Der schon wieder...
Der Abend könnte so schön sein.
Sie könnte vor ihrer Playstation sitzen, Fernsehen oder DVD gucken, oder – wenn es unbedingt sein musste – sich von Juri am Telefon zuquatschen lassen. Aber nein... Sie saß hier und starrte missmutig auf eine SMS hinab.
„Sorry Schatz, ich komme später, hab die U-Bahn verpasst.“ Immer wieder las sie diese Worte und wurde jedes Mal wütender. Was fiel dem eigentlich ein?
Sie war ja wirklich nicht pingelig, aber eine Viertestunde Verspätung waren im herbstlichen Nieselregen nicht gerade ein Kavaliersdelikt. Idiot.
Männer.
Immer dasselbe mit ihnen.
Nur Ärger.
Da der Regen jetzt auch noch stärker wurde, steckte sie ihr Handy ein und drehte sich schwungvoll um, um nach Hause zu fahren.
Nur um direkt in jemandem hineinzulaufen und allein wegen der rasch zugreifenden Hand nicht Bekanntschaft mit dem nassen Boden zu machen. „Kannst du nicht aufpassen?“, fauchte sie, die Tatsache ignorierend, dass sie es gewesen war, die nicht aufgepasst hatte und funkelte den Typen wütend an. Ihre Laune wurde direkt noch um ein paar Grade schlechter, als sie erkannte, wer es war, der sie da gerade festhielt.
„Sorry... aber wer sollte denn auch ahnen, dass du dich so plötzlich umdrehst...“ Er schien nicht sonderlich beeindruckt. Wäre ja auch zu schön gewesen.
„Du hättest mir ja nicht so auf die Pelle rücken brauchen!“ Die lockere Stimme des jungen Mannes trieb sie fast zur Weißglut. Was war denn heute los, dass sich die Männerwelt gegen sie verschworen hatte?
„Kein Grund, gleich so zickig zu werden. Wurdest du von deinem Date versetzt?“ Die Frage kam so schnell und so direkt, dass Ruki für eine Sekunde verblüfft schwieg. „Das geht dich gar nichts an!“, brauste sie dann auf.
„Also ja.“ Musste der Kerl bei diesen Worten so breit grinsen?
„Zieh Leine!“, war das Einzige, was ihr einfiel.
Irgendwie war heute kein guter Tag...
Erst kam ihre Mutter – oh wie überraschend – mit der Nachricht um die Ecke, dass sie sich verliebt hätte und – das war ja noch viel überraschender – es diesmal wirklich die große Liebe wäre. Wers glaubt wird selig. In ein paar Wochen sitzt sie wieder heulend im Wohnzimmer.
Der Abend hätte den Tag eigentlich retten sollen aber nein... Jetzt machte er ihn zu einer totalen Katastrophe. Sie hätte es eher wissen müssen.
„Du hast dich kein Stück verändert, kein Wunder, dass dein Date nicht kommt.“
Es juckte Ruki in den Fingern diesem Großmaul eine reinzuhauen und zwar richtig. Was fiel dem eigentlich ein? Tickte der noch richtig? „Gehts noch? Was geht dich meine Laune an? Die hast du übrigens versaut.“ Das musste einfach mal klargestellt werden.
„Du hast aber schon vorher reichlich angepisst ausgesehen.“
Wer würde das nicht, wenn der Freund zu spät kam, aber irgendwie hatte Ruki das Gefühl, dass ihr Gegenüber dieses Argument nicht besonders ernst nehmen würde.
„Was denkst du, was du bist? Der Frauenversteher schlechthin?“, giftete sie also.
„Naja...“
Oh bitte! War der von diesem Trip immer noch nicht runter? Da sie leider an ihm vorbeimusste, wenn sie nach Hause wollte, schob sie ihn kurzerhand zur Seite.
„Hey, wenn dein Date eh nicht kommt, können wir ja etwas trinken gehen“, hatte der Idiot ernsthaft die Nerven, vorzuschlagen.
„Vergiss es.“
„Ach, sei doch nicht so... nur einen Kaffee...“
Kalt sah sie ihn an. „Such dir für eine dämliche Masche jemand anderes. Es gibt sicher genug dumme Weiber, die sich von dir flachlegen lassen wollen.“
„Denkst du wirklich, ich...“ Den Rest tat Ruki sich nicht mehr an, sie drängelte sich durch eine Gruppe plappernder Mittelschülerinnen hindurch und machte sich auf den Heimeg.
Kiro konnte was erleben, wenn sie ihn morgen nach der Schule sah, das stand sowas von fest...
Dummerweise musste selbst sie zugeben, dass Ryo Akiyama inzwischen verdammt gut aussah.