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Six Months - Die Symphonie deines Herzens

The-Bella-und-Edward-All-Human-Story
von

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Durchführung: Erkenntnisse - Teil 4 (Bella & Edward)

soooo... es geht weitaaaaa ^^
 

Musiktipps:

Musik: Death Cab For Cutie - Transatlanticism http://www.youtube.com/watch?v=qNqQC7R_Me4&feature=PlayList&p=B0E5B5351A3EEAC0&playnext=1&index=1

und

A walk to remember (Score) - God's Bigger Plan http://www.youtube.com/watch?v=HNvwkNeAYUg
 

=>also dieser Teil ist einer meiner Lieblingsteile und ich finde die Musik dazu auch total toll =) Haben mich beide sehr inspiriert^^ Viel Spaß beim Lesen ^^
 

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Bild zum Kapitelteil: http://img706.imageshack.us/img706/2479/bannerdurchfhrungteil4.jpg
 

Ich verzerrte die Gesichtszüge, als ich am Morgen innerlich wach wurde. Der Wecker schrillte lauthals in meinen Ohren. Ich hämmerte darauf, bis er Ruhe gab. Mein Schädel dröhnte – und das nicht vom Wecker. In meinem ganzen Kopf schien es zu pochen.

„So ein mist“, fluchte ich zu mir selbst und rappelte mich hoch ins Bad. Ich sah fürchterlich aus. Kalkweiß, mit eingefallenem Gesicht. Total ungesund. Aber so fühlte ich mich auch.

Ich wusch mir durchs Gesicht und kämmte meine Haare. Es war acht Uhr. In einer Stunde stand Edward auf der Matte. So schnell ich in der Lage war, zog ich mich notdürftig an. Die Apotheken würden schon geöffnet haben.

Ich trank mehrere Schlücke. Das Kribbeln in meinem Hals war nahezu unerträglich und verleitete mich, zu einem befriedigenden Husten – was meinen Hals allerdings schmerzen, brennen ließ. Zu allem übel war das ständige Schnupfen auch lästig.

Gut, dass ich in Amerika war. Erstens, weil ich dann meiner körperlich labilen Mutter nicht fern bleiben musste, um sie nicht anzustecken. Und zweitens, weil ich wusste, dass es hier Medikamente freiverkäuflich waren, die es in Deutschland nur auf Rezept gab. Zudem waren diese billiger, als ein Arztbesuch, der mir das verschreiben würde, was ich sowieso in der Apotheke rezeptfrei bekam. Wenn ich jetzt, am Wochenende noch einen Arzt aufsuchen musste, würde das meinen ganzen Zeitplan ruinieren. Wir wurden das Thesenpapier Sonntag nicht abgeben können und dann- nicht auszudenken.

Ich wickelte mir einen Schal um, steckte das Portmonee in die Jackentasche und verließ die Wohnung. Die nächste Apotheke war glücklicherweise direkt hier an der Hauptstraße. Ein Glück. Sonst wäre Edward vermutlich vor mir am Wohnheim gewesen.

„Guten Tag“, strahlte mir die Apothekerin mit einer unverschämten Freude und Energie entgegen.

„Morgen“, meinte ich mit rauer Stimme und versuchte mich zusammenzureißen. „Können Sie mir alle Antibiotika zeigen, die sie da haben und nicht verschreibungspflichtig sind?“, bat ich.

Ihr Lächeln wich einem verdutzten Gesichtsausdruck. „Ähm, ja, sicher…“ Sie tippelte davon.

Meine Glieder fühlten sich schwer an und ich wünschte mir in diesem Augenblick, wo ich hier stand und wartete, nichts sehnlicher, als im Bett zu liegen und schlafen zu können. Ich versuchte das Zittern in meinem ganzen Körper – vor Schmerz, vor Müdigkeit, vor Kälte, ich wusste es nicht – zu ignorieren. Nach dem Treffen mit Edward würde ich mich kurz hinlegen.

„So…“, sagte die Frau munter und legte mehrere Packungen vor mir auf den schmalen Verkaufstisch. „Das hier ist-“

„Darf ich?“, fiel ich ihr sogleich ins Wort, bevor sie mit irgendwelchen Erklärungen begann. Irritiert nickte sie nur und verstummte.

Ich nahm die Packungen einzeln hoch und schaute mir die Inhaltsstoffe an. Das Gute war, dass die meisten Wirkstoffe mit lateinischen Begriffen versehen waren, denn nur auf Englisch, hätte ich wahrscheinlich größere Schwierigkeiten gehabt. Was nicht hieß, dass es mir jetzt leichter viel. Ich hatte in meinem Studium noch nicht viel mit Medikation zu tun hab. Das kam alles noch. Bisher hatten wir Körperaufbau durchgekaut sowie Lebensphasen und Krankheitsbilder. Ich war mir aber bei einigen Begriffen, die ich las, sicher, worum es sich dabei handelte und wie sie wirkten. Mir fielen auch ein paar gefährlichere Wirkstoffkombinationen ein, bzw. solche, die bei meinem Infekt nicht so vorteilhaft hinsichtlich Nebenwirkungen sein würden.

„Diese hier bitte“, krächzte ich schließlich nach geschlagenen Minuten mit trockenem Hals. Sie kassierte und ich eilte wieder zurück. Es war schon halb neun und ich lief zehn Minuten zurück. In meinem lahmen Tempo derzeit, bergauf, vielleicht auch länger.

Japsend kam ich am Wohnheim an, schnaufte kurz durch und stieg die Treppen hoch. Nicht mehr lange…

Wenn ich aber eines wusste, war es, dass ich dieses Antibiotikum nicht auf leeren Magen nehmen würde.

Ich schmierte mir rasch ein Brot und räumte mit der anderen Hand die Wohnung auf. Das Antibiotikum verweilte so lange auf meinem Nachttisch. Kaum, hatte ich aufgegessen und in der Wohnung Klarschiff gemacht, klingelte es. Ich drückte auf und ging hastig noch mal ins Bad. Wenigstens etwas Puder auf die Nase und unter die Augen, sonst sah ich schrecklich auf. Einen Augenblick würde ich aber noch warten, bis ich das Antibiotikum nahm.

„Hi“, grüßte ich nach kurzem räuspern und lächelte, doch alles in meinem Gesicht tat weh.

„Morgen, ich habe Brötchen mitgebracht“, er hielt die Tüte hoch, „hoffe, dass war okay?“, redete er vor sich hin und war schon durchgegangen.

„Ja, sicher, ich hab nur schon gefrühstückt und auch nicht so viel Aufschnitt oder so da“, sagte ich mit normaler Stimme. Die Konsequenz war, dass ich heftig husten musste.

„Ähm“, er war kurz irritiert, „kein Problem. Die sind schon belegt.“

Ich nickte, wand mich kurz weg und nieste in eine andere Richtung. Spätestens jetzt wusste ich, dass ich wieder schrecklich aussah.

