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Sengoku-Jidai Chronicles - Zeit des Wandels

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo, ihr Lieben!
Ich habe eben nochmal gesehen, wann das letzte Kapitel erschienen ist. Hmm... Eigentlich sollte ich mich gar nicht trauen, mich hier noch zu zeigen... ^^'
Ich weiß, ich bin schrecklich unzuverlässig, das tut mir auch furchtbar leid. Mal mangelte es an der Zeit, dann an der Motivation... Es war ein Teufelskreis. Wenn ich nicht auf Nachrichten von euch eingegangen bin, nehmt mir das bitte nicht krumm. Ich habe euch nicht absichtlich ignoriert oder dergleichen. Im Gegenteil, ich freue mich immer, wenn ihr mich auf die Geschichte ansprecht, selbst nach so langen Pausen zwischen den Kapiteln. Das zeigt mir nämlich wiederum, dass es sich in jedem Fall lohnt, die Story fortzuführen, auch wenn es mal etwas länger dauert, da das Interesse von eurer Seite her nach wie vor besteht. Auch ich selbst möchte auf keinen Fall, dass die Geschichte unvollendet bleibt. Von daher hoffe ich, dass ihr trotzdem weiter dabei bleiben werdet. Ich bedanke mich auf jeden Fall bei allen, die die Story mitverfolgen und vor allem so geduldig auf neue Kapitel warten. Ihr seid super! *sich verbeug*
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Unruhe

Als Kimie letzten Endes zu Sesshoumaru zurückgegangen war, hatte dieser sie bereits erwartet. Und er fackelte auch nicht lange herum, sie mit einer kritischen Frage zu begrüßen, kaum, dass sie hinter sich die Tür geschlossen hatte: „Was hast du mit diesem jungen Fuchs vor? Möchtest du ihm ebenfalls den Kopf verdrehen, wie es schon damals bei Takeshi der Fall war?“

Kimie zog leicht eine Augenbraue hoch.

„Falls das eben als Witz gemeint war, finde ich ihn nicht gerade gelungen“, erwiderte sie trocken. Schließlich war es ja nicht etwa so gewesen, als hätte sie Takeshi damals zu irgendetwas verführen wollen. Damals nicht und dieses Mal ebenfalls nicht.

„Ich wundere mich nur“, sprach Sesshoumaru mit kühler Ruhe weiter. „Du verzeihst dem Kerl, der um ein Haar deinen Sohn getötet hätte?“

„Unseren Sohn. Und nein, ich verzeihe ihm nicht. Ich wollte nur nicht dabei zusehen, wie du ihn Stück für Stück mit deinen Peitschenhieben zerfetzt.“

„Dann hättest du auch einfach wegbleiben und dich heraushalten können.“

„Mag sein, aber wegschauen ist in so einer Situation nicht so mein Ding. Shirou ist ja fast selbst noch ein Halbstarker.“

Kimie ging zu der Tür des Nebenzimmers, wo Katô lag.

„Deine Leute haben ihn übrigens wieder in den Kerker gebracht. Zumindest musst du also keine Angst davor haben, dass er hier frei herumläuft. Und keine Sorge, ich habe nicht vor, dich darum zu bitten, ihn rauszulassen.“

„Worauf ich in diesem Fall ohnehin nicht eingegangen wäre“, meinte Sesshoumaru strikt. Shirou? Das war also der Name dieses Fuchses? Nun, eine überflüssige Information, wie er fand. Aber die Art und Weise, wie Kimie eben geredet hatte, kannte er ebenfalls gut. So ähnlich hatte sie in der Vergangenheit immer mal geklungen, wenn sie wegen irgendetwas beleidigt gewesen war. Dies schien auch Kimie selbst bewusst zu werden, denn als sie kurz darauf erneut das Wort an Sesshoumaru richtete, klang sie wieder ganz ruhig: „Tut mir leid. Die alte Gewohnheit...“

Manchmal fiel sie eben noch immer in dieses alte Muster zurück, obwohl sie das gar nicht wollte. Und schließlich hatte Sesshoumaru nichts getan, was ihren Unmut gerechtfertigt hätte. Allerdings nahm er Kimie ihr Verhalten nicht übel. Vermutlich war die ganze momentane und auch in gewisser Weise unsichere Situation für sie manchmal einfach zu viel. Kein Wunder, wenn er sich ins Gedächtnis rief, wie die letzten Wochen und Monate für sie gewesen sein mussten.

„Es ist nur so...“, sprach sie nach einem Moment nachdenklich weiter. „Vielleicht... hat Shirou zu Hause ja noch jemanden, der auf ihn wartet. Eine Familie, eine Mutter... Welche liebende Mutter verliert schon gerne ihr Kind?“

Ebenso wenig wie ein Vater. Sesshoumaru konnte zumindest in gewisser Weise nachvollziehen, was Kimie vorhin wohl dazu verleitet hatte, sich einzumischen. Es hatte mal eine Zeit gegeben, da hätte er solchen Bedenken nicht mal irgendeine Form der Beachtung geschenkt. Doch diese Zeiten waren für ihn vorbei. Und er konnte nicht mal von sich behaupten, dass ihm das leid täte.

Als Kimie auf einmal leicht zu husten begann, horchte Sesshoumaru auf. Hatte sie sich erkältet? Wundern würde ihn das nicht wirklich. In letzter Zeit war es schließlich spürbar kühl gewesen. Wortlos holte er eine leichte Decke und legte ihr diese über die Schultern.

„So empfindlich... Ich frage mich immer wieder, wie ihr Menschen es schafft, zu überleben“, meinte er.

„Ach so? Trotzdem bist du dir nicht zu schade, dich mit mir abzugeben.“ Sie lächelte ein wenig neckend. „Aber vielleicht passe ich erstmal ein bisschen besser auf, wegen Katô. Ich möchte nicht, dass er sich vielleicht etwas von mir einfängt.“

Denn wenn sie sich wirklich erkältet hatte, wollte sie den Kleinen auf keinen Fall anstecken.

„Vielleicht täte dir ein heißes Bad ganz gut“, schlug Sesshoumaru vor. Und sicherlich hatte Kakeru etwas in seinem Sortiment an Kräutern, woraus sich ein guter Erkältungstee machen ließe.

„Ja, mag sein“, erwiderte Kimie, als ihr in dem Zusammenhang plötzlich etwas einfiel. „Ach, apropos! Ich habe da mal eine Frage, Sesshoumaru. Die heiße Quelle hier auf dem Schlossgelände... Warum ist es möglich, vom Schloss aus einen Blick auf diese zu werfen? Ich meine, warum gibt es Fenster, von denen aus man sie sehen kann?“

Es wurde ihr erst jetzt so wirklich bewusst, aber seltsamerweise hatte sie sich früher darum gar nicht gekümmert.

Sesshoumaru hingegen war von diesem plötzlichen Themenwechsel zunächst leicht verwirrt, zeigte dies aber nicht. Nach außen hin machte es den Anschein, als wäre es ihm sogar egal. Aber Kimie hatte das doch gewiss nicht ohne Grund erwähnt. Ob etwas vorgefallen war, von dem er noch nichts wusste?

„Diese Fenster bleiben für gewöhnlich geschlossen. Und jeder hier unterlässt es in der Regel, sie zu öffnen. Schon aus Prinzip“, antwortete er schließlich. Was aber nicht wirklich die Frage beantwortete, warum es diese Fenster überhaupt gab, wie Kimie fand. Hatte sich da in grauer Vorzeit etwa jemand einen Scherz erlauben wollen? Von wem genau war das Schloss der Inu-Youkai eigentlich ursprünglich erbaut worden? Vielleicht hatte der Architekt ja sogar unanständige Hintergedanken gehabt?

Nachdem er sich Kimies Worte noch einmal durch den Kopf hatte gehen lassen, wurde Sesshoumarus Blick auf einmal prüfender.

„Die Ryû-Youkai... Hat etwa einer von ihnen...?“

Doch er kam gar nicht dazu seine Frage zu Ende zu stellen, denn Kimie kreuzte sogleich ihre Arme vor ihrem Körper, als wollte sie ihn damit zum Schweigen bringen.

„Hey! Denk jetzt bloß wieder nicht irgendetwas Falsches!“, erwiderte sie eindringlich. Auf keinen Fall würde sie im Zusammenhang mit diesem Thema Akumas oder gar Takeshis Namen erwähnen. Eigentlich hatte die diese Sache Sesshoumaru gegenüber gar nicht erwähnen oder zumindest versuchen wollen, sie nicht allzu offensichtlich anzusprechen. Aber wie üblich gestaltete es sich schwierig, ihn austricksen zu wollen. Offenbar traute er es seinen eigenen Leuten nicht zu, dass diese so dreist gewesen wären, einen verbotenen Blick durch eines dieser Fenster zu werfen. Den Ryû-Youkai hingegen dafür aber umso mehr.

Die beiden kamen nicht dazu, sich weiter darüber zu unterhalten, denn sowohl Sesshoumaru als auch Kimie merkten auf, als vom Flur her auf einmal die Stimme von einem der Inu-Youkai zu hören war. Das aktuelle Gespräch mit seiner Gefährtin vorerst ruhen lassend, kehrte Sesshoumaru daraufhin zurück in den Hauptraum seiner Gemächer, ehe er seinem Gefolgsmann die Erlaubnis zum Eintritt gewährte.

„Sesshoumaru-sama. Prinzessin Saori wünscht, Kimie-sama zu sprechen.“

Als sie ihren Namen vernahm, kehrte auch Kimie in den Hauptraum zurück. Saori wollte mit ihr sprechen? Kurz darauf betrat die Prinzessin das Zimmer und verneigte sich.

„Verzeiht bitte die Störung“, begann Saori zu sprechen.

„Ihr stört nicht. Uhm... Stimmt es, dass Ihr mit mir reden wolltet?“, fragte Kimie ein wenig verwundert, woraufhin die Prinzessin nickte und ihren Blick leicht senkte.

„Ich habe von dem Vorfall mit Shirou gehört. Und dass Ihr Euch für ihn eingesetzt habt, Kimie-dono. Dafür wollte ich mich bei Euch bedanken. Und Euch, Sesshoumaru-sama, möchte ich dafür danken, dass Ihr trotz allem sein Leben verschont habt.“

„Ich tat es nicht unbedingt freiwillig. Und erst recht nicht tat ich es für ihn oder für dich“, entgegnete Sesshoumaru gewohnt kühl und mit diesem typisch abweisenden Ton. Zwar spürte er direkt einen leichten Stoß in die Seite, den Kimie ihm mit ihrem Ellenbogen verpasst hatte, blieb davon jedoch gänzlich unbeirrt. „Wieso sprichst du überhaupt erst jetzt von ihm?“, fragte er Saori stattdessen. Immerhin war sie ja die Prinzessin der Füchse. Warum hatte sie es vorhin nicht übernommen, für Shirou zu sprechen und um sein Leben zu bitten? Wenngleich er ohnehin nicht vorgehabt hätte, auf diese Bitte ihrerseits einzugehen, glaubte Sesshoumaru nicht, dass sie nicht bemerkt hatte, was vorgefallen war. Hatte sie sich vielleicht absichtlich zurückgehalten?

„Ich gebe zu, ich habe bemerkt, was geschehen war“, gestand Saori nach kurzen Zögern. „Und ich wollte Euch, Sesshoumaru-sama, zunächst selbst darum bitten, Shirou zu verschonen, aber wie hätte ich das tun sollen? Er wollte schließlich Euren Sohn töten, auch wenn er nur einen Befehl von Kuro hatte ausführen sollen. Mit welchen Argumenten hätte ich Euch von Eurem Vorhaben abhalten können? Mh... Ziemlich erbärmlich von mir, nicht wahr?“

Kimie hatte sich bisher mit Worten zurückgehalten, aber sie konnte es Saori ansehen, dass diese mit der Situation alles andere als glücklich war. Vermutlich fühlte sie sich im Moment ziemlich hilflos. Kein Wunder, war sie immerhin praktisch allein mitten unter Feinden, auch wenn sie gewiss keine Gefangene war.

„Mir scheint, Ihr habt im Moment so einiges um die Ohren, nicht wahr?“, fragte Kimie die Prinzessin. Diese verstand zunächst nicht so ganz, was das bedeuten sollte. Um die Ohren? Offenbar hieß es so etwas wie, dass man viele Dinge hatte, um die man sich kümmern musste oder über die man nachdachte. Und nachgedacht hatte Saori in letzter Zeit in der Tat ziemlich viel.

Als sie den etwas verwunderten Blick seitens Saori bemerkte, lächelte Kimie aufmunternd.

„Man kann nicht immer Haltung bewahren, auch nicht als Prinzessin“, meinte sie. „Ich weiß gar nicht, wie oft ich schon in meinem Leben die Fassung verloren habe oder vor etwas weggelaufen bin. Es waren auf jeden Fall einige Male.“

Und in der Vergangenheit hatte Kimie schon mehr als ein mal die Flinte ins Korn werfen wollen, wenn es nicht immer irgendjemanden gegeben hätte, der sie wieder aus diesem Trott gezogen hätte. Aufzugeben erschien halt in vielen Situationen so viel einfacher, als weiterzumachen und zu kämpfen.

Als Kimie letztendlich auf einmal Saoris Hände ergriff, war die Prinzessin ziemlich überrumpelt, zumal sie mit so einer Geste überhaupt nicht gerechnet hatte.

