Brothers Love
Are you really my Brother?
Früh morgens in der Arche. Es war der übliche Streit am Frühstückstisch. Skin beschwerte sich lauthals, dass sein Frühstücksei nicht die gewünschte Süße hatte, die er bevorzugte. Er verprügelte den Akuma, der ihm das Ei serviert hatte. Tiky saß gelangweilt daneben und versuchte weitestgehend den Noah zu ignorieren. Auch Rhode trieb ihre Späße mit Lero und dem Millenniumsgrafen während Lulu Bell als Katze auf des Grafen Schoß saß und sich streicheln ließ.
Nur zwei Noahkinder fehlten am Frühstückstisch. David und sein Zwillingsbruder Jasdero. Jasdero schlief noch tief, aber David war hell wach. Er hatte die ganze Nacht nicht schlafen können. Mit einer Hand auf der Stirn lag er in seinem Bett und starrte zur Decke, oder genauer gesagt, starrte er auf die Matratze seines Bruders. Sie teilen sich seit neuestem ein Doppelstockbett, seitdem Skin einem Akuma den Gar ausgemacht und dazu Davids und Jasderos Betten benutzt hatte. Jetzt waren sie Kleinholz und der Noah des Zorns hatte sich noch nicht dazu herabgelassen sie zu reparieren. Es würde wohl auch nie dazu kommen.
Jasderos langes blondes Haar fiel in Strähnen von den Rändern der Matratze. Wahrscheinlich schlief er wieder mit Armen und Beinen von sich gestreckt und die gesamte Matratze für sich in Anspruch nehmend. Wie immer. David seufzte und setzte sich auf. Es hatte keinen Sinn nach schlaf zu suchen wo keiner zu finden war. Er stand auf, wo er sich beinahe am Bettkasten stieß. Das Bett wackelte etwas als sich der Noah erhob und David drehte sich vorsichtig herum, in der Hoffnung dass sein Bruder noch schlafen möge. Und wirklich Jasdero schlief friedlich weiter.
Schnell zog sich David an und verließ das Zimmer. Sein Magen knurrte. Wohl oder übel musste er wohl frühstücken.
Aber… war das wirklich ein Magenknurren?
Er hatte keinen Hunger. Irgendein dumpfes Gefühl in seinem Körper verweigerte ihm irgendwas zu essen. So kam es ihm zumindest vor.
„Hmpf… na hoffentlich ist es keine Magenverstimmung.“ Murmelte er als er den reich gedeckten Tisch sah. Alle Anwesenden wünschten ihm einen guten Morgen. Der Zwilling antwortete nur mit einem grummeligen „Morgen“ und setzte sich neben Rhode. Und da verging dem Noah endgültig der Appetit. Er schob seinen Teller beiseite, ohne auch nur einen Toast oder ein Brötchen zu nehmen.
„David, was ist denn los♥? Bist du krank♥?“ fragte der Graf besorgt und verharrte in seiner Bewegung Lulubell zu streicheln.
„Nee, Sennen Ko. Ich hab nur keinen Hunger.“ Sagte er und versuchte so locker wie möglich zu klingen. Aber es gelang ihm einfach nicht so recht. Er stützte seinen Kopf mit seinen Händen auf und sah in die Runde. Skin schien endlich ein süßeres Ei bekommen haben, Rhode machte Hausaufgaben, Tiky spielte mit seinen Karten. Ansonsten war alles friedlich. Warum machte er sich soviele Gedanken über Jasdero?
Weil er mein Bruder ist, Dummkopf! sagte ihm sein Kopf. Aber eine andere, sanfte Stimme sprach dagegen. Sind wir wirklich nur Brüder? Oder wünsche ich mir mehr?
In dem Moment kam Jasdero herein.
Er sah noch verschlafen aus. Immer wieder rieb er sich über die Augen. Genau in dem Moment überkam David plötzlich der Wunsch zu seinem Bruder zu gehen, ihm den Schlaf aus den Augen zu reiben und ihm zärtlich über das goldene Haar zu streicheln. Er war schon fast aufgestanden, doch in Gegenwart seiner Familie konnte er sowas nicht tun. Schließlich waren David und Jasdero das Zerstörungswütigste Noah- Mitglied, neben Skin natürlich. Schnell versuchte er seine Bewegung zu einem herüber lehnen über den Tisch umzuformen und sich ein Brötchen zu nehmen. Aber immer noch verspürte er keinen Hunger. Er hätte sich selbst Ohrfeigen können, für so ein denken.
