Es schneite.
Überall um ihn herum fielen dicke, weiße, weiche Flocken zu Boden.
Er wischte ein paar der weißen Flocken von seiner schwarzen Hose, schüttelte sie aus der schwarzen Jacke und zog an einer Zigarette, deren glimmende Spitze die einzige Wärmequelle war.
Wie lange er hier schon saß... das wusste er nicht. Er hatte es vergessen, als sich die Kälte des Schnees langsam in seine Haut, in seinen Körper gefressen hatte.
Er war steif gefroren... seine Finger waren blau vor Kälte, sein ganzer Körper zitterte, verzweifelt darum bemüht Wärme zu erzeugen.
Ein Lächeln huschte über seine Lippen, Licht spiegelte sich in einem Piercing, das mit seinem stahlgrauen Silber die Blässe des eingefallenen Gesichtes noch verstärkte.
Die Krankheit hatte es geschafft ihm die Flügel zu brechen.
Seine Freunde, seine Mutter... sein kleiner Bruder. Sie alle nannten ihn ′Butterfly′.
Schmetterling...
Doch der Schmetterling hatte gebrochene Flügel und gebrochene Fühler. Sein Körper war taub, von Schmerzmitteln und aggressiven Chemotherapien zerfressen und betäubt.
Er würde seinen nächsten Geburtstag nicht mehr erleben.
Müde und kraftlos ließ er sich in den Schnee fallen, der sich hinter ihm aufgetürmt hatte und schloss die Augen.
Bald, bald würde es vorbei sein.
Still und ruhig, als würde er träumen, lag er auf dem Klippenvorsprung. Er hatte nie vorgehabt zu springen.
Er wollte nur allein sein.
Er wollte nicht, das jemand an seinem Bett saß und seine Hand hielt, wenn passierte was unaufhaltsam war.
Der Schmetterling hatte den Kampf gegen den Krebs verloren.
Seit Stunden hatte er von hier oben auf das Meer geschaut und sich gefragt, ob er genug Gutes in seinem Leben getan hatte, damit er seine Freunde noch einmal wiedersehen konnte.
Er hoffte es.
Ein Lächeln schlich sich auf seine Lippen, als sich ein Engel in einem weißen Gewand zu ihm gesellte.
„Bereit?“
Die Stimme war in seinem Kopf...aber sie war warm...und machte ihn friedlich.
Nur ein Nicken, mehr brachte er nicht mehr zustande.
Der Engel lächelte und schloss die Arme um den sterbenden Schmetterling, drückte ihn fest an sich.
„Sie werden dich vermissen...“
Als der Tod gegen das Leben gewann, fand eine Schwester in seinem Krankenzimmer einen Brief, adressiert an alle, die ihn liebten.
„Ich werde euch vermissen und auf euch warten. Und solange bis wir uns wiedersehen passe ich von hier oben auf euch auf.“
Am nächsten Morgen hallte ein Aufschrei durch Japan.
Jeder Fernsehsender berichtete und jede Zeitung kämpfte um die beste Titelseite.
„Hakuei, der Sänger der Band Penicillin, verstarb gestern Mittag an den Folgen seiner schweren Krebserkrankung.“
Und die Fernsehsender spielten dabei alle das selbe Lied.
‚Butterfly’.