„Wollt Ihr nicht ein wenig bleiben? Kann ich Euch einen Tee anbieten?“

Einen Tee? Kimie wollte ausgerechnet mit ihr einen Tee trinken? Allerdings war Saori viel zu überrascht, um abzulehnen, weshalb sie nur nicken konnte und ein kurzes „Ja, gerne“ herausbrachte.

Sesshoumaru hingegen zog es vor, die beiden Frauen in Ruhe zu lassen. Also verließ er das Zimmer. Dass sich Kimie ausgerechnet mit Saori so gut zu verstehen versuchte... Aber vielleicht war das keine so schlechte Idee. Trotzdem wollte Sesshoumaru die Prinzessin weiterhin im Auge behalten. Bei Füchsen wusste man schließlich nie so genau, woran man bei ihnen war. Möglicherweise war sein Misstrauen unbegründet, dennoch war Vorsicht bekanntlich besser als Nachsicht. Diesen Leitspruch wollte er in Zukunft häufiger berücksichtigen.
 

Während es so schien, als wäre die Ruhe im Schloss inzwischen wieder eingekehrt, machte sich Takeshi nach wie vor Gedanken bezüglich des seltsamen Gefühls, welches ihn nicht loslassen wollte. Noch immer glaubte er, dass sie alle beobachtet wurden, aber hätten nicht entweder Sesshoumarus oder Akumas Krieger längst etwas entdecken müssen? Immerhin behielten diese sowohl das Schloss als auch die Umgebung genau im Auge.

In dem Zimmer, welches ihm und seinem Bruder zugeteilt worden war, sitzend, starrte Takeshi schon seit geraumer Zeit aus dem Fenster und ließ suchend seinen Blick schweifen. Akuma war das schon länger aufgefallen, weshalb er den Jüngeren schließlich darauf ansprach: „Takeshi, warum bist du so nervös? Ich habe das Gefühl, du bist die letzten Stunden ständig ruhelos.“

Die Anwesenheit des Älteren bisher fast gänzlich außer Acht lassend, drehte sich Takeshi nun zu ihm um.

„Akuma... Hast du nicht auch das Gefühl, dass man uns beobachtet?“

„Beobachtet? Du meinst Spione?“

„Ich bin mir nicht sicher, aber ich werde den Eindruck nicht los, dass irgendjemand da draußen ist.“

Akuma dachte kurz über Takeshis Worte nach. Es würde ihn zumindest nicht überraschen, wenn an diesen etwas dran wäre. Natürlich lag die Vermutung nahe, dass die Füchse ihre Feinde im Blick behielten und deren Schritte verfolgten. Auch wenn den ganzen Tag über nichts Verdächtiges außerhalb der Schlossmauern geschehen war.

„Vielleicht sollte Sesshoumaru darüber nachdenken, Späher ins feindliche Territorium zu schicken“, überlegte Akuma. „Man sollte schließlich immer darüber im Bilde sein, was seine Gegner planen könnten. Das würde einiges einfacher machen.“

„Ich vermute, Sesshoumaru möchte lieber die Verteidigung des Schlosses gewährleistet wissen und deshalb behält er seine Leute hier“, erwiderte Takeshi.

„Mag sein, aber mit Verteidigung allein gewinnt man auf Dauer keinen Kampf“, entgegnete Akuma, wobei es aber mehr so klang, als wäre es ihm weitestgehend egal. Oder zumindest schien er sich keine allzu großen Sorgen zu machen, wobei das ohnehin nicht in seiner Natur lag.

Takeshi hingegen konnte das nicht so einfach. Aber vielleicht wäre ja alles in Ordnung, solange es keinen Angriff gab. Wobei, den letzten Angriff der Füchse hatten sie ja auch relativ leicht abwehren können, allerdings war dort auch das Überraschungsmoment auf der Seite der Inu- und Ryû-Youkai gewesen.

Takeshis Gedanken schweiften irgendwann ab. Was hätte Renhou jetzt wohl getan oder gesagt? In den letzten Jahren hatte er sich häufiger diese oder ähnliche Fragen gestellt. Takeshi hatte sich noch immer nicht so recht daran gewöhnt, dass Renhou längst nicht mehr da war. Manchmal ertappte er sich selbst dabei, wie er Selbstgespräche führte, als wäre dieser mit ihm im selben Zimmer. Denn auch, wenn er sich mit Akuma inzwischen besser verstand, so sprach Takeshi noch längst nicht über alles mit diesem. Anders als damals mit Renhou... Und vielleicht diente es auch dazu, sich selbst ein wenig mehr ein inneres Gefühl der Ruhe zu verschaffen, dass Takeshi ständig Renhous Jian mit sich trug, obgleich er dieses bisher noch nie selbst eingesetzt hatte. Es war, als fühlte er sich dazu nicht berechtigt.

Während er seinen Bruder so beobachtete, meinte Akuma genau zu wissen, was diesem gerade durch den Kopf ging. In der Vergangenheit hatte er Takeshi öfter dabei beobachten können, wie dieser sich scheinbar in seine eigene Gedankenwelt zurückgezogen hatte.

„Hm... Es ist einiges nicht so gelaufen, wie es wohl hätte sein sollen“, meinte Akuma irgendwann im Bezug auf die letzten Geschehnisse hier in Japan vor einigen Jahren. Und irgendwie kam es Takeshi so vor, als wollte sich sein Bruder ein Mal mehr auf seine Weise dafür entschuldigen, dass er sich damals von Naraku so hatte vorführen lassen.

„Kimie erzählte mir, dass Naraku einige Zeit später vernichtet werden konnte“, erzählte der Jüngere nun.

„Ja, ich hörte auch davon“, bestätigte Akuma ruhig. „Ein wenig früher und es hätte uns einiges an Ärger erspart.“

Darin mag ein Funken Wahrheit gelegen haben, trotzdem war er sich dessen bewusst, dass er selbst einen Großteil der Verantwortung dafür trug, dass er einige seiner zuverlässigsten und besten Krieger verloren hatte. Und Takeshi hatte seinen besten Freund verloren, der anders als Akuma stets wie ein großer Bruder auf ihn geachtet und ihn praktisch aufgezogen hatte.

„Weißt du, was komisch ist?“, fragte Takeshi irgendwann. „Manchmal bilde ich mir ein, ich würde Renhous Stimme hören. Verrückt, oder?“

Er lächelte leicht, als empfand er seine eigene Aussage irgendwie als lächerlich.

„Seine Stimme?“, fragte Akuma. „Und was hörst du dann genau?“

Takeshi schüttelte den Kopf.

„Ach, Akuma... Das ist doch ohnehin nur Einbildung gewesen. Das weißt du genau so gut wie ich.“

Einbildung... Richtig, die Toten sprachen nicht mit einem, außer, es war irgendein fauler Zauber im Spiel. Akuma war sich dessen bewusst, dass er für Takeshi in der Vergangenheit nie wirklich da gewesen war, obwohl dieser den Zuspruch seines älteren Bruders gebraucht hätte. Und auch jetzt merkte er, wie sie beide in manchen Situationen noch ihre Schwierigkeiten miteinander hatten. Takeshi war ruhiger als früher und oft nachdenklich. Akuma hatte das gemerkt, aber ihm fehlten halt für vieles die richtigen Worte. Guter Zuspruch war noch nie eine von seinen Stärken gewesen. Anders als bei Renhou...
 

„Was für ein Durcheinander... Ist das anstrengend...“

Ashitaka gähnte einmal herzhaft und wischte sich ein paar Müdigkeitstränen aus den Augen. Die letzten Nächte hatte er kaum geschlafen. Nicht, dass er es nötig gehabt hätte, aber die ganze Aufregung und ständig in Alarmbereitschaft sein zu müssen, zerrte doch an seinen Energiereserven.

„Lass das Sesshoumaru-sama nicht hören, sonst kriegst du nur wieder Schelte“, meinte Miyuki neckend und reichte Ashitaka einen Tee. „Hmm... Vielleicht wäre es besser, wenn ich erstmal wieder die Nächte in meinem Zimmer verbringe.“

„Huh? Was hat das denn damit zu tun?“

„Was ist? Gefällt dir der Vorschlag etwa nicht?“

Sie schien Spaß daran zu haben ihn aufzuziehen. Ashitaka kannte dieses Lächeln von Miyuki. In seiner Gegenwart traute sie sich, solche zweideutigen Witze zu machen, aber wehe, wenn Tôya in der Nähe war...

„Miyuki? Darf ich dich etwas fragen? Was veranstaltest du neuerdings immer mit Yukina-chan?“, fragte Ashitaka auf einmal, auch um das Thema zu wechseln. Miyuki jedoch legte ihren Zeigefinger an ihre Lippen.

„Geheimnis! Ich habe Yukina zugesichert, nichts zu verraten.“

„Aber ihr Mädchen könnt doch sowieso nie etwas für euch behalten. Früher oder später plappert ihr alles aus.“

„Was? Das stimmt doch gar nicht!“

Sie mit einem prüfenden Blick beobachtend, nahm Ashitaka einen Schluck von seinem Tee. „Und wenn ich dir erzählen würde, dass Tôya sich deswegen schon Sorgen um dich macht? Er ist es nicht gewohnt, dass seine kleine Schwester Geheimnisse vor ihm hat.“

„Was? Hat er dir das so gesagt?“, fragte Miyuki nun. Zugegeben, ihrem Bruder wollte sie kein Kopfzerbrechen bereiten, auch wenn es da wirklich nichts gab, was ein Anlass dafür wäre. „Hmm... Versprichst du, es für dich zu behalten?“

„Sicher. So lange es nichts Schlimmes ist, versteht sich“, meinte er.

„Keine Sorge, ist es nicht“, winkte Miyuki ab, ehe sie nach einem Moment mit der Sprache herausrückte: „Es ist so: Yukina mag Subaru sehr. Und ich versuche nur, ihr ein wenig dabei zu helfen, ihm näher zu kommen. Aber das ist gar nicht so leicht. Yukina ist furchtbar schüchtern, fast schon ängstlich, und macht immer einen Rückzieher, wenn sie mal die Chance hat, länger mit Subaru zu sprechen.“

„Ah, so ist das also.“ Ashitaka stützte seinen Kopf auf eine Hand ab. So, so, Subaru hatte also eine heimliche Verehrerin?

„Aber vergiss nicht, dass du das für dich behalten musst!“, ermahnte Miyuki ihn nochmals.

„Klar! Kannst dich drauf verlassen“, versicherte er ihr. Und es war ja schließlich kein schlimmes Geheimnis gewesen. „Übrigens, Tôya hat sich gar nicht den Kopf zerbrochen. Aber ich war mir sicher, dass du darauf anspringen würdest“, gab er nun mit einem frechen Grinsen zu.

Da er es mal wieder geschafft hatte, sie an der Nase herumzuführen, schnappte sich Miyuki das Tuch, mit welchem sie zuvor den Tisch abgewischt hatte. „Argh! Du Blödmann! Du bist unmöglich!“

Sie warf das Tuch nach ihm, doch er wich dem Geschoss gekonnt aus, noch immer begleitet von diesem amüsierten Gesichtsausdruck.
 

Da er sich mittlerweile wieder von seiner Verletzung erholt hatte, hatte Subaru sein Training wieder aufgenommen und übte hinter dem Schloss wie gewohnt seine Treffsicherheit mit Pfeil und Bogen. Nur wurde er dieses Mal – wie so oft in jüngster Vergangenheit – von jemandem beobachtet. Yukina verbarg sich hinter einer Ecke eines der Gebäude. Gerne wollte sie zu Subaru rüber gehen, allerdings hatte sie nicht vor, ihn beim Training zu stören. Also blieb sie vorerst, wo sie war und lehnte sich mit dem Rücken an die Wand, während sie nachdenklich die am Himmel vorüberziehenden Wolken beobachtete. Dabei scharrte sie ein wenig mit einem Fuß im Schnee herum. Als Kuro ihr in der Gestalt von Subaru erschienen war und sie zu diesem Spaziergang mitgenommen hatte, hatte sie deutlich dieses Herzklopfen gespürt, auch wenn sich im Nachhinein alles als Täuschung herausgestellt hatte.

Yukina seufzte leise. Als sie schließlich ihren Blick wieder umwandte, bemerkte sie, dass Subaru sie ansah. Wie lange beobachtete er sie schon so? Wobei, eigentlich war sie es ja gewesen, die ihn beobachtet hatte...

„Yukina? Wie lange möchtest du da noch herumstehen?“, fragte Subaru vollkommen unbefangen drauf los, als er ihren verdutzten Gesichtsausdruck bemerkte. „Ist etwas passiert? Möchtest du mir vielleicht etwas sagen?“

„Nein, nicht wirklich...“

„So? Und unwirklich?“, fragte Subaru weiter, wobei er irgendwie amüsiert zu sein schien. Doch da widmete er sich bereits wieder seinem Training.

Yukina war sich nicht sicher, was genau sie jetzt tun sollte. Sollte sie einfach wieder gehen?

„Wenn du dich in meiner Nähe unwohl fühlst, warum bleibst du dann hier?“

Yukina horchte auf. Ob sie sich in seiner Nähe unwohl fühlte? Subaru hatte nicht kühl oder abweisend gesprochen. Es hatte mehr wie ein gut gemeinter Ratschlag geklungen.

„Nein! Ich... fühle mich nicht unwohl!“, widersprach sie, jedoch wirkte er wenig überzeugt.

„Aber dein Gesicht sagt mir: Ich fühle mich zum Sterben unwohl.“

Wirklich? Schaute sie so drein? Irgendwie war Yukina die ganze Sache ziemlich peinlich.

