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Bloody Dates

von

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Der Anfang

Dieser eine Fall machte mich wirklich zu schaffen. Ich dachte, es würde nie ein Ende nehmen. Die Tage und Nächte streiften an mir vorbei, als hätte ich diese nie erlebt.

Drei Monate. Drei gottverdammte Monate, in denen ich meine ganze Kraft investierte, in denen ich verzweifelt versuchte die Morde aufzuklären. Diese drei Monate waren der Anfang vom Ende, einfach vergebens.

Ich wusste noch genau wie sich alles abspielte. Sobald ich meine Augen schloss, sah ich die starren Gesichter der Leichen, ihren Gesichtsausdruck, dem des Todes geweiht.

Alles was ich für diesen Fall tat, endete so rasch wie ich an jenem Tag diesen einen Anruf bekam…
 

Es war ein Freitag im November. Welcher Tag es genau war, weiß ich nicht mehr. Ich saß, wie immer, in meinem Büro und schrieb einen Bericht über einen Fall, der sich am Vortag abspielte. Nichts Besonderes. Eine Frau wurde bestohlen, den Täter fand man zwei Straßen weiter, von einem Blumentopf, der von einem Balkon fiel, erschlagen.

Ich schrieb den Bericht auf meinem Rechner und machte zwischendurch kleine Pausen, in denen ich mich kurz zurücklehnte und die Augen zukniff. Es klopfte schlagartig an der Tür und ich fuhr erschrocken auf. Ich bat die Person herein. Es war Geoffrey.
 

Geoffrey ist ein wirklich gut aussehender junger Mann, mit langen roten Haaren, die er zusammengebunden hatte, und mit wunderschönen ozeanblauen Augen. Er war fast ein Kopf größer als ich und sportlich gebaut. Ich mochte ihn sehr und er mich, doch ich wies ihn immer ab, weil ich Angst vor einer Beziehung hatte. Ich wollte nichts zerstören mit meinem etwas rauen, sehr männlichen Charakter.
 

Geoffrey schritt zielsicher zu meinem Schreibtisch rüber, stützte sich mit den Händen in der Mitte ab und lächelte frech, so wie er es immer tat.

Unsere Gesichter waren uns sehr nahe, doch ich verzog mein Gesicht keineswegs. Ich spürte wie mein Herz klopfte, reagierte jedoch nicht darauf, unterdrückte dieses Gefühl in dem ich mir immer wieder einredete, dass daraus nichts werden kann.

Nun, da stand er. Angesicht zu Angesicht. Er lächelte wieder, atmete einmal tief ein und fing dann an auf mich loszureden.

„Guten Morgen, Vicky! Wie geht es dir denn heute? Gut geschlafen? Hast du nicht Lust mit mir in der Mittagspause in ein hübsches Restaurant zu fahren um dort zu speisen?“

Er kam direkt auf den Punkt, wusste was er wollte, auch wenn er die Antwort schon wusste, denn er fragte mich jeden Tag dasselbe, mit einem Fünkchen Hoffnung.

Vicky ist mein Spitzname, denn eigentlich heiße ich Victoria. Aber alle auf dem Revier nennen mich so, außer meinem Chef, wenn dieser wieder einmal schlecht gelaunt oder wütend ist.
 

Ich hob leicht die Augenbrauen und stieß einen lauten Seufzer aus. Er fragte mich wirklich jeden Tag.

„Geoffrey, wie oft muss ich es dir noch sagen? Daraus wird nichts! Ich trenne Privat von Beruf, versteh mich doch endlich“.

Meine Stimme klang recht kühl, doch das würde ihn nicht einschüchtern. Nicht mit seinem Selbstbewusstsein, das er hatte. Er lächelte leicht, nahm seine Hände vom Schreibtisch und steckte diese in seine Taschen. Dann zuckte er mit den Schultern. Er drehte sich um, ging ein Schritt zur Tür, blieb jedoch wieder stehen.

