Oder: Happy Birthday
Nachdenklich saß Trafalgar Law auf der Reling seines Schiffes. Für eine Weile hatte er nur gen Horizont geblickt. Auch, wenn es da nicht viel zu sehen gab. Nur Wasser. Es würde wohl noch eine Ewigkeit dauern, bis sie die nächste Insel erreichten. Oder-
Abrupt wurde der Kapitän des Schiffes aus seinen Gedanken heraus gerissen, als er hinter sich Lärm vernahm. Gelächter, Geschrei - ohne Zweifel, das war seine Crew. Und die Crew von Eustass Kid. Denn diesen beherbergte er ja zur Zeit auf seinem Schiff, samt Crew. Da ging es schon einmal lauter zu als gewöhnlich. Und abgesehen davon flogen dann auch ordentlich die Fetzen, da die beiden Piratencrews ja eigentlich ständig unterschiedlicher Meinung zu sein schienen. Genau wie ihre Kapitäne. Während Eustass Kid ein aufbrausender, brutaler Mensch war der es nicht im Geringsten duldete, wenn man sich über ihn oder seine Träume lustig machte, war Trafalgar Law eher von der ruhigen Sorte. Er ging die Dinge gelassen an, belächelte es auch schon mal, wenn jemand sich über ihn lustig machte. Solange, bis auch ihm der Geduldsfaden riss. Aber der seine war um einiges länger und strapazierbarer als Kids. Aber dennoch kamen sie miteinander aus. Zuerst nur in Extremsituationen. Und dann, über die Zeit hinweg, waren sie immer besser miteinander klar gekommen. Irgendwann hatte es sich schlichtweg so ergeben, dass Kid auf Laws Schiff geblieben war.
Zu Anfang war das Hauptproblem ein eigentlich eher lachhaftes gewesen: wer der beiden Kapitäne die Kapitänskajüte belegen durfte. Law bestand darauf, da es immerhin sein Schiff war. Und Kid war der Meinung, dem Gast müsse man das Beste bieten, was man hatte - auch, wenn er sich für gewöhnlich nicht an solche Dinge hielt. Das war eben eine Ausnahme gewesen.
Am Ende hatten sie sich die Kajüte und auch das Bett geteilt - mit dem Rücken zueinander hatten sie geschlafen, jeder am äußersten Rand des Bettes. Auch das hatte sich mit der Zeit verändert. Nämlich zu diesem Zeitpunkt, als sie sich ihre Leidenschaft füreinander eingestanden hatten. Die Streitereien zwischen den Beiden waren nicht weniger geworden seitdem. Anfangs hatten sie versucht, ihre Bettgeschichten dadurch nicht an die Öffentlichkeit dringen zu lassen. Nichtmal an die Ohren ihrer neugierigen Crews. Das hatte nur leider nicht geklappt - aber unter den Männern gab es ein stummes Einverständnis, nur niemals zu erwähnen, dass sich Trafalgar Law und Eustass Kid das Bett teilten. Denn auf dieses Thema reagierten diese doch eher ungemütlich. Vor allem Kid. Denn Law war mit der Zeit schließlich ziemlich offen mit diesem Thema umgegangen.
Seufzend sah besagter endlich auf, um herauszufinden, worum es dieses Mal ging.
Killer stand im Mittelpunkt der Gruppe. Wie immer sah man sein Gesicht nicht, doch Law war sich sicher, dass er grinste. Man hörte es an seiner Stimme. "Sag schon Killer!", schien ihn ein anderer zu etwas drängen zu wollen. Doch dieser schüttelte nur den Kopf. "Abwarten", gab der lange, blondhaarige Kämpfer der Kid-Piraten ruhig von sich.
"Was ist denn hier los...?" Law hatte wie immer die Hände in seine Hosentaschen geschoben, war zu dem Menschenauflauf hinüber getreten. Wenn man zwei Crews zusammen nahm, ergab das schon ein hübsches Sümmchen an Personen.
