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Six Months - Die Symphonie deines Herzens

The-Bella-und-Edward-All-Human-Story
von

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Coda: Traurige Gewissheit - Teil 10 (Bella)

Hach.......

das ist schon... schwer iwie... heute kommt der letzte Teil der Coda + direkt danach der Epilog, weil letzterer sehr kurz ist und man es - meiner meinung nach - direkt hintereinander weg lesen sollte...

Ist schon komisch, wenn man so das letzte Kap postet, wenn man ein gutes 3/4 jahr daran geschrieben hat - und so liebe leser noch dazu! :)

Zu Zukunftsprojekten etc. sage ich am Schluss etwas, jetzt erst mal "grand finale" von sm

*wehmut* :S
 

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Musiktipps:
 

A Fine Frenzy - Almost Lover http://www.youtube.com/watch?v=6NGA53pU3GQ

Christina Aguilera - Bound to you http://www.youtube.com/watch?v=pkVfANH5Zrc

Peter Gabriel - The Book Of Love http://www.youtube.com/watch?v=6nZGv8VTBVE
 

Ich finde die songs passen in dieser reihenfolge auf dieses (lange) kap... bound to you hat mich hierbei am meisten berührt... das letzte lied hat so eine angenehme melancholie iwie... so gleichzeitig zurück und anch vorne schauend =)
 

Bild zum Kap-Teil: http://img707.imageshack.us/img707/3686/bannerteil10.jpg
 

„Hmmm…“, machte ich, während ich grübelnd aus dem Autofenster sah. „Willst du mir nicht doch sagen, wo wir hinfahren?“

Die verlassenen Gegenden, die wir passierten, erinnerten mich an… „Sag mal, fahren wir wieder zum See?“ Dann würde es noch eine ganze Weile dauern, dachte ich. Wir waren erst knapp eine halbe Stunde unterwegs.

Er lachte Kopf schüttelnd. „Du gibst ja doch keine Ruhe, aber wir sind sowieso gleich da, daher kann ich es dir ja sagen.“ Edward schaute mich kurz geheimnisvoll von der Seite an. „Wir gehen reiten.“

„Reiten? Wie reiten? Auf Pferden?“, brachte ich irritiert hervor, ehe ich begriff, was ich Doppeldeutiges gesagt hatte. Edward und ich prusteten gleichzeitig los und bekamen uns kaum wieder ein. Alsbald sah ich dann auch schon den Reiterhof.

„Ja“, japste Edward immer noch. „Auf Pferden, ganz richtig erkannt. Kluges Köpfchen“, flachste er.

Edward parkte am Reitgelände und stieg mit mir gemeinsam aus, obwohl ich noch so viele Fragen hatte und das mulmige, sehr mulmige, Magengefühl spürte.

„Edward, ich kann nicht reiten“, sagte ich ihm zuerst, als ich zum Kofferraum lief, in dem er gerade kramte und hoffte, dass wir vielleicht umkehrten und uns einfach auf eine Wiese legen würden oder so.

„Brauchst du auch nicht“, erwiderte er. „Wir werden heute keine Turniere reiten, sondern nur Spaß haben und etwas ausreiten.“ Er zwinkerte mir zu und nahm zwei riesige Stofftaschen heraus.

„Was ist darin? Wofür brauchen wir das alles?“, fragte ich prompt. Ich fürchtete, dass ich nicht drum herum kam, er schien sich wieder viele Gedanken um den heutigen Tag gemacht zu haben.

„Langsam, langsam“, lachte Edward, stellte sie ab, um den Kofferraum zu schließen und hob sie wieder hoch. „Meine Mum hat hier ein eigenes Pferd“, begann er zu erzählen, als wir dann zu den Stallungen stiefelten, „aber sie reitet nicht mehr allzu oft und ich fürchte, dass sie das in Zukunft noch seltener tun wird.“ Edward seufzte vielsagend und fuhr fort: „Na ja, der Reiterhof pflegt und bewegt das Pferd nun jeden Tag, aber heute tun wir das.“ Edward lächelte mich strahlend von der Seite an. „Wichtig ist nur“, sein Gesicht war augenblicklich ernster geworden, „dass wir uns auf dem Gut nicht als Paar zeigen. Zu viele Leute hier kennen meine Eltern, insbesondere eben meine Mutter.“

Ich nickte, um zu zeigen, dass ich verstanden hatte und wusste, wie ernst es ihm war, und hörte dann, wie Edward nach einem Stalljungen, wie ich vermutete, namens Steven rief: „Wo steht Max?“

„Hey Edward“, antwortete der Junge, vielleicht gerade sechzehn oder siebzehn, der sich in Regenhose und Stiefeln mit Gartenschlau in der Hand zu uns umgedreht hatte, „hinten im Paddock. Er ist schon geputzt, aber Lady muss noch gestriegelt werden.“

Edward nickte ihm zu und ging durch die Ställe hindurch, zu dem Bereich dahinter. Das „Paddock“ war scheinbar der eingezäunte Außenbereich auf Sandboden, in welchem sich ein größeres, braunes Pferd mit schwarzer Mähne aufhielt, dachte ich, als wir darauf zuliefen. Dem Tier war eine Abdeckung übergehangen und es schritt sofort auf Edward zu, als jener laut rief.

„Na, Großer“, begrüßte Edward Max und klopfte ihm auf den Rumpf. „Wir haben gleich einiges vor, ruh’ dich noch etwas aus.“ Edward neigte sich näher an das Tier und strich ihm über die Mähne. Er tat so, als flüsterte er etwas ins sich drehende Pferdeohr. „Glaub’ mir, sie wird begeistert sein…“

Einen Schritt von dem Pferd einen guten Meter weg, beobachtete ich, die sanftmütige Art, wie Edward mit dem Tier redete und es behandelte. Das hätte ich ihm auch so nicht zugetraut geschweige denn erwartet. Edward ein Tierfreund? Ein Pferdefreund? Nein, das hatte ich wirklich nicht vermutet.

Und ich würde begeistert sein…? Was hatte er geplant?, überlegte ich schmunzelnd.

„Dein Pferd für heute ist ein Privatpferd von einem befreundeten Pärchen meiner Eltern“, wandte sich Edward zu mir und wir liefen wieder zu den Stallungen herüber. „Ich wollte dir kein steifes Schulpferd antun und Lady ist wirklich ein stattliches Tier“, meinte er mit einem Lächeln. „Sie ist sehr schön… deiner würdig“, lächelte er.

Ich nickte wieder nur stumm und das entging Edward nicht, denn er fragte: „Ist alles in Ordnung mit dir? Du…“, er musterte mich intensiv und kniff dann leicht die Augen zusammen, ehe ich wegschaute, „du hast doch keine Angst vor Pferden oder?“

„Ähm“, machte ich eine Sekunde verzögert und wusste, dass ich mich verraten hatte. Ich wollte mich wenigstens erklären: „Nein, also ich meine, eigentlich… also reiten ist kein Problem, oben drauf sitzen und so, das macht mir nicht so viel, das ist nicht schlimm, aber… also, aber ich hab immer etwas Schiss neben dem Tier zu stehen… vor dem Maul oder so und den Beinen…“

Edward lachte nicht gerade taktvoll, weshalb ich ihn böse anblickte. Er räusperte sich und wischte das Lachen fort: „Entschuldige Bella, aber wie du das gerade so gesagt hast… das war irgendwie unglaublich niedlich.“ Nachdem er sich kurz umgesehen hatte, küsste er rasch meine Schläfe.

Ich lächelte etwas verlegen und bemerkte erst jetzt, dass wir neben einer Pferdebox stehen geblieben waren. In jener befand sich ein nicht weniger großes Tier, als das vorherige, jedoch hellbraun mit ebenfalls heller Mähne.

„Das ist Lady“, verkündete Edward, „aber bevor wir uns der Guten widmen, müssen wir uns noch umziehen.“ Er reichte mir verblüfft eine der prall gefüllten, großen Stofftaschen. „Hier sind mehrere Hosen und Stiefel in verschiedenen Größen drin, schau einfach was dir passt. Ich werde kurz noch was klären und mich dann selber umziehen-“

„Edward?“, ertönte es hinter Genanntem. Neben uns erschien ein etwas kräftiger gebauter Herr mit südländischem Aussehen und einem satten Akzent. „Schön, dich hier mal wieder zu sehen“, redete er weiter, als wir uns zu ihm gewandt hatten. „Wie geht es Ihrer Mutter? Ihren Eltern?“

„Danke, Flavio, gut, danke der Nachfrage“, setzte Edward seinen hochwohlgeborenen Charme in Szene und schüttelte Flavio die Hand. „Ich dachte, ich schaue mal wieder vorbei, Max sieht prächtig aus“, begann Edward sanften Smalltalk.

