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Kibobannin

von

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VII. Einsamer Wanderer

VII. Einsamer Wanderer
 

561 n.A. im dritten Monat Kalind, Königreich Tunan, Mündung des Ikan
 

Der schwarz-rote Umhang wehte im starken Wind, welcher vom Meer aus landeinwärts drängte. Was für ein Sturm da heraufzieht. Dachte sich der Mann. Das matte grün der Robe hob sich deutlich vom felsig, grauen Untergrund der Felsen ab. Die Küstenlandschaft, die sich so nah an der Küste von Boran erstreckte, war karg und schroff. Nur wenige Fischer zog es in diese stets unruhigen Gewässer, in denen es unzählige Riffe und Felsen gab. Ein wenig weiter im Landesinneren trieb der Ikan die Landwirtschaft mit seinen üppigen Wassermengen vorwärts und auch die Viehzucht war sehr lukrativ. Aber hier, direkt an der felsigen Küste, gab es nicht viel, was die Menschen für lange Zeit am Leben halten konnte. Vermutlich war dies einer der Gründe, warum das Dorf vor ihm verwaist war. Die meisten Hütten waren aus Lehm und Stroh, wobei die unstabilen Dächer aber schon zu einem großen Teil vom Wind abgetragen waren. Ein einsames Boot wippte auf dem unruhigen Meerwasser auf und ab. Ansonsten gab es nichts. Weit und breit nichts. Mit unendlicher Ruhe schritt er in das Geisterdorf. Wolken brauten sich am Himmel zusammen und verdunkelten den Tag. Der Mann schritt durch die offene Tür eines Hauses, dessen Dach noch halbwegs intakt war, auch wenn es zwei klaffende Löcher aufwies. Im inneren entzündete er kurzerhand den noch bestückten Ofen mit zwei Feuersteinen die er aneinander Schlug. Da das Holz trocken war entzündete es sich sehr schnell und verbreitete eine wohlige Wärme in dem Gebäude. Mobiliar gab es kaum. Ein Stuhl mit nur noch drei Beinen, ein Bett, bestehend aus vier Beinen und drei Brettern, von denen eines schon in der Mitte durchgebrochen war und einem kleinen Schrank. Den Rest hatten die ehemaligen Besitzer vermutlich mitgenommen, als sie diese Behausung verlassen hatten. Der Mann zog den Stuhl näher an das Feuer. Ebenso den Schrank, welcher hinter dem Sitzmobiliar landete und durch sein Gewicht das fehlende Stuhlbein halbwegs ersetzte. Langsam setzte der Regen ein. Erst war er nicht mehr als ein leises prasseln. Tropf. Tropf. Tropf. Machte das Wasser, welches sich aus den Wolken ergoss. Sacht und gleichmäßig. Aber es blieb nicht bei dieser ruhigen Melodie. Hammerschläge aus Wasser trommelten auf Stroh, Lehm und Gesteinsboden. Der Lärm verschlang jedes andere Geräusch. Die Person unter der Schwarzen Kapuze störte sich nicht weiter daran. Nach und nach zerlegte er das Bett in kleine, brennbare Scheite, die das Feuer nährten. Jedes mal, wenn eines der Bretter in den knisternden Flammen landete, züngelte und leckte das Feuer gierig an ihnen empor. So vergingen Minuten und sogar Stunden, bis der Wind schließlich die dunklen Wolken weiter getragen hatte und mit ihnen das Unwetter. Die Sonne strahlte nun wieder auf die Küste herab. Durch das Dach fielen nun drei Strahlen des Lichts. Der Wind hatte weitere Teile des Strohdachs davongetragen. Langsam stemmte sich der Mann in die Höhe. Es war an der Zeit den Weg fortzusetzen. Auch wenn er nicht wusste, wo ihn dieser hinführen würde. Das Feuer fraß sich hinter ihm weiterhin satt. Irgendwann wird auch dieses Feuer vergehen. So wie alles auf dieser Welt. Dachte er bei sich. Sein Mund, welcher unter der Kapuze verborgen war, verzog sich dabei wehmütig. Das Dorf hatte unter diesem Gewitter mächtig gelitten. Ein Dach war komplett eingestürzt. Manche Türen waren ebenso aus den Angeln gerissen worden wie der Holzschutz einiger Fenster. Da der Ort aber verlassen war, war das nicht weiter von Bedeutung. Auch der Wanderer würde hierher nicht zurückkehren. Er schritt die Küste entlang und sucht sich eine einfache Stelle um auf die felsigen Klippen zurückzugelangen. Das klettern war immer das schlimmste an seinen Reisen. Er hasste diese rauen Steine. Es schmerzte an seinen Händen und peinigte seinen Körper wenn er sich zu fest an den Fels drückte. Als er die Strapazen überwunden hatte und sich ausruhte besah er sich seine weißen Handschuhe. Der Stoff färbte sich Stellenweise rot. Er hatte sich einmal mehr verletzt. So wie er erwartet hatte. Seine Handflächen brannten leicht aber er war schmerzen gewöhnt. Der Mann gönnte sich wenige Minuten Rast. Dann setzte er seinen Weg fort. In der Ferne hatte er einen Wald ausgemacht. Auf diesen bewegte er sich nun zu. Er liebte die Bäume und Blumen. Das Gezwitscher der Vögel. Die unzähligen Düfte und Klänge. Das Land um ihn herum war eben. Gras wuchs niedrig aber dicht auf der Ebene. Ameisen, Grashüpfer und ähnliches Getier wuselten durch das grün. Er besah sich im vorbeigehen das rege Treiben. Er fand diese kleinen Tiere so faszinierend. Was sie, trotz ihrer kurzen Lebenszeit, alles erreichen konnten. Die Natur war etwas ganz besonderes. Einzigartig und unübertroffen. Als er den Wald schließlich erreicht hatte besah er sich die Vielzahl der Bäume. Fichten, Eichen, Tannen, Ahorn, Eicheln und sogar einige Akadinbäume. Ein kräftiger und gesunder Mischwald wie man ihn noch recht häufig vorfand. Durch die Kriege der Menschen und die technologischen Veränderungen nahm die Anzahl der Wälder jedoch kontinuierlich ab. Vögel sangen ihre Lieder, weit oben im Wipfel der Bäume. Wildschweine suhlten sich in Schlamm und Dreck. Rehe grasten auf den Lichtungen. Alles befand sich im Einklang. Auch der Mann fühlte sich so frei und entspannt wie schon lange nicht mehr. Er war ein Teil dieses Gleichgewichts. Ein Geschöpf der Natur und der Götter. Leises Blätterrascheln verkündete ihm, dass sich ihm etwas näherte. Ein Eichhörnchen stapfte durch das Gras und die einzelnen, am Boden liegenden Blätter. Vorsichtig streckte der vermummte die Hand aus. Das Tier schnüffelte zaghaft.