„Brauchst du Hilfe? Hast du irgendwelchen Ärger?“, fragte Subaru sie nun, doch wieder verneinte sie seine Frage.

„Uhm... Nein, es ist wirklich alles in Ordnung.“

„Hmm...“ So langsam wusste er auch nicht mehr, was er ihr noch hätte sagen können. Also ließ Subaru es erst mal gut sein und beschloss, sie einfach in Ruhe zu lassen und sich um sein Training zu kümmern. Yukina schaute ihm ihrerseits ein wenig zu. Mittlerweile war sie auch nicht mehr so nervös wie zu Anfang, auch wenn sie noch immer ziemliches Herzklopfen hatte. Sie wollte nicht einfach nur so dastehen und schweigen. Nachdenklich blickte sie auf den Schnee hinab. Da kam ihr auf einmal eine Idee und sie hockte sich hin, um ein wenig von dem Schnee aufzusammeln. Anschließend lief sie ein wenig in unmittelbarer Nähe herum.

Subaru hielt inne, als er Yukina auf einmal so eifrig herumlaufen sah. Was machte sie da? Suchte sie etwas? Von einem Busch, dessen robuste, längliche Blätter selbst im Winter ein dunkles Grün aufwiesen, pflückte sie sie sich zwei ab und sammelte anschließend noch zwei kleine, runde Steine auf. Das alles fügte sie dem oval förmigen Schneeball hinzu, den sie in der Hand hielt.

„So, fertig!“

„Was ist das?“, fragte Subaru, der es sich nicht hatte nehmen lassen, einen Blick über Yukinas Schulter zu werfen. Lächelnd zeigte sie ihm, was sie gemacht hatte.

„Ein Schneekaninchen. Süß, nicht wahr?“

Indem sie dem Schneeball die zwei Blätter wie ein Paar Ohren angesteckt und die kleinen Steine als Augen verwendet hatte, hatte sie ihm tatsächlich das Aussehen einen Kaninchens gegeben. An sich ziemlich simpel, dennoch oder gerade deshalb war es eine niedliche Idee.

„Macht es dir Spaß, solche Dinge zu basteln?“, fragte Subaru interessiert.

„Ja, ich arrangiere auch gerne Blumen“, antwortete Yukina. „Nur jetzt im Winter kann ich das ja nicht. Deshalb freue ich mich schon auf den Frühling, obwohl ich den Winter und den Schnee auch sehr mag.“

„Hm... Dein Name bedeutet 'Schneeblume', nicht wahr? Wie passend.“

„Eh?“ Yukina schaute zu Subaru und bemerkte, dass er lächelte. Unwillkürlich wurde sie ein wenig rot, doch dieses Mal war es nicht so, dass sie am liebsten weggelaufen wäre, damit er es nicht mitbekam. Im Gegenteil, sie fühlte sich sehr wohl. Das war das erste Mal, dass sie mal länger mit ihm zusammen war...
 

Dass Toutousai hier war, kam vielen im Schloss nur gelegen, denn sie nutzten die Gelegenheit, um von ihm ihre Waffen inspizieren zu lassen. Dementsprechend viel hatte der alte Waffenschmied zu tun.

„Hätte ich das geahnt, wäre ich zu Hause geblieben“, meinte er, als er gerade dabei war, ein Katana näher in Augenschein zu nehmen. Kimie stand neben ihm und beobachtete ihn dabei. Toutousai hatte sich eine Arbeitsecke auf dem großen Schlosshof eingerichtet, da es für ihn praktischer war, unter freiem Himmel zu arbeiten, statt innerhalb des Schlosses. In der Nähe befand sich Ah-Uns Stall, in welchem er auch Mou-Mou untergestellt hatte.

„Hast du denn sonst keine Arbeit zu erledigen, Toutousai?“, fragte Kimie ihn beiläufig.

„Natürlich habe ich das, nur habe ich jetzt praktisch doppelt so viel Arbeit. Ich bin ja eigentlich nur deshalb hergekommen, weil ich nach deinem Schwert schauen wollte. Aber wenn ich jetzt einfach wieder verschwinde, wird Sesshoumaru mich gewiss umbringen.“

Er machte eine kurze Pause, in der er den Blick prüfend zu Kimie umwandte.

„Was macht eigentlich Raidon? Kommst du inzwischen damit klar, das Rakurai einzusetzen?“

„Hm... Nein, nicht wirklich“, gab Kimie ein wenig geknickt zu. „Ich habe es versucht, aber es hat nicht mehr funktioniert.“

Toutousai seufzte resignierend.

„Ich wusste, es war keine gute Idee, ein magisches Schwert in die Hände eines einfachen Menschen zu geben. Sein volles Potenzial wird wohl nie ausgeschöpft werden...“

Kimie verkniff sich einen etwaigen Kommentar dazu. Sie kannte ja inzwischen Toutousais Art und wusste, dass er es ja eigentlich nicht böse meinte. Aber trotzdem... Musste er ihr das ausgerechnet so sagen?

„Falls ich es in diesem Leben nicht mehr schaffe, kann Katô ja später mal versuchen, mehr aus Raidon herauszuholen“, meinte Kimie nach einem Moment, was Toutousai aufmerken ließ. In diesem Leben... Richtig, Kimie würde es wohl nicht mehr miterleben, wie ihr eigener Sohn erwachsen werden würde.

„Hm... Und du bist dir wirklich sicher, dass das funktionieren wird?“

„Huh?“ Kimie war ein wenig verwirrt, denn sie wusste diese Frage von Toutousai zunächst nicht so ganz einzuordnen.

„Sesshoumaru als Vater“, erklärte er ihr daraufhin. „Irgendwie befürchte ich, dass das arme Kind ein Trauma zurückbehalten wird oder im schlimmsten Fall so wird wie er.“

Im schlimmsten Fall? Sesshoumaru war doch nicht der leibhaftige Tod, auch wenn die Bedeutung seines Namens einen auf den ersten Blick vielleicht etwas Anderes vermuten lassen könnte.

„Ich denke, Sesshoumaru kann schon ganz gut mit Kindern umgehen, auch wenn man es ihm nicht zutrauen möchte“, meinte Kimie zuversichtlich. „Immerhin hat er sich ja auch lange um Rin gekümmert und tut es noch heute.“

Und wenn sie sich überlegte, wie er bisher mit Katô umgegangen war, sah sie die Sache alles andere als hoffnungslos.

Toutousai musterte Kimie einen Augenblick lang, wobei er irgendwie einen skeptischen Eindruck machte.

„Und was ist mit dir? Meinst du, du kriegst das hin?“

„Was soll das heißen? Glaubst du, ich bin dafür zu doof?“, fragte sie einfach mal ganz konkret zurück, zumal sie seine Frage auch nicht so recht einordnen konnte. Wie hatte er das gemeint?

„Zumindest scheint Intelligenz nicht deine größte Stärke zu sein.“

Diese Bemerkung kam jedoch nicht von Toutousai, sondern von einem der Ryû-Youkai. Genauer gesagt, war es Jin gewesen, welcher die letzten paar Fetzen der Unterhaltung zwischen Toutousai und Kimie mitbekommen hatte.

„Dass du bis zum heutigen Tag überlebt hast, wundert mich“, sprach er herablassend an Kimie gerichtet weiter. „Andererseits... Mit einem Wachhund an deiner Seite, der dir ständig nachläuft, kann offenbar selbst jemand wie du hier überleben.“

Toutousai hatte seine Arbeit unterbrochen und auch Kimie beäugte Jin misstrauisch. Offenbar suchte er Streit... Aber es wäre dumm gewesen, sich darauf einzulassen, auch wenn der Drang groß war, ihm Konter zu geben. Trotzdem oder gerade deshalb stichelte Jin ungeniert weiter: „Ich will gar nicht versuchen, zu verstehen, weshalb du wolltest, dass Sesshoumaru diesen Fuchs verschont. Denn eine derart dumme Gefühlsduselei ist unter meiner Würde.“

Gefühlsduselei? Sprach er von Mitleid? Wenn ja, dann wunderte es Kimie nicht, dass jemand wie Jin damit nichts anfangen konnte.

„Bist du hier, weil dir langweilig ist oder möchtest du etwas anderes?“, fragte sie nun doch zurück, woraufhin Jin sich ihr bis auf einen fast schon bedrohlich anmutenden kleinen Abstand näherte.

„Ich würde dir gerne den Kopf abschlagen, damit ich dein Gesicht nicht mehr sehen muss“, antwortete er ihr ganz direkt und als wäre es ganz normal.

„So? Dann schau doch einfach nicht hin!“, konterte sie, nun doch etwas energischer. Jin jedoch lächelte nur. Er schien sogar belustigt zu sein.

„Diese bodenlose Arroganz... Die kannst du dir doch nur erlauben, weil Sesshoumaru dir nachsteigt, wie ein nach Aufmerksamkeit lechzender Straßenköter, dem zu lange kein Knochen hingeworfen wurde! Dass du ihm jetzt auch noch ein Halbblutbalg unterschieben konntest, passt dir gewiss ganz gut in den Kram, nicht wahr?“

„Du musst es ja wissen“, erwiderte Kimie, womit sie sich darauf bezog, dass Jin ja weder eine Frau geschweige denn Kinder vorzuweisen hatte. Sie wusste zwar, dass bei den Ryû-Youkai bezüglich Familie ganz andere Sitten herrschten, aber trotzdem... Wobei, die Frau, die den Typen mal abkriegen sollte oder je abgekriegt hatte – und sei es auch nur für eine einzige Nacht gewesen – hatte ihr Mitgefühl.

Jin fühlte sich von Kimies letzter Aussage nun aber doch provoziert. Hatte sie damit andeuten wollen, dass er möglicherweise frustriert sein könnte, weil er aktuell keine Frau an seiner Seite vorzuweisen hatte? Abgesehen davon, dass feste Bindungen so gar nicht sein Ding waren, ließ allein die Vorstellung, dass Kimie ihn hatte provozieren wollen, seinen Unmut schlagartig wachsen.

„Auch deine Dummheit ist offenbar grenzenlos. Bildest du dir etwa ein, ich hätte Hemmungen, dich in Stücke zu reißen, bloß weil das hier Sesshoumarus Grund und Boden ist?“, fragte er bedrohlich und machte einen Schritt auf sie zu.

„Ich habe mir doch gleich gedacht, dass du und seine Sippschaft nur Ärger machen würden!“

Inu Yashas Stimme vernehmend, hielt Jin inne und schaute über seine Schulter nach hinten. Dort stand dieser Hanyou in seiner überheblichen Art und Weise und schien offenbar der Meinung zu sein, er könnte ihn herausfordern. Und wie sollte es auch anders sein? Neben ihm stand natürlich diese Miko...

„Wird es euch nicht lästig, ständig wie die Schmeißfliegen aneinanderzukleben?“, fragte Jin, ohne auf Inu Yashas vorangegangene Bemerkung auch nur ansatzweise einzugehen. Stattdessen stahl sich nun ein herablassenden und zugleich amüsiert wirkendes Lächeln auf seine Lippen. „Allerdings scheinen kleine Hunde ja gerne mit ihrem Herrchen oder Frauchen zusammen zu sein. So langsam verstehe ich die Mentalität von euch Kötern. Machst du auch weiterhin schön Sitz, wenn dein Frauchen es dir sagt, Halbblut?“

„Mach dich nicht über ihn lustig!“, ermahnte Kagome den Ryû-Youkai aufgebracht.

„Sonst was?“, fragte Jin bedrohlich, wobei er sie genau fixierte, noch ehe sie eventuell hatte weitersprechen können. „Glaubst du etwa, ich habe Angst vor dir? Vielleicht ziehe ich zuerst dir die Haut ab, bevor ich mich um deine werte Cousine kümmere.“

„Pah! Versuch es und du kriegst es mit mir zu tun!“, drohte ihm Inu-Yasha, als er auch schon Tessaiga gezogen hatte. Jin nahm diese Herausforderung gerne an, allerdings machte er sich nicht die Mühe, eine seiner Waffen zu ziehen.

„Hey! Was soll das werden?“, fragte Inu Yasha misstrauisch. Warum zog Jin sein Schwert nicht? Zumal er nicht nur sein Jian bei sich trug, sondern gekreuzt hinter seinem Rücken auch zwei chinesische Säbel.

„Um eine Promenadenmischung wie dich zurechtzuweisen, brauche ich keine Waffen. Ich prügel dir einfach den Gehorsam ein, der dir fehlt, wie man es mit unerzogenen Hunden eben so macht.“

Inu Yasha knurrte missmutig. Typisch Youkai! Diese Arroganz...

Verunsichert schaute Kimie zu Kagome. Ein Kampf? Hier? Es schien unausweichlich. Aber...

„Halt! Hier wird nicht gekämpft!“, mischte sie sich auf einmal ein und stellte sich zwischen Jin und Inu Yasha. Zugleich fragte sie sich, welcher Teufel sie bitte gerade dazu getrieben hatte. Als ob gerade sie etwas ausrichten könnte... Zumindest Inu Yasha würde doch auf sie hören, oder? Aber selbst wenn... Jin würde dies gewiss nicht tun.