Ich starrte auf seinen Rücken, wartete ab was er als nächstes tun wollte.

Er drehte sich wieder um und lächelte noch einmal, doch dieses Lächeln war so charmant, ich hätte dahin schmelzen können, doch ich war ein Ass, wenn es darum ging ein «Pokerface» zu haben, wie ich es immer wieder gern nannte.

„Ich liebe dich, das weißt du doch. Warum weist du mich dann immer wieder ab? Warum tust du mir das an?“

Mein Blick galt jetzt dem Boden, ich spürte wie eine leichte Röte in mein Gesicht hochschoss. Geoffrey lächelte nicht mehr, er wurde sehr ernst. Wenn er mir sagte, dass er mich liebte, dann war mit ihm nicht zu spaßen.

Ich wollte ihm etwas sagen, sagen dass es mir genau so erging, doch den Mut dazu hatte ich nicht. Sonst war ich doch die tollkühne Heldin, die sich in alles stürzte, die den Mut dazu hatte sich in jede Gefahr zu stürzen.

„Ich gehe wieder. Aber vergiss nicht, ich bin immer für dich da…“

Geoffrey drehte sich wieder um, trat aus dem Raum und schloss sanft die Tür hinter sich. Jede Frau würde vielleicht weinen, wie dumm sie doch war diesen Mann davongehen zu lassen, doch ich blieb stur, mein Blick noch immer dem Boden zugerichtet.

Ich hasste mich, ich hasste mich so sehr wie kein anderer mich hassen könnte. Ich war nur dann stolz auf mich wenn ich meine Arbeit mit Bravour erledigt hatte.

Ich spürte einen leichten Drang zum weinen, doch unterdrückte jegliches Gefühl was in mir war, auch wenn es mich innerlich zerbrechen lies.

Ich lehnte mich wieder zurück und seufzte laut, ich musste den Bericht noch zu Ende schreiben.

Ich legte meine Hände auf die Tastatur und tippte, gekonnt mit zehn Fingern, den Bericht.
 

Das Telefon klingelte. Ich wollte abheben, doch das Klingeln verstummte von einem Moment zum anderen. Also hatten mein Chef oder Mandy Miller, die Sekretärin, abgehoben.

Wir hatten nur drei Telefone, die miteinander verbunden waren, falls jemand von uns nicht hier war. Mein Chef, Mandy und ich. Die anderen hatten auch Telefone, doch diese waren nur da um wichtige Gespräche durchzuführen.

Ich überlegte nicht lange nach und stürzte mich wieder in meine Arbeit, ich war schon fast fertig. Doch ich konnte diesen Bericht nicht zu Ende schreiben, denn ich wurde von meinem Chef gerufen.
 

Ich eilte aus dem Büro, schlug die Tür hinter mir zu und rannte die Stufen hinauf, um ins erste Stockwerk zu gelangen. Ich verlangsamte meine Schritte und begrüßte meine Teamkameraden, die alle in ihrer Arbeit vertieft waren.

Ich öffnete die Tür vom Büro des Chefs, ging hinein und schloss sie hinter mir zu.

Geoffrey und Joel standen schon vor dem Schreibtisch von Thomas Coltrane, so der Name meines Chefs.
 

Joel war ein Kollege von mir, ein junger Mann in meiner Größe, dunkelbraun, kurze Haare, immer mit Gel beschmiert, und grünen Augen. Er, Geoffrey und ich, bildeten ein Team und lösten Fälle aller art.
 

„Hier bin ich!“, sagte ich etwas laut und stellte mich zwischen den beiden Männern.

