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As Fireworks began...

von

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As Fireworks began...

Lachend drehte ich den Kopf wieder nach vorne.

Heute war ein guter Abend. Ich war ausgelassen, hatte Spaß, war bei meinen Freunden. Wir hatten spontan beschlossen zur Kirmes hier in der Stadt zu gehen und das war definitiv eine gute Idee gewesen.

Gemeinsam drehten wir gerade eine Runde um den Platz. Pierre erzählte einen seiner berühmten Witze, was die allgemeine Stimmung noch mehr hob. Zum Glück waren alle schon recht gut dabei, sonst hätten wir ihn sicher schon lange geohrfeigt oder so. Allerdings erklärte der Alkohol auch meinen momentanen Zustand und es wunderte mich nicht, dass die Lichter der Fahrgeschäfte noch heller waren, als sonst. Alles drehte sich, die Geräusche waren verwirrend, laut. Meine Schritte schienen unsicher, jeglicher Gleichgewichtssinn verschwunden. Doch es störte mich nicht. Ich war heute frei.

„Hey, Schnecke! Alles klar?“, pfiff Dominique wieder einmal einer blonden Schönheit nach. Doch das interessierte mich nicht. Oder besser: Frauen interessierten mich nicht. Viel wichtiger waren die Kerle hier.

Ich ließ meinen schummrigen Blick über den Festplatz gleiten. Nichts Faszinierendes. Aber ich würde mir schon noch einen für heute Nacht finden. Irgendeiner wollte immer, egal ob Hete oder nicht. Wenn sie zu tief ins Glas geschaut hatten, war es einfach sich einen zu angeln.

„Hey, Valérian! Gefällt dir der hier nicht?“, hörte ich plötzlich Pierre nach mir rufen. Ich drehte mich um, wobei ich gerade noch verhindern konnte, dass ich umfiel. Als sich meine Augen orientiert hatten, erblickte ich Pierre mit einem ziemlich jung aussehenden Typen neben sich, der jetzt mehr als verdattert dreinschaute.

Ich lachte lauthals. „Das Kind gehört ins Bett. Aber nicht in meins.“

„Ach, du bist wählerisch! So findest du nie einen, den du nicht sofort wieder verjagst nachdem du ihn in den Arsch gefickt hast“, erwiderte Pierre und schubste den Jungen einfach weg. Dieser entrüstete sich, aber keiner von uns beachtete ihn.

„Na, na. Heute sind wir aber vulgär. Was kümmert´ s mich? Ich war bis jetzt ganz glücklich mit dieser Einstellung und meine Liebhaber haben sich auch noch nie beschwert“, gab ich zur Antwort und grinste. Pierre lachte und kam auf mich zugetorkelt, um mir den Arm um die Schulter zu legen. Zusammen setzten wir unseren Weg durch die glotzende Menge fort.

Ich liebte dieses Gefühl. Wenn sie gafften und ihnen fast die Augäpfel herausfielen, weil sie hörten, dass ich auf Kerle stand. Oh, welch Sünde! Eigentlich war dies der einzige Grund, warum ich Pierre´ s öffentliche Blamagen über mich ergehen ließ und sogar noch mitspielte. Um die Leute zu entsetzen. Zu provozieren.

„Aber mal im Ernst, Valérian. Willst du dir nicht mal ´nen festen...“, begann Pierre mit erhobenem Finger. Das machte er immer, wenn er ein seriöses Gespräch führen wollte.

„Halt die Schnauze! Ich will über so ´nen Bullshit nicht diskutieren, klar?!“, fuhr ich ihn an. immer wieder dieselbe Leier. Mit versteinertem Gesicht starrte ich nach vorne.

Ich hatte keinen Freund, keine Beziehung. Ich wollte das nicht... Oder vielmehr konnte nicht. Klar, ich hatte es schon öfter versucht. Aber daraus war nie was geworden. Ich brauchte meine Freiheit, wollte mich nicht binden. Außerdem brachten Beziehungen nur Verantwortung und am Ende Schmerz mit sich. Das wusste ich. Aus Erfahrung.

„Lasst uns was trinken, ich werd schon wieder nüchtern“, brummte ich zu Dominique, der gerade wieder zu uns gestoßen war, nachdem ihn schon wieder eine abserviert hatte.

„Mann, wieso kann ich nicht so aussehen wie du? Die Ladys liegen dir zu Füßen, Valérian. Aber du stehst doch tatsächlich auf Kerle! Was für eine Verschwendung von gutem Aussehen“, klagte dieser und seufzte.

„Tja, Kerle haben auch ihre Ansprüche. Nur kommt´s da im Endeffekt auf was anderes an“, erklärte ich und grinste angeberisch, während ich den Kopf hob und meine Hand unterstreichend auf meinen Schritt legte. Ich war schön. Das wusste ich.