„Gesundheit“, sagte Edward und reichte mir meinen Taschentuchspender vom Tisch.

„Danke“, murmelte ich in belegtem Ton. Ich versuchte irgendetwas in mir zu erfühlen, was nicht wehtat. Für meine laufende Nase, meinen brennenden Hals, meine juckenden Augen, meine hämmernden Nasennebenhöhen, den pochenden Kopf und die schweren Glieder, traf das nicht zu.

Ich räusperte mich noch mal, nahm einen Schluck Wasser direkt aus der Flasche und setzte mich ihm gegenüber.

„Ich hab schon angefangen“, nuschelte ich, indem ich meine ganze Kraft und Willen aufbrachte. Ich musste mich jetzt darauf konzentrieren, das hier war wichtig.

Edward nahm den Laptop mit einem langen Blick auf mich entgegen.

„Erkältet?“, fragte er forsch.

„Ein bisschen…“, grummelte ich und ging zum Fenster, welches ich öffnete. „Ich lasse mal etwas Luft rein, damit ich dich nicht anstecke.“

„Schon okay, ich bin nicht so anfällig“, erwiderte er. Ja, das hatte ich auch gedacht, ging ich in Gedanken darauf ein und ließ mich kraftlos wieder vor ihm auf den Stuhl plumpsen.

Während Edward las, kam ich nicht darum herum, die ganze Zeit zu niesen, mir die Nase zu putzen oder mit schmerzendem Hals zu husten. Ich war selbst von mir genervt und hoffte, dass Edward sich bei dem ganzen Röcheln überhaupt konzentrieren konnte – denn gerade deshalb waren wir ja nicht in der Uni. Mein Kopf fühlte sich an, als platze er gleich und mir fiel es schwer meine Augen offen oder meinem Körper aufrecht zu halten. Aber es würde ja nicht mehr lange dauern, dann waren wir fertig, sagte ich mir inständig. Ich hasste es, dass er mich so sah. So schwach. Ich hätte es besser verstecken sollen.

Edward klappte den Laptop runter und schaute mich an.

„Bella, du solltest zum Arzt gehen und dich hinlegen. Du siehst nicht gut aus – selbst für einen Musikstudenten.“ Er schmunzelte matt und musterte mich.

„Es ist alles in Ordnung. Eine leichte Erkältung, nichts weiter. Kommt schon mal vor“, ächzte ich und räusperte mich. Meine Stimme klang sehr nasal und damit unglaubwürdig. „Was sagst du zu dem vierten Punkt? Sollen wir da noch ausführlichere Gliederungen für die Durchführung definieren?“ Ich schluckte hart und nahm einen Schluck Wasser – das Anheben der Flasche verlangte mir schon alles ab.

„Jetzt hör’ doch mal auf mit dem Thesenpapier. Du musst zum Arzt, Bella. Du bist krank. Und du hast nicht nur eine leichte Erkältung. Das würde dir jeder sagen“, redete Edward mir ins Gewissen.

„Edward, ich kann nicht einfach zum Arzt gehen.“ Ich senkte ein wenig peinlich berührt den Kopf.

„Ich- ich meine…“

… wegen der Zeit, ergänzte ich in Gedanken. Aber auch wegen den Kosten. Das amerikanische Gesundheitssystem war nicht vergleichbar mit dem mir bekannten deutschen und meine Krankenversicherung über das Stipendium deckte nur ein Mindestmaß ab. Ich konnte nicht mal eben hundert Dollar für einmal „Arzt ansehen“ bezahlen. Und bräuchte das auch nicht. Warum studierte ich schließlich Medizin?

„Nur daran liegt es?“, fragte er entrüstet. „Nur wegen der Kosten-“

„-und der Zeit. Ob du’s glaubst oder nicht, ja“, erwiderte ich bissig, denn es war mir unglaublich unangenehm. „Außerdem: Ich studiere Medizin. Warum sollte ich mich dann nicht-“

„Selbstverarzten??“ Er verdrehte Kopf schüttelnd die Augen. „Mensch Bella, das kann total schief gehen. Du bist nicht fertig mit deinem Studium und hast keinerlei Erfahrung. Und dich selbst solltest du in keinem Fall als Versuchsobjekt benutzen!“, versuchte er mir einzuschärfen. Er sah mich durchgehend eindringlich über den Tisch hinweg an.

„Wie auch immer“, nuschelte ich geplättet, stand auf und nahm die Packung Antibiotikum vom Nachttisch, um sie zu öffnen. Jetzt hatte ich mein Frühstück etwas sacken lassen und konnte die Tablette beruhigt nehmen. Mit einer flinken Bewegung entwendete Edward mir die Schachtel.

„Hey, was-“, begann ich zu protestieren, als er direkt neben mir stand.

Er drehte die Packung in seinen Händen und las ebenfalls darauf. „Antibiotika? Du nimmst das Zeug nicht. Du weißt nicht, was es bewirkt!“, meinte er strikt und steckte es sich in die Jackentasche.

„Was soll das?!“, krächzte ich und hustete sofort wieder. „Ich kann nicht einen Monat krankfeiern und auf Selbstheilungskräfte warten“

„Stimmt“, unterbrach er mich dezent.

Ich sah ihn fordernd und erwartungsvoll an, als er begann in seinen Jackentaschen zu kramen.

„Ich rufe meinen Vater an“, offenbarte er matt und konzentriert.

„Was- Edward- nein-“, meine Stimme piepste nur noch zaghaft, „ich will das nicht. Dr. Cullen forscht und beschäftigt sich nicht mit minderbemittelten Leuten und Erkältungen!“, wehrte ich mich mit beißend schmerzendem Hals.

„Wie du sagtest, Dr. Cullen. Er ist Arzt, basta.“ Er tippte eifrig und sein Vater hob dann auch ab. Ich ließ mich auf meinem Bett nieder und gab mich geschlagen. Was sollte ich auch sonst tun… obwohl es mir gewaltig gegen den Strich ging, von ihm bevormundet zu werden.

„Hey Dad, ich bin’s. Hör mal, hast du gerade Zeit? Es geht um Bella, sie ist krank, könntest du vorbei kommen?“ Er wartete. „Ja, Bella“, verdeutlichte er. Ich runzelte misstrauisch die Stirn. Seine Stimme hatte komisch geklungen. „Gut, danke. Ähm, du musst zum Studentenwohnheim…“ Er sprach langsam und blickte mich fragend an. Adresse, klar. Er wusste sie scheinbar nicht mehr. Ich verschränkte die Arme und sah stur in eine andere Richtung. Edward seufzte. „Das Studentenwohnheim gegenüber der Allee, etwas die Hauptkreuzung herunter, lachsfarbenes Haus- ja genau, danke, bis nachher.“ Er legte auf und schaute mich an. Ich spürte, wie sein Blick sich auf meine Wange brannte. Ich hielt nicht stand und wand den Kopf schnaubend zu ihm.

