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Schneelaterne

little!Ice/Den/Nor-Family-OS
von

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Mit einer schnellen, geübten Bewegung schlug Sören das Holzstück sauber in der Mitte durch. Da es unaufhaltsam auf den Winter zuging, brauchten sie mehr Feuerholz und diese Aufgabe blieb immer an ihm hängen.

Nächster Schlag, nächstes Stück. Fast den ganzen Tag hatte er schon im Holzschuppen verbracht. Es war schließlich besser, wenn er genügend machte – frieren wollte er schließlich ebenso wenig wie Erik und Kyell.

Ein vorsichtiges Klopfen ließ ihn zu Tür blicken. Sie öffnete sich langsam und ein kleiner, weißhaariger Junge trat ein.

„Danmark?“, fragte er leise.

„Hej Kyell. Was ist?“, grüßte der Größere.

Island drückte seinen Vogel noch etwas an die Brust: „Es hat draußen geschneit.“

Verwundert sah der Däne aus dem Fenster und stellte fest, dass der Kleinere Recht hatte. Seitdem er hier drin war, hatte sich eine dicke, weiße Decke über den Hof gelegt. Jetzt würde das Feuerholz erst richtig benötigt werden.

Island fuhr leise fort: „Mr. Puffin und ich wollten einen Schneemann bauen, aber ich bin nicht groß genug. Hilfst du uns?“

„Gerne doch. Habt ihr denn schon angefangen?“

Ein wenig bedauernd schüttelte Kyell den Kopf: „Nei, ich sollte noch aufräumen und bin jetzt erst fertig.“

„Dann lass uns anfangen, bevor es dunkel wird!“, grinste Dänemark und schlug schwungvoll das Beil, mit dem er das Holz gehackt hatte, in den Hauklotz. „Holz hacken kann ich auch später noch.“

Er griff zwei kleine Scheite und gab sie Island in die Hände. „Nimm die noch mit, ich komme sofort nach.“

Der Isländer nahm die Stücke in die Hand und lief zurück ins Haus, um sich seine warme Kleidung zu holen. Mit einigen Holzstücken beladen folgte Dänemark ihm und zog sich ebenfalls etwas wärmer an. Gemeinsam gingen sie in den Schnee hinaus.

Kyells Vogel sprang begeistert in den Schnee und wirbelte einige weißen Wolken auf. Sören lachte, während Island versuchte, seinen Freund wieder unter Kontrolle zu bekommen. Nachdem fast alles Schwarz auf dem Gefieder durch Schnee weiß geworden war, setzte er sich artig an die Seite und sah seinem Herrn zu.

Sören und Kyell begannen unterdessen, die ersten beiden Schneekugeln zu formen. Der Däne hielt jedoch einen Moment inne und besah sich kritisch den Himmel. Es wurde langsam dunkel und würde bald wieder anfangen zu schneien. Bald würden sie nichts mehr sehen.

Plötzlich kam ihm eine Idee.

„Kyell?“

Island wandte sich zu ihm um und sah ihn wortlos an.

„Lassen wir den Schneemann sein, das dauert zu lange.“

Die Augen des Jungen weiteten sich erstaunt und auch ein wenig enttäuscht: „Aber du hast es versprochen...“

Sören lachte: „Ich schlag dir vor, dass wir stattdessen eine Schneelaterne bauen. Das ist viel einfacher und sieht nachher im Dunkeln bestimmt schön aus.“

Zustimmend nickte Kyell. „Ja. Das kann Noregur dann auch sehen, wenn er nach Hause kommt“, murmelte er und in seiner Stimme war doch ein wenig Begeisterung zu hören.

Der Däne schmunzelte ein wenig und begann, gleich große Schneebälle zu formen. Kyell folgte seinem Beispiel und formte selber einige Kugeln.

