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Winterszenen

von

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Schmelzender Schnee

Lied: Siciliano
 

Es regnete.
 

Große Tropfen fielen auf den glitzernden Schnee, durchdrangen das weiße Geflecht, machten es durchsichtig und brachten es schließlich zum Einsturz, wie ein Kartenhaus im Wind.
 

Runde Flecken übersäten die Terrasse und den Garten, weiteten sich aus, gleich Wellen auf einem See, wenn man einen Stein hinein warf.
 

Weiß wurde wieder zu grau und grün, als würde der Welt alle Unschuld genommen. Der Regen zerstörte das friedliche Bild draußen und färbte es mit jeder enthüllten Farbe ein wenig trister.
 

Der Zauberer verriet seinen Trick, die Magie verblasste hinter den Tatsachen und stahl den Menschen die Fähigkeit des Bewunderns und Stauens.
 

Aijou saß vor dem großen Fenster im Wohnzimmer und betrachtete mit großen Augen das Schauspiel hinter der Scheibe. Das Bild hatte etwas Wundersames, Melancholisches, Himmlisches... Etwas, das mir den Atem nahm, das mir die Tränen in die Augen trieb und mein Herz schmerzhaft aus dem Rhythmus kommen ließ. Ich wagte es nicht, ihn zu stören und diese Szene so achtlos zu zerbrechen, wie der Regen den Schnee mit sich riss und in nichts verwandelte.
 

Ein Gefühl des Schwindels überkam mich und ich langte nach dem Türrahmen, der mir wie ein Fenster in diese fremde Welt schien, in der Aijou sich befand. Alles Licht im Raum verfing sich in seinen Haaren und tauchte das Zimmer in einen nicht mehr irdischen Schimmer, den man mit den Augen nicht wahrnehmen konnte. Ein fast unsichtbares Rosa überzog seine blassen Wangen und seine Hände waren in seiner Faszination um eine Tasse mittlerweile abgekühlten Tees erstarrt. Regungslos saß er da und folgte jedem Tropfen mit seinen unmenschlichen Augen. Ohne irgendetwas anderes zu tun als zu sein zog er mich in einen Bann, den ich mir nur auf eine Weise erklären konnte. Jeder Zweifel daran, ob er wirklich ein Engel war, erschien mir ab diesem Moment vollkommen lächerlich.
 

Bevor ich etwas noch Dümmeres tat, als mich mit einem Blick in ihn zu verlieben, wandte ich mich leise um und ließ ihn mit dem Regen allein. Der Schnee war geschmolzen.



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