„Warum tust du mir das an? Warum bringst du mich immer wieder in solche Situationen? Ich konnte gut allein klar – ich kam immer gut allein klar…“, gab ich leise von mir und strich mir die zerwuschelten Haare aus dem Gesicht.

„Vielleicht wird es ja jetzt mal Zeit, dass du lernst, Hilfe anzunehmen“, meinte Edward nachdenklich. „Hast du dir denn nie von Freunden helfen lassen?“

Wer sagte denn, dass ich Freunde gehabt hatte, die mir helfen wollten? Ich hatte immer nur zwei Freunde gehabt: Phil und meine Mutter. Und in den ersten Lebensjahren auch meinen Vater oder mal ein paar Kinder aus der Nachbarschaft oder so.

Wie sollte ich Kontakte knüpfen, wenn ich erstens ständig umzog und zweitens sowieso keine Zeit hatte, mich mit Freunden zu treffen? Da ließ ich es lieber bleiben.

„Geht dich das was an?“, fragte ich stattdessen schnippisch.

„Vielleicht, vielleicht auch nicht“, murmelte Edward geheimnisvoll wirkend.

Stille trat ein, in der man nur das Rascheln meiner Bettdecke hörte und mein gelegentliches Schniefen. Ich war weiter ins Bett zurück gerutscht und hatte mich an die Wand gelehnt; die Bettdecke über den aufgestellten Beinen. Ich versuchte angestrengt die Augen aufzuhalten und nicht zu zittern oder mit den Zähnen zu klappern. Ich froh plötzlich unendlich.

Edward zog seine Jacke aus, wozu er irgendwie noch gar nicht gekommen war. Ich beobachtete, wie er sich in seichten Bewegungen aus dem glatten, edlen Stoff wand. Dabei fiel mir die Wölbung mittig in der Jacke auf…

„Ich hätte die ruhig nehmen können“, hustete ich und nickte mit dem Kinn zu seiner Jacke, als er mich mit hochgezogenen Augenbrauen anschaute. „Das hätte vieles vereinfacht – und wir hätten mehr Zeit gehabt“, fügte ich mit einem Blick zu den unberührten Zettelbergen auf meinem Tisch hinzu. Wann sollte ich das alles schaffen? Wann sollten wir das alles schaffen? Wir kamen kaum mit unseren theoretischen Vorüberlegungen für die Praxisübungen voran… auch wenn ich vieles schon durchdacht hatte. Auf Sonnenschein warten, half nicht.

„Vielleicht sollten wir die Arbeit erst mal aufteilen und getrennt daran-“

„Jetzt bist du erst mal still und legst dich hin“, sagte er bestimmt und setzte sich mit dem Stuhl an meine Bettkante ran. Er reichte mir meine Wasserflasche. Widerwillig trank ich, legte mich dann letztlich auch auf die Matratze, während er mich fordernd ansah.

„Wenn du dich weiter so kaputt machst, endet das noch böse. Du kannst mir nicht erzählen, eben weil du Medizin studierst, dass du nicht dasselbe, was ich dir die ganze Zeit gesagt habe, auch später deinen Patienten gesagt hättest.“

„Ich habe keine Patienten, ich will forschen-“, wand ich ein.

„Jetzt ist Ruhe“, meinte er kühl, aber mit einer Sanftheit, die ich ihm in diesem Tonfall nicht zugetraut hätte.

Jene kehrte dann auch ein. Ich schloss die Augen. Mich durchflutete ein angenehmes Gefühl von Kraftschöpfung und Müßiggang. Erst jetzt spürte ich aber auch alles, was schmerzte und wie erschöpft ich doch war. Müdigkeit machte sich breit und gelangte in die Winkel meines Körpers. Ich fühlte, wie sich etwas auf meine Hand oberhalb der Bettdecke legte. Leicht, vorsichtig, zärtlich- ich zog die Hand, als wäre es im Affekt, weg, bevor der Genuss dieser Berührung einsetzte und drehte mich auf die andere Seite, mit dem Gesicht zur Wand.
 

„Hey, sie ist eingeschlafen“, vernahm ich leise. Aber es war weit weg irgendwie. Hatte es klingelte? Ich wusste es nicht mehr, ich traute meinen Sinnen kaum. Ich döste noch halb und irgendwie war alles vernebelt und trüb um mich herum.

„Bella? Mein Vater ist hier…“, hörte ich eine samtene, leise Stimme, die in mir echote. Irgendwer rüttelte leicht an meiner Schulter.

Ich wand mich mit verzerrtem Gesichtsausdruck im Bett um und öffnete schließlich schwach die Augen. Mein Hals war trocken und ich bekam keine Luft durch die Nase. Bevor ich ihn begrüßen konnte, hustete ich. Wie peinlich.

Mr. Cullen setzte sich auf den Stuhl von Edward, der sich dann neben ihn stellte, und platzierte eine schwarze große Tasche neben meinem Bett.

„Carlisle Cullen, aber wir kennen uns ja schon flüchtig“, stellte er sich vor und lächelte ruhig. „Darf ich Isabella sagen?“

Ich nickte schwach. „Hallo, äh Bella“, brachte ich mühsam hervor und nieste in ein Taschentuch, ehe ich wieder zu ihm aufsah und mit aller Kraft, die ich aufbringen konnte, sagte: „Es tut mir wirklich leid, dass Sie extra kommen musste. Ich wollte nicht, dass Edward Sie ruft. Tut mir leid, dass Sie sich die Mühe gemacht haben-“

Mr. Cullen winkte ab und schüttelte milde den Kopf. „Kein Problem, mach dir keine Gedanken. Kannst du dich aufsetzen? Dann kann ich mit der Untersuchung beginnen“, ging er nicht weiter darauf ein.

„Ja.“ Ich blickte mit kleinen Augen hoch zu Edward. Jener drehte sich ganz langsam weg und beschäftigte sich mit den Skripten auf meinem Tisch. Wenigstens so viel Anstand hatte er, wenn er mich schon in meinen Entscheidungen überging.

Zuerst schaute Mr. Cullen mir in den Hals und in die Ohren.

„Nicht erschrecken, ich habe kalte Hände. Bei dem Wetter draußen“, meinte er mit einer Munterkeit, die die Atmosphäre hier in diesem Raum durchschnitt. Er legte die Hände an mein Gesicht, sodass seine Daumen rechts und links neben meiner Nase lagen. Ich konnte mir die Wohltat seiner kühlen Hände auf meinem heißen Gesicht nicht verwehren. Er drückte mit den Daumen auf diese Stellen.

„Tut das weh?“

Ich nickte gerade so merklich. Mr. Cullen vernahm das und fuhr dann mit den Daumen höher, über meine Augenbrauen, und drückte, mit derselben Frage, dort auch drauf. Ich bejahte wieder.

