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Orthogonalität am Beispiel des virilen Objekts

von

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Brian verbindet

Trotzdem hatte ich ein merkwürdig flaumiges Gefühl im Magen, als ich am Montagmorgen aus de Bus stieg und zur Schule runter ging.

Auch, wenn es so ausgesehen hatte, dass es Ray war, der in Herrn Branner veknallt war, und dass Herr Branner quasi so tat, als sei gar nichts passiert, hatte ich dennoch irgendwie Angst, ihm zu begegnen.

Und Joe.
 

Er war auf jeden Fall angeheitert gewesen, als er beim Sommerfest zu uns stieß und  unmissverständlichen gestikuliert hatte, wie er angeblich zu mir stand.

Dadurch war nun auch für Herrn Branner klar, dass ich schwul war und er musste denken, wir seien eine kleine, homosexuelle Gruppe von Freunden, die es höchstwahrscheinlich noch mit allen gegenseitig tat.

Oh Gott.
 

Ich verfluchte Joe und alle anderen leise, als es um acht Uhr zum Unterricht klingelte, mein Kunstkurs aber, wie so oft, ausfiel und mir nichts anderes übrig blieb, als genervt und müde auf meinem Stuhl in der Pausenhalle sitzen zu bleiben.

„Genieß deine Freistunden“, hatte Flor gesagt, dann waren er, Lilly und Ray zum Musikunterricht im anderen Gebäude, und Julie und Pat zum Kunstkurs im oberen Stockwerk gegangen.
 

Ich seufzte genervt, kannte nach wie vor niemanden, der in Pausenhalle verweilte, die Menge löste sich so wie so ziemlich schnell auf. Wer war schon so blöd, und kam Montagmorgen früher?

Außer mir natürlich, der ich nicht wusste, dass Kunst ausfallen würde, Joe und der Rest meines Kurses allerdings schon.
 

Also griff ich in meinen schwarzen Burton-Rucksack und nahm meinen iPod hervor, steckte mir die charakteristischen, weißen Ohrhöhrer in die Ohren, schaltete den Player an, der ging jedoch sofort wieder aus.

Verwirrt schaltete ich de iPod noch mal an, er leuchtete auf, dann ging er wieder aus.

„Scheiße“, nuschelte ich noch genervte, riss mir die Ohrhöhrer wieder aus den Ohren und pfefferte das Gerät deutlich angenervt zurück in den Rucksack.

Wie konnte der Akku jetzt leer sein?

Jetzt?
 

Ich zog die Knie auf meinen Stuhl, legte die Arme um sie und den Kopf in die Arme.

Hallo, gemütliche Kopf-Auf-Knie-Welt, ich bin's, Tim Müller und ich könnte heulen, alles läuft irgendwie beschissen heute.

Noch prekärer wurde die Angelegenheit, als sich jemand zu mir an den Tisch setzte.

Ich vermutete Joe, wie letztes Mal, doch der war sicher zu Hause und schlief noch.

Dann dachte ich an Josh, wie beim Sommerfest, doch wenn der die ersten Stunden frei hätte, wäre der garantiert nicht hier und würde ausgerechnet mich in meiner Schwermut ermuntern wollen. Es war zwar sein Fachgebiet, in den unangenehmsten Situationen zu nerven und anwesend zu sein, wenn man ihn nicht wollte oder brauchte, aber selbst ein Montagmorgen konnte diese Nervensäge in die Knie zwängen.

Da mir sonst niemand einfiel, der sich neben mich setzten würde, zog ich konfus die Augenbrauen hoch, hob den Kopf, kniff die Augen zusammen und sah dann ihn neben mir sitzen.

„Zac...“ nuschelte ich verwirrt. Dann lächelte er. Dieses blöde Lächeln.

Es war bezaubernd.