„Und da hast du ja auch keine Probleme, was?“ Pierre boxte mich freundschaftlich in die Seite.

„Nicht im Geringsten“, gab ich selbstsicher zur Antwort und schmunzelte. Die Jungs waren echt in Ordnung.

„Also, Leute. Auf zum nächsten Zelt!“, meinte Dominique, sein fast leeres Glas erhoben.

„Ihr seit so abgestürzt“, neckte ich die beiden und ließ die verärgerten Kommentare, die darauf folgte lachend über mich ergehen. Amüsiert wandte ich mich nach vorne.
 

Und da sah ich ihn.
 

Wie vom Donner gerührt blieb ich stehen, wurde aber gleich wieder von Pierre mitgezogen, der irgendetwas sagte. Doch seine Stimme war gedämpft, fast unhörbar. Alles schien auf einmal unwichtig, wie in einer anderen Dimension. Ich sah nur noch grobe Umrisse, die alle verschwommen im Licht der tanzenden Lichter herumirrten. Nur er war erkennbar.

Er, der nur ein paar Meter von mir entfernt stand.

Groß und muskulös. Mit maskulinem, wunderschönem Gesicht. Relativ kurze, blonde Haare, die seine gottgleichen Züge nur noch mehr betonten. Dunkle, tiefgründige Augen, deren Farbe ich auf diese Entfernung nicht genau bestimmen konnte.

Seine Hände waren in den Seitentaschen seiner braunen, nobel wirkenden Jacke vergraben. Überhaupt war er sehr gut, wenn auch dezent gekleidet. Neue, helle Jeans, die gerade so eng anlagen, dass man auf seine durchtrainierten Beine schließen konnte. Allgemein war schnell zu sehen, dass er sehr sportlich war.

Ein weißer Schal, der seinen schlanken Hals umspielte...

„Valérian?“

„Huh?“ Ich konnte den Blick nicht abwenden, wollte nicht auf die nervende Stimme neben mir Acht geben. Doch die unsanften Rucke an meinem Arm störten meine Konzentration.

„Kommst du jetzt mit an die Bar?“, fragte Pierre offensichtlich ungeduldig. Ich schüttelte nur den Kopf, wollte dass er still ist.

„Na schön. Also Dominique und ich sind dann mal drin, Kumpel. Wir sehen uns später“, meinte Pierre und ich hätte ihm fast eine mitgegeben, als er ausgerechnet genau an mir vorbei in das anliegende Zelt schritt.

Wie gebannt musterte ich den Mann vor mir erneut. Er war so wunderschön, so vollkommen. Einfach perfekt. Ich hatte so etwas noch nie zuvor erlebt. Und ich wusste: Ich wollte ihn. Ich musste ihn haben, koste es was es wolle.

Mein Objekt der Begierde drehte sich um, um weiterzugehen. Ich folgte ihm. Plötzlich waren meine Sinne wieder hellwach, wenn auch doch etwas eingeschränkt. Doch dieser Schlag, den mir dieser Typ versetzt hatte, als ich ihn gesehen hatte... Es war einfach unglaublich gewesen. Dieses Gefühl in meinem Inneren...

Es war schlichtweg unbeschreiblich, aber ich wusste, dass es etwas Besonderes gewesen sein musste. So etwas fühlte man nicht einfach so. Er hatte eine Bedeutung für mich, dieser Mann. Und welche, das würde ich herausfinden.

Ich war ihm gerade erst fünf Minuten nachgelaufen, als er plötzlich stehen blieb. Natürlich hatte ich nicht damit gerechnet in dieser Menge von Menschen entdeckt zu werden, weswegen ich auch nicht ansatzweise daran dachte mich zu verstecken. Allerdings hätte ich das wohl besser tun sollen. Denn der Mann drehte sich um... und sah mich direkt an.

Ich schluckte. Es war ausgeschlossen, dass er jemand anderen anblickte. Dieser fixierende Blick war alleine an mich gerichtet. Wie hatte er bloß gemerkt, dass ich ihm folgte?

Doch ich konnte nicht darüber nachdenken. Ich war einfach zu gefesselt von diesem Anblick. Er war immer noch ein ganzes Stück von mir entfernt, aber ich hatte das Gefühl als würde er genau vor mir stehen. Diese sinnlichen Augen, die sich förmlich in mein Gesicht brannten...

Und auf einmal war er verschwunden. Ich hatte nur eine Sekunde geblinzelt! Wo war er hin?

Hektisch sah ich mich überall um. Er konnte nicht fort sein! Nein, das durfte nicht sein! Wo war er bloß?