„Ich wusste es“, hörte man diesen auch direkt sagen. „Deine Dummheit kennt wahrlich keine Grenzen. Meinst du wirklich, es interessiert mich, was du zu sagen hast, nur, weil Sesshoumaru dich seine Gefährtin nennt? Was willst du denn tun?“

Er näherte sich ihr und streckte wiederum die Hand nach ihr aus, um sie zu packen. Allerdings wurde er urplötzlich daran gehindert, denn Tôya ergriff Jin am Handgelenk und hielt ihn zurück. Indes stellte sich Ashitaka an Kimies Seite.

„Hey! Ist es in deinem Clan üblich, junge Frauen zu belästigen?“, fragte er Jin ganz direkt, wovon dieser sich aber wenig beeindruckt zeigte. Stattdessen befreite er sich zunächst mit einem kräftigen Ruck wieder von Tôyas Griff.

„Hm! Das Leben muss sehr angenehm sein, wenn ständig die persönlichen Kettenhunde einem sämtlichen Ärger vom Hals halten“, meinte er an Kimie gerichtet.

„Kimie-chan ist als Sesshoumarus Gefährtin zugleich unsere Herrin. Natürlich beschützen wir sie!“, antwortete Ashitaka an ihrer Stelle, doch auf Jin wirkte das alles andere als überzeugend. Stattdessen lachte er nur. Er verschränkte die Arme vor der Brust und bedachte die Anwesenden mit einem abwertenden Blick und dazu diesem herablassenden Lächeln.

„Armselig! Eurem Clan scheint wirklich sämtlicher Stolz abhanden gekommen zu sein, wenn er sogar schon ein gewöhnliches Menschenweib als Herrin anerkennt. Offenbar hat sie es geschafft, euch alle zu Weichlingen verkommen zu lassen. Selbst euren Herrn, dessen Ruf einst ein ganz anderer gewesen war. Kein Wunder, dass ihr gegen diese Füchse so hilflos zu sein scheint, sodass Sesshoumaru sogar bei Akuma-sama zu Kreuze kriechen musste, um sich Hilfe zu erbetteln.“

Jins Blick richtete sich wieder auf Kimie.

„Sesshoumaru hätte dich als Konkubine halten sollen. Auf diese Weise hätte er sich zumindest einen kleinen Funken seiner Würde bewahrt.“

Konkubine? Zwar hätte Kimie gerne etwas darauf erwidert, aber sie ließ es besser bleiben. Irgendwie hatte Jin es letztendlich doch geschafft, sie zu verunsichern. Denn so ungern sie es zugab, er hatte in gewisser Weise Recht. Wer war sie schon? Ja, gut, sie war Sesshoumarus Gefährtin, aber was sonst? Im Grunde war sie ohne ihn oder die anderen wie ein hilfloses Kind, auch wenn sie gerne mal so tat, als wäre sie durch fast nichts einzuschüchtern. Alles nur Fassade... Eine bittere Erkenntnis, die sie wütend auf sich selbst machte.

„Jin, lass es für heute gut sein“, erklang stattdessen mit einem Mal die ruhige Stimme von Yu. Und wenngleich er sich offenbar schlichtend in dieses Gespräch einmischen wollte, sein Lächeln konnte nicht verbergen, dass ihn die Situation zugleich irgendwie zu amüsieren schien. Wenngleich Kimie im Augenblick nicht zu deuten vermochte, was genau Yu so amüsant fand.

Jin horchte auf und wandte seinen Blick zu seinem Kameraden um.

„Du weißt doch, was Akuma-sama angeordnet hat“, sprach dieser indes weiter, „Keinen Streit. Du kannst deine überschüssige Energie an den Füchsen ablassen, sobald sich die Gelegenheit dazu bietet.“

„Tse!“

Finster schaute Jin abermals zu Kimie.

„Es wird nicht immer jemand in deiner Nähe sein, um dich zu beschützen“, meinte er, als wollte er ihr drohen, ehe er sich zum Gehen umwandte. Yu deutete den anderen gegenüber eine leichte Verbeugung an und folgte ihm kurz darauf.

„Oh je... Was für ein unangenehmer Zeitgenosse...“, murmelte Toutousai in sich hinein. Er hatte schon Blut fließen sehen, denn dieser Jin war ganz offenbar auf Ärger aus gewesen. Oder der Kerl verstand es einfach, die Gemüter auf Trab zu halten.

Mürrisch ließ Inu Yasha sein Schwert wieder in dessen Scheide verschwinden. Er hätte nichts dagegen gehabt, diesem Drachen ein paar Schuppen abzusäbeln.

Tôya schaute den beiden Ryû-Youkai so lange nach, bis diese aus seinem Blickfeld verschwunden waren. Jins Auftritt eben mochte ihm so gar nicht gefallen.

„Wir sollten Sesshoumaru-sama davon erzählen, damit...“

„Nein, lasst es bitte gut sein“, unterbrach ihn Kimie sogleich.

„Bist du dir da sicher?“, fragte Kagome ihre Cousine, welche dies mit einem Nicken bejahte. Jin hatte keine hohe Meinung von ihr, dessen war sie sich schon immer bewusst gewesen. In seinen Augen war sie unnütz und stand nur im Weg. Das war seine Ansicht. Die konnte sie ihm schlecht verbieten oder verbieten lassen. Und immerhin war er sie ja zumindest nicht körperlich angegangen. Von daher wollte Kimie die Sache auf sich beruhen lassen. Auch wenn Jin wohl weiter gegangen wäre, wenn er die Gelegenheit dazu gehabt hätte. Trotzdem... Kimie hatte irgendwie nicht die Nerven, sich weiteren potenziellen Ärger mit Jin einzuhandeln, indem sie Sesshoumaru etwas davon erzählt hätte. Das hätte vermutlich nur zu neuen Konflikten mit den Ryû-Youkai geführt und im Augenblick konnte man so etwas hier nicht gebrauchen. Vielleicht war das nicht die klügste Entscheidung gewesen, aber das würde sich über kurz oder lang vermutlich noch zeigen.

Währenddessen entfernten sich Jin und Yu vom Ort des Geschehens, wobei Letzterer nach wie vor amüsiert wirkte.

„Ich hatte mir schon Sorgen gemacht, dass du dich hier langweilen könntest, Jin.“

„Pah! Allein, wenn ich dieses Weib schon sehe, könnte ich kotzen!“, knurrte dieser.

Yu ahnte, woher dieses Gefühl kam. Jin war noch immer voller Zorn und sein Stolz war extrem angekratzt. Immerhin hatte Kimie es damals mal geschafft, ihn mit ihrem Schwert zu verletzen. Wohl mehr ein Zufallstreffer ihrerseits, aber für Jin Grund genug, sie abgrundtief zu hassen. Natürlich sah mal von der Wunde nicht das geringste, doch er hatte noch nie jemanden am Leben gelassen, der es mal gewagt hatte, ihn zu attackieren oder gar zu verletzen. Erst recht keinen Menschen oder gar eine Frau. Jin wollte Genugtuung dafür und Kimie endgültig zeigen, dass sie unter ihm stand und lediglich ein Stück Beute für ihn war, unabhängig davon, was für einen Rang sie bei den Inu-Youkai auch bekleiden mochte.

„Es dürfte schwierig für dich sein, noch mal an sie heranzukommen“, gab Yu zu bedenken. „Außerdem war es immerhin Sesshoumarus Gefährtin, die damals Takeshi-sama gerettet hat.“

„Gerettet...“, wiederholte Jin abfällig. „Übertreib nicht, Yu! Sicherlich hätte jemand anders das ebenso gekonnt. Außerdem hätte sie ohne die rote Perle, die Renhou Takeshi-sama überlassen hatte, auch nichts ausrichten können.“

Und genau deshalb ging es ihm auch so gegen den Strich, dass Yu das Thema angesprochen hatte. Denn es war schließlich nicht so gewesen, als hätte dieses Weib etwas getan, wozu nur sie allein imstande gewesen wäre. Sie war schließlich keine Heilige oder etwas in der Richtung. Ganz im Gegenteil...

„Die soll nicht glauben, jeder hier könnte sie immer vor allem beschützen. Früher oder später kratzt die sowieso ab. So wie alle Menschen das eben tun.“

„So wie wir auch“, entgegnete Yu ruhig. „Wir werden geboren, wir leben, wir sterben. Genau wie die Menschen.“

Jin schnaubte. „So ein Unsinn! Du vergleichst uns mit Insekten. Hundert Jahre sind für uns doch nur ein Wimpernschlag.“

Dem konnte Yu nicht widersprechen und er hatte dies auch gar nicht vorgehabt. Im Grunde interessierte ihn dieses Thema auch nur oberflächlich.

Das Gespräch der beiden wurde von Akuma unterbrochen, welcher soeben zu ihnen kam.

„Wenn du Abwechslung brauchst, dann hätte ich eine Aufgabe für dich, Jin“, verkündete er, ohne vorher groß herumzureden. Jins Aufmerksamkeit war ihm dennoch gewiss.
 

Der dumpfe Klang vom Schlagen mächtiger Schwingen ließ die Anwesenden aufhorchen. Einen Augenaufschlag später erhob sich Jin in seiner Drachengestalt hinter dem Schloss und flog davon. Aber wohin und wieso? Zudem flog er so dicht über das Gelände hinweg, dass er die oberste Schneeschicht komplett aufwirbelte.

Insbesondere Sesshoumarus Misstrauen war geweckt. Er war soeben auf die Veranda seiner Privaträume herausgetreten und hatte so noch mitbekommen, wie Jin weg geflogen war. So fackelte er nicht lange damit herum, Akuma aufzusuchen und ihn zu konfrontieren. Das war nicht schwierig, denn dieser stand noch mit Yu genau an der Stelle, wo kurz zuvor auch noch Jin gewesen war.

„Akuma! Wohin hast du Jin geschickt?“

Akuma blieb vollkommen gelassen, als er antwortete: „Er ist als Kundschafter für mich unterwegs. Gibt es damit ein Problem?“

„Wenn du solche Entscheidungen ohne Absprache mit mir triffst, dann ja“, stellte Sesshoumaru klar.

„Absprache? Meine Leute, meine Befehle. Ich rede dir ja auch nicht in deinen Führungsstil rein, nicht wahr? Obwohl ich der Meinung bin, dass du weniger passiv und viel mehr aktiv sein solltest. Früher hast du doch schließlich auch gerne mal die Dinge direkt in die Hand genommen, nicht wahr?“

Sesshoumaru bedachte Akuma mit einem abschätzenden Blick. Ihm gefiel nicht, wie dieser Kerl auf einmal lächelte. So überheblich... und als wüsste er etwas, was Sesshoumaru bislang verborgen geblieben war. Natürlich könnte das alles auch nur ein Eindruck gewesen sein, trotzdem sagte Sesshoumaru die Situation gerade alles andere als zu. Zumal er Akuma gewiss nicht blind vertraute.

„Wenn du ein falsches Spiel spielen willst, dann wirst du es bereuen!“, ermahnte er diesen daher sogleich. Akuma schwieg dieses Mal zunächst.

„Angenommen, du hättest recht und ich spiele tatsächlich ein falsches Spiel, was gedenkst du, dagegen tun zu wollen, Sesshoumaru?“, fragte er nach einem Moment. „Du hast mich und meinen Clan selbst hierher in deine Ländereien und in dein Schloss geholt. Sollten wir hier und jetzt beschließen, euch anzugreifen, bliebe von diesem Ort mit ziemlicher Sicherheit nicht mehr viel übrig. Oder siehst du das anders? Ich gebe jedoch zu, diese Vorstellung hat einen gewissen Reiz.“

Drohte er ihm etwa? Für Sesshoumaru hörte sich das verdächtig danach an. Trotzdem behielt er seine eiskalte Ruhe bei.

„Im Grunde bist du ein ziemliches Risiko eingegangen“, sprach Akuma indes weiter. „Wenngleich ich damals, als ich mit meinem Clan von hier fortging, der Meinung gewesen war, dass tausend Jahre der Feindschaft genug wären, soll das nicht bedeuten, dass ich Skrupel hätte, die alte Fehde wieder aufzunehmen. Gib mir einen Anlass dafür und ich werde darauf entsprechend reagieren. Wir sind schließlich keine Freunde und ich nehme an, in diesem Punkt stimmst du mit mir überein.“

In der Tat, die Inu-Youkai und die Ryû-Youkai waren keine Freunde und würden es wohl auch nie werden. Weder Sesshoumaru noch Akuma hatten in dieser Richtung irgendwelche Intentionen.

Nachdem Akuma ohne ein weiteres Wort gegangen war und auch Yu sich zurückgezogen hatte, beschlich Sesshoumaru das Gefühl, dass es in der Tat ein riskanter Schritt gewesen war, die Ryû-Youkai in seine Ländereien zu holen. Aber so ungern er es auch zugab, im Moment war er auf deren Unterstützung angewiesen. Hätte Sesshoumaru nicht gewisse Personen in seinem näheren Umfeld, deren Schutz er höher schätzte als seinen Stolz oder seine Bedenken, dann hätte er sich nie zu diesem Schritt entschieden. Auch auf die Gefahr hin, dass er sich damit vielleicht eine sogar noch gefährlichere Lage geschaffen hatte, deren mögliches Ausmaß er noch nicht abzusehen vermochte...

Indes hatte sich Akuma auf dem Weg zu seinem Flugdrachen gemacht und war gerade dabei, diesem seinen Sattel aufzulegen und festzuschnallen, als er hinter sich die Stimme seines Bruders vernahm: „Akuma! Warte! Was sollte das eben?“

„Ich könnte dir diese Frage eventuell beantworten, wenn du ein klein wenig konkreter werden würdest, Takeshi.“

„Du hast mir selbst gesagt, dass du nach all der Zeit der Feindschaft nicht vor hast, den Kampf gegen die Inu-Youkai wieder aufzunehmen. Also, was sollte diese Bemerkung, die du Sesshoumaru gegenüber gemacht hast?“

Ohne zunächst darauf einzugehen und als würde ihn das gar nicht interessieren, legte Akuma seinem Flugrachen als nächstes die Zügel an.

