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Der Wandel mit dem Detective

von

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01.Oct. 2025 - Ema

MÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖP!!!!!!!!!!!!!!!!!

Ich stöhnte und drehte mich zur anderen Seite. Meine Türklingel war mit

Abstand die grauenvollste von ganz LA.

MÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖP!!!!!!!!!!!!!!!!!

Ich öffnete ein Auge und schielte auf den Radiowecker. 7.31 Uhr.

Welcher Idiot-?

Ach, bestimmt nur der Postbote. Moment... ich hatte doch gar nichts bestellt.

MÖÖÖP!!! MÖÖÖP!!! MÖÖÖP!!!

ARGH! Herrgottnochmal! Ich quälte mich schlaftrunken aus dem Bett.

MÖÖÖP!!!

"Ich komme schon!" Im gleichen Moment packte ich mich fast der Länge nach hin, weil ich mit dem Fuß im Telefonkabel hängen blieb. Ich verpasste dem Telefon einen sauberen Tritt und ging zur Tür. Die Tatsache, dass ich in dem übergroßen T-Shirt keine elegante Erscheinung machte und mir die Haare zu Berge standen – was soll's, der Postbote war eh nicht mein Typ. Ich gähnte und öffnete die Tür.
 

....... ..... .... !
 

Dieser hier auch nicht. Und die Tür flog prompt wieder zu. Was zum Teufel

wollte Gavin hier?

Ich wusste es nicht, aber jetzt hörte ich ihn aus vollen Lungen meine

Wohnungstür anquatschen.

"Sie haben eine Schwäche dafür mit Türen zu knallen, ja? Wenn Sie mich

reinlassen, dürfen Sie noch mal mit meiner Tür knallen."

Also das war doch wirklich...!

"Verschwinden Sie, bevor es gleich richtig knallt!"

Ich schloss die Augen und massierte meinen Nasenrücken. Kopfschmerzen

kündigten sich an, also schleppte ich mich ins Bad und warf eine Aspirin ein.

Als ich mich zum Hahn beugte um Wasser zu trinken, hörte ich, wie er in

unregelmäßigen Abständen den Klingelknopf betätigte.

"Aber Fräulein Skye! Nun seien Sie doch nicht so grausam zu mir! Gestern waren

Sie noch so süß und ich habe mich wirklich auf unser Date heute gefreut. Wieso

lassen Sie mich jetzt einfach vor der Tür stehen? Bin ich Ihnen nicht gut

genug?"

Was zum Henker redete er da!?

Da an Schlaf nicht mehr zu denken war, ging ich in die Küche um Kaffee

aufzusetzen. Gavin malträtierte weiterhin die Türklingel.

MÖÖÖP!!! MÖÖÖP!!! MÖÖÖP!!!

Ich versuchte mit den Utensilien lauter als nötig zu klappern, nur damit ich

ihn nicht hören musste. Zwecklos.

"Das ist ja wohl die Höhe! Der arme junge Mann! Frau Skye, Sie sollten sich

schämen!"

Na das war ja wunderbar! Als ob Gavin vor der Tür nicht schon ätzend genug

war, hatte er jetzt noch Gesellschaft bekommen. Es war nicht zu überhören,

dass es die alte Schreckschraube von gegenüber war. Ich hatte damals keine zwei

Minuten den Mietvertrag unterschrieben, da wusste ich schon bestens über alle

Lebensgeschichten meiner Nachbarn Bescheid. Hinzu kam, dass die Alte einen

elendig langen Monolog führte, wann und vor allen Dingen wie das Treppenhaus

gewischt werden musste.

Und wieso war ich jetzt die Böse?

Gavin wollte Krieg? Konnte er haben!

Ich stapfte mit energischen Schritten auf die Tür zu und - stop, umkehren! Auf

die Schnelle zog ich mir eine Jeans und ein besser sitzendes Shirt an und

strich mir noch mal schnell die Haare glatt. Dann öffnete ich lächelnd die

Tür.