„Ja, nicht wahr? Meine Tochter kümmerte sich am Wochenende persönlich um ihn und die Dressuren reitet er wirklich vorzüglich“, lobte der Mann überschwänglich das Pferd. „Und nun der Herzdame mal unser Gestüt zeigen?“

Edward lächelte, als wäre nichts gewesen und erwiderte: „Ich möchte Ihr großartiges Anwesen einer guten Freundin zeigen, die noch nie geritten ist.“

Nun galt die Aufmerksamkeit des Mannes mir, er hielt mir die Hand zum Gruße hin. „Flavio Techesto, Inhaber, Reitlehrer und Pferdezüchter“, stellte er sich ein wenig protzend vor. „Freut mich sehr, Miss.“

„Mich auch, Bella Swan“, sagte ich ein wenig unsicher, ob das reichte, doch Edward nahm mir alles weitere ab und meinte: „Wir wollen dann auch gleich aufbrechen. Es sieht so aus“, meinte Edward mit einem Blick gen Himmel, „dass es vielleicht noch im Laufe des Tages regnen könnte. War schön, Sie wiederzusehen.“

„Dann wünsche ich einen schönen Ausritt, hat mich auch gefreut, bis dann“, verabschiedete sich Mr. Techesto und schritt, an den Ställen vorbei, zurück. Ich sah ihm irgendwie verwirrt nach. Edward hatte diese Höflichkeitsmasche wirklich perfekt eingeübt, doch das musste er ja auch.

„Nicht träumen, Liebste“, kicherte Edward neben mir und strich ganz kurz über meinen Rücken. „Flavio ist nicht so interessant, wie er tut. Er hat das hier alles von seinem Vater übernommen und außer mit seiner Pferdezucht, sollte er eigentlich mit nichts angeben.“ Edward zwinkerte mir zu. „Er war mal eine Zeit lang mein Reitlehrer und hat mich auch auf Turniere vorbereitet und begleitet-“

„Du hattest Reitstunden? So richtig?“, fiel ich ihm ins Wort. „Also für Wettbewerbe und so?“

Edward lachte. „Ja, meine Mutter fand reiten toll und Alice und ich hatten dann Reitstunden hier. Das ist auch so ein ‚Oberschichtsprivileg’“, seufzte er. „Ich habe ein Jahr lang mal Sprungturniere gemacht, aber eher mit mittlerem Erfolg. Ein Talent war ich nie und ich habe dann auch aufgehört und mich mehr dem Klavier gewidmet“, erklärte er und als ich nichts mehr sagte, drehte er mich dann um 180 Grad um. „Da hinten kannst du dich umziehen. Die Holztür dort.“

„Okay, bis gleich“, sagte ich und stampfte dorthin. Ich sah, wie Edward in die andere Richtung, dort wo Mr. Techesto zurückgegangen war, stiefelte.

Mir kam eine kleine Reitgruppe aus vier Kindern auf Pferden entgegen, angeführt von einem Mann, in etwa so alt wie Edward und ich, der neben herlief. Ich machte einen auffälligen Satz zur Seite und bemerkte den verwirrten Blick des Reitlehrer oder Betreuers, wie auch immer. Er grüßte mich kurz und herrschte dann ein Kind auf einem Pony an, in der Reihe zu bleiben.

Das konnte ja heiter werden, dachte ich. Mir waren Pferde, nicht mal diese kleinen, nicht wirklich geheuer.

Ich konnte mir ebenfalls ein Mustern des Mannes nicht verkneifen. Die Reithosen für Frauen und Männer schienen von der Art her gleich bzw. sehr ähnlich zu sein. Eng anliegend, aus Stoff, und mit Ledereinsatz an den Beininnenseiten, die den Sattel berührten. Wie würde Edward wohl darin aussehen… überlegte ich kurz, als ich an der Holztür angekommen war und in eine der Umkleiden verschwand. Doch dort dachte ich eher darüber nach, wie ich darin aussehen würde…
 

In der Tüte hatten sogar Hosen gelegen, die komplett ledern gewesen waren, doch die hatte ich gar nicht erst angerührt, weil ich glaubte, dass die an mir scheußlich aussehen würden. Somit zog ich eine braune Reithose mit hellbraunem Leder an den Innenseiten an. Wirklich bequem war die enge Hose, es erinnerte mich an einer Strumpfhose, nicht, doch scheinbar zum Reiten auf noch unbequemeren Satteln bestens geeignet. Ich schlüpfte danach in ein passendes Paar Reitstiefel, ließ mein T-Shirt mit der Fleecejacke an und stapfte zurück zu der Pferdebox vor der Edward bereits das Pferd versorgte.

„Hey“, sagte ich, damit er mich, fast mit dem Rücken zu mir stehend, bemerkte.

Er grinste urplötzlich verschmitzt und zog mich am Arm in den Stall, obgleich ich mich sträubte, und zog das Gatter zu. Meine Hände umschloss er mit seinen und betrachtete mich, während er Lady mit seinem Rücken zurückschob. So fühlte ich mich unweigerlich sicherer. Wortlos drehte er mich einmal um die meinige Achse und hockte sich dann hin – mich mit sich ziehend, sodass wir hinter der Stalltür verschwanden. Ich fühlte mich von den vielen raschen Bewegungen schwindelig.

„Wow, so hab ich mir das vorgestellt. Du glaubst gar nicht, wie sexy dein Po in dieser Hose aussieht“, strahlte er bis über beide Ohren und legte sachte die Hände auf mein Hinterteil.

Ich lachte geschmeichelt auf. „Na ja, ich finde ja, dass Männern solche ‚Höschen’ viel besser stehen…“ Während meine rechte Hand über seinen Bauch abwärts strich und an dem Saum der Hose Halt machte, küsste er grinsend, aber innig, meine Lippen. Er lachte hüstelnd, legte die Knie ab, um mir näher zu sein und ich tat es ihm gleich.

„Ich hätte ja…“, flüsterte er über die innigen Küsse im Stroh, „eine Hose“, er küsste mich weiter, „komplett aus Leder“, er grinste, „bevorzugt.“

„War mir klar“, sagte ich und rückte näher zu ihm. „Wir gehen reiten, nur weil man dort diese total engen Hosen-“

Edward küsste mich stumm. „Du weißt gar nicht, wie heiß dein Po und deine Beine darin aussehen. Dann würdest du nicht ‚nur’ sagen…“

Ich lachte leicht heiser und verlegen auf und gab mich seinen Küssen hin – das Stroh knackte unter uns und selbst den scharenden Gaul in der Ecke, vergaß ich für Sekunden.

„Mr. Cullen?“, vernahmen wir beide erschrocken eine sehr nahe Stimme. Edward fuhr sofort hoch, drückte mich aber wieder herab, als ich ähnliche Intentionen hatte. Vor dem Gatter schien ein Junge zu stehen, wie ich am Boden sitzend, unter die Stalltür hindurchblinzelnd, erkannte.

„Ja?“, antwortete Edward zerstreut und hatte rasch noch eine Bürste aus dem Stroh geklaubt, um sein am Boden kauern zu erklären.

„Ich würde dann Max für den Ausritt fertig machen, direkt satteln und ihn Ihnen dann bringen?“, wollte sich der Stallbursche, schloss ich, vergewissern.

Instinktiv griff Edward nach Lady und zog sie näher zu sich – zu mir! Ich krabbelte rückwärts bis zur Stallwand, während das Tier gemächlich näher zur Stalltür kam. Mir stockte der Atem. Lady neigte den Kopf zum Stroh und schnupperte daran, wenige Zentimeter vor meinen angezogenen Beinen. Ich starrte es unentwegt mit schnell mich durchströmendem Blut an.

„Ja, das ist eine gute Idee. Danke“, sagte Edward lässig, doch ich hörte seinen leicht zitterndem Unterton. Mit laut pochendem Herzen wartete ich ein paar Sekunden und sprang dann, ohne jegliche Vorsicht, auf und schob das Gatter beiseite, damit ich rausspurten konnte.