„Verstehe, du hast es also mitbekommen“, erwiderte er schließlich. „Ich habe dir gesagt, dass ich mich an das halten werde, was ich gesagt habe. Aber wie ich es auch Sesshoumaru mitgeteilt habe, werde ich entsprechend reagieren, wenn man mir einen Anlass dafür geben sollte. Das ist alles.“

Takeshi schwieg. Akuma war damals wie heute in gewisser Weise unberechenbar. Dessen war sich sein Bruder bewusst und ebenso wusste er, dass Akumas Laune – ganz gleich, wie sehr sich ihr Verhältnis zueinander verbessert haben mochte – schnell umschlagen konnte.

Takeshis Schweigen veranlasste Akuma dazu, sich zu ihm umzudrehen.

„Was ist los mit dir? Hast du deine Zunge verschluckt?“, fragte er. Takeshis ernstes und zugleich ratloses Gesicht ließen ihn jedoch ungewollt etwas lachen. „Ach, Brüderchen... Du magst zwar älter und stärker geworden sein, aber in mancher Hinsicht bist du noch immer zu leicht aus der Fassung zu bringen. Daran musst du noch arbeiten.“

Akuma tippte seinem Bruder mit dem Zeigefinger gegen die Stirn, womit er diesen wieder aus seiner Starre holte.

„Halte hier die Stellung, so lange ich weg bin. Es wird nicht lange dauern“, fügte Akuma noch hinzu Anschließend stieg er in den Sattel und nahm die Zügel in die Hand, woraufhin sich sein Flugdrache erhob. Nachdem sein Bruder sich auf den Weg gemacht hatte, blickte Takeshi ihm noch ein wenig verwirrt hinterher, während er sich die Stirn rieb.
 

Gleich nach seiner Unterredung mit Akuma hatte Sesshoumaru Kakeru aufgesucht. Es gab ohnehin das eine oder andere Thema, über das er mit diesem hatte reden wollen. Wie hatte er sich nur dazu hatte verleiten lassen können, den Ryû-Youkai ungehinderten Zugang zu seinen Ländereien und seinem Schloss zu gewähren? So verzweifelt war er wegen der Füchse schließlich nicht gewesen, zudem er Akuma und seinen Leuten nach wie vor nicht vertraute. Wer garantierte ihm, dass von ihnen nicht tatsächlich irgendwann jemand quer schießen würde?

Kakeru saß derweil an seinem Tisch und gönnte sich einen Tee. Sesshoumaru hatte ihm inzwischen von seinem Gespräch mit Akuma berichtet.

„Auch mir ist bewusst, dass es ein riskanter Schritt war, Euch dazu zu raten, die Ryû-Youkai hierher zu holen“, gab Kakeru zu.

„Und dennoch hast du mir dazu geraten.“

„Weil es mir in dieser Situation als das beste erschien. Und so lange unter ihnen und uns kein Kampf ausbricht, bleibe ich bei dieser Ansicht. Man kann sich seine Verbündeten nicht immer nach Belieben aussuchen. Akuma ist unberechenbar, aber sogar jemand wie er besitzt so etwas wie Ehre.“

Ehre... Das mochte sein, doch hatten die Ryû-Youkai andere Grundsätze und Werte, wenn man das so bezeichnen konnte. Nur die Starken und Mächtigen hatten Anrecht auf eine Platz innerhalb des Clans. Wer dem nicht gewachsen war, ging unter. Allerdings hatte es mal eine Zeit gegeben, da hätte wohl auch Sesshoumaru die Ansichten der Drachen ohne Beanstandung geteilt. Doch diese Zeiten lagen hinter ihm.

„Übrigens, Kimie scheint sich erkältet zu haben“, merkte Sesshoumaru an. „Ich möchte dich fragen, ob du aus deinem Bestand an Kräutern einen Tee für sie zubereiten kannst.“

Kakeru horchte auf. „Ach, dann stimmt es also. Es ist mir schon aufgefallen, dass Eure Gefährtin etwas angeschlagen zu sein scheint. Es würde mich nicht wundern, wenn sie sich erkältet hat. Die letzten Wochen scheinen doch stärker an ihren Kräften gezehrt zu haben. Vielleicht schickt Ihr sie am besten mal zu mir. Dann sehe ich sie mir genauer an.“

Sesshoumaru hatte gegen diesen Vorschlag nichts einzuwenden. Es wäre ihm so sogar lieber, als wenn Kimie wirklich noch ernsthaft krank werden würde. Es erstaunte ihn jedoch nach

wie vor, dass Kakeru trotz des Verlustes seiner Sehkraft all das tun konnte, was er schon davor getan hatte. Sesshoumaru hatte es zwar nie gesagt – davor würde er sich stets hüten – aber die Gewissheit, dass Kakeru dem Clan stets eine so gute Hilfe war, nahm ihm selbst eine große Last. Selbst der stärkste Herrscher brauchte wohl einen zuverlässigen Berater an seiner Seite.

Nach einem Moment der Stille richtete Kakeru erneut das Wort an seinen Herrn: „Sesshoumaru-sama, gestattet Ihr es mir, wenn ich Euch etwas Persönliches frage?“

„Das tust du doch ohnehin“, meinte Sesshoumaru gelassen, was Kakeru ein wenig zum Schmunzeln brachte.

„Mag sein. Es ist nur so, ich habe Euch die letzten Jahre beobachtet. Auch ohne mein Augenlicht war mir dies möglich. Ihr habt eine Gefährtin und inzwischen auch einen Nachkommen. Und Eure Leute stehen loyal an Eurer Seite. Gibt es dennoch irgendetwas, was Euch fehlt?“

Ob ihm was fehlte? Was war das denn auf einmal für eine seltsame Frage gewesen? Sesshoumaru konnte nicht gerade oft von sich behaupten, irritiert gewesen zu sein, aber in dieser Situation war er es in gewisser Weise. Kakeru war wohl einer der wenigen Personen, die so etwas bei ihm schafften. Jedoch antwortete er nach einem Moment mit gewohnter Ruhe: „Ich habe alles, was ich brauche“

„Hm... Gut.“

Gut? Das war alles, was Kakeru dazu zu sagen hatte?

„Verzeiht. Ich war einfach nur neugierig, wie Ihr Eure eigene Situation momentan seht“, erklärte sich dieser nun. Während der erneuten kurzen Pause im Gespräch nahm er einen weiteren Schluck von seinem Tee. „Bedauerlich, dass Euer verehrter Vater nicht hier sein kann. Sicherlich hätte es ihn gefreut, seinen ersten Enkel zu sehen.“

Im Stillen konnte sich Sesshoumaru das sogar sehr gut vorstellen. Sein Vater hätte mit Katô sicherlich seine Freude gehabt und hätte den Kleinen wohl gar nicht mehr aus den Augen gelassen. Seine Mutter war da wieder eine ganz andere Nummer gewesen. Von dieser hatte Sesshoumaru seit dem letzten Mal, als er sie wegen Tenseigas Meidou aufgesucht hatte, nichts mehr gehört oder gar gesehen. Allerdings wäre es auch sehr untypisch für sie gewesen, hier einfach auf einen Besuch aufzukreuzen. Gut möglich, dass sie nie wieder was von sich hören lassen würde. Obwohl er sich schon fragte, wie eine Begegnung zwischen ihr und Kimie wohl ablaufen würde. Allerdings hatte er nicht vor, sie mal mit zu seiner Mutter zu nehmen, um sie ihr vorzustellen. Das war ohnehin eine Sache, um die er sich gerade keine weiteren Gedanken machen wollte. Es gab Wichtigeres zu tun.
 

Nach dem Zwischenfall mit Jin hatte sich Kimie ein wenig in den Trainingsraum zurückgezogen. Da niemand sonst gerade hier war, hatte sie ihre Ruhe und nutzte die Zeit, um ein wenig mit ihrem Schwert zu üben. Katô hatte sie in der Zwischenzeit in Sakuras Obhut gegeben. Dort wusste sie ihn in guten Händen. Und falls sie sich wirklich eine leichte Erkältung eingefangen hatte, wollte sie ihn nicht eventuell anstecken. Seltsamerweise fühlte sie sich gar nicht so, als hätte sie sich erkältet. Aber das musste ja nichts heißen.

Das Training half Kimie einerseits, wieder ein wenig mehr in Form zu kommen, zumal sie ohnehin das Gefühl hatte, deutlich nachgelassen zu haben, andererseits sorgte es dafür, dass sie sich etwas ablenken konnte. Denn zufrieden fühlte sie sich gerade nicht wirklich. Es war, als würde irgendetwas immerzu an ihr nagen, von dem sie aber nicht genau sagen konnte, was es war.

Kimie war so sehr in ihre Gedanken vertieft, dass sie gar nicht bemerkte, wie jemand hinter ihr die Tür zum Trainingsraum öffnete. Gerade schwang sie ihr Schwert, während sie sich zugleich drehte, und erschrak, als sie dem unerwarteten Besucher mit der Klinge gefährlich nahe kam.

„Woah! Sachte!“ Takeshi hob beschwichtigend die Hände angesichts dieses unerwarteten Vorgehens seitens Kimie. Diese senkte sofort ihre Waffe.

„Oh! Bitte, verzeih!“, entschuldigte sie sich, wobei man ihr anmerkte, dass ihr die Sache mehr als unangenehm gewesen war. „Ich... habe nicht damit gerechnet, dass du hinter mir stehst. Hast du mich gesucht?“

„Mehr oder weniger“, antwortete Takeshi. „Ich möchte dich auch nicht lange stören. Yu hat mir nur von dem Vorfall mit Jin berichtet. Tut mir leid, ich dachte, er hätte sich besser im Griff.“

„Hm? Bist du extra deswegen hergekommen? Du musst dich nicht entschuldigen. Ich weiß schließlich so ungefähr, wie er tickt.“

Aus Kimies Sicht war es wirklich nicht von Nöten gewesen, dass Takeshi sie extra deswegen aufgesucht hatte. Zumal ihr das nur noch mehr das Gefühl gab, alle müssten sich ständig um sie kümmern. Doch das sagte sie Takeshi so nicht.

„Es ist ja nichts weiter passiert“, fügte sie lediglich am Ende noch hinzu.

Takeshi schwieg einen Moment lang, während er Kimie nachdenklich musterte. Irgendetwas schien sie zu beschäftigen.

„Vielleicht würde er sich ja mehr zurückhalten, wenn Renhou noch da wäre“, überlegte er. Wobei, selbst das war fraglich, wenn Takeshi sich daran erinnerte, wie oft die beiden gegeneinander gekämpft hatten, was stets von Jin ausgegangen war... Zwar respektierte dieser Akuma und sah ihn auch als den uneingeschränkten Anführer des Clans an, aber es war im Grunde Renhou gewesen, der Jin stets wieder auf den Boden zurückgeholt hatte. Allerdings hatte er es auch noch nie gewagt, Akuma herauszufordern. Mit Renhou hingegen hatte er ja ständig irgendwelchen Streit gehabt. Jedoch hatte dieser Jin auf diese Weise auch immer wieder in seine Schranken gewiesen. Takeshi war sich schon damals dessen bewusst gewesen, dass Renhous Kraft der von Akuma gleichgekommen war. Hätte Renhou es gewollt, dann hätte er Akuma womöglich von dessen Position verdrängen können, aber er hatte es nie versucht. Dazu war Renhou viel zu loyal gewesen. Und trotzdem hatte Akuma ihm zu genüge misstraut, dass er ihm diesen Fluch auferlegt hatte, der Renhou letzten Endes das Leben gekostet hatte. Ohne diesen Fluch wäre er mit ziemlicher Sicherheit noch am Leben gewesen.

„Akuma hat vorhin mit seinem Flugdrachen das Schloss verlassen“, merkte Takeshi an. „Er spricht nicht darüber, aber ich glaube, er macht sich noch heute Vorwürfe wegen dem, was damals passiert ist und dass er sich von Naraku so hatte manipulieren lassen.“

„Naraku hat viele manipuliert und sie nach seiner Pfeife tanzen lassen. Er hat es ganz am Anfang sogar mal geschafft, Sesshoumaru für einen seiner Pläne zu gewinnen und auf Inu Yasha anzusetzen. Dein Bruder befindet sich sich daher in bester Gesellschaft.“

„Hast du das mitbekommen?“

„Nein, das war vor meiner Zeit hier. Kagome hat es mir mal erzählt.“

„Verstehe.“

Takeshi erinnerte sich nicht wirklich gerne an die Zeit, als Naraku sich in den Clan der Ryû-Youkai eingeschlichen hatte und alles nach seiner Pfeife hatte tanzen lassen. Damals hätte einiges anders laufen können, wenn sie sich von ihm nicht hätten beeinflussen lassen. Doch brachte es niemandem etwas, sich jetzt noch den Kopf drüber zu zerbrechen, dessen war er sich bewusst.

Sowohl Takeshi als auch Kimie horchten auf, als abermals die Tür aufgeschoben wurde. Dieses Mal war es Sesshoumaru gewesen, der auf der Bildfläche erschien. Takeshi nahm dies zum Anlass, sich fürs Erste wieder zurückzuziehen.