"Mrs. Oldbag... Hi! Dieser arme junge Mann hatte gestern das Vergnügen mit mir ein Vorstellungsgespräch zu führen. Leider genügte ich seinen Ansprüchen

nicht, was er zum Ausdruck brachte, indem er sich über mich lustig machte. Und

jetzt steht er vor meiner Tür und belästigt mich. Wenn doch nur jeder

Morgen so wundervoll beginnen würde..." Ich redete mit einer derart sanften

Weise, dass ein Ausländer geglaubt hätte, ich überhäufe Gavin mit tausend

Komplimenten. Hinzu kam, dass ich ihn äußert liebevoll ansah.

Innerlich beschimpfte ich ihn natürlich auf Übelste und wünschte ihm die Pest

an den Hals.

Das Nächste, was ich wahrnahm war Gavin, der näher kam und sich zu mir runter

beugte – er wollte doch nicht!? Ich bog instinktiv meinen Kopf zurück und

hasste ihn dafür, dass er meinem Gesicht so nahe war.

"Was habe ich nur getan, dass Sie mich mit derart falschen Beschuldigungen

verletzen wollen? Stehe ich nicht hier vor Ihnen, nachdem ich

besorgt zum vereinbarten Zeitpunkt auf Sie gewartet habe? Ich hatte schon

befürchtet Ihnen wäre etwas zugestossen! Ich bin, so schnell ich nur konnte,

zu Ihnen gefahren, um mich zu vergewissern, dass es Ihnen gut geht, ja?

Schließlich wollen wir doch heute zusammen rocken."

Er war nicht nur dreist, sondern ein Schleimer und Schönschwätzer. Das

gekünstelte Lächeln war mir schon längst aus dem Gesicht gewichen, und ich

hatte Mühe ihm fest in die Augen zu blicken, zumal ich noch nach einer Antwort

suchte, die ich ihm an den Kopf knallen konnte.

"Ach, nun vergeben Sie dem jungen Mann doch, Frau Skye! Sehen Sie nicht, wie

sehr er sich um Sie bemüht!? Lassen Sie sich auf einen hübschen Kaffee

einladen und dann werden Sie schon sehen, dass er gar kein so schlechter Kerl

ist. Zumeinerzeithatmanesnatürlichnichtnurbeieinemkaffeegelassenhachjaaberzu

meinerzeitwarsoeineromanzezwischenchefundangestelltennatürlichunden

kbarhättemansichdamalsauchnurgewagt..."

Wie bitte? Sie lag ja so was von falsch. Wen wunderte es?

"Sie missverstehen da was, Mrs. Oldbag. Er ist nicht mein Chef und ich bin nicht

seine... Angestellte."

Jetzt konnte ich Gavin fest in die Augen blicken.

"Ich kann mich nicht mal an einen Arbeitsvertrag erinnern. Wie dumm von mir."

Gavin entfernte sich – war auch besser so für ihn.

"Sie entschuldigen?", sagte er zu Mrs. Oldbag. Und dann ging alles ziemlich

schnell. Er zog mich in die Wohnung, schloss die Tür mit dem Fuß und lehnte

sich dann mit verschränkten Armen dagegen.

Mit einem ernsten Blick sah er auf mich herab.

"Wenn ich mich recht entsinne, hatte ich Sie gebeten heute um

Punkt sechs Uhr in mein Büro zu kommen, um mit mir ein Briefing durch zu

führen. Liege ich da falsch? Nein. In diesem Briefing hätte ich Ihnen gerne

erklärt, wie ich die Dinge mit meinem Detective handhabe und wäre den

Arbeitsvertrag mit Ihnen durchgegangen. Unglücklicherweise sind Sie nicht

erschienen, weshalb ich mich genötigt sah, bei Ihnen nach dem Rechten zu sehen.

Und jetzt frage ich Sie ganz offen: Möchten Sie den Job immer noch? Wenn das

der Fall sein sollte, dann werden Sie innerhalb von zehn Minuten gestiefelt und

gespornt draußen sein und mit mir zum Tatort fahren. Andernfalls... muss ich

wohl leider auf Sie verzichten, ja?"

Was zur Hölle sollte das? Gavin zerrte mich in meine Wohnung und... hielt er

mir da gerade eine Standpauke? Pf!