Dann tastete er mit den Fingerspitzen meinen Hals unterhalb meines Kiefers ab. Ich konnte gar nicht glauben, dass ich es wirklich zugelassen hatte, dass Edward seinen Vater, Carlisle Cullen, wegen etwas Schnupfen rief. Unglaublich. Er war renommierter Buchautor, forschte erfolgreich, war an der Uni Teilhaber- Wenn ich Kraft gehabt hätte, hätte ich schnaubend die Augen verdreht.

„Kannst du dich vorne bitte etwas freimachen?“, bat er und langte nach seinem Stethoskop.

Sofort huschte mein Blick zu Edward, der jedoch nun vor dem Fenster stand und gelinde heraus sah.

Nach mehren Zügen tiefen Ein- und Ausatmens, die mich meistens hatten husten lassen, hielt er mich noch dazu an, meinen Pullover am Rücken hochzuhalten, damit er mich abhören konnte.

„Gut, du kannst dich wieder hinlegen“, meinte er und ich tat wie mir geheißen, während er in seiner Tasche nach etwas suchte. Edward kam wieder dazu.

„Ich denke, du hast eine leichte Erkältung einfach verschleppt und dir jetzt eine ernsthafte Infektion eingefangen.“ Er fand, was er suchte. „Kannst du bitte noch Fieber messen?“

Nickend schob ich mir das angereichte Fieberthermometer unter die Zunge und wartete.

„Ist ja auch kein Wunder, wenn sie bei diesem Wetter von der Uni bis hierhin läuft“, gab Edward zum Besten und die Wut auf ihn, von eben, kochte wieder in mir hoch. Und ich konnte noch nicht mal was dazu sagen. Sobald ich Anstalten machte, zischte er „Psssst“ und deutete auf das Fieberthermometer. Ich funkelte ihn an.

„Wirklich? Du läufst?“, fragte Mr. Cullen nach, der wieder in seiner Tasche suchend nach etwas kramte.

Ich nickte wieder nur.

Das Thermometer fiepte. Ich nahm es heraus und las leise „39,7“ vor. Ich sah Edward große Augen machen. Mr. Cullen nickte, dass er es gehört hatte, schaute selbst noch einmal darauf und reichte es wortlos dann Edward, samt Hülle und Desinfektionsmittel. Ich beobachtete, wie jener ins Bad ging.

„So hohes Fieber hatte ich nicht erwartet. Ich gebe dir ein Antibiotikum und noch zusätzlich ein fiebersenkendes Mittel. Die Temperatur ist mir nur für ein Antibiotikum zu hoch. Du nimmst beides immer zusammen.“ Er legte die Packungen neben mich auf das Nachttischchen. Edward kam wieder dazu. „Morgens, mittags und abends, von beidem jeweils eine Tablette schlucken. Das fiebersenkende Mittel nur so lange, bis das Fieber runter ist. Das Antibiotikum bis die Packung leer ist. Okay?“

Ich nickte stumm. Ich hatte noch gar nicht richtig bemerkt, wie fiebrig ich mich fühlte.

„Hast du ein Fieberthermometer hier?“, fragte er mich weiter.

Ich schüttelte schon den Kopf, ehe seine Frage mein Gehirn erreicht hatte. Sonst hätte ich ‚ja’ gesagt…

„Nein- aber das ist nicht nötig-“, wand ich sofort ein, als ich bemerkte, was er vorhatte.

„Ich lasse dir das hier“, ignoriert er mich und legte es zu dem Antibiotikum, sobald er es von Edward bekam. „Denk daran, viel zu trinken und viel Tee gegen die Halsschmerzen. Mehr würde ich da gar nicht machen. Und Bella“, er sah mir tief in die Augen, „vor allem Ruhe und viel Schlaf, ja? Du hast dich zu sehr überanstrengt. Dieses Wochenende hast du Bettruhe.“ Er packte seine Sachen zusammen.

Ich schaute ihn erschrocken an und dann Edward, dann zwischen beiden hin und her. „Aber-“

„Ich mach das schon“, warf Edward ein und deutete auf den Laptop. „Ich nehme die Datei mit und schicke es Mr. John morgen. Versprochen.“

„Ja, okay, aber die letzten Punkte-“

„Nichts aber“, unterbrach mit Edward nochmals. Diesmal strikter. Sein Tonfall war unmissverständlich beendend. Ich nickte nur noch fügsam.

„Nimm am besten jetzt noch zwei Tabletten“, meinte Mr. Cullen außerdem und nahm das Glas Wasser von Edward an, der sofort reagiert hatte. Er gab es mir und stanzte zwei Tabletten heraus. Ich kam mir wie ein kleines Kind vor, doch war zu dankbar, um irgendetwas zu sagen. Ich schluckte beides mit raschen Zügen.

„Ruhe“, erinnerte er mich. „Versprochen, Bella?“ Ich hörte wie Edward meinen Wasserkocher betätigte.

Ich nickte. „Mr. Cullen? Darf ich Sie noch was fragen?“, krächzte ich. Ich setzte mich kurz auf und griff in die Tasche von Edwards Jacke, welche über dem Stuhl hing.

„Hätten die geholfen? Wenn ich die genommen hätte?“, fragte ich und händigte ihm die Packung aus. Es war ungebracht jetzt solche Machtspielchen mit Edward austragen zu wollen, doch ich musste es wissen – in jeglicher Hinsicht.

Wie Edward und ich auch, drehte er die Packung und las nach.

„Ja, ich denke schon…“, murmelte er vertieft.

„Siehst du“, meinte ich triumphierend zu Edward, der dazu gekommen war. Allerdings konnte ich mir nicht mal ein Lächeln abgewinnen. „Wir hätten das ganze Theater hier nicht veranstalten brauchen“, hustete ich.

Mr. Cullen schmunzelte. „Das ist nicht ganz richtig. Gegen das Fieber hätte dieses Antibiotikum nicht viel ausgerichtet, die Nebenwirkungen hätten stärker auftreten können, weil es nicht so passgenau gewesen wäre, wie das hier.“ Er deutete auf jenes auf dem Nachttisch und legte das Antibiotikum von mir auf den Tisch hinter sich.

„Aber ich wäre nicht daran gestorben“, warf ich matt ein und sah Edward kurz finster an.

„Nein, das sicher nicht.“ Er lächelte kurz. „Aber ich möchte dich eindringlich warnen und bitten, keine Medikationen an dir selbst verüben – auch wenn du Medizin studierst. Mit Antibiotikum ist nicht zu spaßen, dabei kann viel schief gehen. Wenn du krank bist, dann geh wirklich zum Arzt oder, wenn du das, aus welchen Gründen auch immer, nicht willst, dann sag mir Bescheid bzw. Edward, ja?“

Das würde sowieso nie wieder vorkommen, dachte ich. Ich nickte langsam und zog die Decke etwas höher. Meine Knie schlotterten vor Kälte, was faktisch, bei Fieber und Bettdecke, gar nicht möglich sein durfte. Vielleicht lag das auch an der unbequemen Jeans, die ich noch trug, aber umziehen konnte ich mich jetzt gerade nicht.