„Victoria“, fing er an, „Ich habe soeben einen Anruf erhalten. Eine Frau wurde im Café «Silent Moon», in der Chaucer Street umgebracht. Die Kollegen von der Spurensicherung sind schon längst da und der Fall fällt unter Ihrer Obhut. Ich erwarte von Ihnen, dass sie Diesen aufklären werden!“

Ich nickte und drehte mich um, in aller Eile verschwand ich dann wieder. Der Chef war schlecht gelaunt, weswegen ich schnellstens weg wollte.
 

„Wir nehmen meinen Wagen!“, meinte Geoffrey, der schon nach seinen Schlüsseln suchte.

„In Ordnung. Wir müssen darauf gefasst sein, dass die Presseleute schon zur Stelle sind. Joel du wirst sie davon abhalten ins Café zu stürmen, Geoffrey und ich, kümmern uns dann um den Rest, wenn’s dich nicht stört.“

Joel verneinte und wir eilten zu dritt aus dem Gebäude, rannten zu Geoffreys Auto, was nur einige Meter weiter weg geparkt war und fuhren zum Tatort.
 

Geoffrey parkte gegenüber vom Café. Überall standen Menschenmassen, ihre Gesichter waren an der Fensterscheibe platt gedrückt, Blitzlichter kamen von allen Seiten, der Lärm dröhnte von überall.

Joel ging zielsicher auf sie zu, versuchte sie vom Tatort abzuhalten.

Geoffrey und ich drängten uns durch die Massen, einige Leute beschwerten sich, doch das störte mich am Wenigsten.

Als wir im Raum waren, stellte sich Joel vor die Tür, damit niemand eintreten konnte. Ich sah ihm eine Weile nach, wie er mit den Händen wedelte um die Menschenmassen davon zu jagen und den Presseleuten versuchte weis zu machen, dass dies nur halb so interessant war, wie sie vielleicht dachten.

An den Fensterscheiben drückten sich die Menschen gegenseitig um einen Blick auf die Leiche erhaschen zu können.
 

Es war eine Frau mit langen blonden Haaren, die sie offen trug. Sie war ziemlich groß, so wie ich schätzte, und sie war ganz blutüberströmt. Der Anblick war mir nicht geheuer, doch müsste ich an so etwas schon längst gewöhnt sein.
 

Geoffrey zupfte an meinem Ärmel und ich drehte mich wieder zu ihm um, ohne weiter über die Menschen da draußen nachzudenken.
 

Kevin Doyle, der Chef der Spurensicherung, kam auf uns zu, schüttelte uns beiden die Hände, wir waren uns vertraut, und fragte uns schließlich wie es uns erging.

„Ich fühle mich bestens, Kevin. Was kannst du uns über den Tatort sagen?“, fragte Geoffrey ihn, während ich mir das Ganze aus der Nähe betrachtete.

„Ihr Name ist Chris McDain, 23 Jahre alt. Sie wurde vergiftet, in dem sie Kaffee trank. Sie musste in Begleitung sein, denn eine zweite Tasse stand genau gegenüber von ihr. In ihrer Tasche fanden wir, außer ihrem Ausweis, ein Adressbuch, Lippenstift, Spiegel und ihr Handy. Um das Gift handelt es sich hierbei um Natriumhydroxid, welches sich in einer Kapsel befand. Die Kapsel löste sich im warmen Kaffee auf und als die Frau daran trank, fing sie sofort an Blut zu spucken und ist dann an einem großen Blutverlust gestorben.“
 

Auf dem Tisch war nur eine Tasse Kaffe, die sich gegenüber der Leiche befand. Sie wurde nicht angerührt, nur die Fingerabdrücke von der Kellnerin waren darauf vorzufinden, wie die Spurensicherung soeben herausstellte. Die Tasse vom Opfer lag auf dem Boden, in tausenden von Stücken, der Kaffee war verschüttet.

Kevin erklärte zudem auch noch, dass nur die Fingerabdrücke von Chris und der Kellnerin zu finden waren. In erster Linie käme die Kellnerin in Verdacht.
 

