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Wo hin?

Auf dem Friedhof
von

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Dunkle wars der Mond schien helle...

First and last Kapitel: Dunkle wars der Mond schien helle
 

Die dunkle Straße hob sich aus dem Nebel heraus. Das aber auch nur, wegen ein paar Straßenlaternen, die noch nicht das zeitliche gesegnet hatten. Der gold glänzende Nebel unter den Lichterkegel der Laternen gaben das Gefühl von Stunde wieder.

Der Geisterstunde. Mitternacht. Vierundzwanzig Uhr.

Es gab viele Namen für diese zwölf Turmschläge, die nun durch die Straße rollten. Zwölf lange tiefe Glockenschläge. Und bei jedem Schlag setzte er einen Fuß vor den anderen.

Es war unheimlich in einer so vertrauten Umgebung sich zu fürchten. So oft war er hier vorüber gegangen, so oft hatte er hier gelacht und so oft hatte er sich hier geborgen gefühlt.

Ja wenn das Wörtchen „war“ nicht wäre…

Nach zwölf Schritten nach den Schlägen blieb er stehen. Die Schläge hatten seine Füße vor ein Haus geführt. Nun ein Haus war es nicht mehr. Eher eine Ruine. Ein Gefühl aus Neugier und aus Abscheu, gemischt mit Entsetzten füllte seinen ganzen Körper. So oft er diese Ruine schon gesehen hatte, so oft überkamen ihn auch diese Gefühle.

Der Sterbeort einer seiner Freunde. Er senkte den Kopf. Suchte nach dem Schild, dass er dort angebracht hatte, um seine Freunde nie vergessen zu lassen. Viele hatte sich auf dem Schild verewigt. Sie wünschten dem Jungen der überlebte viel Glück. Glück das in diesen Momenten jeder gebrauchen könnte.

Der Nebel zog sich enger um das Haus zusammen. Die Lichterkegel wurden immer mehr von der wabernden grauen Menge verschluckt. Es wurde unheimlicher.
 

Seine Gedanken wanderten zu seinen Freunden.

Drei tot, einer davon hatte nicht einmal ein Grab. Der andere ein Verräter.

Die Gewissheit, dass es niemanden in dieser Welt mehr gab, den er vertrauen konnte, die ihn trösten und helfen konnten, die Gewissheit darüber alle verloren zu haben, der letzte zu sein, stach in seinem Herz.

Es brannte.

Und seine Augen verwandelten sich in trübe und matte leere Räume. Er konnte nicht mehr weinen. Für einen solchen Schmerz konnte man nicht weinen. Die Tränen waren versiegt. Er hatte keine mehr. So viel war schon passiert.
 

Wo also hin?

Wo hin, um Hilfe und Trost zu erbitten?
 

Seine Schritte führten weiter. Auch wenn sie ihn unbewusst dahin trugen steuerte er ein bestimmtes Ziel an.

Den Friedhof

Dort wo die Kirche in mitten von hunderten von Gräbern stand. Darunter auch das Grab von zwei seiner Freunde.

Die Kieselsteine knisterten unter den Schuhen. Wie das Kaminfeuer, dass immer bei den beiden gebrannt hatte. Sie hat immer gesagt, dass das Feuer ihr Geborgenheit gab.

Das Geräusch erinnerte ihn sehr an sie. Die roten Haare, die grünen Augen und das sanfte gutmütige Lächeln. Die Stimme, die ihn so oft aus seiner Trauer und Betrübnis geholt hatte.

Immer wenn er ein Feuer sah, dann sah ihr Gesicht aus den Flammen heraus. Und sie lächelte ihn an. Sie hat immer gelächelt. Selbst, als die anderen am Boden zerstört waren, war sie die Starke und hat sie aufgebaut.

Wenn sie doch noch da wäre…

Er hätte sie nun gebraucht…
 

Nun bog er rechts ab. Er schritt eine Gräberreihe entlang. Und der Wind strich durch seine Haare. Er wisperte und flüsterte ihn beruhigende Sachen ins Ohr.

Ja der Wind. Er hörte sich immer noch so an, wie damals als er auf seinem Besen durch die Lüfte geflogen ist. Er hat gemeint, oben im Himmel würde er sich frei fühlen und sicher.

Und immer, wenn nun der Wind ihm über die Haut strich, über die unzähligen Narben, dann erinnerte er sich an ihn. Die abstehenden Haare, zerstrubelt, seine haselnussbraunen Augen, die hinter der Brille hervorlugten und das schiefe anmutige Grinsen. Das Lachen, das er seit Ewigkeiten nicht mehr gehört hatte. Das Lachen, dass er seit dem elften Lebensjahr jeden Tag gehört und gesehen hatte. Was ihm Mut und Zuversicht gegeben hatte.

Und nun schwieg dieses Lachen. Nie wieder hatte er es gehört.

Nur manchmal bildete er sich ein, dass er das Lachen aus dem Wind heraus gehört hatte.

Wenn er doch da wäre…

Er hätte ihn gebraucht…
 

Er blieb stehen. Langsam schälte sich etwas aus dem Nebel. Lang und bedrohlich war die Zeit, in der sich der Stein aus dem Nebel heraushob.

Vor ihm ragte nun ein Grabstein auf. Ein Marmorstein.

Das Grab zweier seiner Freunde.

Seine Finger glitten über den glatten Stein und schoben dabei Blätter beiseite.

Ein Schaudern überzog seinen Körper. Er stand am Grab seiner Freunde. Es war so klar und dennoch schien er es immer noch nicht begriffen zu haben.

Sie waren tot!

