine kleine Hand strich ihm um die Hüften und Buffy lehnte sich leicht an ihn.
 

„Hey,“ flüsterte sie und drückte ihn freundschaftlich. „Es war richtig sie wieder abzugeben.“
 

Xander nickte nur und genoss die tröstende Nähe seiner Freundin. Das Auge fühlte sich so kalt an, leer und die Welt sah wieder aus wie er sie kannte…
 

„Ich weiß, dass es dir nicht leicht fällt, Xander …“
 

„Nein, du weißt es nicht.“ unterbrach er sie und lehnte sich gegen die Hauswand. „Ich konnte endlich etwas Besonderes. Dinge sehen die Menschen halfen, aber auch … na ja …“ Er wurde leicht rot als er in die fragenden grünen Augen der Jägerin sah. „… auch Sachen die ich besser nicht sehen sollte… Geheimnisse die ihr vor mir habt und…“ Der fragende Blick ließ ihn seine Rede abbrechen und er starrte nun gebannt auf seine Schuhspitzen. „Du hast Recht, dieses magische Auge hätte mich früher oder später immer mehr von euch entfremdet. Aber eins musst du wissen. Ich mache dich nicht dafür verantwortlich dass mir mein Auge genommen wurde, das habe ich nie getan. Ich weiß, dass du mich deshalb lange verhätschelt hast, aber das muss aufhören Buffy. Du trägst daran keine Schuld. Mir war immer bewusst das das Leben ein einziges Risiko ist, aber zu sehen wie ihr Tag für Tag die Helden spielt und immer stärker werdet während ich die Fenster repariert oder den Chauffeur gespielt habe … Ich hab meine Chance gesehen, wichtig zu sein, das verstehst du doch, oder? Aber ich habe endlich eingesehen, dass das auch wichtig sein kann. Unsere Freundschaft ist wichtiger als Hokuspokus und Superkräfte, das hätte ich um ein Haar vergessen.“
 

Buffys Augen füllten sich mit Tränen und ihre Arme verschränkten sich um seinen Nacken. „Hast du das alles mit dem magischen Auge erkannt?“ fragte sie leise während sie Xander einfach nur festhielt.
 

„Nein, dafür brauche ich nicht einmal mein gesundes Auge,“ lächelte er zurück.
 

++++
 

Schulbus in Giles Garten,

ein wenig später

Faith lag in ihrem Bett und döste. Eigentlich war sie nicht wirklich müde.
 

„Faith?“ hallte eine junge, weibliche Stimme durch den Wohnwagen, doch die Jägerin reagierte erst auf den zweiten Ruf, drehte sich um, und machte die Augen langsam auf. Helle Sonnenstrahlen schienen durch die Fensterscheibe, wodurch es für sie unmöglich wurde, das Mädchen zu erkennen, welches sich über sie gebeugt hatte. Hatte sie etwa doch geschlafen, war es schon der nächste Tag?
 

“Faith.. na komm schon, die Zeit läuft..“ sagte das Mädchen wieder fröhlich, und richtete sich auf.
 

Faith hob die Hand, rieb sich kurz die Müdigkeit aus den Augen, richtete sich auf, und öffnete sie dann wieder. Sie musste einen grellen Schrei unterdrücken, als sie erkannte, wer vor ihr stand.
 

„Vi? Oh mein Gott..“ Faith starrte die rothaarige Jägerin geschockt an, die mit einem wundervollen Lächeln vor ihr stand.
 

„Was ist denn so schockierend, dass du nach Gott rufst?“ fragte die junge Jägerin, legte ihren Kopf schief und sah dann auf ihre Armbanduhr. „... bis auf diese Uhrzeit. Robin hetzt Ronah schon zum xten Mal die Straße rauf und runter. Du solltest wirklich so langsam aus dem Bett kommen!“.
 

Faith konnte es nicht fassen. Es war einfach unmöglich. Dies konnte nicht wirklich passieren. Sie versuchte sich krampfhaft einzureden, dass Vi gestorben war. Sie war tot. Es war unmöglich, dass sie hier vor ihr stand.
 

„Was .. bist du?“ fragte Faith, und tastete hinter ihrem Kissen vorsichtig nach einem Messer.
 

