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Heavens Hell Act

Wenn der Himmel zur Hölle wird
von

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Die, die wir lieben

Kapitel 9

Die, die wir lieben
 

Er hatte lange dagegen angefochten, doch am Ende war die Müdigkeit stärker gewesen. Toni strich sanft über Simons Haar, der auf seinem Schoß schlief. Sein Gesicht sah so friedlich aus. Alles hatte er hören wollen, jedes Detail. Immer wieder hatte er sich gezwungen die Augen offen zu halten, zwecklos. Der Mensch brauchte seinen Schlaf. Toni seufzte in die Dunkelheit des Zimmers. Er hatte Simon in sein Herz geschlossen, viel mehr, als er es gewollt hatte. Und er wusste, dass auch Simon ihn liebte, mehr als er durfte. Fast kam er sich wie ein Verräter an seinem toten Geliebten vor. Doch selbst wenn er so fühlte, war Simon immer noch nur ein Gefäß für Samsas Seele und Samsas Herz gehörte Daimon. Einem Dämon … verrückt.

Wieder strich Antonie über Simons Haar. Ob Daimon wusste, was er getan hatte? Ob er ahnte, dass die Seele des toten Kindes noch in diesem Körper war? Es klang theatralisch, doch in Simon steckten wirklich zwei Seelen. Toni konnte es deutlich spüren. Nur deshalb lebte Simon ohne Erinnerungen, nur deshalb hörte er Stimmen. Die fremde Seele in seinem Körper bahnte sich langsam einen Weg in sein Bewusstsein. Man konnte es als Schizophrenie bezeichnen. Antonie jedoch betrachtete es als eine Art Symbiose. Nur durch Samsas Seele konnte Simons Körper leben. Die Seelen liebten ihre Körper und verließen sie nur ungern. Die Zeit im Seelenstrom des Todes machte ihnen Angst. Ihr zu Hause war ein menschlicher Geist.

Antonie ließ den Blick aus dem Fenster schweifen. Am Nachthimmel glitzerten Sterne. Sie leuchteten wie tausende körperlose Seelen. Und plötzlich verdunkelten sie sich. Antonie fuhr zusammen, als das zweite Mal das große Wohnzimmerfenster zersplitterte. Dieses Mal würde es keine kurze, aber ungefährliche Begegnung werden. Simon fuhr, vom Lärm geweckt hoch und Toni schnippte mit den Fingern. Das Licht im Zimmer ging an und zweigte ihnen drei stark gerüstete Engel. Gardeengel. Hochmütig wirkten sie, als wären sie sich ihrer Sache nur allzu sicher. Ein Gefallener und ein Mensch, was waren das schon für Gegner?

„Was wollt ihr!?“ fuhr Toni sie an, während er Simon hinter sich zog. Es war seine Pflicht ihn zu verteidigen, auch wenn es das Letzte sein sollte, was er tat.

„Geh aus dem Weg. Von dir wollen wir nichts. Wir wollen ihn. Er hat etwas, was ihm nicht gehört“, sagte einer der Engel. Seine Stimme klang sanft und liebkosend. Völlig unpassend zu der ganzen Situation. Eine Stimme von der man glaubte, man könne ihr ohne Überlegung trauen. Doch die Waffen sprachen eine ganz andere Sprache.

„Verschwindet, sonst wird es euch leid tun hierhergekommen zu sein!“

Sie lachten, glaubten ihm kein Wort. Simon begann zu zittern.

Engel, flüsterte es in ihm. Es war seine eigene Stimme und doch so anders. Das Zittern wurde immer stärker. Einer der Gardisten zog sein Schwert und trat auf Toni zu. In seinem Gesicht lag nichts. Seine Züge waren kalt. Er glaubte, dass die Worte seines Gottes unfehlbar waren.

„Überlege dir ob du wirklich sterben willst“, sagte er.

„Ich werde nicht weichen“, war die Antwort darauf. Womit wollte er sich verteidigen? Mit bloßen Händen? Das Schwert des Engels blitzte auf, Blut spritzte und Toni taumelte nach hinten. Simon schrie auf, konnte seinen Freund auffangen, trotz der zitternden Finger. Blut überall Blut.

