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Cruel Nature

von

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Shizuka gegen Meadow

Shizuka gegen Meadow
 

„Hat ja nicht viel gebracht, uns einzusperren“, flötet Keisuke, als er über die zerschmetterte Tür in den Korridor hinaus steigt.

„Mein Vater weiß, dass es für mich kein Problem ist, aus einem verschlossenen Zimmer raus zu kommen“, sagt Raito ernst; „Da stimmt etwas nicht...“

„Darüber machen wir uns später Gedanken“, seufzt Miho. Ihr steht ins Gesicht geschrieben, dass ihre stressfreie Zeit gerade ihr Ende gefunden hat.

„Bevor wir fliehen müssen wir Yuri und Frau Lilienfeld finden und mitnehmen“, schlägt Keisuke vor.

„Okay, aber ich möchte vorher noch ein paar Sachen aus unserem Zimmer holen“, äußert seine Schwester und will schon losgehen, da ruft Samuel ihr hinterher: „Bist du blöd oder so? Alleine ist es viel zu gefährlich!“

Sauer dreht sie sich zu ihm um: „Wenn wir jetzt alle zurück rennen, verlieren wir zu viel Zeit, Herr Neunmalklug! Es ist besser, wenn ihr euch um Alexa und Yuri kümmert, während ich das schnell erledige. Übrigens kann ich als Mensch sowieso nicht durch die Fähigkeiten des Vampirkönigs manipuliert werden, ganz im Gegensatz zu euch Männern.“

Das stimmt schon, aber... Keisuke macht sich trotzdem Sorgen. Er könnte sie nicht beschützen, selbst wenn er sie begleiten würde, also wendet er sich vertrauensvoll an Raito: „Kannst du nicht mit ihr gehen? Wir schaffen das schon zu dritt... Aber ich will nicht, dass Miho etwas passiert.“

„Das ist nicht nötig“, sagt Miho schnell, doch ihr Bruder unterbricht sie laut: „Jetzt erlaube mir doch mal, dass ich mir auch Sorgen um dich mache!“

Darauf weiß sie keine Antwort.

Raito schweigt eine Weile, dann seufzt er und sagt: „Einverstanden. Ich komme so schnell wie möglich nach.“

Keisuke bedankt sich aufrichtig. Ohne Raito fühlt er sich zwar nur noch halb so sicher, aber ihre Gruppe würde schnell wieder wachsen, wenn sie Alexa oder Yuri finden.

Bevor sich Raito mit Miho auf den Weg macht, schreitet er zu Shizuka und kramt etwas aus der Innentasche seines schwarzen Mantels.

Ihre Augen werden groß, als er ihr eine Pistole überreicht: „Du bist vorerst der einzige Mensch von euch. Wenn die anderen beiden kontrolliert werden sollten, liegt es an dir, Rage zu töten.“

Vorausgesetzt, sie wird nicht sofort danach vom kontrollierten Samuel besessen gemacht.

Sie will sie zuerst nicht annehmen, doch sie merkt, dass sie keine Wahl hat.

„Ich zeige dir gleich, wie man sie benutzt“, informiert Samuel sie.

Shizuka schluckt. Sie ist kein Mensch, der gerne eine Waffe in der Hand hält.

Raito faltet die Hände zusammen und kurz darauf erscheint vor ihnen eine schattenartige Eule.

„Sie wird euch begleiten. Ihr müsst ihr nur sagen, dass sie mich holen soll, dann kommt sie zu mir zurück und ich helfe euch so schnell ich kann.“ Auf Mihos Frage, warum er ihnen kein stärkeres Wesen zur Verfügung stellt, antwortet er nur: „Das würde nichts bringen, sie werden Rage nicht angreifen, egal, was wir versuchen.“

Die Eule ist somit zumindest eine begrenzte Möglichkeit, mit Raito in Kontakt zu treten.

„Ach, Shizuka“, sagt er noch, bevor er endgültig mit Miho um die Ecke biegt; „Du musst nicht zögern, auf Rage zu schießen. Er ist nicht mein Vater, genau so, wie Emily nicht meine Mutter war. Sie sind nur Mörder, mehr nicht...“

Und so trennen sich die Wege der zwei Truppen vorläufig.
 