Aber keiner von ihnen schien dem Kapitän antworten zu wollen - kein Wunder. Der Großteil der versammelten Piraten hier waren Kid-Piraten. Und noch immer wollten diese sich von Law nichts vorschreiben lassen. So, wie die Heart-Piraten sich nichts von Kid vorschreiben lassen wollten. Es war eben nicht immer einfach.
Doch es war Bepo der seinem Kapitän zu Hilfe kam. "Sie planen etwas für Kids Geburtstag am heutigen Tag...", gab der weiße Bär ein wenig kopfschüttelnd von sich - während dessen Kapitän hörbar murrte. "Wie ihr meint."
So gelassen die Worte über seine Lippen kamen - das Thema hatte ihm gerade noch gefehlt. Als würde er nicht schon den ganzen Tag darüber nachdenken! Und nun war sein Ehrgeiz erst recht geweckt. Dieser Killer! Er, Trafalgar Law, würde ihn ausstechen. Was immer der Kerl plante - Law würde besser sein als er. Und selbst, wenn es dabei nur um ein simples Geburtstagsgeschenk für einen gewissen, rothaarigen Kapitän aus dem South Blue ging!
Oder... gerade deswegen...?
Fast schon ein klein wenig mürrisch war Law vom Deck herunter getreten, die Stufen zum Unterdeck hinunter gestiegen - ehe er ziellos übers Schiff schlenderte. Kid hatte es sich im Augenblick in der Kapitänskajüte bequem gemacht, das wusste er. Zumindest würde er also diesem schon einmal nicht über den Weg laufen. Umso besser, denn wenn er diesen sah, würde das sicherlich seine Laune noch ein wenig nach unten ziehen. Als ob es das heute noch bräuchte. Seine Laune war ohnehin schlecht genug! Und das alles nur wegen Killer.
Als der schwarzhaarige Pirat allerdings an der Kombüse vorbei kam, blieb er stehen - und im nächsten Augenblick huschte ein Grinsen über seine Lippen. Ihm war soeben etwas eingefallen. Und er war sich sicher, dass er Killer damit ausstechen konnte, ganz gleich, was dieser vorhatte. Ganz gleich wie gut Killers Geschenk werden würde - Law würde ihn übertrumpfen. Weil er Kid inzwischen ziemlich gut kannte. Und, weil es von ihm, Law, kam. Allein deswegen würde er besser sein.
Ohne noch länger darüber nachzudenken, hatte er die Küche betreten, die Tür hinter sich zugezogen.
Alles hier war sauber und aufgeräumt. So, wie Law es auf seinem Schiff am liebsten hatte - vor allem in der Küche duldete er keine Unordnung. Auch wenn man es dem Crewmitglied nicht zutraute - meist war es Bepo, der kochte. Und dieser hielt sich nun einmal penibel genau an die Anweisungen seines Kapitäns.
Nachdenklich streifte Law in der Küche herum, unsicher, wie er anfangen sollte. Er war Kapitän - und kein Koch. Aber für das was er plante, musste er sich eben ein bisschen anstrengen. Er hatte schon das ein oder andere Mal gekocht oder gebacken, so war das ja nicht. Gut, zu Anfang war es aus Not heraus gewesen - als Kid und Law allein und auf sich selbst gestellt waren. Damals hatte einer von ihnen eben kochen müssen. Und es war Law gewesen, der gekocht hatte - er hatte sich Kid noch weniger am Herd vorstellen können. Und genau genommen hatte er auch nicht unbedingt etwas essen wollen, das dieser gekocht hätte...
Beim ersten Mal war das was Law gekocht hatte allerdings auch nicht gerade gut gewesen - keiner von beiden hatte es essen wollen. Inzwischen war er aber wirklich besser geworden! Allerdings zog er es noch immer vor, diejenigen an den Herd zu lassen, die etwas davon verstanden.
Dieses Mal aber musste es von ihm kommen. Er würde Kid einfach einen Kuchen backen, so schwierig konnte das immerhin nicht sein, oder? Das würde er schon hin bekommen.
Vielleicht hatte er sich aber auch ein wenig überschätzt, musste Law feststellen.