Ich konnte ihn nirgends entdecken. Er war wie vom Erdboden verschluckt! Vielleicht war er nach Hause gegangen? Eine Empfindung, die sich anfühlte wie ein riesiges, klaffendes Loch breitete sich in meinem Körper aus. Er durfte nicht weg sein. Ich... brauchte ihn. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund brauchte ich ihn.
 

Wie ein seelenloses Wesen wandelte ich durch die Menschenmassen um mich herum. Immer wieder sah ich mich um, meine Augen suchten nur nach ihm. Ich hatte keine Ahnung wie lange ich herumrannte ohne auch nur den kleinsten Hinweis auf ihn zu finden. Doch plötzlich, sah ich einen weißen Schal...

„Hey!“, rief ich und packte ihn am Arm, um ihn herumzureißen.

„Was willst du?“, fauchte mich ein schnöseliger Typ an, dessen Hackfresse ich sonst im Leben nicht angeschaut hätte.

„Ach, nichts... Passt schon“, murmelte ich und wandte mich wieder ab. Er musste doch hier irgendwo sein.

Ziellos schritt ich weiter. Bis ich bemerkte, dass sich alle Menschen bei der großen Freifläche des Platzes versammelten. Hatte sich etwa wieder jemand fast bis zum Tode geprügelt? Aber ich war doch gar nicht dabei, also konnte das ja eigentlich gar nicht...

Das Feuerwerk!

Ich riss fast schon erschrocken die Augen auf. Wieso hatte ich nicht gleich daran gedacht? In ein paar Minuten begann das Feuerwerk. Hier musste er sein. Er musste einfach.

Zielstrebig arbeitete ich mich durch die Reihen und erntete dafür auch einige mürrische Kommentare, die mich allerdings einen Dreck interessierten. Ich musste ihn finden. Unbedingt.

Gerade hatte ich mich an einer Frau vorbeigedrängt, die im Weg stand und wollte gerade weitergehen, als ich wie angewurzelt stehenblieb.

Ich hatte ihn gefunden.

Da stand er nun. Genau vor mir, nach links gewandt wie alle anderen auch, den Blick ausdruckslos auf ein unsichtbares Ziel gerichtet. Es trennten uns nur ein paar Zentimeter, eine Distanz die ich innerhalb einer Zehntelsekunde überwinden hätte können. So lange hatte ich nach ihm gesucht, einem Unbekannten, der mich vom ersten Augenblick an verzaubert hatte. Es war wie eine Sucht gewesen. Eine krankhafte, beängstigende und vollkommen irrationale Sucht. Doch meine Willensstärke hätte nicht ausgereicht ihr zu widerstehen. Genauso wenig wie sie jetzt ausgereicht hätte, jetzt in diesem Moment, in dem ich neben ihm stand. Ich wollte ihn. Ich brauchte ihn. Ich musste ihn haben.

Doch da war noch etwas. Eine innere Blockade, die mich davon abhielt ihn einfach anzusprechen. Wie gelähmt stand ich da und sah ihn nur mit geweiteten Augen an. Mein Mund war leicht offen vor Anspannung, ich begann zu zittern. Was war nur los mit mir?

Und dann passierte es. Das was mir wie ein Blitz in den Körper fuhr.

Er sah mich an. Mit seinen braunen Augen, die ich jetzt erst mit Sicherheit als solche definieren konnte, fixierte er mich. Und es war kein gewöhnlicher Blick. Es war ein wissender, überlegener, selbstsicherer Ausdruck in ihm, der mir sofort das Gefühl verlieh, dass er mit mir spielte. Dass ich seine Schachfigur war, weil er wusste welche Gefühle er bei mir ausgelöst hatte.

Diese Empfindung machte mich so konfus, ja, verletzte mich richtig. Ich war es gewohnt die Fäden in der Hand zu haben. Nicht die Marionette zu spielen. Wer war dieser Typ bloß? Wie schaffte er das?

Ich starrte ihn einfach weiter an. Schluckte.

Plötzlich sah ich wie seine Lippen sich öffneten. Seine weichen, sanft geschwungenen Lippen. Sie formten Worte, während seine Augen mich weiterhin hilflos und ausgeliefert fühlen ließen. Doch ich verstand ihn nicht. Im selben Augenblick ertönte nämlich ein Zischen, ein langgezogener, kreischender Laut und kurz darauf das Knallen einer Rakete.

Das Feuerwerk begann.

Und während überall um mich herum das Krachen von Feuerwerkskörpern und die staunenden Ausrufe der Menge zu hören waren, hatte ich nur Augen für den Mann vor mir. Seine durchdringenden Augen waren immer noch auf mich gerichtet und seine reine, glatte Haut färbte sich mit jedem Knallen neu.