Edward schaute mich verwirrt an und verstand erst jetzt meine kleine Panikattacke, als ich japsend vor ihm stand und er mir lange in die Augen sah.

„Komm her“, sagte er zärtlich und streckte mir die Hand entgegen, jedoch so, dass es von außerhalb nicht erkennbar war. Ich atmete tief die stinkende Stallluft ein, nahm seine Hand und ließ mich von ihm wieder in den Stall ziehen.

Er legte den Arm auf meinen Rücken und zog mich leicht an sich, nachdem ich das Gatter wieder geschlossen hatte.

„Tut mir leid, Schatz. Beine und Gesicht… daran habe ich gerade gar nicht gedacht.“ Er streichelte mitfühlend meinen Rücken. „Warum hast du eigentlich Angst davor?“, wollte er wissen. Lady hielt er bewusst so weit von mir weg, wie es ging.

„Na ja, ich habe generell Angst von Tieren gebissen zu werden und bei so Großen erst Recht. Und als Kind bin ich mal auf einem Bauernhof geritten, zu übermutig gewesen, heruntergefallen und unter die Hufe gekommen“, fasste ich es in einer kurzen Zeitraffer zusammen.

Edward nickte sanft und nahm mit der freien Hand wieder die Meinige. „Lass uns etwas versuchen, vertrau mir. Aber ich werde dich nicht zwingen und du musst auch nachher nicht mit mir ausreiten, wenn du zu viel Angst hast. Ich hätte dich vorher fragen sollen, ob-“

„Nein, nein“, wandte ich rasch ein, „ich denke, reiten geht schon…“ Das glaubte ich wirklich und ich wollte auch, denn schließlich bereitete es ihm so viel Freude und ich glaubte auch, dass er noch was geplant hatte – seine Mühe würde ich in keinem Fall boykottieren wollen. Die Zeit tickte…

Edward nickte. Dann zog er, ganz langsam, Lady an der Trense näher zu uns und gleichzeitig meine Hand zu dem Tier. Ich zuckte sofort zurück, doch Edward hielt meine Hand fest. Er würde es zwar nicht mit Gewalt durchsetzten wollen, dass ich das Pferd anfasste, aber er war auch ein Sturkopf und meinte es eigentlich nur gut, ging es mir durch den Kopf.

Er führte meine Fingerspitzen zu der Stirn des Tieres, wo sich eine weiße, sternartige Verfärbung befand. Ganz kurz berührte ich die Stelle und wandte mich aus Edwards Hand, als Lady den Kopf ruckartig anhob.

„Alles okay? Sie wollte nur an deiner Hand riechen“, meinte Edward ruhig, da er bemerkte, wie ich mich erschrocken hatte.

„Komm, wir versuchen es noch mal“, schlug er vor und langte wieder nach meiner Hand, die ich ihm zögerlich hab. Doch allein seine Berührung schmälerte meine Angst und Aufregung. Ich strich mit seiner Hand auf meiner von der Pferdestirn abwärts zu den Nüstern. Edward bemerkte wie meine Hand unter seiner zitterte und drückte die meinige fester. Ich konnte mein laut pochendes Herz nicht abschalten, auch wenn Edward da war und ich mich eigentlich sicher fühlte…

Ich atmete erleichtert auf, als wir die kleine Streicheleinheit beendeten. Edward grinste, ehe er mir einen raschen Kuss auf die Wange gab.
 

Danach holte ich den Sattel aus der Sattelkammer, während Edward Lady zu Ende striegelte und sie anschließend ausrittfertig machte. Max war bereits von dem Stalljungen gebracht worden.

„Bereit?“, fragte Edward schmunzelnd und reichte mir einen schwarzen Helm – selbigen setzte er sich auf.

„Ja, denke schon“, meinte ich, als wir vor den beiden Pferden standen, die Edward festhielt.

„Klingt überzeugt“, lachte er und zog mich zu Lady. „Keine Sorge, du wirst deinen Spaß haben. Wenn nicht beim Reiten, dann danach.“

„Ach so“, grinste ich. „Es gibt ein ‚danach’.“

„Klar, gibt’s das“, gab er zurück und half mir dann aufs Pferd. Ich fühlte mich oben aufsitzend sofort besser, denn jetzt hatte ich das Sagen, lachte ich innerlich.

„Sitzt du gut?“, fragte Edward mit kritischem Blick.

„Ja, alles super“, meinte ich, streichelte Lady am Hals und schaute dann verwirrt drein, als Edward mir eine Gerte reichte.

„Brauch’ ich die?“

Edward grinste. „Wir werden sehen, wie Lady sich anstellt. Aber mach dir keine Sorgen“, sagte er sofort, „es wird alles gut gehen.“

Mit diesen Worten huschte er selbst leichtfüßig auf Max und gab ihm leicht die Sporen. Ich tat es ihm gleich und eierte, etwas ungewohnt, hinter ihm her.
 

Wir ritten ein paar Feld- und Waldwegen, bis wir die Pferde in den Wald, über Trampelpfade, steuerten. Die Luft war kühl, aber frisch und verhalf mir zu einem klaren Kopf. Edward und ich redeten, begutachteten die Umgebung und es fühlte sich jede Minute locker mit ihm an. Ich genoss seine Blicke, sein Lachen, sein Interesse an mir und vor allem das Gefühl, bei ihm willkommen und akzeptiert zu sein.

„Na, was macht der Po? Schmerzt?“, fragte er mich neckend, nachdem er sich wegen eines Asts geduckt hatte.

„Etwas“, antwortete ich mit einem kleinen Seufzen und einem Grinsen. „Wohin reiten wir eigentlich? Gibt es ein Ziel?“, fragte ich neugierig nach.

„Ja, das gibt es“, erwiderte Edward geheimnisvoll, „und es ist auch nicht mehr allzu weit. Ich hoffe, wir schaffen es noch vor dem Regen.“ Er blickte herauf zum grauen Himmel, den man durch die teils dichteren Bäume erahnen konnte.

Dieses Glück war uns nicht gegönnt. Als die Sträucher und Bäume lichter zu werden schienen, nieselten die ersten Regentropfen zu uns herab.

„Ach mist“, fluchte Edward schwach hörbar, fasste Lady an der Trense und zog sie mit mir in einem schnelleren Tempo vorwärts.

„Wohin müssen wir denn?“, rief ich durch den nun einsetzenden Regen und den aufkommenden Wind zu ihm nach vorn.

„Dort, zur Hütte!“, rief Edward zu mir nach hinten und nickte nach vorn, wo sich eine Holzhütte auf einer schmalen, ovalen Lichtung befand. Ich war durch den plötzlich eintretenden Regenschauer nach wenigen Sekunden bereits bis auf die Knochen durchnässt.

Edward lotste Lady und mich zu dem Stall neben der kleinen Hütte, stieg ab und führte beide Tiere in die Stallungen. Ich rutschte an Lady herab, während Edward die Pferde an den Pfosten band.

„Lauf ruhig schon rein“, sagte Edward zu mir. „Ich muss die beiden eben noch trocken reiben.“

„Ich helfe dir“, sagte ich selbstverständlich. „Du holst dir den Tod, wenn du hier noch lange so nass stehst.“

Ich empfing Edwards ruhigen, nachdenklichen Blick. „Bella-“

„Ich reiß’ mich zusammen, das krieg ich hin“, versuchte ich es ihm optimistisch – optimistischer als ich war – klar zu machen.

Edward überlegte nicht lang und ließ mich den Rumpf bei beiden Tieren abrubbeln, kümmerte sich selbst um den Rest. Es war eine Überwindung, aber die Vorfreude auf die gemeinsame Zeit in der Hütte, die durch meine Mithilfe schneller kommen würde, überschattet panische Ängste in mir.

„Das ist okay so“, sagte Edward nach einem prüfenden Blick auf die Pferde, nahm mich bei der Hand und zog mich rasch mit sich zur Hütte. Mit einer flinken Handbewegung schloss er auf, sodass wir nicht lange in dem anhaltenden Regen verweilen mussten.

