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Zwischen Kartoffelerdbeerpüree, Hummerschaum und Schokoladeneis

von

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Ich stand zwischen Paprika und Blumenkohl und beobachtete Kaiba beim Einkaufen. Er kaufte genauso ein, wie er sich gab. Teuer, exklusiv und anspruchsvoll. In seinem Wagen befanden sich bereits handgemachte Bandnudeln aus Italien, eine Flasche bestes (50 Jahre altes) Olivenöl (bei dem er meiner Meinung nach den Namen gleich doppelt mitbezahlte) und Schabefleisch von besten argentinischen Rindern.
 

Doch wer im Glashaus saß, sollte bekanntlich nicht mit Steinen werfen. Der Inhalt meines Einkaufswagens sollte sich etwa mit einer meiner Monatsmieten decken. Doch die Rechnung bezahlte ja das Restaurant und von diesen Zutaten würde auch nichts in meinem hungrigen Lehrlingsmagen landen. Takahiro hatte mich mal wieder losgeschickt, um letzte Zutaten für den Wochenendbetrieb zu besorgen, da uns der Lieferant mal wieder im Stich ließ. Eins musste man ihm aber lassen, die besten Trüffel und frischsten Fische waren immer rechtzeitig da, aber was Fleisch und Obst anging, hatte er anscheinend so seine Probleme. Also schickten mich die Küchenchefs mindestens einmal im Monat für einen Last-Minute Einkauf zum Großhandel von Domino, wo normalerweise nur Großbetriebe wie Restaurants und Zwischenhändler einkaufen durften. Was machte Kaiba dann eigentlich hier?
 

Neugierig, wie ich nun mal war, wurde mein Einkaufswagen als Deckung missbraucht und systematisch an den wandelnden Kühlschrank heran geschoben. Doch dieses Manöver wäre wahrscheinlich gar nicht nötig gewesen. Ein Grinsen stahl sich bei diesem Anblick auf mein Gesicht. Der CEO der Kaiba Kooperation/reichste 19 Jähriger Japans/gefürchtete Verhandlungspartner stand vor einem Gemüseregal und sah sich mit anscheinend genau 20 von 21 angebotenen Tomatensorten zuviel konfrontiert. Inzwischen stand ich fast neben ihm und konnte deswegen einen Hauch Hilflosigkeit in seinem Blick erkennen, auch wenn er sich wie immer gut unter Kontrolle hatte. Aber nur wenige kannten ihn eben so gut wie ich. Dieser Anblick würde mich von jetzt an wohl genauso hartnäckig in meinen Tag- und Nachtträumen verfolgen wie sein dunkelblauer Seidenanzug und seine geschlossenen Augen beim Verspeisen meines Schokoladeneises. Als ob ich bisher nicht schon genug davon gehabt hätte. Doch bevor sich ein weiterer dieser Tagträume verselbstständigen konnte, bewegte sich Kaiba plötzlich. Da ihn das Anstarren des störrischen Nachtschattengewächses nicht weiterbrachte, hatte er sich anscheinend für die Kamikazemethode entschieden. Mit gewohntem Selbstbewusstsein griff er nach einem Bündel blankpolierter Strauchtomaten. Ein Anfängerfehler!

„Wenn die zu Tomatensoße werden sollen, wirst du mit denen nicht viel Freude haben. Nimm lieber die Fleischtomaten dort. Sehen zwar nicht so schick aus, schmecken aber gekocht viel besser.“ Bei diesen Worten nahm ich ihm die Tomaten aus der Hand und gab ihm dafür längliche Exemplare. Kaiba zuckte zusammen und schaute mich geschockt an. Anscheinend hatte der große CEO seinen Lieblingsköter, also mich, wirklich nicht bemerkt.

„Wheeler?“, fragte er fast schon perplex.

„Jap, life und in Farbe, Kaiba“, antwortete ich grinsend und trommelte mit den Fingern auf meinem Einkaufswagen herum. Verdammt, perplex oder nicht, Kaibas Augen gehörten wirklich verboten. Wie sollte ich mich bei diesem blau denn noch auf etwas anderes konzentrieren können?
 