Was habe ich mir dabei gedacht? Schalt er sich selbst. Zu deinem Bruder gehen und ihm den Schlaf aus den Augen wischen. Also wirklich! Als ob er es nicht alleine könnte.
„David, warum hast du mich nicht geweckt als du aufgestanden bist?“ fragte sein Zwillingsbruder und eine Spur von Müdigkeit und Enttäuschung lag in seinem Reden.
„Uhm… Jas… dero, ich wollte dich nicht wecken, du hast so friedlich ausgesehen, da wollte ich dich schlafen lassen.“ Sagte er und versuchte seine Wortwahl so natürlich wie möglich klingen zu lassen.
„Sonst stört es dich doch auch nicht ob einer von uns noch schläft oder nicht.“ Beklagte sich auf einmal Tiky.
„Dafür sind wir Geschwister. Wir… müssen aufeinander acht geben. So einfach ist das.“ Verteidigte sich der schwarzhaarige. Jasdero setzte sich zu seinem Bruder.
„Sag mal David, geht es dir nicht gut? Du redest so verrücktes Zeug.“ Er legte eine seiner bandagierten Hände auf die Stirn des Noah und fühlte die Temperatur.
„Jasdero♥. Kein Noah hatte bisher Fieber oder wurde krank♥.“ Belehrte ihn der Graf und sah nun David intensiver an. „Wenn es dir nicht gut geht, dann gehst du jetzt besser in dein Bett♥.“ Riet er ihm. David zögerte auch nicht lange. Er stand auf und verließ die Frühstücksrunde. Sein Bruder sah ihm nach.
„Irgendwie ist David komisch, oder?“ fragte er an Rhode gewandt, die nun auch aufstand. Sie grinste. „Ja, aber wenn er es uns nicht sagen will…“ meinte sie schulter zuckend. Der blonde Noah sah sich um. Sein Blick fiel auf Tiky.
„Tiky- pon! Kannst du nicht nachschauen was mit David ist?“ brach es aus ihm heraus.
„Erstmal: nennst du mich nicht Tiky- pon. Zweitens, kann ich zwar durch alles gehen was ich will, aber ich kann mich nicht unsichtbar machen. David würde es sofort bemerken.“
Damit war das Thema vom Tisch.
David benahm sich anders als sonst, Jasdero rätselte umher was es sein könnte und alle anderen Noahs konnten ihm auch nicht dabei helfen.
Jasdero seufzte und aß sein Frühstück schweigend auf.
David war froh, dass ihm keiner gefolgt war. Er ließ sich auf das Bett fallen und schloss die Augen.
Was war verdammt nochmal mit ihm los? So hatte er sich noch nie vor seinem Zwilling benommen. Aber so etwas hatte er auch noch nie für seinen Bruder empfunden.
Immer diese Rangeleien, Versöhnungen, die Kämpfe mit den Exorzisten, auch die Streitereien mit Skin, der dann immer fast ausrastete, all das waren Momente, die David immer mit Jasdero genoss. Aber in letzter Zeit musste sich was verändert haben. Es bereitete ihm keine Freude mehr sich mit seinem Bruder zu rangeln. Auch nicht Skin seine Speisen nicht so süß machen zu lassen von den Akuma. Was war das nur?
Der Noah drehte sich auf die Seite und versuchte den Schlaf nachzuholen, der ihm fehlte.
Wenig später, als David schon schlief schlich sich Jasdero in ihr gemeinsames Zimmer. Als er sah, dass sein Bruder schlief, wollte er ihn aus Spaß wecken. Vielleicht war er nur mit dem falschen Bein aufgestanden und hatte schlechte Laune gehabt. Mit dieser Vermutung näherte er sich dem Noah, nahm seine Pistole und schoss einige Platzpatronen umher. Natürlich hatten sie nicht die Wirkung als wenn sich die Zwillinge gemeinsam vorstellten, doch es tat seine Wirkung. Sie waren etwa so laut wie eine Plastiktüte, die man aufgepustet und sie in den Händen zerschlug. David erwachte schlagartig aus seinem Schlaf fuhr hoch, schlug sich mit dem Kopf am Lattenrost, und polterte dann aus dem Bett heraus.