Sofort glitt ich drinnen aus den Stiefel, die von innen feucht waren und machte meinen Helm ab, ehe ich umher sah – und unweigerlich beeindruckt war. Ein schwaches Feuer knisterte im Kamin in der Ecke, welches den Raum in eine leichte Wärme und seichten Lichtschein tauchte. Die Hütte bestand aus dem einen Zimmer mit einem großen Doppelbett, Schrank und einem alt aussehenden Holztisch mit dazu passenden Holzstühlen. Es wirkte insgesamt wie eine Bauernhütte. Von dem Zimmer ging eine Tür, vermutlich zum Badezimmer, ab und ein Durchgang zur Küche, wie ich erkennen konnte.

Doch das war nicht – nicht nur – das, was mich begeisterte. Die Fensterbank, der Tisch und das Bett waren mit Blumensträuße bzw. Blüten versehen. Auf einer Art Couchtisch standen verschiedenste Köstlichkeiten auf welchem Edward wortlos, mich an der geschlossenen Tür stehen lassend, ein paar Kerzen entzündete. Ich musste erst mal alle Eindrücke in mich aufnehmen.

„Du bist großartig, das hier ist großartig, vielen Dank“, säuselte ich ungehalten und stürzte mich in seine Arme. Edward schmunzelte und erwiderte jeden meiner Küsse zärtlich.

„Das freut mich, dass es dir gefällt“, begann er neutraler werdend, „aber wir sollten uns rasch entkleiden und die Sachen über den Kamin hängen, sonst holen wir uns noch eine Lungenentzündung.“

„Schwarzseher“, murmelte ich nicht von seinen Lippen los kommend – und mich auch kein Zentimeter bewegend.

„Dann muss ich das wohl machen“, lachte Edward über meine Untätigkeit und zog mir meine klitschnasse Fleecejacke samt meinem Shirt in einem Zug aus.

„Du bist aber wirklich kalt“, sagte Edward, als er seine Hände an meine Körperseiten gelegt hatte und zerrte mich zum Bett.

„Jetzt bist du dran“, überging ich das von ihm und zog ihm seine Oberteile nacheinander aus. Unter meinen kalten Fingern erfühlte ich seine nicht weniger kalte Brust, die leicht mit einer Gänsehaut bedeckt zuckte. Edward nahm meine Finger von dieser, küsste meinen Handrücken und verhalf mir danach aus der schmal geschnittenen Reithose, welche er dann mit seiner und den übrigen Kleidungsstücken über dem Kamin platzierte. Das Feuer in selbigem entfachte er noch etwas mehr.

Ich krabbelte derweil in Unterwäsche aufs Bett und hockte mich im Schneidersitz darauf. Die Decke hatte ich über meine Beine gelegt, während ich auf ihn wartete. Edward nahm einen Umweg über den Couchtisch und brachte ein Tablett davon mit. Ich ließ mich von ihm im Sitzen zärtlich in den Arm nehmen, die Decke um uns, und auf die Schläfe küssen.

„Du hast doch bestimmt Hunger, oder?“, sagte er, die Lippen noch verführerisch an meiner Schläfe, als er das Tablett vor uns auf die Bettdecke stellte. Seinen warmen Atem hauchte er mir prickelnd auf meine Haut.

„Etwas“, sagte ich kichernd und nahm mir ein kleines Törtchen Käsekuchen von dem Tablett. „Selbstgemacht?“, flachste ich.

„Selbst bestellt“, lachte Edward, während seine Lippen sachte meine Schläfe herab zu meinen Wangenknochen glitten.

„Wann hast du das hier alles gemacht?“, fragte ich kauend nach und sah mich in dem wunderschön eingerichteten Raum um.

„Heute Morgen. Das Essen habe ich natürlich eher organisiert und das mit den Pferden auch, aber die Hütte habe ich kurz fertig gemacht, nachdem ich mit dem Frühstück mit Tanya fertig war“, offenbarte er mir, während er sich immer noch meiner linken Gesichtshälfte widmete.

Ich wandte den Kopf langsam zu ihm um und schaute ihm in seine vom Kaminlicht, welches nun den ganzen Raum einhüllte, leuchtenden Augen. Wie glänzendes Gold in mattem Grün.

Wir tauschten einen Moment den innigen Blick aus, ehe sich unsere Lippen gleichzeitig einander näherten und liebkosten. Es bedurfte keinerlei Worte, nicht mal einem Geständnis.

Edward stellte das Tablett auf den Boden, unsere Münder nicht voneinander weichend, und zog mich näher an seine nackte Brust. Er legte die Decke höher, bis zu unseren Schultern und kuschelte uns darin ein, damit wir von ihr und dem Feuer gewärmt wurden. Die Hitze, die in mir aufstieg, würde jedoch alles entschädigen.

Wir legten uns sachte auf dem weichen Bettzeug ab, schauten uns auf der Seite liegend in die Augen und verführten einander mit süßesten Küssen. Seine Hand glitt an meinem Hals herab, über meine Schulter hinweg, sodass er ihr einen BH-Träger entwendete. Meine Haut wurde in anrüchige Gänsehaut getaucht.

Edward beugte sich genießerisch vor und berührte meine immer weniger fröstelnde Haut sanft mit dem Mund. Meine Finger glitten fest durch sein Haar und über seinen markanten Rücken.

Sekunde für Sekunde, die wir so aneinander geschmiegt beieinander waren, pochte die Zeit unaufhörlich gegen uns, gegen uns und unsere Gefühle. Nichts würde die das Ticken in unseren Köpfen stoppen können – erst der allzu baldige Abschied.
 

Leise vernahm ich das sanfte Knistern des Feuers in den frühen Morgenstunden. Mit geschlossenen Augen realisierte ich, dass ich auf dem Bauch lag, mein Haar kitzelnd auf Nacken, Schultern und Rücken.

„Liebste“, hauchte mir jemand ganz besonderes ins Ohr und strich eine Strähne liebevoll von meinem nackten Rücken.

Ich schmunzelte und öffnete langsam die Lider, die linke Gesichtshälfte auf dem flauschigen Kissen abgelegt. Im Augenwinkel erblickte ich Edward mit ebenfalls noch kleidungsfreiem Oberkörper.

„Später“, sagte Edward leise, als ich mich aufsetzen wollte und drückte mich sachte herab. Seine Lippen näherten sich meinem Wangenknochen und küssten jede Stelle dessen andächtig.

„Guten Morgen“, erwiderte ich lächelnd, sodass sich meine Wange leicht unter seinen Küssen wölbte. Edward glitt mit der Nase darüber. Ich kicherte leise.

„Hmmm“, machte Edward mit einem Lächeln in der Stimme, raschelte etwas mit der Decke und hockte sich dann auf meinen, so eben noch von der Bettdecke bedeckten, Po. Ich schaute fragend nach hinten, als ich bereits Edward Hände sachte auf meinem Rücken spürte und ich mich wieder in die Matratze kuschelte. Seine Daumen massierten kreisend den Bereich zwischen meinen Schulterblättern.

„Was kannst du eigentlich nicht?“, murmelte ich mit geschlossenen Augen genussvoll. Seine Berührungen taten so gut…

„Also malen und basteln fürchte ich, ansonsten klappt alles mehr oder weniger gut“, lachte er auf mir.

Ich erwiderte sein herzliches Lachen und erinnerte mich an die Karte, die er mir für Sylvester geschrieben hatte – und gebastelt. Was für eine niedliche Geste, dass er das für mich getan hatte. Sylvester…

Edwards Hände glitten langsam rechts und links meiner Wirbelsäule herab, strichen über meinen Rücken und kneteten meine Muskeln zärtlich.

„Mhmmm“, seufze ich. „Klavierspielerhände, wie?“, grinste ich ins Kissen. Seine Finger waren so weich und rhythmisch, als spielte er ein Musikstück auf mir, einprägsam in meine Haut.

Edward beugte sich schweigend über mich, ich spürte seinen Oberkörper auf meinem Rücken und küsste meine Lippen seitlich.

„Ich liebe dich so sehr“, wisperte er mir ins Ohr. Doch sein Wehmut war unüberhörbar und kippte die leichte, romantische Stimmung.

„Ich liebe dich auch… noch zwei Tage…“, murmelte ich leise, mehr zu mir selbst, ins Kissen. „Danach müssen wir das alles vergessen…“

Edward richtete sich auf und stieg von meinem Po runter. „Du kannst das hier alles vergessen?“ Er legte sich auf die Seite, direkt vor mich. Unsere Gesichter unmittelbar voreinander.