„Ich geh dann mal wieder“, meinte er lächelnd an Kimie gerichtet, ehe er mit einer angedeuteten Verbeugung an Sesshoumaru vorbei ging. Dieser warf daraufhin einen leicht prüfenden Blick rüber zu seiner Gefährtin.

„Jetzt schau nicht schon wieder so! Oder glaubst du, Takeshi und ich haben gerade irgendetwas Unanständiges gemacht?“, fragte Kimie doch leicht amüsiert. Sesshoumaru jedoch verzog wie üblich keine Miene.

„Wo ist Katô?“, fragte er stattdessen, da es nicht den Anschein machte, als hätte Kimie den Kleinen mit hierher genommen.

„Sakura hat sich angeboten, auf ihn aufzupassen“, erklärte sie ihm.

„Und du?“, fragte Sesshoumaru. „Du solltest dich besser ausruhen, anstatt hier zu trainieren. Kakeru möchte sich ohnehin gerne mit dir unterhalten und nach dir sehen.“

„In Ordnung. Ich werde nachher zu ihm gehen.“

Zunächst wollte Kimie sich noch ein wenig mit ihrem Training beschäftigen. Doch da wurde ihr ihr Schwert von Sesshoumaru abgenommen.

„Geh jetzt zu ihm. Er hat gerade Zeit“, forderte er sie auf, was sie schon ein wenig seltsam fand. Es war ja schließlich nicht so, als fühlte sie sich tatsächlich krank. Ein wenig müde vielleicht.

„Kann das nicht warten? Ich möchte jetzt erstmal ein wenig trainieren. Ich hänge ohnehin schon ziemlich hinterher.“

„Dann wird dich ein weiterer Tag auch nicht weiter beeinträchtigen.“

„Sesshoumaru, bitte! Du hast doch selbst immer gesagt, ich solle mein Training nicht vernachlässigen.“

„Mag sein, aber man sollte wissen, wann man es gut sein lassen sollte.“

„Aber ich muss trainieren! Sonst verliere ich irgendwann komplett den Anschluss! Mir reicht es!“

Diese zuletzt mit deutlich mehr Nachdruck gemachte Aussage von Kimie ließ Sesshoumaru aufmerken. Warum bestand sie auf einmal so vehement darauf, trainieren zu wollen? Sie biss sich ja regelrecht an dieser Idee fest und schien in ihr altes, dickköpfiges Verhaltensmuster zurückzufallen. Dabei sollten ihre Prioritäten zur Zeit eigentlich woanders liegen.

„Was ist los mit dir?“, fragte er sie ruhig, ohne ihr nach wie vor ihr Schwert zurückzugeben.

Kimie seufzte leise, als sie ihren Blick ein wenig von ihm abwandte.

„Ich... ich habe nur die Nase voll davon, dass mir ständig jemand helfen muss“, gab sie zu und schien plötzlich mehr mit sich selbst, als mit ihm zu sprechen. „Zwar tue ich gerne so, als wäre ich stark und hätte keine Angst. Und als wollte ich das unterstreichen, werde ich gerne mal laut, aber in Wirklichkeit zeigt das wohl nur, wie unsicher ich eigentlich zu sein scheine.“

Was waren das auf einmal für Töne? Sesshoumaru wunderte sich nun erst recht über Kimies Verhalten. Was ging ihr wieder durch den Kopf?

„Es würde mich nicht wundern, wenn du in deinem Alter graue Haare bekämst. So oft, wie du dir Sorgen machst“, merkte er an, was Kimie wieder zu ihm hochschauen ließ. Graue Haare? Hatte er das gerade wirklich gesagt?

„Sesshoumaru, bleib bitte ernst!“

„Ich bin ernst“, erwiderte er ruhig. „Wie wäre es, wenn du mir erzählst, was genau dich beschäftigt?“

Kimie fuhr sich mit einer Hand durch ihr Haar und machte dabei irgendwie einen etwas aufgelösten Eindruck. Sie hatte eigentlich nicht vorgehabt, über dien Vorfall mit Jin zu sprechen. Hauptsächlich, um keinen unnötigen Streit aufkommen zu lassen. Jedoch war sie sich dessen bewusst, dass ihr Schweigen in der Vergangenheit eher das Gegenteil von dem bewirkt hatte, was sie eigentlich wollte. Es war wohl doch besser, Sesshoumaru alles zu erzählen. Und das tat sie nun auch. Wie erwartet war Sesshoumaru alles andere als begeistert von dem, was er da hörte. Zumal ihn das nur in seiner Vermutung bestärkte, dass man den Ryû-Youkai nicht trauen konnte. Daran änderten auch Kimes beschwichtigende Worte nicht viel.

„Ich wollte es dir eigentlich nicht sagen, damit du dich nicht aufregen musst“, erklärte sie. „Jin ist eben so. Da kann man nicht viel machen.“

„Vielleicht, aber dennoch gibt es Grenzen, die er gefälligst zu respektieren hat“, stellte Sesshoumaru klar.

„Mag sein, aber das ist nicht mein Hauptproblem“, erwiderte Kimie. „Es ist nur... Es nervt! Jedes Mal, wenn ich mir vornehme, endlich etwas allein hinzubekommen, haut es nicht hin! Immer brauche ich Hilfe von irgendjemandem...“

Sie hatte sogar den Eindruck, dass sie noch weniger allein bewerkstelligte, als es früher der Fall gewesen war. Hatte sie so sehr nachgelassen?

„Du bist ein Mensch“, erinnerte Sesshoumaru sie. „Bist du wirklich davon überzeugt, du hättest es allein mit Jin aufnehmen können?“

Dazu schwieg Kimie nun. Zugegeben, das wäre wohl wirklich ein wenig utopisch gewesen, aber trotzdem...

„Du kannst dich nicht kopflos in jede erdenkliche Gefahr stürzen. Schließlich bist du jetzt Mutter. Du hast andere Pflichten als den Kampf“, sprach Sesshoumaru weiter. Kimie wusste zwar, wie das gemeint gewesen war, aber dennoch... Sie wollte nicht nur „Hausfrau“ sein.

Ihr Verhalten erinnerte Sesshoumaru hingegen gerade sehr an die Vergangenheit. Kimie war durchaus dazu in der Lage, auch allein gegen gewisse Dämonen anzukommen und erst recht gegen Menschen, aber höhere Youkai mit entsprechendem Kampfgeschick und magischen Begabungen waren für sie allein eben doch nach wie vor eine Nummer zu groß und würden es wohl auch immer bleiben. Und aus seiner Sicht war dies kein Grund für sie, Trübsal zu blasen. Es war schließlich nicht so, als bekäme sie gar nichts allein auf die Reihe, aber offenbar hatte Kimie gerade genau dieses Gefühl.

„Hältst du dich für unnütz?“, fragte Sesshoumaru seine Gefährtin schließlich, woraufhin diese leicht zu ihm schaute. Unnütz... Das vielleicht nicht unbedingt, aber sie hatte den Eindruck, noch immer viel zu sehr auf die Hilfe Anderer angewiesen zu sein, obwohl sie mittlerweile schon seit einigen Jahren in dieser Zeit lebte. Zugegeben, besonders seit Narakus Ende hatte sie die meiste Zeit hier im Schloss verbracht und eigentlich keinen Grund mehr zum Kämpfen gehabt, wenngleich sie nach wie vor regelmäßig mit dem Schwert trainiert hatte.

„Hmm... Hältst du mich denn für unnütz?“, fragte Kimie nach einem Moment, wobei sie gerade einen Blick drauf hatte wie ein kleines Kind, das ganz vorsichtig danach gefragt hatte, ob es etwas falsch gemacht hatte. Sie wartete darauf, was Sesshoumaru ihr antworten würde. Ob er ihr überhaupt antworten würde? Doch stattdessen spürte sie auf einmal, wie er ihr mit dem Zeigefinger gegen die Stirn tippte und dafür von ihr einen mehr als irritierten Blick kassierte.

„Du redest Unfug. Wie so oft“, teilte er ihr wie nebenbei mit. „Stell dich nicht selbst als dumm oder nutzlos dar und erwarte dann, dass andere dir das Gegenteilige sagen, nur damit du dich besser fühlst. Damit machst du dich nur lächerlich.“

„Huh?!“

Kimie stutzte. Hatte sie das getan? Zumindest schien es so bei Sesshoumaru angekommen zu sein, obwohl sie das eigentlich nicht beabsichtigt hatte. Aber... vielleicht hatte er ja recht. Sie sollte endlich damit aufhören. Andernfalls würde sie ihm damit wohl auf Dauer auf die Nerven gehen. Und nicht nur ihm...

„Das genügt für heute“, meinte Sesshoumaru. „Lass dein Schwert ruhen und hol Katô. Danach gehst du zu Kakeru.“

„Uhm... Ja, gut“, antwortete sie bereitwillig, wenngleich sie ein wenig peinlich berührt zu sein schien.

Sesshoumaru gab Kimie zunächst ihr Schwert wieder zurück, ehe er zusammen mit ihr den Trainingsraum verließ. Doch kaum waren sie auf den Flur hinaus getreten, kreuzte sich ihr Weg mit dem von Rin und Jaken.

„Sesshoumaru-sama! Kimie-san!“, rief Rin die beiden erfreut.

„Hallo, ihr beiden! Was macht ihr denn hier?“, fragte Kimie überrascht.

„Ich habe Sesshoumaru-sama und dich gesucht. Ich wollte nämlich Katô-chan gerne nochmal sehen. Und Jaken-sama ist mir einfach nachgelaufen.“

Sofort protestierte Jaken laustark: „Was? Das stimmt doch gar nicht! Ich bin bloß mitgekommen, weil du dich sonst garantiert hier im Schloss verlaufen hättest!“

Kimie musste unweigerlich etwas schmunzeln. „Wenn das so ist, dann geht ihr drei doch Katô holen. Ich gehe in der Zwischenzeit zu Kakeru.“

Sesshoumaru hatte nichts dagegen, doch Rin fiel auf. Das wäre wirklich besser, denn Kimie sah müde aus. Das fiel auch Rin auf, denn sie fragte nur kurz darauf: „Bist du krank, Kimie-san?“

„Nur eine kleine Erkältung. Nichts Schlimmes“, beschwichtigte Kimie sogleich und wandte sich zum gehen um. „Also, bis gleich.“

Auf dem Weg zu Kakeru bemerkte sie aber schnell, wie erschöpft sie sich mit einem Mal fühlte. Vieleicht war das mit dem Training doch keine so gute Idee gewesen. Da hatte sie sich wohl mal wieder übernommen.

Nachdem Kimie bei Kakeru angekommen war, nahm dieser sich ausgiebig Zeit, um ihren Zustand zu überprüfen.

„Eine Erkältung scheint es nicht zu sein. Aber Ihr habt leichtes Fieber“, stellte er schließlich fest. Dass sie Fieber hatte, hatte Kimie selbst noch gar nicht wahrgenommen.

„Hmm... Und was jetzt?“, fragte sie ein wenig unsicher.

„Ich gebe Euch erstmal einen Tee, der Eure Beschwerden lindern wird“, antwortete Kakeru ihr und kümmerte sich direkt drum, den besagten Tee zuzubereiten. „Eure Symptome sind nicht so stark, aber um sicherzugehen, solltet Ihr in der Nähe Eures Sohnes vorsichtig sein, damit er sich nicht eventuell ansteckt.“

„Ja, ich verstehe.“

Als der Tee fertig war, reichte er ihr eine Tasse. „Hier. Trinkt am besten jeden Tag mindestens drei Tassen am Morgen und drei am Abend jeweils über eine Stunde verteilt. Und wenn es sich doch nicht bessern sollte, lasst es mich wissen.“

„In Ordnung.“

Dann wäre es wohl doch das beste, wenn sie die nächsten Tage ein wenig kürzer treten würde.

„Wie geht es Euch ansonsten?“, fragte Kakeru nach einem Moment.

„Mh... Eigentlich ganz okay. Bis auf den Husten“, antwortete Kimie. „Aber vielleicht kommt das auch nur durch die Kälte.“

„Sorgt auf jeden Fall dafür, dass Ihr stets warm angezogen seid. Der Winter in diesem Jahr ist kälter als sonst. Außerdem solltet Ihr darauf achten, dass Ihr genug esst.“

Kimie nickte. Genug essen... Dabei fiel ihr auf, dass sie zuletzt eher wenig gegessen hatte. Sie hatte einfach keinen großen Hunger gehabt. Nachdenklich schaute sie rüber zum Fenster.

„Youkai bekommen nie eine Erkältung, oder?“, fragte sie auf einmal, wobei sie ein wenig so wirkte, als wäre sie mit ihren Gedanken teils woanders.

„Nun, zumindest war ich noch nie erkältet“, antwortete Kakeru scherzend. Um Kimie ein wenig abzulenken, wechselte er das Thema: „Übrigens, Euer Sohn scheint sich gut zu machen. Das freut mich.“

„Ja, er macht sich ganz gut“, bestätigte Kimie. „Und Seshoumaru macht als Vater keine so schlechte Figur. Er könnte den Kleinen nur etwas häufiger auf den Arm nehmen. Aber mir scheint, er möchte nicht, dass jemand anders ihn so sieht.“

Kakeru musste etwas lachen. „Das kann ich mir gut vorstellen. Sesshoumaru-sama ist nach wie vor stets darum bemüht, einen gewissen Eindruck von sich zu vermitteln. Das Bild des treusorgenden Vaters passt da nach seiner Ansicht wohl nicht so ganz hinein.“

„Dabei steht Katô ihm so gut“, meinte Kimie amüsiert, wobei sie ebenfalls lachen musste. Es tat gut, einfach ein wenig loszulassen. Besonders jetzt...
 

