Einladung
Dieser Oneshot hängt irgendwie an dem, den ich über Lucy und Leo geschrieben habe. Darin hab ich Gazille und Levi kurz erwähnt und als ich ihn letztens wieder gelesen habe, musste ich das kleine Szenario einfach aufschreiben :) Vielleicht schreib ich dazu noch mal eine kleine Fortsetzung.
Viel Spaß beim Lesen!
Liebe Grüße,
Ur
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Es gab Dinge, die waren vollkommen überflüssig. Dazu gehörten beispielsweise Frühlingsbälle in Magnolia. Allerdings schien niemand außer ihm dieser Meinung zu sein, denn alle anderen Mitglieder der Gilde waren völlig aus dem Häuschen. Lluvia hatte einen Ohnmachtsanfall bekommen und anschließend den ganzen Schankraum geflutet, als Gray sie gefragt hatte, ob sie mit ihm zum Ball gehen wollte. Gazille hatte keine Ahnung, wieso Lluvia so durchgedreht war. Dass sie auf den Exhibitionisten stand, war ihm ja schon aufgefallen, aber so ein Ball war doch albern. Während ihrer Zeit in Phantom Lord hatte es solche Dinge nie gegeben.
Da würde nur getanzt werden.
Tanz. Lächerlich. Wer wollte sich schon zu schwülstiger Musik im Kreis drehen? Das war absolut sinnlos und er hatte wirklich besseres zu tun, als sich in einen unbequemen Anzug zu quetschen und sich zum Affen zu machen.
Mira ging mit ihrem Bruder hin, was beinahe bei allen männlichen Mitgliedern der Gilde für Tränen und Wutanfälle gesorgt hatte. Mira war vielleicht ganz nett und sie war sicherlich auch hübsch. Aber so tragisch wie der Rest der männlichen Besatzung von Fairy Tail fand Gazille diesen Umstand eindeutig nicht.
Die Säuferin hatte ihren Mittrinker abgefüllt und ihn dann gefragt, ob er mit ihr zum Ball ging, als er schon beinahe komatös auf dem Tisch vor ihr gelegen hatte. Bevor Gazille auf diese Weise jemanden einlud, würde er sich lieber selbst einen ordentlichen Kinnhaken verpassen. Er hatte schließlich so etwas wie Würde. Und Stolz. Und den würde er wahren, indem er diesen Ball einfach boykottierte. Er konnte ohnehin nicht tanzen. Und jemanden, den er einladen würde, gab es auch nicht.
Nun ja.
Vielleicht würde er mit Levi gehen. Ganz eventuell hätte er dann sogar Freude an dieser ganzen Peinlichkeit. Rein hypothetisch. Aber sie war natürlich wie immer von ihren beiden Verfolgern umgeben und wahrscheinlich würde sie mit beiden zusammen zum Ball gehen. Einen an jedem Arm. Und dann konnten sich die Vollidioten darum prügeln, wer mit ihr tanzen durfte. Bei der Vorstellung, dass Levi mit einem von den beiden tanzte – oder gar mit jemand ganz anderem – wurde er ziemlich wütend und hatte eindeutig das Bedürfnis, einen Tisch durch den Schankraum zu werfen. Aber wie sollte er das erklären? Lieber nicht.
»Gazille? Wenn du Jet und Droy weiterhin so finster anstarrst, könnte man auf den Gedanken kommen, dass du die beiden jeden Moment erwürgen könntest«, ertönte Miras Stimme von der Seite und Gazille wandte den Blick von Levi und ihren beiden Stalkern ab.
»Hmpf«, war sein geistreicher Kommentar zu diesem Hinweis. Mira lächelte amüsiert.
»Fragst du Levi nicht, ob sie mit dir zum Ball geht?«, erkundigte sich Mira beiläufig. Gazille starrte sie empört an.
»Nein! Sie hat schon zwei Begleiter. Außerdem kann und will ich nicht tanzen«, erklärte er im Brustton der Überzeugung, was Mira aus unverständlichen Gründen zum Kichern brachte.
»Was ist daran so lustig?«, grollte er ungehalten und verschränkte die Arme vor der Brust.
»Ach na ja. Du starrst Levi schon tagelang so eindringlich an, als würdest du hoffen, sie könnte deine Gedanken lesen und würde dann mit dir zum Ball gehen«, informierte Mira ihn und lehnte sich an die Tischkante, auf der er saß. Er warf ihr einen wütenden Blick von der Seite zu.
»Schwachsinn«, grummelte er.
Mira schwieg eine Weile und widersprach ihm nicht. Dann griff sie nach dem Tablett, das sie neben sich auf den Tisch gelegt hatte und lächelte ihn mit funkelnden Augen an.
»Ich bin sicher, dass sie dir das Tanzen beibringen würde«, sagte sie scheinheilig und bevor Gazille noch etwas Unwirsches erwidern konnte, hatte Mira sich schon in Richtung Theke verflüchtigt und er starrte ihr böse hinterher. Levi und ihm das Tanzen beibringen! Lächerlich. Er schnaubte empört und wollte seinen Blick wieder auf die beiden Versager in Levis Club richten, als er leicht zusammen zuckte, weil Levis Gesicht direkt vor ihm schwebte. Er registrierte auch ohne hinzusehen, dass die beiden Idioten wütend zu ihm herüberschauten.
»Was gibt’s?«, fragte Gazille bemüht lässig und schob den Gedanken an Levi in einem Ballkleid beiseite. Levi war eindeutig rot im Gesicht. Doch sie holte tief Luft und strich sich einige Haarsträhnen hinters Ohr.
»Würdest du mit mir zum Ball gehen?«
Er starrte sie an. Dann öffnete er den Mund, um zu verneinen. Im nächsten Augenblick schloss er ihn wieder. Wenn er nicht mit ihr hinging, dann würden andere Kerle mit ihr tanzen. Und wenn sie ihn fragte, dann hieß das doch, dass sie wirklich mit ihm… dahin gehen wollte. Und nicht mit den beiden Trotteln. Und auch mit niemandem sonst. Er schluckte.
»Ich kann nicht tanzen«, war seine geistreiche Antwort. Auf Levis Gesicht breitete sich ein erleichtertes Lächeln aus und das Rot auf ihren Wangen wurde noch ein wenig dunkler, als sie einen Moment lang verlegen ihre Schuhspitzen betrachtete.
»Ich würd es dir beibringen. Wenn du möchtest. Und wenn es dir keine Umstände macht. Ich weiß ja, dass du das alles albern findest und…«
»Ok.«
Sie blinzelte und sah auf. Gazille starrte zur Seite. Ihm war ziemlich warm.
»Ok?«, wiederholte Levi ungläubig.
»Ja. Ok. Bring’s mir bei. Aber sei nicht enttäuscht, wenn ich’s nicht gebacken krieg.«
Als er ihr seinen Blick zuwandte, strahlte sie ihn dermaßen leuchtend an, dass sein Herz beinahe stehen blieb.
»Toll! Ich freu mich. Wie wäre es mit morgen? Wir können irgendwo hingehen, wo uns keiner zuguckt.«
Gazille betrachtete ihre leuchtenden Augen. Wenn er sie so begeistert sah, dann fand er diesen ganzen Rummel um den Ball nur noch halb so peinlich.
»Von mir aus.«
Er zögerte.
»Dann bis morgen.«
Sie nickte und wirbelte davon. Wer hätte gedacht, dass er sich auf die Aussicht, tanzen zu lernen, freuen könnte?