Die tiefgrünen Augen, in denen es betrübt blitzte, schauten mich an, als lasen sie meine Seele, mein Innerstes.

Ich atmete tief durch und legte mich auf den Rücken, die Augen geschlossen. Vergessen… ein hartes Wort, aber ein Notwendiges, wenn wir beide jemals wieder ohne Kummer leben wollten.

„Das ist keine Sache des Könnens, sondern des Wollens“, sagte ich deshalb leise und presste die Lider aufeinander, unterdrückte jede Traurigkeit, die in mir aufsteigen wollte und mich innerlich zusammenbrechen ließ.

Ich spürte, wie Edward die Hand an meine Seite legte und mich auf seinen Körper zog. Er schlang die Arme fest um mich. Meine Wange war an seinem Schlüsselbein ablegt, sodass er mein Haar sachte küssen konnte.

„Ich kann und will nichts von alle dem vergessen, niemals“, sprach er mit gedämpfter Stimme.

Ich schwieg und atmete flach und gleichmäßig, während ich seinem Herzschlag lauschte. Vielleicht ein letztes Mal…
 

Wir verweilten nicht mehr allzu lang dort, da wir noch den Ritt zurück antreten mussten und ich gegen Mittag mit Charlie verabredet war. Er besuchte mich mit Zoey das letzte Mal vor der Abreise.

„Wann sehen wir uns das nächste Mal?“, fragte Edward über unsere Küsse, als ich mit ihm im Auto vor dem Studentenwohnheim stand.

„Du kannst morgen kommen, wann du willst“, antwortete ich nach Luft ringend, während unsere Lippen weiter ineinander verschmolzen und seine Hand sachte meinen Nacken massierte. „Morgen ist ja die große Packaktion“, seufzte ich, als er mir kurz eine Sekunde zum Verschnaufen gab.

„Ich schaue, wann ich kommen kann. Ich weiß nicht, was Tanya- unsere Eltern geplant haben“, korrigierte er sich mit einem Augenrollen.

„Bis Morgen“, hauchte ich ihm noch entgegen und stieg tiefenentspannt und einfach nur glücklich aus dem Auto. Ich fühlte mich gut, alles erschien mir in dieser Sekunde positiv.

Ich stiefelte die Treppen zu meiner Wohnung hoch und schloss auf. Erblickte jeden Gegenstand in diesem Raum, was mir so viele Erinnerungen an die Oberfläche holte.

Ein tiefer Luftzug glitt durch meine Lungen und ließ mich schlagartig darauf an der Realität schnuppern, die mich immer wieder einholte. Nichts war gut, positiv oder glücklich.

Ich schüttelte über mich selbst den Kopf und trat näher zu meinem Bett. Das Hochgefühl eben kam mir jetzt so fremd und weit weg vor…
 

Ich zog meine herrlich nach Edward duftenden Sachen aus und tauschte sie gegen frische, ehe ich die Wohnung wieder verließ und am Straßenrand auf das mir wohl bekannte Polizeiauto meines Dads wartete.

„Hallo“, grüßte ich bereits während des Einsteigens auf die Rückbank, nachdem ich gesehen hatte, dass Zoey hinten saß.

„Na, hallo kleine Maus“, begrüßte ich auch sie und strich ihr über die Hand, die vom Keks ganz klebrig war.

„Ich dachte, du freust dich, wenn ich sie mitbringe“, lächelte Charlie mich an.

„Ja und wie“, nickte ich und schaute nach vorne, während er den Wagen weitersteuerte.

„Übermorgen geht’s heimwärts, nicht wahr…“, brummelte er und sah mich kurz von der Seite an.

Ich nickte tief atmend. „Ja… und wir haben gar nicht so viel miteinander verbracht“, gestand ich mir laut ein. „Tut mir leid… irgendwie war so viel los…“

Ich dachte an die Uni, ich dachte an meine Prüfungen, ich dachte an die Sachen mit meiner Mum – und ich dachte an Edward.

„Ach Bells, jedes Treffen war schön und mehr als ich nach so langer Zeit erwarten durfte.“ Er zwinkerte mir zu. „Mach dir keine Gedanken, ja? Wir sehen uns bestimmt öfter, wenn du mit dem Studium fertig bist und richtig Karriere machst“, lachte er.

Nein, dachte ich mir und hing so meinen Gedanken nach. Dass er das so mitmachte und mich immer so herzlich empfing, war mehr, als ich erwarten durfte…
 

Zuerst gingen wir was essen, vertraten uns die Beine in der Stadt und setzen uns dann auf die Bank an einer kleinen Spielecke für Kinder im Einkaufszentrum.

Zoey quiekte jedes Mal beim Rutschen, sodass Charlie und ich nicht aus dem Lachen herauskamen.

„Hör mal, Bella, ich habe mit deiner Mutter geredet“, kam es ihm urplötzlich über die Lippen.

Ich blickte ihn schlagartig von der Seite an und runzelte die Stirn, während Zoey mir in die Arme rutschte. „Was? Warum?“

„Sie hat mich angerufen und mir erzählt… na ja, wie es ihr gerade geht. Und sie war sehr überrascht, dass ich es nicht wusste.“ Er sah mich fragend an.

„Ich… ich wusste nicht, ob ich dir das sagen sollte und es gab auch irgendwie keine gute Gelegenheit“, murmelte ich und übergab Zoey, auf Charlies unausgesprochene Aufforderung, an ihn.

Ich folgte ihm zu der Bank, wo er Zoey etwas zu trinken gab und ließ mich dann bei den beiden nieder.

„Jedenfalls weiß ich jetzt Bescheid, aber sie hatte auch ein Anliegen“, begann er. Ich beobachtete Zoey ablenkt, während sie die Backen mit dem Tee füllte und gierig runterschluckte. Ihr Haar war etwas verschwitzt und stand in alle Richtungen.

„Sie hat von einem Edward geredet…“, redete mein Dad weiter und ich zuckte innerlich leicht zusammen. Äußerlich blieb ich, so glaubte ich, ganz ruhig und atmete beschaulich.

„Sie meinte, dass er dein Freund wäre…“ Ich spürte seinen Blick fest auf mir und mied ihn bewusst, nahm Zoey die Flasche ab und reichte ihr ein Stück Waffel.

„Bella?“, lachte er. „Eigentlich wollte ich mit dir darüber reden.“

„Weißt du, Dad… da gibt es nicht viel zu reden“, sagte ich so locker ich konnte und zuckte auch mit den Schultern. „Das kannst du ihr gerne heute Abend sagen, sie will doch bestimmt nachher alles wissen oder?“, grinste ich etwas halbherzig.

„Warum bleibst du nicht noch hier? Deine Mutter findet auch, dass du nicht sofort flüchten musst, wenn du hier mit allem fertig bist“, witzelte mein Dad ironisch.

Zoey wippte an der Waffel nuckelnd auf seinem Schoß herum. Mein Blick galt starr ihr, um nicht meinem Dad in die Augen sehen zu müssen. „Das mit dem späteren Rückflug geht doch bestimmt, dass du umbuchst… und dein Visum müsste doch sowieso noch gültig sein. Dann kannst du noch mehr Zeit mit ihm verbringen-“

„Das will ich aber nicht“, unterbrach ich ihn ruhig, aber strikt. „Es ist okay, so wie es ist und ob ich jetzt noch ein oder zwei Wochen länger bleibe oder nicht…“ Ich zuckte mit den Schultern. „Das war jetzt nicht auf dich bezogen“, sagte ich sofort, damit er das nicht falsch verstand.

Er lächelte verständnisvoll. „Und wenn du wieder kommst? Wenn es Renée besser geht?“

Ich sah ihn direkt an. „Es wird ihr nicht mehr besser gehen. Und…“, ich atme flach, „und sollte es eine Besserung für sie geben, wird das dauern.“

„Ach, Bella, du siehst das zu schwarz“, revidierte er und ließ Zoey runter, die dann zu der Rutsche wieder watschelte. „Phil meinte-“

„Ich kann mir vorstellen, was er gesagt hat, aber er verkennt die Tatsachen.“ Ich stand auf und ging zu Zoey, nahm sie hoch. Dass es so war, wie es ist, hatte ich mir nicht ausgesucht. Daran änderte Schönreden, Stoßgebete zum Himmel schicken oder Wünschen auch nichts. Wenn es einen Gott gab, war es jetzt seine Chance… denn wir brauchte ein Wunder.