„Was machst du hier, Köter?“, fragte er mich pampig, legte aber die von mir angebotenen Tomaten in seinen Wagen.

„Das könnte ich dich auch fragen, Geldsack.“, erwiderte ich fast schon aus Reflex. Obwohl meine Beleidigung bei weitem nicht mehr so hasserfüllt klang wie früher. Verdammt, diese ungesunde Anziehungskraft des Eiszapfens würde mich noch in Teufelsküche bringen. War ich nicht langsam zu alt für pubertäre Hormonschübe?

„Hast du vor, dich für die nächsten Jahre zu verschulden? Das Essen in deinem Wagen kannst du doch niemals bezahlen.“, erklärte er mir wieder völlig in seiner gewohnten, arroganten Art. Doch das hier war mein Revier, irgendwie jedenfalls. Und ich würde diesen Heimvorteil ausnutzen.

„Ich habe nicht vor, es zu bezahlen. Das macht das Restaurant für mich.“ Noch bevor der letzte Satz meinen Mund verlassen hatte, wurde mir mein Fehler klar. Wieso konnte ich meine verdammte Klappe nicht mal halten? Aber nein, ich wollte ihm ja unbedingt mal beweisen, dass er sich mit seinen Versagersprüchen geirrt hatte. Als ob Kaiba das irgendwann einsehen würde.

„Du bist Koch?“, schlussfolgerte mein Lieblingskühlschrank nach kurzem überlegen. Seine fast schon geschockt klingende Frage trieb mir ein Lächeln aufs Gesicht.

„Gut geraten Kaiba, aber nur 90 von 100 Punkten. Ich werde Koch, wenn alles gut läuft in 3 Jahren.“, war meine Antwort, da er es nun doch schon einmal herausgefunden hatte. Irgendwie war ich auf seine Reaktion gespannt. Und eine Reaktion bekam ich auch, fast postwendend.
 

„Was Töle, jemand ist so verrückt und lässt deine Hundepfoten an Kochtöpfe? Die armen Kunden. Wie viele haben sich denn schon über Hundehaare im Essen beschwert? Oder ist das so eine Art von Kneipe, in der deine Artgenossen sowieso auf dem Teller landen?“ Noch bevor er seine Schimpftriade beendet hatte, harkte etwas in meinem Kopf aus. Ich fühlte mich verletzt, wirklich verletzt, obwohl Kaiba mir schon viel schlimmere Dinge an den Kopf geworfen hatte, und wollte ihm einfach nur in die Fresse schlagen. Was sich mein krankes Gehirn für eine Antwort seinerseits ausgemalt hatte, wusste nicht einmal ich selbst. Aber diese Art von Ablehnung traf mich trotz aller Vorahnung überraschend. So unvorbereitet und berühmt für meine „zuerst reden, dann nachdenken“ Mentalität, packte ich Kaiba an seinem verdammten Mantelkragen.

„Mein Eis hat dir jedenfalls geschmeckt, arroganter Mistkerl.“, zischte ich ihm ins Ohr, und ließ den völlig erstarrten CEO im nächsten Moment wieder los, als hätte ich mich verbrannt. Heilige Scheiße, bloß weg hier! Warum konnte ich nicht einmal meine verdammte Klappe halten, nicht ein einziges Mal?

„Hey Joey, was für einen Zufall, dass wir dich hier treffen!“ Vereitelte ein kleiner Wirbelwind meinen spontanen Plan, Fersengeld zu geben, solange Kaiba sich anscheinend noch in einem Schockzustand befand. Mokuba war plötzlich aus einem der angrenzenden Gänge aufgetaucht.

„Hallo Mokuba, was machst du denn hier?“, versuchte ich mein Unbehagen zu überspielen.

„Naja einkaufen natürlich. Seto hat mir versprochen, dass wir morgen Mittag zusammen kochen, und hier gibt es nun mal die meiste Auswahl.“, plapperte der Kleine munter vor sich hin und ließ ein riesiges Packet besten Parmesans in Kaibas Einkaufswagen fallen.
 