Es war eine merkwürdige Situation. Ich konnte den Blick nicht abwenden, war wie gebannt von seinen Augen, die mich nicht eine Sekunde aus den Augen ließen. Er hatte mich in der Hand, obwohl er nichts tat außer mich anzusehen. Und was das Schlimmste, das Unfassbarste war: Es machte mich an. Es machte mich an zu wissen, dass ich keine Kontrolle hatte. Dass dieser Mann mich lenken konnte wie er wollte. Ich war gespannt, aufgeregt was als nächstes passieren würde.

Mein Zittern, das war mir jetzt klar geworden, kam nicht weil ich Angst hatte. Nein, es war weil ich geil war. Geil auf ihn, diesen Unbekannten, der mich so aus der Fassung brachte. Geil auf das Neue.

Während des ganzen Feuerwerks sahen wir uns an, wandten nicht einmal den Blick ab. Und als es vorbei war und sich die Menschenmenge wieder zerstreute starrten wir uns immer noch erbarmungslos an.

Es war schwer zu erklären. Irgendwie war es wie eine Art imaginäres Vorspiel, nur noch viel heißer als das. Dieser Typ machte mich verrückt. Ich wollte ihn. Jetzt.

Und fast als hätte er meine Gedanken gelesen, beugte er sich zu mir und flüsterte mir leise, sodass nur ich es hören konnte, ins Ohr: „Wir treffen uns bei den Toiletten.“

Und damit verschwand er wieder.

Ich stand da und konnte nichts tun als erst einmal tief einzuatmen. Diese Stimme... Sie war göttlich. Anders konnte ich sie nicht beschreiben. Es hatte sich angefühlt, als würde eine sanfte Brise mein Ohr streicheln. Diese männliche, dunkle Stimmlage...

Ich konnte mich nicht rühren, war wie gelähmt. Seine Worte ergaben gar keinen Sinn für mich, ich musste sie erst in meinem Kopf ordnen. Und als ich dann endlich begriff, was er da gesagt hatte, war ich nur umso geschockter. Wieso, das wusste ich selbst nicht. Das war es doch was ich die ganze Zeit wollte. Weswegen ich ihm gefolgt war. Was mein Körper mir auftrug. Vielleicht war es auch nur wieder ein Ausdruck meiner Aufregung, meines Verlangens.

Ich schüttelte den Kopf, um mich endlich wieder etwas zu beruhigen. Ich musste mich jetzt zusammenreißen. Tief durchatmend ging ich los.

Ich wusste wo die Toiletten waren, weshalb ich auch schnell dort angekommen war. Und natürlich erblickte ich ihn sofort.

Er stand da, selbstsicher wie schon zuvor. Die Hände hatte er wieder in die Jackentaschen geschoben und aus einem unbekannten Grund sah auch er mich sofort. Ohne jegliche Überraschung, ohne Freude oder Bestürzung wandte er den Kopf zu mir. Seine Augen zeigten nur wieder eins: Überlegenheit.

Wieso nur? Wieso machte es mich so unglaublich an, dass dieser Kerl so eine Macht über mich hatte? Warum hatte er die überhaupt?

Es gab so viele unzählige Fragen, die ich nicht beantworten konnte. Doch in diesem Moment waren sie allesamt egal.

Langsam schritt ich auf ihn zu. Als ich vor ihm stand hob er leicht den schönen Kopf, seine Lippen zierte ein amüsiertes Schmunzeln. Er blickte mich einige Sekunden an, als wäre ich eine Ware. Ein Objekt.

Ich musste nachdenken. Ob ich auch so aussah, wenn ich mir einen Kerl zum vögeln suchte? Ein unbehagliches Gefühl breitete sich in meinem Herzen aus, doch ich schüttelte es ab. Das war egal. Einfach nur egal.

„Wie heißt du?“, fragte der Mann dann auf einmal. Ich war so überrascht ihn jetzt sprechen zu hören. Ganz zu schweigen von der Wirkung, die seine Stimme wieder auslöste.

„Valérian“, antwortete ich schließlich fast automatisch.

„Valérian also. Ich bin Alexandre. Freut mich.“ Er grinste. Es kam mir fast schon spöttisch vor.

Und dann, völlig unvorbereitet, packte er meinen Arm und zog mich hinter den Wagon, in dem sich die Toiletten befanden. Ich war viel zu überrumpelt um irgendetwas zu unternehmen, allerdings hätte ich es auch gar nicht erst versucht zu verhindern. Jetzt war jegliche Scheu hinfort. Ich hatte ihn.

Ich wurde gegen die Blechwand gedrückt, was mir ein verlangendes Keuchen entlockte. Diese ganze Jagd, dieser Blick, den er mir immer noch zuwarf.