Ich kam nicht dazu, mich zu äußern, denn er verließ die Wohnung. Und

scheinbar hatte ich gehörig was missverstanden. Eigentlich dachte ich, dass es

kein Arbeitsverhältnis gäbe. Aber jetzt hatte ich wohl doch einen Job. Auch

gut.

Zehn Minuten sagte er? Ich gönnte mir zwölf... Ha, nimm das Gavin!

Als ich raus ging und die Wohnungstür abschloss, war keine Oldbag mehr da. Es

grenzte an ein Wunder, dass die Alte nicht in Lauerposition stand um mich a)

auszuquetschen... b) eine weitere Predigt vom Stapel zu lassen und c) in

Erinnerungen zu schwelgen. Urks.

Ich ging die Treppen hinunter und als ich nach draußen gelangte, sah ich Gavin

an so einer lila Protzmaschine warten. Ich nahm meine Brille aus der Tasche und

setzte sie auf meinem Kopf.

"Falls Sie noch mal einen Detective brauchen, drücken Sie sich einfach klarer

aus." Als nächstes wühlte ich in meiner Tasche nach Kleingeld für ein

Busticket.

"Also, wo ist der Tatort?"

Gavin wirkte amüsiert und holte einen Helm hevor.

"Denken Sie nicht mal dran mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren. Meine Maschine schafft's in zwanzig Minuten. Sie hätten vor..." - ein kurzer Blick auf seine Armbanduhr - "... fünf Minuten am Tatort sein müssen. Entscheiden Sie selbst, wie weit Sie sich an ihrem ersten Arbeitstag noch verspäten wollen."

Ich starrte ihn recht unfreundlich an ohne dem Zweithelm auch nur einen Funken

Beachtung zu schenken.

"Vergessen Sie's. Ich steige nicht auf dieses Monster. Und bevor Sie gleich in

Tränen ausbrechen, weil Ihnen der Bus zu langsam ist: Ich nehme ein Taxi.

Zufrieden? ... Sagen Sie mir jetzt bitte, bitte die Adresse?"

Endlich bequemte er sich mir die Adresse aufzuschreiben, bevor er sich auf seine

Maschine setzte.

"Ich sehe Sie dann am Tatort, Fräulein Skye. Seien Sie nicht zu

unpünktlich, ja?"

Blödaffe.

Ich sah zu, wie er davon fuhr und suchte mir dann ein Taxi. Die Fahrt dauerte

dreißig Minuten und selbstverständlich übernahm ich die Rechnung... nicht,

sondern ließ sie auf Gavin ausschreiben. Als ich ausstieg, sah ich bereits die

gelben Absperrungen. Ich musste unwillkürlich an die Zeit mit Mr. Wright denken

und nahm mir vor ihn mal in seiner Kanzlei zu besuchen.

Ich beugte mich unter die Absperrung um zum Tatort zu gelangen, da wurde ich von

einem Wachmann angehalten, das Gelände zu verlassen. Vergeblich versuchte ich

ihm klar zu machen, dass ich der zuständige Detective war, doch ich hatte nicht

mal einen Dienstausweis, dem ich ihm unter die Nase halten konnte. Shit!

"Besser Sie verschwinden jetzt, Ma'am. Ich krieg' nen Haufen Ärger, wenn so n paar neugierige Pressefuzzies hier rumschnüffeln."

Was zum-!? Ich tastete in meiner Tasche nach Snackoos und wollte diesen Idiot bewerfen, als eine bekannte, nicht unbedingt sympathische Stimme mein Vorhaben unterbrach.

"Das geht schon in Ordnung 'Herr' Summers. Das Fräulein Detective gehört zu mir, ja?" Hui, der glimmeröse Glimmerfop. Irgendwie wurmte es mich, dass dieser Polizist jetzt Entschuldigungen stammelte und das Absperrseil nicht hoch genug halten konnte. Und es war nicht so, dass ich vor Erleichterung auf die Knie fallen wollte, aber wenn Gavins Anwesenheit es zuließ, dass ich endlich den Tatort untersuchen konnte, war's mir auch recht. Zu irgendwas musste er ja taugen.

"Nun kommen Sie schon, Fräulein Skye. Leider kann ich Sie nicht dafür bezahlen, dass Sie mit unseren Polizisten flirten, ja?"