„Lass uns gehen“, sagte ich und kam auf ihn zu.

Sein Blick durchbohrte mich, während er geräuschvoll atmete, schließlich aber nickte.

Wunschdenken. Nichts als Wunschdenken.
 

Er setzte mich, es war mittlerweile Abend geworden, am Wohnheim ab und wir verabschiedeten uns für eine vermutlich sehr lange Zeit wieder. Ich bat ihn nicht, mit zum Flughafen zu kommen, da ich früh flog und er arbeiten musste. Er fragte aber auch nicht und mir war klar, dass es wegen Edward war. Vermutlich glaubte Dad, dass Edward mich verabschieden würde und er stören würde. Doch beides war nicht der Fall. Stören würde er nicht, selbst wenn Edward mitkäme. Dagegen würde ich mich sträuben. Ich wollte keine großen Abschiedsszenarien.

Langsam schloss ich die Haustür auf, holte meine wahrscheinlich letzte Post aus dem Postkasten und schlenderte hoch zu meiner Wohnung, während ich die wenigen Briefe und Werbebroschüren durchsah.

Ich blickte auf, als ich jemanden im Flur bemerkte und stutzte. „Edward?“

Fahles Licht ließ mich ihn vor meiner Tür erkennen. Er rappelte sich auf, als er mich sah und lächelte matt. „Ja, ich dachte…“ Er stockte und mir wurde etwas mulmig, da sein Auftreten und sein Tonfall irgendwie merkwürdig waren.

„Du dachtest…?“, fragte ich mit hochgezogenen Augenbrauen und schloss auf. Wir waren doch morgen erst wieder verabredet gewesen…

Ich spürte, wie er seine weichen Hände unter meine Jacke auf meine Hüfte legte und wir so in meine Wohnung glitten, die ich dann mithilfe des Lichtschalters erleuchtete.

„Ich…“, ich spürte seinen Atem an meinem Hals, „ich musste dich sehen. Jede Sekunde, in der du noch hier bist. Bei mir…“

Unwillkürlich musste ich schmunzeln. „Aber du hast doch was, oder?“ fragte ich nach und kicherte unpassend zur Situation, weil seine sanften Bartstoppeln meinen Hals entlang kitzelten.

„Ja und wie“, wisperte er, während er mir das Entkleiden schwer machte. „Ich bin hoffnungslos verliebt.“

Ich drehte mich zu ihm, küsste seine Lippen andächtig und überging das, so eisig das wirken musste. „Bist du schon lange hier? Und warum…“

„Reicht es nicht, dass ich dich sehen will?“, fragte er leise. Ich sah ihm tief in die Augen und er erblickte meine Skepsis.

Er seufze, ließ seine Maske fallen und hockte sich auf mein Bett, während ich Teewasser aufsetze und schwieg. Als er das nachdenklich auch noch ein paar Minuten tat, der Tee schon längst zog, hockte ich mich vor ihn und blickte ihm in das glänzende Grün.

„Was ist passiert? Ist was mit Tanya? Mit dem Kind?“ fragte ich langsam und behutsam. Innerlich nickte ich zu mir selbst, als das Leuchten um seine Iris zu erlöschen schien. Natürlich… Tanya und das Baby…

Er nahm meine Hände und schaute darauf herab. „Ich war bei meinem Vater. Er wollte mit mir reden, um sich zu vergewissern, dass das mit uns…“, er sah kurz, ehe er den Kopf seitlich wandte, hoch, „dass es morgen ein Ende hat“, flüsterte er kaum hörbar. Er holte eine gefühlte Ewigkeit Luft, während ich einfach nur zuhörte und er fortfuhr: „Wir haben über alles geredet. Wie es weitergeht, wie das mit den rechtlichen Sachen ist und all so was… und ich habe auch einen Rat bei ihm eingeholt, ob“, er hielt kurz inne, „ob wir nicht trotz allem einen Vaterschaftstest machen sollten. Ich glaube nicht, dass sie mir das Kind aufzwängen will oder Absicht dahintersteckt. Wenn ich eines in der letzten Zeit und in den Stunden, die ich mit ihr verbringe, verstanden habe, dann, dass sie nicht bösartig ist oder das so geplant und gewollt hat. Sie ist sehr unglücklich damit und Carmen hat meiner Mutter erzählt, dass sie jeden Abend weint und kaum mehr zu Uni gehen möchte.“

Ich schwieg vor ihm und legte die Hand in seinen Nacken, kraulte ihn sanft, während seine Sorgenfalten sich immer mehr in seine Stirn brannten.

„Aber es geht nicht. Erst nach der Geburt und dann ist sowieso alles schon zu… zu fest“, sprach er weiter. „Jetzt ist es ein Risiko.“

Ich nickte, als er pausierte und holte den Tee zu uns heran, stellte ihn auf den Nachttisch, doch Edward verneinte. Sobald ich mich wieder neben ihm niedergelassen hatte und seine Hände hielt, erzählte er leise mit gesenktem Blick weiter: „Tanya hat es mitbekommen. Sie war nebenan Schnittmuster für Alice holen und hat jedes Wort von mir zu meinem Vater gehört. Sie ist total ausgerastet, dass ich ihr so etwas zutraue und war völlig außer sich. Sie war aufgelöst und hat mir Geständnisse gemacht- Entschuldige bitte.“ Er wandte den Kopf zu mir. „Das ist nicht sehr taktvoll-“

„Hey, nein, ist okay, red’ weiter“, sprach ich ihm gut zu und schaute ihn ermutigend an, ehe ich einen Schluck Tee nahm.

Er hielt kurz inne, dachte dann nach und nickte schließlich knapp. „Sie hat geschrien, dass sie mir gerne vorrechnet, dass ich der Vater bin und wie ich es wagen könnte, ihr so etwas zu unterstellen, ob ich denn nichts mehr von ihr hielte und ich sie für so widerlich halten würde…“

Ich legte den Arm um ihn und streichelte über seinen Kopf. Kein Wort verließ meine Lippen.

„Ich stehe das nicht durch“, sagte er leise. „Ich kann das einfach nicht, was alle von mir verlangen. Meine Eltern, ihre Eltern, sie selbst… und nicht zuletzt das Kind. Und am wenigsten kann ich es, wenn du nicht bei mir“, wisperte er und es wirkte einen Hauch schluchzend.

Ich spürte selbst, wie sich meine Augen mit Tränen füllten und ich versuchte rasch, mich nicht zu sehr hineinzusteigern, um nicht in Tränen auszubrechen.

„Bitte bleib bei mir“, hauchte er herzzerreißend und hielt sogleich mein Gesicht in seinen Händen. Sein Blick, dem ich nicht entweichen konnte, durchstach mir das Herz. Was sollte ich ihm sagen?

Ich schloss die Augen und näherte mich seinen Lippen, die er sanft empfing.

„Bleibst du?“, fragte ich leise. Die Stille schien erdrückend. Leicht legte ich den Kopf an seine Brust.

„Nichts lieber…“ Aber…
 

Die Nacht brach rascher ein, als wir es wollten und die Sonne stieg früher empor, als wir es für möglich gehalten hatten. Warm lagen wir in meinem schmalen Bett aneinander gekuschelt, die Decke das Kinn kitzelnd. Er hielt mich fest im Arm und an sich gepresst, dass ich ihn fast gar nicht für schlafend halten konnte.

Mein Blick fiel musternd herauf zu seinem Haupt. Ich kroch mit einer geschmeidigen Bewegung etwas höher zu ihm, sodass meine Gesicht über seinem war. Ganz seicht strich ich über sein Gesicht und betrachte jede Wölbung, jeden Schatten, jeden Strich, den seine Haut zeichnete.

„Ich würde bleiben, ich würde es…“, formten meine Lippen nahezu lautlos. Tränen stiegen mir in die Augen.

„Ich liebe dich, aber ich kann nicht. Es geht einfach nicht…“

Ich schluchzte leise und legte mein Gesicht an die Senke seines Halses, bevor ich noch mal einschlief.
 

Mein offiziell letzter Tag in Amerika. Morgen zählte nicht. Ich würde sehr früh das Land der unbegrenzten Möglichkeiten von oben sehen.

