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Every day is writing day
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fragmentragisch (14.02.09)

Jake und Marielle fuhren mit offenem Verdeck, weil man das in einem solchen Wagen tat, wenn man auf der Flucht war. Ein modernes Schlachtross aus Stahl und Mechanismen. Wenig Elektronik, ganz so modern dann auch wieder nicht.

Mit einem schnellen Wagen von ungetümlicher Größe auf der Flucht zu sein erfordert gewisse Signale für die Umwelt, die zwar nicht Pflicht sind, aber trotzdem äußerst gerne in aller Welt befolgt werden. Man fährt mit offenem Verdeck, wie schon gesagt. Sonnenbrillen, ein Klischee, aber ein Muss. Ein Kopftuch für die Frau ist ein alter Klassiker, ebenso wie dezent auffälliger Lippenstift. Außerdem bleibt sie im Wagen, während er tankt oder sich die Beine vertritt. Sie sprechen an Tankstellen nicht miteinander, aber die Frau starrt ihn immer an, egal wo er hingeht; ein bitterer, wissender Blick, den man selbst unter der Sonnenbrille ausmachen kann.

Alles darüber hinaus ist eigentlich überflüssige Angeberei. Zu viel Trinkgeld geben oder ein überdeutliches Pistolenholster unter dem Jackett. Auch die stereotypen Songs im Radio – Reststop ist da ziemlich belastet. Und natürlich ausgetretene Labels wie „Bonnie und Clyde“. Etwas für Amateure, alles miteinander.

Jake und Marielle ritten auf dem Kamm der letzten Welle, bevor hinter ihnen die Welt in sich zusammenfiel, wie in einen bodenlosen Abgrund. Zumindest fühlte sich die Luft um sie herum so an und für beide war es tatsächlich auch so. Sie hatten den Durchblick. Clairevoyance. Wäre ein schöner Mädchenname eigentlich.

Jake war verdammt ordentlich gekleidet und der Wüstenstaub schien an einem Deflektorschild Millimeter über dem Stoff seines gebügelten Hemds zu verdampfen. Er rauchte gelegentlich oder erzählte Marielle von seiner Jugend, aber sonst tat er nicht viel, außer fahren.

Marielle wirkte nervös. Ihre gepflegten Händchen zerlegten im Schoß ständig die Pistole und bauten sie wieder zusammen. Die Strecke war lange Kilometer gerade Straße durch die Wüste – was auch sonst – und deshalb die Sorge Kleinteile bei einem plötzlichen Stop zu verlieren unwahrscheinlich gering.

Sie setzte gerade wieder zusammen, als er die Fahrt verlangsamte, um in einiger Entfernung an einer Tankstelle mit Rastplatz zu halten. Gerade als der Wagen zum Stehen kam, drückte sie die letzte Kugel in den Lauf. Kampfladung.

„Ich muss ein paar Stunden schlafen. Nur ein bisschen Schlaf im Schatten.“

Marielle nickte und schob die Pistole unter den Beifahrersitz. Sie beobachtete Jake, wie er sich den Hut ins Gesicht zog und schon bald im Schlaf sanft schnarchte, dort im Schatten der Raststätte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Ito-chan
2009-07-27T13:53:08+00:00 27.07.2009 15:53
Ein wirklich schönes Fragment. Es würde mich interessieren, ob sie erst auf dem Weg zu einem Verbrechen sind oder schon etwas getan haben...
Von:  Dels
2009-02-16T16:33:52+00:00 16.02.2009 17:33
Nur ein Wort von mir:

ROADMOVIEESK! \o/


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