Zum Inhalt der Seite

Eine etwas...andere Geschichte

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

~

Eine etwas...andere Geschichte
 


 

Ich bin tot.
 

Oder um es besser auszudrücken, werde ich es in etwa einer halben Stunde wohl sein. Von meinem sicheren Platz, den ich mir hier auf der Kommode im fein säuberlich eingerichteten Wohnzimmer meiner Besitzer gesichert habe, habe ich Tod genau im Auge. Mir entgeht keine einzige seiner Bewegungen, wie er sich ganz unschuldig das Fell putzt und so tut, als ob er hier der Beste und der Schönste und der Tollste wäre.

Auch entgeht mir nicht, dass er, als er damit fertig ist, es sich etwa fünf Meter weiter in die Mitte des Raumes auf den schneeweißen Flokatiteppich bequem macht und dabei den Kopf vor sich auf seine Pfoten ablegt, um mich nun ganz in Ruhe beobachten zu können. So, wie ich ihn.
 

Doch ihr fragt euch bestimmt, wer ich bin, was ich auf dieser Kommode mit den teuren Porzellanfiguren zu suchen habe und warum ich mir so sicher bin, dass mein letztes Stündchen geschlagen hat.

Ich werde es euch erzählen; ich habe eh Zeit.
 

Ich bin Penelope, drei Jahre alt und wenn ich mich nun selbst beschreiben müsste, so würde ich dafür wohl die Begriffe eigensinnig, eingebildet und leicht reizbar wählen. Zudem kommt noch hinzu, dass ich in diesem Haus wohl das verfressenste Wesen bin, das hier je gelebt hat. Und nur, wenn es euch interessiert: ich stehe total auf gekochten Schinken mit frischem Fleisch, das mein Frauchen immer als „Mäusegeschmack“ bezeichnet – warum auch immer. Seitdem heißt es bei mir Mäusegeschmack-Fleisch. Aber das nur am Rande.

Das wohl für euch erschreckenste ist, dass ich eine Katze bin.

Ja, ich habt richtig gehört.

Eine Katze.

Und nicht irgendeine Katze, die sich einen Heidenspaß daraus macht, hinter komisch grauen, eklig aussehenden Tieren mit langen Schwänzen herzulaufen – nur um mit ihnen zu spielen, bevor man sie sich unmanierlich in das Maul stopft. Mich könnt ihr auch draußen nicht vorfinden; dort ist es mir viel zu laut und zu dreckig. Mein Gott, wie könnt ihr Menschen nur so einen Lärm veranstalten und unter diesem auch noch leben? Das wird mir immer ein unerklärbares Rätsel bleiben.

Nein, ich bin eine Siamkatze. Eine der wohl edelsten Katzenarten der Welt – worauf ich mächtig stolz bin.
 

Ich denke, dass ich schon mein ganzes Leben lang in diesem riesigen Haus mit meinen sehr fürsorglichen Besitzern lebe, denn ich kann mich an nichts anderes erinnern.

Aber ich bin froh, hier aufgewachsen zu sein.

Ich habe letztens in diesem komisch großen Kasten, der so flach ist wie der Teppich, auf dem Tod gerade liegt, andere Katzen gesehen, die wie ich in einem Haus leben – aber fragt mich jetzt bitte nicht, wie sie darein gekommen sind, denn diese Frage hat mich ganze sieben Nächte nicht schlafen lassen!

Auf jeden Fall hat es mich gewundert, dass ich wohl die einzige Katze auf dem Flummi sein muss, die sich jeden Tag baden, bürsten und kämmen lässt und sogar einen eigenen Sessel hat!

Verstehe einer mal diese normalen Hauskatzen...
 

Aber nun zurück zu unserem – beziehungsweise meinem – Problem.