Allmählich wurde es Abend. Gleich, nachdem sie von Kakeru zurückgekommen war, hatte sich Kimie ein wenig im Schlafraum hingelegt, während sich nebenan Sesshoumaru zusammen mit Rin, Jaken, Inuki und Katô aufhielt. Da Katô im Moment noch ziemlich munter war, beschäftigte sich Rin ausgiebig mit ihm. Sesshoumaru stellte überrascht fest, wie gut das Mädchen offenbar mit kleinen Kindern umgehen konnte. Sie schien von der alten Miko im Dorf einiges gelernt zu haben. Und bei alldem hatte sie sich ihre kindliche Unschuld nach wie vor erhalten.

„Jaken-sama, halte mal deine Hand hier hin“, forderte Rin den Krötendämon irgendwann auf. Als dieser sich jedoch zierte, zog sie ihn einfach so in Katôs Nähe, sodass dieser nach einem von Jakens Fingern greifen konnte. Während Jaken sich nicht sicher zu sein schien, wie er darauf reagieren sollte, lächelte Rin erfreut. „Wie süß! Findest du nicht auch, Jaken-sama?“

Jaken murmelte nur etwas Unverständliches in sich hinein, ließ es aber zu, dass Katô ihn festhielt. Irgendwann schien der Kleine jedoch schläfrig zu werden und gähnte herzhaft.

„Sesshoumaru-sama, Katô-chan ist offenbar müde geworden“, erzählte Rin, woraufhin Sesshoumaru von den Unterlagen aufschaute, welche er sich gerade durchlas.

„Möchtest du ihn schlafen legen, Rin?“, schlug er vor, was sie sogleich fröhlich bejahte und den Kleine vorsichtig hochhob, um ihn in sein Bettchen zu legen. Nachdem sie ihn zugedeckt hatte, dauerte es nicht lange, bis Katô eingeschlafen war. Anschließend setzte sich Rin zu Sesshoumaru, wobei sie kurz zu der Tür des Schlafraumes schaute.

„Kimie-san schläft wohl noch.“

„Wenn sie wirklich krank ist, sollte sie nicht aufstehen, und schon gar nicht zu nahe an das Kind herankommen“, meinte Jaken, wobei das weniger abfällig gemeint war, als es auf den ersten Blick vielleicht klang. „Zuerst soll sie wieder gesund werden. Wenn sie sich ausruht, geht es ihr sicher bald besser.“

„Jaken-sama, machst du dir etwa Sorgen?“

„Wer? Ich? Unsinn! Wenn überhaupt, dann sorge ich mich um das Wohl von Sesshoumaru-samas Sohn! Ein Kind in diesem Alter könnte sich schnell etwas einfangen, auch wenn es ein Hanyou ist.“

„Dann passen wir für Kimie-san auf Katô-chan auf, Jaken-sama.“

„Eh?“

„Natürlich! Immerhin hast du ihn doch beschützt, nicht wahr?“

Unwillkürlich wurde Jaken rot. Woher wusste Rin das? Jemand hatte ihr es offenbar erzählt und das machte ihn doch verlegen.

„Nun, ich glaube, ihr beide bekommt das sicher hin“, hörte man Kimie auf einmal sagen. Sie war inzwischen aufgestanden und hatte sich etwas angezogen. Zwar wirkte sie noch ein wenig müde, aber zumindest lächelte sie.

„Warum bist du aufgestanden?“, fragte Sesshoumaru sie, als er sich erhob, um auf sie zuzugehen. „Es ist ohnehin bald Zeit für die Nachtruhe. Du hättest liegen bleiben können. Oder hast du vielleicht Hunger?“

In der Tat wäre es nicht verkehrt, wenn Kimie eine Kleinigkeit essen würde, doch sie schüttelte den Kopf.

„Nein, ich wollte mich nur ein wenig bewegen, bevor ich wieder schlafen gehe.“

„Dann solltest du zumindest etwas von dem Tee trinken, den Kakeru dir gegeben hat“, fand Sesshoumaru.

„Ich kümmere mich darum!“, verkündete Rin sogleich und holte alles, was sie zum Zubereiten des Tees brauchte. Indes setzte sich Kimie mit an den Tisch. Sie sah, dass Katô etwas abseits in seinem Bettchen lag und schlief. Gerne hätte sie ihn sich etwas näher angesehen, doch sie wollte lieber kein Risiko eingehen. Kurz darauf kam Rin mit dem Tee an den Tisch.

„Kimie-san, hier ist dein Tee.“

„Danke, Rin.“

Kimie nahm zunächst einen kleinen Schluck. Wenn sie gerade nicht trank, hielt sie sich ein kleines Tuch vor Mund und Nase, da sie auch Rin auf keinen Fall anstecken wollte.

„Tut mir leid“, murmelte sie in das Tuch hinein, wobei nicht ganz klar war, an wen genau diese Entschuldigung gerichtet war. „Schon wieder mache ich allen nur Umstände.“

„Hm... Es ist ja nicht so, dass dies etwas Neues wäre“, erwiderte Jaken mit einem Schulterzucken.

Kimie musste unwillkürlich etwas schmunzeln. „Ja, das stimmt wohl.“

„Huh?“ Verwundert schaute Jaken zu Kimie hoch. Kein bissiger Kommentar? Dann ging es ihr wohl wirklich schlecht... Andererseits, seit sie wieder hier im Schloss war, hatte sie sich nicht mehr mit ihm angelegt. Im Gegenteil, sie war erschreckend freundlich zu ihm gewesen, besonders seit der Rettung von Katô.

Indes schaute Sesshoumaru nach Katô, doch ihm schien es an nichts zu fehlen. So lange Kimie nicht wieder vollständig genesen wäre, würde er eben alle nötigen Aufgaben übernehmen. Zumindest die, bei denen er keine Hilfe in Anspruch nehmen musste.

Gerade wollte sich Sesshoumaru zurück an den Tisch begeben, als er bemerkte, wie sich etwas von draußen näherte. Ein Schatten kam dem Fenster stetig näher. Er hatte bereits seine Hand an Bakusaiga gelegt, als das Fenster von draußen aufgeschoben wurde und Akuma in den Raum schaute. Vor lauter Schreck hätte sich Kimie fast an ihrem Tee verschluckt.

„Ah! Habe ich doch auf Anhieb das richtige Fenster erwischt“, merkte Akuma amüsiert an. Sesshoumaru jedoch war weniger belustigt.

„Akuma... Verschwinde da, bevor ich mich vergesse!“

Sein Gegenüber winkte gelassen ab, als er sich wie selbstverständlich auf die Fensterbank setzte.

„Immer mit der Ruhe, Sesshoumaru. Übrigens... Bei meinem Rundflug habe ich diesen kleinen Fuchs außerhalb des Schlosses gefunden. Ich dachte, vielleicht interessiert dich das ja.“

Mit diesen Worten zeigte Akuma einen ziemlich panischen und aufgebrachten Shippou vor. „Aah! Finger weg! Lass mich gehen, du mieser Typ! Ich hab doch überhaupt nichts gemacht! Lass mich los!“

„Shippou?“, fragte Kimie verdutzt. Was machte der kleine Kitsune denn hier?
 

Einige Zeit später und nachdem die erste Aufregung wieder abgeklungen war, saß Shippou mit Inu Yasha und Kagome zusammen.

„Ist etwas passiert, Shippou-chan?“, fragte sie ihn sogleich.

Shippou schüttelte den Kopf. „Nicht wirklich. Eigentlich wollte ich nur nachsehen, ob hier bei euch alles in Ordnung ist. Sango und Miroku machen sich auch Sorgen, aber wegen der Kinder können sie ja nicht einfach herkommen. Und Miroku möchte seine Familie im Augenblick nur ungern wieder allein lassen.“

„Schon klar“, erwiderte Inu Yasha, wobei er die Arme hinter dem Kopf verschränkte. Die kleine Gruppe saß auf der Veranda des Zimmers, welches Inu Yasha und Kagome während ihres Aufenthaltes zur Verfügung gestellt worden war. Shippou ließ misstrauisch seinen Blick schweifen. Überall sah er hier und da vereinzelte Krieger der Ryû-Youkai. Sogar am Himmel zogen sie ihre Kreise. Es sah mehr so aus, als hätten sie das Schloss belagert...

„Und die Ryû-Youkai sind tatsächlich als Verbündete hierher gekommen?“, fragte er leise, um sicher zu gehen, dass von Akumas Leuten bloß keiner etwas mit anhören konnte. „Wer ist denn auf die blöde Idee gekommen, die einzuladen?“

„Das wäre dann wohl ich“, hörte man Kakeru auf einmal amüsiert sagen, welcher soeben des Weges daherkam. Zunächst vor Schreck darüber, dass er sozusagen ertappt worden war, senkte Shippou kurz darauf sichtlich peinlich berührt den Blick.

Kagome hingegen grüßte Kakeru erfreut: „Guten Abend, Kakeru-sama! Ist alles in Ordnung?“

„Ja, ich wollte nur ein wenig an die frische Luft. Und da wollte ich die Gelegenheit für einen kleinen Rundgang nutzen.“

„Wegen der Drachen musst du dir jedenfalls keine Sorgen machen“, meinte Inu Yasha gelassen. „Wir haben sie im Blick und bringen ihnen schon Manieren bei, wenn sie es darauf anlegen.“

Diese Bemerkung hatten einige der Ryû-Youkai durchaus gehört, allerdings hatte Inu Yasha auch nicht versucht, extra leise zu sprechen. Jedoch kassierte er außer einigen abfälligen Blicken keine weiteren Drohgebärden. Trotzdem ermahnte Kagome den Hanyou zu mehr Ruhe. Man musste ja schließlich keine schlafenden Hunde wecken.

Nachdem Kakeru wieder gegangen war, zogen sich Kagome, Inu Yasha und Shippou ebenfalls zurück. Es wurde allmählich spät.
 

Als die Nacht hereinbrach, hockte Shippou wieder im Freien. Obwohl alles ruhig war, bemerkte er, dass sowohl die Inu- als auch die Ryû-Youkai stets aufmerksam blieben und die Umgebung im Auge behielten. Und irgendwie wünschte er sich, dass auch er etwas tun könnte, um seinen Teil beizutragen, denn immerhin befanden sich hier im Schloss auch seine Freunde. Sango und Miroku hätten ihre Hilfe sicherlich auch angeboten, wenn ihre Kinder nicht gewesen wären. Also wollte Shippou an ihrer Stelle etwas tun. Aber was konnte er machen? Zwar hatte er in den letzten Jahren viel gelernt und seine Magie war ausgereifter und besser geworden, aber zu einem wahren Kämpfer fehlte ihm noch viel. Er war eben trotz allem immer noch ein Kind. Kein Vergleich zu den Füchsen aus dem Süden. Shippou machte sich nichts vor. Sollte er einem von ihnen mal im Kampf gegenüberstehen, hätte er nicht den Hauch einer Chance.

Shippou horchte auf, als er auf einmal glaubte, Schritte zu hören. Als er sich umdrehte, sah er die Prinzessin der Füchse auf sich zukommen und stand auf.

„Oh! Prinzessin Saori... Guten Abend.“

Saori lächelte ihn freundlich an. „Guten Abend. Du heißt Shippou, nicht wahr?“

„Ja, mein Vater gab mir diesen Namen.“

Ihr Lächeln beibehaltend ließ es sich Saori nicht nehmen, sich an Shippous Seite zu setzen. Dieser war von dieser Geste mehr als überrascht und auch ein wenig verlegen. Mit leicht geröteten Wangen setzte er sich ebenfalls wieder hin, während Saori ihren Blick zum Mond gerichtet hatte.

„Ich... habe davon gehört, dass Ihr hier seid, um Sesshoumaru um Hilfe zu bitten“, begann Shippou schließlich zu sprechen.

„Ja, das ist richtig“, bestätigte Saori. „Ich kam her in der Hoffnung, auf diese Weise meinem Vater und meinem Clan helfen zu können. Ich konnte nicht länger dort bleiben. Jedoch...“ Sie schwieg einen Moment und wirkte auf einmal irgendwie traurig. „Vielleicht ging es mir insgeheim auch nur darum, zu fliehen. Weil ich die Situation dort nicht länger ertragen habe. Ich hatte das Gefühl, sämtliche Kontrolle zu verlieren und selbst dazu verdammt zu sein, bloß zuschauen zu können, wie alles in die Brüche geht...“ Plötzlich besann sie sich und blickte entschuldigend zu Shippou. „Ah, bitte verzeih mir. Ich wollte dich nicht mit solchen Dingen belästigen. Du bist immerhin noch ein Kind.“

„Mag sein, aber ich bin viel erwachsener, als man meinen würde“, entgegnete Shippou selbstbewusst. Warum die Prinzessin gerade ihm gegenüber so offen gesprochen hatte, wusste er nicht. Vielleicht hatte sie einfach mal den Wunsch verspürt, sich ein bisschen was von der Seele zu reden. Und irgendwie machte es ihn stolz, dass sie mit ihm darüber geredet hatte. Während er noch so darüber nachdachte, schaute er zum Sternenhimmel hinauf. „Um ehrlich zu sein, ich bewundere Euch und Eure Krieger. Ob ich... irgendwann auch so stark werden kann, wie die Füchse aus Eurem Clan?“

Wiederum schenkte Saori ihm ein warmes Lächeln. „Wenn du fleißig weiter übst, warum nicht? Ich glaube, aus dir wird mal ein sehr begabter Kitsune werden.“

Diese Worte von Saori ließen Shippou vor Verlegenheit leicht erröten, zugleich machten sie ihm auch Mut, fleißig so weiterzumachen wie bisher. Er wollte auf jeden Fall auch irgendwann, wenn er mal erwachsen wäre, so ein beeindruckender Kitsune sein, wie die Krieger aus Aoshis Clan.
 