Denn schon nach kurzer Zeit sah die Küche aus, als wäre ein Wirbelsturm darüber hinweg gefegt. In der Mitte des Raumes, auf einem Tisch, lag ein aufgeschlagenes Buch. Zumindest zeitweise hatte Law sich versucht an das Rezept zu halten.
Überall in der Küche hatte sich feiner Mehlstaub abgelagert, sogar auf den Haaren des jungen Kapitäns und in dessen Gesicht. Das Mehl - und später der Zucker - wären ja nicht so schlimm gewesen. Wenn er nicht noch so eine Sauerei veranstaltet hätte mit den Eiern. Das erste hatte er zu grob angefasst, während er noch einmal in dem Buch nachgelesen hatte. Es war ihm über die Hände gelaufen, zu Boden getropft. Genervt hatte er sich ein weiteres genommen.
Alles in allem aber klappte es recht gut, selbst wenn er in der Küche eine Schneise der Verwüstung hinterließ. Aber das würde er einfach später aufräumen.
Es war auch gut so, dass Law noch nicht mit dem Aufräumen begonnen hatte. Denn andernfalls hätte er wohl noch einmal anfangen müssen - denn der Zuckerguss mochte ebenfalls nicht so, wie der junge Pirat das gerne hätte. Er schaffte es den Zuckerguss wirklich überall zu verteilen. Nur seltsamerweise befand sich der wenigste Teil der Masse auf dem Kuchen. Alles in allem sah dieser aber gar nicht so schlecht aus. Nur die Küche dafür umso mehr, als Law diese - mit dem Kuchen in der Hand - verließ. Aufräumen würde er später.
Als er Kid zuerst in seiner Kajüte aufsuchte, hatte Law aber auch nicht daran gedacht, sich selbst erst einmal im Spiegel zu betrachten.
Umso größer waren die Augen des rothaarigen Kapitäns, als er den Kopf hob und Law in der Tür stehen sah. Dieser grinste breit, schloss die Tür hinter sich, stellte den Kuchen auf dem Tisch neben dem Bett ab. Kid schüttelte leicht den Kopf, griff sich an die Schläfe. "Will ich wissen wie die Küche aussieht...?", hakte er nach, den Blick auf den anderen Kapitän gerichtet. Law hingegen schüttelte den Kopf, rieb sich kurz über die Nase. "Mach dir keine Gedanken darum. Ich mach später sauber."
Lange sahen sich die Beiden an - so lange, bis auch Kid wieder in der Lage war, zu grinsen. Und dann, mit einem Ruck zog er Law auf seinen Schoß, beugte sich zu dessen Ohr. Als sein Atem dagegen schlug, fuhr Law ein angenehmer Schauer über den Rücken. "Ich weiß gar nicht, was ich zuerst vernaschen soll", gab der Rothaarige von sich, lachte rau auf. "Du scheinst ja meine Gedanken lesen zu können - ich hatte nämlich gerade Lust auf was Süßes, weißt du...?" Noch ehe Kid richtig zuende gesprochen hatte, spürte Law dessen Zunge an seinen Wangen, spürte wie er leicht an seinen Haaren zog - und dann lachte. "Du bist von oben bis unten voller Zuckerguss."
Das hatte sich Law schon gedacht. Nur war das nicht beabsichtigt gewesen. Kid schien davon aber recht angetan zu sein. Denn ehe sich der Schwarzhaarige versah, wurde er aufs Bett gedrückt, spürte, wie Kid ihm die Reste des Kuchens vom Körper leckte. Und in diesem Augenblick war er sich völlig sicher - er hatte Killer übertrumpft. Denn das hier... das konnte dieser nicht überbieten. Das hier war etwas, was nur Law dem rothaarigen Kapitän geben konnte... es schien fast so, als würde ihnen noch eine lange Nacht bevor stehen.
Fast sanft legte er die Arme um den Nacken des anderen Mannes, zog ihn zu sich herauf, während ihre Lippen sich streiften. Und auf Laws Gesicht lag nicht das übliche Grinsen sondern ein Lächeln - eines, das so nur Kid zu sehen bekam.
"Alles Gute zum Geburtstag."
