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Butterfly

Auf der Suche nach der Avigalblume
von

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Der Schwur

Milana löffelte ihre Suppe schnell leer und auch Malu saugte hastig an seinem Nektar. Beide wippten vor Freude hin und her. Sie konnten sich kaum zügeln. Als sie fertig mit Essen waren, rannte Milana los, bis sie stolperte und mit ihrem Gesicht im Gras landete. Malu flatterte ihr fröhlich hinterher. Es war ein tolles Gefühl Gras zu berühren. Sanft kitzelte er ihr Gesicht, ihre Arme und ihre Beine. Es roch einfach herrlich nach Natur. Um alles sehen zu können stand Milana auf. Ihre Augen glänzten und ein Lächeln machte sich auf ihrem Gesicht breit. Der Anblick war erstaunlich! Tausende von Schmetterlingen flogen an ihr vorbei und Malu schloss sich vergnügt der Menge an. Milana beobachtete sie noch eine Weile, dann widmete sie sich wieder der Landschaft. Sie war so schön wie Malu es ihr beschrieben hatte. Die Blätter wiegten sich im Wind und der Fluss tobte, als wolle er allen zeigen, dass es der Stärkere ist. Die Fische sprangen auf und ab und ein paar Mädchen spielten am See, in dem der Fluss mündete. Die Sonne fiel durch die Blätter auf Milanas Gesicht. Sie war die Hitze nicht gewohnt, also beschloss sie, sich zu den anderen Mädchen zu gesellen. Sie waren alle blond und hatten eisblaue Augen. Vorhin hatten sie noch gelacht und sich über die Abkühlung gefreut, doch jetzt schauten sie Milana böse an. Wie Stiche trafen sie ihre Blicke. Milana verschränkte ihre Arme, als wären sie eine Art Schutzschild. Schnell drehte sie sich um und machte Anstalten zu gehen. Aber die älteste und größte von den drei Mädchen kam auf Milana zu und pachte sie am Handgelenk. Ein Reflex bewegte Milana dazu, ihren Kopf in die Richtung des Mädchens zu drehen, obwohl Milana nicht vorhatte ihr noch einmal in die Augen zu schauen. Das Mädchen war schlank, aber nicht so zierlich wie Milana. Ihre Schultern waren kräftiger und ihr Gesicht eckig. Sie trug ein kurzes, blaues Kleid, das ihr kaum bis zu den Knien reichte. Es hatte keine Träger, dafür aber eine dunkelblaue Schnur mit Schleife als Gürtel. Die anderen beiden trugen das gleiche Kleid. Die eine war klein und dick, die andere klein und abgemagert. Die Mädchen lachten, als die eine Milana hoch hob und versuchte sie ins Wasser zu werfen. Milana wehrte sich, doch es war zwecklos. Malu kam gerade noch rechtzeitig. Hätte er nicht mit einem Zauber verhindert, dass Milana ins Wasser flog, wäre sie übernässt nach Hause gekommen und das hätte Xerkeh überhaupt nicht gefallen. Die drei Schmetterlinge der Mädchen kamen ebenfalls angeflogen und tadelten sie wegen ihrer Tat, aber sie lachten nur und gingen tiefer in die Stadt hinein. Langsam dämmerte es und Malu und Milana gingen nach Hause. Xerkehs Haus lag abseits der Stadt, nahe am Wald. Nachdem sie angekommen waren klingelten sie. Sie hatten Hunger und wollten zu Abend essen, doch keiner öffnete die Tür. „Dann müssen wir halt warten.“ Milana kniete sich hin und Malu lies sich auf ihren Schoß nieder. Sie streichelte ihn zärtlich, bis er eingeschlafen war und auch bei ihr langsam die Augen zu fielen. Ein langer und aufregender Tag hatte sein Ende genommen.
 