„Kannst du mir noch etwas verraten?“ Er wartete kurz. Wir hörten wie Edward Tee aufsetzte. Ich fühlte mich zu ausgelaugt, um irgendetwas dagegen zu unternehmen. „Warum läufst du zur Uni?“

Ich hustete, bevor ich ein wenig heiser antwortete: „Na ja, es geht schneller, als wenn ich meine Zeit durch warten auf den Bus vergeude, der auch nicht wesentlich schneller ist.“

Mr. Cullen atmete langsam ein und aus. „Du musst auf dich aufpassen“, forderte er. „Wir haben nicht mehr September und es kann im Dezember hier phasenweise viel schneien. Du kannst dann nicht laufen. Pass einfach auf dich auf, versprochen?“ Er klopfte sanft auf meine Bettdecke und wartete meine Zustimmung ab, ehe er aufstand. Ich hatte gar nicht gezählt, wie viele Versprechungen ich in den letzten Minuten gemacht hatte, die ich nicht halten würde oder konnte.

„Gute Besserung, Bella.“ Er stand lächelnd vor meinem Bett.

„Danke für Ihre Mühe und die Tabletten“, sagte ich leise. „Es tut mir leid, dass Sie extra-“

„Keine Ursache“, fiel er mir ins Wort und nickte mir zu. Dann wandte er sich zu Edward. „Edward?“

„Ich denke, ich bleibe. Bella-“

„Nein!“, sagte ich entschieden, aber arg krächzend und fügte leiser hinzu: „Nein, ich komme allein klar. Wir sehen uns dann Montag.“

„Wenn du gesund bist“, warf Mr. Cullen mit einem vorwurfsvollen Blick ein. Ich nickte wieder mal.

„Bella…“, machte Edward gequält.

„Bitte geh’ jetzt, Edward. Du kannst dir die Datei auf den Stick ziehen, der im Laptop steckt. Und dann geh’ bitte“, bat ich mit heiser werdender Stimme.

„Wir sehen uns dann gleich, Edward“, bedeutete Mr. Cullen nachdrücklich und die Tür fiel hinter ihm ins Schloss. Ich verkroch mich unter der Bettdecke, die ich bis zu den Wangen zog, und wartete darauf, dass die Tür ein zweites Mal ins Schloss fiel.
 

Ich hatte kurz gedöst, mich mühselig in Schlafkleidung niedergelassen und eine Tasse Tee getrunken, bevor ich aufgestanden war und meinen Laptop mit aufs Bett schleifte. Vielleicht war es übertrieben, unbedacht, vielleicht masochistisch, doch ich konnte nicht zwei Tage faulenzen. Dafür war ich nicht hier.

Im Liegen las ich noch mal den Teil, den ich schon geschrieben hatte. Ich würde das Thesenpapier selber verfassen, Edward an seine Uniadresse mailen und mich dann ausschlafen, fasste ich innerlich den Plan. So war es am Geschicktesten. Ich war zwar müde, doch in diesem Augenblick nicht so müde, dass ich nicht die Augen offen halten konnte. Lediglich die Hitze in ein paar Teilen meines Körpers und die Kälte in den anderen Teilen jenes machten mich wahnsinnig. Egal, wie ich lag – ich fand kein Wohlbefinden.

Appetit hatte ich auch keinen, nur stärker werdende Kopfschmerzen…

Ich blinzelte konzentriert auf den vierten Punkt, mit dem ich noch nicht wirklich einverstanden war. Mich streckend langte ich nach den Zetteln auf dem Tisch und versuchte, weitere Stichpunkte zu diesem Thema zu finden.

Das war jedoch nicht so einfach. Über Husten, Schnupfen und Niesen blieben mir nicht viele Sekunden, in denen ich ungestört lesen konnte. Ich rieb mir die Augen, legte den Kopf energielos auf dem Arm ab und sah von der Seite abwechselnd auf den Laptop; die Zettelsammlung in meiner Hand.

Irgendwann hörte ich das Surren des Laptops nicht mal mehr.
 

Edward
 

Ich hatte die Datei mir dir nicht mitgenommen, sondern den Stick unter die Blätter gelegt, damit es Bella nicht auffiel und sie keine Panik schob – erstmal.

Ich lief meinem Vater hinter und traf ihn noch im Flur an, fast bei der Haustür.

„Hey, Dad!“, rief ich.

„Das ging aber schnell“, meinte er nur.

Ich überging das. „Was meinst du, wann sie wieder gesund ist?“

„Schwer zu sagen, es kommt darauf an, wie sie sich verhält“, überlegte er überrascht von meiner Frage.

„Wenn wir mal annehmen, dass sie nicht vernünftig ist?“, fragte ich weiter.

„Dann natürlich länger und ich schätze nicht dieses Wochenende. Dann schleppt sie das ein paar Tage mit sich…“

Wir standen vor seinem Auto, welches direkt hinter meinem parkte. Wenn sie die Krankheit an diesem Wochenende nicht auskurierte, würde sie garantiert am Montag früh auf der Matte stehen, egal, wie es ihr ging. Und das machte alles nur noch schlimmer. Wie ich sie kannte, wenn ich sie denn kannte, schonte sie sich kein bisschen.

„Schwieriger Fall, oder?“, seufzte ich laut.

„Sagen wir’s so“, begann mein Vater. „Ihren Ehrgeiz in allen Ehren, aber bei ihr ist das nahezu Übermut, der gefährlich werden kann, wenn sie gar nicht mehr auf ihren Körper hört. Das Fieber hätte weiter steigen können, wenn sie nur ein Antibiotikum genommen hätte. Und mit 39,7°C ist nicht zu spaßen. Na ja, jetzt schläft sie hoffentlich erst mal. Du hast das Richtige getan.“ Er klopfte mir auf die Schulter. „Es war gut, dass du mich gerufen hast.“ Er nickte mir zu und stieg ein, als ich nichts mehr sagte. „Bis gleich.“

Ich tat es ihm gleich und brachte meinen Wagen ebenfalls auf Touren.

Wie schlecht sie ausgesehen hatte… und damit meinte ich nicht Hässlichkeit oder so. Ihr hübsches Gesicht zierte ihren Anblick so oder so. Aber der glasige, leere Blick, die wässrige Stimme und der stramme Husten. Auch, wenn es ihr nicht gepasst hatte, ich war froh, dass ich heute Morgen da gewesen war und Dad holen konnte. Er wäre immer gekommen, weil er wusste, dass ich, wenn ich ihn denn anrief, es nur in ernsten Situationen tat.

Ich schaltete eine Gang höher.

Niemals hatte ich bislang einen Gedanken daran verschwendet, dass jemand wegen des Geldes nicht einen Arzt aufsuchen würde. Das war zwar nur die Hälfte von Bellas Argumentation, aber trotzdem… für sie war es vermutlich keine bedauernswerte Tatsache, sondern eine Gewohnheit, etwas nicht zu bekommen, was sie eigentlich brauchte. Nur, dass sie es hierbei dringend benötigt hatte. Und dass sie keine Zeit hatte… Ich schnaubte lächelnd auf. Es ging um ihre Gesundheit und sie las lieber etwas über das Herz-Kreislauf-System??