Hm? Oh, richtig. Ich hörte auf den Polizist mit bitterbösen Blicken zu strafen und ging weiter, ohne Gavin anzusehen.

"Und ich glaube, niemand will Sie für Sätze bezahlen, die nicht mal ansatzweise witzig sind."

Als ich den Tatort erreichte, sah ich, dass er noch ganz frisch war. Er wurde noch nicht untersucht, nur abgesperrt. Mein Herz schlug schneller, weil ich nun meinen ersten richtigen Fall untersuchen würde. Ich ging in Gedanken alles durch, was ich auf der Polizeischule gelernt hatte, bevor ich mich auf Forenskik spezialisierte.

1. Tatort abriegeln. War schon erledigt.

2. Fotos. Ich nahm eine kleine Digitalkamera aus meiner Tasche und machte von allen wichtigen Abschnitten Bilder.

3. Handschuhe. Ich fand vor Ort welche.

4. Leichensicherung. Ich wies zwei Polizisten an (nachdem ich Planen um den Körper ausgebreitet hatte für die spätere Fußspurenanalyse) die Umrisse der Leiche abzukleben und sie dann in die Obduktion zu bringen.

5. Spurensicherung. Ein Messer steckte unübersehbar in der Leiche und ich entdeckte enorme Blutspuren mit Hilfe von Luminol. Ansonsten ging mich die Leiche nichts an. Ich war ja nur der Detective.

Bei jeder neuen Spur hatte ich das Verlangen diese auch chemisch zu untersuchen, aber ich durfte es nicht. Das war Aufgabe der Forensiker. Hmpf.

Nachdem ich alles abgegrast hatte, schickte ich drei Polizisten los um Zeugen zu befragen. Und jetzt hieß es warten. Ich stand mitten im Geschehen, völlig miesgelaunt und schob mir einen Snackoo nach dem anderen in den Mund. Und dann hätte ich mich beinahe verschluckt.

"Achtung, Fräulein Detective! Sie sind ziemlich flink, ja? Ich kann Ihnen wohl doch ein bisschen mehr zumuten."

Munch. Munch. Munch.

Das war Antwort genug und ich sah genervt zur Seite.

Ein Polizist kam angewuselt und gab mir das erste Untersuchungsprotokoll. Ich überflog es auf die Schnelle.

"Geht in Ordnung." Dann unterschrieb ich das Blatt und reichte es wortlos an Gavin weiter. Ich musste ihm wohl nicht extra erklären, dass seine Unterschrift daneben gehörte. Das wusste er sicher.

Munch. Munch. Munch.

Die Forensiker trafen ein. Pf! Bestimmt hatten die super einfache Fragen in den Prüfungen.

"Ach, die 'Herren' Forensiker! Hier scheint ja wirklich alles reibungslos zu laufen. Das rockt, ja?"

Musste er eigentlich alles kommentieren?

Munch. Munch. Munch.

Ich drehte mich in die entgegengesetzte Richtung, weil Gavin schon wieder blendete. Ein Eichhörnchen kletterte einen Baum abwärts.

Und gerade war ich dabei mir einen weiteren Snackoo in den Mund zu schieben, als Gavins Grinsegesicht in meinem Sichtfeld auftauchte. Am liebsten hätte ich ihm den Snackoo in die Nase gestopft, einfach damit er mal die Luft anhielt.

"Mit Ihrer finsteren Miene machen Sie den armen Polizisten hier noch Angst. Oder ist es, weil ich Ihnen im Weg bin? Wenn Sie den 'Herren' Forensikern so gerne bei der Arbeit zusehen wollen, kann ich Sie gerne miteinander bekannt machen. Sie werden in Zukunft noch öfter miteinander zu tun haben, ja? Kommen Sie!"

Was? Bevor ich protestieren konnte, hatte er einen Arm um mich gelegt und schob mich zu den Forensikern. Ich sträubte mich, aber Gavin war stärker.

"Achtung, meine 'Herren'! Ich möchte Ihnen Fräulein Skye vorstellen, der neue Star unserer Show. Ab sofort ist sie hier der Detective und genießt mein vollstes Vertrauen! Schmeißen Sie alle eine gute Performance, ja?"