„Ahr… Jasdero! Was zum Kuckuck, sollte das?“ fluchte der schwarzhaarige als er sich von seinem Schock halbwegs erholt hatte. Sein Bruder kicherte nur wie als wenn er irre sei und tänzelte auf der Stelle herum.
„Mein David ist wieder da… mein David ist wieder da…“ trällerte er. Doch der leidtragende fand das überhaupt nicht komisch. Er griff sich eines von Jasderos Beinen und zog es zu sich hin. Der Blonde taumelte eine kurze Weile und fiel dann mit einem lauten Krachen auf den Rücken vor David. Jetzt war es er der lachte.
Bald waren näherkommende Schritte von unten zu hören. Das bedeutete, dass die anderen Noahs den Krach bemerkt hatten.
Der Millennium Graf öffnete mit einem Ruck die Tür.
„Was ist denn hier los♥?“ fragte er. Unter seinem Arm kam Rhode in den Raum hinein. Sie grinste die beiden an. Skin, der hinter dem Grafen stand lachte sich ins Fäustchen.
„Siehst du, Gräflein? Die beiden stiften mehr Unfug wie ich. Und ich soll denen ihr Bett reparieren? Pah!“ sagte er mit seiner rauen, tiefen Stimme.
„Das war was anderes, Süßschnabel.“ Erwiderte David grinsend. Er wusste, dass Skin diesen Kosenamen nicht gerne höre, da er oft von Tiky so genannt wurde.
„Also, was ist hier passiert♥?“ fragte der Graf erneut.
„Nichts, Sennen Ko. Jasdero und ich haben uns nur gerangelt.“
„Und da müsst ihr so einen Lärm machen, dass die gesamte Arche zittert?“ fragte Lulubell, die jetzt in ihrer Noah- Form neben Skin stand. Ihr langes schwarzes Haar war zu einem Zopf gefasst, den sie über die linke Schulter gelegt hatte.
„Ich wollte nur gucken ob David wirklich wieder okay ist.“ Warf Jasdero ein. „Und da hab ich ihn eben geärgert.“ Grinste er. Seine blau- grüne Kugel hüpfte lustig hin und her und blinkte ab und zu als sich der Noah aufrappelte.
„Mir geht’s gut, Dero. Ich hatte nur schlechte Laune.“ Erklärte sein Bruder und stand ebenfalls auf.
„Na gut, wenn das so ist♥.“ Begann der Graf wieder und wollte schon gehen.
„Das nächste Mal seid ihr leiser, verstanden♥? Sonst werdet ihr in Zukunft nur in einem Bett schlafen♥.“
David sah den Millenniums Grafen schockiert an. Wenn er konnte, wäre er rot geworden, aber seine graue Hautfarbe erlaubte ihm das nicht. Aber er kannte den Grafen schon zu lange um zu wissen, dass das kein Spaß war, denn hinter dem freundlichen Lächeln des Grafen konnte auch ein hinterlistiger Plan stecken.
Die nächste Zeit war ruhig, zu ruhig für die Noahs. Nur gab es häufiger Ärger mit den Exorzisten des schwarzen Ordens. Sie vernichteten scharenweise Akuma, die der Millenniums Graf mit so viel Liebe und Herzblut aufgezogen hatte. Immer wieder brach der Graf in Tobsuchtsanfällen aus, die meist nur durch Rhodes Scherze irgendwann ein Ende fanden. Nur Rhode kannte den Akumaerschaffer so lange, dass sie wusste was er benötigte um wieder ruhig zu werden.
Auch war es nicht leicht für die Noahs die Innocene zu finden. Rhode nannte die Zeit „Dürre.“
Sie hatte in der Schule mal aufgepasst und sich das Wort gemerkt. „Aber auf jede Trockenzeit kommt auch eine Regenzeit.“ Sagte sie dann mit hoffnungsvollem Blick.
„Für mich dauert diese Dürre schon zu lange, wenn du mich fragst, Rhode.“ Murmelte David eines Abends als sei von einer gescheiterten Mission zurück gekommen waren. Er lag halb auf dem Tisch, mit dem Kopf auf dem Arm und rührte teilnahmslos in seinem halb geschmolzenen Eis herum. Ihm ging sein Bruder immer noch nicht aus dem Kopf. Der aß schon sein drittes und schaute schon auf seine vierte die eine weibliche Akuma- Magd für ihn bereit stellte.