Ich drehte mich um, legte meine Hand auf Geoffreys Schulter und flüsterte ihm ins Ohr, dass ich die Kellnerin verhören werde und er sich weiter mit Kevin unterhalten sollte.

Geoffrey nickte leicht lächelnd und ich ging zur Kellnerin rüber, die sehr geschockt war und vor sich hin zitterte.

„Guten Tag! Sie sind sicherlich die Kellnerin, die sich hier um alles gekümmert hat, nicht wahr?“, fragte ich sie sehr behutsam.

Sie starrte mich mit verweinten Augen an, nickte leicht und antwortete mir.

„Ja, mein Name ist Judith Flewer.“, sie stotterte leicht.

„Könnten wir in einen Nebenraum gehen? Dort könnten wir ja ungestört reden, wenn es Ihnen nichts ausmacht.“
 

Judith schüttelte den Kopf und wir gingen gemeinsam in einen Nebenraum, wo sie mich fragte ob ich einen Kaffee haben wolle. Ich nickte leicht und redete mit ihr, während sie alles zubereitete.

„Miss Flewer. Seit wann arbeiten Sie hier und wie sind Ihre Arbeitszeiten?“

Mit dieser Frage fing ich erstmals an, damit ich sie nicht allzu sehr verschreckte.

Sie schritt im Raum hin und her, bereitete schnell den Kaffee vor und als dieser fertig war, servierte sie ihn mir. Sie setzte sich mir gegenüber und trank erstmals einen kleinen Schluck, ehe sie zu antworten begann.

„Nun ich arbeite seit ungefähr zwei Jahren hier. Ich arbeite Montags, Dienstags, Mittwochs, Freitags und Samstags von sieben Uhr morgens bis 4 Uhr Nachmittags.“

Ihre Antwort war knapp und präzise. Ich trank auch einen kleinen Schluck aus der Tasse und überlegte mir die nächste Frage.

„Waren heute sehr viele oder sehr wenige Gäste im Laden?“

Sie blickte mich an und überlegte, ob es wohl wirklich so viele waren oder nicht.

„Es war heute wirklich viel los. Die meisten Leute kamen so gegen Mittag“, gab sie in einem recht ruhigen Ton von sich.

„Sie erinnern sich doch sicherlich noch, wie die Person, die gegenüber der Toten saß aussah. War es eine Frau oder ein Mann und kannten sie das Opfer?“

Judith verzog leicht das Gesicht, ihre Stirn legte sich in Falten und sie dachte angestrengt nach. Ich bemerkte, dass sie noch immer vor Aufregung zitterte.

Ich ließ ihr Zeit und trank meinen Kaffee aus. Er war wirklich gut, nicht wie solchen den ich in anderen Cafés getrunken habe.

„Ich versuche mich daran zu erinnern, doch es gelingt mir nicht. Ich weiß einfach nicht mehr wer sie begeleitete. Geschweige denn ob es ein Mann oder eine Frau war. Es tut mir so leid, Kommissar. Das Opfer selbst, kannte ich nicht, habe sie nie zuvor hier gesehen. Sie glauben doch etwa nicht, dass ich sie umgebracht habe?“

Sie brach in Tränen aus und ihr Gesicht errötete, als ob sie sich schämen würde. Ich wusste nicht ob ich sie als Täterin in Frage stellen konnte, aber sie war immerhin die Hauptverdächtige.

„Nicht schlimm, Miss Flewer. Leider sind Sie eine Verdächtige, so Leid mir es auch tut und wir müssen Sie mitnehmen, damit wir Sie verhören können. Ich gebe Ihnen meine Nummer, wenn Ihnen noch etwas einfallen sollte. Jedes kleine Detail, auch wenn es Ihnen unwichtig erscheint, könnte uns weiterhelfen. Ich schicke am Sonntag ein paar Leute hierher vorbei damit man Sie abholen kann. So können Sie wenigstens noch morgen arbeiten. Ich sage meinen Männern bescheid, dass sie Euch dann hier abholen werden. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag!“, ich verabschiedete mich von Judith und hinterließ ihr die Nummer vom Büro, damit sie mich jederzeit erreichen konnte.