* ~ * ~ * ~ *
 

Im Schloss der Füchse herrschte seit geraumer Zeit alles andere als Ruhe. Das unerwartete Auftauchen der Ryû-Youkai beschäftigte die meisten nach wie vor und hatte die weitere Planung bezüglich des Kampfes gegen Sesshoumarus Clan mehr oder minder zum Erliegen gebracht.

Kuro ging gerade mit einem seiner untergeordneten Befehlshaber, Kirikaze, durch die Gänge des Schlosses und besprach die aktuelle Lage.

„Meinst du, Kazuya und Takuya werden es schaffen, Shirou zurückzubringen?“, fragte Kirikaze. „Ich befürchte eher, sie verlieren sich wieder in ihren eigenen Interessen.“

„Vielleicht, aber darum muss sich dann Prinzessin Harumi kümmern“, erwiderte Kuro.

Kirikaze war von dieser Antwort nur wenig angetan und es fiel ihm schwer, das zu verbergen. Seufzend fuhr er sich durch das schwarze Haar.

„Kuro? Was ist wirklich mit unserem Herrn los?“

Auf diese Worte hin blieb Kuro stehen. „Warum fragst du mich das?“

Es gefiel Kirikaze zwar nicht, wie sein Gegenüber ihn gerade anschaute, doch er wollte endlich sagen, was ihn beschäftigte: „Weil ich den Verdacht habe, dass du etwas darüber weißt. Aoshi-sama war nie jemand, der eine Affinität zum Krieg hatte und außerdem pflegte er stets einen guten Kontakt zu Inu no Taishou. Doch auf einmal kämpfen wir gegen die Inu-Youkai, und als ob das nicht genügen würde, haben sich auch noch die Ryû-Youkai aus China eingemischt. Wenn wir nicht aufpassen, wird uns dieser Konflikt das Genick brechen!“

Prüfend beäugte Kuro den anderen Kitsune. „Hast du so wenig Vertrauen in deine eigenen Fähigkeiten?“

„Darum geht es nicht und das weißt du auch!“, entgegnete Kirikaze entschieden. „Ich habe hingegen den Eindruck, du weichst mir aus. Kuro! Siehst du eigentlich nicht, wo wir stehen? Prinz Taigas Tod ist noch nicht aufgeklärt, unser Herr verschanzt sich in seinen Gemächern und Prinzessin Saori ist fort! Noch dazu stehen wir mitten in einem Krieg! Du bist unser oberster General! Liegt es wirklich in deinem Interesse, was hier geschieht?“

„Du hast recht. Ich bin euer oberster General. Und als solcher bin ich es, der euch im Kampf die Befehle erteilt. Merk dir das!“, erwiderte Kuro nun merklich bedrohlicher. Kirikaze hingegen konnte nicht glauben, was er da hörte.

„Hörst du dich eigentlich reden?“, fragte er fassungslos. „Weißt du, wie du dich anhörst? Wärst du nur ein halb so guter General, wie Seitarô es war, dann...!“

Im selben Augenblick spürte er die kalte Klinge von Kuros Schwert an seinem Hals. Allein die nun herrschende Stille schnitt regelrecht durch die Luft, ebenso wie Kuros nachfolgende drohende Worte: „Wage es nicht noch einmal, diesen Namen in meiner Gegenwart auszusprechen, sonst schneide ich dir eigenhändig die Stimmbänder heraus! Hast du mich verstanden?“

Kirikaze hatte reflexartig die Hand ans eigene Schwert gelegt, sah jedoch davon ab, dieses zu ziehen. Auch schwieg er zu dem eben Gesagten. Kuro sente letztendlich sein Schwert wieder.

„Ich habe noch was zu erledigen. Mach dich nützlich und geh deiner Arbeit nach“, wies er Kirikaze an und ließ diesen einfach im Gang stehen.

Kirikaze rührte sich erst wieder, nachdem Kuro aus seinem Sichtfeld verschwunden war. Er musste dringend mit Harumi sprechen. Zugegeben, ihm wäre es lieber gewesen, wenn Saori noch hier gewesen wäre, doch vielleicht konnte ihre jüngere Schwester ihm ja auch etwas Nützliches sagen.

Bei den Gemächern der Prinzessin angekommen, machte Kirikaze zunächst auf sich aufmerksam: „Prinzessin? Verzeiht bitte die Störung. Ich muss Euch in einer dringenden Angelegenheit sprechen.“

Kurz darauf wurde ihm von Harumi die Tür geöffnet.

„Was ist los?“, fragte sie, klang aber nicht wirklich interessiert. Kirikaze war sich nicht sicher, ob er bei ihr wirklich etwas erreichen konnte, aber er wollte es zumindest versuchen.

„Ich belästige Euch nur ungern damit, aber...“, begann er zunächst zögerlich, ehe er sich jedoch ein Herz fasste und seine Bedenken aussprach: „Heißt Ihr es wirklich gut, was Kuro zur Zeit tut? Ihr habt ihm die freie Hand über das weitere Vorgehen bezüglich der Inu-Youkai überlassen. Aber warum? Was ist mit Eurem Vater?“

„Wie du mitbekommen haben dürftest, ist mein Vater ist zur Zeit nicht dazu in der Lage, die Befehlsgewalt über die unsere Streitmacht zu wahren. Kuro ist der oberste General. Ich vertraue darauf, dass er die richtigen Entscheidungen treffen wird.“

O nein... Kirikazes Gesicht spiegelte seine Besorgnis wider. Harumi war zwar eine Prinzessin, aber vom Militär oder dem Krieg verstand sie nichts. Dazu war sie auch schlichtweg einfach noch zu jung. Politik hatte sie auch nie wirklich interessiert. Immerhin war sie stets mit dem Wissen darin aufgewachsen, dass ihre beiden älteren Geschwister die Geschicke des Clans eines Tages leiten würden; Taiga als Nachfolger seines Vaters und Saori als Gemahlin eines einflussreichen und starken Lords, dessen Clan mit den Füchsen im Bund stand. Doch alles hatte sich innerhalb kurzer Zeit geändert. Taiga war tot und Saori nicht mehr hier. Sollten die Geschicke des Clans nunmehr darin bestehen, dass ein verblendeter General und eine unerfahrene Prinzessin diese lenkten?

„Kirikaze? Mir scheint, du bis unzufrieden mit der Situation“, bemerkte Harumi.

„Ich gebe zu, ich bin besorgt“, gestand er ihr. „Euer Vater hatte nie die Intention, einen Krieg gegen die Inu-Youkai zu beginnen.“

„Sie sind verantwortlich für Taigas Tod. Sollen wir sie damit davonkommen lassen?“

„Der Tod Eures Bruders ist wahrlich ein großer Verlust für unseren Clan, doch wissen wir, dass die Inu-Youkai dafür verantwortlich sind?“

„Er starb während unseres Aufenthaltes in den westlichen Ländern. Das dürfte Beweis genug sein, mein Vater hat dies nur nicht sehen wollen.“

Das war kein Beweis, nur eine Mutmaßung, wenngleich Kirikaze die Vorstellung anwiderte, jemand aus den eigenen Reihen könnte eventuell für den Tod des Prinzen die Schuld tragen. Vielleicht war das alles sogar ein Komplott? Aber wer hätte davon profitiert? Diese ganze Geschichte machte überhaupt keinen Sinn!

„Wenn das alles war, dann geh jetzt wieder“, forderte Harumi ihren Untergebenen auf, ehe sie auch ohne ein weiteres Wort die Tür direkt vor der Nase schloss. Unverrichteter Dinge ging Kirikaze wieder seines Weges. Sollte er das alles einfach so stehen lassen? Aber was sollte er schon tun können...?



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Kommentare zu diesem Kapitel (15)
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Von:  snqehng
2018-09-13T07:24:30+00:00 13.09.2018 09:24
Wann geht es weiter? Hab deine Ff's jetzt schon viermal durchgesuchtet. 😄
Von:  jeaquline
2018-06-04T22:46:22+00:00 05.06.2018 00:46
ich habe jetzt die letzten beiden wochen deine drei ff's gesuchtet... ich würde mich tierisch freuen, wenn du weiterschreiben könntest! du hast so einen verdammt guten schreibstil. sehr flüssig und nicht zu ausschweifend und auch nicht zu kurzatmig. ich fände es sehr schade, wenn diese ff-triologie kein ende finden könnte. bitte sei so lieb *hundeblick*

lg jeaquline
Von:  Silberwoelfin
2017-02-24T10:33:21+00:00 24.02.2017 11:33
Erschreckent... an dieser FF seh ich wie alt ich geworden bin :D
2008 bin ich eingestiegen... jetzt ist das schon wieder fast 10Jahre her *seufz*
Hoffe es geht bald weiter
Gruß
Antwort von:  feuerregen
10.04.2017 21:07
so geht's mir auch.
Von:  Ookami-no-Tenshi
2017-02-11T12:14:08+00:00 11.02.2017 13:14
Ich habe alle drei Teile deiner Story jetzt schon mehrmals gelesen und wünsche mir nichts mehr, als dass du sie weiterschreibst. Eine der besten Fanfics überhaupt. Bin dein größter Fan. Schreibe bitte ein weiteres Kapitel.
Lg. Ookami-chan
Von:  snqehng
2017-01-01T22:38:36+00:00 01.01.2017 23:38
Joa ich bin jetzt schon etwas länger dabei (ich glaube seit dem ersten Teil), also lass ich es mir nicht geduldig auf ein neues Kapitel zu warten. Hoffe nur, dass wieder mal eins kommen wird. Das wünsche ich noch einen schönen Abend (oder Morgen Mittag, wann auch immer das Kommentar gelesen wird).
LG. Sonique
Antwort von:  snqehng
01.01.2017 23:39
*...lass ich es mir nicht nehmen geduldig...
Von:  Hotaru-chan_
2016-11-23T09:52:04+00:00 23.11.2016 10:52
Oh nein, schon das "letzte" Kapitel 😱 (OK, ich hoffe mal nicht... 😅)
Ok, auch, wenn das komisch klingen mag... Jin is zwar ein Arsch, aber irgendwie mag ich ihn trotzdem haha xD

Und zu Sabaru und Yukina kann ich nur immer wieder sagen... Sooo süß! :D <3

Arme Kimie, schon wieder krank - aber kein wunder, wenn man bedenkt was sie bis vor kurzem alles mitgemacht hat und dann ists auch noch Winter.. :s


Mach dir nicht so einen Kopf, weil die Abstände zu den Kapiteln doch relativ groß mittlerweile sind.
Klar, als Leser zwar sehr schade, aber den Autor zu stressen bringt es ja auch nicht immer unbedingt. Da kann nämlich sonst die Qualität sehr drunter leiden oder die Lust komplett vergehen... 🙈
Nichts desto trotz, bin ich schon wahnsinnig gespannt, wie es wohl weitergeht und freue mich schon riesig drauf! :)
Wenn du mir dann eine ENS schicken könntest, wäre das super!


glG <3
Von:  Silberwoelfin
2016-10-12T19:47:12+00:00 12.10.2016 21:47
Gibts bald wieder ein neues Kapitel? :)
Gruß
Von:  myuki-chan
2016-02-19T13:49:36+00:00 19.02.2016 14:49


So jetzt komme ich endlich mal dazu ein Kommentar zu schreiben :D vor allem haste dir das ja auch verdient, weil das Kapitel wirklich super ist!

Die Interaktion zwischen Sesshoumaru und Kimi fand ich sehr schön. Auch das Saori dann dazu kam um sich zu erklären war gut getroffen. Mehr von ihr zu lesen wäre auf jeden Fall spannend :)

Die Gespräche zwischen Takeshi und Akuma mochte ich sehr, es ist schön zu lesen wie beide sich nun verstehen. Das Takeshi Renhou vermisst merkt man aber auch. Es ist wirklich schade das er Tod ist. Irgendwie kann ich das immer noch nicht verkraften :(

Yukina und Subaru :D ich finde die beiden sind total süß. Wie immer war eigentlich alles wieder sehr gelungen! Ich könnte noch ewig weiter schreiben xD
Ich kann es kaum abwarten bis es weiter geht!

Liebe Grüße

myuki-chan

Von:  Sakura_Arashi
2015-12-06T19:33:21+00:00 06.12.2015 20:33
Yay es geht weiter! :D
Ich finde deine Geschichte nach wie vor toll und hoffe das es weiter geschrieben wird.
Ich bin echt gespannt wie es weiter geht.

LG AS
Von:  Inuyasha20
2015-11-23T15:48:36+00:00 23.11.2015 16:48
Ich kann es gar nicht fassen, es geht tatsächlich weiter!!!
Freue mich riesig darüber, weil ich finde dass so eine tolle Geschichte zu ende geschrieben werden muss!!!

Danke und bitte lass uns nicht mehr so lange warten :)


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