Ich spürte das heftige Drücken in der Magengegend, welches ich so gut es ging zu überspielen versuchte. Wenn ich nachgegeben hätte, hätte ich jeder Zeit in Tränen ausbrechen können.

Wir packten meine Sachen aus allen Ecken zusammen und überlegten, was ich noch morgen früh brauchen würde, was ich anzog, was ins Handgepäck kam.

Diese banalen Sachen waren angenehm. Und obwohl sie so nah am Thema Abschied waren, vereinnahmten sie mich und ließen mir keinen Raum für trübe Gedanken. Falls doch erinnerte ich mich eindringlich an meine Mutter, die ich in nicht allzu langer Zeit wieder in die Arme schließen würde.

„Pause, Mittagessen“, seufzte ich und ließ mich auf den Stuhl fallen.

Edward setzte sich lachend neben mich und strich mir eine Strähne aus dem Gesicht. Es ging ihm gut. Es ging ihm besser, sagen wir es so. Der Tag war bisher recht ausgelassen und ungezwungen verlaufen, weil wir beide das verdrängten, was uns am meisten auf der Seele lag, uns aber bald blühte.

„Gut… machen wir Mittagessen, um halb fünf“, grinste er und ging zu meiner Küche, wo ein paar Einkaufstüten standen, die wir am Vormittag besorgt hatten.

Ich beobachtete ihn von hinten grinsend, während er ein paar Sachen zurechtlegte und ging dann lachend zu ihm. „Ich denke, ich helfe dir mal, damit am letzten Tag nicht noch die Wohnung in Brand gesteckt wird. Oder machst du Suppe?“, fügte ich feixend hinzu.

Er lachte auf. „Keine Sorge, Chefin, ich überlasse Ihnen die Regie…“, kicherte er melodisch.

Ich reichte ihm mehrere Zutaten, nachdem ich sie gewaschen hatte. Er lehnte an der Anrichte. „Der letzte Tag, hm?“ Seine Fingerkuppen glitten über meine Wange.

Ich blickte nachdenklich herab und holte eine Schüssel aus dem Schrank.

„Edward…“, begann ich leise, während ich den Salat schnitt. „Wir sollten es uns nicht schwerer machen, als es ist. Deshalb denke ich, dass du morgen nicht mit zu Flughafen kommen solltest“, sagte ich direkt, wenn wir schon mal beim Thema waren.

„Jede Sekunde, die du hier bist, will ich mit dir verbringen“, erwiderte er tonlos.

„Es wird nur schwerer und ich denke, dass keine gute Idee ist“, erklärte ich mich weiter und gab das Dressing dazu. „Schwer wird das so oder so schon.“

Edward sagte einen Moment lang nichts und drehte mich dann zu sich um. „Okay, aber ich bringe dich“, gab er relativ schnell – ungewöhnlich schnell – klein bei.

„Gut, das ist doch ein Kompromiss“, lächelte ich. Ich glaubte nicht, dass ich ihn noch runterhandeln konnte.

„Aber ich hab noch etwas“, gestand ich direkt, ehe es Missverständnisse gab. Er sah mich geduldig und ruhig an, die Arme um meine Taille geschlungen. „Ich möchte nicht, dass wir uns Geschenke machen. Abschiedsgeschenke oder dergleichen“, sagte ich offen, aber merkte, wie sehr ich mich überwinden musste, dies zu sagen, obwohl ich die Worte schon oft im Kopf durchgegangen war.

Sein Blick traf mich nichtssagend, doch so voller Zuneigung, dass ich es unterdrücken musste, mir auf die Unterlippe zu beißen.

„Keine Erinnerungen“, fügte ich leise hinzu und hielt seinem Blick tapfer stand. „Ja…?“

Er glitt mit der Hand über meinen Hals. „Keine Erinnerungen also…“, seufzte er in einem undefinierbaren Unterton, nickte aber langsam.
 

Gegen Abend hatte ich noch mit meiner Mutter telefoniert und mich nach ihrem Befinden erkundigt. Sie sagte, es ginge ihr den Umständen entsprechend, aber die Freude über meine baldige Ankunft in Deutschland, schien sie über ihre Krankheit hinweg aufzuheitern. Sie wirkte ausgelassen und redete ununterbrochen, während ich mein Bestes gab, es ihr gleich zu tun. Meine Gedanken waren etwas schwammig und nicht wirklich aufmerksam.

Edward war am späten Abend gegangen. Keiner hatte mehr ein Lächeln für den anderen übrig – nicht, weil wir es nicht wollten.

In seinem Kuss schmeckte ich so viel Wehmut, dass dessen Bitterkeit meinen Körper kurz erschaudern ließ, ehe er verschwand.

Ich trottete in die leere Wohnung, die ganz wie zu Beginn aussah. Vielleicht etwas sauberer… mir kam meine Ankunft vor sechs Monate wie eine Ewigkeit vor. Aber gleichzeitig auch, als wäre es gestern gewesen, dass ich hier reingestiefelt war. Es war seltsam. Und es tat weh.
 

An Schlaf war nicht zu denken. Ich döste ein paar Stunden, wurde wieder wach; ich schloss die Augen, fand aber keinen Schlaf. Auf meine Brust drückte eine große Last, die mich wach hielt, mir klare Gedanken raubte und alles um mich herum sich drehen ließ.

Ich wandte mich auf die andere Seite und schaute in den Raum hinein, der von draußen etwas erleuchtet wurde. Mir flimmerten tausend Filme und Szenen durch den Kopf, die ich hier erlebt hatte. Ich legte meinen Kopf auf die Hand und spürte ein Drücken. Nachdenklich hob ich die Hand hervor und sah den Ring tonnenschwer an meinem Finger glänzen.

„Und was mache ich mit dir…?“, wisperte ich in die Dunkelheit.

Ich konnte ihn ihm nicht noch mal – das dritte Mal – zurückgeben… nachdem ich den Ring zum dritten Mal zurück bekommen hatte. Ich hatte ihn an einem Morgen, in einer Rosenblüte liegend, vor meiner Tür vorgefunden. Wortlos, aber es hatte auch keine Worte gebraucht. Ich schmunzelte bei den Bildern, die in meinem Kopf flatterten, aber mein Herz und meinen Magen nicht beruhigen konnten.

Nein. Nein, das ging nicht. Zurückgeben kam nicht in Frage. Das würde ihn zu sehr kränken. Aber wegschmeißen? Behalten? Ich wollte keine Erinnerungen…

In zähfließenden Bewegungen schob ich mich auf den Rücken und blickte empor zur Decke. Ich nahm den Ring ab und legte ihn auf den Nachttisch.

Gewöhn’ dich schon mal dran. Gewöhn’ dir alles ab, was hier war… und noch ist.
 

Warum klingelte der Wecker überhaupt?

Ich starrte sowieso seit mindestens vier Stunden auf die Uhr – nur mit dem Unterschied, dass es jetzt legitimiert war, aufzustehen.

Seufzend erhob ich mich, wusch mich und zog mich routiniert, wie eine Maschine, an.

Und jetzt?

Ich kramte zwei, drei Sachen nach links und rechts und sah dann aus dem Fenster.

Und wartete.

Auf ein Wunder? Einen Kometen? Ein Wink?

Irgendetwas.

Irgendetwas, was half.
 

Ich stand schon in Jacke und Schuhen im Zimmer, als Edward klingelte und in Windeseile oben war.

„Guten Morgen“, wisperte er mit der Wärme eines Eisblocks und legte kurz seine Lippen auf meine.

„Hey…“, murmelte ich und fürchtete, dass meine Stimme die Tonlosigkeit eines Felsbrockens erreicht hatte.

Er zog schmal die Mundwinkel hoch und nahm meine Koffer, die er sogleich herunterbrachte. Ich packte alle Kleinigkeiten noch in meinem Rucksack und den Ring in meine Hosentasche. Ich stellte alle Sachen, die ich noch hatte, auf den Flur und schritt noch mal in die Wohnung.

„Bereit?“, wisperte Edward mit zitterndem Unterton und legte die Hände massierend auf meinem Nacken.

Ich schwieg, schüttelte innerlich den Kopf und schloss die Wohnung ab. Den Schlüssel ließ ich klirrend in den Hausmeisterbriefkasten fallen und verließ mit Edward das totenstille Gebäude.

Der Motor schnurrte bereits und ich stieg ein.