„Was?!“ Yuri ist fassungslos. Sie rüttelt so stark sie kann an den Riemen, schafft es aber nicht, sich zu befreien. Sie kann ihre Beine zwar bewegen, aber das bringt ihr jetzt nicht viel.

Für ihren Geschmack wird sie viel zu häufig gefesselt.

„Was soll das heißen, niemand hatte das vor?!“, präzisiert sie ihre Frage; „Warum bin ich dann überhaupt hier?!“

„Weil mein Herr es so befohlen hat“, antwortet Meadow, während er einen der Schränke durchsucht; „Wir wollen noch heute mit den Experimenten anfangen, und du bist die Interessanteste von allen.“

Was redet der Typ da? Ist er verrückt? Was für Experimente?

Er scheint gefunden zu haben, wonach er gesucht hat: Eine durchsichtige, kleine Ampulle.

Gelassen füllt er sie mit einer hellblauen, fast transparenten Substanz aus einem Fläschchen und setzt sie in eine Spritze ein.

„Du bist ein Mensch, der durch die Kraft eines Vampirs zu etwas ganz Neuem gemacht wurde. Ein Tiermensch, wenn man es so ausdrücken kann.“

Ohne zu zögern geht er mit der Spritze auf sie zu.

Er will doch nicht etwa?!

„Wissen Sie, junge Dame... Was über die Vampire wirklich noch ein Geheimnis ist, sind ihre besonderen Fähigkeiten, wie sie zustande kommen, ob sie wissenschaftlich erklärbar sind... Mein Herr interessiert sich schon eine lange Zeit dafür. Ich werde ihm assistieren.“

„Aber ich bin nicht euer Versuchskaninchen! Lass mich gehen!“, schreit sie ihn an, doch er ist sichtlich unbeeindruckt.

„Das ist nur ein Beruhigungsmittel. Damit diese Sache etwas diplomatischer von statten geht“, erläutert Meadow ohne den leisesten Anklang Ironie in der Stimme.

Yuri will das nicht mit sich machen lassen! Verdammt, wenn jetzt niemand kommt und sie rettet...

Es kommt niemand.

Aber etwas anderes passiert.

Kurz bevor Meadow ihr seelenruhig die Droge injizieren kann, ertönt eine elektronisch klingende Melodie aus seiner Tasche.

Sein Handy?

Er lässt von ihr ab und holt tatsächlich ein Handy aus der Tasche.

Nach einem kurzen Blick darauf klickt er auf eine Taste und die Melodie verstummt.

„Die anderen Gäste haben gewaltsam das Zimmer verlassen“, klärt Meadow die verwirrte Yuri auf; „Wir hatten für diesen Fall einen Sensor in der Tür eingebaut, der mich benachrichtigt. Diese Aktion kann man als eindeutige Antwort auf das Angebot meines Herrn werten.“

Die Antwort 'nein'.

Meadow prüft noch einmal schnell, ob Yuri sich auch wirklich nicht losreißen könnte, dann verlässt er das Krankenzimmer.
 

Mit dem Flammenwerfer ist er ein gefährlicher Gegner, doch auch Alexa ist nicht unvorbereitet.

Hastig huscht sie durch die Regale und wird dabei von Rage verfolgt, der eine Spur aus Feuer und Rauch hinterlässt.

Normalerweise würde er sich niemals die Mühe machen, einen Angestellten selbst zu töten, aber da bereits das ganze Personal gestorben ist, bleibt ihm nichts anderes übrig.

Wie auch immer, Alexa empfindet es nicht als Ehre.

Sie rennt zwischen den Bücherregalen immer weiter geradeaus, bis sie an die Wand stößt, eine Sackgasse.

Mit einem hochmütigen Lächeln richtet Rage seinen Schlauch auf sie, doch als er feuern will, ist sie diejenige, die grinst. Mit einem gezielten Kick gegen ein Bücherregal entsteht eine Art Domino-Effekt, der dazu führt, dass einige Regale auf den Körper des Vampirkönigs fallen.

Vermutlich lebt er noch, aber Alexa hat keine Zeit, jetzt lange nachzudenken. Sie klettert über die umgefallenen Regale und eilt zur Tür, während sich das Feuer weiter ausbreitet.

Doch blitzschnell greift von unten eine Hand nach ihrem Bein und zieht sie nach unten.