„Du gehst mit Mokuba in den Großhandel einkaufen, wenn ihr zu zweit kochen wollt?“, fragte ich den seltsam ruhigen Eisklotz neben mir. Warum überraschte mich das Ganze eigentlich nicht? Für Kaiba war es wahrscheinlich ganz logisch dort einzukaufen, wo auch seine bevorzugten Restaurants und Privatköche ihre Zutaten besorgten. Logisch auf Kaibaart eben. Dieser Gedanke ließ mich lächeln, doch wenige Sekunden später fiel mir wieder siedendheiß ein, was vor wenigen Augenblicken hier passiert war. Das einzige, was mich jetzt vielleicht noch retten konnte, vor Kaibas Wutanfall oder Mokubas neugierigen Fragen, war ein taktischer Rückzug.

„Ok Mokuba, ich muss jetzt los. Bin spät dran. Viel Spaß beim Kochen! Tschau Kaiba.“ Und schon wetzte ich durch die Gänge davon. Soweit, so gut. Nun hieß es bloß noch so schnell wie möglich zurück zum Restaurant und beten, dass Kaiba sich nicht beim Chef für meinen Rauswurf aussprechen würde. Dann wäre ich echt geliefert.
 

Fast rechnete ich bereits damit, beim Betreten der Küche die Kündigung meines Ausbildungsvertrags vorgehalten zu bekommen. Doch nichts dergleichen geschah und die hektische Betriebsamkeit des Freitagabends tat ihr übriges, um mich von den heutigen Ereignissen abzulenken. Doch wieder einmal unterbrach Takahiro sicherlich wohlgemeint meine Arbeitsmechanik.

„Hey Kleiner, sieht so aus, als hättest du deinen ersten Fan gefunden. Rate mal, wer gerade seinen alten Tisch und explizit dasselbe Schokoladeneis wie letzte Woche verlangt hat!“ Das Wasser, welches ich gerade trank, fand seinen Weg postwendend zurück ins Freie, als ich röchelnd nach Atem rang.
 

„Kaiba?“, krächzte ich hustend und blickte meinen Mentor fast schon panisch an.

„Richtig geraten. Und nun beeil dich, er schien ziemlich ungeduldig. Eigentlich schade, wo man dein Eis doch wirklich genießen sollte.“ Aufmunternd klopfte Takahiro mir auf die Schulter und zog sich dann zurück, während ich mit zitternden Fingern eine einzelne Eiskugel meines Eises auf einem kleinen weißen Teller anrichtete. Was wollte Kaiba hier? Mich bloßstellen, rauswerfen lassen oder doch nur… mein Eis essen? Wie gern hätte ich mich bei diesem Gedanken selbst geschlagen. Natürlich Joey, ganz klar, wie geht es dir denn so in Fantasyland? Doch verdammt noch Mal, wenn er mich schon öffentlich demütigen würde, wollte ich wenigstens dabei sein. Ein kleiner, völlig abgedrehter und anscheinend unter Zuckerschock stehender Teil meines Gehirns hoffte dabei inständig, ihn noch mal mit Genuss essen zu sehen. Doch das würde Kaiba nicht tun, niemals, da er jetzt wusste, wer dieses Eis gemacht hatte. Takahiro ließ mich gehen, schließlich war Kaiba ein verdammt einflussreicher und guter Kunde. Das wäre für jeden Auszubildenden ein sicherer Joberhalt.
 

Nun stand ich also wieder hier, im Schatten der Küchentreppe, und hielt den Atem an. Kaiba saß vor seinem Teller wie ein Kaninchen vor der Schlange. Obwohl ich mir bei der Rollenverteilung nicht ganz so sicher sein konnte. Aber wenn, war Kaiba ein ganz schön selbstbewusstes und Furcht einflößendes Kaninchen. Schließlich wandte er seinen Blick von dem armen Teller ab und ließ ihn blitzschnell durch den Raum schweifen. Eindeutig Schlange. Und das Kaninchen war ich, wurde mir klar, als er mich bemerkte. Seine eisblauen Augen leuchteten fast schon schelmisch. Eine verdammt selbstbewusste Schlange, die wusste, dass ihr Kaninchen nicht mal weglaufen würde.
 