„Nein, nein …“, hörte Simon sich sagen. „Nein, bitte nicht.“

Seine eigene Stimme klang so fern. Er wollte weinen, wollte Schreien, doch er konnte nicht. Etwas anderes leitete ihn, etwas was viel mächtiger war. Es fühlte sich so an, als lege jemand einen Schalter in seinem Kopf um und plötzlich strömte alles auf ihn ein. Wütend ließ er von Antonies Körper ab. Kälte machte sich in ihm breit, legte sich über seine Haut. Flügel sprossen aus seinen Schultern. Sein dunkelblondes Haar wurde fast weiß. Die Engel betrachteten ihn geschockt. Das gab ihm genug Zeit die Hand zu heben und einem von ihnen seinen ganzen Hass entgegen zu schleudern. Der Engel schrie auf, warf sich zu Boden und wand sich wie ein Wurm vor Schmerz.

„Wie könnt ihr es wagen?“ zischte er wütend. „Wie könnt ihr das tun!?“

Sämtliches Glas im Raum zersplitterte, als er seine Stimme erhob. Der Engel schrie ein letztes Mal auf und zerfiel dann unter den entsetzten Blicken seiner Begleiter zu Staub. Es sah aus, als wollten die fliehen. Mit so viel Widerstand hatten sie nicht gerechnet, doch es kam nie dazu. Aus dem Nichts tauchte eine tiefschwarze Gestalt hinter ihnen auf und fast zeitgleich rollten ihre Köpfe über den Boden. Enthauptet sanken auch die Körper in sich zusammen. Samsa beachtete sie nicht weiter. Er kniete sich neben Antonie.

„Ich hab nichts falsch gemacht, oder?“ fragte er mit schwacher Stimme. Überall war Blut. Es tropfte auf den hellen Boden, bildete Lachen.

„Nein, hast du nicht“, antwortete Samsa sanft und strich ihm die Haare aus der Stirn. „Bleib ruhig, ich kann dich vielleicht wieder heilen …“

„Nein“, Tonis Hand ergriff seine, doch der Griff war schwach, zu schwach. „Es ist … okay. Ich … bin fertig …“ Er atmete rasselnd und ein kleines Rinnsal Blut lief aus seinem Mundwinkel. Seine Lider flatterten.

„Simon würde nicht wollen, dass ich dich einfach sterben lasse!“ redete Samsa auf ihn ein, doch Antonie lächelte.

„Zwei Seelen“, wisperte er. „Ich hatte … Recht.“

Er wollte noch einmal die Hand heben, wollte noch etwas sagen, doch seine Augen brachen und die Hand fiel mit einem dumpfen Aufprall auf den Boden. Seine Seele verließ den Körper, schwebte einen Moment vor Samsas Gesicht und rauschte dann davon, fort, fort, fort …

Eine warme Hand legte sich auf Samsas Wange. Er blickte hoch in Daimons dunkle Augen. Ihre Liebe überschwemmte ihn, trieb ihm Tränen in die Augen.

„Das hättest du niemals tun dürfen“, flüsterte er, denn die Tränen schnürten ihm fast die Kehle zu.

„Ich wollte es aber“, antwortete Daimon. Er sah aus, als könne er es kaum ertragen, Samsa weinen zu sehen. „Ich habe dir versprochen um dich zu kämpfen solange ich atme. Ich breche meine Versprechen nicht.“

„Und was ist mit ihm?“ Samsa legte eine Hand auf seine Brust. Auf Daimons Stirn bildete sich eine Falte.

„Was meinst du?“ fragte er.

„Dieser Mensch in dessen Körper du mich gezwängt hast. Er ist noch da. Ich kann ihn spüren. Sein Herz ist gebrochen.“

„Er ist noch da?“ fragte Daimon, entsetzt, verständnislos. Samsa konnte es nicht deuten, doch die Falte auf seiner Stirn zeigte, dass es nicht das war, was der Dämon sich erhofft hatte.

„Ja ist er. Wenn ich mich nicht festhalte, dann kommt er wieder. Ich weiß es nicht genau, aber ich glaube unsere Seelen sind … verwachsen in den letzten Jahren. Ich habe durch seine Augen geblickt, doch es nie gewagt hervor zu kommen. Doch eben, eben …“, Samsa schüttelte den Kopf und warf sich in Daimons Arme. Er suchte Trost, suchte die Lösung all ihrer Probleme. Doch es schien keine zu geben. Nicht hier, nicht im Himmel und nicht in der Hölle. Daimon hielt ihn fest, doch die Hoffnungslosigkeit hatte auch ihn längst zermürbt. Er war weit gegangen um noch einmal Samsas Augen sehen zu können, ihn noch einmal berühren zu dürfen. So weit, dass selbst der Tod wütend auf ihn war.

Kato hatte es nicht verstanden. Er hatte getobt und geflucht und gedroht Samsas Seele eigenhändig aus dem Kind zu reißen.