Sören setzte sie zu einem Kreis auf dem Boden zusammen und stapelte die weiteren Schneebälle so auf, dass sei eine Pyramide ergaben. Der Jüngere sah ihm interessiert zu, ehe er leise fragte: „Darf ich es auch mal versuchen?“

Lachend nickte Sören: „Natürlich. Ich gehe solange eine Kerze suchen.“

Eine großartige Antwort bekam er nicht, Kyell hatte sich bereits hochkonzentriert daran gemacht, ihre Pyramide höher zu bauen. So bemerkte er fast gar nicht, dass Dänemark ihn für einen Augenblick alleine ließ und mit einer großen Kerze zurück kam.

Vorsichtig stellte Sören die Kerze ins Innere und formte noch einen weiteren, etwas größeren Schneeball. Diesen drückte er Kyell in die Hand, der ihn nur fragend ansah.

„Du setzt gleich den letzten oben auf die Spitze, wenn ich die Kerze angezündet habe“, sagte er und der Weißhaarige sah ihn erstaunt an: „Wirklich?“

„Ja, wir müssen schließlich langsam fertig werden.“

Nachdem die Kerze sicher im Inneren brannte, setzte Kyell die letzte Kugel auf die Spitze.

„Fertig“, meinte er und lächelte ein wenig.

„Sieht gut aus“, bestätigte der Däne. „Lass uns reingehen, es wird kalt. Wo ist Norge übrigens hin?“ Bisher hatte er andere Dinge im Kopf gehabt als sich zu fragen, wo der ältere Bruder war.

„Noregur ist noch mal ins Dorf gefahren, ihm ist aufgefallen, dass er etwas vergessen hatte“, antwortete Island.

„Lass mich raten: Er ist auf Skiern unterwegs?“, fragte Sören grinsend und der Isländer nickte.

Mit einem amüsierten Seufzen verdrehte der Däne die Augen, stand auf und hielt Kyell die Hand hin: „Komm, wir gehen rein. Ich mach was warmes zu trinken.“

Island nahm seine Hand und stand ebenfalls auf. „Mhm.“
 

„Wann kommt Noregur wohl wieder?“

Dänemark schüttelte den Kopf: „Ich weiß es nicht. Aber dem passiert schon nichts, der ist quasi auf Skiern geboren worden.“

Kyell kicherte ein wenig, immerhin lag Sören mit dieser Aussage gar nicht so verkehrt. Wann immer es ging, war Erik auf Skiern unterwegs, und dass, seit er sich erinnern konnte.

Die beiden saßen vor dem Kamin, jeder mit einer dampfenden Tasse süßer Milch bewaffnet. Island spielte mit Mr. Puffin, während Sören eine ein dickes Buch auf den Beinen hatte.

Es gab genau zwei Bücher, die er abwechselnd las. Das reichte ihm vollkommen, ein Wechsel zwischen zwei Sachen war genug.

Das eine Buch war eine abgegriffene Ausgabe von Andersens Märchen.

Das andere war in Leder gebunden, das mit alten Wikingermustern geprägt war, und enthielt, noch in handschriftlichen Runen, die alten Sagen und Mythen der nordischen Welt. Eben jenes Buch lag jetzt vor ihm.

Zum Glück hatte er sich trotz allen Umständen die Fähigkeit erhalten, Runen lesen und altes Nordisch verstehen zu können.

Mit einem leisen Knurren sah in seine Tasse und stellte fest, dass sie leer war. Er stand auf und ging die Küche, um sich noch etwas zu holen.

Als er wieder kam, saß Kyell auf dem Boden und hatte sein Buch in den Händen. Vorsichtig ließ er seine Finger über die kunstvoll beschriebenen und verzierten Seiten wandern. Lesen konnte Island zwar nicht, was dort stand, aber einige Bilder kamen ihm bekannt vor: Die Midgarschlange, der Fenrirwolf und Sleipnir, das achtbeinige Pferd. Ganz besonders gefiel ihm aber die Zeichnung eines Mjöllnirs, eines Thorshammers. So einen hatten Norwegen und Dänemark ihm vor langer Zeit als Talisman geschenkt und er verwahrte ihn immer noch gut.

Je weiter er sich das Buch ansah, umso mehr verstand er, warum Sören es zu seinen wertvollsten Besitztümern zählte.