Alexandre...

Er machte mich wahnsinnig. Wahnsinnig vor Verlangen.

Ich war wieder in meinem Element. Egal wie überlegen er sich vorkommen mochte, auf diesem Gebiet waren wir mindestens ebenbürtig. Ich grinste leicht, zog ihm den Schal vom Hals. Er störte.

Alexandre warf einen kurzen, ausdruckslosen Blick zu dem am Boden liegenden Schal, bevor er gleich darauf mit einem leichten Schmunzeln wieder zu mir sah. Langsam stützte er seine Hand neben mir an der Wand ab.

Ich war gefangen. Fordernd legte ich eine Hand in seinen Nacken und zog ihn näher zu mir. Kurz bevor sich unsere Lippen berührten stoppte ich. Er sollte den ersten Schritt tun.

Unsere Blicke trafen sich. In seinen Augen war nun keine Spur mehr von Arroganz, nur noch Leidenschaft. Er wollte es. Ich wollte es.

Seine Lippen berührten die meinen und es war im wahrsten Sinne des Wortes elektrisierend. Ich fühlte mich, als wäre ein Stromschlag durch mich hindurch gezuckt, als würden Funken von unseren Lippen hinfort sprühen.

Vorsichtig bewegte ich meine Lippen gegen die seinen, doch Zögern war hier fehl am Platz. Alexandre erwiderte meine Aufforderung mit eindeutigen Absichten. Wir küssten uns nun leidenschaftlich und ich öffnete bereitwillig meinen Mund, als seine Zunge meine Lippen anstupste. Gegenseitig erforschten wir den anderen, ob nun mit der Zunge oder den Händen.

Ich spürte wie mein Gegenüber den Reißverschluss meiner Jacke nach unten zog und dann tastend mit der Hand unter mein T- Shirt fuhr. Die Berührung ließ mich kurz aufkeuchen , was Alexandre ziemlich zu gefallen schien, denn er grinste zufrieden in den Kuss.

Es war ein ganz anderes Gefühl einmal der passive Teil zu sein. Aber auch wenn es mir gedanklich nicht gefiel: Ich stand darauf. Es war irgendwie prickelnd keinen Ausweg zu wissen.

Schwer atmend machte ich mich meinerseits an Alexandres Jacke zu schaffen. Er ließ sich auf seinen Streifzügen bezüglich meines Oberkörpers nicht beirren, sondern arbeitete sich sogar zu meiner Gürtelschnalle vor. Sofort spürte ich ein altbekanntes Gefühl in der unteren Region.

Es waren so viele Eindrücke, die mich gerade in ihren Bann zogen, dass ich gar nicht wusste auf was ich mich zuerst konzentrieren sollte. Aber es war nicht nur die neue Erlebensweise in punkto Sex, die mich das Ganze so intensiv erleben ließ. Nein, es war Alexandre, der mir diesen Kick verpasste. Ich spürte wie mein Herz raste, was mir sonst noch nie passiert war. Diesen Nervenkitzel, der meinen Körper bis zum Äußersten reizte, erlebte ich zum ersten Mal. Alexandre war anders. War perfekt.

Ich schloss meine Augen, die sich bis zu diesem Moment immer nur auf Alexandre´ s Blick konzentriert hatten. Dieser nutzte die Gelegenheit und löste den Kuss, um sich meinem Hals zuzuwenden. Sanft legte er seine Lippen auf meine Haut, um gleich darauf mit der Zunge darüber zu lecken und von neuem zu beginnen.

Ich stöhnte leise auf. Das Ganze war so einzigartig, so anders! Ich konnte, nein, ich wollte nicht genug davon kriegen. Verlangend zog ich Alexandre zu mir, grub meine Hände in sein Haar.

Als Antwort spürte ich, wie mein Gürtel und kurz darauf schließlich meine Hose geöffnet wurden. Ich atmete scharf die Luft ein, als Alexandre mit seiner Hand in meine Hose fasste und dort mit seiner Arbeit fortfuhr.

Genießerisch legte ich den Kopf zurück und ließ ihn machen. Ich vergaß alles um uns herum. Es war egal... unwichtig...

Ich spürte wie ich immer erregter wurde, mein Körper prickelte überall. Es war einfach unglaublich, diese Empfindungen übertrafen alles, was ich bis zu diesem Zeitpunkt erlebt hatte. Wie schon so oft zuvor an diesem Abend fragte ich mich, wie er das machte. Wie er es schaffte mich so in der Hand zu haben...