„Es ist nicht deine Aufgabe die Seelen einzusammeln!“ hatte er geschrien. „Und es ist auch nicht deine Aufgabe zu entscheiden wohin sie gehen!“

Daimon seufzte und vergrub das Gesicht in Samsas Haar. Das Kind war doch Tot gewesen. Warum war seine Seele nicht entflohen, wie üblich?

„Sie wird krank gewesen sein“, sagte eine Stimme über ihnen. Samsa fuhr zusammen. Kato war aufgetaucht. Er hielt Tonis Seele in den Händen und blickte wütend auf die beiden hinab. Der Tod. Die Seele eines Engels strahlte so viel heller, als die der Menschen.

„Was meinst du warum ein Kind stirbt? Meist ist es die Seele, die bereits beschädigt ist. Ich sortiere sie aus, so gut es geht, doch manchmal kann man die Verletzungen nicht erkennen.“

„Was können wir tun?“ wollte Daimon wissen. Er zog Samsa mit sich auf die Füße und hielt ihn fest, als könne er sich nur so davon überzeugen, dass er lebte.

„Gar nichts“, zischte Kato wütend. Er steckte Tonis Seele in einen schwarzen Beutel, aus dem es verdächtig leuchtete. Der Tod im Dienst. „Ihre Seelen sind verschmolzen. Untrennbar miteinander verbunden. Stirbt die eine, so stirbt auch die andere. Das bedeutet zu einem, dass du sie nicht trennen kannst und zum anderen, dass Samsa ein Menschenleben lang Zeit hat. Mit Simons Seele wird auch er sterben.“

„Aber …“, Samsa betrachtete seine Hände, als sähe er sie zum ersten Mal.

„Nein, du alterst nicht“, fuhr Kato ihn wütend an. „Es ist ein hochkomplizierter und verbotener Prozess zwei Seelen zu verschmelzen. Deine Gestalt wird sich nicht verändern, denn du bist zur Hälfte ein Engel. Doch die menschliche Seele in dir altert und irgendwann hört dein Herz auf zu schlagen. Danach werde ich dafür Sorge tragen, dass diese Missgeburt nie wieder einen Körper bekommt!“

„Aber Simon ist gealtert“, sagte Samsa leise und presste sich etwas näher an Daimon, als suche er Schutz vor dem personifizierten Tod.

„Jetzt ist sein Körper ausgewachsen, jetzt altert er nicht mehr“, murrte Kato. Er sah auf die Uhr an der Wand. Als würde ihn die Zeit interessieren.

„Wie hoch ist Simons Lebenszeit?“ fragte Daimon. Es war mehr ein Knurren, als eine Frage. Samsa spürte an seinem Zittern wie wütend er war. Seine Wärme tat unendlich gut.

„Ich kann sie nicht sehen“, gab Kato zu, immer noch die Uhr betrachtend. „Es ist zu verschwommen, zu unklar. Es könnten ein paar Minuten sein, vielleicht auch noch 80 Jahre. Er ist eben kein normaler Mensch mehr. Fakt ist, dass eine verletzte Seele früher oder später zerspringt. Meist früher …“, er grinste schief, als würde die Vorstellung ihm gut gefallen.

„Wenn sie zerspringt, dann …“

„Dann reißt sie die andere Seele mit, du Narr! Es gibt keine Hoffnung. Vergiss ihn einfach. Töte ihm und mach diesem Unsinn ein Ende!“



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Tali
2010-02-01T17:36:47+00:00 01.02.2010 18:36
Schade, dass Toni so plötzlich gestorben ist... Aber vll. lässt sich da etwas machen? Simon hat ihn anscheinend geliebt und sein Herz ist nun gebrochen. Dabei haben die Zwei noch nicht einmal die Chance gehabt sich ihre Gefühle zu gestehen. Ich frage mich, wie lange die Seele dann noch exestieren kann. So ohne Sinn...
Für Daimon und Samsa freut es mich. Ich würde mir zu gern mehr bei den Beiden wünschen. Bisher haben sie sich nur geküsst. ^^
Von: abgemeldet
2010-01-29T13:54:07+00:00 29.01.2010 14:54
Traurig.. Ich hätte fast geweint, als Antonie gestorben ist.. Ich mochte ihn irgendwie, auch wenn man nicht so viel über ihn erfahren hat..
Die Seele des Kindes ist also im Körper geblieben.. Das ist problematisch, ich hoffe, dass Kato unrecht hat und das es doch eine Lösung gibt und Samsa nicht sterben muss.. Ein bisschen Glück hätten Samsa und Daimon langsam doch wirklich mal verdient..
Bin wie immer gespannt auf das nächste Kapitel^^


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