Erschrocken fällt Alexa zu Boden – es ist Rages Hand, die da unter den Regalen hervor kommt.

Er lebt also wirklich noch! Panisch versucht sie, sich loszureißen, doch es ist sinnlos.

Ihr Gegner hat sie fest gepackt, und schon im nächsten Moment erhebt er sich unter den Regalen und steht langsam auf. Sein weißer Anzug wurde ganz schön stark in Mitleidenschaft gezogen.

Zornig starrt er Alexa an, um sie herum lodern die Flammen.

„Das Spiel ist aus“, knurrt er; „Du warst eine würdige Gegnerin.“

Mit immenser Kraft schleudert er sie viele Meter weit an ein Bücherregal; der Wurf ist so stark, dass wieder eine Kettenreaktion ausgelöst wird und Alexa unter vielen schweren Regalen begräbt.

„Ich wette so wolltest du schon immer sterben“, sagt Rage abfällig.

Sein schöner Anzug! Genervt verlässt er die in Flammen stehende Bibliothek.

Im Korridor hört er ein lautes, metallisches Geräusch, und kurz darauf fahren dicke, stählerne Gitter an den Innen- und Außenseiten der Fenster herunter.

„Sie sind also ausgebrochen“, stellt der Vampirkönig fest.
 

„Was ist das?“ Keisuke bleibt verwirrt stehen, als er merkt, dass es immer dunkler wird.

Die Fensterfront neben ihnen wird durch Stahlgitter schnell abgeriegelt, sodass sie am Ende kaum noch Licht hineinlassen würden. Zeitgleich schaltet sich automatisch alle elektrischen Lampen an.

„Da steckt garantiert der König hinter...“, murmelt Samuel und seufzt.

„Heißt das, das ganze Schloss ist abgeschirmt?“, fragt Keisuke und untersucht die Gitter.

Würden Raitos Schattentiere in der Lage sein, sie zu durchdringen?

Wenn nein, würden sie wirklich gegen den König kämpfen müssen...

„Rage hat irgendwie rausgefunden, dass wir aus dem Zimmer entkommen konnten. Es ist noch nicht sechs Uhr. Wir haben zwar nur zwei Gegner, aber sie sind besser organisiert als wir. Und sie haben Geiseln“, erklärt Samuel und führt sie weiter durch das Schloss.

„Sei nicht so pessimistisch“, ermahnt Keisuke ihn, und sieht dann zu Shizuka rüber, die schon eine ganze Weile die Pistole in ihren Händen anstarrt.

Besorgt fragt er sie, ob alles in Ordnung sei.

Zuerst antwortet sie nicht, doch dann atmet sie tief durch: „Kümmer dich jetzt nicht um mich, es geht schon. Aber ich möchte diese Waffe nicht benutzen, ich möchte niemanden auf dem Gewissen haben...“

„Dann gib sie mir“, fordert Keisuke sie auf.

„Das kann ich nicht! Wenn ihr vom König kontrolliert werdet...“

„Was dann? Dann kann er dich durch Samuel kontrollieren, und dann ist es doch egal, wer die Waffe hat, oder?“, argumentiert Keisuke.

Er will das Ding nicht unbedingt haben, aber wenn es ihr unangenehm ist, die Pistole zu halten, dann tut er ihr damit vielleicht einen Gefallen.

„Es reicht“, mischt Samuel sich wieder ein: „Vergesst nicht, dass es zwei Schritte sind, bis Rage Shizuka kontrollieren kann. Außerdem hat Raito die Waffe ihr gegeben, nicht dir. Du hast doch einen Dolch von ihm bekommen.“

Es ist sinnlos, weiter mit ihnen zu diskutieren.

„Wo gehen wir überhaupt hin?“, fragt Keisuke nach einer Zeit.

„In die Eingangshalle, von dort können wir sowohl das Krankenzimmer, als auch die Bibliothek schnell erreichen“, antwortet Samuel; „Und jetzt stell nicht immer so viele Fragen.“

Sie können nur hoffen, dass Alexa und Yuri wirklich dort sind.

Nach ein paar Minuten gehen sie eine Treppe hinunter und finden sich in der riesigen Eingangshalle wieder. Leider ist hier auch alles von den dicken Stahlgittern umgeben.

Jetzt sind sie schon beim Ausgang und können trotzdem nicht raus. Genial.