Wie aufs Stichwort begann Alexandre seine Hand zu bewegen, was mich neuerlich aufstöhnen ließ. Fast schon, als würden diese Gefühle zu viel für mich werden, glitt ich mit einer Hand den Arm meines Gegenübers hinab und krallte mich in seinen Jackenärmel. Doch er hörte nicht auf. Und genaugenommen wollte ich das ja auch nicht.

Alexandre wandte sich nun wieder meinem Mund zu und ich erwiderte seinen Kuss mehr als verlangend. Mein Atem ging immer rascher, immer schwerer. Mit jeder Bewegung seiner Hand musste ich keuchen, versuchte es zurückzuhalten.

Plötzlich löste der andere den Kuss und ich nahm war, dass er seine Lippe zu meinem Ohr bewegte.

„Bist du bereit?“, hauchte er und mir wurde fast schon schwindelig, als ich den heißen Atem auf meiner Haut spürte. Was sollte diese Frage? Ich verstand erst nicht. Aber als mir in den Sinn kam, dass ich diese Frage auch jeden Abend stellte, wusste ich auf einmal was nun kommen würde. Und das machte mir Angst. Ich wollte nicht so den passiven Teil übernehmen. Das war nicht... nicht ich.

Ich schwieg, wartete ab. Alexandre schien keineswegs ungeduldig. Vielmehr nutzte er die Zeit um mein Ohr zu liebkosen. Immer wieder strich er mit der Zunge die Ohrmuschel entlang, knabberte an meinem Ohrläppchen und brachte mich damit halb um den Verstand.

Ja, ich war bereit. Egal was kommen mochte, ich war bereit.

Ich nahm sein Gesicht in einer schnellen Bewegung mit beiden Händen und drehte seinen Kopf wieder zu mir, um ihn fordernd zu küssen. Dies war Antwort genug. Wir setzten den Kuss fort, beide schon voller Verlangen und Lust.

Und dann spürte ich Alexandres Hände an meinen Armen, bevor ich mit einem Ruck umgedreht wurde. Gemischte Gefühle wallten in mir auf. Einerseits wollte ich mich befreien, wollte nicht zu einem Unterwürfigen werden. Andererseits, und diese Partei war um einiges stärker, liebte ich genau dieses Gefühl. Sich bewusst zu sein, dass man nur das Spielzeug war. Das hatte etwas Aufregendes, etwas Erotisches. Und zwar auf eine ganz andere Art und Weise.

Alexandre legte die Hände an meine Hüften und zog langsam meine Hose herunter. Ich hörte, wie er seine eigene öffnete.

Jetzt war es soweit. Ich schloss die Augen.
 

Keuchend lehnte ich an der Wand des Wagons. Neben mir stand Alexandre, der es mir gleich tat.

Es war vorbei, ich hatte es hinter mir. Und was mich gar nicht mehr so sehr überraschte: Ich hatte es genossen. In vollsten Zügen. Diese Erfahrung hatte mich so aus der Bahn geworfen, aus meiner Bahn, mich dafür aber in eine neue hinein katapultiert. Ich hatte es gewusst.

Den Kopf leicht nach unten geneigt sah ich zu Alexandre hoch. Er hatte die Augen geschlossen und atmete ebenso schwer wie ich.

Ich hatte gewusst, dass er etwas Besonderes ist. Und jetzt, da ich mit ihm geschlafen hatte, da ich dieses Erlebnis gehabt hatte, sollte ich eigentlich zufrieden sein. Doch ich war es nicht. Irgendetwas fehlte noch. Doch ich wusste nicht was. Die Erkenntnis schien zum Greifen nahe, aber mir mochte einfach nicht klar werden was.

Während mein Puls sich wieder verlangsamte, betrachtete ich eingehend Alexandres Profil. Er war verschwitzt und sah toderschöpft aus. Doch das machte ihn nur noch schöner. Er hatte nichts an seiner Schönheit verloren. Dieser Mann war immer noch schöner als jeder andere, den ich je gesehen hatte.

Wieso nur dachte ich so? Warum verlor ich nicht einfach das Interesse, wie an jedem anderen Kerl, denn ich gefickt hatte? Weil es diesmal anders herum gewesen war? Wohl eher nicht...

„Ich geh dann mal. War schön mit dir“, hörte ich dann plötzlich Alexandres angenehme Stimme und gleich darauf war ein Rascheln zu hören, als er seine Hose zumachte.

Was sagte er da?! Wollte er jetzt einfach so abhauen? Das... das konnte er nicht!

Ich starrte ihn entsetzt an, doch das bekam er wahrscheinlich nicht mit. Ich war so geschockt, dass ich im ersten Moment gar nichts erwidern konnte. Nicht, weil er jetzt gehen wollte, sondern weil... weil ich nicht wollte, dass er ging. Weil ich wieder so unheimliche Angst empfand wie schon zuvor, als ich dachte ihn nicht mehr finden zu können.