"Du musst keine Angst vor mir haben kleiner Freund. Ich tu dir ganz sicher nichts."

Als ob es die Worte verstanden hätte trappelte das Eichhörnchen, mit dem rotem Fell und einigen weißen Streifen, den Arm hinauf und setzte sich auf die Schulter des Mannes.

"Na mein kleiner. Wie heißt du denn?"

Als Antwort bekam er ein leises fiepen.

"Aha, ein schöner Name. Ich bin Oriihion. Wollen wir von nun an gemeinsam Reisen?"

Wieder gab es einen leisen Ton von sich, welcher die Frage wohl bejahen sollte.

"Fein. Dann sind wir jetzt Reisegefährten."

Der Mann lächelte unter seiner Kapuze. Der Nager gab einige Fieptöne von sich und Oriihion legte den Kopf in den Nacken.

"Das weiß ich selber noch nicht so genau, Eiso. Ich folge einfach meiner Nase. Manchmal ist es besser Weg und Ziel nicht zu kennen. Dann kann man sich auch nicht verlaufen."

Der Mann lachte fröhlich und auch Eiso schien irgendwie fröhlich zu sein. Die beiden verstanden sich. So wie der Mann jedes Tier verstand und die Tiere ihn. Die beiden verließen plaudernd den Wald. Jeder Mensch, der den Mann gesehen hätte, hätte ihn vermutlich sofort für verrückt erklärt. Aber hier waren keine Menschen und selbst wenn hätte es ihn nicht gestört. Als sie den Wald verließen blickten beide noch einmal zurück.

"Du kannst jetzt noch umkehren. Ich würde es dir auch nicht übel nehmen."

Das kleine Pelzknäul schüttelte den Kopf als Antwort.