Wir parkten nacheinander vor unserem Haus und gingen gemeinsam hinein.

„Und? Wie geht es ihr?“, wollte meine Mutter wissen, sobald wir im Wohnzimmer angekommen waren. Alice saß geschniegelt und gestriegelt auf der Couch, nahm keine Notiz an uns und las eine Zeitschrift. Emmett war vermutlich oben im Trainingsraum – wie immer bei schlechterem Wetter.

„Hat sie Syphilis von Edward bekommen?“, stichelte Alice – im wahrsten Sinne des Wortes – unter der Gürtellinie, ohne aufzusehen.

„Alice“, sagte mein Vater mahnend zu ihr. Alice reagierte nicht. Er wandte sich meiner Mutter zu und legte einen Arm um sie. „Sie hat einen starken Infekt und Fieber. Damit ist nicht zu scherzen, aber sie wird, wenn sie sich mäßigt, schnell wieder gesund.“

„Die Arme und sie hat nicht mal jemanden, der sich um sie kümmert. Und dann noch so weit von zu Hause entfernt“, gab meine Mutter mitfühlend hinzu. „Sie kann einem wirklich leidtun…“

Sie hatte vollkommen Recht. Ich war auch nicht hergekommen, um Wurzeln zu schlagen, sondern nur, um etwas zu holen. Ich wollte etwas Zeit schinden, damit Bella auch wirklich schlief.

„Mum? Hast du irgendwo noch den Kräutersaft? Gegen Halsschmerzen und Husten?“, fragte ich und öffnete nacheinander die Schränke.

„Unten links“, wies sie darauf hin. „Warum?“

Ich fand die Flasche und nahm sie kurzerhand heraus.

„Ich gehe zu Bella“, sagte ich lediglich und ging in Richtung Ausgang.

„Edward, das hat doch keinen Sinn, Bella wollte nicht, dass du bleibst“, warf mein Vater ein. „Das musst du respektieren. Das ist ihre Entscheidung.“

„Das ist mir egal“, sagte ich und zuckte mit den Schultern. „Ich gehe erst noch was einkaufen und dann wieder zu ihr.“

„Uhhhh… Edward der Retter der Armen und Unterdrückten, sehr nobel“, grummelte Alice und würdigte mich keines Blickes. „Hättest du dich bei Tanya mal so eingesetzt!“ Nun musste sie mich aber ansehen, so energisch, wie sie das sagte.

„Da gab’s nichts ‚einzusetzen’!“, zischte ich, vor ihr stehen bleibend.

„Hört auf zu streiten!“, forderte meine Mutter uns auf. Sie hasste es, wenn wir so miteinander redeten.

„Alice, die Sache ist durch“, beschwichtigte mein Vater sie ebenso.

„Für ihn und uns vielleicht. Für Tanya nicht!“, erwiderte sie und sah meinen Vater bitterböse an.

„Das ist ihr Problem“, nuschelte ich.

„Das du ihr aufgehalst hast!!“, schrie sie außer sich. „Wie kann man nur so egoistisch sein?! Hat das deine ‚Schöne’ noch nicht mitbekommen?!“

„Bis heute Abend“, meinte ich nur noch, um mich nicht weiter von ihr provozieren zu lassen und drehte um.

„Edward, sie wird dich nicht reinlassen!“, rief mein Vater mir hinterher. Ich wandte mich nicht um, sondern griff in meine Hosentasche und hielt Bellas Haustürschlüssel hoch. Ich wusste, dass das gemein war, aber keine andere Möglichkeit ließ sie mir und vorhin hatte sie geschlafen…

„Was?“, entfuhr es meiner Mutter, als ich an der Glastür zum Eingangsflur angekommen und hindurch gegangen war.

Meine Mutter war hinter mir her gelaufen und hatte mich im Flur, kurz vor der Tür, eingeholt. „Das kannst du nicht machen, Edward! Nicht gegen ihren Willen!“

„Du hättest sie sehen müssen“, sagte ich nachdrücklich und schaute ihr standhaft in die Augen. „Es geht ihr wirklich schlecht und sie braucht Ruhe. Außerdem hatte sie kaum Lebensmittel mehr da. Und glaubst du, es ist gut, wenn sie sich gleich anzieht und ihre Einkäufe meilenweit durch dieses kalte Wetter trägt?“

Der Gesichtsausdruck meiner Mutter wurde sanfter. Sie strich langsam über meinen Arm. „Sie ist dir wichtig, oder?“

„Erst mal, ist sie krank“, erwiderte ich kühn und verschwand.
 

Nachdem ich, so eilig wie möglich, eingekauft hatte – das war bei Bella nicht schwer, Hauptsache gesund –, fuhr ich wieder zum Studentenwohnheim.

Zunächst lauschte ich an der Tür. Kein Laut drang heraus, kein Geräusch. Ich hoffte inständig, dass sie schlief, ansonsten hatte sie später noch Zeit, mich rauszuwerfen. Wenn sie jetzt wach war, würde sie in Rage sein, bevor ich etwas bewirkt haben konnte. Ich schob den Schlüssel, so langsam ich konnte, ins Schloss und musste leicht rütteln, weil es klemmte.

„Verdammt“, fluchte ich in mich hinein. Leise zog ich die Tür zu mir ran und öffnete sie nahezu lautlos. Ich flehte, dass sie schlief. Zuerst lugte ich herein und stellte beruhigt fest, dass sie in ihrem Bett lag – schlafend.

„Das gibt’s nicht“, formten meine Lippen stumm. Sie schlief, das schon, aber…

Ich hängte den Schlüssel geräuschlos an das Schlüsselbrett, welches ich neben der Tür fand, und stellte die Einkaufstüten vor den Kühlschrank, ehe ich zu ihr ging.

Ihr Kopf war neben dem Laptop platziert, die Nase berührte ihn leicht. Sie lag auf dem Bauch, in der Hand noch irgendwelche Zettel.

Vernünftig? Nein, vernünftig war sie ganz sicher nicht, sie war töricht und dumm. Neben bzw. fast auf einem Laptop einzuschlafen, war alles andere als ungefährlich – ob krank oder gesund.

Ich ließ Vorsicht walten und nahm den Laptop langsam von der Matratze, bevor ich jenen auf dem Tisch ablegte. Gleiches tat ich mit den Zetteln zwischen ihren Fingern.

Ich stand mit dem Rücken vor ihrem Bett und überlegte. Sollte ich ihr erst was kochen oder das Thesenpapier verfassen? Wofür sie insgeheim dankbarer war, auch wenn sie es nie zugegeben würde, wo ich hier in ihre Wohnung „eingedrungen“ war, war mir klar: Das Thesenpapier. Durch ihre grandiose Vorarbeit fehlte jedoch nicht mehr viel. An Überlegungen schon gar nicht.