Sein Blick nagelte mich an Ort und Stelle fest, während Kaiba nach seinem Löffel griff und sich eine Portion Eis in den Mund schob. Seine Augenlider flatterten verdächtig, doch er behielt die Augen offen, auf mich gerichtet. Das Gesicht entspannt, wurde das Blau seiner Augen scheinbar ein paar Nuancen dunkler, als sich die kalte Masse in seinem Mund auflöste. Verdammt noch mal, fände ich ihn nicht schon verboten heiß, wäre es spätestens jetzt soweit. Was machte Kaiba da nur? Ich wollte wegsehen, mich sofort aus dem Staub machen, als Stück für Stück die Eiskugel verboten langsam und genussvoll in seinem Mund verschwand. Es trieb mir die Hitze ins Gesicht und meine Hände verkrampften sich in meiner weißen Schürze. Dieser Anblick verleitete mich zu allerlei beunruhigenden Gedanken und ich hatte Angst, eine von diesen in die Tat umzusetzen. Zum Beispiel fragte ich mich, ob ein Kuss Kaibas wohl im Moment mehr nach Schokolade oder Kaffee schmecken würde. Oder ob er sie mit dem gleichen Genuss auch von meinem Körper schlecken würde.
 

Es dauerte keine 2 Minuten, da war der Teller leer und auch der Löffel von letzten Eisresten mit der Zunge gesäubert. Erst jetzt traute ich mich, einen Blick in alle Richtungen zu riskieren. Anscheinend hatte keiner etwas mitbekommen, und die Kellnerinnen waren zum Glück in anderen Zimmern beschäftigt gewesen. Kaibas Tisch war einer für die besten Kunden, ruhig, abschieden und privat im Gegensatz zur Mehrheit der anderen Plätze. Mein Herz hämmerte wie verrückt gegen meinen Brustkorb bei der Erinnerung an seine letzte Aktion. Dieses Szenario würde mich verfolgen, diese verdammten zwei Minuten würden sich in Endlosschleife in meinem Kopf festsetzen, um mich zu jeder noch so unpassenden Gelegenheit wieder einzuholen. Scheiße Kaiba, wusstest du, was du da gerade angerichtet hattest?
 

Apropos Kaiba. Wo war der denn plötzlich abgeblieben? Sein Platz mit dem leeren Teller lag verwaist vor mir. Plötzlich wurde ich im Schatten des Treppenhauses gegen die Wand gepresst. Ein eisblaues Augenpaar musterte mich fast schon hungrig aus nächster Nähe, während seine Hände meine Schultern an der Wand hielten. Atmen oder Reden schien mir noch nie so unnötig die in diesem Moment.

„Gar nicht übel, Hündchen.“, murmelte Kaiba schließlich nur und leckte sich dabei noch einmal über die Lippen. Augenblicke später trat er zurück, hinterließ ein reichliches Trinkgeld auf dem Tisch und verließ das Restaurant. Ich stand noch eine ganze Weile völlig versteinert im Treppenhaus, bis ich mich mit weichen Knien wieder zurück in die Küche bewegte.

Kaibas Weg zu mir führte anscheinend ebenfalls durch seinen Magen.
 

Vielen Dank an xXMomokoXx und Miisha für ihre lieben Kommentare. Und auch an alle anderen Leser, denen ich damit hoffentlich ein kleines bisschen ihren Tag versüßen konnte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Little_Inu
2009-09-15T20:35:30+00:00 15.09.2009 22:35
*mega grins*

die ff is HAMMER! ^______________________^ wah will mehr! (und das schokoeis... wenn wir schon mal dabei sind xD~) woah das is so zucker süß xD aber i-wie bekomm ich da so ein bild nich aus meinem kopf: joey mit arbeitskleidung unter der treppe und seto der ihn küsst *-* XD°°° ich fantasiere zu viel ^___^° njoa XD

deine ff is so schön realistisch geschrieben xD jedem wäre das mit dem eis rausgerutsch *g* so wie kats xD
aber ich frage mich warum ihm noch nichts bei seinem boss über kaiba rausgerutscht ist xDDD ist doch sonst so ein hitzkopf *g* ja ja... ^^
aber wie gesagt xD ich fantasiere...

freu mich aufs nächste kapp *g*


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