Am nächsten Tag lagen sie wie gewöhnlich in ihren Betten. Milana war schon früh wach. Während sie sich fertig machte betrachtete sie sich im Spiegel. Seltsam ..Warum bin ich denn hier? Hat Xerkeh uns hereingetragen, oder war alles nur ein Traum? Sie beobachtete Malu, wie er da lag, als würde er bloß sitzen. Plötzlich öffnete sich ganz langsam die Tür. Es war wieder ein Mal ihr Vater. „Du bist schon wach?“ „Ja, Vater.“ Sie wendete sich von Malu ab und schenkte Xerkeh ihre volle Aufmerksamkeit. „Ich bin gerade erst aufgestanden.“ Xerkeh schaute besorgt auf seine Tochter herab. „Ich habe dich beobachtet, Milana. Gestern, als du draußen warst.“ Also doch kein Traum. „Weißt du warum die Mädchen dich nicht mögen?“ „Nein, Vater. Das weiß ich nicht.“ Langsam fing Milana an, sich dafür zu interessieren was ihr Vater ihr erzählen wollte. „Nun ja. Wie dir sicher aufgefallen ist, haben sie alle blonde Haare und blaue Augen.“ „Ja, Vater. Das ist mir aufgefallen.“ Milanas Interesse wuchs. „Du bist anders als die anderen, Milana. Sie kommen alle aus dem Land der Lüfte. Du wurdest wo anders geboren.“ Milana war erstarrt. Also wurde sie selbst von ihrer Mutter belogen, von ihrem Vater. Ihr ganzes Leben lang, durfte sie diesen Raum nicht verlassen. Sie fragte sich wieso. Und nun hatte sie auch Mut genug ihrem Vater diese Frage zu stellen. „Vater? Warum hast du mich hier eingesperrt?“ „Ich glaube, das solltest du erst später ..“ Xerkeh war verunsichert. Er wusste nicht was er seiner Tochter sagen sollte. Milana war außer sich. „Nein!! Ich will es jetzt wissen!!“ „Ist ja gut.“ Tränen vor Wut kullerten ihr über die Wangen. Es war, als hätte sie ihr ganzes Leben lang schwer gearbeitet und dies sei ihre erste Erholung gewesen. Xerkeh schloss sie in seine Arme. „Vergiss es einfach. Schwöre mir nicht mehr darüber zu reden!!“ Seine Stimme erhob sich. Milana zuckte zusammen. „Ich schwöre es.“ Doch dieser Schwur sollte schon bald gebrochen werden.

Malu war inzwischen aufgewacht und Milana hatte ihm von dem Gespräch mit ihrem Vater erzählt. Nach einer kurzen Denkpause antwortete Malu: „Er verheimlicht uns etwas.“ „Ja, das tut ..“ Noch bevor Milana zu Ende gesprochen hatte, hörten sie wie die Eingangstür eingetreten wurde. Ihr Entsetzen war Milana ins Gesicht geschrieben .Es war einfach zu viel für sie. Erst stellt sich heraus, dass sie nicht dort geboren wurde wie vorher behauptet und dann wird auch noch in ihr Haus eingebrochen. Sie zitterte. Malu lies sich vor Angst auf ihrer Schulter nieder. Kurz darauf betrat Xerkeh das Zimmer. „Ihr müsst hier verschwinden! Sofort! Zwar wissen sie nicht, dass dieser Raum hier existiert, aber früher oder später werden sie es selbst erfahren!“ Milana kam langsam wieder zu sich. „Wer sind –sie-?“ Milana war sichtlich irritiert. „Keine Zeit für Fragen. Hier, nimm das!!“ Er gab ihr ein Päckchen. In dem Päckchen war Gold. Dann drückte er Milanas Schrank gegen die Wand. Es öffnete sich ein Spalt, groß genug um Milana hindurch zu lassen. „Ich habe gehofft es dir nie sagen zu müssen.“ Er packte sie an den Schultern und schubste sie zusammen mit Malu in den Spalt. „Lauf Milana! Flieh so schnell du kannst!“ Und Milana rannte. Sie rannte um ihr Leben. Selbst, als sie nicht mehr konnte, lies sie sich von ihren Füßen tragen. Doch dann, ganz plötzlich, ertönte ein Schrei. Milana blieb stehen. Ihre Pupillen verengten sich, sie sackte zusammen und vergrub ihr Gesicht in ihre Arme. Sie konnte den Schrei genau zuordnen. Es war das von Xerkeh. „Er ist tot…. Warum nur? Warum musste er sterben?“ Malu schaute sie zunächst bemitleidend an, doch sein Gesicht verwandelte sich sofort wieder in eine ernste Mine. „Milana. Ich schrumpfe dich jetzt.“ Wie gesagt so getan. Sie war nun sechs Mal kleiner als vorher und passte somit auf Malus Rücken. „Na los! Kletter auf mich drauf! So brauchen sie länger um uns zu sehen und wir sind um einiges schneller!!“ Milana gehorchte. Ihr war momentan gleichgültig, was sie tat und was nicht. Es war als würde sie ihre Wut und ihre Trauer von Innen auffressen. Einerseits war sie wütend auf die, die ihren Vater auf dem Gewissen hatten. Andererseits war sie sauer auf Xerkeh, weil er sie alleine weggeschickt hatte und sie nun niemanden mehr hatte. Jetzt konnte er ihr nicht mehr sagen, warum er sie all die Jahre eingesperrt hatte. All das zog an ihr vorbei. Die Trauer brannte auf ihrer Seele. Es schmerzte, die letzte zutrauliche Person auf ewig verloren zu haben. Umso mehr freute sie sich, Malu an ihrer Seite zu wissen. Also war sie nicht ganz alleine in dieser scheinbar heilen Welt. Langsam hoben sie ab und ehe sie sich versah, war Milana mit Tränen überfüllt eingeschlafen.