Ich ließ sie zurück und hörte noch, wie sie schluchzte.
 

Ich ging zu Geoffrey zurück, der mittlerweile Fotos vom Tatort machte. Die Leiche wurde schon wegtransportiert und Joel war auf die Idee gekommen Verstärkung zu rufen um die Menschen vom Tatort fernzuhalten.

„Ich habe die Kellnerin befragt. Leider kann sie sich an nichts mehr erinnern. Glaubst du, wir werden herausfinden wer der Begleiter war?“

Geoffrey hörte mit dem Knipsen auf und drehte sich zu mir um. Er lächelte leicht verkrampft und schüttelte den Kopf.

„Ich denke die Person ist schon über alle Berge. Wir werden es schwierig haben, den Mörder ausfindig zu machen. Die Kellnerin ist verdächtig, aber ohne Beweise wissen wir rein gar nichts. Schau du dich doch mal um, vielleicht findest du etwas interessantes, mit deinen scharfen Augen“

Er lächelte und ich spürte wie eine gewisse Röte in mir hochschoss, weshalb ich meinen Kopf sofort umdrehte und mich an Kevin wandte, der mit mir reden wollte.

„Nun, ich habe alles auf Hinweise durchsucht. Habe leider nichts Weiteres gefunden. Ich werde ins Labor gehen und mir die Leiche genauer ansehen. Ich rufe dich an, sobald ich etwas gefunden habe. Schönen Tag noch!“

Ich nickte ihm zu und schon war er verschwunden. Ich schlenderte durch den Raum und sah mir alles genau an. Es wurde scheinbar nichts berührt, alles stand noch am selben Platz. Auf einmal fiel mir ein, dass ich vielleicht nach einer kleinen Flasche oder etwas ähnlichem suchen sollte, wo noch andere Kapseln mit Natriumhydroxid sein könnten.

„Geoffrey? Such nach kleinen Behältern wo man Kapseln verstecken könnte, wenn wir so etwas finden, dann finden wir auch sicherlich Fingerabdrücke“
 

Ich hatte Hoffnung. Hoffnung diesen Fall doch aufklären zu können. Mein Chef sah es wirklich nicht gerne, wenn es Niemandem gelang einen Fall zu lösen. Ich malte mir schon aus, wie er vor mir stand und mich in seiner schlechten Laune anbrüllte, obwohl ich die Beste des Reviers war. Ich schüttelte den Kopf um mich von dem Gedanken loszureißen und suchte überall nach dem einen kleinen Beweis.
 

Nach einer halben Stunde gaben wir es auf. Wir hatten jeden Winkel des Raumes durchsucht, wir hatten die Mülleimer geleert, wir haben sogar jeden einzelnen Schrank geöffnet, den wir vorfanden. Vergebens.

Joel hatte es geschafft die Menschenmengen aufzulösen, schickte die Kollegen zurück und kam selbst herein.

„Seid ihr mit euren Nachforschungen vorangekommen?“, fragte er neugierig und tat so, als wäre er gar nicht erschöpft vom rumbrüllen und verjagen.

„Nein. Wir haben leider nicht sehr viel herausgefunden, aber ich werde dir in aller Ruhe alles auf dem Weg zum Revier erklären. Geoffrey, sagst du bitte der Kellnerin bescheid, dass sie alles aufräumen kann? Und erinnere sie bitte daran, dass sie am Sonntag um zwei Uhr Mittags abgeholt wird, um in eine Verhörung zu gehen.“

Geoffrey nickte, schritt zu ihr und lächelte sie an.