Samuel ist so nett, den Jugendlichen die Entscheidung zu überlassen:

„Wo gehen wir jetzt zuerst hin?“

Diese Frage hat eine leichte Ähnlichkeit mit: „Wer ist es mehr wert, gerettet zu werden?“

Keisuke und Shizuka schauen sich an: „Wer ist denn näher dran?“

Ihr Begleiter nimmt sich kurz Zeit, ihnen die Struktur dieser Etage zu erklären: „Von der Eingangshalle führen vier Treppen nach oben, und es gibt vier Gänge, die in jeweils andere Räume des Schlosses führen. Wir sind beim Vordereingang des Gebäudes, also führt der Weg hier links zu den Krankenzimmern. Der Gang hinten rechts bringt uns dagegen in die Bibliothek.“

Er kennt sich hier wirklich gut aus. Bestimmt war er schon öfter hier.

„Dann ist Yuri also...“, fängt Keisuke an, wird aber jäh unterbrochen: Zwei Männer kommen viele Meter entfernt aus dem Gang, hinter dem laut Samuel die Bibliothek liegt.

Es sind Rage Halo und George Meadow.

„Verdammt! Was ist mit Frau Lilienfeld?!“, ruft Keisuke erschrocken, wodurch die beiden Vampire erst aufmerksam auf ihn werden.

„Er wird uns gleich kontrollieren!“, warnt Shizuka panisch.

„Ganz ruhig“, flüstert Samuel; „Die Kontrollfähigkeiten klappen nur ab einer bestimmten Entfernung. Das ist bei mir und bei ihm so. Wenn wir ihm nicht zu nahe kommen, kann er uns nicht seinen Willen aufzwingen.“

Das ist gut zu wissen, denn nun kommen die beiden Feinde auf sie zu.

„Keisuke, schnell, geh Yuri retten!“, sagt Shizuka ängstlich; „W-wir machen das schon!“

„Aber...“

„Keine Zeit! Keisuke, lauf!“

Er schluckt: „Viel Glück!“

Hastig rennt er nach hinten weg, in den Gang, der ihn zum Krankenzimmer bringen soll.

Aber wo ist das genau? Er hat seinen Plan nicht dabei!

Es bleibt ihm nichts anderes übrig, als jede Tür zu untersuchen.
 

„Wo rennt denn euer Freund hin?“, lacht Rage und kommt immer näher.

Samuel und Shizuka müssen mit jedem Schritt, den der König macht, etwas zurückweichen, doch gleichzeitig dürfen sie ihn und Meadow nicht durchlassen.

Das ist ein Problem.

„Mein Herr, ich glaube, er will das Fuchsmädchen befreien“, nimmt Meadow an, und Rage nickt verstehend: „Ah, ja, so muss es sein... Wir werden uns später beide krallen. Aber vorher...“

Er richtet sich an Samuel und Shizuka: „Habt ihr über mein Angebot nachgedacht? Wir mussten leider ein paar Vorsichtsmaßnahmen treffen, damit ihr nicht so einfach entkommt, aber...“

„Spare dir das Gerede, du alter Sack“, schnaubt Samuel.

Seine roten Augen fixieren die des Königs.

„Wir werden nicht kooperieren“, sagt Shizuka leise, aber entschlossen.

Sie wendet sich an die schattenhafte Eule, die sie schon seit einigen Minuten begleitet, und bittet sie darum, Raito so schnell wie möglich zu holen.

Dann richtet sie zittrig ihre Waffe auf ihre Gegner: „B-bleibt stehen...“

Rage zeigt keine Spur von Angst. Er nickt Meadow einmal kurz zu, welcher daraufhin verschwindet.

Oh nein, er hat sich unsichtbar gemacht!

Ratlos hält sie die Pistole in die Luft. Wo ist er?!

„Wenn ihr nicht kooperiert“, lächelt der König; „müssen wir euch ausschalten.“

Gemütlich geht er nun selbst einige Schritte zurück.

„Erschieß ihn, Shizuka!“, fordert Samuel sie auf, während er seine Metallkrallen anlegt, aber sie schüttelt den Kopf: „Er ist zu weit weg! Außerdem ist Meadow hier irgendwo!“

Verzweifelt läuft sie etwas hin und her.