Das klang, als sei ich eine ABC-Schülerin oder bestenfalls Praktikantin.

Ruhig bleiben, Ema, wenn du ihn umbringst, gibt das nur unnötigen Ärger.

Munch. Munch. Munch.

Zu meiner Genugtuung warfen die Forensiker Gavin nur einen geringschätzigen Blick zu, bedachten mich aber mit einem kollegialen Nicken. Ha!

So sehr ich sie um ihren Job beneidete; sie konnten am allerwenigsten was für die Vorgesetztenkatastrophe. Ich sah wie sie dabei waren eine schnelle Probe abzunehmen. Dann sprach ich zu Gavin, ohne ihn anzusehen.

"Kaliumoxidhydrat. Schnelltestverfahren zur Bakterienanalyse. Macht man so, wenn man wissen will, wie lange jemand schon tot ist."

Munch. Munch. Munch.

"Und die Arbeit eines Forensikers findet hauptsächlich im Labor statt. Hier gibt es nicht viel zum zusehen oder miteinander arbeiten, Gavin."

Munch. Munch. Munch.

Offensichtlich machte er sich wichtiger, als er wirklich war und das wunderte mich überhaupt nicht.

Munch. Munch. Munch.

Ich starrte wieder auf den Baum. Das Eichhörnchen war weg. Pf.

"Und Sie sind sich wirklich sicher, dass Sie die Prüfung nicht doch einfach nur zu locker angegangen sind?"

Er drehte mich an den Schultern herum, lehnte sich viel zu weit nach vorn und sah mir in die Augen.

"Ich möchte trotzdem, dass Sie gut miteinander auskommen, ja? Ich bin es gewohnt, mich auf die Kompetenz und Zuverlässigkeit meiner Leute immer hundertprozentig verlassen zu können. Wenn ich mich in meinem Büro auf einen Gerichtstermin vorbereite, möchte ich, dass sämtliche Dokumente und Beweisstücke, die sich auf meinem Schreibtisch befinden, von Ihnen ausgiebig bearbeitet und geprüft wurden. Wenn man eine Show rocken will, muss alles hinter der Bühne reibungslos ablaufen."

Dann lehnte er sich wieder zurück. Leider war er noch nicht fertig mit seinem Monolog.

"Außerdem wäre es ziemlich uncool, wenn mein Fräulein Detective von irgendeinem Strafverteidiger in die Mangel genommen wird, weil sie nicht auf ihre Zeugenaussage vorbereitet war, ja?"

Er war schlimmer als ein altes Waschweib und hörte sich wohl gerne reden. Vollidiot!

Munch. Munch. Munch.

"Ich lasse Sie jetzt mit Ihren neuen Arbeitskollegen allein. Kommen Sie direkt in mein Büro, wenn Sie hier fertig sind. Dann gebe ich Ihnen Ihren so schmerzlich vermissten Arbeitsvertrag."

Er wollte abhauen? Bestens. Ich hatte schon befürchtet, den ganzen Tag seine Anwesenheit ertragen zu müssen. Es raschelte verdächtig und ich sah pfeilschnell zu meiner Snackoo-Tüte.

"HEY! Geben Sie den sofort wieder her!" Doch er spazierte mit riesigen Schritten davon.

"D-Das ist Diebstahl, Gavin?!" Ich wusste, dass es lächerlich war, deshalb klang ich nicht nur hysterisch, sondern auch unsicher. Ich schoss ihm noch ein paar mentale Pfeile in den Rücken. Aber immerhin hatte ich jetzt meine Ruhe.

Munch.
 

Ein paar Stunden später war ich mit den ersten Befunden auf dem Weg in Gavins Büro. Ich klopfte an, wartete die Antwort nicht ab und trat ein.

Ohne eine Begrüßung ging ich auf seinen Schreibtisch zu und legte nacheinander Papierumschläge ab.

"Toxilogischer Befund, erster Bericht. Pathologischer Befund, noch ziemlich ungenau. Tatortbilder. Aktueller Bestand der Beweisliste. Und hier noch ein paar Meldungen aus der Forensik."

Das genügte. Ich wandte mich ab, doch als ich die Tür öffnete, wurde sie gewaltsam wieder zugedrückt.