Ich schaute herab zu ihr und setzte mich, vom Instinkt erfasst, auf ihre Bettkante. Sie sah völlig fertig aus. Ihr Haar klebte nass an ihrem Gesicht in alle Richtungen. Der Mund war leicht geöffnet, die Lippen rot und wie die Haut in ihrem Gesicht, vom Schweiß schillernd, überzogen. Die Bettdecke war nur bis zur Taille gezogen. Die Arme lagen vor ihr, ein wenig abgespreizt, vorm Körper.

War sie mir wichtig?

Eine Haarsträhne hatte sich in ihren langen, dunklen Wimpern verfangen. Ohne darüber nachzudenken, zog ich sie ihr aus dem Gesicht. Ihre Haut fühlte sich gut an. Weich, seidig. Ich fuhr mit der Hand wieder zu ihrem Gesicht, hielt mich aber zurück. Das durfte ich nicht… ich wusste, sie würde meine Berührung nicht wollen. Sie hatte es vorhin nur zu deutlich signalisiert, indem sie ihre Hand prompt weggezogen hatte. Und geschlafen, hatte sie da noch nicht.

Ich wollte mich gerade von ihr wegdrehen, als sie trocken zu husten begann, was mich zusammenzucken ließ. Sie atmete einen Augenblick lang bedenklich schneller, ehe sie in ihrer Haltung blieb und verstummte. Ihr Brustkorb hob und senkte sich wieder langsam und beschaulich.

Ich blieb sitzen und schaute sie an. Sie schien so friedlich und verletzlich, ganz anderes, als in der Uni. Sie wirkte gar normal, menschlich, nicht so unnahbar, unfehlbar. Ganz still atmete sie. Nichts, was sie jetzt zur Flucht trieb, wie sonst. Es schien, als floh sie vor allem – außer dem Studium. Wenn ich recht darüber nachdachte, auch nicht vor der Sache mit ihrer Mutter… oder war das das Studium für sie?

Sie kniff leicht die Augen zusammen. Ich fuhr zusammen – doch sie regte sich nicht weiter.

Wollte ich lieber, dass sie schlief oder jetzt wach wurde…? Keine Antwort platzierte sich in meinen Gedanken.

Ich reagiert einfach und tat, ohne irgendwelche Signale an meinen Körper zu senden – meine Finger fuhren leicht über ihre Wange. Ich legte die nassen Haare hinter ihrem Ohr zusammen. Die Lider waren von ihr sanft aufeinander gelegt. Sie ruhte tief und fest. Ihr Gesicht war heiß. Vom Schweiß getränkt und glühend. Es schien nicht so, als erholte sie sich oder als förderte der Schlaf die Heilung.

„Mum.“

Wieder erschrak ich, als dieses Wort ihre Lippen flüsternd verließ. Sie sprach im Schlaf? Fieberbedingt? Immer? Dachte sie noch viel an ihre Mutter? Sorgte sie sich vielleicht?

Schweißperlen bildeten sich auf ihrer Stirn.

Ich erhob mich leise von ihrem Bett und ging ins Bad. Ich blickte in die Schränke, wurde jedoch nicht fündig. Anstelle des Waschlappens nahm ich ein kleines Handtuch und dieses mit zu ihrem Bett. Aus der Küche holte ich provisorisch einen tiefen Teller und goss kaltes Wasser dazu. Diesen stellte ich auf ihr Nachttischchen, während ich wieder neben ihrem Knie, am Bett, Platz nahm. Ich knäulte das Handtuch und tunkte es etwas ins Wasser, ehe ich ihr damit seicht über Stirn und Wangen tupfte.

Ihre Lippen machten schmatzende Geräusche, während ich versuchte, ihr den Schweiß abzuwischen und sie zu kühlen.

„Edward“, entfuhr es ihr schwach atmend.

Ich riss erstaunt die Augen auf, ohne zu wissen, was ich davon halten sollten… sie schlief… sie konnte das nicht kontrollieren. Eigentlich könnte sie jeden Namen sagen…, rauschte es in meinem Kopf. Doch es war meiner gewesen…

Mit einer affektiven Bewegung griff sie zum Handtuch und umschloss es fest mit der Hand. Keine Chance, es zu nehmen, ohne, dass sie wach wurde.

Ich lächelte und streichelte ihr über das klebrige Haar. Ja, sie war mir wichtig.
 

Ich hatte eine halbe Stunde an der Fertigstellung des Thesenpapiers gearbeitet und unschlüssig mit dem Kochen begonnen. Ich war mir nicht sicher, ob ich über ihren Kopf hinweg, das Dokument abschicken sollte. Einerseits wusste ich, wie wichtig es ihr war, sie würde mitbestimmen wollen. Andererseits hätte sie es ja auch eigentlich, wenn ich nicht verbotenerweise zurückgekommen wäre, nicht mehr zu Gesicht bekommen. Und… lag mir ihre Gesundheit nicht mehr am Herzen, als dieses blöde Laborseminar? Wollte ich, dass sie morgen darüber brütete, bis sie gänzlich zufrieden war und alles aber eigentlich nur noch schlimmer machte?

Ich wusste es einfach nicht. Ich kannte sie dafür noch zu wenig, um zu wissen, wie weit ich gehen konnte. Um mir beide Möglichkeiten offen zu halten, hatte ich mir das Dokument selbst gemailt, dann konnte ich es zu Hause verschicken, falls ich mich anders entschied.
 

Klar. Es war bekannt, was man bei Krankheit aß: Suppe. Klar. Aber war auch so bekannt, wie man das alles anstellte? Noch dazu mit einer dürftigen Küchenausstattung mit der Bella vermutlich weniger Probleme hatte, als ich…

Apropos Küche. Ich ließ den mittelgroßen Topf auf dem Herd köcheln und nahm den Kräutersaft vom Tisch. Ich goss schon mal einen kleinen Schluck in das kleinste Glas, was Bella besaß, und stellte es auf den Nachttisch. Mit dem Zeug musste man sich mäßigen, wie ich aus eigener Erfahrung musterte. Es war relativ stark, auch im Geschmack (oder gerade im Geschmack).

Ich schaute in den Topf. Der Wasserdampf stieg, über meiner Hand, zur Decke herauf. Mit einer Hand öffnete ich das Fenster, zumindest auf Kipp, und überlegte, ob ich die Gemüsebrühe mit Muschelnudeln, Möhren und Kohlrabi so lassen konnte.

Ich stellte den Herd ab. Zwar hatte ich gekostet, doch war unsicher, ob sie das jetzt vertragen bzw. essen konnte und wollte. Es war relativ salzig. Na ja, ich hatte ja auch noch Baguette und ein paar andere Sachen mitgebracht. Irgendetwas würde sie wohl mögen.