Sie würde Rage jetzt nicht treffen, wenn sie es versuchen würde. Er ist erstens zu weit entfernt, und zweitens hatte sie in ihrem ganzen Leben noch nie eine Schusswaffe in der Hand.

„Dann werde ich...“, murmelt Samuel und bereitet sich darauf vor, Shizuka zu kontrollieren, um selbst zu schießen, doch dann schneidet ihn etwas am Arm.

Samuel stöhnt auf vor Schmerz und geht ein paar Schritte zurück. Das war Meadow!

Shizuka wird noch panischer, als sie den blutigen Schnitt an seinen Oberarm sieht und hält die Waffe nun in Samuels Richtung.

Rage steht nur hinten, mit den Händen in den Taschen seines Jacketts, und lacht vergnügt.

Im nächsten Moment fliegt Shizuka ihre Waffe aus der Hand.

Kreidebleich geht sie ein paar Schritte zurück. Was soll sie machen? Sie aufheben...?

Hastig stellt Samuel sich vor Shizuka und ruft: „Ich bin euer Gegner, ihr Mistkerle!“

Er beschützt sie tatsächlich?

Dies stellt sich als kleiner Irrtum ihrerseits heraus, denn sie verliert kurz das Bewusstsein und hält plötzlich die Pistole wieder in der Hand.

Samuel hat sie also kontrolliert!

„Lass sie dir nicht noch einmal wegnehmen!“, fährt Samuel sie an; „Oder willst du, dass Meadow die Möglichkeit bekommt, damit auf uns zu schießen?“

Plötzlich duckt Samuel sich.

Shizuka spürt einen Luftzug, Meadow muss ihn gerade angegriffen haben!

Ihr Gefährte bleibt nicht lange am Boden sondern springt sofort wieder auf, um direkt den nächsten, nicht sichtbaren Angriff von Meadow auszuweichen.

Wie macht er das nur? Kann er ihn etwa sehen?

Samuel scheint ein weiteres Mal zur Seite zu springen, um auszuweichen, aber dieses Mal ist es eine Täuschung: Er dreht sich ruckartig um und attackiert mit seinen Krallen anscheinend die Luft.

Doch als Bluttropfen auf den Boden fallen, weiß Shizuka, dass er getroffen hat.

Aber wie ist das möglich?

Sogar Rage scheint das nicht erwartet zu haben.

Ein paar Meter vor Samuel wird Meadow anschließend sichtbar.

Sein Rücken hat große, blutige Kratzspuren. An der Stelle wurde er also erwischt.

In seiner Hand befindet sich ein kleines, aber dennoch sehr scharfes Messer.

Ohne eine Emotion im Gesicht zu haben fragt er Samuel: „Meine Hochachtung. Ich habe dich unterschätzt, dafür möchte ich um Entschuldigung bitten. Aber verrate mir, warum kannst du mich anscheinend sehen? Das würde mich wirklich interessieren.“

Samuel schnaubt: „Ich kann dich nicht sehen.“

Meadow hebt eine Augenbraue: „Aber dann verstehe ich nicht, wie...“

„Du bist ein wirklicher Gentleman, Herr Meadow!“, lacht Samuel plötzlich; „Du hast sogar ein dezentes Herrenparfüm aufgelegt. Oh ja, das fällt mir auf. Zufällig besitze ich das selbe, Alexa hat es mir zum Geburtstag geschenkt.“

Das ist das erste Mal, dass man in Meadows Gesicht puren Schrecken sieht: „Du... hast mich gerochen?“

„So ist es. Bricht für dich jetzt eine Welt zusammen, du Schnösel?“, höhnt Samuel, obwohl diese Bezeichnung genau so gut auf ihn selbst zutrifft; „Ach, ich verstehe... Du kannst nicht gut kämpfen, oder? Deine Stärke ist nur, dich unsichtbar an deine Feinde anzuschleichen, um sie dann in aller Seelenruhe zu töten, richtig?“

Entsetzt starrt Meadow ihn an: Ertappt.

„Vorsicht, Samuel!“, kreischt Shizuka.

Rage hat seinen Posten als Zuschauer aufgegeben und nähert sich ihnen nun.

Samuel weicht sofort zurück, um nicht kontrolliert zu werden, aber Shizuka hebt ihre Pistole und ruft: „Bleib sofort stehen! Sonst...“

„Sonst was? Willst du mich erschießen?“, grinst Rage.