„Mensch Jasdero, wo lässt du das alles?“ wunderte sich Tiky, der nicht mal eins angerührt hatte. Der Blonde Noah grinste.
„Das wüsstest du wohl gern.“ Grinste er. Tiky nickte.
Jasdero zog seine Spielzeugpistole und schoss mit einer weißen Kugel auf den Eisbecher. sie verschwand spurlos.
„So in etwa ist das in meinem Magen.“ Sagte er und kicherte.
Hinter einem Vorhang erschien der Graf. Er hatte ein freudiges Lächeln auf den Lippen. Alle sahen ihn gespannt an.
„Meine Geliebte Familie, es ist wieder so weit♥. Wir können den Kampf gegen die Exorzisten fortsetzen♥. Sie haben ein Innocene in Südafrika gefunden und ihr werdet das Innocene finden und es zerstören♥. Jasdero und David schicke ich voran, ihr braucht am meisten euren Spaß♥.“ Sagte er und setzte sich. David sprang sofort auf.
„Ehrlich Sennen Ko? Dürfen wir sie umbringen? Dürfen wir?“ Er nickte.
„Rhode, sei doch so lieb und errichte für die beiden eine Tür nach Südafrika♥.“ Rhode tat wie ihr geheißen und eine violette Aura umgab sie. „Macht euch schon mal für die Reise fertig, es dauert noch einen Moment.“
So schnell wie noch nie waren die Noah- Zwillinge in ihrem Zimmer gerannt.
„Endlich geht’s wieder los!“ jubelte Jasdero und ballerte einige Kugeln in die Luft. David folgte ihm, auch grinsend, doch nicht mit dem Enthusiasmus wie von seinem Bruder. Er sah ihn eindringend an. Erst jetzt fiel ihm auf wie das blonde Haar sich so elegant um seinen Körper schmiegte. David schluckte und schüttelte den Kopf.
Er ist mein Bruder! rief wieder die innere Stimme in seinem Kopf. Und du liebst ihn. erwiderte die andere sanft. Da überkam es dem Noah plötzlich, er überhörte die ermahnende Stimme in seinem Kopf und ging auf Jasdero zu.
„David, was ist denn los?“ fragte sein Bruder erstaunt. Aber er antwortete nicht. Stattdessen umarmte er Jasdero. Der blonde war vollkommen perplex.
„Entschuldige Jasdero, aber eins muss ich tun, sonst komme ich nicht mehr zu Ruhe.“ Flüsterte er sanft in das Ohr seines Gegenübers. Der schwarzhaarige sah ihn lange an. Er traute sich nicht aber ein Verlangen in ihm wollte, dass er es endlich tat.
So beugte sich David zu ihm hin.
Als sich die Lippen der Brüder berührten, fühlte David eine Leichtigkeit in sich die er nicht beschreiben konnte. Er schloss die Augen. Wenn er könnte, wollte er für immer so mit Jasdero stehen bleiben. Als er die Augen leicht öffnete sah er, dass auch dem blonden der Kuss gefiel. Er umarmte ihn fester.
Nach knapp einer Minute lösten sie sich wieder voneinander.
„Du… hast nicht zurückgeschreckt?“ wunderte sich David. Er schüttelte den Kopf. „Nein, ich hatte schon seit langem dieses Gefühl, dass wir mehr als Brüder sind. Ich hatte mich nur nie getraut es dir zu sagen.“ Da fiel dem Noah ein riesen Stein vom Herzen.
„Ich hab mich auch nie getraut.“ Murmelte er verlegen. „Ach so, darum warst du auch damals so komisch drauf.“ David nickte. Da nahm Jasdero die Hand seines Bruders in seine und lächelte.
Plötzlich sprang die Tür auf und Rhode sah die Zwillinge an. Die erwiderten ihren Blick.
„Die Tür ist fertig.“ Sagte sie und ging wieder. Sie wusste wohl, dass sie den falschen Moment abgepasst hatte.
„Lass es uns langsam angehen, ja, David?“ wieder nickte sein Bruder.
„Komm, es warten Exorzisten auf uns.“ Und grinste.