War es vielleicht doch nicht nur Sex, den ich wollte? Mir kam Pierre in den Sinn, wie er mir sagte, dass ich mir doch endlich um einen Mann schauen sollte. Einen festen Freund. Eine Beziehung.

So etwas wollte ich nie. Ich wollte nicht noch einmal verletzt werden, konnte mich nicht nur auf einen Typen festlegen. Aber Alexandre...

Ich betrachtete ihn noch einmal. Besah mir seine feinen, straffen Züge. Seine schmale Nase, die schönen Lippen. Die klugen, braunen Augen mit dem immer noch überheblichen Ausdruck.

Nein. Ich konnte ihn nicht so einfach gehen lassen. Ich brauchte ihn. Und zwar nicht für Sex, wie ich zu Anfang dachte. Nein, ich...

Alexandre stieß sich von der Wagonwand ab und machte den Reißverschluss seiner Jacke zu. Danach bückte er sich, um seinen Schal aufzuheben, der natürlich schmutzig geworden war. Ohne ihn wieder anzulegen, setzte er sich in Bewegung.

Ich sah ihm zu, wie er an mir vorbeiging. Hielt ihn nicht auf. War unfähig mich zu rühren.

Ich musste doch etwas machen! Wieso konnte ich das ausgerechnet jetzt nicht? Weil ich zu feige war? Aber wenn ich nicht gleich etwas tat, dann war er weg. Verschwunden... Für immer.

Als mir das bewusst wurde, hatte sich anscheinend irgendein Schalter in meinem Inneren umgelegt, denn auf einmal war die Starre wie weggeblasen. Ich drehte mich eilig um, sah Alexandre, der gerade um die Ecke bog...

Ich hastete ihm nach, packte ihn am Arm. Der Mann blieb stehen, wandte sich nur mit dem Kopf zu mir um. Seine Miene war abwartend, sonst aber ausdruckslos.

„Ich...“ Meine Kehle war trocken. Ich wusste nicht wie ich es über meine Lippen bringen sollte.

„Ja?“, fragte Alexandre und ich konnte nicht feststellen was er gerade dachte. Wie eigentlich kein einziges Mal seit ich ihn getroffen hatte.

Mir kam genau diese Szene wieder in den Sinn. Wie ich hin und weg war, nicht mehr klar denken konnte, als er in mein Blickfeld geriet.

Es musste sein. Es war notwendig. Ich konnte nicht mehr ohne ihn!

„Ich liebe dich“, sagte ich dann und mein Blick ruhte auf dem Gesicht des anderen, das immer noch keine Regung zeigte. Selbst nach diesem Geständnis war nicht zu erahnen was in ihm vorging.

Ja, ich liebte ihn. Ich war selbst geschockt, konnte es nicht fassen. Aber auch wenn es mir fast unmöglich erschien, so war ich gleichzeitig doch sicher, dass es stimmte. Ich liebte ihn. So wie ich noch keinen anderen geliebt hatte. Und auch nie würde.

„Bitte... Ich brauche dich.“ Fast schon flehend sah ich ihn an. Im Leben hätte ich keinen Typen angebettelt bei mir zu bleiben, aber das hier war anders. Schon vom ersten Moment an war es anders gewesen.

Alexandre schwieg. Nichts tat er. Einfach nichts. Panik kroch in mir hoch. War ich es jetzt, der abserviert wurde? Heute hatte ich schon so viele Empfindungen erlebt, die ich anderen zufügte. Musste das sein? Musste eine negative auch noch kommen?

Ich bemerkte, wie Alexandre seine Hand regte, um sich aus meinem Griff zu befreien.

Mein Herz setzte aus, mein Sichtfeld verschwamm. Das war es. Er wollte mich nicht. Ich würde ihn nie wieder sehen...

„Dann komm mit, Válerien.“

Was? Hatte ich richtig gehört?

Fragend klärte sich mein Blick wieder und ich sah Alexandre vor mir, der mir seine Hand hinhielt.

Und auf seinem Gesicht lag ein Lächeln. Das erste Mal, dass ich ihn wirklich richtig lächeln sah.

Er gab mir eine Chance.

Ohne zu zögern, legte ich meine Hand in die seine. Eine Empfindung, als würde ein ganzes Meer aus Glücksgefühlen über mir zusammenbrechen erfüllte mich.

Alexandre hatte mich wirklich nicht abgelehnt, wollte mit mir den Versuch starten eine Beziehung aufzubauen. Ich war wie betrunken und nüchtern zugleich.

Gemeinsam schritten wir auf den immer leerer werdenden Platz hinaus.