"Achtung, Fräulein Skye! Sie vergessen ja das Wichtigste!"

Schon wieder lag sein Arm um meine Schultern und er drängte mich zurück zum Schreibtisch.

"So nobel ich es auch finde, dass Sie offensichtlich kostenfrei für mich arbeiten möchten, muss ich darauf bestehen, dass Sie Ihren Arbeitsvertrag unterschreiben."

Gavin holte aus einer Schublade ein paar zusammengeheftete Dokumente und eine Polizei-Marke nebst Ausweis. Das alles schob er zusammen mit einem teuer aussehenden Kugelschreiber über den Tisch.

"Nehmen Sie sich ruhig Zeit beim Durchlesen. Nicht, dass Ihnen wieder etwas entgeht."

Ach ja, der Arbeitsvertrag. Das hatte ich tatsächlich vergessen. Ich las nur die wichtigen Passagen zum Thema Urlaub und Krankmeldung. Wenn man unter Gavin arbeitete, war das notwendig.

Ansonsten schien das so ziemlich der normalste Arbeitsvertrag der Welt zu sein.

Ich unterschrieb mit meinem eigenen Kugelschreiber und steckte die Kopie in meine Tasche.

Dann warf ich einen Blick auf die Dienstmarke und den Ausweis. Schien in Ordnung zu sein und wanderte ebenfalls in die Tasche.

Als ich aufsah, war Gavin bereits dabei die von mir überbrachten Unterlagen zu lesen.

Spielende Kinder sollte man nicht stören, also war das ein guter Zeitpunkt zum gehen.

"... Sagen Sie mir, Fräulein Detective, was halten Sie davon?"

Er hielt eines der Papiere hoch und ich sah von hier aus, dass es der Fallbericht war. Das war nicht sein Ernst, oder? Ich sah kurz auf meine Uhr, dann zu ihm und versuchte einen recht ungehaltenen Eindruck zu machen.

"Wissen Sie, ich habe heute noch nichts Anständiges gegessen. Gute Nacht, Gavin." Ich sattelte meine Tasche und wandte mich zum Gehen. Es stimmte, bei all der Arbeit hatte ich nicht eine einzige Pause gehabt. Und ausgerechnet jetzt wollte er über den Fall philosophieren. Mir kam es aber bereits zu den Ohren raus. Und außerdem hatte ich Hunger.

Kaum stand ich draußen, bemerkte ich, wie er das Büro abschloss. Offenbar war er schon aufbruchbereit gewesen, bevor ich kam.

"Wie Sie wünschen, Fräulein Skye! Dann können Sie mir ja morgen früh um halb Sechs Ihre Meinung zu dem Fall sagen, ja?"

Ich konnte nicht anders als ihn entgeistert anzusehen.

"Halb Sechs?" Ich keuchte. "Das machen Sie doch mit Absicht!"

Er gab ein raues Lachen von sich, legte den Kopf schief und grinste unheilvoll.

"Kann ich Sie nach Hause fahren?"

Stirb, Gavin, stirb!

"Nein, Sie können mich nicht nach Hause fahren. Aber Sie können mich mal kreuzweise!"

Ich stapfte mit einer mir bis dato unbekannten Wut den Gang entlang.

"So schmeichelhaft das auch klingt, Fräulein Skye, bin ich doch dafür, dass wir uns erstmal näher kennen lernen, bevor ich auf Ihre Einladung eingehe, ja?", rief er mir nach.

Ich musste wirklich alles an Selbstbeherrschung opfern, damit ich mich nicht umdrehte und ihn vierteilte. Erst war ich versucht den Fahrstuhl zu nehmen, aber dann fiel mir ein, dass er wohl das Gleiche im Sinn hatte. Also nahm ich die Treppe.

Zu Hause konnte ich nicht mehr viel mit meiner freien Zeit anfangen. Es reichte gerade mal um Lana anzurufen und nebenbei ein Fertiggericht in die Mikrowelle zu verfrachten. Und dann musste ich auch schon ins Bett, andernfalls würde ich verschlafen und diesen Triumph wollte ich Gavin jetzt erst recht nicht gönnen.



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