„Für dich tu ich immer alles, Süße!“, hauchte er mir verführerisch ins Ohr. Ich errötete und maulte, dass er es sein lassen sollte. Dann ging ich zurück ins Auto, dicht gefolgt von Joel. Geoffrey hatte mir noch seinen Autoschlüssel in die Hand gedrückt.
 

Wir warteten einige Minuten auf ihn, als er endlich aus dem Laden kam. Er lächelte vor sich hin, als hätte es nie einen Mord gegeben. Ich grummelte etwas vor mich hin, wahrscheinlich vor Wut, doch niemand hörte es, was auch gut war, denn ich würde wieder ausrasten, wie man es ja bei mir gewohnt war.
 

Geoffrey setzte sich ans Steuer, steckte die Autoschlüssel ein und startete den Wagen. Wir fuhren zurück zum Revier, mit wenig Hoffnung diesen Fall lösen zu können.

„Glaubst du, wir werden den Mord aufklären können?“, fragte ich die Männer etwas unsicher.

Geoffrey lächelte und blickte immer wieder zur Seite, als er mit mir redete.

„Etwas mehr Selbstbewusstsein bitte. Natürlich werden wir den Fall lösen, darauf kannst du dich verlassen. Egal wie lange wir brauchen werden, wir werden es schaffen. Das verspreche ich dir, Vicky!“

Er schien so etwas von selbstbewusst zu sein. Manchmal fehlte mir es an diesem, was mich wirklich zu schaffen machte. Ich fühlte mich von einem Moment zum anderen so leer, eine leere Hülle. Ich starrte aus dem Fenster und redete die ganze Fahrt über nicht, Joel und Geoffrey ebenso.
 

Wir hielten an und stiegen aus. Ich eilte über die Straße und wäre fast von einem Auto angestoßen worden, wenn Joel nicht nach mir geschrieen hätte. Ich entschuldigte mich bei ihm und rannte ins Büro des Chefs, wo ich dann eine Predigt zu hören bekam, weil ich mir nicht sicher über den Fall war.

Ich trat aus dem Büro, zitterte sichtlich, denn ich hatte alle Mühe mich zusammenzureißen und ich wusste, wer mich jetzt ansprach der würde es zu hören bekommen.

Meine Arbeitskollegen bemerkten es und vertieften sich wieder in ihre Arbeit. Ich schüttelte den Kopf und ging zielsicher auf Ian, der Mann von Mandy, zu.

„Am Sonntag musst du im Café «Silent Moon» in der Chaucer Street eine Kellnerin für das Verhör abholen. Ich werde dir heute Abend noch eine E-Mail mit den Fragen schicken. Ich habe jetzt Feierabend, tschüss!“

Ich drehte mich einfach um, ohne auf das zu hören, was er mir noch sagen wollte, mir war es egal. Ich wollte nur noch eins: Nach Hause!
 

Ich hatte mein Auto zwei Straßen weiter geparkt, also musste ich noch etwas zu Fuß gehen, was mich nicht sonderlich störte. Ich suchte meine Autoschlüssel und fand diese dann auch, stieg in mein Auto und fuhr nach Hause.

Kaum zu Hause angekommen öffnete ich die Haustür, schmiss meine schwarze Ledertasche in die Ecke und ließ mich einfach in meinen Sessel fallen, wo ich die Augen schloss und döste.

Es war erst kurz nach drei und ich hatte noch nichts gegessen, was mir egal war. Ich schrieb sofort die E-Mail, die ich an Ian verschicken sollte.
 

Ich wohnte alleine. Immer wenn ich nach Hause kam, wusste ich, dass niemand da war, der mich begrüßte der mich fragt, was ich alles so auf der Arbeit hatte. Niemand der mir einmal gelegentlich kochte oder mit mir einen Film ansah. Es war einfach erbärmlich. Ich hasste diese Stille, unterbrochen von einem regelmäßigen Ticktack, was von der Küchenuhr aus kam. Aber andererseits liebte ich es alleine zu sein, ich störte niemanden, ich hatte meine Ruhe und konnte alles machen was ich wollte. Ich hätte vielleicht schon längst einen Mann an meiner Seite haben können, doch meine Angst davor war zu groß. Ein weiterer Grund um alleine zu leben.
 