„Gefällt es dir?“, fragte jener plötzlich von der Tür aus und Kyell erschrak ein wenig. Ertappt nickte er: „Es ist wunderschön.“

Der Däne lachte ein wenig und setzte sich wieder neben ihn. „Der Mönch, der es geschrieben hat, war einer der ersten bekehrten Christen. Er hat das Schreiben in einem Kloster gelernt, aber seine eigene Schrift nicht vergessen. Trotzdem er den alten Göttern abgeschworen hatte, war er gegen ein ganzes Vermögen noch dazu bereit, die Geschichten in alter Schrift zu bewahren“, erzählte er.

„Kannst du es noch lesen?“, fragte Kyell, während er die Zeichen musterte.

„Natürlich.“

„Könntest du es mir vorlesen?“, bat er leise.

Sören nickte und nahm ihm das Buch ab. „Von Anfang an? Oder möchtest du etwas bestimmtes hören?“

„Von vorne. Noregur hat mit schon einiges erzählt, aber ich möchte gerne alles hören.“

Behutsam strich Sören über die erste Seite, räusperte sich und begann:

„Urzeit war es,

Da war nichts.

Nicht war Sand noch See,

Noch Salzwogen,

Nicht Erde unten,

Nicht Himmel oben.

Gähnung war grundlos,

Doch Gras nirgends. “

Gespannt hörte Kyell dem Älteren zu. Natürlich kannte er die meisten der alten Sagen, doch irgendwie war es doch etwas anderes, wenn Sören sie ihm vorlas. Beide hatten die Zeit ja selber erlebt, doch Geschichten erzählen konnte der Däne eindeutig besser.

„Aus dem Elivagar

Flogen Eistropfen

Aus dem Eistropfen ein Thurse wuchs.“
 

Draußen näherte sich Erik wieder ihrem Haus. Er war extra noch einmal los gewesen, weil er noch etwas vergessen hatte. Fast unhörbar schon er sich auf seinen Skiern durch den Wald, bis er den ersten Lichtschein des Hauses sah.

Je näher er kam, desto deutlicher konnte er jedoch einen zweiten, etwas kleineren Lichtschein im Garten erkennen. Doch ein wenig neugierig fuhr er näher und musste unwillkürlich lächeln.

Dort stand eine Pyramide aus Schneebällen, in der eine Kerze leuchtete. Anscheinend hatten Sören und Kyell ein wenig Zeit draußen verbraucht. Es war auf jeden Fall eine nette Begrüßung für ihn.

Sorgfältig stellte er seine Skier neben der Eingangstür ab, klopfte sich den Schnee von der Kleidung und trat ins Haus.

Das erste, war ihm auffiel, war die ungewöhnliche Ruhe im Haus. Normalerweise war Sören nie still. Doch nach einem Moment hörte er etwas aus dem Wohnzimmer:

„Unsre Sippen

Stommen dort alle her

Drum ist's en schlimmes Geschlecht.“

Die Verse waren ihm nur zu gut bekannt. Es waren Worte, die er schon oft gehört hatte. Sörens Stimme, die diesen uralten Verse wieder Leben verlieh, weckte Erinnerungen in ihm.
 

Eine große Gruppe Männer saß um ein Feuer. Mit Met gefüllte Hörner machten ihre Runden und an vielen Stellen wurde laut gelacht. Der Tag war erfolgreich gewesen und sie gönnten sich eine kleine Feier nach dem Raubzug.

Schlagartig wurde es jedoch still, ein großer, blonder Mann vor trat. Obwohl er jünger aussah als die meisten von ihnen, war er doch schon mit ihren Vorfahren auf Fahrt gewesen. Gelassen sah er in die Runde und nach einem weiteren, erwartungsstillen Moment erzählte er:
 

Aus Ymirs Fleisch

Ward die Erde geschaffen,

Aus dem Blut das Brandungsmeer
 

Erik blinzelte einmal und schob die Erinnerung zur Seite. Sein Blick wanderte, immer noch unbemerkt von den beiden, zu seinem Bruder. Kyell lag neben Sören auf dem Boden vor dem Kamin und lauschte den Worten des Dänen. Als dieser die nächsten Verse begann, setzte Erik mit ein.