Sie muss es tun! Sie hat keine Wahl! Sonst sind sie geliefert!

Zögerlich entsichert sie die Waffe.

Vielleicht reicht es ja aus, ihn ins Bein zu schießen, damit er nicht noch näher kommen kann.

Doch als sie aufs Bein zielt, zerspringt ihre Pistole plötzlich.

Erschrocken lässt sie die Teile fallen: „Ah, was...?!“

Meadow steht vor ihr: „Ja, ich mag nicht sehr stark sein, aber dieses Skalpell ist diamantgehärtet und extrem scharf.“

Er hat tatsächlich die Pistole mit seinem Messer zerstört! Unmöglich!

Jetzt holt er nach hinten mit seiner Waffe aus, um der fassungslosen Shizuka den Rest zu geben, doch er erwischt sie nicht.

Stattdessen steckt sein Skalpell im Bauch von Samuel.

„Neiiin!“, schreit sie, als sie sieht, wie sich dessen Anzug rot färbt.

Samuel atmet schwer, doch er sackt nicht zu Boden sondern richtet seine Krallen auf Meadow, sodass dieser zurückweicht.

„Tut mir leid“, hustet er; „aber...“

Er sackt langsam zu Boden.

Sie kann es nicht glauben, er hat ihr tatsächlich das Leben gerettet.

Das hätte sie niemals von ihm erwartet.

Was sollen sie machen, was nur?

Da kommt ihr eine Idee. Sie mag verrückt sein, aber womöglich ist es ihre letzte Hoffnung.

„Hast du noch genug Energie, um deine Kraft einzusetzen?“, fragt sie Samuel leise.

Dieser nickt.

„Dann gib mir deine Krallen. Ich leihe dir meinen Körper. Wenn du mich kontrollierst, und mich als Waffe benutzt, haben wir eine Chance.“

Sie weiß gar nicht, was sie da sagt, aber es ist ihr egal, denn ihnen fehlt die Zeit, groß nachzudenken. Das hier ist kein Spiel, es geht um Leben und Tod.

„Du könntest... sterben...“, flüstert Samuel, aber Shizuka sagt mit Tränen in den Augen: „Wenn wir es nicht versuchen, sterbe ich auf jeden Fall! Bitte...!“

Er nickt und wirft seine Metallkrallen ab: „Bereit?“

„Ja!“, entgegnet sie und im nächsten Moment dringt Samuel in ihren Kopf ein, steuert sie so, dass sie sich die Krallen korrekt anzieht und lässt sie in Kampfhaltung aufstehen.

„Na was wird das denn?“, lacht der König; „Der Schwerverletzte steuert das Mädel. Großartig. Ich denke, ich werde einfach....“

Shizuka rennt wortlos auf Rage zu und greift in rasender Geschwindigkeit an, dieser springt erschrocken ein paar Meter zurück.

Samuel darf nicht zulassen, dass er ihm zu nahe kommt, sonst kann er ihn kontrollieren, und alles wäre sinnlos.

Aber er kann Shizuka nicht länger beim König stehen lassen, Meadow ist schließlich auch noch da und macht sich wieder unsichtbar.

„Das kannst du vergessen“, sagt Samuel durch Shizukas Körper; „Ich kann dich auch riechen, wenn ich dir in diesem Körper begegne.“

Gesagt, getan. Shizuka stürmt in Richtung Herrenparfüm, und schlägt mehrmals mit den Krallen quer durch die Luft.

Dieses Mal wird er jedoch nicht getroffen, aber zumindest reicht es dafür, dass er sich sichtbar macht: „Du bist wirklich kein Edelmann. Ein junges Mädchen für dich kämpfen lassen...“

Langsam spürt Samuel, wie seine Konzentration nachlässt.

Verdammt, er darf nicht aufgeben, aber seine Wunde schmerzt höllisch!

Meadow zückt sein Messer und greift Shizuka spontan mit einem Stich an, den sie im letzten Moment pariert.

„Deine Reaktionsgeschwindigkeit ist nicht schlecht, wenn man bedenkt, dass dies nicht dein Körper ist“, lobt Meadow, bekommt aber nur ein „Halt den Mund“ zur Antwort.