„Alles klar?“ Fragte er und mir blieb die Luft weg „Ähm.“
 

„Gehts dir wieder besser?“

„Ähm“

„Warst du die ganze Woche krank, hm?“

„Äh...“, ich hob die Hand zu meinem Mund, räusperte mich und nahm mir gleichzeitig vor, eine normale Konversation zu führen, mit richtigen Wörtern.

„Erkältet“, antwortete ich leise „wahrscheinlich vom Sommerfest.“

Er nickte lächelnd, etwas verwirrt.

„Weil ich den ganzen Tag auf der Wiese gesessen hatte“, erklärte ich schüchtern.

Wieder nickte er lächelnd, diesmal verstehend.

„Und was machst du hier?“ Fragte er und sah zur großen Uhr hoch, die an der Wand über den Türen zum Sekretariat hing.

Ich seufzte genervt auf „Kunst fällt aus und ich hab's nicht gewusst.“

„Oh, so ist das!“ sagte er lächelnd.

Das Lächeln war so schön.

Und ich vergaß, wieso ich überhaupt Angst gehabt hatte, ihm zu begegnen.

„Ich hätte eigentlich jetzt den Mathe LK der Dreizehner.“ fing Herr Branner an, zu erklären „aber die sind nicht aufgetaucht.“

Er zuckte die Schultern „irgendsoein Streich. Wobei es ja noch etwas zu früh ist, für Abistreiche, oder?“ Herr Branner sah zu seiner Uhr.

Ich nickte „Ja, irgendwie schon.“

Das klang eindeutig nach meinem bescheuerten Halbbruder, der kam am Laufenden Band auf solche dummen Ideen, und ich erwartete nur mit (Ehr)furcht die Abistreiche dieses Jahr, die garantiert fast alle auf seine Kappe gehen würde.

Blödes, verwöhntes Kind.
 

Ich spürte Herr Branners musternden Blick auf mir.

Ich schluckte. Ich wusste nicht so wirklich, was ich tun sollte.

Dann tat er etwas, was ich mir nicht mal mit viel Mühe vorstellen konnte, dass er, Zac Efron oder irgendwer sonst auf der Welt, das jemals tun würde.
 

„Hey Tim, du stehst doch auf Kaffee?“

„Ähm?“ ich zog verwirrt die Augenbrauen hoch

„Ich kenn' eine gute Bäckerei“

„Kaffee?“ ich sah ihn scheinbar viel perpelexer an, als ich eigentlich war

„Du wirkst noch ziemlich neben dir stehend“, antwortete er freundlich. Und lächelte.

Das andere Lächeln. Das wunderschöne Lächeln.

„Aber, aber aber“, sagte ich, als Herr Branner aufstand „Sie sind doch mein Lehrer!“
 

Der Satz, den ich aussprach, stach mir tief ins Herz, ich fasste mir kurz an die Brust; doch der Knoten löste sich, als er antwortete: „Betrachte mich eben nicht als deinen Lehrer!“

Er lächelte.
 

Ich liebte sein Lächeln.
 

Unser zweisames Beisammensein war total kribbelig in meinem Körper, ich zitterte teilweise sogar so sehr, dass ich den Kaffeebecher abstellen musste.

Die Kommunikation blieb eher spärlich, ich wusste nicht wirklich, was ich hätte sagen oder erzählen sollen und Herr Branner selbst schien teilweise auch irgendwie verlegen.

Er frage mich, ob es mir zu Hause gut ginge, und da ich die Frage nicht verstand, nickte ich einfach und antwortete mit Ja.

Wir drucksten eine Weile blöd rum, dann kamen wir irgendwie auf Musik zu sprechen, auf meinen iPod und die doch etwas ungewöhnlichen Farbe, dann auf Placebo und am Ende schwärmten wir uns beide einen was über Brian Molko vor.

Es war trotz anfänglicher Schwierigkeiten so ausgelassen, mit Herrn Branner zu reden, dass ich vergaß, angespannt zu sein und ganz hingerissen von Brian Molko und später Steve Joachim erzählte und auch vergessen hatte, dass es mir ein winziges bisschen peinlich war, dass ich schwul war.