Bella räusperte sich hüstelnd und regte sich. Wurde sie wach? Ich setzte mich wieder dorthin, wo ich vorhin auch verweilt hatte. Sie hatte sich auf den Rücken gedreht. Das Handtuch an der trockenen Seite fest zwischen den Fingern. Es schien falscher Alarm zu sein.

Ich deckte sie wieder etwas zu und glitt mit der Hand zögernd zu ihrem Gesicht. Ich wusste, dass sie das normalerweise nie zugelassen hätte und ich das in ihrem wachen Zustand nie getan hätte – umso schlimmer war es, dass ich das ausnutze.

Mit den Fingerkuppen glitt ich über ihre glänzenden, vollen Lippen. Ganz weich und ebenmäßig flossen sie unter meiner Haut.

Ich zog die Hand zurück. War ich denn verrückt? Was tat ich hier? Sie war nicht Dornröschen und ich war kein Prinz. Sie würde mich dafür hassen… aber warum eigentlich?

Unerwartet begann Bella stark zu husten und schien nun endgültig wach zu werden. Sie röchelte schmerzhaft und setzte sich leicht, mit noch geschlossenen Augen, auf.

Ich wich zurück und blieb bewusst nicht auf der Bettkante sitzen. Sie würde erst einmal außer sich sein, wenn sie mich hier bemerkte. Ich wollte ihr Platz und Luft zum Aufregen geben.

Sie rieb sich verschlafen, aber auch irgendwie eher kraftlos, die Augen und schaute lediglich kurz auf ihre Knie, ehe sie sich mit gespreizten Fingern die Haare über den Scheitel nach hinten kämmte.

„Ach scheiße“, murmelte sie zu sich.

Nun hob sie den Kopf ganz, erblickte den noch leicht blubbernden Kopftopf – dann mich. Sie zuckte merklich zusammen. Ihre schwachen, fahlen Gesichtszüge wurden auf einmal ausdrucksstark – eiskalt.

Ihr Atem schnellte. „Was willst du hier!?“, fauchte sie, obgleich sie so kurz nach dem Schlaf kaum Stimme hatte. Sie hustete, räusperte sich mehrmals und sah sich dabei um. Sie erkannte den Topf, das Handtuch in ihrer Hand, das Glas Kräutersaft auf dem Nachttisch.

„Was soll das?! Was willst du hier?!“, schrie sie mich mit rauem Ton an und deckte sich ab. Ich stand bereits, denn ich wusste, was kam. Und jetzt war ich auch bereit zu gehen (oder rausgeschmissen zu werden). „Ich habe doch gesagt, du sollst verschwinden! Kapierst du das nicht?! Du sollst mich endlich in Ruhe lassen!!“, kreischte sie völlig neben sich und stand blitzschnell, doch leicht taumelnd. Ich versuchte nach ihren Armen zu greifen und sie zu halten.

„Fass’ mich nicht an!!“, fuhr sie mich an. „Verschwinde! Raus!“

„Bella, hey, warte kurz-“, versuchte ich sie zu besänftigen, denn ich war schon darauf eingestellt gewesen.

„NEIN! Hau einfach ab!!“ Sie zerrte an mir.

„Ich gehe sofort. Einen Augenblick“, sagte ich bestimmt und schaute ihr tief und eindringlich in die leeren Augen. Ihre Handgelenke hielt ich fest, damit sie mich nicht aus dem Zimmer „prügelte“. „Der Kräutersaft auf deinem Tisch, damit solltest du sparsamer sein. Der ist sehr stark. Und ich hoffe, ich habe die Suppe nicht zu sehr versalzen. Und du solltest die Medikamente jetzt gleich nehmen-“

„Du kapierst gar nichts, oder?“, zischelte sie mir entgegen. Ich stellte verblüfft fest, dass sie den Tränen nahe war. „Ich brauche keine Mami hier, ich komme allein klar. Allein! Verstehst du das? Verschwinde hier! Los! Hau endlich aus meinem Leben ab!“ Sie machte sich von meinen Händen los bzw. ich ließ es zu und schob mich dann zur Tür.

„Eins noch, Bella bitte“, verdeutlichte ich nachdrücklich und nutze ihre Atempause aus. „Das Thesenpapier ist fertig und abgeschickt“, erklärte ich rasch. Ich hatte mich, angesichts ihres verständlichen Verhaltens doch entschlossen, ihr nicht mehr die Möglichkeit zu geben, die Arbeit noch mal zu verändern. Ich würde es von zu Hause gleich abschicken. „Ich habe deine Version ergänzt. Die findest du im Laptop-“

„Geh’ einfach, geh!“, fiepte sie mit zum weinen verzerrtem Gesichtsausdruck und knallte die Tür hinter mir zu.

Du sollst mich endlich in Ruhe lassen!! Hau’ endlich aus meinem Leben ab!, hallte es in mir nach.

Mit hängenden Mundwinkeln betrachtete ich meine Hände und hasste mich nun selbst dafür. So wie sie es getan haben würde.
 

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*seufz* eines meiner favo-kaps..... ^^ bin gespannt, was ihr sagt ^^^^^^



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  jennalynn
2011-07-30T21:36:14+00:00 30.07.2011 23:36
OH man Edward tut mir irgendwie Leid. Aber ich kann auch Bella verstehen. Aber es ist so süß wie er sich um sie kümmert. Alice soll nicht so zickig sein, das passt garnicht zu ihr. Ich habe die leise befürchtung, dass es mit Bellas Zustand noch schlimmer wird.
Von: abgemeldet
2010-12-05T20:56:35+00:00 05.12.2010 21:56
Himmel is das süß aber warum in aller Welt reagiert Bella so heftig. Ich meine er meint es doch nur gut und wer freut sich denn nicht, wenn jemand da is der sich um einen kümmert wenn es einem beschissen geht. Ich bin gespant^^ Du schreibst so toll
Von:  Yuki_Salvatore
2010-12-04T04:42:22+00:00 04.12.2010 05:42
Hach wie süß *__* Unser strahlender Held XDD Aber leider wird er von Bella nicht als solcher gesehen v.v also n bissl mehr dankbarkeit vn ihr wäre schon schön gewesen...aber ich denke das hängt vllt auch damit zusammen das ihre Mutter sie nie wirklich pflegen konnte wenn sie krank war...es war eher umgekehrt und balla is das wohl einfach nich gewohnt das sie jemand "bemuttert"
doch trotzdem fand ich ihre reaktion n bissl heftig.
aber naja sie wird schon noch einsehen das edward ihr nur helfen wollte ^^
bin ma gespannt wies weiter geht und wer den ersten schritt macht xD
Von:  vamgirly89
2010-12-03T21:39:09+00:00 03.12.2010 22:39
Tolles Kapitel. Arme Bella sie ist jetzt krank und schmeisst Edward raus. Wie ist die drauf? Er wollte doch nur helfen. Er fangt an sich in sie zu verlieben. Ach wie süüüüüüüüüüüüüüüüüüß.Schreib schnell weiter.


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