Nervös nestelte ich in meinem Rucksack herum, kontrollierte Pass, Ticket, Handy, mp3-Player und den Pass, Ticket, Handy, mp3-Player und den Pass…

„Hoffentlich hab ich alles… wo sind denn die Uni-Unterlagen, die ich brauche… Das Ticket habe ich“, nuschelte ich leicht zitternd vor mich hin, um meinem Gefühlsleben irgendwie Ausdruck zu verleihen. „Meine Abschlussarbeit und das Buch… und das Armband von Dad-“

„Bella“, unterbrach Edward mich zurechtweisend. Sein Tonfall ließ mich erschaudern.
 

Niemand sagte etwas, bis wir ankamen, die Koffer und Taschen ausluden, auf einem Gepäckwagen verstauten, in der Halle gelangten und uns in die Schlange zur Gepäckaufgabe stellten.

Normalerweise würde mir die Müdigkeit nach solch einer Nacht, zu solch einer Zeit, ohne einen starken Kaffee einen Streich spielen. Doch ich war nicht müde, ich war hellwach und mein Herz schlug unangenehm heftig in meiner Brust. Regelmäßigkeit hatte es heute wohl auch verlernt.

Ich spürte wie Edwards Hand die meinige berührte und sanft umschloss. Sofort schossen mir die Tränen in die Augen, die ich, ein Gähnen vorgebend, wegblinzelte.

Isabella Swan. Du wirst nicht weinen. Keine Träne. Du wirst an deine Mutter denken, an dein zu Hause, dass du endlich dorthin zurückkehrst… Du. Wirst. Nicht. Weinen.

Ich atme tief durch und drückte Edwards Hand unbewusst fester; Edward erwiderte es.

Die Schlange vor uns verringerte sich viel zu schnell. Ich ließ Pass und Ticket kontrollieren, gab mein Gepäck ab und schlenderte langsam mit Edward die Halle entlang zu den Sicherheitschecks, hinter denen sich die Gates befanden.

Ich verlangsamte meine Schritte und blickte zu Boden. „Hier muss ich reingehen…“, wisperte ich und mein Hals wurde trocken. Die Feuchtigkeit in meinen Augen hielt sich unaufhaltsam konstant – aber aufhaltsam vor der Flut.

Kurz und schmerzfrei. Einfach ein Abschied, wie man sie vielfach im Leben beging.

Edward ließ meine Hand los und legte selbige an meine Wange, die andere ebenso. Ich sah bewusst herab, während ich seinen eindringlichen Blick auf mir spürte.

„Bitte lass das“, flüsterte ich mit einem dicken Kloß im Hals. „ Mach’ es uns nicht so schwer…“

„Bleib“, hauchte er mir entgegen. Ich hatte nicht bemerkt, wie nah sein Gesicht meinem gekommen war. „Bitte Bella, ich flehe dich an. Bleib bei mir. Geh’ nicht…“

Ich widerstand nicht mehr und schaute auf. Wie brennende Flammen, die alle samt in eisiger Kälte glühten, fixierte er mich intensiv. Sanft glühende Asche stahl sich aus dem Feuer und ergoss sich über seine Wange.

„Dann geh’, geh’ nur, aber komm wieder… oder lass mich zu dir kommen, gib mir deine Anschrift, deine Telefonnummer… irgendetwas…“ Seine Stimme hatte panische Züge angenommen.

„Du weißt…“ Ich atmete durch, um Sprechen zu können und ließ die Arme weiterhin neben meinem Körper anteilnahmslos hängen. „Du weißt, dass nichts von dem, was du verlangst, möglich ist. Wir finden uns damit ab. Du lebst dein Leben und… und ich wünsche dir alles erdenklich Gute“, sagte ich auswendig auf und schloss die Augen, um nicht in Versuchung zu kommen zu weinen. „Und ich werde in Deutschland meiner Mutter beistehen und weiterstudieren. So wie es immer vorher gewesen ist…“

„Bella“, flehte er und rüttelte meinen Kopf leicht, sodass ich ihn wieder ansah. Seine Augenränder waren leicht gerötet und der Zug seiner Tränen auf den glatten Wangen sichtbar. „Bitte… lass es nicht das Ende sein. Lass das nicht zu, ich bitte dich-“

„Wir sagen leb’ wohl“, unterbrach ich ihn tief atmend und blinzelte rasch. „Einfach leb’ wohl.“

Ich löste mich von ihm, trat einen Schritt zurück und betrachtete ihn einen Moment lang. „Alles Gute“, wisperte ich und wich noch wenige Zentimeter zurück, während mein Magen sich längst in eine undefinierbar kleine Größe verabschiedet hatte.

Edward starrte mich an, innerlich so aufgelöst und aufgewühlt wie ich es wohl war – nur, dass ich es besser verbarg und meine Tränen im Zaum hatte.

„Ich liebe dich“, sagte er mit einer Sanftheit, die ich in seiner Stimme immer noch nicht gewohnt war.

Ich ließ den Blick sinken und wandte mich um. Mechanisch, als müsste ich jeden Schritt, den ich tat, zuvor neu überdenken und lernen, ging in Richtung der Frau, die die Pässe und Bordkarten abglich und einen dann zu den Sicherheitskontrollen schickte.

Der Weg schien mir lang. Länger werdend. Edwards beißender Blick in meinem Rücken. Wie ein Dolch von hinten.

Dreh’ dich nicht um, widerstehe, lass es nicht zu, dass du dir noch mehr wehtust…

„Ihren Pass bitte“, vernahm ich nun die leicht schrille Stimme der Flughafenangestellte, die in mir klingelte.

Ich nickte hastig und reichte ihn ihr. Diese Sekunde reichte. Diese eine Sekunde, in der sie daraufblickte und ich warten musste. Mein Kopf schnellte nach rechts, wo ich hergekommen war. Edward stand an Ort und Stelle, gleiche Körperhaltung, gleicher Blick.

Diese Sekunde reichte, um meine Vorsätze zu brechen, Pass und Ticket dort zu lassen, wo sie sich gerade befanden, die mir entgegenkommenden Leute zu umlaufen und Edward in die Arme zu springen.

„Es tut mir so leid“, wimmerte ich und ließ meinen Tränen freien Lauf. Seine Arme hatten mich sogleich fest umschlungen und sich gedrückt.

„Ich liebe dich so sehr und ich weiß nicht, wie sehr ich dir für die Zeit danken kann, aber wir haben keine Wahl und auch wenn ich dich nie vergessen werde, ich kann nicht…“, sprudelte es aus mir heraus, während ich seine Schulter nässte.

Er zog mein Gesicht zu seinem und küsste meine Lippen, wie er es noch nie getan hatte. Nichts, was wir einander sagen wollten, bedarf weiterer Worte.
 

Den Ring hatte ich auf den Boden des Beifahrersitzes seines Autos gleiten lassen.
 

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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  jennalynn
2011-08-01T13:11:59+00:00 01.08.2011 15:11
So ein trauriges Ende. Wieder bin ich nur am heulen. Bitte Bitte schreib schnell deine Fortsetzung weiter. Ich muss wissen wie es ausgeht. Bitte als Happy End bitte. Das ist ja so schrecklich einfach so traurig.

Ganz ganz großes Lob und viele liebe Grüße.
Von: abgemeldet
2011-04-07T16:41:40+00:00 07.04.2011 18:41
o mann...
Von:  vamgirly89
2011-04-03T20:57:19+00:00 03.04.2011 22:57
nein. Nicht zu Ende. Jetzt bin ich auf den Epilog gespannt.
Von:  Yuki_Salvatore
2011-04-03T20:19:46+00:00 03.04.2011 22:19
T.T man mir sind jetzt am schluss echt fast die tränen gelaufen v.v
das is doch alles so unfair <.< sone liebe darf nicht auseinander gerissen werden x.x das geht einfach nicht!
Überhaupt das ganze Kapitel hatte i-wie etwas trauriges an sich, auch wenn natürlich auch lustige szenen dabei waren ^^

naja ich werd mal weiter zum epilog schreiten....

Von:  Sifafe
2011-04-03T19:39:38+00:00 03.04.2011 21:39
Schnief!
So schön, so traurig, und doch - die Hoffnung stirbt zu letzt.
Jetzt lese ich noch Deinen Epilog. Ich bin gespannt wie ein Flitzebogen!


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