Jetzt war es so oder so raus.

Dass und wie er über Brian Molko sprach, wurde mir in diesem Moment nicht bewusst.
 

Voller Glückseligkeit erwartete ich meine Freunde am Anfang der Pause an unserem Pausenstammtisch.

„Wasn mit dir los?“ fragte Ray misstrauisch, als er die ausgelassene Freude in mir wahrnahm.

„Nichts“, trällerte ich vergnügt und lächelte weiter doof vor mir rum.

„Okay“, sagte Ray, setzte sich auf seinen Stuhl neben meinen und konnte nicht aufhören, mir immer wieder skeptische Blicke zu zuwerfen.

Gerade, als er zum Sprechen ansetzte, erblickte ich Josh und Steve in die Pausenhalle treten.

Ich zog die Augenbrauen zusammen, stand auf und ging schnurstracks auf meinen Halbbruder zu.

„Josh“, rief ich, als ich fand, dass ich nah genug dran war, und neben seinem drehten sich auch einige andere Gesichter zu mir um.

„Timmi“, entgegnete er fröhlich und nahm meinen wehrlosen Körper, als ich nah genug dran war, ungefragt und etwas zu heftig in eine Umarmung.

Und er ließ mich nicht mehr los.

Steve und die anderen Dreizehner lachten leise darüber und ich verdrehte genervt die Augen.

„Ich muss mit dir reden“, sagte ich ernst, Josh schmiegte sein Gesicht an mein Haar und nickte „Was gibt’s, mein kleiner, schwuler Freund?“

Ich brummte noch genervter, versuchte, mich weg zudrücken, spürte dabei seine trainierte Brust durch das T-Shirt, war davon kurz etwas irritiert, fing mich wieder und fragte dann angesäuert „tust du mir einen Gefallen?“
 

Er nahm ernstere Züge an, ließ mich endlich los und sah dann zu mir herab „was denn, mein kleiner Freund?“

Ich ignorierte den versteckten Kommentar über meine Körpergröße, der gar nicht da war, ballte die Hände zu Fäuste, um meine irrationale Wut zu unterdrücken und sagte: „Ärger Herrn Branner nicht mehr so!“
 

Er hob verwirrt eine Augenbraue „Wie bitte?“

„Du hast doch Mathe bei ihm.“ sagte ich gepresst und Josh nickte.

„Dann mach nicht mehr so'n Scheiß wie heute.“

„Was meinst du?“

„Na, einfach nicht zum Unterricht kommen. Das ist unfair!“ sagte ich etwas lauter.
 

Josh lachte vergnügt auf, legte dann seinen Arm um meine Schulter und ging mit mir ein paar Schritte von der Menge weg „soll das heißen, du  bist verknallt in ihn?“
 

Ich lief rot an und verpsannte mich deutlich.
 

„Ach nein, wie süß!“ entgegnete Josh. Er stellte sich vor mich, kniff mir in die Wange und sagte: „So was niedliches. Was nur Ray dazu sagen wird.“

Er grinste böse.

„Ray ist nicht schwul.“ sagte ich verkrampft und spürte langsam, wie sich meine Fingernägel in meine Handflächen bohrten.

„Schon gut. Wenn du es so ernst meinst“, sagte er friedlich „dann werd ich das beherzigen. Für dich alles, mein kleiner, schwuler Freund.“

„Und hör auf, mich so zu nennen!“ sagte ich scharf, drehte mich dann um und ging zurück zu meinen Freunden.

„Kannste vergessen, mein kleiner, schw...“ rief er mir hinterher, ich drehte mich nach zu Josh, zeigte ihm den Mittelfinger, er verstumme, lächelte, und ich ging endgültig zu Ray-Ray und Lilly zurück.

Jetzt hatten wir Mathe.
 

Bei Herrn Branner.

Und ich fühlte mich irgendwie etwas mehr verbunden mit ihm, als noch heute morgen.



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