Ich hatte eine Chance erhalten. Und die würde ich nicht verspielen. Nicht dieses Mal.



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Kommentare zu diesem Kapitel (7)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Yeliz
2011-02-15T00:22:21+00:00 15.02.2011 01:22
Und schon wieder bin ich total begeistert.
Ich habe wirklich mitgefühlt &&'nd am Ende fast 'nen Herzinfarkt bekommen.
Es hat mich so glücklich gemacht, dass er diese Chance bekommen hat.
Dein Schreibstil hat mich so gefesselt &&'nd diese Gefühlsregungen sind auf mich eingekracht wie eine Bombe.
Ich war mehr als sprachlos in einigen Momenten &&'nd auch mir stockte der Atem.
unbeschreiblich schöne Idee &'nd super Umsetzung !

liebe Grüsze von einer atemberaubten Träumerin :)
Von:  CatCurious
2010-09-14T20:35:41+00:00 14.09.2010 22:35
*tot*
Ok, konstruktive Kritik hin oder her,
ICH LIEBE DIESE GESCHICHTE.
Ich kann nichts kritisieren.
Wie gesagt, ich war hypnotisiert und hab mitgefühlt.
Gott, ich bin immernoch ein wenig weg.
Ich weiß das klingt übertrieben, aber es ist so.
Eigentlich kann ich sowas nicht lesen,
weil es mich langweilt, aber das ist einfach toll!
Hach...ja das Ende ist eigenartig, aber es hat auch was.
Also auch nicht negativ eigenartig, sonder eben anders.
Das "Ich liebe dich" ist so...Normalerweise finde ich das übertrieben,
aber in diesem Fall finde ich es einfach süß.
Und ich bin froh das Válerian eine Chance bekommt.
So...

Ich hab dich lieb <3
Von:  me-luna
2010-05-14T13:21:24+00:00 14.05.2010 15:21
So, habe sie mir jetzt gerade durchgelesen.
Sehr schöne Motive und Szenerie, die Art und Weise wie du den Sex zwischen Valerie und Alexandre beschreibst, während rings herum die Feuerwerkskörper explodieren- ich kanns nicht besser sagen, aber ich finde, das hat etwas poetisches ^^.
lg
Von: abgemeldet
2010-03-12T11:30:20+00:00 12.03.2010 12:30
Wow einfach nur der Hammer.
Echt gut gelungene Story, außerdem
ist dein Schreibstiel sehr gut.

Gefällt mir ^^
Von: abgemeldet
2009-12-05T22:08:57+00:00 05.12.2009 23:08
Wow.
Einfach der Hammer.
Am Anfang musste ich grinsen, eine Freund von mir heißt Valerian. :)
Aber du hast mich wieder aufs Neue begeistert. (Immer wieder haust du mich aus den Socken, Schuhen.. du würdest es wohl schaffen mich aus Betonklötzen zu hauen.)
Und ich muss dir ein Kompliment machen.
Du wirst immer besser.
Noch nie hast du Gefühle so fließend beschreiben.. ich bin total reingesogen worden, okay du verzauberst mich mit deinem Schreibstil eh jedesmal aufs Neue.
Aber Wow.
Die beiden passen so gut zusammen, besonders das Feuerwerk hat so unendlich gut gepasst, und das Valerian nicht sofort der passive war hat mir gut gefallen.
Das es einfach hier und da bedenken gab und doch alles passte. *-*
Einfach Liebe auf den ersten Blick.

Wow.
Das beschreibt es am Besten.
Ich glaube, ab jetzt glaube ich wieder an Liebe auf den ersten Blick!
Valerian hat es gut, und sein Misstrauen überwunden. Ach und er wird diese Chance nutzen! *O*

Ich hab dich unendlich lieb! ♥
Von: abgemeldet
2009-11-15T01:32:41+00:00 15.11.2009 02:32
hi du.
bin deinem link gefolgt und bin begeistert.
eine sehr schöne geschichte.
ich kann mich richtig reinversetzen und bin im kopf live dabei.
die szene wo val alex entdeckt ist das paradebeispiel für liebe auf den ersten blick, einfach süß.
nur das ende ist etwas kurz, aber trotzdem sehr schön.
wäre lieb wenn du mir wieder bescheit sagst wenn deine nächste geschichte kommt.
lg
Von:  Nusspli
2009-11-06T17:21:17+00:00 06.11.2009 18:21
du weißt ja wie toll das ichs finde
ich war beim lesen sehr "berauscht" XD
ja ich finde, dass der ausdruck passt
mir gefallen dir charaktere, die story, die idee
und die musik unterstreicht das alles sehr schön *___*
ich mag die beschreibungen und einzelheiten =)
einfach schön =)

ich liebe dich
f<23


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