Wenn das Skalpell nicht so dünn wäre, würde eine Hand reichen, um es abzuwehren, aber so kann Samuel nicht viel tun.

Er wartet, bis Meadow von ihr ablässt und bringt sie dann dazu, mit den Krallen immer wieder seine Hand, in der er das Messer hält, anzugreifen.

Meadow ist nicht so dumm, den Fehler zu machen und seine Waffe hinter den Rücken zu halten. Dann hätte Samuel leichtes Spiel, weil er ihn nur frontal aufschlitzen müsste.

Aber so kommt ihr Gegner zumindest nicht zum Angriff.

„Meadow! Komm her!“, ruft der König und schon im nächsten Moment wird Meadow unsichtbar.

Jetzt kann man ihn nicht so leicht anhand des Geruchs aufspüren, da er sich von Shizuka und Samuel entfernt statt ihnen näher zu kommen.

Rage kommt ihm ein bisschen entgegen, und als nun noch ungefähr sechs Meter zwischen den beiden liegen, ruft er: „Was die können, können wir schon lange! Mach dich bereit!“

Wie es sich für einen Diener gehört, verneigt Meadow sich und im nächsten Moment dreht er sich wieder um, um auf Shizuka los zu stürmen.

Er ist viel schneller als vorhin!

Kann es etwa sein, dass... Der König kontrolliert Meadow, damit dieser besser kämpfen kann?

Das ist schlecht, Samuel muss sich ja schon zusammenreißen, um nicht ohnmächtig zu werden.

Ihm bleibt keine Wahl. Er hält seine Verbindung zu Shizuka aufrecht und lässt sie Meadows Angriff ausweichen, doch das klappt nicht immer. Meadow erwischt ihre Hüfte, und sofort fließt Blut aus der Wunde.

Shizuka selbst spürt davon momentan zwar nichts, aber Samuel muss trotzdem aufpassen.

Mit rasender Geschwindigkeit säbelt Meadow ihr in Richtung Gesicht, doch Samuel lässt sie einen gekonnten Sprung nach hinten machen.

Ein paar von Shizukas Haaren fallen zu Boden – ihr Pony ist ruiniert.

Das war wirklich knapp, noch ein paar Millimeter und sie wäre tot gewesen.

Nun steht sie mit dem Rücken zur Wand.

Gerade will Samuel sie in eine andere Position bringen, doch seine Wunde schmerzt und blutet immer schlimmer. Stöhnend richtet er sich auf – seine Kraft verlässt ihn.

Auch wenn er sich zusammenreißt, er kann die Kontrolle über Shizuka nicht länger behalten.

„Ah!“, schreit sie und greift sich an die Hüfte.

Erst jetzt wird der Schmerz für sie spürbar.

Doch ihr wird auch schnell klar, in welcher Gefahr sie sich befindet, denn Meadow rammt sein Messer direkt neben sie in die Wand.

„Mist, daneben“, flucht Rage und versucht durch seinen Diener, das Skalpell wieder aus der Wand zu ziehen.

Voller Angst spurtet Shizuka geduckt los, um sich von ihm zu entfernen.

„Was ist nur passiert?“, fragt sie sich ängstlich und wirft einen Blick auf Samuel, der an der gegenüberliegenden Wand lehnt und schwer atmet.

Sofort rennt sie zu ihm und wirft die Metallkrallen ab, um ihn stützen zu können, doch er lässt sich nicht bewegen.

„Verdammt“, knurrt er; „Ich habe keine Kraft mehr. Ich kann mich kaum noch... auf den Beinen halten...“

Unglaublich viel Blut fließt aus seiner Wunde und färbt sein Hemd und seinen Anzug rot.

Besorgt fasst Shizuka sich an den Kopf: „Was mache ich denn jetzt? Alleine kann ich doch nicht...“

Sein Gesichtsausdruck wird plötzlich zornig, er stemmt sich an der Wand ab und drückt Shizuka hinter sich.

„Was machst du da?“, schreit sie erschrocken und dreht sich um.

Meadow hat von Hinten einen Angriff gewagt.

Mit seinem Skalpell hätte er Shizuka vermutlich umgebracht.

Jetzt steckt es in der Brust von Samuel, der schmerzerfüllt aufstöhnt und dann zusammensackt.

„Neiiin!!!“, kreischt Shizuka und beugt seinen Körper etwas vor.