„Hmm.. „ Vi sah sie kurz an, drehte sich um, griff nach dem Pfeil, der auf der Küchenablage lag, und sah Faith verwirrt an.
 

“Du weißt doch, wer ich bin.. oder nicht?“ Tränen stiegen in die Augen der rothaarigen Jägerin, und sie starrte Faith verzweifelt an. „Sag mir nicht, dass du mich vergessen hast? Nein.. das.. das.. das halt ich nicht aus... oh Gott!“
 

Bevor Faith auch noch reagieren konnte, rammte sich Vi den Pfeil selbst direkt ins Herz. Faith sprang schreiend aus dem Bett, während Vi’s Augen glasig wurden, und ihre Haut die Farbe verlor.
 

In der nächsten Sekunde befanden sie sich nicht mehr im Wohnwagen, sondern in der Lagerhalle, und Vi’s Leiche lag genau vor ihren Füßen. Ronah’s Schluchzen erfüllte die Luft, und Faith sah verwirrt um sich. Bevor die hintere Tür ins Schloss fiel, konnte die dunkelhaarige Jägerin noch die letzten Stofffetzen des Umhanges sehen, der den Mörder der jungen Jägerin verdeckte.
 

Plötzlich klatschte jemand energisch in die Hände, und als Faith den Kopf drehte, stand Eve neben der Leiche, und klatschte. Sie lächelte Faith an, mit ihrer kranken, übertriebenen Freundlichkeit, und schien über irgendetwas erfreut zu sein.
 

„Was willst du hier? Ich habe dich getötet! Verschwinde!“ schrie Faith, und trat einen Schritt auf die Blondine zu, die sofort aufhörte, zu applaudieren.
 

„Na na, wer wird denn hier so schlecht gelaunt sein? Du hast doch gar keinen Grund dazu...“ sagte Eve und lächelte Faith noch immer an.
 

„Spinnst du? Vi ist tot und du führst dich hier auf, als wäre das ein Freudenfest! Was machst du überhaupt hier!“ schrie Faith und war kurz davor ihre Nerven zu verlieren.
 

„Ach, die hier?“ Eve deutete auf Vi, nickte, und kniete sich nieder. Sie hob ihre Hand, und strich ihr eine rote Strähne aus dem toten Gesicht. Kurz dachte Faith Mitleid im Gesicht der Frau zu sehen, der sie in Silent Hill fast zum Opfer geworden war. Aber sie hatte sie getötet. Sie hatte gewonnen. Was machte sie hier? Wieso war sie noch nicht tot? Tot wie Vi?
 

„Na ja.. Faith. Ich habs dir doch gesagt. Du bist wie du Pest. Sobald die Leute mit dir in Kontakt kommen, sterben sie wie die Fliegen.. summ summ..“ Eve hatte sich wieder aufgerichtet, und trat langsam auf Ronah zu, die noch immer wie fixiert mitten in der Halle stand und schluchzte.
 

„Du wirst für den Tod von allen verantwortlich sein, Faith. Sie werden sterben, alle drei, und das nur wegen dir! Ich würde ihnen eher Malaria wünschen, als dich als ihre Kameradin!“ Eve musste wieder kurz lachen, und schnippte dann mit den Fingern.
 

Faith stand wieder auf dem Friedhof der Kathedrale von Silent Hill, dem Friedhof, auf dem sie Eve getötet hatte.
 

„Hör damit auf.. „ flüsterte Faith und sah Eve flehend an. „Ich will.. das nicht noch einmal sehen..“
 

Eve lächelte wieder. Musik drang aus dem Haus Gottes, das hinter ihnen stand, während fahles Licht die Gräber beleuchtete. Langsam schritt sie voran, und ließ ihre Finger über die kalten, steinigen Grabsteine gleiten. Faith’s Blick blieb wieder auf den drei neuesten hängen. Einer davon trug schon einen Namen, die zwei anderen waren leer. „Vi.. „ flüsterte Faith und trat an das Grab heran. Eve, die sich dahinter platziert hatte, lächelte noch immer, als Faith kurz ihre Augen rot aufflackern sah.
 