Ich saß, nachdem ich die E-Mail verschickte hatte, im Sessel und schlief nach einer halben Stunde mit dem klickenden Geräusch ein. Als ich meine Augen wieder öffnete, aufstand und auf die Küchenuhr starrte, war es schon nach fünf. Ich hatte wieder so viel Zeit, eigentlich müsste ich am Fall arbeiten, doch ich fühlte mich dafür zu miserabel.

Ich öffnete den Kühlschrank, zog etwas Butter und Fleisch heraus, legte es auf die Küchentheke, nahm mir eine Pfanne, heizte diese, legte das Butter hinein, einige Sekunden später das Fleisch und fing an zu kochen.

Ich öffnete einen weiteren Schrank, wo ich mir einen Topf herausnahm, diesen mit Wasser füllte und dieses dann kochen ließ, damit ich meine Nudeln hinein legen konnte.

Nach etwa einer halben Stunde war das Essen fertig und ich setzte alles auf den Tisch.

Ich nahm mir von allem etwas und speiste in aller Ruhe, in dem ich den Fernseher einschaltete.

Die Nachrichten erzählten nicht viel, noch war noch nichts vom Mord in der Presse, was mich doch ein wenig wunderte.
 

Es war acht Uhr. Ich räumte noch schnell die Wäsche weg, zog mir meinen Mantel an, stieg ins Auto und ging in Richtung Kneipe eine Straße weiter. Mir war wirklich viel zu kalt um zu Fuß zu gehen.

Ich parkte gegenüber von meinem Stammlokal und schritt hinein, begrüßte die Gäste und den Wirt, dann setzte ich mich an die Theke.
 

„Guten Abend, Victoria. Das Übliche?“, fragte mich der Wirt und ich nickte leicht.

Ich wartete einige Sekunden und er brachte mir Gin Tonic, mein Lieblingsgetränk.

„Vielen Dank, Steve!“, meinte ich halb lächelnd und nippte etwas an diesem, bevor ich doch etwas größere Schlücke trank.

„Du trinkst wirklich viel zu viel! Was sagt die Arbeit?“, fragte er mich noch schnell um nicht von mir angebrüllt zu werden.

„Ich habe wieder einen Mord aufzuklären. Er scheint mir doch sehr schwer zu sein. Ich kann das nicht!“

Ich fing wieder an in tiefe Depressionen zu fallen, mein Selbstbewusstsein sank und ich trank den Gin Tonic mit einem Zug leer.

„Noch einen, bitte!“
 

Ich wusste nicht warum, aber ich trank einen Gin Tonic nach dem anderen. Vielleicht war ich wieder einmal frustriert. Ja frustriert über mich und die Welt, weil ich alleine war, weil ich ein ungutes Gefühl für den Mord hatte und weil ich mich selbst hasste.

Ich wusste auch nicht, wie ich es schaffte nach Hause zu kommen mit dem Auto, auch wenn es nur eine Straße weiter war. Ich denke, damals hatte ich so um die sieben Gin Tonic oder so.

Ich wollte mir einfach nicht vorstellen wie ich nach Hause gefahren bin, die Tür aufschloss und aufs Klo raste, wo ich mich mehrmals übergab.

Gut, dass ich wenigstens den Reflex hatte auf die Toilette zu gehen, sonst hätte ich am nächsten Morgen wieder so eine Schweinerei wegzuwischen.

Ich wusste nichts mehr, was ich an diesem Abend tat, wie ich Heim kam oder wie ich es schaffte in mein Bett zu kommen. Ich wusste nur eins:

Mir würde es am nächsten Tag nicht gut ergehen.



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