Samuel spuckt Blut, das auf ihrer Jeans landet.

Das Messer steckt nach wie vor in seiner Brust, mit seiner blutüberströmten Hand krallt er sich geradezu an Shizuka fest.

„Du hast mich schon wieder gerettet“, flüstert sie und vergießt ein paar Tränen, die auf sein Gesicht tropfen; „Warum machst du das? Du wirst das... nicht überleben...“

Der blonde Vampir hustet zweimal und auch dabei fließt Blut aus seinem Mund.

„Shizuka...“, sagt er leise; „Ich glaube, ich habe mich nie dafür entschuldigt, was ich deinen Eltern... und dir angetan habe...“

Ausgerechnet davon spricht er jetzt, jetzt, wo er ihr Leben gerettet hat?

Er sollte seine Energie lieber sparen!

„Es tut... mir leid... dass ich dein Leben zerstört habe... dass ich deine Eltern umgebracht habe...“

Sie merkt, wie er immer schwerer wird.

Unter Tränen klammert sie sich an ihn fest: „Nein, ich verzeihe dir! Ich verzeihe dir, was du getan hast! Bitte, stirb nicht! Du darfst nicht sterben! Lass mich nicht alleine!“

Während ihre Stimme immer verzweifelter wird, wird sein Atem immer schwächer.

Als er dann friedlich die Augen schließt, sogar mit einem Lächeln auf dem Gesicht, fängt sie an, ihn zu rütteln und anzuschreien: „Nein! Nein, nicht! Samuel! Samuel!!!“

Er wacht nicht auf. Er hat sein Leben für sie geopfert. Weinend drückt sie ihn an sich.

Warum musste es nur so weit kommen?

Schon wieder ist jemand gestorben.

Warum nur? Nimmt das Töten denn nie ein Ende?

Meadow steht direkt hinter ihr.

Wahrscheinlich wird er sie jede Sekunde umbringen, aber es ist ihr egal.

„Schon wieder einer weniger“, flötet Rage hinten; „Das war eigentlich nicht mein Plan, aber meiner Berechnung nach sind wir noch sieben in diesem Schloss.“

Als Meadow wieder mit seiner gewöhnlichen, ehrerbietigen Stimme spricht, ist klar, dass er nicht mehr vom König kontrolliert wird: „Mein Herr, was sollen wir mit dem Mädchen machen?“

„Schick sie ins Reich der Träume“, blafft Rage und lacht schallend.

Eine Sekunde später wird Shizuka von Meadow bewusstlos geschlagen.

Ausdruckslos bricht sie neben Samuel auf dem Boden zusammen.

„Sehr gut, wir tragen sie gleich weg. Aber zuerst...“

Der Vampirkönig unterbricht sich selbst, denn er sieht, wer am anderen Ende der Halle gerade aus dem Gang schreitet.

Es ist niemand anderes als ein ziemlich wütender Raito.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von: abgemeldet
2011-12-01T21:07:45+00:00 01.12.2011 22:07
Wie ... wie konntest du ... nur?
Aleeeexaaa...
Von:  LittleLuna
2010-10-10T11:02:51+00:00 10.10.2010 13:02
Aww, Samuel ist ja voll lieb. Du solltest mal aufhören die guten Charaktere sterben zu lassen >:(
Ich sehe schon das Ende vor mir: Keisuke ist der einzige überlebende. Er steht allein im verlassenen Schloss, umringt von seinen toten Kameraden und denkt: "Meine Familie und Freunde sind tot, ich habe keine Heimat mehr und ich bin nach wie vor ein Vampir. Mein Leben ist die Hölle, ich will es nicht in alle Ewigkeit so weiter führen."
Dann springt er von der nächsten Klippe und krepiert. ende
(ja, so viel fantasie XD)
Aber mal ernsthaft, wenn das Ende wirklich so aussehn soll, hast du ganz schönen Mist gebaut.
Hoffe ja, dass du deine Leser nicht entäuschen wirst ^^
Brav weiterschreiben
LG Lunalein :3
Von:  DreamingAngel
2010-10-07T19:45:31+00:00 07.10.2010 21:45
Oha...
Wie konntest du nur... schon wieder einer meiner lieblingscharas Tod
Samuel!!
Er ist genauso wie Tokio...wie kannst du nur?


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