Er legte den Kopf schief.

Warum lagen sie dort?

Warum nach so kurzer Zeit?

Warum?

War er schuld?
 

Er war damals nicht da gewesen. Er hatte ihnen nicht geholfen.

Man konnte es als Schuld betrachten. Und so sah er das auch!
 

Er kniete nieder. Die Aufschrift war nun auf seiner Augenhöhe.

Er wusste nicht, wie oft er nun schon diese Namen und Zeichen gesehen und gelesen hatte.

Es kam ihm vor wie ein Traum.

Es war nicht real.

Es konnte gar nicht so sein!
 

Er kratzte etwas Moos aus den Namenszügen seiner Freunde und wischte mit seinem Ärmel Dreck von dem Marmor.

Erst jetzt sah er den Mistelzweig, der als Zierde auf das Grab gelegt worden war.

Ein Mistelzweig…

Er hatte immer Mistelzweige verabscheut.

Die Mädchen hatte nämlich immer versucht ihn darunter zu locken, um ihm einen Kuss zu stehlen. Seine schwarzen Augen, hatten immer zur Weihnachtszeit die Decken nach diesen Zweigen abgesucht.

Immer auf der Suche nach einem Hinterhalt.

Seine schwarzen Haare waren ihm dabei immer ins Gesicht gefallen, hatten die Augen überdeckt. Nur die nach oben gezogenen Mundwinkel hatten die Fröhlichkeit gezeigt, die er immer an den Tag gelegt hatte.

Die Fröhlichkeit, die ihn so einzigartig gemacht hatten!

Man konnte gar keine trüben und traurigen Gedanken gehabt haben, wenn er in der Nähe war und die Mundwinkel nach oben zeigten.

Und nun erinnerte er sich immer wenn er Mistelzweige sah an das weiße Schaf der schwarzen Familie.

Nur manchmal dachte er, dass er diese Mundwinkel in einer Menschenmasse sah. Wie er sich doch irrte.

Wenn er doch da wäre…

Er hätte ihn gebraucht…
 

Er schluckte.

Sie waren tot.

Wer sollte ihm nun helfen?

Wer sollte ihn nun verstehen?

Alle waren weg.

Er hatte ihnen nicht geholfen!

Er hatte sie allein in den Tod gehen lassen!

Er fühlte sich schuldig.

Und langsam kroch das Gefühl der Bitternis in seine Gedanken.

Sein Atem ging schneller.

Er musste blinzeln.
 

Wo hin?

Wo sollte er nun hin?
 

Tränen stahlen sich aus den nun glitzernden Augen.

Sie glitten über das vernarbte Gesicht und tropften nach der Reise auf den Zweig auf dem Marmorgrab.
 

Sie schritt eilends die neblige Straße entlang.

Der Ort war ihr unbekannt.

Dennoch hatte sie Angst.

Angst etwas vorzufinden, was sie nur in ihren aller schlimmsten Alpträumen sah.
 

Sie wusste nicht genau warum sie hier war, aber etwas sagte ihr, dass sie ihn nur hier finden würde.

Wo sollte er denn sonst hin?
 

Wo geht man hin, wenn man Hilfe und Trost sucht?

Zu seinen Freunden!
 

Und wenn alle Freunde tot waren?

Dann geht man zu ihrer letzten Ruhestätte!
 

Sie passierte das Tor am Eingang des Friedhofes. Es quietschte in seinen rostigen Angeln.

Sie fühlte sich unbehaglich. Nebel war kein gutes Zeichen.

Und dennoch sagte ihr etwas, das er hier sein würde!
 

Sie suchte mit den Augen die Gräberreihen ab.

Und endlich ragte aus den Nebelschaben ein Grabstein heraus, vor dem jemand kniete. Den Kopf hilflos schluchzend auf die Brust gelegt. Der ganze Körper zitterte und sie hörte schon beinahe, wie die unzähligen Tränen zu Boden fielen.
 

Ihre Schritte wurden schneller.

Sie war hinter ihm.
 

Sie legte die Arme um seine Schultern und zog ihn an sich.
 

„Si-ie sind al-lle t-ot! Ich ha-abe sie alle ve-erlore-en!” kam es mit erstickter und heißerer Stimme an ihr Ohr.

„Nein. Du hast nicht alle verloren! Ich bin dich da! Ich und das was du mir geschenkt hast! Wir sind immer für dich da! Und die anderen auch!“ sprach sie beruhigend auf ihn ein und drückte ich immer fester an sich.

„Ich, ich se-ehe sie i-immer wieder in de-en Sachen wieder! Ich ka-ann sie ni-icht verges-ssen!“

„Sie werden dich nie verlassen. Sie sind immer bei dir! Und deine Erinnerungen werden dir immer bleiben! Du wirst sie nie verlieren, wenn du sie im Herzen trägst!“ sie spürte, wie er sich Entspannte, sich in die Umarmung fallen ließ,

„Sie und ich sind immer für dich da! Du wirst nie allein sein!
 

Und du weißt immer wohin du kommen kannst! Du bist nicht allein! Denk doch nach!

Wir sind bald zu dritt!“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2008-10-27T18:51:54+00:00 27.10.2008 19:51
Erst dachte ich "Gott, nich wieder so ne Depri-Story". Aber ih mag deinen Schreibstil im großen und ganzen, darum ha ich weitergelesen. Und insgesammt ists ne schöne Sory, da sie trotz der Trauer auch die Hoffnung und das Weiterleben wiedergibt. Gut gemacht. Nzr das getrottere am ende hat mich etwas aus den Lesefluss gebracht...


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