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Via Inquisitoris: Draculas Rückkehr

der dritte Vampirkrimi
von

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Polizeiarbeit

Als die beiden jungen Damen nach weiteren Interviews zur Polizei zurückkehrten, erwartete sie Kenneth Cuillin. Sarah kannte ihn gut genug, um ihn zu fragen:

„Sie waren nicht glücklich mit dem Gespräch bei den Eltern McCloud?“

„Ich habe selbst Kinder. Aber das….Sagen wir es so, als ich versuchte ihnen schonend beizubringen, dass ihr Sohn seit Tagen spurlos verschwunden ist und es im Umfeld noch ein verschwundenes und ein weiteres totes Mädchen gibt, fragte mich der Vater doch glatt, was sie das angehe.“

„Oh.“ Sarah begriff plötzlich, warum Andy wohl so angetan gewesen war, einen Meister zu finden, der sich um ihn kümmern würde. Als Vampir müsste er auch seine Familie verlassen, nun, zunächst nur mehr ab und an besuchen – bei der „Herzlichkeit“ war es vermutlich kein Wunder, wenn er seinen an ihm so interessierten Direktor vorgezogen hatte.

„Wie nett“, kommentierte auch Mia: „Richtig warmherzige Leute, hm?“

„Äußerst. Sie meinte nur, der tauche schon wieder auf. Und sie würden der Schule genug zahlen, damit die dieses Problem übernehme.“ Kenneth Cuillin seufzte: „Manchmal fragt man sich wirklich. – Ich durfte mir immerhin sein Zimmer ansehen. Viele Sachbücher, nichts zum Thema Vampire. Was haben Sie herausgebracht?“

Die Psychologin setzte sich: „Nun, ich sprach mit Sandrine Mercure. Sie zeigte uns eine versteckte Kapelle wohl aus dem 16. Jahrhundert unter der Schule, wo sie ihre Vampirtreffen abhielten. Sie waren zu fünft. Lucy, Ruby, Sandrine und noch zwei Mädchen aus Rubys Freundeskreis. Sie lasen dort ihre Romane und planten schließlich, einen, hm, echten, Vampir zu beschwören. – Laut Sarah war alles ganz klassisch, wie in den Romanen, mit Knoblauch und Silber, sie zeichneten sogar ein Pentagramm auf den Boden. Sarah unterhielt sich noch mit dem Direktor, der ihr Andys Zimmer zeigte. Hier ist sein Tagebuch. Er hatte diese Vampirputen, wie er das nannte, einmal getroffen, aber sie offenbar nur für kindisch gehalten. Dennoch endet sein Tagebuch mit dem Eintrag: heute habe ich ein Treffen mit einem echten Vampir.“

„Also gibt sich jemand dafür aus. Haben Sie die anderen Mädchen gewarnt, Mia?“

„Ja, natürlich. Aber sie sind sowieso schon sehr geschockt. Ich habe ihnen gesagt, dass sie mich anrufen sollen, egal wann, wenn sich jemand unter diesem Vorwand bei ihnen meldet oder gar sie treffen will.“

„Danke. - Sarah, was haben Sie für einen Eindruck von diesem Direktor?“

Das wurde dünner Boden, beschloss die Inquisitorin, erwiderte jedoch: „Er macht auf mich einen äußerst um seine Schüler bemühten Eindruck. Die Sache mit diesem Vampirglauben erschien ihm als einfache Jugendsache, die wohl bald von allein ein Ende finden würde. Er ist nach wie vor überzeugt, dass Andy allein zurückkehrt. Er ist sozusagen ein Musterschüler, er nannte ihn sogar ein Genie. Haines hat ihn seit Jahren persönlich gefördert. Und er meinte, dass er wohl nur eine Auszeit brauche. Gute Noten hatte der Junge, es gab wohl auch keinerlei Probleme mit Mitschülern. Jedenfalls geht aus dem Tagebuch nichts hervor. Seine Bücher sind hauptsächlich zu Physik, Chemie und Medizin. Strebsam, fleißig, fast schon ein wenig langweilig. Der Direktor meinte, er hätte den Eindruck bekommen, dass Andy viel erwachsener sei, als es sein Lebensalter vermuten lasse, reifer. Ich glaube ihm, schließlich gehen genug Kinder durch seine Hände.“