Das Gebirge aus den Knochen

Die Bäume aus dem Haar

Aus der Hirnschale der Himmel.

Ruckartig wandten sich beide zu ihm um.

„Noregur!“, rief der Isländer, lief auf ihn zu und umarmte ihn. Ein leichtes Lächeln huschte über Eriks Züge, als er seinen kleinen Bruder auf die Arme hob.

„Hei Kyell, hei Sören“, grüßte er sie. Der Däne erhob sich ebenfalls und grinste ihn an: „Du hast sie also doch nicht vergessen.“

Ein böser Blick flog durch den Raum: „Wie könnte ich?“

„Noregur, hast du unsere Schneelaterne gesehen?“, fragte Island und deutete auf das Fenster.

Erik nickte: „Natürlich. Habt ihr beiden schön gebaut.“

Grinsend wandte sich Sören an den Jüngsten: „War doch gut, dass wir keinen Schneemann gebaut haben, oder?“

„Ja“, stimmte er ihm zu.

„Trotzdem musst du langsam ins Bett, lillebror. Wenn morgen noch mehr Schnee liegt, kannst du noch einen Schneemann bauen“, merkte Erik an.

Kyell zögerte einen Moment und sah die beiden älteren bittend an: „Liest du mir noch ein bisschen vor, Sören? Dann geh ich auch ganz bestimmt ins Bett!“

Bevor Erik etwas einwenden konnte, hatte Sören schon zugestimmt. Mit einem leisen Seufzen ließ Erik den Kleineren wieder auf den Boden und setzte sich dazu. Während Sören weitelas, leerte er dessen immer noch dampfenden Becher.

„Eine Esche weiß ich,

Sie heißt Yggdrasil“
 

Als Dänemark nach gut der Hälfte der Geschichte des Weltenbaumes einmal auf sah, war Kyell schon längst eingeschlafen und auch Erik döste leicht vor sich hin. Deutlich hörbar schloss er das Buch, woraufhin der Norweger die Augen wieder öffnete.

Wie auf eine stumme Absprache hin nickten sie beide. Erik packte noch etwas zusätzliches Holz in den Ofen und nahm Sören das Buch ab. Dieser hob den schlafenden Isländer hoch und trug ihn in sein Zimmer.

„Gute Nacht, Norge“, gähnte der Däne noch, bevor er in sein Zimmer verschwand.

„Mhm“, war die einzige Antwort. Vorsichtig hatte Erik seinen Bruder zugedeckt und küsste ihn kurz auf die Stirn. Dann wandte auch er sich um und ging ins Bett.
 


 

Verse aus:

„Die Sagen der Germanen“, herausgegeben von Edmund Mundrak, Verlag Enslinn



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Uschi-Olga
2011-02-07T19:15:54+00:00 07.02.2011 20:15
peinliches-älteres-ich
deine ff is einfach genial ich lieb sie
ich hab gleich wieder ein altes buch rausgeholt welches noch mit der altdeutschen schrift geschrieben is
xD
also weiter so^^
Von:  Icey
2011-01-28T21:16:10+00:00 28.01.2011 22:16
Ach du hast es hochgeladen -^^-
Es ist irre süß! Ich liebe es >o<
Ich liebe Ice und Nor und...na ja...Denmark ist auch okay XP

Und ich treib dich gern immer wieder an beim Abtippen XDD

Ach ja °o°
Ich mag auch deinen Schreibstil ^^-
Und die Darstellung von Nor gefällt mir bei dir ^^ Er ist so schön in character!
Das mag ich total!

Und nordischen Sagen!! Yaaaay~ XD

Ice
*anherz*
Von:  chatterbox
2011-01-24T19:45:29+00:00 24.01.2011 20:45
du hast es veröffentlicht x3
ich finds ja super...weißt du ja
und deine sprache ist mal wieder genial :D
nordische sagen sind toll~



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