Milana wachte auf und betrachtete sich im Wasser. Sie hatte wieder ihre normale Größe angenommen. Anscheinend hatte Malu sie an einem See abgesetzt. Zuerst fühlte sie sich wohl hier draußen, in der Natur, doch dann erinnerte sie sich an Xerkehs Tod. Sie ging in die Knie und fing an kläglich zu weinen. Endlich kam Malu angeflogen. Er hatte ein paar Früchte dabei und einige Blumen für seinen Nektar, die neben ihm her flogen. Schließlich lies er sie neben Milana ins Gras fallen. „Hör auf zu weinen, Milana. Das hat doch sowieso keinen Sinn! Mit Tränen kannst du ihn auch nicht zurückholen!“ „Ich weiß, Malu, aber…“ „Da! Ich habe dir ein Paar Früchte mitgebracht. Du solltest erst mal was essen, bevor wir weitergehen.“ Milana schaute Malu fragend an. „Wir gehen weiter?“ Malu seufzte. „Ja… Wir sind noch zu nahe am Land der Lüfte.“ Sie schaute auf den Boden. Dann griff sie sich einen Apfel und biss herzhaft hinein, doch ihr Appetit verschwand sofort wieder. Heute musste sie ihre Heimat verlassen, die sie nicht einmal richtig kannte. Sie hatte sich vorgenommen die Gegend zu erkunden, sobald sie aus der großen Halle heraus kommen würde. Die Gelegenheit dazu wurde ihr gestohlen. Das einzige, das sie gesehen hatte waren der Wald, der Fluss, der See. All das was sie aus ihrem Zimmer gesehen hatte. Jetzt musste sie damit Leben das Land der Lüfte nicht mehr betreten zu dürfen. Erst jetzt begriff sie, dass sie verloren hatte was ihr gerade erst gewonnen hatte. Freiheit. Diese Freiheit verwandelte sich in einen Käfig aus dem kein entkommen mehr war. Nun würde sie ewig auf der Flucht sein, vor ihrem eigenen Leben. Malu schaute sie besorgt an. „Hast du keinen Hunger? Es wird ein langer Weg bis wir ins Land des Feuers kommen.“ „Mir ist nicht nach essen zu Mute.“ Verträumt schaute Milana auf einen Stein. Malu gab ihr einen kleinen Kuss auf die Wange. „Ist alles in Ordnung?“ „Ja…“ Plötzlich warf sie den Stein ins Wasser. Er versank wie ein Schiff mit einem großem Leck. Das ist mein Leben. Es versinkt in der Tiefe und taucht nie wieder auf. Milana stand auf. „Komm, Malu. Wir sollten schnell machen. Sicher sind sie uns schon dicht auf den Fersen.“ Malu war verblüfft, aber er freute sich über die Einstellung seiner Freundin. „Du hast recht. Beeilen wir uns! Ach ja, den Goldbeutel habe ich verschwinden lassen. Ich hielt es für sicherer ihn nicht einfach in deiner Hand liegen zu lassen, während wir fliegen.“ „Danke, Malu.“ Zusammen gingen sie durch den Wald. Sie wanderten, scheinbar unermüdlich, an tausenden von Bäumen vorbei. Selbst als es dunkel wurde, gingen sie weiter.



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