„Aber wo ist er? Und wo ist Ruby Ellison? Ich habe ein mieses Gefühl bei der Sache, das muss ich zugeben. - Nun gut. Warten wir ab. Raymond sollte zu den Ellisons, sich Rubys Zimmer noch einmal ansehen. Wenn auch dabei kein Hinweis kommt, werden wir es ganz klassisch angehen, Vampire hin oder her, und die üblichen Verdächtigen prüfen, in reiner Polizeiarbeit. Wenn ein Mord geschieht, dann in der Regel aus zwei Gründen: Gefühle wie Eifersucht oder Neid oder aber Geld. Dann werden wir Lucys Familie ebenso gründlichst durchleuchten wie die der anderen beiden. Falls dieser ganze Vampirkram nur eine Deckung ist, wird der Mörder einen, zumindest für ihn, rationalen Grund haben, Lucy und womöglich die anderen zu töten. Wir müssen ihn nur finden.“

„Und der Vampirglaube der Mädchen wäre nur die willkommene Ablenkung?“ ergänzte Mia: „Ja, das mag stimmen.“

„In der Tat,“ gab Sarah zu, der es weitaus lieber gewesen wäre, niemand würde hier von Vampiren reden, aber das war in Whitby wohl ein Ding der Unmöglichkeit. Zumindest war der Einzige ihres Volkes, den sie bislang getroffen hatte, ein Vampir, der aus den kritischen Jahren war, und auch sonst nicht in das Schema jemandes passte, der Gebissene erschuf. Überdies, Gebissene hätten bereits wieder zugeschlagen – es sei denn, sie hielten die beiden Vermissten gefangen. Aber auch dazu waren diese unglückseligen Wesen in der Regel nicht in der Lage. Keine Kontrolle, keine Beherrschung, schon gar nicht des Blutdurstes. Also müsste ein Vampir sie unter Kontrolle halten – er zweite aus Whitby?

„Gehen wir in den Pub hinüber, meine Damen und essen eine Kleinigkeit, ich hoffe, bis dahin hat Raymond auch etwas und ist wieder hier. Ich werde noch rasch Mr. Bingham...“ Also den Leiter der örtlichen Polizei: „Bitten, uns etwas zu den Davenports und den Ellisons herauszusuchen. Die McClouds sind äußerst wohlhabend und nicht hier vom Ort, da wird wohl die Abteilung in Scarborough oder auch Scotland Yard mehr erreichen können.“
 

Während die drei Ermittler ihr Toast im Pub aßen und Cider dazu tranken, klingelte das Handy des Interpol-Inspektors.

„Cuillin....? Oh, ja, einen Moment bitte.“ Er ging hinaus. Als er zurückkehrte, seufzte er: „Tja, meine Damen: es gibt Neuigkeiten aus Scarborough, von den Ärzten.“ Sein Blick herum verriet, dass er über den Bericht der Gerichtsmedizin nicht gerade in einem Pub reden wollte. „Ich habe Raymond eine SMS geschickt. Er meinte, dass auch er etwas Neues hätte und zurückkomme. Also sollten wir uns beeilen.“

Sarah verstand das nur zu gut. Überdies verspürte sie keinen Hunger, wie jeder Vampir aß sie nur aus Gründen der Tarnung. Die Regel der Unauffälligkeit war die grundlegendste für jeden ihres Volkes. Hoffentlich konnte die Polizei die beiden vermissten Jugendlichen finden, lebendig und wohlbehalten, und hoffentlich war ein Mensch daran schuld....

Sicher, zumeist waren es bislang Menschen gewesen, aber das Amt des Kadash war nicht ohne Ursache geschaffen worden. Aus irgendeinem Grund widerstrebte es ihr jedoch, Angehörige der eigenen Art als Mörder zu sehen, weitaus mehr jedenfalls als bei Menschen. Loki, Thomas und andere hatten ihr jedoch gezeigt, dass es auch Vampire gab, die sich über die Regeln hinwegsetzten.
 

Eine halbe Stunde später trafen sich die Vier in dem ihnen zur Verfügung gestellten Zimmer in der Polizei von Whitby. Raymond Yu-Zhang kam mit einem Zettel in der Hand: „Die Ergebnisse der örtlichen Polizei über die Eltern,“ erklärte er: „Aber ich denke, wenn Sie das Obduktionsergebnis haben, Kenneth...“

„Ja.“ Der schottische Interpol-Inspektor setzte sich aufrecht: „Es gab eine kleine Überraschung. Lucy Davenport starb nicht am Blutverlust sondern an Schock. Sie muss in dem Moment, in dem sie in den Hals gebissen wurde, schon gestorben sein. - Ihr Blut wurde ihr erst post mortem abgenommen.“

„Gruselig,“ entfuhr es Mia Deschamps: „Und das deutet auf ein recht...aggressives Verhalten hin, wenn man einer Toten noch ihr gesamtes Blut abnimmt. Immerhin hat ein Mensch doch einige Liter davon. Wo sind sie hin?“

„Die Gerichtsmediziner waren noch einmal an der Abbey – nichts. Es ist, als ob das gesamte Blut aufgefangen wurde.“ Kenneth Cuillin sah seitwärts. „Sarah?“

Also war es kein Vampir allein – doch Gebissene? „Ich stimme Mia zu. Dazu gehört schon etwas, das gesamte Blut abzu....ja, sagen wir abzusaugen. Ich erinnere mich an den Fall in Wien. Dort war das Blut verdünnt worden, zusätzlich zu der Tatsache, dass das Opfer Bluter war. Wie wurde das hier gemacht?“

„Der Gerichtsmediziner nannte es schächten. So werden in einigen Religionen Tiere ausgeblutet. Ich muss zugeben, dass ich zuerst nur die Bißwunde sah und den Schnitt eher für einen Kratzer hielt. Es ist sehr geschickt gemacht.“

„Also hat der Täter gewisse medizinische Kenntnisse,“ meinte Raymond.

Die Psychologin nickte: „Dies. Oder er ist Metzger. Oder eben ein Schächter. Jedenfalls kann das niemand ohne gewisse Vorkenntnisse mal eben machen. Und er gibt sich als Vampir aus. Ursache und Wirkung...?“

„Das kann nichts Gutes für Ruby und Andy bedeuten,“ meinte der Interpol-Inspektor. „Ich bin mehr als besorgt, inzwischen. - Ray, was haben Sie?“

„Bingham hat in Ihrem Auftrag die Familien der Opfer überprüft. Wie wir schon wussten, sind Andys Eltern, die McClouds, recht wohlhabend. Sie haben ein Baugeschäft. Er geht intern auf das Guard College. Lucy Davenport dagegen ging auf das öffentliche College. Ihre Eltern sind Friseure mit einem kleinen Geschäft. Selbstständig, aber nicht gerade reich. Ruby Ellison...nun, sagt Ihnen EAC etwas?“

„Die Internetfirma?“ fragte Mia Deschamps sofort.

„Genau die. Der Gründer war ihr Vater, er starb bei einem Unfall vor zehn Jahren. Ruby war seine Alleinerbin. Ihre Mutter verwaltet das Vermögen bis Ruby 21 ist und erhält dann ein nettes Sümmchen für ihre Bemühungen.“

„Aber dann?“ fragte Kenneth: „Sie hätte also kein Interesse daran, Ruby..hm...etwas anzutun?“

„Gute Frage. Ich habe jemanden gebeten, nachzusehen, wer erbt, wenn Ruby stirbt. Zum Glück ist das ja möglich, wenn die Testamente geöffnet wurden. Aber das hat eigentlich nichts mit Lucy zu tun. Oder mit Andy.“

Sarah dachte nach, ohne verhindern zu können, dass sie sich seltsam zweigeteilt vorkam. Ruby war eine reiche Erbin und spurlos verschwunden. Andy stammte aus wohlhabendem Elternhaus und war ebenfalls weg. Dazu war er aber der angehende Schüler eines Vampirs. Ruby etwa auch? Sie war in dieser Vampirclique gewesen. Nur – Lucy war definitiv tot, gestorben an der Imitation eines Vampirbisses – und ebenso definitiv nicht reich. Außer, das alle drei weiß und sechzehn waren, hatten nur die Mädchen noch diese Vampirleidenschaft gemeinsam. Polizeiarbeit der Menschen oder doch Vampirfall, der den Inquisitor beschäftigen sollte? Ein anderer Vampir lebe in Whitby, hatte Direktor Haines gesagt, der im Krankenhaus arbeite. Mit dem sollte sie sich wohl mal näher beschäftigen.

„Sarah?“

Sie schrak auf: „Verzeihung, ich dachte nach...“

Kenneth Cuilllin lächelte: „Das war offensichtlich. Und: eine Idee?“

„Es passt nicht zusammen....zwei Mädchen, ein Junge, zwei nennen wir es Vampirsüchtige, einer mit mehr als Ratio, zwei Kinder reicher Leute, eine von der man es höchstens vermuten könnte....“

„Das ist es,“ erklärte Mia: „Sie haben es gesagt, Sarah. Ruby und Andy sind definitiv Kinder reicher Eltern und gehen auf das private College, schön, er intern, sie extern. Aber Lucy hat ihre Freundinnen dort, sie war mit in dem Vampirclub, ja, die Anführerin, konnte also immer wieder mit den anderen gesehen werden. Und ihre Eltern sind selbständig – jemand, der nicht weiter nachforscht, hat damit die drei Auslöser.“

„Geld?“ Der Interpol-Inspektor schüttelte den Kopf: „Aber wieso sollte jemand Kinder reicher Eltern entführen oder gar umbringen? Soweit wir wissen, wurde in keinem der drei Fälle Lösegeld verlangt.“

„Dennoch...“ Sarah atmete durch: „Wie sagten Sie in Wien: cui bono. Wer hat etwas davon, wenn Lucy stirbt. Und noch schlimmer, auch die anderen beiden.“

„Je länger wir von keinem hören...Ja, Walter?“ Denn Walter Bingham, der Leiter der Polzei von Whitby hatte den Raum betreten. Und ein Blick in sein Gesicht genügte Kenneth Cuillin, um fortzufahren: „Ruby oder Andy?“ Resignation und Trauer lag in seiner Stimme.

Sarah wusste nur zu gut, dass er sich schuldig fühlte, es ihm davor auch graute, wieder einmal Eltern sagen zu müssen, dass sie ihr Kind verloren hatten. Er war wirklich ein guter Ermittler – und ein guter Mensch. Aber auch sie spürte das Unbehagen in der Magengrube, wie wohl alle hier.

„Ruby. Der gerufene Notarzt alarmierte uns gerade. Sie wurde in einer kleinen Dorfkirche gefunden, blutleer. Ich habe bereits die Gerichtsmedizin aus Scarborough angefordert.“

„Danke. Dann fahren wir sofort.“
 

**
 

Ds nächste Kapitel bringt die Ermittler in eine Kriche - und Sarah lernt den zweiten Vampir in Whitby kennen.
 

bye
 

hotep



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Teilchenzoo
2011-03-24T13:12:22+00:00 24.03.2011 14:12
Ups ... so langsam mache ich mir Gedanken um Andy. Er hatte medizinisches Wissen, jederzeit Zugang zu den Mädchen und wohl auch deren Vertrauen ... und, mal ganz ehrlich, Wunderkinder sind mir, was ihre mentale Gesundheit angeht, suspekt. Oft genug kann ihr Umfeld nicht mit ihnen umgehen und bringt ihnen so heftige Schäden bei ... und wenn sich der Junge nun "berufen" fühlt, den Mädchen zu zeigen, wie dumm sie sind? Oder den Vampirstand von solchem "Geschmeiß" zu befreien? Die plötzliche Förderung und das Vertrauen eines Vampirs könnten ihm zu Kopf gestiegen sein.
Im Moment sieht es so aus, als liefen alle Fäden zu Andy.

Wenn er es aber nicht war, dann fehlt uns ein essentieller hinweis auf den Täter.

Lg neko
Von:  kiji-chan
2011-03-21T20:58:40+00:00 21.03.2011 21:58
Ersteee!
(musste sein)

Bin langsam genau so ratlos, wie die Ermittler.
Und echt gespannt, wie der zweite Vampir in Whitby so ist. Schmeckt ihm das Konservenblut?


ncha!
Kiji


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