“Eve, ich schwöre dir, wenn du mich nicht sofort zurück schickst, wo wir hier auch immer sind, werde ich dich noch einmal töten. Und ich werde dich so oft töten, bis du verschwindest. Für immer! Du kranke Schlampe!“ sagte Faith und versuchte Eve zu treten, doch sie stand plötzlich hinter ihnen.
 

“Du bist Schuld daran.. und .. die Zeit läuft. Wer weiß, wann der Nächste dran glauben muss.“ Eve lachte, drehte sich um und öffnete den Hinterausgang der Kathedrale, doch bevor sie eintrat, drehte sie sich noch einmal um. „Viel Glück, du wirst es brauchen!“
 

Faith riss die Augen auf. Sie befand sich im Wohnwagen. Draußen war es immer noch dunkel. „Oh Gott, nein.. bitte nicht..“ flüsterte sie leise, und merkte, dass sie total verschwitzt war.
 

++++
 

Xander’s und Andrew’s Wohung

Nachts

Der Schlüssel drehte sich langsam im Schloss und die, wie es Xander plötzlich erschien, tonnenschwere Tür schwang nach innen auf.

Es war dunkel in dem kleinen Apartment und Xander konnte förmlich spüren, dass sich etwas verändert hatte. Er fingerte nach dem Schalter neben dem Eingang und das Licht flackerte auf, blendete in seinem Auge, so dass er es reflexartig schloss.
 

Zunächst schien alles normal zu sein, doch dann waren es die Kleinigkeiten, die Xander auffielen.
 

Es war aufgeräumt, was eigentlich nie vorkam in der Wohnung. Der Tisch wie leergefegt, bis auf den nun fertigen Dinosaurier, der ihn aus leeren Plastikaugen vorwurfsvoll ansah.
 

Es fehlten die Magazine, die sonst auf dem Sofa verteilt waren und der Schrank wirkte einsam ohne die verschiedenen Raumschiffe aus diversen Star Trek Staffeln.
 

Eine Schranktür stand auf und gähnte ihn leer an. Da wo sonst Andrews Sachen verstaut waren, wenn sie nicht quer im Zimmer verteilt waren. Und ein Blick in die kleine Küche verriet ihm, dass sogar die Tassen mit den Simpsons sorgfältig auf dem Regal aufgereiht waren.
 

Er hatte sogar noch das dreckige Geschirr gespült…
 

Mit einem eleganten Wurf beförderte Xander seinen Wohnungsschlüssel auf die kleine Ablage und warf sich auf das Sofa, die Füße hoch auf den staubfreien Tisch mit dem einsamen Dino, der ihn immer noch anstarrte.
 

Wie machen das die Hersteller eigentlich das, egal aus welcher Perspektive man etwas anschaut, man immer das Gefühl hat angesehen zu werden?
 

Die Fernbedienung lag auf dem Polster und zornig zappte sich Xander durch einige Kanäle, bevor er den Aus-Knopf drückte.
 

Er war wirklich weg… wirklich weg…
 

Immer noch starrte der Dino mit seinen winzigen schwarzen Plastikaugen Xander an.
 

Das verdammte Ding…
 

Bilder schossen durch seinen Kopf, wie sie stapelweise Cornflakes-Packungen aufrissen um nach den neuesten Teilen zu fahnden, immer auf der Suche nach dem nächsten noch fehlenden Stückchen Dinosaurier.
 

Seine Hand griff nach dem Plastikteil, musterte es und es musterte zurück. Anklagend. Tadelnd, mit dem immer gleichen kalten Blick. Minutenlang starrte es in Xanders Auge, das Maul leicht geöffnet, als wenn er gleich zubeißen wollte.
 

„Dann hau doch ab!“ brüllte er auf, holte aus und grünes Plastik flog gegen die Wand, zerbarst in viele kleine Einzelteile, die sich auf dem Teppichboden verteilten.
 

Ein kleiner grüner Schädel kullerte weiter, fast wieder bis vor die Füße von Xander, der zusah, wie er wenige Zentimeter vor ihm liegen blieb, ein wenig hin und her wackelte und aus kleinen schwarzen Knopfaugen vorwurfsvoll zu ihm hoch starrte…
 

Grrr... Arrrgh...



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