"Gut, wie du willst. Wir werden jetzt an den Ufern des Ikan entlang ziehen und dann bis zum Ursprung des Ibris weiterreisen. Wie es dann weitergeht werden wir sehen. Einverstanden..?"

Wieder bekam er ein ja sagendes fiepen zu hören. So konnte die gemeinsame Reise beginnen. Das war etwas fast schon ungewohntes. Es war Jahrzehnte her, das er einen Begleiter hatte. Damals war er mit zwei Menschen unterwegs gewesen. Sie waren sechs Jahre zusammen und hatten einige Schwierigkeiten überstanden. Aber die beiden verliebten sich auf ihrer Reise ineinander und als ihre Gefährtin schwanger wurde trennten sich ihre Wege. Er fragte sich oft wie es den beiden ging und ob sie noch lebten. Vielleicht würde er sie irgendwann einmal besuchen oder auf einer seiner Reisen wieder treffen. Als er aufhörte in Erinnerungen zu schwelgen bemerkte er den interessierten Blick seines kleinen Begleiters und so begann er, über seine Vergangenheit zu erzählen. Vom Tod seiner Mutter, die ihn alleine großzog. Vom Beginn seiner Wanderschaft. Von seinen Erlebnissen als Kopfgeldjäger. Von den Gefährten die kamen und wieder gingen. Von den verschiedenen Bestien die er schon besiegt hatte. Und von der Geburt seiner drei Kinder. Einem Jungen und zwei Mädchen. Leider musste er sie verlassen, so wie es sein Vater bei ihm tat. Er gehörte einem Volk an, welches nie lange im Kreis von Menschen, Zwergen oder anderen Lebewesen verweilen konnte. Niemand akzeptierte ihn und seinesgleichen. Nur die Geschöpfe des Waldes nahmen sie auf.

"Tja mein Freund. Dies ist der Fluch jeder aussterbenden Rasse. Wenn wir nicht benötigt werden, haben wir keinen Wert mehr."

Das Pelztier fiepte mitleidig.

"Aber was sollen diese traurigen Gedanken? Ich lebe noch und habe in dir einen neuen Weggefährten gefunden."

Glücklich fiepte Eiso und betrachtete von der Schulter des Mannes aus, die für ihn neue

Umgebung.
 

561 n.A. im dritten Monat Kalind, Königreich Tunan, Kadonisches Meer
 

Es klopfte an der Tür und ein leicht gerüsteter Soldat trat zur Tür herein.

"Bitte Entschuldigt die Störung aber wir werden bald in den Hafen von Antos einlaufen."

"Gut."

Antwortete Sinthal knapp. Noch zwei oder drei Tage und er würde die Hauptstadt erreichen. Wenn er Glück hatte sogar sein Ziel. Aber selbst wenn die Prinzessin nicht auffindbar sein sollte, so hatte er einen Plan was er tun konnte. Er würde dem König von Tunan einen kleinen Besuch abstatten. Das wäre bestimmt eine gelungene Überraschung. Außerdem würde er gerne den Anführer des Spionagenetzwerkes kennen lernen. Immerhin waren die Spione ihre härtesten Konkurrenten. Lächelnd spielte er mit einem seiner Dolche. Ließ den Griff der Waffe in der Hand kreisen, während er in der anderen eines seiner kleinen Giftfläschchen hielt.

"Ich frage mich, wie du so bist, König Iroikhan. Und vor allem, was du im Kampf gegen einen Assasinen ausrichten kannst."

Ein hinterhältiges, gemeines kichern konnte er sich nicht verkneifen. Er würde ihn zwar nicht töten aber dem König einen Denkzettel zu verpassen konnte bestimmt nicht schaden. Wenn er seinen Auftrag in der Stadt nicht gleich zu einem Abschluss bringen kann, dann würde er sich wenigstens ein wenig Spaß gönnen.

"Unbemerkt in die am besten gesicherte Stadt ein- und danach wieder Ausbrechen. Wenn das mal eine Herausforderung ist."

Der Mann grinste.

"Ihr werdet euch noch wundern ihr tollen Spione. Das was ihr damals in Aganon vollbracht habt, dass werde ich in Taskan wiederholen und zwar ohne mir danach noch Verfolger vom Hals schaffen zu müssen. Ich werde über euch kommen wie ein Schatten in der Nacht. Ihr werdet mich nicht bemerken."



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