Mein Problem hat, genau so wie ich, vier Pfoten, einen Schwanz, eine Schnauze, Schnurrhaare und ein Fell, das aber nicht so schön bauschig ist und nach diesem komischen Zeug riecht, mit dem ich tagtäglich gewaschen werde. Zudem ist es ziemlich verfressen und aggressiv, auch wenn man es ihm gerade nicht ansieht.

Aber das ist auch alles, was wir gemeinsam haben.

Ihr würdet mir jetzt bestimmt unter irritierten Blicken und Protestschreien sagen, dass wir uns dann doch eigentlich ziemlich gut verstehen müssten, wenn wir schon die gleichen Interessen hätten.

Doch da liegt ihr komplett falsch.

Denkt ihr etwa, ich gebe mich mit so einem....Hund ab? Falls man das überhaupt noch Hund nennen kann, wenn er so groß ist wie ich!

Also, meiner Meinung nach ist es entweder eine hundähnliche Ratte oder ein rattenähnlicher Hund!
 

Als der Tod vor zwei Tagen hier eintraf, hatte ich gerade mein alltägliches Bad genommen und mich danach auf meinem Sessel im Wohnzimmer bequem gemacht.

Nur meinem Frauchen ist es zu verdanken, dass ich euch heute meine Geschichte erzählen kann, denn sie hat mich damals gerade noch rechtzeitig auf den Arm genommen, bevor diese Ratte, die zähnefletschend und laut kläffend durch das ganze Wohnzimmer gerannt war, auf mich losgehen konnte.
 

Ich weiß nicht, was mein Herrchen dazu verleitet hat, sich so ein Ding anzuschaffen, noch dazu ein hässliches mit einem großen Organ.

Doch die Vermutung, dass ich wohl zu langweilig oder gar nutzlos geworden bin, ist meines Wissens nach naheliegend.

Und von daher versteht ihr es sicherlich, wenn ich seitdem ziemlich verletzt und wütend auf mein Herrchen bin, der nun fast pausenlos mit Tod rumturtelt.
 

Ich kann einfach nur staunen, wie friedvoll Tod bei ihm ist.

Als wir einmal ein paar Stunden alleine im Haus waren, kam er wieder mal zähnefletschend und wild vor sich hin kläffend auf mich zu gerast – ich frage mich, wie er mit diesen kurzen Beinen überhaupt so schnell rennen kann – und ich konnte mich gerade noch auf eins der langen Stofffetzen retten, die vor jedem Fenster im Haus von der Decke hängen.

Vorher hatte ich nie kapiert, wozu sie von Nutzen sein könnten, doch nun wusste ich, dass meine Besitzer sie wohl als eine Art Rettungsplattform für mich eingeführt haben mussten.
 

Nun ist es wieder mal so weit.

Herrchen und Frauchen ausgeflogen, Katze und rattenähnliches Wesen allein zu Haus – na toll.

Ich denke, dass ich hier oben auf der Kommode vor Tod noch eine Weile sicher sein werde; schließlich habe ich durch die Aktion mit dem Stoff erfahren, dass er weder Krallen, mit denen er sich an irgendetwas hochangeln kann, noch die Fähigkeit zu so einem mickrigen Sprung hat.

Während ich seufzend die Augen schließe, da mein Gegenüber sich freundlicherweise dazu bequemt hat, dieses Zimmer zu verlassen, frage ich mich, wozu dieses Ding eigentlich fähig ist.

Es kann weder klettern noch springen, noch sieht es besonders ansehnlich aus.
 

Die logischste Erklärung hierfür erscheint mir fast zu sein, dass mein Herrchen entweder an Geschmacksverirrung leidet oder auf so quirlige, hässliche, laute und aggressive Dinger steht.
 

Ich kann nur hoffen, dass sich alles zu meinen Gunsten wendet, ansonsten sehe ich schwarz für mein Leben.
 

Gut, denke ich mir und fahre mir über mein weiches Fell, dann habe ich danach halt nur noch sechs anstatt sieben Leben....auch gut.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück